Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Okt. 2017 - L 10 AL 36/17

published on 25/10/2017 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Okt. 2017 - L 10 AL 36/17
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Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.11.2016 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2014 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zahlung von Insolvenzgeld (InsG).

Am 04.04.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung von InsG. Er gab an, als kaufmännischer Mitarbeiter in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu stehen. Für Februar 2013 sei (Netto-)Arbeitsentgelt iHv 1.766,76 EUR nicht gezahlt worden. Klage zum Arbeitsgericht habe er deshalb nicht erhoben. Sein Arbeitgeber, die Fa. C. AG (Fa. C), habe zum 01.03.2013 den Geschäftsbetrieb vollständig eingestellt. Sein letzter Arbeitstag sei der 28.02.2013 gewesen. Man habe der Belegschaft mitgeteilt, dass der Vorstand seit drei Monaten keine Miete gezahlt habe und der Vermieter den Zugang zu den Arbeitsräumen verweigere. Der Vorstand der Fa. C sei in Untersuchungshaft gekommen. Damit sei sein Arbeitgeber nicht mehr handlungsfähig.

Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.09.2013 ab. Ein Insolvenzereignis sei nicht festzustellen. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei beim Insolvenzgericht nicht gestellt. Es liege weder eine Gewerbeabmeldung noch ein Löschung im Handelsregister vor. Die Fa. C habe keine Auskunft erteilt. Dass bei Betriebseinstellung eine offensichtliche Masselosigkeit vorgelegen habe, sei nicht zu erkennen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2014.

Mit der dagegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Fa. C sei ein Teil der S. Gruppe, deren Geschäftsführer seit Februar 2013 in Untersuchungshaft säßen. Es sei nicht verständlich, aus welchen Gründen die Beklagte behaupte, eine Einstellung des Geschäftsbetriebes sei nicht feststellbar. Dem ist die Beklagte unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass zumindest offensichtliche Masselosigkeit nicht festzustellen sei. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 10.11.2016 unter Abänderung der Bescheide vom 28.09.2013 und 04.03.2014 verurteilt, dem Kläger ab Antragstellung InsG zu bewilligen. Ein Insolvenzverfahren sei mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht gekommen. Die Fa. C sei Teil der S.- Gruppe, deren Vorstände inhaftiert seien. Die Gruppierung habe Anleger um dreistellige Millionenbeträge geprellt. Masselosigkeit stehe ohne Zweifel fest. Es bestehe daher ein Anspruch auf InsG, nachdem der Geschäftsbetrieb ab 01.03.2013 eingestellt worden sei.

Gegen das Urteil hat die Beklagte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Für eine vollständige Betriebseinstellung spreche zwar die Inhaftierung der Geschäftsführer der Fa. C sowie die Schließung der Büroräume zum 01.03.2013. Vorliegend fehlten jedoch jegliche Anhaltspunkte für eine offensichtliche Masselosigkeit bei Einstellung des Geschäftsbetriebes. Die Gehaltszahlungen seien bis Januar 2013 erbracht worden und die Einstellung sei auch nicht mit Hinweis auf eine mangelnde Zahlungsfähigkeit erfolgt. Es bestünden keine Zahlungsrückstände bei der Einzugsstelle. Die Fa. C sei nicht Mieter der Geschäftsräume gewesen. Allein der Umstand, dass der Vorstand der Fa. C, im Zusammenhang mit den Vorgängen um die S.- Gruppe, an der er beteiligt gewesen sei, inhaftiert worden sei, sage nichts über die Zahlungsfähigkeit der Fa. C aus. Ungeachtet dessen gebe es keine Hinweise dafür, dass kein Betriebsvermögen vorhanden gewesen sei, das die Kosten eines Insolvenzverfahrens hätte decken können. Dies sei aber Maßstab für die Beurteilung einer offensichtlichen Masselosigkeit, nicht dagegen der Umstand, dass nicht sämtliche Verbindlichkeiten gedeckt werden könnten. Darüber hinaus lägen keine Erkenntnisse dazu vor, ob und in welcher Weise die Fa. C ein Unternehmen der S. - Gruppe gewesen sei. Im Übrigen seien bezüglich verschiedener Unternehmen der S. - Gruppe Insolvenzverfahren eröffnet worden, d.h. Masse zur Deckung der Verfahrenskosten sei vorhanden gewesen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.11.2016 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2014 abzuweisen Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das SG habe zutreffend entschieden.

Bereits mit gerichtlichem Schreiben vom 13.04.2017 hat der erkennende Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass - entgegen der Auffassung des SG - die Voraussetzungen einer offenkundigen Masselosigkeit im Zeitpunkt der Betriebseinstellung am 01.03.2013 nicht ersichtlich seien. Insbesondere aus dem Umstand, dass nach Medienberichten die Staatsanwaltschaft F-Stadt erst im April 2013 aus Gründen des Anlegerschutzes das monatliche Einzugsverfahren der Fa. C für Anleger des „Garantie-Hebel-Plans ´07/´08/´09“ gestoppt habe und Anlegerzahlungen erst ab diesem Zeitpunkt eingestellt worden seien, sei der Schluss zu ziehen, dass bis Ende Februar 2013 hinreichend liquide Mittel vorhanden gewesen seien, um die laufenden Betriebsausgaben zu decken. Hierzu hat der Kläger geltend gemacht, es seien die Strafakten gegen die S. Unternehmen beizuziehen. Es handle sich insoweit um keinen Beweisausforschungsantrag. Ferner werde beantragt „das Gutachten des Insolvenzverwalters“ beizuziehen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG) und in der Sache begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, InsG zu zahlen. Der Bescheid vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ein Anspruch auf Zahlung von InsG besteht nicht. Es gibt keinen Beleg dafür, dass bezüglich der Fa. C im Zeitpunkt der Einstellung ihrer betrieblichen Tätigkeit ein Insolvenzverfahren wegen offensichtlicher Masselosigkeit nicht in Betracht gekommen wäre.

Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl. I 2854) setzt ein Anspruch auf InsG voraus, dass (Nr. 1) bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers, (Nr. 2) bei Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder (Nr. 3) bei vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt geworden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt bestanden hat.

Über das Vermögen der Fa. C ist weder ein Insolvenzverfahren eröffnet (§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III), noch ist ein entsprechender Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden (§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2. SGB III). Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Entgegen der Entscheidung des SG, die keine nachvollziehbare Begründung enthält, sondern in der lediglich eine Behauptung aufgestellt wird, ist ein Insolvenzereignis im Sinne von § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III aber ebenfalls nicht gegeben.

Vorliegend bestehen keine Zweifel, dass die Fa. C mit Ablauf des 28.02.2013 ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat. Nach den Angaben des Klägers war der Belegschaft der Fa. C ab dem 01.03.2013 durch den Vermieter der Zugang zu den Geschäftsräumen verwehrt worden. Dies deckt sich mit den Feststellungen der Beklagten, wonach die Fa. C selbst keinen Vertrag mit dem Vermieter hatte und dieser eine weitere Nutzung für die Zeit ab dem 01.03.2013 untersagt hat (EMail vom 28.02.2013). Da sich der Vorstand der Fa. C zu diesem Zeitpunkt bereits in Untersuchungshaft befunden hat und nachgehend - so das Vorbringen des Klägers - zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden ist, gibt es daher keinerlei Hinweise, dass die Fa. C tatsächlich noch in der Lage gewesen wäre, ihren Geschäftsbetrieb an anderer Stelle im Inland nach dem 28.02.2013 fortzuführen.

Allerdings kann nicht festgestellt werden, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse offensichtlich nicht in Betracht gekommen wäre. Die Masselosigkeit muss dabei vor oder gleichzeitig mit der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit eintreten; spätere Masselosigkeit ist nicht ausreichend (vgl. Kühl in: Brand, SGB III, 7. Aufl., § 165 Rn. 29 mwN). Masselosigkeit kann bereits angenommen werden, wenn alle äußeren Tatsachen und insofern der Anschein für die Masseunzulänglichkeit sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 04.03.1999 - B 11/10 AL 3/98 R - juris; Peters-Lange in: Gagel, SGB II/SGB III, Stand 06/2017, § 165 SGB III Rn. 47; Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 02/2016 § 165 Rn. 81; § 165 Rn 65; Kühl aaO). Dies kann der Fall sein, wenn unter Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit kein Arbeitsentgelt mehr gezahlt, die Betriebstätigkeit eingestellt und kein Insolvenzantrag gestellt wird (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.1981 - 10/8b RAr 6/80 - SozR 4100 § 141b Nr. 21). Weitere Indizien können in zahlreichen arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteilen auf Lohnzahlung, erfolglos gebliebenen Zwangsvollstreckungen, eidesstattlichen Versicherungen oder einer Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen über sechs Monate gesehen werden (vgl dazu insgesamt Kühl aaO mwN). Dass ein Arbeitgeber Schulden in großer Höhe gemacht und sich abgesetzt hat, ohne sie zu begleichen, ist dagegen allein kein Grund für die Annahme einer offensichtlichen Masselosigkeit, da zwischen Zahlungsunwilligkeit und Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden ist (vgl BSG, Urteil vom 22.09.1993 - 10 RAr 9/91 - SozR 3-4100 § 141b Nr. 7). Aus der Zahlungsunwilligkeit kann auch nicht auf eine offensichtliche Masselosigkeit geschlossen werden (vgl. Estelmann in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 165 Rn. 72). Lässt sich nicht aufklären, ob Zahlungsunfähigkeit oder lediglich Zahlungsunwilligkeit vorliegt, geht dies zu Lasten des Arbeitnehmers (vgl. BSG aaO; Kühl aaO; Voelzke aaO).

Ausgehend hiervon, bestehen für den erkennenden Senat bereits keine Zweifel, dass eine Masselosigkeit der Fa. C im Zeitpunkt der Betriebseinstellung am 28.02.2013 noch nicht vorgelegen hat. Der Arbeitgeber des Klägers ist nach Auffassung des Senates zahlungsfähig gewesen und Masselosigkeit hat nicht vorgelegen. Die Feststellungen des SG hierzu tragen das von ihm gefundene Ergebnis nicht. Allein die Ausführungen, dass sich die Firmen der S. - Gruppe in der Folge ihrer kriminellen Handlungen erheblichen Rückforderungen ausgesetzt sehen und überschuldet seien, genügen nicht, um einen Anspruch auf InsG zu begründen, ungeachtet der Frage, dass es das SG unterlassen hat darzustellen, in welcher Weise die Fa. C mit der S. - Gruppe verbunden war - dies hat die Beklagte in Zweifel gezogen - und welche Folgerungen in Bezug auf die Zahlungsfähigkeit der Fa. C daraus abzuleiten sind.

Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass Prüfungsmaßstab für eine offensichtliche Masselosigkeit nicht eine (sich abzeichnende) Überschuldung der Unternehmens ist, sondern die Frage, ob die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens - einen Insolvenzantrag unterstellt - nicht zu erwarten gewesen wäre, weil die absehbaren Verfahrenskosten aus der noch vorhandenen Vermögensmasse des Unternehmens nicht gedeckt werden könnten. Maßgebend ist daher, ob sich aus äußeren Tatsachen für einen unvoreingenommenen Beobachter der Eindruck ergibt, dass ein Insolvenzverfahren nicht in Betracht kommen wird (vgl. BSG, Urteil vom 04.03.1999 aaO). Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger trotz nachdrücklicher Hinweise des Senates nichts dazu vorgetragen hat, sind keinerlei äußere Tatsachen ersichtlich, die für eine offensichtliche Masselosigkeit im Zeitpunkt der Betriebseinstellung sprechen. Nach den - unwidersprochenen - Feststellungen der Beklagten hatte die Fa. C bei öffentlichen Kassen (Finanzverwaltung; Sozialversicherungsträger) keine Zahlungsrückstände und bezüglich der rückständigen Mietzahlungen für die Geschäftsräume haftete die Fa. C - mangels eines eigenen Mietvertrages - nicht gegenüber dem Vermieter. Zudem waren die Zahlungen der Arbeitsentgelte an die Belegschaft bis einschließlich Januar 2013 vollständig erfolgt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Fa. C unter Hinweis auf eine Zahlungsunfähigkeit die Auszahlung des Arbeitsentgeltes für Februar 2013 verweigert hätte. Bereits anlässlich des gerichtlichen Hinweises vom 13.04.2017 hat der Senat dem Kläger dargelegt, dass Medienberichten zufolge der Zufluss von Anlegerzahlungen auf die Geschäftskonten der Fa. C erst im April 2013 aus Gründen Anlegerschutzes durch die Staatsanwaltschaft F-Stadt gestoppt worden seien. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass bis Ende Februar 2013 hinreichend liquide Mittel vorhanden gewesen sind, um die laufenden Betriebsausgaben, d.h. auch die Auszahlungen der Arbeitsentgelte zu decken. Damit stellt sich das Unterbleiben der Gehaltszahlungen im Februar 2013 aber nicht als Ausdruck der mangelnden Zahlungsfähigkeit dar, sondern es ist eine Zahlungsunwilligkeit oder Handlungsunfähigkeit des Arbeitgebers anzunehmen, die am ehesten in einem Zusammenhang mit der Inhaftierung des Vorstandes zu bringen ist, soweit sich dieser vorbehalten haben sollte, die Gehaltszahlungen persönlich zu legitimieren. Zuletzt spricht gegen eine ein Insolvenzverfahren ausschließende Masselosigkeit der Fa. C, dass - so die unwidersprochenen Angaben der Beklagten - bezüglich anderer Unternehmen der S.- Gruppe, die durch den Vorstand der Fa. C (mit-)kontrolliert wurden, Insolvenzverfahren eröffnet worden sind. In der Gesamtschau der vorliegenden Erkenntnisse bestanden für den erkennenden Senat damit keine begründbaren Zweifel, dass zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung eine Überschuldung der Fa. C wohl vorgelegen haben mag, diese aber noch nicht so weit vorangeschritten war, dass die Fa. C zahlungsunfähig war und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht in Betracht gekommen wäre, weil es an einer hinreichenden Masse zur Deckung der Verfahrenskosten gefehlt hätte. Der Senat geht vom Vorliegen der Zahlungsfähigkeit und einer fehlenden Masselosigkeit aus.

Somit war eine weitere Sachaufklärung durch den erkennenden Senat nicht veranlasst, zumal nicht einmal der Kläger selbst Umstände geltend gemacht hat, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III schlüssig nahegelegt hätten. Er hat zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens geltend gemacht, bezüglich der Fa. C wäre bei Einstellung des Geschäftsbetriebes am 28.02.2013 ein Insolvenzverfahren wegen offensichtlicher Masselosigkeit nicht in Betracht gekommen. Soweit er in diesem Zusammenhang vorgebracht hat, es seien im Wege der Amtsermittlung die Strafakten gegen die S. Unternehmen sowie das „Gutachten des Insolvenzverwalters“ beizuziehen, muss sich der Senat nicht veranlasst sehen, dem nachzukommen. Bezüglich des Ansinnens, ein Gutachten des Insolvenzverwalters beizuziehen, bleibt es bereits unklar, auf welches Gutachten der Kläger abstellt. Die Beklagte hat von einer Gutachtenserstellung keine Kenntnis und auch auf Nachfrage des Senates hat sich der Kläger nicht veranlasst gesehen, dies näher zu spezifizieren. Soweit der Kläger darüber hinaus gefordert hat, die Akten aus den Strafverfahren gegen die S.- Gruppe seien von Amts wegen beizuziehen, stellt dies keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag dar. Dies erfordert nicht nur die Stellung eines Antrags, sondern es muss auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden soll. Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu bezeichnen und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben wird. Unbestimmte bzw. unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen. Dies gilt insbesondere für Anträge, die - wie vorliegend - so unbestimmt bzw. unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll bzw. die allein den Zweck haben, dem Beweisführer, der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte Tatsachenbehauptungen zu verschaffen. Der Kläger hat lediglich pauschal die Beiziehung aller Strafakten in Bezug auf Verfahren gegen die S.- Gruppe gefordert ohne darzulegen, welchen Erkenntnisgewinn er sich aus der Beiziehung von Akten aus Strafverfahren betreffend seinen Arbeitgeber und Dritte erhofft, oder zu problematisieren, auf welcher Rechtsgrundlage die Beziehung von Akten in Strafverfahren gegen Dritte ohne deren Einverständnis möglich sein soll, soweit sie nicht am (vorliegenden) sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt sind. Derart substanzlose Anträge sind als Beweisausforschungsbzw -ermittlungsanträge auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (vgl. BSG, Beschluss vom 02.10.2015 - B 9 V 46/15 B - juris mwN). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seine „Beweisanregungen“ auch nicht mehr aufrechterhalten.

Im Ergebnis hat die Beklagte daher die Zahlung von InsG mangels Nachweises eines Insolvenzereignisses zu Recht verweigert. Damit war auf ihre Berufung hin das Urteil des SG aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 25.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.03.2014 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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published on 02/10/2015 00:00

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 16. April 2015 wird als unzulässig verworfen.
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Annotations

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis gilt

1.
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers,
2.
die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder
3.
die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.
Auch bei einem ausländischen Insolvenzereignis haben im Inland beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf Insolvenzgeld.

(2) Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Als Arbeitsentgelt für Zeiten, in denen auch während der Freistellung eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht (§ 7 Absatz 1a des Vierten Buches), gilt der Betrag, der auf Grund der schriftlichen Vereinbarung zur Bestreitung des Lebensunterhalts im jeweiligen Zeitraum bestimmt war. Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer einen Teil ihres oder seines Arbeitsentgelts nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes umgewandelt und wird dieser Entgeltteil in einem Pensionsfonds, in einer Pensionskasse oder in einer Direktversicherung angelegt, gilt die Entgeltumwandlung für die Berechnung des Insolvenzgeldes als nicht vereinbart, soweit der Arbeitgeber keine Beiträge an den Versorgungsträger abgeführt hat.

(3) Hat eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines Insolvenzereignisses weitergearbeitet oder die Arbeit aufgenommen, besteht der Anspruch auf Insolvenzgeld für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses.

(4) Anspruch auf Insolvenzgeld hat auch der Erbe der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers.

(5) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Beschluss des Insolvenzgerichts über die Abweisung des Antrags auf Insolvenzeröffnung mangels Masse dem Betriebsrat oder, wenn kein Betriebsrat besteht, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unverzüglich bekannt zu geben.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.