Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 29. Jan. 2014 - L 8 SO 243/13 B ER
Gericht
Gründe
I.
Die Beteiligten dieses Beschwerdeverfahrens streiten über die vorläufige Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem sechsten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - (SGB XII). Der 2009 geborene Antragsteller (es verbleibt bei der Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren) lebt seit März 2012 stationär in einem Kinderheim in D. Die Kosten hierfür übernimmt der Antragsgegner im Rahmen der Eingliederungshilfe (Bescheid vom 14.03.2013, Bewilligung vom 27.03.2012 bis 31.08.2014). Der Antragsteller wurde im Alter von knapp drei Jahren durch das zuständige Jugendamt in Obhut genommen, das Sorgerecht wurde den Eltern vorläufig entzogen. Laut pädiatrischem Bericht der Kinderzentrums C-Stadt vom 24.02.2012 zeigte sich bei dem Antragsteller ein Entwicklungsrückstand von mehr als der Hälfte des chronologischen Lebensalters, was auf eine ausgeprägte Entwicklungsstörung mit der Gefahr einer drohenden geistigen Behinderung hinweise. Das Kinderheim bietet neben der Unterbringung und pädagogischen Betreuung als Zusatzleistung auch einen heilpädagogischen und sonderpädagogischen Fachdienst an, der ausweislich der Leistungsbeschreibung (Bl. 103 ff der Verwaltungsakte) flexibel und zeitnah eingesetzt werden kann und keine extra Vergütung bedingt. Das Kinderheim verfügt außerdem über einen Kindergarten, den der Antragsteller seit September 2013 besucht. Der Kindergarten ist ein zusätzliches Betreuungsangebot für 12- 15 Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren, die jeweils vormittags durch 2 Fachkräfte eine intensive Förderung erfahren. In einem strukturierten kindergartenähnlichen Rahmen, kann flexibel auf den individuellen Entwicklungsstand der Kinder eingegangen werden. Die ganzheitliche Förderung orientiert sich an den Vorgaben des BayKiBiG und hat folgende Schwerpunkte: Soziales Miteinander erlernen, Förderung des Denkvermögens, Einüben motorischer Fähigkeiten, Vorschulerziehung, musisches und kreatives Gestalten, Vermittlung religiöser Inhalte, vor allem christlicher Bräuche und Rituale. Mit E-Mail vom 11.06.2013 beantragte der Ergänzungspfleger des Antragstellers bei dem Antragsgegner die Übernahme der Kosten für dessen Besuch eines heilpädagogischen Kindergartens /-Tagesstätte (HPT) in L. Laut pädiatrischem Bericht des Kinderzentrums C-Stadt vom 26.04.2013 zeige sich beim Antragsteller weiterhin eine kombinierte Entwicklungsstörung. Der Antragsteller habe zwar deutliche Fortschritte gemacht; er habe in psychologischer Sicht jedoch immer noch ein Entwicklungsdefizit von ca. 8 Monaten. Das Kinderzentrum empfehle dringend aufgrund der multiplen Entwicklungsstörung sowie der erheblichen Probleme besonders im sprachlichen Bereich mit Auswirkungen auf die emotionale Entwicklung und die soziale Integration eine teilstationäre Leistung der Eingliederungshilfe. Die baldige Aufnahme in einen heilpädagogischen Kindergarten werde empfohlen, weil trotz der erfreulichen Fortschritte ein erhöhter Förderbedarf bestehe. Der Antragsteller benötige eine kleinen, gut betreuten und strukturierten Rahmen, in dem er die Entwicklungsschritte nachholen könne, die er in seiner Familie nicht habe machen können. Ein ähnlich lautender Antrag war vom Antragsgegner bereits mit Bescheid vom 15.03.2013 bestandskräftig ablehnt worden, weil der komplexe Förderbedarf des Antragstellers nach der Stellungnahme des sozialpädagogischen Fachdienstes des Antragsgegners vom 13.12.2012 innerhalb des Kinderheimes vollumfänglich gedeckt werden könne. Mit Bescheid vom 15.07.2013 lehnte der Antragsgegner die beantragte Kostenübernahme ab. Der Förderbedarf des Antragstellers sei aufgrund der Betreuung und Förderung innerhalb des Kinderheims bereits gedeckt. Dies ergebe sich aus der erneuten Stellungnahme des sozialpädagogischen Fachdienstes vom 21.06.2013. Mit Schreiben vom 09.08.2013 legte die Bevollmächtigte des Antragstellers Widerspruch gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15.07.2013 ein. Mit Schriftsatz vom 18.09.2013 hat die Bevollmächtigte des Antragstellers am Sozialgericht München (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 10. Oktober 2013 abgelehnt. Es fehle bereits an einem glaubhaften Anordnungsanspruch. Das Gericht gehe aufgrund der vorliegenden Unterlagen davon aus, dass der bestehende Bedarf des Antragstellers an Eingliederung durch die bereits bewilligten Hilfen in einem Maße gedeckt sei, dass eine darüber hinaus gehende vorläufige Bewilligung durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht angezeigt sei. Aufgrund der vorgelegten, insbesondere pädiatrischen Unterlagen ergebe sich beim Antragsteller zwar eine kindliche Entwicklungsstörung, jedoch ohne weiteres auch ein deutlich erkennbarer Fortschritt. Der Antragsteller habe demnach in einem Zeitraum von ca. einem Jahr (zwischen den beiden Begutachtungen durch das Kinderzentraum C-Stadt) annähernd ein Jahr der Entwicklungsstörung aufgeholt. Dies könne insbesondere nur auf die spezifische Betreuung durch das Kinderheim, bzw. die externen Fachdienste dort zurück zu führen sein, so dass mit einiger Sicherheit davon auszugehen sei, dass im Laufe der nächsten Monate eine weitere Rückführung des Entwicklungsrückstandes erfolgen werde. Nicht ausreichend glaubhaft gemacht sei daher ein Bedarf und somit ein Anordnungsanspruch, der in einem Maße ungedeckt sei, dass er eine einstweilige Anordnung in einem sozialgerichtlichen Eilverfahren erforderlich machen würde. Die weitere Beurteilung des Sachverhaltes könne somit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, welches im Übrigen bereits als Widerspruchsverfahren bei der Widerspruchsbehörde anhängig sei. Die Regierung von Oberbayern hat den Widerspruch des Antragstellers mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2013 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller am 18.11.2013 Klage zum SG erhoben (S 22 SO 572/13). Gegen den ihr am 17.10.2013 zugestellten Beschluss des SG vom 10.Oktober 2013 hat die Bevollmächtigte des Antragstellers am 18.11.2013 (Montag) Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 10. Oktober 2013, S 52 SO 490/13 ER, aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, die Kosten für den Besuch des Antragstellers in der Heilpädagogischen Tagesstätte B-Stadt zu übernehmen und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat die Bevollmächtigte des Antragstellers gebeten, aktuelle kinderärztliche Befunde vorzulegen, die sich auch mit den Nachteilen des Besuches der HPT in L. (Neueingewöhnung in neue Kindergartengruppe, tägliche Fahrten zwischen D-Stadt und B-Stadt) auseinander setzen sollten. Die Bevollmächtigte hat mit Fax vom 23.01.2014 mitgeteilt, dass keine neueren Erkenntnisse als der Bericht des Kinderzentrums C-Stadt vom 26.04.2013 vorlägen. Vorgelegt wurde ein Schreiben der HPT vom 23.01.2014 zum heilpädagogischen Konzept dieser Einrichtung. Eine telefonische Nachfrage des Senats bei der Leiterin des Kinderheimes am 24.01.2014 hat ergeben, dass der Antragsteller einen ausgeprägten heil- und sonderpädagogischen Förderbedarf habe, der in einem „normalen“ Kindergarten wie in dem Kinderheim nicht gedeckt werden könne. Die Leiterin unterstütze ausdrücklich die Aufnahme des Antragstellers in der HPT. Dies hat die Leiterin des Kinderheimes in einem Fax vom 27.01.2014 bekräftigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte und die den Antragsteller betreffende Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Das Bayer. Landessozialgericht ist zur Entscheidung über die zulässige Beschwerde in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zuständig (§§ 86 b Abs. 2, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGG). Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro übersteigt. Die Beschwerde wurde auch frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG). Die einmonatige Beschwerdefrist endete wegen § 64 Abs. 3 SGG erst am Montag, den 18.11.2013, an dem auch die Beschwerdeschrift beim SG einging. Die zulässige Beschwerde ist begründet, weil das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt hat. Auf die zulässige Beschwerde des Antragstellers hin ist der Beschluss des SG vom 10. Oktober 2013 aufzuheben und Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, die Kosten für den Besuch des Antragstellers in der Heilpädagogischen Tagesstätte B-Stadt bis zum 31.08.2014 zu übernehmen.
1.Bei Nichtgewährung von einstweiligem Rechtsschutz im Sinne des oben bezeichneten Antragsinhalts drohen dem Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden können (BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Hier droht dem Antragsteller insbesondere eine endgültige Verhinderung seiner Grundrechtsverwirklichung (Art. 1, 2 GG), wenn ihm zugemutet wird, die Entscheidung im anhängigen Hauptsacheverfahren vor dem SG (S 22 SO 572/13) abzuwarten. Der Senat berücksichtigt dabei, dass der Antragsteller im April 2014 fünf Jahre alt wird und somit das für die spätere Einschulung entscheidende Vorschuljahr im September 2014 beginnt. Der Antragsteller befindet sich damit in einer für seine Persönlichkeitsentwicklung entscheidenden Lebensphase vor dem Beginn der allgemeinen Schulpflicht. Es ist in dieser Lebensphase notwendig, das Förderpotential bestmöglich auszuschöpfen und den Antragsteller auf die späteren Herausforderungen in der Schule vorzubereiten, damit er trotz der deprivatorischen Verhältnisse in seiner Familie Bildungschancen nutzen kann. Die besondere Wertigkeit dieser sensiblen Lebensphase kommt im Recht der Sozialhilfe auch einfachgesetzlich deutlich zum Ausdruck. So findet die Ermöglichung einer optimalen Schulbildung mehrmals bei der Aufführung eines Eingliederungsbedarfs Berücksichtigung (vgl. § 54 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB XII bzw. § 12 Nr. 1 der Verordnung zu § 60 SGB XII). Eine Förderung in dieser Lebensphase unterliegt auch einer besonderen einkommens- und vermögensrechtlichen Privilegierung (§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGB XII). Schließlich sind geeignete Förderungen auch in der Rehabilitation besonders hervorgehoben (vgl. §§ 30 Abs. 1 Nr. 2, 56 SGB IX). Insbesondere erfordern aber heilpädagogische Leistungen an schwerstbehinderte Kinder, die noch nicht eingeschult sind, keine Erfolgsprognose (§ 56 Abs. 1 S. 2 SGB IX).
Beim Antragsteller bestehen gravierende allgemeine Entwicklungsstörungen, eine fein- und grobmotorische Koordinationsstörung und eine Sprachentwicklungsstörung, die zuletzt durch das Kinderzentrum C-Stadt im Bericht vom 26.04.2013 beschrieben wurden. Der Antragsteller besucht erst seit September 2013 den Kindergarten im Kinderheim St. A. und ist in der Gruppensituation mit 15 Kindergartenkindern überfordert. Die Leiterin des Kindesheimes bezeichnet am 27.01.2014 die Aufnahme des Antragstellers in eine heilpädagogische Tagesstätte als wünschenswert, weil dort die Unterstützung besser möglich wäre. Der Antragsteller brauche intensive Anleitung, viel Unterstützung, Aufmerksamkeit und Beobachtung, die ihm in einer Kleingruppe mit heilpädagogisch geschultem Personal in einer HPT geboten werden könnten (Telefax vom 27.01.2014). Aus der Tatsache, dass selbst die Leiterin des Kinderheimes, einer sozialpädagogischen Kindereinrichtung mit einem heilpädagogischen und einem sonderpädagogischen Fachdienst (vgl. Leistungsbeschreibung der Einrichtung), die Frühförderung des Antragstellers in einer HPT angesichts der gegenwärtigen Probleme beim Besuch des Heimkindergartens für wünschenswert hält, schließt der Senat im Rahmen seiner im einstweiligen Rechtsschutz eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten, dass die Maßnahme erforderlich und die alsbaldige Einleitung dringend ist. Die Leiterin des Kinderheimes und das dortige Personal kennen den Antragsteller seit seiner Aufnahme im März 2012 und können als unmittelbare Betreuungs- und Bezugspersonen dessen Situation und Bedürfnisse unmittelbar einschätzen. Sie halten es in der derzeitigen Entwicklungsphase bei allen bisherigen Fortschritten für angezeigt, dem Antragsteller soziale Kontakte mit gleichaltrigen Kindern zu ermöglichen. Der seit September 2013 stattfindende Versuch, den Antragsteller in den Heimkindergarten zu integrieren, ist nach Auskunft der Heimleiterin wegen der Gruppengröße von 15 Kindern bei zwei Erzieherinnen (laut Internetauftritt des Kinderheimes) schwierig. Aus der Sicht der Heimleiterin wäre in einem kleineren Gruppensetting die Unterstützung für den Antragsteller besser möglich und die Aufnahme in der HPT wünschenswert Das Kinderzentrum C-Stadt hat in seinem Befundbericht vom 26.04.2013 in Kenntnis der sozialpädagogischen, heilpädagogischen und sonderpädagogischen Möglichkeiten des Kinderheimes St. A. den Besuch einer HPT als teilstationäre Maßnahme zur Eingliederungshilfe nach §§ 53,54 SGB XII aus kinderärztlicher und psychologischer Sicht als dringend indiziert angesehen und den baldigen Besuch eines heilpädagogischen Kindergartens empfohlen. Aktuellere sozialpädiatrische Befunde liegen nicht vor und können im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch nicht beigezogen werden. Die bezirksinterne Stellungnahme des Fachdienstes des Antragsgegners vom 21.06.2013 wurde nach Aktenlage erstellt und geht davon aus, dass der Antragsteller im Heimkindergarten adäquat gefördert werden kann. Ob der Verfasser hierbei davon ausgeht, dass der Antragsteller tatsächlich bereits im Kindergarten des Kinderheimes gefördert wird (wovon allein nach seinem Lebensalter ab 06.04.2012 auszugehen wäre), ergibt sich aus der Stellungnahme nicht. Dies ist jedoch aus dem internen Anschreiben an den sozialpädagogischen Fachdienst der Fachabteilung vom 19.06.2013 zu vermuten. Tatsächlich hat das Kinderheim jedoch erst im September 2013 den Versuch unternommen, den Antragsteller in den Kindergarten des Kinderheimes zu integrieren.
Den Besuch der HPT in B-Stadt hat die Leiterin des Kinderheimes im Übrigen bereits am 10.06.2013 anlässlich eines Telefonats mit dem Antragsgegner unterstützt und als dringend notwendig bezeichnet. Zum damaligen Zeitpunkt wurde der Antragsteller im Kinderheim noch durch einen sehr intensiven Einsatz der Erzieher in der Wohnheimgruppe gefördert, was sich allerdings erst aus dem Fax vom 27.01.2014 ergibt. Dem Senat ist aus anderen Verfahren bekannt, dass bei der heilpädagogischen Förderung von Vorschulkindern ein enges Zeitfenster besteht, in dem die optimale Frühförderung am effektivsten einsetzen und wirken kann. Nachdem die Frühförderung ohnehin nur bis zum Schuleintritt greifen kann, drohen dem Antragsteller beim Zuwarten bis zur Hauptsacheentscheidung möglicherweise dauerhafte Einbußen bei der Förderung und Herstellung der Bedingungen für die eigene Selbstverwirklichung und Zugehörigkeit, für den Erwerb von Kompetenz und Lebenssinn. Der Senat sieht bei dieser Ausnahmesituation Grundrechte des Antragstellers tangiert, weil bei Nichtgewährung der erforderlichen Frühförderung nicht mehr aufholbare Nachteile für den Antragsteller allein durch Zeitablauf entstehen und gerade im Hinblick auf die Bildungschancengleichheit für den Schuleintritt nicht mehr durch das Hauptsacheverfahren zu beseitigen wären.
2.Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ist in diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren in der Kürze der Zeit nicht zu realisieren, weil hierzu der sozialhilferechtliche Eingliederungsbedarf des Antragstellers nach § 19 Abs. 3 SGB XII i.V.m §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX anhand aktueller medizinischer Befunde und ggfs. Gutachten zu klären wäre. Der aktuellste Befund ist der des Kinderzentrums C-Stadt vom 26.04.2013. Dieser hat in Kenntnis der sozialpädagogischen, heilpädagogischen und sonderpädagogischen Möglichkeiten des Kinderheimes St. A. den Besuch einer HPT als teilstationäre Maßnahme zur Eingliederungshilfe nach §§ 53, 54 SGB XII aus kinderärztlicher und psychologischer Sicht als dringend indiziert angesehen und den baldigen Besuch eines heilpädagogischen Kindergartens empfohlen. Aktuellere medizinische Befunde liegen derzeit nicht vor, eine Wiedervorstellung des Antragstellers im Kinderzentrum C-Stadt ist für Frühjahr 2014 geplant.
3.Ist eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, kann bei anderenfalls drohenden schweren und unzumutbaren Nachteilen aufgrund einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden sein (BVerfG 12. 05. 2005 a. a. O.). Aufgrund einer reinen Folgenabwägung kann aber nur entschieden werden, wenn der Anordnungsanspruch zumindest möglicherweise gegeben ist und wegen der zeitlichen Dringlichkeit eine vollständige Sachaufklärung nicht erfolgen kann (Krodel NZS 2009, 18,22). Hier liegt ein möglicher Anordnungsanspruch nach § 86 b Abs. 2 S.2 SGG auf Eingliederungshilfe nach § 19 Abs. 3 SGB XII i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII i. V. m. § 55 Abs. 2 Nr. 2 SGB IX vor. Die Erforderlichkeit der Frühförderungsmaßnahme durch den Besuch der HPT ergibt sich aus dem Bericht des Kinderzentrums C-Stadt vom 26.04.2013 und der im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahme der Leiterin der Kinderheimes vom 27.01.2014 (s. o. 1).
4.Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch besteht, und auf der anderen Seite entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht (LSG Berlin
Der Antragsteller gehört zum Personenkreis der behinderten Menschen, dem Eingliederungshilfe in Form der heilpädagogischen Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, zu erbringen ist, §§ 53 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, 55 Abs. 2 Nr. 2, 56 SGB IX. Aufgrund der in der medizinischen Stellungnahme festgestellten bzw. drohenden körperlichen und geistigen wesentlichen Behinderung, §§ 1, 2 Eingliederungshilfeverordnung, sind für den im Vorschulalter sich befindlichen Antragsteller Leistungen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in Form der heilpädagogischen Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, zu erbringen, §§ 55 Abs. 2 Nr. 2, 56 Abs. 1 SGB IX. Frühförderung ist eine spezialisierte Pädagogik, die von einer Bedrohung durch personale und soziale Desintegration ausgeht, und der es im Besonderen um die Herstellung oder Wiederherstellung der Bedingungen für eigene Selbstverwirklichung und Zugehörigkeit, für den Erwerb von Kompetenz und Lebenssinn, also um ein Ganzwerden geht, soweit es dazu spezieller Hilfe bedarf (vgl. Mrozynski, Kommentar zum SGB IX, 2002, § 56 Rn. 3). In der Verordnung zur Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (Frühförderungsverordnung vom 24. Juni 2003, BGBl I Seite 998) werden in § 6 die heilpädagogischen Leistungen des § 56 SGB IX dahin umschrieben, dass sie alle Maßnahmen umfassen, die die Entwicklung des Kindes und die Entfaltung seiner Persönlichkeit mit pädagogischen Mitteln anregen, einschließlich der jeweils erforderlichen sozial- und sonderpädagogischen, psychologischen und psychosozialen Hilfen sowie die Beratung der Erziehungsberechtigten. Aufgrund der vorliegenden pädiatrischen Unterlagen liegen zur Überzeugung des Senats beim Antragsteller eine kombinierte Entwicklungsstörung, eine fein- und grobmotorische Koordinationsstörung, eine Sprachentwicklungsstörung und ein Zustand nach deprivatorischen Lebensumständen mit Migrationshintergrund vor. Würde der Senat die begehrte einstweilige Verfügung nicht erlassen und sich im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass ein Anspruch auf Förderung in der HPT bestünde, wären aufgrund des Zeitablaufes Entwicklungschancen der Frühförderung für den Antragsteller unwiederbringlich verloren. Demgegenüber besteht die Gefahr, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht, dass der Antragsgegner zu uneinbringlichen finanziellen (Mehr-) Aufwendungen verpflichtet würde und der Antragsteller „über Bedarf“ gefördert würde. Der Senat entscheidet hier bei der Folgenabwägung zugunsten des bislang nicht vom Schicksal begünstigten Antragstellers und berücksichtigt das finanzielle Risiko einer „Überförderung“ des Antragstellers durch den teilstationären Besuch der HPT (bei gleichzeitiger vollstationärer Unterbringung im Kinderheim St. A.), indem die vorläufige Verpflichtung zeitlich bis zum Ende der derzeitigen Bewilligungsperiode des Bescheides vom 14.03.2013 (Leistungen der stationären Unterbringung 27.03.2012 bis 31.08.2014) befristet wird. Nachdem die nächste Vorstellung des Antragstellers im Kinderzentrum C-Stadt ohnehin für Frühjahr 2014 geplant ist, kann anlässlich dieser Vorstellung auch der aktuelle Förderbedarf unter Berücksichtigung dann vorliegender erster Eindrücke durch den Besuch der HPT pädiatrisch eingeschätzt werden. Die Befristung erfolgt entgegen der sonst im einstweiligen Rechtschutz üblichen Befristung von sechs Monaten (Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, 10. Auflage, § 86 b Rn. 35 f, 35 b) für sieben Monate, damit ausreichend Gelegenheit für die Auswertung der neuen Stellungnahme des Kinderzentrums besteht und ein Gleichklang mit der aktuellen Bewilligung der stationären Unterbringung im Kinderheim hergestellt ist. Nachdem der Antragsteller bislang nicht in die HPT B-Stadt aufgenommen wurde, sind in der Vergangenheit keine Kosten entstanden. Möglicherweise wird die Aufnahme des Antragstellers auch eine gewisse Vorlaufzeit beanspruchen. Der Senat berücksichtigt bei seiner Entscheidung die vom Antragsgegner mit der Aufnahme in die HPT geltend gemachten Nachteile (Neueingewöhnung in eine andere Gruppe, tägliche Fahrten zwischen D-Stadt und B-Stadt). Angesichts der nachdrücklichen Befürwortung des Wechsels in die HPT durch die Leiterin des Kinderheimes hält der Senat diese Nachteile aber für zumutbar.
5.Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
6.Dem Antragsteller ist für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe nach § 73 a SGG i. V. m. § 114 ff ZPO zu bewilligen, weil die erforderlichen Erfolgsaussichten vorliegen und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen
- 1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte, - 2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn - a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint, - b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder - c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
- 3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193, - 4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.
(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
- 1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder - 2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.
Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.
(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tag nach der Eröffnung oder Verkündung.
(2) Eine nach Tagen bestimmte Frist endet mit dem Ablauf ihres letzten Tages, eine nach Wochen oder Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fehlt dem letzten Monat der entsprechende Tag, so endet die Frist mit dem Monat.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktags.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt, Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Fünften, Siebten, Achten oder Neunten Kapitel oder Leistungen für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und den übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Für Leistungsberechtigte nach § 27c Absatz 1 und die übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen sind Leistungen nach § 27c ohne die Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen; Absatz 2 findet keine Anwendung. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn Personen, bei denen nach § 138 Absatz 1 Nummer 3 und 6 des Neunten Buches ein Beitrag zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht verlangt wird, einer selbständigen und nicht selbständigen Tätigkeit nachgehen und das Einkommen aus dieser Tätigkeit einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt; Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen der leistungsberechtigten Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners verlangt werden, wenn die leistungsberechtigte Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.
(3) Hat ein anderer als ein nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu erbringen, wird seine Verpflichtung durch Absatz 2 nicht berührt. Soweit er solche Leistungen erbringt, kann abweichend von Absatz 2 von den in § 19 Absatz 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel verlangt werden.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres zum Inhalt und zur Ausführung des Persönlichen Budgets, zum Verfahren sowie zur Zuständigkeit bei Beteiligung mehrerer Rehabilitationsträger zu regeln.
Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen (§ 219) werden erbracht, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der Menschen mit Behinderungen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, die Persönlichkeit dieser Menschen weiterzuentwickeln und ihre Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen (§ 219) werden erbracht, um die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit der Menschen mit Behinderungen zu erhalten, zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, die Persönlichkeit dieser Menschen weiterzuentwickeln und ihre Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.