Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 26. Jan. 2017 - L 11 AS 812/16 B PKH

bei uns veröffentlicht am26.01.2017

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.10.2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist die Überprüfung mehrerer bestandskräftiger Änderungsbescheide.

Mit vier Bescheiden vom 10.11.2014 änderte der Beklagte den Anspruch der Klägerin und ihrer mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter zu ihren Gunsten ab. Ein Mehrbedarf für Warmwasser werde für die Zeit ab Januar 2013 zusätzlich berücksichtigt.

Am 04.03.2015 beantragten die von einem Bevollmächtigten vertretenen Klägerinnen eine Überprüfung der Bescheide vom 10.11.2014 ohne jede Differenzierung. Mit Bescheid vom 10.03.2015 lehnte der Beklagte eine Überprüfung ab. Der Überprüfungsantrag sei ohne Angabe von Gründen gestellt worden. Den ebenfalls - trotz Nachfrage - nicht begründeten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2015 zurück.

Dagegen haben die Klägerinnen Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und auf das in Parallelverfahren dem Beklagten bereits bekannte Begehren nach höheren Heizkosten hingewiesen. Zugleich haben die Klägerinnen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt. Mit Beschluss vom 12.10.2016 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abgelehnt. Werde ohne nähere Differenzierung ein Verwaltungshandeln insgesamt zur Überprüfung gestellt, löse ein solcher Antrag keine inhaltliche Prüfpflicht aus. Vorliegend habe der Beklagte auch bei objektiver Betrachtung nicht ermitteln können, welche Gesichtspunkte zur Überprüfung gestellt worden seien. Erst im Rahmen des Klageverfahrens hätten die Klägerinnen die Prüfung höherer Heizkosten begehrt.

Dagegen haben die Klägerinnen Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Problematik der Heizkosten sei dem Beklagten aus parallel laufenden Verfahren bekannt gewesen. Er hätte daher bei objektiver Betrachtungsweise den Prüfungsumfang ermitteln können.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist nicht begründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden. Es reicht für die Prüfung der Erfolgsaussicht aus, dass der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R (Rn. 26) - SozR 3-1500 § 62 Nr.19). Diese gewisse Wahrscheinlichkeit ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Beteiligten aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorgelegten Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit des Obsiegens des PKH- Beantragenden ebenso wahrscheinlich ist wie sein Unterliegen (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 73a Rn. 7ff.).

Vorliegend bestehen keine solchen hinreichenden Erfolgsaussichten. Dabei ist auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 18.12.2015) abzustellen (vgl dazu: BSG, Urteil vom 13.02.2014 - B 4 AS 22/13 - veröffentl. in juris). Zu diesem Zeitpunkt haben die von einem Bevollmächtigten vertretenen Klägerinnen ohne jede Differenzierung einen Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt, also keine Prüfung im Einzelfall begehrt. Damit aber war der Beklagte nicht gehalten, eine inhaltliche Prüfung vorzunehmen.

Eine Entbindung von der inhaltlichen Prüfung setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger „den Einzelfall“, also die konkreten Inhalte eines bestimmten Bescheides, die zur Überprüfung gestellt werden sollen, bei objektiver Betrachtung nicht ermitteln kann. Ein Prüfanliegen „im Einzelfall“ ist daher zu bejahen, wenn entweder eine bestimmte Fragestellung tatsächlicher oder rechtlicher Natur oder eine konkrete Verwaltungsentscheidung benannt wird. Auch bei einem Antrag nach § 44 SGB X hat die Verwaltung den Untersuchungsgrundsatz des § 20 SGB X zu beachten. Insofern kann es - je nach den konkreten Umständen der Antragstellung - erforderlich sein, dass der Träger auf eine Konkretisierung des Überprüfungsbegehrens durch den Leistungsberechtigten im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 SGB X hinwirkt. In welchem Umfang der Leistungsträger seiner Amtsermittlung nachzukommen hat, beurteilt sich jedoch nach Lage des Einzelfalls. Als Kriterium für den Umfang der Amtsermittlungspflicht des SGB II-Trägers ist beispielsweise zu berücksichtigen, ob der Leistungsberechtigte (mit juristischem Sachverstand) vertreten oder unvertreten ist oder ob sich aus vorangegangenen Kontakten zwischen ihm und der Verwaltung Anhaltspunkte für das Begehren des Antragstellers stellen. Auch kann von Bedeutung sein, in welchem Gesamtkontext ein Überprüfungsantrag gestellt wird. Wenn - jedoch wie im vorliegenden Fall - auch auf Nachfrage des SGB II-Trägers bei dem Rechtsanwalt der Antragstellerinnen keine Angaben gemacht werden, die eine Konkretisierung für den Einzelfall ermöglichen, sondern weiter pauschal auf die Überprüfung sämtlicher Bescheide verwiesen wird, ist der Sozialleistungsträger objektiv nicht in der Lage, seinen Prüfauftrag zu bestimmen (so BSG, Urteil vom 13.02.2014 aaO). Aufgrund oder aus Anlass des Antrags muss sich der Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund - Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein, d. h. entweder aus dem Antrag selbst - ggf. nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrages für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar sein (vgl. BSG, aaO, sowie Beschluss vom 04.06.2014 - B 14 AS 335/13 B - veröffentlicht in juris).

Somit genügt es - anders als die Klägerinnen meinen - vorliegend nicht, dass der Leistungsträger ggf. aus dem Vorbringen der Klägerinnen in parallel laufenden Verfahren den Gegenstand der Prüfung des vorliegenden „Einzelfalles“ vermuten kann. Vielmehr hätten die von einem Bevollmächtigten vertretenen Klägerinnen auf Nachfrage des Beklagten Angaben machen müssen. Dies haben sie erkennbar nicht getan.

Unabhängig davon lässt sich aus dem parallel laufenden Verfahren wegen höherer Heizkosten für die Zeit vom 01.10.2014 bis 31.03.2015 bzw. Heizkostenabrechnung der Fa. N. (einmaliger Bedarf im Fälligkeitsmonat September 2014) nicht eindeutig entnehmen, dass die wegen der Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für Warmwasser zu Gunsten der Klägerinnen erlassenen Bescheide auch diesbezüglich noch einmal überprüft werden sollten, wobei einer der Bescheide vom 10.11.2014 bereits Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 18.09.2014 war (Widerspruchsbescheid vom 26.06.2015).

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 26. Jan. 2017 - L 11 AS 812/16 B PKH zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbrach

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 20 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. (2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 21 Beweismittel


(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,2. Be

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Bundessozialgericht Beschluss, 04. Juni 2014 - B 14 AS 335/13 B

bei uns veröffentlicht am 04.06.2014

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Juni 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Umstritten ist die Überprüfung von Bescheiden nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der seit dem 1.1.2005 im laufenden Leistungsbezug des beklagten Jobcenters stehende Kläger beantragte am 22.10.2010 die "Überprüfung sämtlicher bestandskräftiger Bescheide über Grundsicherung", ohne dies näher zu begründen. Der Beklagte lehnte den Antrag ohne Sachprüfung ab (Bescheid vom 28.10.2010, Widerspruchsbescheid vom 27.1.2011). Das Sozialgericht (SG) wies die Klage ab (Gerichtsbescheid vom 13.6.2012), Berufung wurde keine eingelegt. Den während des Laufs dieses Gerichtsverfahrens am 2.5.2011 gestellten, nicht begründeten Antrag des Klägers auf Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 27.12.2006 lehnte der Beklagte ab, weil eine Überprüfung nur für einen Zeitraum bis zu einem Jahr vor der Rücknahme erfolgen könne (Bescheid vom 9.5.2011, Widerspruchsbescheid vom 22.6.2011). Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 31.8.2012), das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 17.6.2013), weil die Ablehnung einer Sachprüfung durch den Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden sei.

2

In der gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG gerichteten Beschwerde rügt der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgrund der Rechtsfrage:

"Sind Verwaltung und Gerichte im Rahmen eines Überprüfungsantrages nach § 44 SGB X verpflichtet, auch ohne neues tatsächliches Vorbringen der Beteiligten, die Rechtmäßigkeit des zur Überprüfung gestellten Bescheides anhand der zwischenzeitlich ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu überprüfen?"

Zur Begründung hat der Kläger ua auf die zu dieser Rechtsfrage schon anhängigen Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht (BSG) verwiesen.

3

Nachdem der 4. Senat durch Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R -, in dem dieselbe Rechtsfrage gestellt, derselbe Beklagte und auf Klägerseite derselbe Prozessbevollmächtigte beteiligt waren, die Revision des dortigen Klägers zurückgewiesen hatte und in dem hiesigen Verfahren angefragt worden ist, ob die Nichtzulassungsbeschwerde aufrechterhalten bleibe, hat der Kläger mitgeteilt, dass an der Nichtzulassungsbeschwerde festgehalten werde, da die Rechtsauffassung des zuständigen 14. Senats noch nicht bekannt sei.

4

II. Die gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG gerichtete Beschwerde des Klägers ist zurückzuweisen, weil sie unbegründet ist. Die Voraussetzungen des vom Kläger allein geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sind nicht erfüllt.

5

Voraussetzungen für die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage sind über die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage hinaus deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, deren Klärungsbedürftigkeit sowie Klärungsfähigkeit und Entscheidungserheblichkeit im konkreten Rechtsstreit (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX, RdNr 60 ff).

6

Die Klärungsbedürftigkeit ist zu verneinen, wenn die Rechtsfrage bereits höchstrichterlich beantwortet ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der zuvor aufgezeigten Voraussetzungen ist der Zeitpunkt der Entscheidung des BSG über die Nichtzulassungsbeschwerde. Dies bedeutet, dass die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, die zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde gegeben war, durch zwischenzeitliche Entscheidungen des BSG über diese Rechtsfrage bis zur Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wegfallen kann (BSG SozR 1500 § 160 Nr 25; BSG SozR 1500 § 160a Nr 65; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX, RdNr 71).

7

Die vom Kläger formulierte Rechtsfrage ist aufgrund des genannten Urteils des 4. Senats vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - nicht mehr klärungsbedürftig. In diesem Urteil hat der 4. Senat in RdNr 13 ausgeführt und den folgenden RdNr näher begründet:

"Nach § 40 Abs 1 S 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 S 1 SGB X ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus. Der Antrag bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Aufgrund oder aus Anlass des Antrags muss sich der Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund - Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein, dh entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Ist dies nicht der Fall, ist der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen. Diese Begrenzung des Prüfauftrags der Verwaltung wird durch den Wortlaut, die Gesetzesbegründung sowie den Sinn und Zweck des § 44 SGB X gestützt."

8

Dem schließt sich der 14. Senat an. Angesichts dessen ist kein Grund zu erkennen oder vom Kläger vorgebracht worden, wieso noch eine Entscheidung des erkennenden Senats im Rahmen eines Revisionsverfahrens über die vom Kläger formulierte Frage notwendig ist.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.