Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Feb. 2010 - 9 AZR 3/09

23.02.2010

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Juli 2008 - 22 Sa 2174/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin am bisherigen Arbeitsplatz zu beschäftigen.

2

Die Beklagte gibt ua. die Tageszeitung „DIE WELT“ heraus. Die Klägerin ist bei ihr seit dem 1. November 1994 als Redakteurin beschäftigt. Im „Redakteurvertrag“ vom 31. Oktober 1994 heißt es wie folgt:

        

㤠1 Arbeitsgebiet

        

1.   

Frau S

        
                 

wird als Redakteurin angestellt

        
                 

und in der Redaktion DIE WELT tätig sein.

        
        

2.   

Der Verlag behält sich vor, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten zu übertragen, wenn es dem Verlag erforderlich erscheint und für den Redakteur zumutbar ist.

        
        

§ 2 Grundsätzliche Haltung der Zeitung

        

DIE WELT

        

hat folgende grundsätzliche Haltung:

                 

-       

das unbedingte Eintreten für den freiheitlichen Rechtsstaat Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas;

        
                 

-       

das Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen; hierzu gehört auch die Unterstützung der Lebensrechte des israelischen Volkes;

        
                 

-       

die Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus;

        
                 

-       

die Verteidigung der freien sozialen Marktwirtschaft.

        
        

Der Redakteur ist zur Einhaltung dieser Richtlinien verpflichtet.

        

§ 3 Bezüge

        

1.   

Der Redakteur wird in die Tarifgruppe III a des Gehaltstarifvertrages für Redakteure an Tageszeitungen eingestuft.

        

...

        
        

§ 6 Versicherung

        

Der Redakteur wird nach den Bestimmungen des Tarifvertrages über die Altersversorgung für Redakteure an Tageszeitungen beim Versorgungswerk der Presse GmbH und bei der Versorgungskasse der Deutschen Presse versichert.

        

...“

3

Die Klägerin war als Redakteurin ab 1999 im Ressort Reise der Redaktion „DIE WELT“ und ab 1. Februar 2006 im Ressort Stil der „WELT am SONNTAG“ eingesetzt. Nach Bildung der Gemeinschaftsredaktion für die Zeitungen „BERLINER MORGENPOST“, „DIE WELT“, „WELT KOMPAKT“, „WELT am SONNTAG“ und „WELT ONLINE“ (Zeitungsgruppe Berlin) wurde die Klägerin ab 1. Januar 2007 der Redaktion Reise/Stil zugeordnet. Mit Schreiben vom 19. April 2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 1. Juli 2007 für zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nehme und während dieser Zeit eine Teilzeitbeschäftigung mit 30 Stunden wöchentlich ausüben wolle. Mit Schreiben vom 26. April 2007 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass beabsichtigt sei, sie in die neue Service- und Entwicklungsredaktion zu versetzen. Zuvor hatte im Dezember 2006 der Vorstand der Beklagten beschlossen, am Standort eine neue Redaktionseinheit in Form einer Service- und Entwicklungsredaktion zu gründen. Diese Redaktion wurde von der Beklagten gemeinsam mit der U GmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Beklagten, gebildet. In einem Schreiben der Personalabteilung der Beklagten an den Betriebsrat heißt es hierzu ua.:

        

„Das Arbeitsprofil der für die Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion vorgesehenen Redakteurinnen und Redakteure entspricht den in der Protokollnotiz zu § 1 des Manteltarifvertrages für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen beschriebenen Tätigkeiten. Da es sich um neue Units handelt, die auch neue Produkte entwickeln werden, liegt es in der Natur der Sache, dass sich eine weitere Konkretisierung erst im Laufe der Entwicklungsarbeit ergeben wird.

        

...

        

2. Entwicklungsphase:

        
        

- am 2. Mai erfolgt eine erneute Vollversammlung der S+E-Redaktion; die Leitung informiert über die Teambildung und die vorläufigen Teamstrukturen

        
        

...

        
        

- nach einer ersten Entwicklungsphase folgen die Produktion von Dummies, Gruppendiskussionen etc.

        
        

…       

        
        

- das erste neu entwickelte Produkt sollte im Herbst in die Realisationsphase gelangen“

        
4

In dem ab 1. November 1989 gültigen Manteltarifvertrag für Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen vom 28. Mai 1990 (MTV) heißt es auszugsweise:

        

„Protokollnotiz zu § 1 (persönlicher Geltungsbereich):

        

Als Redakteur/Redakteurin gilt, wer - nicht nur zum Zweck der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgültig in welchem Rechtsverhältnis) - kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, dass er/sie

        

1.   

Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder

        

2.   

mit eigenen Wort- und/oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beiträgt, und/oder

        

3.   

die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt und/oder

        

4.   

diese Tätigkeiten koordiniert.“

5

Am 10. Mai 2007 erklärte sich die Beklagte mit einer Teilzeittätigkeit der Klägerin im Umfang von 30 Stunden je Woche während der Elternzeit einverstanden. Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat über die beabsichtigte Versetzung der Klägerin mit Wirkung ab 19. Juni 2007. Der Betriebsrat äußerte hiergegen schriftlich am 25. Mai 2007 Bedenken. Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 versetzte die Beklagte die Klägerin mit Wirkung vom 19. Juni 2007 in die Service- und Entwicklungsredaktion „für alle dort produzierten Objekte“.

6

Bereits Ende März 2007 war der Betriebsrat über die geplante Versetzung von 51 Mitarbeitern in die Service- und Entwicklungsredaktion informiert worden. Die Klägerin wurde nach mehreren Gesprächen dem Team Entwicklung zugeteilt. Dort sollte sie mit zwei weiteren Redakteurinnen und einem Teamleiter eine Gesundheitsbeilage entwickeln. Zuletzt waren in der Service- und Entwicklungsredaktion noch maximal 37 Mitarbeiter beschäftigt.

7

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion und verlangt ihre Beschäftigung als Redakteurin in der Redaktion Reise/Stil.

8

Sie hat die Auffassung vertreten, die Versetzung sei unwirksam. Sie sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Seit dem 25. Februar 2007 sei kein von ihr verfasster Text mehr veröffentlicht worden. Die Weisung, „Dummies“ herzustellen, sei unbillig. Im Übrigen gehe es der Beklagten um Personalabbau. Ursprünglich habe die Beklagte die Absicht gehabt, bis zu 99 Redakteurinnen und Redakteure aus ihren jeweiligen Redaktionen herauszuziehen und in die Service- und Entwicklungsredaktion zu versetzen. Von den betroffenen 57 Redakteuren habe sie zehn Redakteure mit Aufhebungsverträgen ausscheiden lassen. Es hätten dann 47 Redakteure ihre Versetzung erhalten. Inzwischen hätten weitere fünf Redakteure Aufhebungsverträge geschlossen. Ein Mitarbeiter sei im Rahmen der Altersteilzeit seit März 2008 nicht mehr tätig. Vier weitere Mitarbeiter würden an andere Ressorts der Berliner Zeitungsgruppe ausgeliehen. Es seien deshalb nur noch 36 Redakteure in der Service- und Entwicklungsredaktion tätig. Eine ernsthafte redaktionelle Tätigkeit habe es in der Service- und Entwicklungsredaktion jedenfalls im Bereich der Entwicklung der Gesundheitsbeilage nicht gegeben.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2007 angeordnete Versetzung unwirksam ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Redakteurin im Ressort Stil/Kunstmarkt/Reise der Redaktion WELT/WELT KOMPAKT/ WELT am SONNTAG/BERLINER MORGENPOST (Berliner Zeitungsgruppe) zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Tätigkeit der Klägerin in der Service- und Entwicklungsredaktion handele es sich auch um eine Redakteurstätigkeit im Sinne des Arbeitsvertrags. Gemäß der Protokollnotiz zu § 1 MTV reiche es aus, wenn der Redakteur seine Arbeit zur Veröffentlichungsreife bringe. Es sei nicht erforderlich, dass der Beitrag auch veröffentlicht werde. Die Beklagte verspreche sich mit der Service- und Entwicklungsredaktion den Eintritt in bestimmte Marktsegmente. Sie wolle sich im Markt mit neuen Objekten positionieren, in denen Wettbewerber bereits länger aktiv seien. Die Service- und Entwicklungsredaktion sei deshalb nicht nur zum Schein zum Zweck des Personalabbaus gegründet worden. Die Klägerin sei auch nicht deswegen versetzt worden, weil sie einen Antrag auf Elternzeit gestellt habe. Bei der Auswahl der zu versetzenden Redakteure hätten weder Alters- oder Leistungs- noch Schwerbehinderungsgründe eine Rolle gespielt. Alle Redakteure seien grundsätzlich gleich geeignet für kreative Entwicklungstätigkeit. Sie habe bei der Auswahl die jeweiligen Ressortleiter befragt, welche Mitarbeiter für den Aufbau der Service- und Entwicklungsredaktion zur Verfügung gestellt werden könnten, ohne dass die Berichterstattung in dem Ressort leide. Die Service- und Entwicklungsredaktion produziere,

        

-       

den Veranstaltungsteil „Berlin Live“, der in der BERLINER MORGENPOST erscheine,

        

-       

die Reportageseite der BERLINER WOCHE,

        

-       

die etwa zweimonatig erscheinenden Bezirksjournale,

        

-       

die Beilage „Gesund“, die Anfang September 2008 erscheinen werde,

        

-       

das Magazin „Berliner Wirtschaft“ und

        

-       

sei zuständig für die Produktion von Bezirksbeilagen.

11

Von den 49 in die Service- und Entwicklungsredaktion versetzten Mitarbeitern seien noch 37 Mitarbeiter dort beschäftigt.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist begründet.

14

I. Die Versetzung der Klägerin von der Redaktion Reise/Stil in die Service- und Entwicklungsredaktion für alle dort produzierten Objekte mit Wirkung vom 19. Juni 2007 ist unwirksam.

15

1. Die Beklagte war nicht kraft Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO iVm. § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags berechtigt, die Klägerin in die Service- und Entwicklungsredaktion zu versetzen.

16

a) Das Direktionsrecht der Beklagten zur Änderung der Arbeitsaufgabe folgt aus § 106 Satz 1 GewO. Danach kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

17

b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Zuweisung der Tätigkeit in der Service- und Entwicklungsredaktion sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Die Tätigkeit der Entwicklung einer Beilage entspreche nicht der Tätigkeit eines Redakteurs in einem Ressort einer Tageszeitung. Das hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Die Beklagte durfte der Klägerin nur Redakteurstätigkeiten in einem anderen Ressort einer Tageszeitung zuweisen.

18

c) Nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags schuldet die Klägerin die Tätigkeit einer Tageszeitungsredakteurin. Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, die Tätigkeit in der Redaktion einer Tageszeitung sei dort nicht ausdrücklich genannt. Die Beschränkung auf redaktionelle oder journalistische Aufgaben in der Redaktion einer Tageszeitung folgt aus der Auslegung des Arbeitsvertrags.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag nicht ausgelegt. Das ist fehlerhaft; denn § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags bedarf der Auslegung unter Beachtung der Grundsätze, die für die Auslegung allgemeiner Vertragsbedingungen gelten.

20

Der Inhalt des Arbeitsvertrags ist von der Arbeitgeberin vorformuliert. Das ergibt sich schon aus dem Erscheinungsbild. Der Vertrag enthält über die persönlichen Daten der Klägerin hinaus keine individuellen Besonderheiten. Er ist auf die Verwendung für eine unbestimmte Vielzahl angelegt. Den Inhalt solcher Musterverträge darf das Revisionsgericht uneingeschränkt nach §§ 133, 157 BGB auslegen(für die st. Rspr. Senat 19. Mai 2009 -  9 AZR 145/08  - Rn. 42, AP ATG § 6 Nr. 5 ).

21

bb) Verträge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war( Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, EzA GewO § 106 Nr. 4; 3. April 2007 -  9 AZR 283/06  - Rn. 48, BAGE 122, 33 ) .

22

cc) Aus der Gesamtheit der arbeitsvertraglichen Regelungen wird deutlich, dass die Klägerin als Tageszeitungsredakteurin tätig werden sollte.

23

Nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags soll die Klägerin in der Redaktion „DIE WELT“ tätig sein. Dabei handelt es sich um eine Tageszeitung. Nach § 3 des Arbeitsvertrags erfolgte die Einstufung der Klägerin in die Tarifgruppe III a des Gehaltstarifvertrags für Redakteure an Tageszeitungen. Gemäß § 8 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags soll § 18 MTV(Urheberrechtsregelung) Anwendung finden. Nach § 2 des Arbeitsvertrags verpflichtete sich die Klägerin, die für die Tageszeitung „DIE WELT“ geltenden Richtlinien(„grundsätzliche Haltung“) einzuhalten. Dazu sind regelmäßig nur Redakteure verpflichtet.

24

d) Die Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion unterliegt auch unter Berücksichtigung der Klausel in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags nicht dem Direktionsrecht der Beklagten nach § 106 Satz 1 GewO. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob diese Klausel einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB standhält.

25

aa) Die Beklagte hat sich die Zuweisung anderer „redaktioneller oder journalistischer Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten“ in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags vorbehalten. Die Zuweisung der Tätigkeit in der Service- und Entwicklungsredaktion ist keine andere redaktionelle Aufgabe eines Redakteurs bei anderen Objekten im Sinne dieser arbeitsvertraglichen Regelung.

26

(1) Nach allgemeinem Verständnis ist es die Aufgabe des Redakteurs, aus der Fülle von Informationen, die für die Leser, Zuhörer oder Zuschauer bedeutsamen Beiträge für die nächste Ausgabe/Sendung aufzubereiten(vgl. Berufenet der Bundesagentur für Arbeit - Redakteur). Er erstellt somit Beiträge, die zur Veröffentlichung bestimmt sind. Dieses Verständnis der Aufgaben eines Redakteurs wird durch die Protokollnotiz zu § 1 MTV bestätigt. Danach ist Redakteur, wer an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig mitwirkt. Der MTV findet zwar nicht insgesamt auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Aus der im Arbeitsvertrag vereinbarten Eingruppierung der Klägerin in die Gehaltsgruppe III a des Gehaltstarifvertrags für Redakteure an Tageszeitungen folgt aber, dass die Klägerin als Redakteurin iSd. der Definition des MTV tätig werden sollte. Zudem berief sich die Beklagte im Rahmen der Beteiligung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG darauf, die neue Tätigkeit entspreche der Tätigkeit einer Redakteurin gemäß der Protokollnotiz zum MTV.

27

(2) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Klägerin als Entwicklungsredakteurin nicht die Aufgabe, zu veröffentlichende Beiträge redaktionell zu bearbeiten. Sie sollte vielmehr im Team ein neues „Objekt“ konzipieren. Die hierfür zu erstellenden Beiträge(Testbeiträge, „Dummies“) sollten nicht veröffentlicht werden. Es wurden überwiegend Blindtexte verwendet, um zunächst Format und Layout zu entwickeln. Soweit die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe übersehen, dass in der Entwicklungsphase ein vollständig ausgearbeitetes Objekt erstellt werden müsse, bestätigt dies die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Während der Entwicklungsphase werden nur Testbeiträge verfasst, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren. Dass am Ende der Entwicklung möglicherweise veröffentlichungsreife Objekte erarbeitet wurden, ändert nichts an der fehlenden Bestimmung zur Veröffentlichung während der auf unbestimmte Zeitdauer angelegten Entwicklungsphase. Zudem ist nach Abschluss der Entwicklung nicht gewährleistet, dass das neue Objekt überhaupt vermarktet wird.

28

Die zugewiesene Tätigkeit in der Service- und Entwicklungsredaktion ist deshalb keine Tätigkeit als Redakteurin iSd. Direktionsrechtsklausel gemäß § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags. Die Klausel nach § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags berechtigt die Beklagte nur, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben zu übertragen. Dazu reicht es entgegen der Auffassung der Revision nicht aus, dass die neue Aufgabe redaktioneller Natur ist, also eigene oder Beiträge Dritter bearbeitet werden. Die Beiträge müssen zumindest zur Veröffentlichung bestimmt sein. Ob sie dann tatsächlich veröffentlicht werden, bleibt der Entscheidung der Redaktion oder der Redaktionsleitung überlassen. Diese Bestimmung zur Veröffentlichung fehlt für die Beiträge aus der Entwicklungsredaktion. Sie dienten nur Test- und Entwicklungszwecken. Die Klägerin wurde damit rechtswidrig auf unabsehbare Zeit aus der aktuellen Berichterstattung herausgenommen. Der Senat muss nicht entscheiden, ob eine zeitlich befristete Übertragung von Entwicklungsaufgaben vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst sein kann. Die streitige Versetzung erfolgte ohne zeitliche Beschränkung der Entwicklungsaufgabe. Es war auch nicht zeitlich absehbar, wann und ob überhaupt ein entwickeltes Objekt auf dem Markt erscheinen würde.

29

bb) Die in der Service- und Entwicklungsredaktion zu bearbeitenden „Objekte“ sind auch keine „anderen Objekte“ iSd. arbeitsvertraglichen Direktionsrechtsklausel.

30

Objekt ist das zur Veröffentlichung bestimmte Werk, für das der Redakteur Beiträge zu liefern hat. Das ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags. Soweit § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags das Direktionsrecht des Verlags auf Aufgaben auch an anderen Objekten erweitert, wird deutlich, dass die vereinbarte Aufgabe in der Redaktion „DIE WELT“ ein Objekt bezeichnet. Objekte sind deshalb die verschiedenen veröffentlichten Verlagsprodukte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klausel damit das Direktionsrecht auf dem Objekt „DIE WELT“ vergleichbare Produkte und damit auf Tageszeitungen beschränkt, wie das Landesarbeitsgericht annimmt. Objekte in diesem Sinne sind jedenfalls ausschließlich veröffentlichte Produkte, wie Tageszeitungen. Produkte, die noch entwickelt werden, sind lediglich mögliche künftige Objekte. Sie haben das Stadium eines Objekts noch nicht erreicht. Daher hat die Beklagte der Klägerin mit der Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion auch keine Tätigkeit bei einem anderen Objekt übertragen.

31

2. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Versetzung der Klägerin in die Service- und Entwicklungsredaktion billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprach.

32

II. Da die Versetzung unwirksam ist, muss die Beklagte die Klägerin wieder auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz vorbehaltlich einer wirksamen Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz beschäftigen. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, der bisherige Arbeitsplatz sei nicht mehr vorhanden.

33

B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

        

    Düwell    

        

    Gallner    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Furche    

        

    Pielenz    

                 

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Referenzen - Gesetze

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Feb. 2010 - 9 AZR 3/09 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen v

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Atomgesetz - AtG | § 6 Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen


(1) Wer Kernbrennstoffe außerhalb der staatlichen Verwahrung aufbewahrt, bedarf der Genehmigung. Einer Genehmigung bedarf ferner, wer eine genehmigte Aufbewahrung wesentlich verändert. (2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn ein Bedürfnis für e

Gewerbeordnung - GewO | § 1 Grundsatz der Gewerbefreiheit


(1) Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. (2) Wer gegenwärtig zum Betrieb eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht desha

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Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Der Betrieb eines Gewerbes ist jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind.

(2) Wer gegenwärtig zum Betrieb eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er den Erfordernissen dieses Gesetzes nicht genügt.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer Kernbrennstoffe außerhalb der staatlichen Verwahrung aufbewahrt, bedarf der Genehmigung. Einer Genehmigung bedarf ferner, wer eine genehmigte Aufbewahrung wesentlich verändert.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn ein Bedürfnis für eine solche Aufbewahrung besteht und wenn

1.
keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellers und der für die Leitung und Beaufsichtigung der Aufbewahrung verantwortlichen Personen ergeben, und die für die Leitung und Beaufsichtigung der Aufbewahrung verantwortlichen Personen die hierfür erforderliche Fachkunde besitzen,
2.
die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Aufbewahrung der Kernbrennstoffe getroffen ist,
3.
die erforderliche Vorsorge für die Erfüllung gesetzlicher Schadensersatzverpflichtungen getroffen ist,
4.
der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gewährleistet ist.

(3) Wer zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 9a Abs. 2 Satz 3 innerhalb des abgeschlossenen Geländes einer Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität in einem gesonderten Lagergebäude in Transport- und Lagerbehältern bestrahlte Kernbrennstoffe bis zu deren Ablieferung an eine Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle aufbewahrt, bedarf einer Genehmigung nach Absatz 1. Die Genehmigungsvoraussetzungen der Nummern 1 bis 4 des Absatzes 2 gelten entsprechend.

(4) Die Anfechtungsklage gegen eine Veränderungsgenehmigung nach Absatz 1 Satz 2, die zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 9a Absatz 2a erteilt wurde, hat keine aufschiebende Wirkung.

(5) Die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen in kerntechnischen Anlagen nach Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 soll 40 Jahre ab Beginn der ersten Einlagerung eines Behälters nicht überschreiten. Eine Verlängerung von Genehmigungen nach Satz 1 darf nur aus unabweisbaren Gründen und nach der vorherigen Befassung des Deutschen Bundestages erfolgen.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)