Bundesarbeitsgericht Beschluss, 16. Jan. 2018 - 7 ABR 11/16

ECLI:ECLI:DE:BAG:2018:160118.B.7ABR11.16.0
bei uns veröffentlicht am16.01.2018

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der zu 1., 2., 6. und 7. beteiligten Antragsteller wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 27. August 2015 - 3 TaBV 29/14 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der am 25./26. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl.

2

Die Antragsteller zu 1., 2., 6. und 7. sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der zu 11. beteiligten Arbeitgeberin. Der Beteiligte zu 10. ist der am 25./26. März 2014 gewählte, aus neun Mitgliedern bestehende Betriebsrat.

3

Am 7. Februar 2014 hatte der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben erlassen. Dieses lautet auszugsweise:

        

Die Betriebsratswahl findet am 25.03. und 26.03.2014 von 05.30 bis 06.30 Uhr und von 13.30 bis 14.30 Uhr im Versammlungsraum Gebäude 09 (ehem. Speisesaal) statt.

        

…       

        

Die wahlberechtigten Arbeitnehmer/innen werden hiermit aufgefordert, vor Ablauf von zwei Wochen, spätestens bis zum 21.02.2014, 14.00 Uhr, Vorschlagslisten beim Wahlvorstand, Büro Herr K oder Büro Frau W einzureichen. Nur fristgerecht eingereichte Vorschlagslisten werden berücksichtigt.

        

Weitere Hinweise:            

        

…       

        

3.    

Die Vorschlagslisten müssen von mindestens 16 Arbeitnehmer/innen unterzeichnet sein (§ 14 Abs. 4 BetrVG) [Stützunterschriften]. Einer der Bewerber für die Betriebsratswahl soll als Listenvertreter bezeichnet sein.

        

…       

        
        

9.    

Die Stimmabgabe ist an die Vorschlagslisten gebunden. Die Bekanntgabe der gültigen Vorschlagsliste(n) erfolgt, sofern keine Nachfrist nach § 9 WO erforderlich wird, im Zeitraum vom 24.02. - 10.03.2014 an den bekannten Informationstafeln des Wahlvorstands bis zum Abschluss der Stimmabgabe.

        

…       

        
        

13.     

Vorschlagslisten, Einsprüche und sonstige Erklärungen sind beim Wahlvorstand (Betriebsadresse) abzugeben (Büro Frau W).

        

14.     

Die Auszählung der Stimmen ist öffentlich und erfolgt am 26.03.2014, 14.30 Uhr im Beratungsraum 09.02 neben Büro Finanzen/Controlling im Gebäude 09.

                 

Betriebsadresse des Wahlvorstands:

                 

Büro Frau W

4

Im Betrieb der Arbeitgeberin arbeiteten im März 2014 327 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die Schichtwechsel der im Drei-Schicht-System beschäftigten Arbeitnehmer finden um 06:00 Uhr, 14:00 Uhr und 22:00 Uhr statt. Außerdem werden Arbeitnehmer in der Zeit von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr einschichtig eingesetzt. Die Arbeitszeit der etwa 25 Beschäftigten in der Verwaltung endet nicht vor 15:00 Uhr.

5

Am 21. Februar 2014 um 10:54 Uhr ging beim Wahlvorstand die Wahlvorschlagsliste „C“ ein. Am 21. Februar 2014 um 13:10 Uhr reichte der Antragsteller zu 1. die Vorschlagsliste „P“ nebst einer Liste mit 63 Stützunterschriften beim Wahlvorstand ein. Die Wahlvorschlagsliste „P“ endet mit der Eintragung des Antragstellers zu 6. - D (Nr. 21) -, der in der Liste „Unterstützungsunterschriften für die Vorschlagsliste zur Betriebsratswahl“ zugleich unter der Nr. 48 eine Stützunterschrift geleistet hatte. Nach seiner Stützunterschrift folgen weitere 15 Stützunterschriften (Nr. 49 - 63).

6

Mit Schreiben vom 26. Februar 2014 teilte der Wahlvorstand dem Antragsteller zu 1. mit, seine Prüfung des Wahlvorschlags „P“ am 24. und 25. Februar 2014 habe ergeben, dass die Vorschlagsliste ungültig sei. Nach der Leistung von Stützunterschriften seien noch Wahlbewerber in die Vorschlagsliste aufgenommen worden.

7

Die Betriebsratswahl wurde am 25. und 26. März 2014 allein mit der Vorschlagsliste „C“ durchgeführt. Das Wahlergebnis wurde am 1. April 2014 durch Aushang bekannt gegeben.

8

Mit der beim Arbeitsgericht am 11. April 2014 eingegangenen Antragsschrift, die keinen ausdrücklichen Antrag enthält, haben ursprünglich neun wahlberechtigte Arbeitnehmer, ua. die Antragsteller zu 1., 2., 6. und 7., das vorliegende Verfahren „wegen Anfechtung der Betriebsratswahl“ eingeleitet und mehrere Verstöße gegen Wahlvorschriften gerügt. Sie haben geltend gemacht, der Abgabetermin für Wahlvorschläge hätte nicht auf 14:00 Uhr am 21. Februar 2014 festgesetzt werden dürfen. Die Abgabefrist habe vielmehr erst um 24:00 Uhr geendet. Außerdem habe der Wahlvorstand seiner Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagsliste „P“ nicht genügt. Bei Vornahme einer unverzüglichen Prüfung und Unterrichtung des Listenvertreters hätten am 21. Februar 2014 bis 24:00 Uhr noch mindestens 16 Stützunterschriften für eine ordnungsgemäße Liste gesammelt werden können.

9

Die Wahl sei auch deshalb anfechtbar, weil der an beiden Wahltagen zur Verfügung stehende Zeitraum zur Stimmabgabe von 05:30 Uhr bis 06:30 Uhr sowie von 13:30 Uhr bis 14:30 Uhr zu kurz bemessen gewesen sei. Zudem seien entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 10 und Nr. 12 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (WO) in dem Wahlausschreiben vom 7. Februar 2014 weder die Orte genannt, an denen die Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe aushingen, noch sei angegeben, wo Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben gewesen seien. Ferner habe der Wahlvorstand nicht den Ort und Zeitpunkt der Öffnung der im Wege der Briefwahl eingereichten Freiumschläge bekannt gegeben.

10

Die Antragsteller haben beantragt

        

festzustellen, dass die am 25./26. März 2014 im Betrieb der Beteiligten zu 11. durchgeführte Wahl des Beteiligten zu 10. unwirksam ist.

11

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben die Abweisung des Antrags beantragt.

12

Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihren Antrag weiter. Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

13

B. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Antrag nicht abgewiesen werden.

14

I. Mit dem Antrag „festzustellen, dass die am 25./26. März 2014 im Betrieb der Beteiligten zu 11. durchgeführte Wahl des Beteiligten zu 10. unwirksam ist“, haben die Antragsteller die Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten, auch wenn sie nach dem Antragswortlaut nicht den gebotenen Gestaltungsantrag, die Wahl für unwirksam zu erklären, sondern einen Feststellungsantrag formuliert haben. Der Antrag ist entsprechend auszulegen (vgl. BAG 21. März 2017 - 7 ABR 19/15 - Rn. 10 mwN, BAGE 158, 256). Die Antragsteller haben in der Anhörung vor dem Senat bestätigt, dass die Nichtigkeit der Wahl nicht geltend gemacht wird.

15

II. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Wahlanfechtungsantrag sei unbegründet, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

16

1. Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl des Betriebsrats beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Zur Anfechtung berechtigt sind nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

17

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die formellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 2 BetrVG erfüllt sind.

18

a) Die zuletzt noch verbliebenen vier Antragsteller sind wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs und damit nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt.

19

b) Die zweiwöchige Anfechtungsfrist ist eingehalten. Der Wahlvorstand hat das Wahlergebnis am 1. April 2014 bekannt gegeben. Die am 11. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangene Antragsschrift hat daher die Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass in der Antragsschrift kein ausdrücklicher Antrag formuliert ist. Die Auslegung der Antragsschrift ergibt, dass mit dieser die Wahl angefochten werden sollte. Die Antragsteller haben eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie sich gegen die im Betrieb der Arbeitgeberin am 25./26. März 2014 durchgeführte Wahl wenden und die Anfechtung insbesondere auf eine zu kurz bemessene Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen in dem Wahlausschreiben und auf einen Verstoß des Wahlvorstands gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung von Wahlvorschlägen stützen wollten. Da die in der Antragsschrift geltend gemachten Anfechtungsgründe bei ihrem Vorliegen zur Unwirksamkeit der Wahl insgesamt führen würden, bestand entgegen der Auffassung des Betriebsrats und der Arbeitgeberin kein Zweifel daran, dass die Antragsteller damit die Wahl insgesamt angefochten und nicht etwa eine Korrektur des Wahlergebnisses angestrebt haben.

20

3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, bei der Wahl sei nicht gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden, hält mit der gegebenen Begründung nicht in allen Punkten einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung stand. Das Landesarbeitsgericht ist auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage zu dem Ergebnis gelangt, die Frist von zwei Wochen für die Einreichung von Wahlvorschlägen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 WO sei gewahrt.

21

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 WO erfolgt die Wahl aufgrund von Vorschlagslisten, wenn - wie hier - mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Vorschlagslisten sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WO von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Für die Berechnung der Frist finden nach § 41 WO die §§ 186 bis 193 BGB entsprechende Anwendung. Da für den Beginn der Frist der Erlass des Wahlausschreibens maßgebend ist, wird nach § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung der Frist der Tag, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde, nicht mitgerechnet. Die Frist endet damit nach § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde. In dem Wahlausschreiben hat der Wahlvorstand nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO anzugeben, dass Wahlvorschläge vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand in Form von Vorschlagslisten einzureichen sind. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben. Die vorgeschriebene Angabe des letzten Tages der Frist ist nur eine zusätzliche Klarstellung. Sie soll dem Wahlvorstand keinen Spielraum einräumen (BAG 9. Dezember 1992 - 7 ABR 27/92 - zu B II der Gründe; vgl. zu § 6 Abs. 2 Nr. 8 BPersVWO BVerwG 17. Juli 1980 - 6 P 4.80 -).

22

b) Der Wahlvorstand kann die Möglichkeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer liegt (vgl. zur Frist für Einsprüche gegen die Wählerliste nach § 4 WO BAG 4. Oktober 1977 - 1 ABR 37/77 - zu III 2 c der Gründe; zur Frist für Einsprüche gegen die Wählerliste nach § 6 Abs. 1 WO DrittelbG vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 56/10 - Rn. 28). Dem steht nicht entgegen, dass die gesetzliche Frist des § 6 WO nicht zur Disposition des Wahlvorstands steht.

23

aa) Der Wahlvorstand kann keine andere als die gesetzlich vorgesehene Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen festlegen. Dies gilt nicht nur für den letzten Tag der Frist (BAG 9. Dezember 1992 - 7 ABR 27/92 - zu B II der Gründe), sondern auch für die Uhrzeit des Fristablaufs (vgl. etwa Jacobs GK-BetrVG 11. Aufl. § 6 WO Rn. 5, § 4 WO Rn. 5; Boemke BB 2009, 2758 f.; vgl. auch BVerwG 17. Juli 1980 - 6 P 4.80 - zu § 6 Abs. 2 Nr. 8 BPersVWO). Die WO gewährt dem Wahlvorstand insoweit keinen Spielraum. Hätte der Verordnungsgeber dem Wahlvorstand die Befugnis einräumen wollen, die Uhrzeit des Fristablaufs im Hinblick auf die betrieblichen Gegebenheiten abweichend vom gesetzlich vorgesehenen Fristende zu bestimmen, so hätte er in § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO - ähnlich wie in § 3 Abs. 2 Nr. 11 WO - angeordnet, die Uhrzeit in dem Wahlausschreiben anzugeben(vgl. BVerwG 17. Juli 1980 - 6 P 4.80 - zu § 6 Abs. 2 Nr. 8 BPersVWO).

24

bb) Diese gesetzlichen Vorgaben hindern den Wahlvorstand jedoch nicht, in dem Wahlausschreiben den Zeitpunkt anzugeben, bis zu dem ihm am letzten Tag der Frist Wahlvorschläge zugehen können. Damit verkürzt der Wahlvorstand nicht die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen, sondern gibt bekannt, bis zu welchem Zeitpunkt ein fristgerechter Zugang der Vorschlagslisten bei ihm bewirkt werden kann.

25

(1) Auf den Zugang von Wahlvorschlägen beim Wahlvorstand finden die allgemeinen Grundsätze für den Zugang von Willenserklärungen Anwendung. Wird ein Wahlvorschlag an der angegebenen Adresse des Wahlvorstands einem Wahlvorstandsmitglied übergeben, geht er dem Wahlvorstand im Zeitpunkt der Übergabe zu. Wird der Wahlvorschlag an der Betriebsadresse des Wahlvorstands in dessen Briefkasten oder sonstige Zugangsvorrichtung eingeworfen, geht er nicht ohne weiteres im Zeitpunkt des Einwurfs zu (so wohl aber zur BPersVWO BVerwG 17. Juli 1980 - 6 P 4.80 -), sondern erst dann, wenn unter Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse für den Wahlvorstand die Möglichkeit besteht, von dem Wahlvorschlag Kenntnis zu nehmen (vgl. zum Zugang von Willenserklärungen: BAG 26. März 2015 - 2 AZR 483/14 - Rn. 37; BGH 11. April 2002 - I ZR 306/99 - zu II der Gründe).

26

(2) Die Angabe in dem Wahlausschreiben, dass die Wahlvorschläge bis zum Ende der Arbeitszeit in dem Betrieb oder der Dienststunden des Wahlvorstands eingereicht werden müssen, trägt daher den allgemeinen Regelungen über den (rechtzeitigen) Zugang von Willenserklärungen Rechnung (vgl. zu § 4 WO BAG 4. Oktober 1977 - 1 ABR 37/77 - zu III 2 c der Gründe; ähnlich Jacobs GK-BetrVG 11. Aufl. § 6 WO Rn. 5, § 4 WO Rn. 5; Boemke BB 2009, 2758 f.). Wird ein Wahlvorschlag erst später in den Briefkasten des Wahlvorstands eingeworfen, besteht für den Wahlvorstand unter Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse erst am Folgetag die Möglichkeit, von dem Wahlvorschlag Kenntnis zu nehmen, denn es ist von ihm nicht zu erwarten, dass er sich über das Ende der betrieblichen Arbeitszeit bzw. der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24:00 Uhr im Betrieb aufhält, um einen Zugang von Wahlvorschlägen zu ermöglichen. Hierzu ist der Wahlvorstand nicht verpflichtet.

27

(a) Das Amt des Wahlvorstandsmitglieds ist ein Ehrenamt. Die Tätigkeit des Wahlvorstands findet grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Zwar haben Wahlvorstandsmitglieder, die betriebsbedingt außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit erforderliche Wahlvorstandstätigkeit leisten, in entsprechender Anwendung von § 37 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Freizeitausgleich(BAG 26. April 1995 - 7 AZR 874/94 - zu I 1 der Gründe, BAGE 80, 54). Das begründet allerdings nicht die Pflicht, sich am letzten Tag der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen über die Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24:00 Uhr im Betrieb aufzuhalten.

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(b) Gegenteiliges folgt auch nicht aus der Pflicht des Wahlvorstands, eingereichte Wahlvorschläge unverzüglich zu prüfen (§ 7 Abs. 2 WO). Daraus ergibt sich zwar, dass der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen treffen muss, um kurzfristig zusammentreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können, damit ggf. vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 26; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34). Das bedeutet aber nicht, dass er sich hierzu über das Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer hinaus im Betrieb aufhalten muss. Dies gilt auch in einem Betrieb, der im Schichtdienst „rund um die Uhr“ arbeitet. Von den Mitgliedern des Wahlvorstands kann auch am letzten Tag der Einreichungsfrist nicht erwartet werden, dass sie länger tätig werden als die Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs, ggf. bis 24:00 Uhr. Die wahlberechtigten Arbeitnehmer können sich aufgrund der Angaben in dem Wahlausschreiben auf das Ende der Dienstzeit der Mehrheit der Arbeitnehmer und des Wahlvorstands einstellen.

29

cc) Das voraussichtliche Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs am Tag des Fristablaufs ist vom Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens zu prognostizieren.

30

c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die vom Wahlvorstand festgesetzte Frist für die Einreichung von Vorschlagslisten auf 14:00 Uhr am 21. Februar 2014 liege nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs, hält einer rechtsbeschwerderechtlichen Überprüfung nicht stand. Die bislang getroffenen Feststellungen tragen diese Bewertung nicht.

31

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, da im Produktionsbereich des Betriebs im Drei-Schicht-System mit ca. 50 Arbeitnehmern pro Schicht gearbeitet werde, Schichtwechsel und damit das Ende der Arbeitszeit für die Beschäftigten der jeweiligen Schicht um 06:00 Uhr, 14:00 Uhr und 22:00 Uhr sei und für die etwa 25 Beschäftigten in der Verwaltung die Arbeitszeit nicht vor 15:00 Uhr ende, habe am 21. Februar 2014 lediglich die Arbeitszeit der 25 Arbeitnehmer der Verwaltung und von ca. 50 Beschäftigten der Spätschicht nach 14:00 Uhr geendet. Die Arbeitszeit des überwiegenden Teils der insgesamt 327 wahlberechtigten Arbeitnehmer sei daher nicht betroffen.

32

bb) Gegen diese Würdigung haben die Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde zwar keine Verfahrensrügen erhoben. Die Berechnung des Landesarbeitsgerichts ist jedoch nicht nachvollziehbar. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren seinerzeit in dem Betrieb insgesamt 327 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist davon auszugehen, dass am 21. Februar 2014 die Arbeitszeit von ca. 50 in der vorangegangenen Nachtschicht (20./21. Februar 2014) tätigen Arbeitnehmern und von ca. 50 Arbeitnehmern der Frühschicht bis 14:00 Uhr endete, nicht jedoch die Arbeitszeit von ca. 50 Arbeitnehmern der Spätschicht und der ca. 25 in der Verwaltung beschäftigten Arbeitnehmer. Damit hat das Landesarbeitsgericht lediglich Feststellungen zum Ende der Arbeitszeit von ca. 175 der insgesamt 327 wahlberechtigten Arbeitnehmer am 21. Februar 2014 getroffen. Feststellungen zu den restlichen ca. 152 Arbeitnehmern fehlen. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob und aufgrund welcher Umstände der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens am 7. Februar 2014 annehmen durfte, dass die Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs am 21. Februar 2014, dem letzten Tag der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen, spätestens um 14:00 Uhr enden würde.

33

III. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob der Wahlanfechtungsantrag begründet ist.

34

1. Der Senat kann auch unter Berücksichtigung der von dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin bei der Anhörung vor dem Senat mitgeteilten, von den Beteiligten unstreitig gestellten Angaben zur tatsächlichen Beschäftigungssituation am 21. Februar 2014 nicht beurteilen, ob der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens prognostizieren durfte, dass die Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer am 21. Februar 2014 spätestens um 14:00 Uhr enden würde. Nach diesen Angaben arbeiteten am 21. Februar 2014 in der Frühschicht 55 Arbeitnehmer, in der Spätschicht 39 und in der folgenden Nachtschicht 48 Arbeitnehmer; an diesem Tag waren 65 Personen in der Zeit zwischen 06:00 Uhr und 14:30 Uhr einschichtig beschäftigt, 52 Arbeitnehmer hatten eine Freischicht, 16 Arbeitnehmer waren arbeitsunfähig erkrankt, 23 Arbeitnehmer befanden sich im Urlaub, 11 Arbeitnehmer waren aus sonstigen Gründen freigestellt und 7 Arbeitnehmer waren wegen Weiterbildungsmaßnahmen abwesend. Diese Angaben lassen zum einen nicht erkennen, ob der Wahlvorstand diese Daten bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens am 7. Februar 2014 für den 21. Februar 2014 prognostizieren konnte. Zum anderen fließen in die Berechnung nur diejenigen Arbeitnehmer ein, die an diesem Tag ihre Arbeit voraussichtlich beenden, nicht aber diejenigen, deren Nachtschicht am Tag des Fristablaufs erst beginnt, da deren Arbeitszeit erst am nächsten Tag endet. Arbeitnehmer der Freischicht fließen ebenfalls nicht in die Berechnung ein, weil sie an dem letzten Tag der Einreichungsfrist nicht arbeiten. Unberücksichtigt bleiben daher auch diejenigen, deren Abwesenheit am 21. Februar 2014 zB wegen Urlaub, Krankheit, Weiterbildung oder Freistellung bei Erlass des Wahlausschreibens absehbar war. Hierzu wird das Landesarbeitsgericht die gebotenen Feststellungen zu treffen haben.

35

2. Eine Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil eine fehlerhafte Festsetzung der Uhrzeit, bis zu der Wahlvorschläge eingereicht werden konnten, keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben konnte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass weitere - ordnungsgemäße - Wahlvorschläge eingereicht worden wären, wenn der Wahlvorstand die Uhrzeit für den Zugang der Vorschlagslisten am 21. Februar 2014 nicht auf 14:00 Uhr, sondern auf einen späteren Zeitpunkt festgelegt hätte.

36

3. Die Zurückverweisung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem Anfechtungsantrag für den Fall, dass der Wahlvorstand die Frist für den Zugang von Wahlvorschlägen zu Recht auf 21. Februar 2014, 14:00 Uhr festgelegt hätte, aus anderen Gründen stattzugeben wäre. Die Wahl ist nicht wegen anderer Verstöße gegen Wahlvorschriften anfechtbar.

37

a) Die Wahl wäre nicht wegen Verletzung der nach § 7 Abs. 2 WO bestehenden Pflicht des Wahlvorstands zur unverzüglichen Prüfung der am 21. Februar 2014 um 13:10 Uhr eingegangenen Vorschlagsliste „P“ unwirksam. Selbst wenn der Wahlvorstand gegen die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagsliste verstoßen haben sollte, konnte sich dies wegen der Kürze der verbleibenden Zeit zur Einreichung einer fehlerfreien Vorschlagsliste nicht auf das Wahlergebnis auswirken.

38

aa) Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, keine starre Frist. Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen. Dementsprechend hat der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, um kurzfristig zusammenzutreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können. Auch wenn die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, dass ein möglicherweise zur Ungültigkeit führender Mangel des Wahlvorschlags nicht innerhalb der Frist behoben werden kann, entbindet dies den Wahlvorstand nicht von der Pflicht, die Prüfung der Vorschlagslisten möglichst rasch durchzuführen, damit eventuell vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können (BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 26; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 25; 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 115, 34).

39

bb) Selbst wenn der Wahlvorstand sofort nach Einreichung der Liste „P“ am 21. Februar 2014 um 13:10 Uhr zusammengetreten wäre, um die Prüfung nach § 7 Abs. 2 WO vorzunehmen, hätte dies das Wahlergebnis nicht ändern können. Das Landesarbeitsgericht hat es zu Recht als nicht möglich erachtet, dass die verbleibende Zeit von 50 Minuten ausgereicht hätte, um den Mangel zu beheben. In dieser Zeit hätte der Wahlvorstand die Vorschlagsliste prüfen sowie den Listenvertreter von dem Mangel schriftlich unterrichten müssen und es hätte eine neu erstellte Vorschlagsliste mit der erforderlichen Anzahl von mindestens 16 Stützunterschriften, die noch einzuholen gewesen wären, beim Wahlvorstand eingereicht werden müssen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht für ausgeschlossen gehalten.

40

b) Die Wahl ist auch nicht deshalb anfechtbar, weil der Wahlvorstand die Vorschlagsliste „P“ nicht zur Wahl zugelassen hat. Die Vorschlagsliste ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ungültig, da der Kandidat D unter Nr. 21 als Wahlbewerber aufgenommen wurde, nachdem bereits Stützunterschriften geleistet worden waren, und die Ergänzung der Liste nicht kenntlich gemacht wurde.

41

aa) Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ist eine Vorschlagsliste ungültig, wenn sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften aufweist. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass nachträglich Kandidaten gestrichen (BAG 15. Dezember 1972 - 1 ABR 8/72 - zu II B 1 der Gründe, BAGE 24, 480) oder hinzugefügt werden und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nach § 14 Abs. 4 BetrVG nicht erfüllen(vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 23). Ein Wahlvorschlag ist auch dann insgesamt ungültig, wenn ein Kandidat auf die Vorschlagsliste gesetzt wird, nachdem bereits Stützunterschriften geleistet wurden und die nach Abschluss der Wahlbewerberliste angebrachten Stützunterschriften zwar das Quorum des § 14 Abs. 4 BetrVG erfüllen, aus der Vorschlagsliste aber nicht zweifelsfrei hervorgeht, welche Kandidaten nachträglich auf die Liste gesetzt und nicht von den ursprünglichen Unterzeichnern unterstützt wurden. Die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt (offengelassen von BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 40 f.).

42

Entgegen der Auffassung der Antragsteller gebietet § 6 Abs. 5 Satz 3 WO, der die Streichung von Stützunterschriften bei Mehrfachunterzeichnungen von Vorschlagslisten durch den Wahlvorstand anordnet, kein anderes Ergebnis. Bei einer Unterzeichnung mehrerer Vorschlagslisten haben die Unterzeichnenden den vollständigen Wahlvorschlag jedenfalls im Zeitpunkt der Unterzeichnung unterstützt. Im Gegensatz dazu kann bei der nachträglichen Ergänzung der Vorschlagsliste ein Mangel in der Willensbildung nicht ausgeschlossen werden. Auch aus der Entscheidung des Senats vom 6. November 2013 (- 7 ABR 65/11 -) ergibt sich nichts anderes, soweit der Senat die Unterschrift eines Wahlbewerbers dort zugleich als Stützunterschrift gewertet hat. In diesem Fall stand nur dieser Wahlbewerber auf der Vorschlagsliste, so dass sich das Problem der Ergänzung der Liste nicht stellte (BAG 6. November 2013 - 7 ABR 65/11 - Rn. 24).

43

bb) Danach ist die Vorschlagsliste „P“ ungültig, da unter Nr. 21 der Kandidat D hinzugefügt wurde, nachdem bereits Stützunterschriften für die zuvor gelisteten Kandidaten geleistet worden waren. Zwar wurden anschließend 16 weitere Stützunterschriften (Nr. 48 bis 63 der Unterstützerliste) erbracht. Dies genügte zwar für das nach § 14 Abs. 4 BetrVG erforderliche Quorum. Die Vorschlagsliste ist aber dennoch ungültig, weil aus ihr nicht hervorgeht, welche Kandidaten nachträglich auf die Liste gesetzt wurden und deshalb von den ursprünglichen Unterzeichnern nicht unterstützt worden sein konnten.

44

cc) Der Wahlvorstand durfte diesen Mangel der Liste „P“ berücksichtigen, obwohl der Mangel nach der äußeren Gestaltung der Unterlagen nicht erkennbar war, sondern erst aufgrund zusätzlicher eigener Nachforschungen des Wahlvorstands festgestellt wurde. Der Wahlvorstand ist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO zwar nicht verpflichtet, eine Prüfung des Wahlvorschlags durch Befragung der die Vorschlagsliste Unterzeichnenden darauf vorzunehmen, ob nach der Leistung von Stützunterschriften noch weitere Wahlbewerber in den Wahlvorschlag aufgenommen wurden. Er ist dazu jedoch berechtigt.

45

(1) Der Wahlvorstand genügt seiner Pflicht nach § 7 Abs. 2 WO grundsätzlich, wenn er die eingereichten Vorschlagslisten auf „erkennbare“ Ungültigkeitsgründe überprüft. Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags in Frage zu stellen und die der Wahlvorstand aufgrund der äußeren Gestaltung der eingereichten Urkunde unschwer erkennen kann. Eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste genügt den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen nicht (vgl. BAG 15. Mai 2013 - 7 ABR 40/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 145, 120; 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 26; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 27). Der Wahlvorstand ist gehalten, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen nachzugehen (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 27), um eine Anfechtbarkeit der Wahl durch den Ausschluss objektiv ungültiger Vorschlagslisten zu vermeiden. Damit erfüllt der Wahlvorstand die Mindestanforderungen für die Prüfung. § 7 Abs. 2 Satz 2 WO untersagt es ihm allerdings nicht, Wahlvorschläge durch weitere Nachforschungen auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Um den Zweck der Prüfung zu erreichen, macht es keinen Unterschied, ob der Wahlvorstand von möglichen Mängeln der Vorschlagsliste Kenntnis erhält, weil sich etwa Unterstützer an ihn wenden und ihm über Fehler beim Zustandekommen der Vorschlagsliste berichten, oder ob er hiervon durch eigene Nachfragen bei Unterstützern erfährt. Deshalb ist es dem Wahlvorstand gestattet, das ordnungsgemäße Zustandekommen aller Vorschlagslisten stichprobenartig nach pflichtgemäßem Ermessen zu überprüfen. Der Rahmen für derartige Nachforschungen des Wahlvorstands wird vor allem in zeitlicher Hinsicht dadurch begrenzt, dass die Prüfung der Wahlvorschläge unverzüglich zu erfolgen hat und der Wahlvorstand bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den/die Listenvertreter/in unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten hat. Außerdem würde der Wahlvorstand sein Prüfungsermessen überschreiten, wenn er ohne nachvollziehbaren Grund Nachforschungen nur bezogen auf eine bestimmte Liste anstellen, also nach „zweierlei Maß“ prüfen würde.

46

(2) Danach war der Wahlvorstand berechtigt, durch Befragung von Unterstützern der Liste „P“ zu überprüfen, ob nach der Leistung von Stützunterschriften noch Wahlbewerber in die Vorschlagsliste aufgenommen wurden. Anhaltspunkte dafür, dass der Wahlvorstand die Liste „P“ benachteiligt bzw. die Liste „C“ bei den zusätzlichen Nachforschungen bevorzugt hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dagegen spricht, dass der Vorsitzende des Wahlvorstands in der Anhörung beim Arbeitsgericht vom 15. August 2014 unbestritten zu Protokoll erklärt hat, er nehme seit 1998 die Aufgaben eines Wahlvorstands wahr und habe seither immer bei Unterstützern nachgefragt, ob die Liste der Wahlbewerber schon vollständig und abgeschlossen gewesen sei, bevor sie ihre Unterschriften geleistet hätten. Er halte sich dabei immer strikt an den Leitfaden der Gewerkschaft über Betriebsratswahlen.

47

c) Die Betriebsratswahl ist nicht deshalb anfechtbar, weil der Wahlvorstand die Vorschlagsliste „C“ zu der Wahl zugelassen hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Wahlvorstand bei der Prüfung der 17 Wahlbewerber umfassenden Liste „C“ keinen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Satz 2 und § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO angenommen. Die Antragsteller haben ihre Rüge, dass auch bei dieser Liste Stützunterschriften vor Abschluss der Wahlbewerberliste gesammelt worden seien, in der Rechtsbeschwerde nicht mehr aufgegriffen.

48

d) Der Wahlvorstand hat nicht dadurch gegen § 3 Abs. 2 Nr. 10 WO verstoßen, dass als Ort, an dem die Wahlvorschläge bis zum Abschluss der Stimmabgabe ausgehängt wurden, die „bekannten Informationstafeln des Wahlvorstands“ genannt wurde. Diese Angabe ist hinreichend konkret. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich hierbei um der Belegschaft bekannte Aushangsorte des Betriebsrats im Verwaltungsgebäude und im Aufenthaltsraum des Produktionsgebäudes sowie der Wandtafeln im Bereich des Prüfwesens, im Rohstoff- und Mischungslager und im Bereich der Technik.

49

e) Die Wahl ist nicht deshalb unwirksam, weil die Betriebsadresse des Wahlvorstands im Wahlausschreiben unzureichend angegeben wäre (§ 3 Abs. 2 Nr. 12 WO). Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war das als Betriebsadresse genannte „Büro Frau W“ den Wahlberechtigten hinlänglich bekannt, und - unter Berücksichtigung der Betriebsgröße - ohne nähere Bezeichnung der Gebäude- und Raumnummer ausreichend. Eine Angabe der Stunden, in denen das mit der Entgegennahme von Einsprüchen, Vorschlagslisten etc. betraute Mitglied des Wahlvorstands anzutreffen ist, wird zwar im Schrifttum empfohlen (vgl. Fitting 28. Aufl. § 3 WO Rn. 25; Forst in Richardi BetrVG 16. Aufl. § 3 WO Rn. 15). Ihr Fehlen begründet aber keinen Mangel des Wahlausschreibens.

50

f) Bei der Wahl wurde auch nicht gegen § 12 Abs. 5 Satz 2 WO verstoßen, wonach die Wahlurne nach der Stimmabgabe zu versiegeln ist, wenn die Stimmabgabe unterbrochen wird, insbesondere, wenn sie an mehreren Tagen erfolgt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurden die Wahlurnen während der an zwei Tagen durchgeführten Wahl nach der jeweiligen Stimmabgabe ordnungsgemäß versiegelt, so dass ein unberechtigtes Öffnen bzw. ein unberechtigter Zugriff auf die Stimmzettel ausgeschlossen war.

51

g) Ein Anfechtungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass zu wenig Zeit für die persönliche Stimmabgabe zur Verfügung stand. Die Zeitspanne für die persönliche Stimmabgabe muss so bemessen sein, dass den wahlberechtigten Arbeitnehmern die Ausübung ihres Wahlrechts angemessen möglich ist (vgl. etwa Fitting 28. Aufl. § 3 WO Rn. 21). Dies war nach der rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Landesarbeitsgerichts während der Öffnungszeiten des Wahllokals am 25. und am 26. März 2014 jeweils zwischen 05:30 Uhr und 06:30 Uhr sowie zwischen 13:30 Uhr und 14:30 Uhr hinreichend möglich. Die Zeiten wurden unter Berücksichtigung der Schichtwechsel bestimmt. Soweit die Antragsteller in der Rechtsbeschwerde vorbringen, die Rahmenbedingungen (Wegezeiten, Gestaltung der Arbeitszeit und konkrete Übergabe- und Einweisungszeiten etc.) hätten aufgeklärt werden müssen, handelt es sich um eine unzulässige Verfahrensrüge. Wird eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht durch das Beschwerdegericht gerügt, muss in der Rechtsbeschwerdebegründung dargelegt werden, welche weiteren Tatsachen in den Vorinstanzen hätten ermittelt und welche weiteren Beweismittel hätten herangezogen werden können und inwiefern sich dem Beschwerdegericht eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (BAG 16. Mai 2007 - 7 ABR 45/06 - Rn. 12 mwN, BAGE 122, 293). Hieran fehlt es.

52

h) Entgegen der Auffassung der Antragsteller folgt keine zur Anfechtung berechtigende Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Wahl daraus, dass der Wahlvorstand Zeit und Ort der Öffnung der im Rahmen der Briefwahl eingegangenen Freiumschläge nicht ausdrücklich mitgeteilt hatte. Angesichts der im Wahlausschreiben enthaltenen Angaben zu den Öffnungszeiten des einzigen Wahllokals zur persönlichen Stimmabgabe war dies nicht erforderlich. Da der Wahlvorstand die Freiumschläge nach § 26 Abs. 1 WO „unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe“ öffnet, besteht kein Zweifel, an welchem Ort und zu welcher Zeit dies zu geschehen hat. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der von den Antragstellern angeführten Entscheidung des Senats vom 10. Juli 2013 (- 7 ABR 83/11 -). Diese betraf eine vom Wahlvorstand angeordnete ausschließlich schriftliche Stimmabgabe nach § 11 Abs. 2 SchwbVWO. Da es dort keine persönliche Stimmabgabe geben konnte, deren Ort, Tag und Zeit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 13 SchwbVWO im Wahlausschreiben mitzuteilen gewesen wäre, musste der Wahlvorstand Ort und Zeit der in § 12 Abs. 1 SchwbVWO geregelten Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen bekannt geben, um dem Erfordernis der Öffentlichkeit zu genügen(BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 83/11 - Rn. 20).

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Kiel    

        

        

        

    Kley    

        

    Busch    

                 

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesarbeitsgericht Beschluss, 16. Jan. 2018 - 7 ABR 11/16

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(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 10. März 2015 - 6 TaBV 64/14 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die zu 1. bis 3. beteiligten wahlberechtigten Arbeitnehmer machen die Unwirksamkeit der am 10. März 2014 im Betrieb der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin durchgeführten Betriebsratswahl geltend, aus der der zu 4. beteiligte, aus elf Mitgliedern bestehende Betriebsrat hervorging.

2

Der zur Durchführung der Wahl bestellte Wahlvorstand hatte im Wahlausschreiben vom 23. Januar 2014 ua. darauf hingewiesen, dass bis zum 7. Februar 2014 schriftlich Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt werden könne, sollte diese für fehlerhaft gehalten werden. Auf der ausliegenden Wählerliste waren die Arbeitnehmer G, W und K bis zum Wahltag nicht aufgeführt. Der seit dem 18. Juni 2011 beschäftigte Arbeitnehmer G war dem Wahlvorstand von der Arbeitgeberin in Beantwortung einer am 24. September 2013 zum Zweck der Erstellung der Wählerliste erfolgten Nachfrage nach dem damaligen Beschäftigtenstand nicht mitgeteilt worden. Der dem Betrieb seit dem 1. September 2009 angehörende Arbeitnehmer W war zunächst bis zum 7. Februar 2014 befristet beschäftigt. Mit Wirkung zum 8. Februar 2014 schloss er einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Arbeitgeberin ab. Den Arbeitnehmer K hatte die Arbeitgeberin zum 1. Dezember 2013 neu eingestellt, ohne diesen dem Wahlvorstand nachzumelden. Einspruch gegen die Wählerliste wurde nicht erhoben.

3

Am Wahltag erschienen die Arbeitnehmer G, W und K zur Wahl. Der Wahlvorstand berichtigte die Wählerliste daraufhin handschriftlich und nahm die drei Arbeitnehmer in die Wählerliste auf. Diese nahmen an der Wahl teil.

4

Am 11. März 2014 wurde das Wahlergebnis bekannt gemacht. Von 350 abgegebenen Stimmen entfielen auf die Liste „ASA“ 33 Stimmen, auf die Liste „H“ 140 Stimmen, auf die Liste „Standort S“ 141 Stimmen und auf die „Alternative Liste“ 33 Stimmen. Drei Stimmen waren ungültig. Das führte zu einer Sitzverteilung von fünf Betriebsratssitzen für die Liste „Standort S“, vier Sitzen für die Liste „H“ und je einem Sitz für die beiden anderen Listen.

5

Am 24. März 2014 haben die Beteiligten zu 1. bis 3. (Antragsteller) zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts die Wahl angefochten. Dem Protokoll der Geschäftsstelle wurde eine tabellarische Auflistung der Antragsteller über Verstöße gegen Wahlvorschriften beigefügt. Die Antragsteller haben ua. geltend gemacht, es sei unzulässig gewesen, noch am Tag der Stimmabgabe Änderungen an der Wählerliste vorzunehmen. Außerdem sei die Wählerliste nicht durchgehend bis zum Abschluss der Stimmabgabe einsehbar gewesen. Wahlberechtigte Mitarbeiter seien zudem zu Unrecht als leitende Angestellte angesehen und deshalb rechtswidrig nicht zur Wahl zugelassen worden. Durch diese Wahlfehler habe das Wahlergebnis beeinflusst werden können.

6

Die Antragsteller haben beantragt

        

festzustellen, die Betriebsratswahl vom 10. März 2014 für unwirksam zu erklären.

7

Der Betriebsrat und die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben den Standpunkt eingenommen, die Antragsteller seien nicht anfechtungsberechtigt, weil sie keinen Einspruch gegen die Wählerliste erhoben hatten. Die gerügten Verstöße gegen Wahlvorschriften lägen zudem nicht vor. Insbesondere stelle die Aufnahme der drei nicht erfassten wahlberechtigten Arbeitnehmer in die Wählerliste noch am Wahltag keinen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften dar. Der Wahlvorstand habe damit eine notwendige und auch zu diesem Zeitpunkt noch zulässige Berichtigung eines Wahlrechtsverstoßes nach § 19 Abs. 1 BetrVG vorgenommen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde begehrt der Betriebsrat weiterhin die Abweisung des Antrags. Die Antragsteller beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Wahlanfechtungsantrag zu Recht stattgegeben.

10

I. Der Wahlanfechtungsantrag ist zulässig. Mit dem Antrag „festzustellen, die Betriebsratswahl vom 10. März 2014 für unwirksam zu erklären“ haben die Antragsteller die Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten, auch wenn sie nach dem Antragswortlaut nicht den gebotenen Gestaltungsantrag auf Erklärung der Unwirksamkeit der Wahl, sondern einen Feststellungsantrag gestellt haben. Der Antrag ist entsprechend auszulegen (vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 7 ABR 4/15 - Rn. 12; 13. Oktober 2004 - 7 ABR 6/04 - zu B I der Gründe, BAGE 112, 180).

11

II. Der Antrag ist begründet. Die am 10. März 2014 durchgeführte Betriebsratswahl ist unwirksam.

12

1. Nach § 19 BetrVG können mindestens drei Wahlberechtigte die Betriebsratswahl anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Die Wahlanfechtung muss innerhalb von zwei Wochen ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgen.

13

2. Diese Voraussetzungen liegen vor.

14

a) Die formellen Voraussetzungen einer zulässigen Wahlanfechtung sind erfüllt.

15

aa) Die drei Antragsteller sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs und damit nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt. Dass sich unter ihnen ein gewähltes Betriebsratsmitglied befindet, steht der Anfechtungsberechtigung nicht entgegen. Auch als gewählt festgestellte Mitglieder des Betriebsrats können als wahlberechtigte Arbeitnehmer die Anfechtung betreiben (vgl. etwa Fitting 28. Aufl. § 19 Rn. 29).

16

bb) Der Anfechtungsberechtigung steht nicht entgegen, dass die Antragsteller keinen Einspruch gegen die Wählerliste eingelegt hatten. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Anfechtungsberechtigung überhaupt von einem rechtzeitigen Einspruch des anfechtenden Arbeitnehmers gegen die Richtigkeit der Wählerliste nach § 4 Abs. 1 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Dezember 2001 (Wahlordnung - WO) abhängen kann (ablehnend wohl BAG 29. März 1974 - 1 ABR 27/73 - zu II 4 c der Gründe, BAGE 26, 107; offengelassen von BAG 14. November 2001 - 7 ABR 40/00 - zu B II 2 der Gründe sowie BAG 27. Januar 1993 - 7 ABR 37/92 - zu B II 5 b der Gründe, BAGE 72, 161 zu § 4 WO 1953). Das Anfechtungsrecht könnte aufgrund eines unterbliebenen Einspruchs gegen die Richtigkeit der Wählerliste allenfalls insoweit ausgeschlossen sein, als es um Verstöße gegen Wahlvorschriften geht, die im Wege des Einspruchs gegen die Wählerliste geltend gemacht werden können, dh. Verstöße gegen das Wahlrecht und die Wählbarkeit (BAG 27. Januar 1993 - 7 ABR 37/92 - zu B II 5 b der Gründe, aaO). Einen solchen Verstoß gegen das Wahlrecht oder die Wählbarkeit machen die Antragsteller lediglich insoweit geltend, als sie rügen, wahlberechtigte Mitarbeiter seien zu Unrecht als leitende Angestellte angesehen und deshalb rechtswidrig nicht zur Wahl zugelassen worden. Die weiteren gerügten Verstöße gegen Wahlvorschriften konnten mit einem Einspruch gegen die Wählerliste nach § 4 Abs. 1 WO nicht geltend gemacht werden. Das gilt für den Einwand der Antragsteller, die Wahl sei unwirksam, da die Wählerliste nicht durchgehend bis zum Abschluss der Stimmabgabe einsehbar gewesen sei. Auch soweit sie sich gegen die am Wahltag vorgenommenen Änderungen der Wählerliste wenden, kann ein fehlender Einspruch der Wahlanfechtung nicht entgegenstehen. Die Antragsteller rügen insoweit nicht die Unrichtigkeit der Wählerliste, sondern die am Wahltag vorgenommene Berichtigung der Wählerliste. Zudem war die Einspruchsfrist (§ 4 Abs. 1 WO) zum Zeitpunkt der Berichtigung der Wählerliste bereits abgelaufen. War jemand nicht in der Lage, vor der Wahl Einspruch gegen die Wählerliste einzulegen, kann dies nicht dazu führen, dass er die Wahl nachträglich nicht mehr anfechten kann (BAG 27. Januar 1993 - 7 ABR 37/92 - zu B II 5 b der Gründe, aaO).

17

cc) Die zweiwöchige Anfechtungsfrist ist gewahrt.

18

(1) Die Antragsteller haben die Betriebsratswahl mit ihrer am 24. März 2014 beim Arbeitsgericht zu Protokoll erklärten Antragsschrift nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 11. März 2014 fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten.

19

(2) Die Antragsteller haben den Wahlanfechtungsantrag innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist hinreichend begründet.

20

(a) Ein Antragsteller im Wahlanfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG hat innerhalb der Anfechtungsfrist nicht nur die Erklärung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl zu beantragen, sondern hierzu auch eine Begründung vorzutragen. Das folgt schon aus § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, wonach die Beteiligten an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken haben. Ist innerhalb der Anfechtungsfrist eine hinreichende Begründung erfolgt, können weitere Anfechtungsgründe nachgeschoben werden. Das Gericht ist dann auch gehalten, von Amts wegen allen für eine Wahlanfechtung in Betracht kommenden Wahlverstößen nachzugehen, die sich aus dem Vortrag der Beteiligten ergeben (BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, BAGE 22, 38; vgl. auch BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 22). Eine innerhalb der Anfechtungsfrist erklärte Anfechtung ohne Begründung genügt nicht. Die Anforderungen an die Begründung dürfen im Hinblick darauf, dass das Gericht im Beschlussverfahren den Sachverhalt im Rahmen der gestellten Anträge nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG von Amts wegen zu erforschen hat, nicht überspannt werden(Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 94). Erforderlich und ausreichend ist es, wenn innerhalb der Anfechtungsfrist ein betriebsverfassungsrechtlich erheblicher Grund vorgetragen wird, der möglicherweise die Anfechtung rechtfertigt (vgl. BAG 29. März 1974 - 1 ABR 27/73 - zu II 3 der Gründe, BAGE 26, 107; 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, aaO; 24. Mai 1965 - 1 ABR 1/65 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 17, 165; Fitting 28. Aufl. § 19 Rn. 36; Kreutz GK-BetrVG 10. Aufl. § 19 Rn. 94; Thüsing in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 19 Rn. 57). Der Antragsteller muss innerhalb der Anfechtungsfrist einen Sachverhalt darlegen, der einen Anlass zu seiner Ansicht geben kann, es sei bei der Wahl gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts verstoßen worden (BAG 3. Juni 1969 - 1 ABR 3/69 - zu II der Gründe, aaO).

21

(b) Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen in der innerhalb der Zweiwochenfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärten Wahlanfechtung. Die Antragsteller haben die gerügten Wahlfehler darin zwar ohne detaillierte Sachverhaltsangaben nur in aufgelisteten Punkten zusammengefasst angegeben. Gleichwohl enthalten die Ausführungen Vortrag zu betriebsverfassungsrechtlich erheblichen Gründen, die möglicherweise die Anfechtung rechtfertigen. Das gilt jedenfalls für die in der Antragsschrift in den Punkten Nr. 2 und 3 monierten Verstöße. Danach haben die Antragsteller gerügt, die Wählerliste und der Abdruck der Wahlordnung seien nicht bis zum Abschluss der Stimmabgabe einsehbar gewesen und die Wählerliste sei nicht aktualisiert worden. Bei diesen Angaben handelt es sich nicht lediglich um Rechtsbehauptungen, sondern um - wenn auch oberflächliche - Sachverhaltsangaben. Zudem sind für die Begründung des Wahlanfechtungsantrags ergänzend die weiteren Sachverhaltsangaben zu berücksichtigen, die die Antragsteller in der dem Protokoll der Geschäftsstelle beigefügten tabellarischen Aufstellung gemacht haben. Diese Angaben enthalten - wie sich aus der Bezugnahme in dem Protokoll der Geschäftsstelle ergibt - eigenen schriftsätzlichen Vortrag zur Begründung des Wahlanfechtungsantrags. Es handelt sich nicht lediglich um Anlagen, die nur zur Erläuterung eines schriftsätzlichen Vortrags dienen (vgl. dazu BAG 16. Mai 2012 - 5 AZR 347/11 - Rn. 29, BAGE 141, 330). In der Aufstellung führen die Antragsteller ua. aus, die Arbeitnehmer G und W seien zur Wahl erschienen und nicht auf der Wählerliste gelistet gewesen, sie seien durch den Wahlvorstand handschriftlich zur Wählerliste hinzugeschrieben und zur Wahl zugelassen worden. Diese den Wahlanfechtungsantrag begründenden Ausführungen genügen insgesamt, um die Ansicht der Antragsteller, es sei gegen Vorschriften des Betriebsverfassungsrechts verstoßen worden, zu stützen.

22

b) Auch die materiellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung liegen vor. Der Wahlvorstand hat gegen § 4 Abs. 3 Satz 2 WO und damit gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren verstoßen, indem er noch am Wahltag die Wählerliste handschriftlich um die drei bis dahin nicht aufgeführten Arbeitnehmer G, W und K ergänzt hat. Dieser Verstoß war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

23

aa) Nach § 2 Abs. 3 WO steht das aktive und passive Wahlrecht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu, die in die Wählerliste eingetragen sind. Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste können nach § 4 Abs. 1 WO nur vor Ablauf von zwei Wochen nach Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden. Über Einsprüche hat der Wahlvorstand nach § 4 Abs. 2 Satz 1 WO unverzüglich zu entscheiden. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 WO soll der Wahlvorstand die Wählerliste auch nach Ablauf der Einspruchsfrist auf ihre Vollständigkeit hin überprüfen. Aus dieser Regelung folgt eine auch nach Ablauf der Einspruchsfrist bestehende Pflicht des Wahlvorstands, die Richtigkeit der Wählerliste zu überprüfen (vgl. zu § 4 Abs. 3 WO 1953 BAG 27. Januar 1993 - 7 ABR 37/92 - zu B III 2 b der Gründe, BAGE 72, 161). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 WO kann jedoch nach Ablauf der Einspruchsfrist die Wählerliste nur bei Schreibfehlern, offenbaren Unrichtigkeiten, in Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder bei Eintritt von Wahlberechtigten in den Betrieb oder bei Ausscheiden aus dem Betrieb bis zum Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe berichtigt oder ergänzt werden. Bei der Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 WO handelt es sich um eine wesentliche Vorschrift des Wahlverfahrens iSv. § 19 Abs. 1 BetrVG(vgl. Thüsing in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 19 Rn. 13 mwN; zu § 4 Abs. 3 WO 1953 BAG 27. Januar 1993 - 7 ABR 37/92 - zu B III 2 b der Gründe, aaO).

24

bb) Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 WO sind Änderungen der Wählerliste bei Vorliegen eines der genannten Änderungsgründe (Schreibfehler, offenbare Unrichtigkeit, Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche, Eintritt oder Ausscheiden von Wahlberechtigten) nur bis zum Tag vor Beginn der Stimmabgabe, nicht aber danach zulässig(vgl. etwa Fitting 28. Aufl. § 4 WO 2001 Rn. 15; DKKW/Homburg 15. Aufl. § 4 WO 2001 Rn. 28; HWGNRH/Huke/Nicolai 9. Aufl. § 4 WO Rn. 49; Kreutz/Jacobs GK-BetrVG 10. Aufl. § 4 WO Rn. 19; Forst in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 4 WO 2001 Rn. 13). Entgegen der mit der Rechtsbeschwerde vom Betriebsrat vertretenen Ansicht bezieht sich die in § 4 Abs. 3 Satz 2 WO geregelte zeitliche Begrenzung („bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe“) nicht lediglich auf den Eintritt oder das Ausscheiden von Wahlberechtigten mit der Folge, dass Änderungen der Wählerliste auch am Wahltag noch zulässig wären. Zwar ließe sich das Verständnis des Betriebsrats mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 2 WO vereinbaren. Dagegen sprechen jedoch Sinn und Zweck des § 4 Abs. 3 Satz 2 WO sowie systematische Erwägungen.

25

(1) Durch die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 WO soll verhindert werden, dass Veränderungen der Wählerliste am Wahltag zu Wahlmanipulationen missbraucht werden(vgl. nur Kreutz/Jacobs GK-BetrVG 10. Aufl. § 4 WO Rn. 19; Forst in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 4 WO 2001 Rn. 13). Da von der Eintragung in die Wählerliste die Ausübung des Wahlrechts abhängt, würde die Ausdehnung der Berichtigungsmöglichkeiten Wahlmanipulationen erleichtern (vgl. BAG 27. Januar 1993 - 7 ABR 37/92 - zu B III 2 b der Gründe, BAGE 72, 161). Es soll daher bereits zu Beginn des Wahltags Klarheit darüber bestehen, wer zur Stimmabgabe berechtigt ist. Dadurch ist zudem gewährleistet, dass sich die Aufgaben des Wahlvorstands am Wahltag auf die Durchführung der Wahl selbst konzentrieren, ohne mit ggf. streitigen Fragen der Wahlberechtigung belastet zu sein, deren vorherige Klärung durch einen Einspruch gegen die Wählerliste oder Hinweise auf deren Unrichtigkeit möglich gewesen wäre. Die Erreichung dieses Regelungszwecks wäre nicht gewährleistet, wenn Änderungen der Wählerliste auch noch am Wahltag zulässig wären. Dem steht entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht entgegen, dass eine Manipulation der Wählerliste ohnehin zu jedem Zeitpunkt verboten und deshalb eine Untersagung von Eingriffen in die Wählerliste am Wahltag zur Vermeidung von Missbrauch nicht erforderlich ist. Bei einem Ausschluss von Änderungen der Wählerliste am Wahltag sind Wahlmanipulationen jedenfalls dadurch erschwert, dass die Unzulässigkeit der Änderung feststeht und der Wahlvorstand nicht bei Erscheinen angeblich wahlberechtigter, aber nicht auf der Wählerliste genannter Personen kurzfristig und ohne die Möglichkeit näherer Nachprüfung entscheiden muss, ob die behauptete Wahlberechtigung besteht.

26

(2) Diese Sichtweise wird durch systematische Erwägungen bestätigt. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum Änderungen der Wählerliste zur Erledigung rechtzeitig eingelegter Einsprüche oder zur Korrektur von Schreibfehlern und offenbaren Unrichtigkeiten grundsätzlich noch am Wahltag zulässig sein sollten, beim Eintritt oder Austritt von Wahlberechtigten aber nur dann, wenn der Ein- oder Austritt bis zum Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe erfolgt ist. Ließe § 4 Abs. 3 Satz 2 WO Änderungen der Wählerliste auch am Wahltag grundsätzlich noch zu, um Einschränkungen der Ausübung des Wahlrechts zu verhindern, wäre es vielmehr konsequent, solche Änderungen gleichermaßen bei einem Eintritt oder Ausscheiden am Wahltag zu ermöglichen. Für das vom Betriebsrat vertretene Verständnis der Regelung spricht auch nicht, dass ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften eine Wahlanfechtung nach § 19 Abs. 1 BetrVG dann nicht rechtfertigt, wenn der Verstoß im Laufe des Wahlverfahrens rechtzeitig berichtigt worden ist. Zwar folgt daraus, dass das Gesetz Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften für berichtigungsfähig hält. Die Berichtigung hat allerdings ihrerseits unter Beachtung der Vorgaben des Gesetzes und der WO zu erfolgen.

27

(3) Die vom Betriebsrat in der Anhörung vor dem Senat geäußerte Auffassung, seine Sichtweise werde durch § 6 Abs. 3 der Verordnung zur Wahl der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz(WODrittelbG) bestätigt, überzeugt nicht. Zwar trifft es zu, dass § 6 Abs. 3 WODrittelbG weder den Änderungsgrund des Eintritts und Ausscheidens aus dem Betrieb noch eine § 4 Abs. 3 Satz 2 WO vergleichbare zeitliche Begrenzung erwähnt. Die Regelungen der WODrittelbG enthalten allerdings im Hinblick auf die Möglichkeiten zur Änderung der Wählerliste ein in sich geschlossenes Regelwerk, das sich von den entsprechenden Vorschriften der WO BetrVG unterscheidet. So hat der Wahlvorstand nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 WODrittelbG etwa gerade im Fall des Ausscheidens oder Eintritts eines Arbeitnehmers in den Betrieb die Wählerliste ohne Einschränkungen unverzüglich zu ändern oder zu berichtigen.

28

cc) Die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 WO ist von der Verordnungsermächtigung in § 126 BetrVG gedeckt. Nach § 126 Nr. 1 und Nr. 2 BetrVG wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ua. ermächtigt, Rechtsverordnungen über die Vorbereitung der Wahl, insbesondere die Aufstellung der Wählerlisten und über die Frist für die Einsichtnahme in die Wählerlisten und die Erhebung von Einsprüchen gegen sie zu erlassen. Mit § 4 Abs. 3 Satz 2 WO wird nicht das Wahlrecht nach § 7 BetrVG eingeschränkt, was von der Ermächtigung nicht gedeckt wäre. Die Eintragung in die Wählerliste ist keine zusätzliche materielle Voraussetzung der Wahlberechtigung, sondern lediglich förmliche Voraussetzung für die Ausübung des Wahlrechts (vgl. etwa Raab GK-BetrVG 10. Aufl. § 7 Rn. 120). Die Eintragung oder Nichteintragung in die Wählerliste hat deshalb keine materiell konstitutive Bedeutung für die Wahlberechtigung und wirkt sich daher auf den Regelungsgehalt des § 7 BetrVG nicht aus(Fitting 28. Aufl. § 7 Rn. 92; Thüsing in Richardi BetrVG 15. Aufl. § 7 Rn. 57). Das aktive Wahlrecht hängt ausschließlich davon ab, ob die Voraussetzungen des § 7 BetrVG erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, begründet die Eintragung in die Wählerliste nicht die Wahlberechtigung. Sind die Voraussetzungen des § 7 BetrVG erfüllt, ist der Arbeitnehmer auch dann wahlberechtigt, wenn er nicht in die Wählerliste eingetragen ist. Die fehlende Eintragung hindert ihn lediglich, sein Wahlrecht auszuüben. Für die Frage, ob die Wahl nach § 19 BetrVG wegen Verstoßes gegen wesentliche Vorschriften des Wahlrechts angefochten werden kann, kommt es auf die materielle Wahlberechtigung nach § 7 BetrVG zum Zeitpunkt der Wahl an (vgl. Raab GK-BetrVG 10. Aufl. § 7 Rn. 120).

29

dd) Die Änderung der Wählerliste noch am Wahltag war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

30

(1) Nach § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis weder ändern noch beeinflussen konnte. Dabei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr., vgl. etwa BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 30 mwN).

31

(2) Im Streitfall ist nicht auszuschließen, dass das Wahlergebnis ohne den Verstoß anders ausgefallen wäre. Nach § 2 Abs. 3 WO steht das Recht zur Ausübung des materiellen Wahlrechts nur Arbeitnehmern zu, die in die Wählerliste eingetragen sind. Wäre die Änderung der Wählerliste am Wahltag unterblieben, hätten die drei nachträglich aufgenommenen Arbeitnehmer ihr Wahlrecht nicht ausüben können. Das hätte aufgrund der Besonderheiten des Streitfalls zu einem anderen Wahlergebnis führen können. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die drei der Wählerliste nachträglich hinzugefügten Arbeitnehmer die Liste „Standort S“ gewählt haben, die 141 Stimmen erhalten hat. Ohne die drei Stimmen wären auf diese Liste nur 138 Stimmen entfallen. Das hätte nach dem in § 15 WO festgelegten Höchstzahlverfahren zu einer anderen Sitzverteilung geführt, da in diesem Fall auf die Liste „Standort S“ nur vier Betriebsratssitze und auf die Liste „H“ fünf Betriebsratssitze entfallen wären.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Waskow    

        

        

        

    Kley     

        

    Auhuber     

                 

(1) Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

(2) Zur Anfechtung berechtigt sind mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.

(3) Die Anfechtung durch die Wahlberechtigten ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt wurde. Dies gilt nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Die Anfechtung durch den Arbeitgeber ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und wenn diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Nach Ablauf der in § 4 bestimmten Frist und spätestens sechs Wochen vor dem letzten Tag der Stimmabgabe erläßt der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben. Es ist von sämtlichen Mitgliedern des Wahlvorstandes zu unterschreiben.

(2) Das Wahlausschreiben muß enthalten

1.
Ort und Tag seines Erlasses,
2.
die Zahl der zu wählenden Mitglieder des Personalrates, getrennt nach Gruppen,
2a.
Angaben über die Anteile der Geschlechter innerhalb der Dienststelle, getrennt nach Gruppen,
3.
Angaben darüber, ob die Gruppen ihre Vertreter in getrennten Wahlgängen wählen (Gruppenwahl) oder vor Erlaß des Wahlausschreibens gemeinsame Wahl beschlossen worden ist,
4.
die Angabe, wo und wann das Wählerverzeichnis und diese Wahlordnung zur Einsicht ausliegen,
5.
den Hinweis, daß nur Beschäftigte wählen können, die in das Wählerverzeichnis eingetragen sind,
5a.
den Hinweis, daß die Geschlechter im Personalrat entsprechend dem Zahlenverhältnis vertreten sein sollen,
6.
den Hinweis, daß Einsprüche gegen das Wählerverzeichnis nur binnen sechs Arbeitstagen seit seiner Auslegung schriftlich beim Wahlvorstand eingelegt werden können, der letzte Tag der Einspruchsfrist ist anzugeben,
7.
die Mindestzahl von wahlberechtigten Beschäftigten, von denen ein Wahlvorschlag unterzeichnet sein muß, und den Hinweis, daß jeder Beschäftigte für die Wahl des Personalrates nur auf einem Wahlvorschlag benannt werden kann,
7a.
den Hinweis, daß der Wahlvorschlag einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft von zwei Beauftragten unterzeichnet sein muß (§ 20 Absatz 5 des Gesetzes),
8.
die Aufforderung, Wahlvorschläge binnen achtzehn Kalendertagen nach dem Erlaß des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen, der letzte Tag der Einreichungsfrist ist anzugeben,
9.
den Hinweis, daß nur fristgerecht eingereichte Wahlvorschläge berücksichtigt werden und daß nur gewählt werden kann, wer in einen solchen Wahlvorschlag aufgenommen ist,
10.
den Ort, an dem die Wahlvorschläge bekanntgegeben werden,
11.
den Ort und die Zeit der Stimmabgabe,
12.
einen Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe, gegebenenfalls auf die Anordnung der schriftlichen Stimmabgabe nach § 19 oder § 19a,
13.
den Ort und die Zeit der Stimmenauszählung und der Sitzung des Wahlvorstandes, in der das Wahlergebnis abschließend festgestellt wird,
14.
den Ort, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und andere Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind.

(3) Der Wahlvorstand hat eine Abschrift oder einen Abdruck des Wahlausschreibens vom Tage des Erlasses bis zum Abschluß der Stimmabgabe an einer oder an mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen auszuhängen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten.

(4) Offenbare Unrichtigkeiten des Wahlausschreibens können vom Wahlvorstand jederzeit berichtigt werden.

(5) Mit Erlaß des Wahlausschreibens ist die Wahl eingeleitet.

(1) Die Mitglieder des Betriebsrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Mitglieder des Betriebsrats sind von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat das Betriebsratsmitglied Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe liegen auch vor, wenn die Betriebsratstätigkeit wegen der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Betriebsratsmitglieder nicht innerhalb der persönlichen Arbeitszeit erfolgen kann. Die Arbeitsbefreiung ist vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.

(4) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats darf einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Dies gilt auch für allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers.

(5) Soweit nicht zwingende betriebliche Notwendigkeiten entgegenstehen, dürfen Mitglieder des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nur mit Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Tätigkeiten der in Absatz 4 genannten Arbeitnehmer gleichwertig sind.

(6) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Betriebsbedingte Gründe im Sinne des Absatzes 3 liegen auch vor, wenn wegen Besonderheiten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung die Schulung des Betriebsratsmitglieds außerhalb seiner Arbeitszeit erfolgt; in diesem Fall ist der Umfang des Ausgleichsanspruchs unter Einbeziehung der Arbeitsbefreiung nach Absatz 2 pro Schulungstag begrenzt auf die Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. Er hat dem Arbeitgeber die Teilnahme und die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu geben. Hält der Arbeitgeber die betrieblichen Notwendigkeiten für nicht ausreichend berücksichtigt, so kann er die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(7) Unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 6 hat jedes Mitglied des Betriebsrats während seiner regelmäßigen Amtszeit Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen, die von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Landes nach Beratung mit den Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände als geeignet anerkannt sind. Der Anspruch nach Satz 1 erhöht sich für Arbeitnehmer, die erstmals das Amt eines Betriebsratsmitglieds übernehmen und auch nicht zuvor Jugend- und Auszubildendenvertreter waren, auf vier Wochen. Absatz 6 Satz 2 bis 6 findet Anwendung.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) Der Wahlvorstand übergibt oder übersendet den Wahlberechtigten, die an der persönlichen Stimmabgabe verhindert sind, auf deren Verlangen

1.
das Wahlausschreiben,
2.
den Stimmzettel und den Wahlumschlag,
3.
eine vorgedruckte Erklärung, die der Wähler oder die Wählerin abgibt,
4.
einen größeren Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstandes und als Absender Namen und Anschrift der wahlberechtigten Person sowie den Vermerk "Schriftliche Stimmabgabe" trägt.
In der Erklärung nach Nummer 3 versichert der Wähler oder die Wählerin gegenüber dem Wahlvorstand, dass er oder sie den Stimmzettel persönlich gekennzeichnet hat oder unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 durch eine andere Person hat kennzeichnen lassen. Der Wahlvorstand soll zusätzlich zu den Unterlagen nach den Nummern 1 bis 4 ein Merkblatt über die schriftliche Stimmabgabe übersenden oder übergeben. Er vermerkt die Übergabe oder Übersendung der Unterlagen in der Liste der Wahlberechtigten.

(2) Der Wahlvorstand kann die schriftliche Stimmabgabe beschließen. Für diesen Fall sind die in Absatz 1 bezeichneten Unterlagen den Wahlberechtigten unaufgefordert zu übersenden.

(3) Die Stimmabgabe erfolgt in der Weise, dass der Wähler oder die Wählerin

1.
den Stimmzettel unbeobachtet persönlich kennzeichnet und in den Wahlumschlag einlegt,
2.
die vorgedruckte Erklärung unter Angabe des Ortes und des Datums unterschreibt und
3.
den Wahlumschlag und die unterschriebene, vorgedruckte Erklärung in dem Freiumschlag verschließt und diesen so rechtzeitig an den Wahlvorstand absendet oder übergibt, daß er vor Abschluß der Wahl vorliegt.
Der Wähler oder die Wählerin kann unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 die in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Tätigkeiten durch eine andere Person verrichten lassen.

(1) Spätestens sechs Wochen vor dem Wahltage erläßt der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, das von dem oder der Vorsitzenden und mindestens einem weiteren Mitglied des Wahlvorstandes zu unterschreiben ist. Es muß enthalten:

1.
das Datum seines Erlasses,
2.
die Namen der Mitglieder des Wahlvorstandes,
3.
die Voraussetzungen der Wählbarkeit zur Schwerbehindertenvertretung
4.
den Hinweis, wo und wann die Liste der Wahlberechtigten und diese Verordnung zur Einsicht ausliegen,
5.
den Hinweis, dass nur wählen kann, wer in die Liste der Wahlberechtigten eingetragen ist und dass Einsprüche gegen die Richtigkeit der Liste der Wahlberechtigten nur vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlaß des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden können; der letzte Tag der Frist ist anzugeben,
6.
die Zahl der zu wählenden stellvertretenden Mitglieder,
7.
den Hinweis, daß Schwerbehindertenvertretung und stellvertretende Mitglieder in zwei getrennten Wahlgängen gewählt werden und daß sich aus den Wahlvorschlägen ergeben muß, wer als Schwerbehindertenvertretung und wer als stellvertretende Mitglieder vorgeschlagen wird,
8.
den Hinweis, daß Wahlberechtigte sowohl einen Wahlvorschlag für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung als auch für die Wahl des stellvertretenden Mitglieds unterzeichnen können und daß ein Bewerber oder eine Bewerberin sowohl als Schwerbehindertenvertretung als auch als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen werden kann,
9.
die Aufforderung, Wahlvorschläge innerhalb von zwei Wochen nach Erlaß des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen; der letzte Tag der Frist ist anzugeben,
10.
die Mindestzahl von Wahlberechtigten, von denen ein Wahlvorschlag unterzeichnet sein muß (§ 6 Abs. 2 Satz 1),
11.
den Hinweis, daß die Stimmabgabe an die Wahlvorschläge gebunden ist und daß nur solche Wahlvorschläge berücksichtigt werden dürfen, die fristgerecht (Nummer 9) eingereicht sind,
12.
die Bestimmung des Ortes, an dem die Wahlvorschläge bis zum Abschluß der Stimmabgabe durch Aushang oder in sonst geeigneter Weise bekanntgegeben werden,
13.
Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe,
14.
den Hinweis auf die Möglichkeit der schriftlichen Stimmabgabe (§ 11 Abs. 1), falls der Wahlvorstand nicht die schriftliche Stimmabgabe beschlossen hat (§ 11 Abs. 2),
15.
den Ort und die Zeit der Stimmauszählung und der Sitzung des Wahlvorstandes, in der das Wahlergebnis abschließend festgestellt wird,
16.
den Ort, an dem Einsprüche, Wahlvorschläge und sonstige Erklärungen gegenüber dem Wahlvorstand abzugeben sind (Anschrift des Wahlvorstandes).

(2) Eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens ist vom Tage seines Erlasses bis zum Wahltag an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand auszuhängen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten.

(1) Unmittelbar vor Abschluß der Wahl öffnet der Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 11), legt der Wahlvorstand die Wahlumschläge nach Vermerk der Stimmabgabe in der Liste der Wahlberechtigten ungeöffnet in die Wahlurne.

(2) Verspätet eingehende Freiumschläge hat der Wahlvorstand mit einem Vermerk über den Zeitpunkt des Eingangs ungeöffnet zu den Wahlunterlagen zu nehmen. Sie sind einen Monat nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ungeöffnet zu vernichten, wenn die Wahl nicht angefochten ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4. und der Beteiligten zu 5. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts München vom 12. Oktober 2011 - 11 TaBV 29/11 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Wahl zur Schwerbehindertenvertretung.

2

Im B-Werk R beschäftigte die Arbeitgeberin 813 zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung berechtigte Arbeitnehmer, ua. die an diesem Verfahren zu 1. bis 3. beteiligten Antragsteller. Der Beteiligte zu 4. wurde zur Vertrauensperson gewählt. Beteiligte zu 5. ist die erste stellvertretende Vertrauensperson. Bei dem Beteiligten zu 2., der zugleich Antragsteller ist, handelt es sich um die zweite stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

3

Mit dem Wahlausschreiben vom 7. September 2010 leitete der Wahlvorstand das Verfahren zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung ein. Darin heißt es auszugsweise:

        

„7.     

Der Wahlvorstand hat schriftliche Stimmabgabe beschlossen.

                 

Die Unterlagen zur Briefwahl werden den Wahlberechtigten an die Heimatadresse geschickt und müssen bis spätestens 26. Oktober 2010, um 12.00 Uhr an den Wahlvorstand zurückgesendet bzw. übergeben werden. Die Zusendung der Wahlunterlagen entbindet den Wähler aber nicht von der Möglichkeit, sollte er keine Unterlagen erhalten, diese beim Wahlvorstand zu beantragen.

        

8.    

Die öffentliche Sitzung des Wahlvorstandes zur Auszählung der Stimmen und Feststellung des Wahlergebnisses findet am 26. Oktober 2010, 13.00 Uhr im B AG Werk 6.1, Geb. 10.0 OG (R-B, Besprechungsraum) statt.“

4

Der Wahlvorstand fasste in seiner Sitzung vom 29. September 2010 ua. folgenden Beschluss:

        

„4. Briefwahl

        

Die Briefwahlunterlagen werden in der KW 40 erstellt und an alle Wahlberechtigten verschickt.

        

Einstimmiger Beschluss

        

Die Briefwahlunterlagen (Freiumschläge) werden am 26.10.2010 unmittelbar vor Wahlabschluss geöffnet. Der Wahlvorstand sowie die eingeteilten Wahlhelfer, L und R treffen sich dazu am 26.10.2010 um 11.00 Uhr im Besprechungsraum des Betriebsrats. Dieser ist bereits reserviert.

        

Einstimmiger Beschluss

5

Die Freiumschläge wurden am 26. Oktober 2010 in der Zeit von 11:00 Uhr bis 12:45 Uhr bei offen stehender Tür im Besprechungsraum des Betriebsrats geöffnet.

6

Nach Öffnung der Freiumschläge prüfte der Wahlvorstand die schriftlichen Erklärungen auf Vollständigkeit, vermerkte die Stimmabgabe in der elektronischen Wählerliste und warf die verschlossenen Wahlumschläge in die mit einem Vorhängeschloss gesicherte Wahlurne ein. Danach wurde der Raum für die Zeit zwischen 12:45 Uhr und 13:00 Uhr verschlossen. Um 13:00 Uhr wurde die Wahlurne in Anwesenheit von vier Wahlvorstandsmitgliedern, zwei Wahlhelfern und weiteren Personen, ua. dem Beteiligten zu 2., geöffnet. Am 27. Oktober 2010 machte der Wahlvorstand das Wahlergebnis durch Aushang bekannt.

7

Mit am 9. November 2010 beim Arbeitsgericht eingegangener Antragsschrift haben die Beteiligten zu 1. bis 3. die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung angefochten. Sie haben die Auffassung vertreten, die Öffnung der Freiumschläge am 26. Oktober 2010 in der Zeit bis 12:45 Uhr sei entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 Wahlordnung Schwerbehindertenvertretung(SchwbVWO) nicht öffentlich erfolgt, weil Ort und Zeit für diese Handlungen des Wahlvorstands nicht öffentlich bekannt gemacht worden seien. Wahlöffentlichkeit und Wahltransparenz seien wesentliche Prinzipien einer jeden Wahl, um Fehler und Manipulationsmöglichkeiten weitgehend auszuschließen. Eine Sitzung sei nicht bereits deshalb öffentlich iSv. § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO, weil zufällig Personen anwesend seien oder durch entsprechende Nachforschungen Ort und Zeitpunkt des Öffnens der Freiumschläge ermitteln könnten.

8

Die Antragsteller haben beantragt,

        

die Wahl der Schwerbehindertenvertretung bei der B AG im Werk 6, R, vom 26. Oktober 2010 für unwirksam zu erklären.

9

Die Beteiligten zu 4. und 5. sowie die Arbeitgeberin haben beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie haben die Ansicht vertreten, die Öffentlichkeit der Sitzung sei beim Öffnen der Freiumschläge gewährleistet gewesen. Die Tür zum Besprechungsraum, in dem die Freiumschläge geöffnet worden seien, habe jederzeit offen gestanden, so dass jeder Interessierte den Wahlvorstand habe kontrollieren können. Ein Bekanntmachungserfordernis bestehe nicht. § 5 SchwbVWO enthalte keine Bestimmung, wonach bei schriftlicher Stimmabgabe Ort, Tag und Zeit der Behandlung der Freiumschläge in das Wahlausschreiben aufzunehmen seien. Ort und Zeit der Behandlung der Freiumschläge hätten im Büro des Wahlvorstands erfragt werden können.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4. und 5. war erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 4. und 5. weiter die Abweisung des Antrags, während die Antragsteller die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde begehren.

11

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben dem Wahlanfechtungsantrag zu Recht entsprochen. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX, § 19 Abs. 1 BetrVG, § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO unwirksam.

12

I. Der Antrag ist nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 BetrVG zulässig.

13

1. Die Antragsteller sind nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BetrVG zur Wahlanfechtung berechtigt. Sie sind in dem Betrieb wahlberechtigte schwerbehinderte Menschen iSd. § 94 Abs. 2 SGB IX.

14

2. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist rechtzeitig binnen zwei Wochen angefochten worden, nachdem das endgültige Wahlergebnis durch Aushang am 27. Oktober 2010 bekannt gegeben wurde, § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Die Antragsschrift ist beim Arbeitsgericht am 9. November 2010 eingegangen.

15

II. Der Antrag ist begründet. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam. Danach kann die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Öffnung der Freiumschläge erfolgte nicht in einer öffentlichen Sitzung iSd. § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO. Darin liegt ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren. Dieser Verstoß war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

16

1. Der Wahlvorstand hat gegen eine wesentliche Wahlvorschrift verstoßen, indem er die Freiumschläge nicht, wie nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO geboten, in öffentlicher Sitzung geöffnet hat. Die danach erforderliche Öffentlichkeit setzt bei einer ausschließlich schriftlichen Stimmabgabe voraus, dass Ort und Zeit sämtlicher in § 12 Abs. 1 SchwbVWO genannten Handlungen vorher rechtzeitig bekannt gemacht werden. Dies war hier nicht der Fall.

17

a) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO öffnet der Wahlvorstand unmittelbar vor Abschluss der Wahl in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 11 SchwbVWO), legt der Wahlvorstand die Wahlumschläge nach Vermerk der Stimmabgabe in der Liste der Wahlberechtigten ungeöffnet in die Wahlurne.

18

aa) Öffentlichkeit iSd. § 12 Abs. 1 SchwbVWO ist dabei nicht die allgemeine Öffentlichkeit, sondern die Betriebsöffentlichkeit. Es soll denjenigen die Teilnahme ermöglicht werden, die ein berechtigtes Interesse an der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung und ihrem Ausgang haben. Die Öffentlichkeit der Wahl ist Grundvoraussetzung für eine demokratische Willensbildung (vgl. für politische Wahlen BVerfG 3. März 2009 - 2 BvC 3/07, 2 BvC 2 BvC 4/07 - Rn. 106, BVerfGE 123, 39). Sie sichert die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge und schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für begründetes Vertrauen der Wähler in den korrekten Ablauf der Wahl. Die grundsätzlich gebotene Öffentlichkeit im Wahlverfahren umfasst das Wahlvorschlagsverfahren, die Wahlhandlung - in Bezug auf die Stimmabgabe durchbrochen durch das Wahlgeheimnis - und die Ermittlung des Wahlergebnisses (vgl. für politische Wahlen BVerfG 3. März 2009 - 2 BvC 3/07, 2 BvC 4/07 - aaO). Durch das Gebot der Öffentlichkeit sollen interessierte Personen die Möglichkeit erhalten, die Ordnungsmäßigkeit der Feststellung des Wahlergebnisses beobachten zu können, damit der Verdacht von Wahlmanipulationen „hinter verschlossenen Türen“ nicht aufkommen kann (vgl. zur Stimmenauszählung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 96, 233). Zur Herstellung dieser Beobachtungsmöglichkeit ist es erforderlich, dass Ort und Zeit sämtlicher öffentlicher Kontrolle unterliegender Vorgänge im Wahlverfahren rechtzeitig vorher bekannt gegeben werden. Es genügt nicht, dass ein Interessierter dies durch eigene Nachfrage beim Wahlvorstand erfahren kann. Das Erfordernis, selbst aktiv zu werden und sich nach dem Bestehen einer Teilnahmemöglichkeit sowie nach Ort und Zeit von öffentlich vorzunehmenden Handlungen des Wahlvorstands zu erkundigen, ist vielmehr geeignet, Zugangsberechtigte von vornherein von der Teilnahme auszuschließen. Müssen interessierte Personen den Wunsch, ihr Kontrollrecht wahrzunehmen, gerade gegenüber den zu kontrollierenden Personen im Vorfeld offenbaren, um Ort und Zeitpunkt ihrer Kontrollmöglichkeit zu erfahren, gibt dies vermeidbaren Anlass zu Misstrauen bzw. Missdeutungen. Diese werden durch eine jederzeit und ohne Ankündigung mögliche Kontrolle wirkungsvoll verhindert (vgl. zur Stimmenauszählung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - aaO).

19

bb) Bei der schriftlichen Stimmabgabe ist die Kontrollmöglichkeit der Vorgänge nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO von besonderer Bedeutung. Bei der persönlichen Stimmabgabe händigt der Wähler oder die Wählerin nach § 10 Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO den Wahlumschlag, in den der Stimmzettel eingelegt ist, dem mit der Entgegennahme der Wahlumschläge betrauten Mitglied des Wahlvorstands aus, wobei der Name des Wählers oder der Wählerin angegeben wird. Sodann ist nach § 10 Abs. 3 Satz 2 SchwbVWO der Wahlumschlag in Gegenwart des Wählers oder der Wählerin in die Wahlurne einzuwerfen, nachdem die Stimmabgabe in der Liste der Wahlberechtigten vermerkt worden ist. Bei der persönlichen Stimmabgabe kann daher der Wähler unmittelbar beobachten und kontrollieren, ob mit der von ihm abgegebenen Stimme korrekt verfahren wird. Diese unmittelbare Beobachtungsmöglichkeit hat der Briefwähler bei der schriftlichen Stimmabgabe nicht. Die Kontrollmöglichkeit trägt hier in besonderem Maße dazu bei, dass gar nicht erst der Verdacht aufkommen kann, es habe bei der Behandlung der Briefwahlstimmen zu Unregelmäßigkeiten kommen können. Auch wird dadurch das Wahlgeheimnis des Briefwählers geschützt. Könnte der Wahlvorstand ohne eine mögliche Kontrolle durch die Öffentlichkeit die Freiumschläge der Briefwähler öffnen und die Wahlumschläge entnehmen, wäre die Gefahr nicht auszuschließen, dass er in die Wahlumschläge Einblick nimmt, um festzustellen, wie der betreffende Wähler seine Stimme abgegeben hat.

20

cc) Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO hat die Öffnung der Freiumschläge „unmittelbar vor Abschluss der Wahl“ zu erfolgen. Erfolgt eine Wahl im Wege der persönlichen Stimmabgabe und werden nur den an der persönlichen Stimmabgabe verhinderten Wahlberechtigten nach § 11 Abs. 1 SchwbVWO Briefwahlunterlagen übersandt, haben die nach § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SchwbVWO vom Wahlvorstand vorzunehmenden Handlungen unmittelbar vor dem Abschluss des in § 10 SchwbVWO näher beschriebenen Wahlvorgangs zu erfolgen(vgl. zu § 26 WO Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 26 WO Rn. 2; Fitting 26. Aufl. § 26 WO 2001 Rn. 3). Wenn der Wahlvorstand nach § 11 Abs. 2 SchwbVWO die allgemeine schriftliche Stimmabgabe beschließt, entfällt der Wahlvorgang nach § 10 SchwbVWO. Das ändert jedoch nichts daran, dass die in § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SchwbVWO beschriebenen Vorgänge in öffentlicher Sitzung zu erfolgen haben. Da es aber in einem solchen Fall an einer persönlichen Stimmabgabe fehlt, deren Ort, Tag und Zeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SchwbVWO mitzuteilen wäre, muss der Wahlvorstand, um dem Erfordernis der Öffentlichkeit zu genügen, rechtzeitig Ort und Zeit der in § 12 Abs. 1 SchwbVWO geregelten Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen bekannt geben. Dabei muss der Hinweis nicht notwendig bereits im Wahlausschreiben enthalten sein, sondern kann auch auf andere Weise erfolgen (vgl. dazu auch BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 96, 233).

21

dd) § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren, deren Verletzung nach § 19 Abs. 1 BetrVG iVm. § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX geeignet ist, die Anfechtung der Wahl zu rechtfertigen(vgl. zu § 26 Abs. 1 WO Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 26 WO Rn. 2 mwN).

22

b) Hier hat der Wahlvorstand gegen § 12 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO verstoßen. Nachdem er nach § 11 Abs. 2 SchwbVWO die generelle schriftliche Stimmabgabe beschlossen hatte, hätte er rechtzeitig bekannt machen müssen, wann und wo die in § 12 Abs. 1 SchwbVWO vorgeschriebene Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen stattfinden wird. Dies hat er nicht getan. Die Öffnung der Freiumschläge erfolgte nicht in der im Wahlausschreiben angekündigten Sitzung am 26. Oktober 2010 um 13:00 Uhr, sondern am selben Tage bereits in der Zeit zwischen 11:00 Uhr bis 12:45 Uhr. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 4. und 5. genügt es zur Herstellung der Öffentlichkeit nicht, dass die Tür zu dem Besprechungsraum offen stand, in dem die Freiumschläge geöffnet wurden. Auch der Umstand, dass jeder Interessierte auf Nachfrage beim Wahlvorstand erfahren hätte, wann und wo die Freiumschläge geöffnet werden, machte die rechtzeitige Bekanntmachung von Zeit und Ort der Öffnung der Freiumschläge und der daran sich anschließenden Handlungen nicht entbehrlich.

23

2. Der Verfahrensverstoß war geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

24

a) Nach § 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 19 Abs. 1 letzter Halbsatz BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dabei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (st. Rspr. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 30 mwN).

25

b) In diesem Sinne war der Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SchwbVWO geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei dem Öffnen der Freiumschläge, bei der Bewertung, ob die Stimmabgabe iSv. § 11 SchwbVWO ordnungsgemäß war, bei dem Vermerk der Stimmabgabe oder bei dem Einwurf der Wahlumschläge in die Wahlurne zu Fehlern gekommen ist, die bei einer Öffnung der Freiumschläge in öffentlicher Sitzung nicht unterlaufen wären. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächliche objektive Anhaltspunkte für solche Fehler vorliegen. Die Vorschrift soll der Minderung abstrakter Gefährdungen dienen (vgl. zu § 18 Abs. 3 Satz 1 BetrVG BAG 15. November 2000 - 7 ABR 53/99 - zu B II 3 und 4 der Gründe, BAGE 96, 233).

        

    Linsenmaier    

        

    Zwanziger    

        

    Kiel    

        

        

        

    Gerschermann    

        

    Peter Klenter