Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Nov. 2013 - 6 AZR 89/12

published on 21/11/2013 00:00
Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Nov. 2013 - 6 AZR 89/12
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Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 29. September 2011 - 4 Sa 452/11 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 25. März 2011 - 31 Ca 9668/10 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 113,50 Euro brutto nebst Zinsen hieraus von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 6. August 2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu 4/5, die Beklagte zu 1/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob sich der Stufenaufstieg des Klägers im tariflichen Entgeltsystem der Beklagten durch die Inanspruchnahme von Elternzeit verzögert hat.

2

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Der Kläger befand sich vom 22. Oktober 2008 bis zum 21. Oktober 2009 in Elternzeit. Dies hatte zur Folge, dass die Beklagte den Kläger erst zum 1. April 2010 und nicht bereits zum 1. April 2009 der Stufe 3 seiner Entgeltgruppe zuordnete.

3

Der Kläger begehrt nach fristgerechter, erfolgloser Geltendmachung die Entgeltdifferenz zwischen der Stufe 2 und der Stufe 3 der Entgeltgruppe T 7 für die Zeit vom 22. Oktober 2009 bis zum 31. März 2010 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 597,15 Euro brutto.

4

Der Manteltarifvertrag (MTV) vom 1. März 2004 bestimmt ua.:

        

„§ 10 Betriebszugehörigkeit

        

(1)     

Als Zeit der Betriebszugehörigkeit gilt die bei der Deutschen Telekom AG in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Beschäftigungszeit, soweit dieser Tarifvertrag nichts anderes bestimmt. …

        

…       

        
        

(5)     

Zeiten einer Freistellung ohne Fortzahlung des Entgelts werden bis zur Dauer eines Monats auf die Zeit der Betriebszugehörigkeit angerechnet.“

5

Der Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) idF vom 7. Juni 2006 bestimmt auszugsweise:

        

„§ 11 Gruppenstufen

        

(1)     

Der Arbeitnehmer ist entsprechend seiner Beschäftigungszeit innerhalb derselben Entgeltgruppe einer Gruppenstufe zugeordnet (Gruppenstufenzugehörigkeit).

        

(2)     

Es erhalten Arbeitnehmer mit einer Gruppenstufenzugehörigkeit

                 

bis zu 1 Jahr

das Monatsentgelt der Stufe 1,

                 

von mehr als 1 Jahr

das Monatsentgelt der Stufe 2,

                 

von mehr als 2 Jahren

das Monatsentgelt der Stufe 3,

                 

von mehr als 3 Jahren

das Monatsentgelt der Stufe 4.

        

(3)     

Als Dauer der Beschäftigung im Sinne von Absatz 1 gelten die Zeiten einer Beschäftigung in der Eingruppierungsentgeltgruppe seit dem Zeitpunkt der Eingruppierung sowie einer während dieser Zeit erfolgten vorübergehenden Beschäftigung in einer anderen Entgeltgruppe. Zeiten einer vorübergehenden Beschäftigung in einer höheren Entgeltgruppe sind bei der Zuordnung in die Gruppenstufe im Falle der Höhergruppierung anzuerkennen, soweit hierfür eine Tätigkeitszulage gezahlt wurde.

        

…       

        
        

(6)     

Bei einer Höhergruppierung erhält der Arbeitnehmer so lange das Monatsentgelt nach der Gruppenstufe der höheren Entgeltgruppe, das am nächsten über seinem bisherigen Monatsentgelt liegt, bis ihm auf Grund seiner Beschäftigungszeit in der neuen Entgeltgruppe eine höhere Gruppenstufe zusteht. Die für die Gruppenstufe der höheren Entgeltgruppe geforderte zeitliche Mindestzugehörigkeit gilt als erfüllt. Darüber hinaus werden die in der niedrigeren Entgeltgruppe verbrachten vollen Kalendermonate der letzten Gruppenstufenzugehörigkeit zur Hälfte in der neuen Gruppenstufe angerechnet, höchstens aber fünf Monate; hierbei bleiben Bruchteile von Monaten unberücksichtigt.“

6

Der Kläger hat geltend gemacht, § 11 ERTV knüpfe bei der Berechnung der Beschäftigungszeit nicht an die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, sondern ebenso wie § 10 MTV nur an die formale Zeitdauer an. Bei anderer Auslegung werde höherrangiges Recht verletzt. Soweit § 10 Abs. 5 MTV Zeiten der Freistellung von der Anrechnung ausnehme, sei Elternzeit davon nicht erfasst. Jedenfalls müsse § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbeitsplatzschutzG analog auf ihn angewandt werden. Ohnehin sei der Kläger auch während der Elternzeit aktiv in den Arbeitsprozess eingebunden gewesen. Er habe sich durch ein Home-Office ständig informieren können und sei auf dem aktuellen Stand gewesen, als er im Oktober 2009 aus der Elternzeit zurückgekommen sei.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 597,15 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, § 11 ERTV solle Erfahrungswissen honorieren. Nur Zeiten des tatsächlich vollzogenen Arbeitsverhältnisses könnten daher berücksichtigt werden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren, die Klage abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten hat zum größten Teil Erfolg. Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis aufgrund von Elternzeit ruht, sind auf die Gruppenstufenzugehörigkeit iSd. § 11 ERTV nur bis zu einem Monat anzurechnen. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift unter Berücksichtigung des § 10 Abs. 5 MTV. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt darin nicht. § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbeitsplatzschutzG ist nicht analog anzuwenden.

11

I. Weder § 11 ERTV noch andere Bestimmungen dieses Tarifvertrags enthalten eine Definition des Begriffs der Beschäftigungszeit. Aus den Begriffen „Beschäftigungszeit“ bzw. „Dauer der Beschäftigung“ in § 11 ERTV allein kann der Bedeutungsgehalt der tariflichen Regelung nicht erschlossen werden. Der Begriff der Beschäftigung ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht auf ein ununterbrochenes aktives Tun beschränkt, sondern kann auch einen Dauerzustand beschreiben, der Unterbrechungen zulässt, ohne den Dauerzustand zu beenden oder im Charakter zu verändern (BAG 17. Mai 2011 - 9 AZR 197/10 - Rn. 17, BAGE 138, 58). Mit „Beschäftigungszeit“ kann deshalb die Dauer des Arbeitsverhältnisses gemeint sein. Insbesondere im Zusammenhang mit Tarifvorschriften, die die Zuordnung zu einer bestimmten Entwicklungsstufe einer Entgeltgruppe regeln, ist aber auch ein Verständnis dieses Begriffs dahin möglich, dass es auf die Dauer der Ausübung einer bestimmten Beschäftigung ankommt (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 590/09 - Rn. 14). Welche konkrete Bedeutung Tarifvertragsparteien diesem Begriff geben wollen, lässt sich deshalb nur aus dem jeweiligen Regelungszusammenhang und dem Zweck der Norm ermitteln.

12

II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Bedeutung des Begriffs der Beschäftigungszeit iSd. § 11 Abs. 1 ERTV unter Heranziehung der Begriffsdefinition in § 10 Abs. 1 MTV zu ermitteln ist. Es hat jedoch nicht berücksichtigt, dass Zeiten einer Freistellung ohne Fortzahlung des Entgelts gemäß § 10 Abs. 5 MTV nur bis zur Dauer eines Monats auf diese Zeit angerechnet werden.

13

1. Was die Tarifvertragsparteien unter Beschäftigungszeit verstehen, haben sie in § 10 MTV deutlich gemacht. Gemeint ist die Zeit der Betriebszugehörigkeit und damit die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Es ist - jedenfalls wenn die Tarifverträge wie vorliegend ein einheitliches Regelungswerk bilden und keine besonderen Hinweise auf ein anderes Begriffsverständnis vorliegen - davon auszugehen, dass dieselben Tarifvertragsparteien gleiche Begriffe in verschiedenen Tarifverträgen auch grundsätzlich mit gleichem Bedeutungsgehalt verwenden (vgl. BAG 8. Juli 2009 - 10 AZR 672/08 - Rn. 30). Aus dem Bezug auf das Arbeitsverhältnis in § 10 Abs. 1 MTV ergibt sich, dass es für die Beschäftigungszeit nur auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses ankommt. Dies wird durch Abs. 5 der Vorschrift, der Zeiten der Freistellung ohne Fortzahlung von Entgelt, die länger als einen Monat andauern, von der Anrechnung ausdrücklich ausnimmt, bestätigt. Diese Regelung wäre nicht erforderlich, wenn Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung ohnehin nicht zu berücksichtigen wären.

14

Hätten die Tarifvertragsparteien die Beschäftigungszeit im Rahmen von § 11 ERTV abweichend von § 10 MTV rein tätigkeitsbezogen verstanden wissen und nur die tatsächlich ausgeübte(aktive) Tätigkeit berücksichtigen wollen, wie die Revision annimmt, hätten sie dies deutlich machen müssen. Insbesondere hätten sie regeln müssen, welche Folgen kurze Unterbrechungen, vor allem wegen Arbeitsunfähigkeit unter Entgeltfortzahlung und Inanspruchnahme von Urlaub, die für den mit dem Stufenaufstieg honorierten Erfahrungsgewinn typischerweise unschädlich sind (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 79, BAGE 137, 80), für die Gruppenstufenzugehörigkeit und den Stufenaufstieg haben sollen. Daran fehlt es.

15

2. Die Tarifvertragsparteien haben allerdings in § 10 Abs. 5 MTV festgelegt, dass Zeiten einer Freistellung ohne Fortzahlung des Entgelts und damit auch die Elternzeit nur bis zur Dauer eines Monats auf die Zeit der Betriebszugehörigkeit und damit auf die Beschäftigungszeit anzurechnen sind. Deshalb war der Kläger nicht schon, wie von ihm begehrt, mit Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 22. Oktober 2009, sondern erst zum 1. März 2010 der von ihm begehrten Stufe zuzuordnen.

16

a) § 10 Abs. 5 MTV regelt auch die Folgen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses infolge der Inanspruchnahme von Elternzeit. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung erfasst § 10 Abs. 5 MTV nicht nur Fälle, in denen die Freistellung einer Zustimmung oder Genehmigung des Arbeitgebers und damit eines Tätigwerdens des Arbeitgebers bedarf. „Freistellung“ bedeutet „befreien, beurlauben, suspendieren“ (Duden Das Synonymwörterbuch 5. Aufl. Stichwort: „freistellen“ Nr. 2). Dementsprechend führt nach allgemeinem Verständnis die Elternzeit zu einer Freistellung von der vertraglich vereinbarten Arbeitspflicht unter Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten (vgl. BAG 19. April 2005 - 9 AZR 233/04 - zu II 3 b hh der Gründe, BAGE 114, 206; vgl. bereits zum Erziehungsurlaub iSv. § 15 BErzGG BAG 6. Oktober 1993 - 10 AZR 547/92 -; 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - zu B II 1 e der Gründe, BAGE 62, 35; Buchner/Becker Mutterschutzgesetz, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz 8. Aufl. Vor § 15 bis 21 BEEG vor Rn. 4, Rn. 5). Insoweit gilt nichts anderes als für den Begriff der „Arbeitsbefreiung“, der nicht nur Fälle erfasst, in denen es durch gestaltenden Akt des Arbeitgebers zu einer derartigen Befreiung kommt, sondern auch einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers wie Elternzeit und Streik (vgl. BAG 30. Oktober 2012 - 1 AZR 794/11 - Rn. 14).

17

b) Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich nicht, ob der Kläger bereits vor der streitbefangenen Elternzeit andere Freistellungen, insbesondere wegen Elternzeit, in Anspruch genommen hat. Darauf kommt es jedoch nicht an. § 10 Abs. 5 MTV kann nicht dahin verstanden werden, dass es während der Dauer des Arbeitsverhältnisses insgesamt nur zu „einer“ mit höchstens einem Monat anzurechnenden Freistellung kommen kann.

18

3. Die aus § 10 Abs. 5 MTV folgende Begrenzung der Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit steht im Einklang mit höherrangigem Recht.

19

a) Der Stufenaufstieg nach § 11 ERTV soll den Zuwachs an Erfahrungswissen honorieren.

20

aa) Zwar haben dies die Tarifvertragsparteien des ERTV nicht ausdrücklich geregelt. Sie haben jedoch den Stufenaufstieg von in derselben Entgeltgruppe verbrachten (Beschäftigungs-)Zeiten und damit von der zunehmenden Erfahrung des Arbeitnehmers bei der Ausübung seiner Tätigkeit abhängig gemacht. Daraus folgt, dass der Stufenaufstieg den Zuwachs an Erfahrungswissen belohnen soll (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 26).

21

bb) Diese Auslegung wird bestätigt durch die Regelung bei Höhergruppierungen in § 11 Abs. 6 ERTV. Danach beginnt die Stufenlaufzeit in der Stufe, der der Arbeitnehmer nach der Höhergruppierung zugeordnet worden ist, im Grundsatz neu zu laufen (§ 11 Abs. 6 Satz 1 ERTV). Es werden höchstens fünf Monate der in der niedrigeren Entgeltgruppe zuletzt zurückgelegten Gruppenstufenzugehörigkeit berücksichtigt (§ 11 Abs. 6 Satz 3 ERTV). Soweit der Arbeitnehmer in der höheren Entgeltgruppe nicht der Stufe 1 zugeordnet wird, sondern der Stufe, aus der er ein Entgelt erzielt, das am nächsten über seinem bisherigen Monatsentgelt liegt (§ 11 Abs. 6 Satz 1 ERTV), dient diese Regelung allein dem Bestandsschutz und soll Einkommensverluste durch Beförderungen verhindern (vgl. zu diesem Regelungszweck des ähnlich strukturierten § 17 Abs. 4 Satz 1 TV-L BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 964/11 - Rn. 22). Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 ERTV „gilt“ die erforderliche Laufzeit insoweit als erfüllt, wird also lediglich fingiert.

22

cc) Ausgehend von diesem tariflichen Regelungszweck sind Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit unter Suspendierung der beiderseitigen Hauptpflichten ruht, nur in dem ausdrücklich in § 10 Abs. 5 MTV geregelten Umfang auf die Gruppenstufenzugehörigkeit anzurechnen. Für den Stufenaufstieg kommt es grundsätzlich auf den Erwerb beruflicher Erfahrung in einer Leistungsbeziehung und damit - wenn die Tarifvertragsparteien nicht wie vorliegend in § 10 Abs. 5 MTV abweichende Regelungen treffen - auf ein tatsächlich vollzogenes Arbeitsverhältnis an(vgl. BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 18, BAGE 126, 375). Während der Elternzeit wird keine Berufserfahrung erworben (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 36, BAGE 137, 80). Die Elternzeit ist deshalb nur im tariflich vorgesehenen Umfang, also mit einem Monat, als Beschäftigungszeit zu berücksichtigen.

23

b) Die Deckelung der für die Stufenlaufzeit berücksichtigungsfähigen Elternzeit auf einen Monat durch § 11 Abs. 1 ERTV iVm. § 10 Abs. 5 MTV verletzt höherrangiges Recht nicht.

24

aa) § 11 ERTV führt auch dann nicht zu einer nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 AGG iVm. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG untersagten mittelbaren Diskriminierung wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit, wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass weibliche Beschäftigte, die Elternzeit in Anspruch nehmen, im Vergleich zu anderen Beschäftigten, bei denen wegen Unterbrechungen in der tatsächlichen Tätigkeit die Stufenlaufzeit ebenfalls gehemmt wird, in besonderer Weise nachteilig betroffen sind(vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen an die Darlegung BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 27 ff., BAGE 137, 80).

25

(1) Einem Anspruch des Klägers aufgrund einer mittelbar geschlechtsdiskriminierenden tariflichen Regelung stünde nicht entgegen, dass er dem potentiell benachteiligten weiblichen Geschlecht nicht angehört. Führte § 11 ERTV zu einer mittelbaren Diskriminierung von Arbeitnehmern, die Elternzeit beanspruchen, weil Frauen durch diese Regelung in besonderer Weise nachteilig betroffen wären, könnte dem Kläger ein Anspruch auf Berücksichtigung der Zeiten, in denen sein Arbeitsverhältnis wegen Elternzeit geruht hat, bei der Berechnung der Gruppenstufenzugehörigkeit nicht vorenthalten werden. Eine derartige mittelbare Geschlechtsdiskriminierung führte dazu, dass Frauen Anspruch auf Berücksichtigung der Elternzeit bei der Berechnung der Gruppenstufenzugehörigkeit hätten. Würde dem Kläger als Angehörigen des männlichen Geschlechts eine derartige Anrechnung der Elternzeit verwehrt, wäre er seinerseits unmittelbar wegen seines Geschlechts diskriminiert und hätte deswegen Anspruch auf die Berücksichtigung der Elternzeit (vgl. Krebber in Calliess/Ruffert EUV/AEUV 4. Aufl. Art. 157 AEUV Rn. 65).

26

(2) Berücksichtigt eine tarifliche Regelung, die den Erwerb von Berufserfahrung mit Entgeltsteigerungen honoriert, Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis wegen Elternzeit ruht und deshalb keine Berufserfahrung erworben wird, nicht oder wie vorliegend nur eingeschränkt, führt dies zu keiner mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 31 ff., BAGE 137, 80).

27

bb) Auch Art. 6 GG ist nicht verletzt(BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 71 ff., BAGE 137, 80).

28

III. § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbeitsplatzschutzG ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht analog auf den vorliegenden Fall anzuwenden(Natzel SAE 2009, 11, 13). Das Regelungssystem des Arbeitsplatzschutzgesetzes ist, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, nicht unvollständig, so dass bereits deshalb kein Raum für eine analoge Gewährung der in § 6 Abs. 4 Satz 2 ArbeitsplatzschutzG vorgesehenen Zulage ist(vgl. zu dieser Voraussetzung einer Analogie BAG 24. Mai 2012 - 6 AZR 679/10 - Rn. 16). Der Gesetzgeber hat den Ausgleich wirtschaftlicher Verluste durch den verzögerten Aufstieg in den Stufen eines an Berufserfahrung anknüpfenden Entgeltsystems in diesem Gesetz bewusst auf die in § 6, § 16, § 16a ArbeitsplatzschutzG geregelten Fälle des Wehrdienstes, Dienstleistungen iSd. Soldatengesetzes sowie Hilfeleistungen iSv. § 6c und § 6d des Wehrpflichtgesetzes beschränkt. Für weiter reichende Ansprüche hat er jedenfalls für den Bereich der Privatwirtschaft keinen Regelungsbedarf gesehen (zum möglichen Anspruch der Beschäftigten des Bundes auf die Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit aus § 9 Abs. 2 Nr. 1 BGleiG und/oder § 15 Abs. 3 und Abs. 4 BGleiG vgl. v. Roetteken AGG Stand September 2008 § 3 Rn. 161).

29

IV. Für seine Behauptung, er habe auch während seiner Elternzeit bestimmte Tätigkeiten ausgeführt, habe sich aufgrund eines Home-Office-Arbeitsplatzes ständig informieren können und sei auf aktuellem Stand gewesen, als die Elternzeit beendet gewesen sei, ist der Kläger beweisfällig geblieben. Es kommt daher nicht darauf an, inwieweit der Arbeitnehmer auch während der Elternzeit Berufserfahrung iSv. § 11 Abs. 1 ERTV erwerben kann(vgl. zum Erfordernis einer Eingliederung in die betriebliche Organisation zur Berücksichtigung von Erfahrungszeiten iSd. § 17 TVöD-AT BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 86, BAGE 137, 80).

30

V. Die streitbefangene Entgeltdifferenz betrug unstreitig 113,50 Euro monatlich. Aufgrund der Anrechnung von einem Monat der Elternzeit auf die Gruppenstufenzugehörigkeit ist der Kläger bereits am 1. März 2010 und nicht erst am 1. April 2010 in die Stufe 3 aufgestiegen, so dass ihm der für März 2010 eingeklagte Betrag zuzusprechen war.

31

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge     

        

        

        

    M. Geyer    

        

    Steinbrück    

                 
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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Annotations

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Zu Verwendungen der Streitkräfte im Rahmen der Amtshilfe oder zur Hilfeleistung bei einer Naturkatastrophe oder einem besonders schweren Unglücksfall nach Artikel 35 des Grundgesetzes kann ein gedienter Wehrpflichtiger herangezogen werden, soweit er sich dazu schriftlich bereit erklärt hat.

(2) Es gelten die Vorschriften über Wehrübungen mit der Maßgabe, dass die Hilfeleistung im Innern nicht auf die Gesamtdauer der Wehrübungen anzurechnen ist.

(3) Die Hilfeleistung im Innern ist grundsätzlich jeweils für höchstens drei Monate jährlich zulässig. Das Bundesministerium der Verteidigung kann mit Zustimmung des Wehrpflichtigen und seines Arbeitgebers oder seiner Dienstbehörde Ausnahmen zulassen.

(4) Im Übrigen sind § 6 Absatz 7 und § 6a Absatz 3 bis 5 entsprechend anzuwenden.

(5) Als Hilfeleistung im Innern gelten auch vorbereitende Übungen im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit.

(1) Zu Verwendungen der Streitkräfte im Rahmen von humanitären Hilfeleistungen im Ausland kann ein gedienter Wehrpflichtiger herangezogen werden, soweit er sich dazu schriftlich bereit erklärt hat.

(2) Es gelten die Vorschriften über Wehrübungen mit der Maßgabe, dass die Hilfeleistung im Ausland nicht auf die Gesamtdauer der Wehrübungen anzurechnen ist.

(3) Die Hilfeleistung im Ausland ist grundsätzlich jeweils für höchstens drei Monate jährlich zulässig. Das Bundesministerium der Verteidigung kann mit Zustimmung des Wehrpflichtigen und seines Arbeitgebers oder seiner Dienstbehörde Ausnahmen zulassen.

(4) Im Übrigen sind § 6 Absatz 7 und § 6a Absatz 3 bis 5 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Qualifikation einer Bewerberin oder eines Bewerbers wird anhand der Anforderungen des zu besetzenden Arbeitsplatzes ermittelt, insbesondere aus der hierfür erforderlichen Ausbildung, dem Qualifikationsprofil der Laufbahn oder des Funktionsbereichs sowie aus den beruflichen Erfahrungen. Das Dienstalter, die Beschäftigungsdauer und der Zeitpunkt der letzten Beförderung von Bewerberinnen und Bewerbern dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, wie sie für die Qualifikation für den betreffenden Arbeitsplatz von Bedeutung sind. Spezifische, durch Familien- oder Pflegeaufgaben erworbene Erfahrungen und Fähigkeiten sind zu berücksichtigen, soweit sie für die Ausübung der jeweiligen Tätigkeit von Bedeutung sind.

(2) Folgende Umstände dürfen nicht Teil der vergleichenden Bewertung sein:

1.
durch die Wahrnehmung von Familien- oder Pflegeaufgaben bedingte
a)
Unterbrechungen der Berufstätigkeit,
b)
geringere Anzahl aktiver Dienst- oder Beschäftigungsjahre,
c)
Reduzierungen der Arbeitszeit oder Verzögerungen beim Abschluss einzelner Ausbildungsgänge,
d)
zeitliche Belastungen,
2.
die Einkommenssituation des Ehegatten, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners, der Lebensgefährtin oder des Lebensgefährten,
3.
die Absicht, von der Möglichkeit der Arbeitszeitreduzierung oder einer Beurlaubung zur Wahrnehmung von Familien- oder Pflegeaufgaben Gebrauch zu machen,
4.
organisatorische und personalwirtschaftliche Erwägungen.

Die Dienststellen haben Arbeitszeiten und sonstige Rahmenbedingungen anzubieten, die allen Beschäftigten die Vereinbarkeit von Familie oder Pflege mit der Berufstätigkeit erleichtern, soweit zwingende dienstliche Belange oder zwingende betriebliche Belange dem nicht entgegenstehen. Zu den sonstigen Rahmenbedingungen können Möglichkeiten zur Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen einschließlich entsprechender Beratungs- und Vermittlungsleistungen gehören.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.