Arbeitsgericht Rheine Urteil, 20. Mai 2015 - 5 Ca 673/15
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3) Der Streitwert wird auf 7.958,89 € festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über tarifliche Ansprüche.
3Der Kläger war vom 01.07.1979 bis zum 30.11.2014 bei der Beklagten als Maler und Lackierer beschäftigt. Seit dem 01.12.2014 erhält der Kläger Altersrente.
4Im Jahr 2009 schloss die Beklagte mit dem Verband der Metall- und Elektroindustrie und der IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen-Sachen-Anhalt einen Sanierungstarifvertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:
5„§ 1
6Geltungsbereich
7Dieser Tarifvertrag gilt:
8räumlich: für den Standort I 1, der Firma M GmbH
9persönlich: für alle tariflich Beschäftigten mit Ausnahme der Auszubildenden und Altersteilzeitler
10§ 5
11Arbeitnehmerbeiträge durch befristete Personalkostenabsenkung
12Die Gesamtbelastung aus den in den nachfolgenden Ziffern 2-8 geregelten Verzichtsleitungen beträgt je Beschäftigtem 11,1 % des individuellen Regeleinkommens im Verzichtszeitraum. Dazu wird zunächst der individuelle Gesamtverzicht des Mitarbeiters aus den nachstehenden Regelungen ermittelt. Differenzen zur Gesamtbelastung von 11,1 % werden durch entsprechende Anpassungen in der Höhe des zusätzlichen Urlaubsgeldes vorgenommen. (…)
13§ 8
14Wiederaufleben des Arbeitnehmerbeitrags
151. Sollte das Ergebnis der Geschäftstätigkeit (EBIT) des Unternehmens im Geschäftsjahr 2009 oder in einem der folgenden, vollendeten Geschäftsjahre über dem Ergebnis der als Anlage 1 beigefügten Prognose / Planung für 2009 liegen, wird das Unternehmen diejenigen Beschäftigten, die Sanierungsbeiträge nach Maßgabe von §§ 5 und 6 dieses Sanierungstarifvertrages erbracht haben („berechtigte Beschäftigte“) an dem das prognostizierte Ergebnis (EBIT) übersteigenden Betrag der vom Unternehmen gemäß § 7 zu fertigenden Übersicht beteiligen. (…)
16§ 9
17Anspruch in besonderen Fällen
18Bei Beschäftigten, die aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden, leben die Ansprüche gem. §§ 5 und 6 unmittelbar mit Ausspruch der Kündigung auf und werden zur Auszahlung gebracht. Diese Ansprüche entstehen unabhängig von etwaig zu beanspruchenden Abfindungsleistungen oder anderen Ansprüchen.
19Dies gilt nicht für Mitarbeiter, die eine Eigenkündigung aussprechen oder aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausscheiden. Für diese Mitarbeiter entsteht zunächst ein Anspruch erst im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen gem. § 8. Dieser Anspruch mindert sich bei Ausscheiden:
20- im Jahre 2010 um 20 % des rechnerischen Gesamtanspruchs
21- im Jahre 2011 um 40 % des rechnerischen Gesamtanspruchs
22- im Jahre 2012 um 60 % des rechnerischen Gesamtanspruchs
23- im Jahre 2013 um 80 % des rechnerischen Gesamtanspruchs
24- im Jahre 2014 um 100 % des rechnerischen Gesamtanspruchs.
25Der Gesamtanspruch mindert sich um etwaige zwischenzeitliche Auszahlungen. (…)
26§ 10
27Beschäftigungssicherung
28Ziel der vorliegenden Vereinbarung zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und zur Sicherung von Arbeitsplätzen ist der Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen.
29Betriebsbedingte Kündigungen werden nicht ohne Zustimmung des Betriebsrates ausgesprochen. (…)
30Diese Regelung gilt bis zum 30.06.2010. (…)“
31Gemäß der Auflistung der Beklagten erbrachte der Kläger seit dem Jahr 2006 Verzichtsleistungen von insgesamt 8.805,77 €. Entsprechend der Verpflichtung aus § 8 des Sanierungstarifvertrages erstattete die Beklagte für das Jahr 2012 einen Betrag in Höhe von 312,72 € und für das Jahr 2013 einen Betrag in Höhe von 534,16 €, also insgesamt 846,88 €. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Erstattung der restlichen Verzichtsleitungen in Höhe von 7.958,89 €.
32Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe der Klageforderung aus § 9 des Sanierungstarifvertrages zu. § 9 II des Sanierungstarifvertrages benachteilige ihn unangemessen im Sinne des § 307 I 1 BGB und sei deshalb unwirksam. Die Klausel unterscheide nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitnehmers oder der Arbeitgeberin entstammen würden. Weiter ergebe sich die Unwirksamkeit der Klausel zusätzlich daraus, dass die Beklagte sämtliche sonstigen Gründe des Ausscheidens aus dem Betrieb mit einer Eigenkündigung gleichsetze. Die Parteien des Sanierungstarifvertrages hätten den Fall des Ausscheidens eines Mitarbeiters aufgrund Erreichens der Altersgrenze nicht bedacht. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum ein Mitarbeiter, der erst im Jahr 2030 aufgrund betriebsbedingter Kündigung aus dem Unternehmen ausscheidet, besser gestellt sein soll, als der Kläger.
33Der Kläger beantragt,
34die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.958,89 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
35Die Beklagte beantragt,
36die Klage abzuweisen.
37Sie meint, dem Kläger stehe kein Rückzahlungsanspruch aus § 9 I des Sanierungstarifvertrages zu, da er nicht aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung, sondern wegen Verrentung ausgeschieden sei. Auch § 9 II würde ihm nicht weiter helfen, da für diesen Fall eine Reduzierung um 100 % des rechnerischen Gesamtbetrages bei Ausscheiden im Jahr 2014 greifen würde. Der Wortlaut des Sanierungstarifvertrages sei eindeutig. Zum selben Ergebnis komme man auch nach einer Auslegung nach Sinn und Zweck des Sanierungstarifvertrages. Dieser bestünde darin, dass Beschäftigten, welche durch Verzicht auf ihnen zustehende Entgeltleistungen ihren Beitrag zum Erhalt des Unternehmens geleistet hätten, die eingezahlten Beträge zurückzuerstatten seien. Diese Interessenlage finde sich bei Mitarbeitern, die aus anderen Gründen aus dem Unternehmen ausscheiden, nicht.
38Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll und die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
39Entscheidungsgründe:
40Die zulässige Klage ist unbegründet.
41I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 7.958,89 € zu. Dieser Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 9 des Sanierungstarifvertrages.
42§ 9 des Sanierungstarifvertrages unterscheidet zwischen Beschäftigen, welche aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung aus dem Unternehmen ausgeschieden sind (Abs. 1) und solchen, welche eine Eigenkündigung aussprechen oder aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausscheiden (Abs. 2).
431. Würde man den Kläger der Gruppe der Mitarbeiter, welche „aus anderen Gründen“ aus dem Betrieb ausscheiden, nämlich hier aufgrund des Erreichens des Rentenalters, zuordnen, so könnte er auch dann seinen Anspruch nicht auf § 9 II des Sanierungstarifvertrages stützen. Dieser Anspruch entsteht erst im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 8 des Sanierungstarifvertrages (§ 9 II 2) und mindert sich gemäß § 9 II 3 bei Ausscheiden im Jahre 2014 um 100 % des rechnerischen Gesamtbetrages. Selbst wenn sich rechnerisch ein Rückzahlungsanspruch des Klägers nach § 8 ergeben würde, so wäre dieser Anspruch um 100 %, also auf Null zu reduzieren, da der Kläger am 01.12.2014 in Altersrente gegangen ist.
442. Dem Kläger steht auch kein Zahlungsanspruch aus § 9 I des Sanierungstarifvertrages zu. Er erfüllt nicht die erforderliche Voraussetzung, durch eine betriebsbedingte Kündigung der Beklagten aus dem Unternehmen ausgeschieden zu sein. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete mit Ablauf des 30.11.2014 aufgrund des Erreichens des Rentenalters seitens des Klägers. Die Begrenzung des tariflichen Anspruchs gemäß § 9 I des Sanierungstarifvertrages auf den Fall einer betriebsbedingten Kündigung verstößt weder gegen §§ 307 ff. BGB noch gegen den Gleichheitssatz. Dasselbe gilt auch für die Unterscheidung zwischen Mitarbeitern, welche betriebsbedingt gekündigt werden und solchen, die eine Eigenkündigung aussprechen oder aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausscheiden (§ 9 II).
45a) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 I, II BGB ist schon deshalb zu verneinen, weil eine AGB-Kontrolle bei der Prüfung von Tarifverträgen gemäß § 310 IV 1 BGB nicht durchzuführen ist.
46b) Die Auslegung des § 9 des Sanierungstarifvertrags ergibt entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass Letzterer der Gruppe der aufgrund von betriebsbedingten Kündigungen ausgeschiedenen Mitarbeitern und nicht solchen, die aus „anderen Gründen“ ausscheiden, zuzuordnen ist.
47aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Ausgehend vom Tarifwortlaut ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Erlaubt der Tarifwortlaut kein abschließendes Ergebnis, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und oft nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm ermittelt werden kann. Ergänzend können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung herangezogen werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG, Urteil vom 20.01.2009, 9 AZR 677/07, juris, m.w.N.).
48bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall ist der Kläger der Mitarbeitergruppe aus § 9 II des Sanierungstarifvertrages zuzuordnen. Der Wortlaut der tariflichen Bestimmung im § 9 I, II ist eindeutig. Der Auszahlungsanspruch aus § 9 I ist an die Voraussetzung geknüpft, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz aufgrund des Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung verliert. Alle weiteren Gründe, welche zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen können, sind unter § 9 II zu subsumieren, so auch das Erreichen des Rentenalters.
49Eine solche Auslegung entspricht auch dem Sinn der Regelung unter Berücksichtigung eines tariflichen Gesamtzusammenhangs. Der Sanierungstarifvertrag dient zum einen der Beschäftigungssicherung (vgl. § 10 des Sanierungstarifvertrages) und zum anderen soll durch Erbringung von Verzichtsleistungen ein Beitrag seitens der Beschäftigen zum Erhalt des Unternehmens geleistet werden. Die Tarifvertragsparteien haben sich dazu entschlossen, den Kreis der Berechtigten, welche nach § 9 I einen zeitlich unbegrenzten und an keine weiteren Voraussetzungen geknüpften Rückzahlungsanspruch haben sollen, auf die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Mitarbeiter zu begrenzen. Im Hinblick auf eine eindeutige, rechtssichere Handhabung, wann im Falle des Ausscheidens eines Arbeitnehmers ihm sein Sanierungsbeitrag zu erstatten ist, war eine klare Unterscheidung zwischen betriebsbedingten Kündigungen und anderen Ausscheidungsgründen eine vernünftige, sachgerechte, zweckorientierte und praktisch brauchbare Regelung (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 12.06.2012, 14 Sa 1275/11, Rn. 114, juris). Denn alle Konstellationen, welche nicht unter den Tatbestand der „betriebsbedingten Kündigung“ fallen, können unproblematisch unter § 9 II 1 des Sanierungstarifvertrages („aus anderen Gründen“) subsumiert werden.
50Unter dieser Prämisse kann der Fall der Verrentung nicht von § 9 I des Sanierungstarifvertrages umfasst sein. Entgegen der Auffassung des Klägers soll § 9 I und II nicht ausschließlich zwischen Gründen, welche aus der Sphäre des Arbeitgebers und solchen, die aus der Sphäre der Arbeitnehmer stammen, unterscheiden. Vielmehr wollten die Tarifvertragsparteien die Gruppen „betriebsbedingte Kündigung“ und „andere Gründen“ bilden. Dafür spricht wiederum der eindeutige Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck. § 9 I des Sanierungstarifvertrags soll solche Mitarbeiter privilegieren, welche durch ihre Verzichtleistungen in das Unternehmen investiert haben und trotz alledem aus betriebsbedingten, also im Ergebnis aus wirtschaftlichen Gründen ihren Arbeitsplatz verlieren müssen. Alle weiteren Ausscheidenstatbestände sollen von § 9 II aufgefangen werden. Die Eigenkündigung ist nur beispielhaft in dieser Klausel erwähnt worden. Die „anderen Gründe“ können beispielsweise verhaltens- / personenbedingte Kündigungen, der Abschluss von Aufhebungsverträgen oder eben das Erreichen des Rentenalters sein. Diese Gründe können, müssen aber nicht ausschließlich aus der Sphäre der Mitarbeiter stammen. Der Fall der Verrentung ist vergleichbar mit der Konstellation einer personenbedingten Kündigung. In beiden Fällen liegt der Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses außerhalb der Einflussmöglichkeiten beider Parteien. Und trotzdem würde man im Falle der personenbedingten Kündigung nicht auf die Idee kommen, den Anspruch aus § 9 I des Sanierungstarifvertrages zu prüfen und zu überlegen, ob vom Begriff der „betriebsbedingten Kündigung“ auch eine personenbedingte Kündigung umfasst werden sollte.
51c) Die Regelung des § 9 des Sanierungstarifvertrages verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 I GG.
52Ob die Tarifvertragsparteien an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG unmittelbar (so: BAG, 04.04.2000, 3 AZR 729/98, NZA 2002, 917, 918) oder nur mittelbar gebunden sind (so: BAG, 08.12.2011, 6 AZR 319/09, NZA 2012, 275, 278), kann offen bleiben, weil für den Prüfungsmaßstab die dogmatische Herleitung ohne Bedeutung ist. Die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, solchen Tarifverträgen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzten (LAG Hamm, Urteil vom 12.06.2012, 14 Sa 1275/11, Rn. 118, juris). Der Gleichheitssatz des Art. 3 I GG wird durch eine Tarifnorm verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Allerdings ist die richterliche Kontrolle von Tarifverträgen im Hinblick auf einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG nicht unbeschränkt eröffnet; Einschränkungen ergeben sich vielmehr aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 III GG, der den Tarifpartnern eine Einschätzungsprärogative garantiert, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Regelungsprobleme und der Rechtsfolgen geht, und einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum einräumt, soweit es um die inhaltliche Gestaltung der Regelungen geht. Deshalb ist es nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung für das Regelungsproblem gefunden haben; auch der Kompromisscharakter von Tarifverträgen als Verhandlungsergebnis divergierender Interessen muss in dem Sinne berücksichtigt werden, dass an die Systemgerechtigkeit der tarifvertraglichen Regelungen keine zu hohen Erwartungen gestellt werden dürfen. Im Übrigen ist anerkannt, dass die Tarifpartner - im Interesse praktikabler, verständlicher und übersichtlicher Regelungen - typisierende Regelungen treffen können. Aus diesem Grunde kann bei der Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abgestellt werden, sondern nur auf die generellen Auswirkungen der Regelung. Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind jedoch dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BAG, Urteil vom 22.12.2009, 3 AZR 895/07, juris).
53An diesen Maßstäben gemessen ist ein Verstoß gegen Art. 3 I GG nicht festzustellen.
54Arbeitnehmer, welche aus anderen Gründen, als aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung ausscheiden, werden nicht ohne Sachgrund ungleich behandelt. Jedenfalls haben die Tarifvertragsparteien bei der Aufstellung tariflicher Vorschriften nicht tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht gelassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung berücksichtigt werden müssen (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 12.06.2012, 14 Sa 1275/11, Rn. 118, juris). Aus der Privilegierung des § 9 I des Sanierungstarifvertrages sollten alle Arbeitnehmer raus genommen werden, die entweder auf eigenen Wunsch das Arbeitsverhältnis auflösen bzw. einer solchen Auflösung zustimmen oder welche den Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in ihrer Person tragen. Der Fall des Erreichens des Rentenalters kann mit der Konstellation verglichen werden, in welcher der Mitarbeiter aufgrund einer personenbedingten (etwa einer krankheitsbedingten) Kündigung aus dem Betrieb ausscheiden muss. In beiden Fällen stammt der Auflösungsgrund aus der Sphäre des Arbeitnehmers, wobei weder der Beschäftigte noch die Arbeitgeberin etwas für die eingetretene Situation kann. Weil aber nach dem Sanierungstarifvertrag die Beschäftigungssicherung und der Erhalt des Unternehmens im Vordergrund stehen, war es den Tarifvertragsparteien nicht verwehrt, ihr Gestaltungsspielraum dahingehend auszuüben, den Kreis der Anspruchsberechtigten derart einzugrenzen, dass nur die betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer privilegiert werden. Auch das vom Kläger genannte Beispiel, dass ein Mitarbeiter, welcher im Jahr 2030 aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung ausschneiden würde, besser gestellt sei, als der Kläger, welcher schon im Jahr 2014 seinen Arbeitsplatz aufgeben musste, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn von den Tarifvertragsparteien kann bei der Ausübung ihres Gestaltungsspielraums nicht die Einhaltung der Einzelfallgerechtigkeit verlangt werden. Im Vordergrund steht vielmehr die Frage, ob die Gruppenbildung dem Gerechtigkeitsgedanken entspricht und nicht die Frage, ob jeder Arbeitnehmer in jeder Konstellation im Vergleich zu anderen Beschäftigen gleichbehandelt wird. Mit dieser Argumentation wäre eine praktikable Gruppenbildung bei Gestaltung von Sanierungstarifverträgen kaum möglich.
55Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Der Zinsanspruch ist wegen der Unbegründetheit der Hauptforderung ebenfalls zu verneinen.
56III. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 I 1 ZPO, die über den Streitwert aus §§ 61 I 1 ArbGG, 5 ff. ZPO.
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Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. Februar 2009 - 8 Sa 1016/08 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision einschließlich des Zwischenstreits vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Auswirkungen der Altersdiskriminierung im Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrags (BAT) auf die Stufenzuordnung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD).
- 2
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Die 1962 geborene Klägerin ist seit 1. Februar 2004 als Bauingenieurin bei dem beklagten Amt beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung. Die bei ihrer Einstellung 41 Jahre alte Klägerin wurde in die Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1a zum BAT eingruppiert und aufgrund der Regelung in § 27 Abschn. A Abs. 2 Satz 2 BAT der Lebensaltersstufe 35 zugeordnet. Zum 1. Oktober 2005 wurde die Klägerin in den TVöD übergeleitet. Ihr Vergleichsentgelt bemaß sich nach der Lebensaltersstufe 37. Die Klägerin profitierte dabei von der Regelung in § 5 Abs. 4 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts(TVÜ-Bund). Danach werden Beschäftigte, die im Oktober 2005 bei Fortgeltung des bisherigen Rechts die Grundvergütung der nächsthöheren Lebensaltersstufe erhalten hätten, bei der Berechnung des Vergleichsentgelts so behandelt, als hätten sie die nächste Lebensaltersstufe schon im September 2005 erreicht. Ohne diese Regelung wäre die Klägerin mit der Grundvergütung der Lebensaltersstufe 35 in den TVöD übergeleitet worden. Das Vergleichsentgelt der Klägerin betrug unter Berücksichtigung des Ortszuschlags der Stufe 2 3.185,33 Euro brutto. Damit wurde sie in der Entgeltgruppe 11 einer individuellen Zwischenstufe zwischen der Entwicklungsstufe 3 (2.900,00 Euro) und der Entwicklungsstufe 4 (3.200,00 Euro) zugeordnet. Zum 1. Oktober 2007 stieg sie daraus zunächst in die reguläre Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 auf. Im Juni 2009 wurde die Klägerin rückwirkend zum 1. Juni 2007 in die Entgeltgruppe 12 höhergruppiert und darin der Stufe 3, seit dem 1. Juni 2010 der Stufe 4 zugeordnet. Zwischenzeitlich übt sie Tätigkeiten der Entgeltgruppe 13 aus und erhält dafür die Zulage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TVöD.
- 3
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Die Klägerin begehrt mit ihrer am 5. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage eine Vergütung, die dazu führt, dass sie in der Entgeltgruppe 12 der Stufe 5 zuzuordnen war. Sie hat geltend gemacht, die nach Lebensaltersstufen differenzierende Grundvergütung im Vergütungssystem des BAT sei altersdiskriminierend gewesen. Das Vergleichsentgelt sei auf der Grundlage dieser diskriminierenden Regelung ermittelt worden. Das habe sich auch bei der Stufenzuordnung zum 1. Oktober 2007 noch ausgewirkt, so dass sich die Altersdiskriminierung im BAT bis in den streitbefangenen Zeitraum fortgesetzt habe.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt
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1.
festzustellen, dass die Klägerin zum 1. Oktober 2007 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 TVöD einzugruppieren war;
2.
festzustellen, dass die Klägerin zum 1. Juni 2008 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 12 TVöD einzugruppieren war.
- 5
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.
- 6
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Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Mai 2010 den Rechtsstreit ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union im Verfahren nach Art. 267 AEUV angerufen. Dieser hat mit Urteil vom 8. September 2011 (- C-297/10 und C-298/10 -) entschieden, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) sowie Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(GRC) der Überleitung in den TVöD unter Wahrung des im BAT erreichten Besitzstands nicht entgegenstehen.
- 7
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Die Parteien haben erst nach dem Vorabentscheidungsverfahren dem Senat die Höhergruppierung der Klägerin mitgeteilt.
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Die Klägerin macht im Nachgang zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union geltend, für sie wirkten sich die von ihr durch die Überleitung erlittenen finanziellen Verluste bis zu ihrem Ruhestand und durch die daraus folgende Rentenminderung auch noch darüber hinaus aus. Bei ihr baue sich die Altersdiskriminierung aus dem BAT nicht, wie vom Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, binnen vier Jahren ab. Die Überleitungsvorschriften seien in ihrer konkreten Anwendung auf sie, die Klägerin, nicht zur Besitzstandswahrung geeignet gewesen. Ihr Gehalt habe sich zum 1. Oktober 2007 im Vergleich zu dem ihr bei Fortbestand des BAT zu zahlenden Gehalt um monatlich 72,73 Euro verringert. Ebenso habe sie im Jahr 2007 weniger als im Jahr 2006 verdient. Demgegenüber sei ein Beschäftigter, der mit gleicher Eingruppierung ein Jahr nach ihr im Alter von 47 Jahren eingestellt worden sei, aus der Lebensaltersstufe 39 in den TVöD übergeleitet worden und am 1. Oktober 2007 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 aufgestiegen. Dadurch habe sich sein monatliches Gehalt zum 1. Oktober 2007 erheblich erhöht. Gleichwohl erhalte dieser Angestellte bereits zum 1. Oktober 2007 einen Strukturausgleich von 70,00 Euro monatlich, während bei ihr, der Klägerin, diese Zahlung erst für die Zeit ab dem 1. Oktober 2009 vorgesehen gewesen wäre. Diese Bevorzugung des Arbeitnehmers der Lebensaltersstufe 39 wirke sich auch noch nach ihrem Aufstieg in die Entgeltgruppe 12 TVöD aus.
- 9
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Auch ein gleichaltriger, verheirateter Beschäftigter, der ein Jahr nach ihr in die Vergütungsgruppe IV a BAT, allerdings nicht wie sie mit ausstehendem Bewährungsaufstieg, sondern ohne einen solchen eingestellt worden sei, habe am 1. Oktober 2007 ein höheres Entgelt erzielt. In ihrem Einzelfall werde sie also für eine höherwertige Tätigkeit ungeachtet einer längeren Beschäftigung bei dem beklagten Amt und damit größerer Berufserfahrung aufgrund der diskriminierenden Regelungen im BAT geringer vergütet als ein Beschäftigter, der bis zur Stufenzuordnung am 1. Oktober 2007 das gleiche Geld für eine niedriger bewertete Tätigkeit erhalten habe.
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Darüber hinaus sieht sich die Klägerin gegenüber einem ansonsten völlig mit ihr vergleichbaren Beschäftigten benachteiligt, der aus taktischen Gründen vier Jahre in der Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 verblieben sei. Dieser erhalte einen Strukturausgleich ab dem Jahr 2009 und werde damit besser gestellt als sie, die ein Jahr zuvor in die Entgeltgruppe 12 höhergruppiert worden sei. Außerdem sei ein solcher Beschäftigter im Jahr 2011 in die Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 höhergestuft worden. Er erziele daraus ein höheres Entgelt als sie aus der Stufe 4 der Entgeltgruppe 12 TVöD.
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Bei den Überleitungsregelungen in den TVöD sei schließlich unberücksichtigt geblieben, dass die Lebensaltersstufen nach den Regeln des BAT beim Übergang in den höheren Dienst neu berechnet worden seien. Insoweit fehle es an einer Besitzstandsregelung.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
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A. Die Feststellungsklage ist zulässig, bedarf allerdings der Auslegung.
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I. Die Klägerin war aufgrund ihrer rückwirkenden Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 bereits zu Beginn des streitbefangenen Zeitraums nicht mehr in die Entgeltgruppe 11 eingruppiert. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund erhielten Angestellte, die vor dem 1. Oktober 2007 höhergruppiert wurden, in der höheren Entgeltgruppe Tabellenentgelt nach der regulären Stufe, deren Betrag mindestens der Vergütung aus der individuellen Zwischenstufe entsprach. Aufgrund ihres Vergleichsentgelts von 3.185,33 Euro war die Klägerin der Stufe 3 der Entgeltgruppe 12 mit einem Entgelt von 3.200,00 Euro zuzuordnen. Am allgemeinen Stufenaufstieg nahm sie infolge ihrer Höhergruppierung nicht mehr teil (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1).
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II. Die Anträge der Klägerin sind jedoch im Hinblick auf ihre rechtliche Argumentation und den Umstand, dass das Tabellenentgelt der Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 identisch ist mit dem der Stufe 3 der Entgeltgruppe 12 TVöD, dahin auszulegen, dass sie eine Vergütung begehrt, die der Höhe nach der Entgeltgruppe 11 Stufe 5 TVöD entspricht mit den sich daraus seit dem 1. Oktober 2007 für die Klägerin ergebenden vorteilhaften vergütungsrechtlichen Folgen bei ihrer beruflichen Weiterentwicklung. Das sollte mit den zuletzt gestellten Anträgen zum Ausdruck gebracht werden, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. Dezember 2011 klargestellt hat.
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III. Bei dieser Auslegung liegt das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) vor. Die streitbefangene Frage hat nach wie vor Bedeutung für die Höhe der Vergütung der Klägerin. Hätte diese bei ihrer Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 das von ihr begehrte Entgelt bezogen, wäre sie gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund nicht der Stufe 3, sondern der Stufe 5 der Entgeltgruppe 12 TVöD zugeordnet worden. Sie würde dann aktuell unter Berücksichtigung der Zulage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 TVöD im Ergebnis eine Vergütung aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TVöD und nicht lediglich eine Vergütung aus der Entgeltgruppe 13 Stufe 4 TVöD erhalten.
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B. Die Klägerin hat keinen aus der altersdiskriminierenden Bemessung der Grundvergütung in den Vergütungsgruppen des BAT nach Lebensaltersstufen folgenden Anspruch auf eine höhere Stufenzuordnung seit dem 1. Oktober 2007.
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I. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat mit Urteil vom 8. September 2011 (- C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] ZTR 2011, 664) entschieden, dass Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG sowie Art. 28 der GRC der durch den allgemeinen Stufenaufstieg nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund erfolgten endgültigen Eingliederung der übergeleiteten Angestellten in den TVöD unter Wahrung des im BAT erreichten Besitzstands nicht entgegenstehen. Damit steht fest, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund an sich nicht altersdiskriminierend ist, auch wenn diese Bestimmung noch an die altersbezogene Grundvergütung im BAT anknüpft, die wiederum nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstieß. Für die Zuordnung zu einer regulären Stufe infolge einer Höhergruppierung nach dem Inkrafttreten des AGG und vor dem 1. Oktober 2007 gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund gilt nichts anderes. Auch in einem solchen Fall wie dem der Klägerin ist das unter dem Gedanken der Besitzstandswahrung gebildete Vergleichsentgelt maßgeblich für die Stufenzuordnung, ohne dass dadurch gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen wird. Das zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel, die ausdrücklich weder den TVöD noch das Überleitungssystem als solches in Frage stellt.
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II. Die Klägerin war zum 1. Oktober 2007 auch nicht so zu stellen, als wäre sie aus der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe einer regulären Entwicklungsstufe des TVöD zugeordnet worden.
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1. Die Klägerin macht geltend, sie sei erst nach Inkrafttreten des AGG am 18. August 2006 einer regulären Stufe des TVöD zugeordnet worden. Diese Zuordnung sei auf der Grundlage des altersdiskriminierenden Vergütungssystems des BAT erfolgt. Sie begehrt mit Wirkung zum 1. Oktober 2007 eine Gleichstellung mit den Meistbegünstigten im Sinne einer „Anpassung nach oben“ und damit im Ergebnis die Zuordnung zu einer regulären Stufe im TVöD unter Berücksichtigung eines Entgelts aus der höchsten Lebensaltersstufe ihrer Vergütungsgruppe im BAT.
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2. Mit einem Vergleichsentgelt aus der höchsten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe IV a BAT von 3.533,71 Euro wäre die Klägerin - wenn sie nicht rückwirkend befördert worden wäre - im Rahmen des allgemeinen Stufenaufstiegs am 1. Oktober 2007 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund in der Entgeltgruppe 11 der Stufe 5 zugeordnet worden. Daraus wäre sie bei einer Höhergruppierung nach dem 1. Oktober 2007 gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 TVöD in die Entgeltgruppe 12 Stufe 5 eingruppiert worden. Infolge der rückwirkenden Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 wäre sie gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund mit einem Vergleichsentgelt von 3.533,71 Euro der Stufe 4 der Entgeltgruppe 12 zugeordnet worden. Seit dem 1. Juni 2011 würde sie dann - unter Zugrundelegung der Regelstufenlaufzeit - eine Vergütung aus der Stufe 5 der Entgeltgruppe 12 erhalten.
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3. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch darauf, seit ihrer Eingliederung in das reguläre Stufensystem des TVöD, die mit ihrer Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 erfolgt ist, bzw. entsprechend ihrem Antrag seit dem 1. Oktober 2007 so gestellt zu werden, als wäre sie unter Zugrundelegung einer Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe IV a BAT einer regulären Stufe des TVöD zugeordnet worden.
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a) Zwar war die lebensaltersbezogene Grundvergütung im BAT seit Inkrafttreten des AGG altersdiskriminierend, so dass, wie der Senat am 10. November 2011 (- 6 AZR 481/09 - und - 6 AZR 148/09 -) entschieden hat, bis zur Einführung eines diskriminierungsfreien Vergütungssystems eine „Anpassung nach oben“ erfolgen musste. Demzufolge war den diskriminierten jüngeren Arbeitnehmern eine Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe zu zahlen. Diese Pflicht endet jedoch mit der Ablösung eines altersdiskriminierenden Vergütungssystems durch ein diskriminierungsfreies (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 40 und - 6 AZR 148/09 - Rn. 35; vgl. auch EuGH 22. Juni 2011 - C-399/09 - [Landtová] Rn. 51; 26. Januar 1999 - C-18/95 - [Terhoeve] Rn. 57, Slg. 1999, I-345).
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b) Das Entgeltsystem des TVöD ist als solches diskriminierungsfrei (EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] Rn. 81, 99, ZTR 2011, 664; vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - Rn. 34 für den TV-H und - 6 AZR 148/09 - Rn. 29 für den TV-L). In dieses neue, diskriminierungsfreie System sollten die Beschäftigten unter Wahrung der gemäß § 27 Abschn. A (Bund und Länder) BAT erreichten Lebensaltersstufe als tarifgerechter Grundlage übergeleitet und spätestens zum 1. Oktober 2007 endgültig in die neue Entgeltstruktur eingegliedert werden. Diese Anknüpfung an den nach den tariflichen Regelungen des BAT erreichten Besitzstand ist mit dem Verbot der Altersdiskriminierung vereinbar (EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] Rn. 90 ff., ZTR 2011, 664). Eine vorübergehende Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT hat ausschließlich zur Beseitigung der Diskriminierung innerhalb des diskriminierenden Systems zu erfolgen (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 481/09 - aaO und - 6 AZR 148/09 - aaO). Als Anknüpfungspunkt für die endgültige Eingliederung in das diskriminierungsfreie Entgeltsystem des TVöD durch Zuordnung zu einer der regulären Entgeltstufen dieses Tarifvertrags kann eine Vergütung aus der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Vergütungsgruppe des BAT deshalb nicht dienen.
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III. Die Klägerin macht weiter geltend, der Gerichtshof der Europäischen Union sei maßgeblich davon ausgegangen, dass sich die Auswirkungen der über den Überleitungszeitpunkt hinaus andauernden Altersdiskriminierung schrittweise abbauen. Sie nimmt an, dass dies innerhalb von vier Jahren der Fall sein müsse und rügt, für sie führe das Überleitungsrecht zu einer Perpetuierung der Altersdiskriminierung bis zu ihrem Eintritt in den Ruhestand und darüber hinaus. Sie missversteht insoweit die Argumentation des Gerichtshofs der Europäischen Union, in der sich die von ihr genannte Vier-Jahres-Grenze ohnehin nicht wiederfindet. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Überleitungsregelungen in den TVöD als angemessen und erforderlich angesehen, weil es sich dabei um Regelungen mit Übergangscharakter handele und die Fortwirkung der Altersdiskriminierung schrittweise nach Maßgabe der Entwicklung der Vergütung der Angestellten verschwinden werde. Er hat dabei darauf abgestellt, dass sich die Vergütung der Angestellten nach dem 1. Oktober 2007 allein anhand der im TVöD vorgesehenen Kriterien und damit nicht mehr anhand des Alters entwickeln werde (EuGH 8. September 2011 - C-297/10 und C-298/10 - [Hennigs] Rn. 96 f., ZTR 2011, 664). Mit ihrer Höhergruppierung zum 1. Juni 2007 war die Klägerin vollständig in das reguläre Entgeltsystem des TVöD integriert. Alle weiteren vergütungsrechtlichen Folgen, die zu den von der Klägerin angeführten Nachteilen gegenüber anderen Beschäftigtengruppen führten, ergaben sich seitdem ausschließlich aus dem nicht altersdiskriminierenden Entgeltsystem des TVöD. Gerade darauf hat der Gerichtshof der Europäischen Union abgestellt.
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C. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die begehrte höhere Stufenzuordnung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit anderen Beschäftigtengruppen.
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I. Die Regelungen zur Stufenzuordnung in § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Bund stehen als solche im Einklang mit Art. 3 GG und § 3 Abs. 2 AGG als spezialgesetzlicher Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Den Tarifvertragsparteien war ein angemessener Spielraum zur Überleitung der bereits Beschäftigten vom alten in das neue Vergütungssystem zuzubilligen. Das Ziel, das neue Entgeltsystem unter Wahrung sozialer Besitzstände einzuführen, rechtfertigt bei Beachtung der Tarifautonomie ungeachtet der altersdiskriminierenden Wirkung der Vergütungsregelung des BAT das Anknüpfen an die in diesem Tarifvertrag erreichte Vergütung (vgl. für den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz BAG 2. August 2006 - 10 AZR 572/05 - Rn. 30 mwN, EzA BetrVG 2001 § 75 Nr. 3; zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen durch den Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt der Bestandssicherung s. BVerfG 24. September 1997 - 1 BvR 647/91 ua. - EuGRZ 1998, 36). Das stellt die Klägerin grundsätzlich nicht in Abrede.
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II. Die Klägerin begehrt jedoch unter Berufung auf die vom Gerichtshof der Europäischen Union ihrer Auffassung nach unterlassene Angemessenheitskontrolle die Prüfung ihres Einzelfalls und macht dabei geltend, ihren Fall hätten die Tarifvertragsparteien nicht gerecht geregelt. Sie rügt, andere Alters- und Beschäftigtengruppen, insbesondere die Angestellten der Lebensaltersstufe 39, wären ihr gegenüber bevorzugt und durch ihre Einkommensentwicklung im TVöD überproportional begünstigt. Damit macht sie eine Ungleichbehandlung iSd. Art. 3 Abs. 1 GG geltend. Auch dies verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
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1. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 21, BAGE 129, 93).
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2. An diesem Maßstab gemessen ist entgegen der Auffassung der Klägerin bei der Schaffung der Entgeltstruktur des TVöD ebenso wenig wie bei der Eingliederung der Klägerin in die regulären Stufen dieses Tarifvertrags eine gleichheitswidrige Gruppenbildung erfolgt.
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a) Bei der Bewertung der von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Regelungen zur Überleitung der Angestellten aus dem BAT in den TVöD sowie zu deren endgültiger Eingliederung in die neue Entgeltstruktur sowie der Entgeltstruktur des TVöD selbst ist zu berücksichtigen, dass die Findung des nach dem TVöD zu zahlenden Entgelts und die Überleitung der bereits Beschäftigten in das neue Vergütungssystem ein überaus komplexer Vorgang war. Im TVöD ist nicht nur das bisherige Vergütungssystem mit seinen an die beamtenrechtliche Alimentation angelehnten, vom Lebensalter, vom Familienstand und von der Kinderzahl abhängigen Vergütungsbestandteilen, das zudem einen Aufstieg in die nächsthöhere Lohn-/Vergütungsgruppe auch ohne Tätigkeitswechsel vorsah, aufgegeben und durch eine Leistungsaustauschbeziehung ersetzt worden, die ausschließlich von der wahrgenommenen Aufgabe, Berufserfahrung und individuellen Leistungen abhängt. Zugleich wurden auch die bisher unterschiedlich ausgestalteten Vergütungsstrukturen von Arbeitern und Angestellten aufgelöst. Dafür mussten die bisher 17 Lohngruppen der Arbeiter und 18 Vergütungsgruppen der Angestellten, insgesamt also 35 Gruppen, in den 15 Entgeltgruppen des TVöD zusammengefasst werden. Das unterschiedlich hohe Entgeltniveau von Arbeitern und Angestellten musste dabei ebenso vereinheitlicht werden wie die unterschiedlich hohe Vergütung der Angestellten im Bereich der VKA und des Bundes. Aus den bis zu 15 Lebensaltersstufen der Grundvergütung wurden fünf bis sechs an Berufserfahrung anknüpfende Entgeltstufen. Schließlich wurde auch eine Vielzahl von Tarifverträgen, die das Entgelt einzelner Beschäftigungsgruppen des öffentlichen Dienstes höchst differenziert und mit vielen Verästelungen bis ins Detail regelten, zusammengeführt. Schlussendlich wurde das Vergütungsniveau strukturell verändert: Das Entgeltniveau jüngerer Arbeitnehmer wurde angehoben, das älterer abgesenkt. Die neue Entgelttabelle des TVöD ist dabei das Ergebnis von Einzelberechnungen für jede Entgeltgruppe, ohne dass sich ihr eine systematische Struktur entnehmen ließe (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 21, AP TVÜ § 4 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 4 Nr. 3; zum Ganzen vgl. auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand November 2010 § 15 Rn. 50 bis 84; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Mai 2010 Teil II § 15 Rn. 6 bis 11).
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b) Angesichts dieser Komplexität der von den Tarifvertragsparteien gewählten Regelungsaufgabe war es unmöglich, eine Entgeltstruktur zu schaffen, die keine Nachteile für einzelne Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen gegenüber dem bisherigen Tarifrecht mit sich brachte. Ebenso wenig war es möglich zu verhindern, dass einzelne Beschäftigtengruppen nach der Überleitung in den TVöD von der neuen Entgeltstruktur mehr oder zu früheren Zeitpunkten profitierten als andere Gruppen. Die Tarifvertragsparteien mussten bei der Schaffung der neuen Entgeltstruktur ebenso wie bei der Überleitung in das neue System sowie deren Abschluss spätestens am 1. Oktober 2007 generalisieren, pauschalieren und typisieren, ohne dabei jeder Besonderheit des Einzelfalls gerecht werden zu können. Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie es die Schaffung der neuen Entgeltstruktur, die Überleitung der Beschäftigten in den TVöD und deren endgültige Eingliederung in die neue Struktur war, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 734/09 - Rn. 22, ZTR 2011, 498; vgl. zur Typisierungsbefugnis von Tarifvertragsparteien bei der Regelung von Massenerscheinungen auch BVerfG 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 - Rn. 72, BVerfGK 13, 455). Derart komplexe Sachverhalte lassen sich nur unter gewissen Brüchen in der Systematik und unter Hinnahme vorübergehender Unstimmigkeiten regeln (vgl. BVerfG 13. Juni 1979 - 1 BvL 27/76 - zu C II 1 der Gründe, BVerfGE 51, 257).
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c) Die Tarifvertragsparteien haben zur Bewältigung der dargestellten Regelungsaufgabe in Wahrnehmung ihrer Tarifautonomie eine Entgeltstruktur ausgehandelt, die von stark unterschiedlichen Gehaltssteigerungen zwischen den verschiedenen Entgeltgruppen und Stufen gekennzeichnet ist.
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aa) Der Klägerin ist zuzugeben, dass Angestellte, die wie sie im Monat vor ihrer Überleitung in den TVöD in die Vergütungsgruppe IV a BAT mit ausstehendem Bewährungsaufstieg eingruppiert und der Lebensaltersstufe 37 im BAT zugeordnet waren, unter Umständen von der neuen Tarifstruktur deutlich weniger profitieren als Angestellte, die in dieser Vergütungsgruppe zuletzt aus der Lebensaltersstufe 39 des BAT vergütet wurden. Dies beruht darauf, dass Letztere, sofern sie mit dem Ortszuschlag der Stufe 2 übergeleitet worden waren, mit einem Vergleichsentgelt von 3.272,73 Euro bei der Überleitung bereits einer Zwischenstufe zwischen den Stufen 4 und 5 der Entgeltgruppe 11 zugeordnet worden sind, weil ihr Vergleichsentgelt knapp über dem der Stufe 4 (3.200,00 Euro) lag. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wie die Klägerin, in deren Vergleichsentgelt ebenfalls der Ortszuschlag der Stufe 2 eingeflossen war, wurden dagegen mit einem Vergleichsentgelt von 3.185,33 Euro einer Stufe zwischen den Stufen 3 und 4 der Entgeltgruppe 11 zugeordnet, weil ihr Vergleichsentgelt knapp unter dem Entgelt der Stufe 4 lag. Aus dieser unterschiedlichen Zuordnung ergaben sich alle weiteren aus Sicht der Klägerin einseitig die Angestellten der Lebensaltersstufe 39 begünstigenden Folgen.
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bb) Die Klägerin berücksichtigt bei ihrer Argumentation nicht, dass die Entgeltstruktur des TVöD nicht alle Angestellten, die im September 2005 der Lebensaltersstufe 39 angehörten, gegenüber den Angehörigen der Lebensaltersstufe 37 derselben Vergütungsgruppe begünstigte. Die von der Klägerin ihrer Rüge des Art. 3 GG zugrunde gelegten Vorteile für die Angestellten der Lebensaltersstufe 39 finden sich im Gegenteil in anderen Konstellationen nicht. Eine Systemwidrigkeit, dh. eine in allen Fällen oder jedenfalls der Mehrzahl der Fälle gegebene Bevorzugung der Angestellten der Lebensaltersstufe 39 gegenüber denen der Lebensaltersstufe 37, die einen Gleichheitsverstoß indizierte (vgl. BVerfG 6. November 1984 - 2 BvL 16/83 - zu C I 3 a der Gründe, BVerfGE 68, 237), liegt damit nicht vor.
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(1) Ein lediger Angestellter der Lebensaltersstufe 39, der in dieselbe Vergütungsgruppe wie die Klägerin eingruppiert war, wurde mit einem Vergleichsentgelt von 3.165,83 Euro in den TVöD übergeleitet, weil in sein Vergleichsentgelt nur der Ortszuschlag der Stufe 1 eingeflossen war. Er kam damit wie die Klägerin in eine Zwischenstufe zwischen den Stufen 3 und 4 der Entgeltgruppe 11. Sein Einkommen hätte sich deshalb in der neuen Entgeltstruktur des TVöD ebenso wie das der Klägerin entwickelt.
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(2) In zahlreichen anderen Konstellationen wurden die Angestellten der Lebensaltersstufe 37 und 39 nach ihrer Eingliederung in die Entgeltstruktur des TVöD aus derselben Stufe vergütet. Beispielhaft seien hier genannt (die Beispiele sind sämtlich für Angestellte gebildet, bei denen der Ortszuschlag der Stufe 2 ins Vergleichsentgelt eingeflossen war):
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Angestellte der Vergütungsgruppe III ohne ausstehenden Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 11 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 3.432,04 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 3.527,57 Euro erhielten, der Stufe 5 der Entgeltgruppe 11 mit einem Entgelt von 3.635,00 Euro zugeordnet.
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Angestellte der Vergütungsgruppe III mit ausstehendem Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 12 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 3.432,04 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 3.527,57 Euro erhielten, der Stufe 4 der Entgeltgruppe 12 mit einem Entgelt von 3.550,00 Euro zugeordnet.
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Angestellte der Vergütungsgruppe IV a ohne ausstehenden Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 10 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 3.185,33 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 3.272,73 Euro erhielten, der Stufe 5 der Entgeltgruppe 10 mit einem Entgelt von 3.380,00 Euro zugeordnet.
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Angestellte der Vergütungsgruppe IV b mit ausstehendem Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 10 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 2.889,82 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 2.959,13 Euro erhielten, der Stufe 4 der Entgeltgruppe 10 mit einem Entgelt von 3.000,00 Euro zugeordnet.
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Angestellte der Vergütungsgruppe IV b ohne ausstehenden Bewährungsaufstieg wurden im TVöD der Entgeltgruppe 9 zugeordnet. Angestellte der Lebensaltersstufe 37 wurden mit einem Vergleichsentgelt von 2.889,82 Euro am 1. Oktober 2007 ebenso wie Angestellte der Lebensaltersstufe 39, die ein Vergleichsentgelt von 2.959,13 Euro erhielten, der Stufe 5 der Entgeltgruppe 9 mit einem Entgelt von 2.980,00 Euro zugeordnet.
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cc) Allerdings lassen sich Beispiele, in denen seit der Zuordnung zu einer regulären Stufe einer Entgeltgruppe im TVöD erhebliche Entgeltdifferenzen vorlagen, die deutlich über die bis zur Einführung des TVöD vorliegenden hinausgingen, zahlreich finden.
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(1) Zu derartigen Differenzen in der Einkommensentwicklung im TVöD kam es insbesondere immer dann, wenn das Vergleichsentgelt des einen Angestellten bei der Überleitung knapp unter der nächsthöheren regulären Stufe einer Entgeltgruppe lag, während ein Angestellter mit anderem Familienstand oder einer anderen Lebensaltersstufe einer individuellen Zwischenstufe derselben Entgeltgruppe zugeordnet war, aus der er eine Vergütung erhielt, die zumindest geringfügig über dem nach der nächstniedrigeren regulären Stufe zu zahlenden Entgelt lag. In diesen Fällen wurden die beiden Angestellten unterschiedlichen Stufen ihrer Entgeltgruppe zugeordnet (vgl. BAG 30. Oktober 2008 - 6 AZR 682/07 - BAGE 128, 210, dort führte allein die Berechnung des Vergleichsentgelts mit dem Ortszuschlag der Stufe 1 statt dem gekürzten Ortszuschlag der Stufe 2 seit dem 1. Oktober 2007 zu einer monatlichen Entgeltdifferenz von 450,00 Euro). Diese Differenzen konnten sich, wie der Fall der Klägerin zeigt, bei Höhergruppierungen fortsetzen oder sogar vergrößern.
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(2) Vorübergehende Entgeltnachteile konnten sich auch in den Fällen ergeben, in denen die Tarifvertragsparteien bei der Zuordnung zu den Entgeltgruppen nach der Anlage 2 zum TVÜ-Bund danach differenziert hatten, ob noch ein Bewährungsaufstieg möglich war. In diesen Fällen wurden die Angestellten bei identischen persönlichen Verhältnissen mit einem gleich hohen Vergleichsentgelt verschiedenen Entgeltgruppen zugeordnet. Aufgrund der Tabellenstruktur des TVöD konnte dies bei der Zuordnung zu den regulären Stufen der Entgelttabelle dazu führen, dass ein Angestellter, der einer niedrigeren Entgeltgruppe zugeordnet worden war, vorübergehend ein höheres Entgelt erhielt als der Angestellte einer höheren Entgeltgruppe. Zu derartigen Nachteilen kam es immer dann, wenn der Angestellte in der niedrigeren Entgeltgruppe in eine Stufe gekommen war, der die Tarifvertragsparteien ein höheres Entgelt zugeordnet hatten als der nächstniedrigeren Stufe in der höheren Entgeltgruppe. Das war zB, wie die Klägerin zutreffend anführt, in der Vergütungsgruppe IV a BAT der Fall. Ein Angestellter, der in eine Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe eingruppiert war, aus der kein Bewährungsaufstieg in die Vergütungsgruppe III BAT möglich war, wurde in die Entgeltgruppe 10 eingruppiert, während der Angestellte, der noch einen Bewährungsaufstieg vor sich hatte, in die Entgeltgruppe 11 eingeordnet wurde. Beide Angestellten waren mit einem Vergleichsentgelt von 3.185,33 Euro in den TVöD übergeleitet worden, sofern der Ortszuschlag der Stufe 2 in dieses eingeflossen war. Mit diesem Vergleichsentgelt wurde der Angestellte in der Entgeltgruppe 10 am 1. Oktober 2007 der Stufe 5 dieser Entgeltgruppe mit einem Entgelt von 3.380,00 Euro zugeordnet, während der Angestellte in der Entgeltgruppe 11 in die Stufe 4 dieser Entgeltgruppe kam und daraus ein Entgelt von 3.200,00 Euro erhielt. Erst mit dem weiteren Aufstieg in die Entgeltgruppe 11 Stufe 5 erzielte dieser Angestellte einen höheren Verdienst (zu vergleichbaren Konstellationen bei Höhergruppierungen im TVöD vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1; zum TV-V vgl. 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - EzTöD 600 TV-V § 5 Stufenzuordnung Nr. 4).
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dd) Derartige Entgeltnachteile, wie sie auch die Klägerin erlitten hat, folgen jedoch nicht mehr aus der lebensaltersbezogenen Grundvergütung im BAT, sondern aus den von den Tarifvertragsparteien den einzelnen Stufen der unterschiedlichen Entgeltgruppen des TVöD zugeordneten Beträgen. Die Rügen der Klägerin zielen damit im Ergebnis auf das tarifliche Entgeltgefüge. Den staatlichen Gerichten ist wegen der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie ein Eingriff in dieses Entgeltgefüge jedoch weitgehend verwehrt. Die autonome vergütungsrechtliche Bewertung einzelner Tätigkeiten ist integraler Bestandteil der Tarifautonomie. Der Möglichkeit staatlicher Gewalt einschließlich der Judikative, den Tarifvertragsparteien in diesem Bereich Vorgaben zu machen, sind enge Grenzen gezogen. Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen. Das schließt auch die Befugnis zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 45, EzTöD 600 TV-V § 5 Stufenzuordnung Nr. 4).
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(1) Die Grenzen der autonomen Entgeltfindung der Tarifvertragsparteien sind hier trotz der erheblichen nachteiligen finanziellen Folgen der neuen Entgeltstruktur für die Klägerin noch nicht überschritten. Eine systematische Bevorzugung einzelner Beschäftigtengruppen lässt sich nicht feststellen. Insbesondere wird die von der Klägerin herangezogene Lebensaltersstufe 39 des BAT, wie ausgeführt, nicht durchgehend gegenüber den Angestellten der Lebensaltersstufe 37 begünstigt.
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(2) Die von den Tarifvertragsparteien den einzelnen Entgeltgruppen und -stufen zugeordneten Entgeltbeträge entfalten mit ihrer Absolutheit letztlich dieselbe Wirkung wie Stichtagsregelungen: Die Arbeitnehmer stiegen mit der im BAT erreichten Vergütung in das Entgeltsystem des TVöD ein. Ausgehend von dieser Basis entwickelte sich ihr Einkommen in der neuen Struktur. Ohne derartige Grenzziehungen ist die Umstellung eines Vergütungssystems aber nicht denkbar und nicht durchführbar (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 22, AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1). Solche Grenzen bringen unvermeidbar Härten für solche Arbeitnehmer mit sich, die wie die Klägerin die Voraussetzungen für eine Vergütung aus höheren Stufen wiederholt knapp verfehlen. Solche Härten sind jedoch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die Grenzziehung notwendig ist und sich die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und damit sachlich vertretbar ist (vgl. BVerfG 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - zu C II 3 der Gründe, BVerfGE 117, 272). Dies ist vorliegend aus den genannten Gründen der Fall.
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ee) Hätten die Tarifvertragsparteien die geschilderten Härten in der Einkommensentwicklung auch bei Vergütungen, die im Zeitpunkt der Überleitung in den TVöD gleich hoch waren oder nur geringfügig differierten, vermeiden wollen, wäre dies nur durch ein noch komplizierteres, noch ausdifferenzierteres und noch schwerer zu handhabendes Regelungswerk möglich gewesen. Abgesehen davon, dass auch ein solches Regelungswerk wiederum Härten, wenn auch für andere Personengruppen, entfaltet hätte, durften die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung des TVöD die Handhabbarkeit des neuen Entgeltsystems bedenken. Sie durften deshalb von Differenzierungen absehen, die ihrem Ziel, ein neues, von den bisherigen für die Vergütung maßgeblichen Kriterien losgelöstes Entgeltsystem zu schaffen, entgegenstanden (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 29 f., AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1; BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 22/93 - zu B I 4 a der Gründe, BVerfGE 97, 186). Auch eine Härtefallregelung für Fälle wie den der Klägerin mussten die Tarifvertragsparteien nicht treffen (vgl. BAG 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 34, AP TVÜ § 6 Nr. 1 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 6 Nr. 1).
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III. Die Rüge, die Klägerin werde gegenüber den Arbeitnehmern benachteiligt, die aus „taktischen Gründen“ so lange in der Stufe 4 der Entgeltgruppe 11 „verblieben“, bis sie in die Stufe 5 dieser Entgeltgruppe aufstiegen und damit einen Entgeltvorteil erzielten, der noch dadurch vergrößert werde, dass sie den Strukturausgleich (weiterhin) erhielten, verfängt nicht. Der Entgeltnachteil erwächst aus den Beträgen, die die Tarifvertragsparteien den einzelnen Stufen der Entgeltgruppen zugeordnet haben. Diese Zuordnung ist, wie ausgeführt, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Im übrigen ergeben sich die angeführten Entgeltnachteile aus einer freiwilligen Entscheidung der Klägerin, der es nicht verwehrt gewesen wäre, ebenso zu „taktieren“ wie die von ihr angeführten Arbeitnehmer.
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IV. Auch die Rüge, die Tarifvertragsparteien hätten eine Besitzstandsregelung hinsichtlich der Regelung in § 27 Abschn. A Abs. 3 Satz 1 BAT treffen müssen, verhilft der Klage nicht zum Erfolg. Nach dieser Bestimmung war bei bestimmten Höhergruppierungen zu prüfen, ob sich eine günstigere Lebensaltersstufe ergab, wenn davon ausgegangen wurde, dass der Angestellte seit seiner Einstellung in die höhere Vergütungsgruppe eingruppiert gewesen war. Mit ihrer Argumentation strebt die Klägerin den Fortbestand von für sie vorteilhaften Teilen des altersbezogenen Vergütungssystems des BAT an, dessen altersdiskriminierende Wirkung sie andererseits geltend macht. Dies ist widersprüchlich.
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V. Soweit die Klägerin Nachteile beim Strukturausgleich angesprochen hat, sind diese vom Streitgegenstand nicht umfasst.
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D. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision einschließlich des Zwischenverfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu tragen.
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Fischermeier
Brühler
Spelge
Uwe Zabel
Matiaske
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.