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| Die Beteiligten streiten im Wege der einstweiligen Verfügung über die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern von Kosten sowie von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung zur Teilnahme an einer Seminarveranstaltung. |
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| Der Antragsteller und Beteiligte zu 1. ist der in der Filiale K. der Beteiligten zu 5. gebildete Betriebsrat. Die Beteiligten zu 2., 3. und 4. sind Betriebsratsmitglieder. Die Beteiligte zu 5. ist ein bundesweit tätiges Unternehmen im Textileinzelhandel mit ca. 4.500 Mitarbeitern in über 80 Filialen in Deutschland. |
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| Die Beteiligte zu 5. beabsichtigt unstreitig, unternehmensweit in ihren Filialen die sogenannte "Radio Frequency Identification-Technik (RFID-Technik)" einzuführen. Die Technik dient der Verfolgung von Warenströmen vom Lager in die Filiale und zurück und dokumentiert dabei Artikel, Bestände und Bedarf. Die Technik wird im Rahmen eines Testlaufs in einer H. Filiale derzeit eingesetzt. Über die einzelnen konkreten Auswirkungen der einzusetzenden RFID-Technik sind die Beteiligten im Streit. Der Beteiligte zu 1. bezeichnet das RFID-System als "Rationalisierungsungeheuer" (Abl. 72). |
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| Wegen des - zwischen dem Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 5. unstreitig - bestehenden Mitbestimmungsrechts des Gesamtbetriebsrats der Beteiligten zu 5. gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hinsichtlich der beabsichtigten Einführung des RFID-Systems wurde nach Angaben der Beteiligten eine Einigungsstelle gebildet, die derzeit tätig ist. |
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| Der Beteiligte zu 1. vertritt die Auffassung, dass mit der Einführung des RFID-Systems eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG stattfinde, was die Beteiligte zu 5. rechtlich anders beurteilt. Durch den Gesamtbetriebsrat der Beteiligten zu 5 wurde - aufgrund dessen Annahme, die beabsichtigte Einführung der RFID-Technik stelle eine Betriebsänderung dar - ein Einigungsstellenbesetzungsverfahren zur Bildung einer Einigungsstelle über Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen beim Arbeitsgericht Hamburg eingeleitet. Nach Angaben der Beteiligten im hiesigen Verhandlungstermin findet am 05.04.2016 beim Arbeitsgericht Hamburg die mündliche Anhörung der Beteiligten im Rahmen des Einigungsstellenbesetzungsverfahrens statt. |
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| Der Gesamtbetriebsrat der Beteiligten zu 5. hat am 04.02.2016 bei der Beteiligten zu 5. per E-Mail beantragt, ein Spezialseminar zum Thema "Betriebsänderung bei Einführung von RFID, Interessenausgleich und Sozialplan“, wegen dessen konkreten geplanten Seminarinhalten auf Anlage AG 3 (Abl. 156 ff.) Bezug genommen wird, besuchen zu dürfen. Die Beteiligte zu 5. hat mit E-Mail vom 11.02.2016 (Abl. 161, Anlage AG 4) die Kostenfreigabe für das beantragte Seminar abgelehnt. |
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| Mit E-Mail vom 12.02.2016 hat der Gesamtbetriebsrat der Beteiligten zu 5. mitgeteilt, dass aufgrund der Ablehnung sehr viel mehr Kosten entstehen würden, weil nun die Betriebsratsmitglieder das Seminar einzeln auf Betriebsratsebene buchen wollten. Der Mehraufwand und das damit verbundene Geld seien in einem Sozialplan in den zu schließenden Filialen sehr viel besser aufgehoben (Anlage AG 5, Abl. 164). |
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| Mit Beschluss vom 23.02.2016 hat der Beteiligte zu 1. beschlossen, die Beteiligten zu 2., 3. und 4. zu einem Seminar mit dem Thema: "Betriebsänderung durch die flächendeckende Einführung von RFID" der A. GmbH in N. zu entsenden. Der Beschluss wurde der Beteiligten zu 5. mit Schreiben vom 24.02.2016 zur Kenntnis gereicht. Es wurde um eine Antwort bis spätestens 02.03.2016 gebeten. Die Beteiligte zu 5. hat mit Schreiben vom 26.02.2016 mitgeteilt, dass die Schulungsmaßnahme nicht freigegeben werde und nicht für erforderlich gehalten werde (Abl. 111, Anlage 9). |
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| Der Beteiligte zu 1. sowie die Beteiligten zu 2., 3. und 4. vertreten die Auffassung, es bestehe zwar kein Rechtsanspruch auf Zustimmung oder Abgabe einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers zur Teilnahme an einer erforderlichen Schulungsmaßnahme für Betriebsratsmitglieder. Da die Betriebsratsmitglieder Gefahr liefen, aufgrund ihres Fehlens bei der beruflichen Tätigkeit keine Vergütung zu erhalten, wegen unentschuldigten Fehlens abgemahnt zu werden und die entstehenden Kosten für die Schulungsunterbringung und Fahrt selbst zahlen zu müssen, sei aber der Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlich, um das Teilnahmerecht an der Schulungsmaßnahme hinreichend zu sichern. |
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| Die Schulungsmaßnahme sei auch erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG. Nach Kenntnis des Beteiligten zu 1. werde die Einführung des RFID-Systems zu einer Änderung des Arbeitsmethoden und der Fertigungsverfahren für jede Filiale der Beteiligten zu 5. in Deutschland |
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| führen und eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation im Sinne des § 111 Satz 3 Ziff. 4 BetrVG nach sich ziehen. Aufgrund der durch die RFID-Technik verschlankten Arbeitsabläufe sei mit Personalabbau zu rechnen. Zwar fehle die Zuständigkeit für die Verhandlungen eines Interessenausgleichs und Sozialplans der örtlichen Betriebsräte. Diese würden jedoch die Auswirkungen in der Filiale zu spüren bekommen. Eine Schulung zu dem RFID-System und seinen betriebsverfassungsrechtlich relevanten Auswirkungen sei daher unerlässlich. Auch hätten die Beteiligten zu 2., 3. und 4. bisher noch keinerlei Schulung in Anspruch genommen. |
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| Die Schulungskosten seien schließlich angemessen und mit der Größe und Leistungsfähigkeit der Beteiligten zu 5. in Einklang zu bringen. |
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| Der Beteiligte zu 1. beantragt: |
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| 1. Der Beteiligten zu 5. wird aufgegeben, den Antragsteller von den durch die Teilnahme des Beteiligten zu 2. an dem Seminar "Betriebsänderung durch die Einführung von RFID (Radio Frequency Identification)" des Seminaranbieters A. GmbH vom 13.04.2016 bis 15.04.2016 in N. entstehenden Schulungskosten in Höhe von 550,00 EUR zzgl. MwSt. und Übernachtungskosten in Höhe von 220,00 EUR sowie Reiskosten für ein Zugticket (Hin- und Rückfahrt) der Deutschen Bahn, 2. Klasse, freizustellen. |
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| 2. Der Beteiligten zu 5. wird aufgegeben, den Beteiligten zu 2. für den Besuch der Schulungsveranstaltung zum Thema "Betriebsänderung durch die Einführung von RFID (Radio Frequency Identification)" des Seminaranbieters A. GmbH vom 13.04.2016 bis 15.04.2016 in N. unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen. |
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| 3. Der Beteiligten zu 5. wird aufgegeben, den Antragsteller von den durch die Teilnahme des Beteiligten zu 3. an dem Seminar "Betriebsänderung durch die Einführung von RFID (Radio Frequency Identification)" des Seminaranbieters A. GmbH vom 13.04.2016 bis 15.04.2016 in N. entstehenden Schulungskosten in Höhe von 550,00 EUR zzgl. MwSt. und Übernachtungskosten in Höhe von 220,00 EUR sowie Reiskosten für ein Zugticket (Hin- und Rückfahrt) der Deutschen Bahn, 2. Klasse, freizustellen. |
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| 4. Der Beteiligten zu 5. wird aufgegeben, den Beteiligten zu 3. für den Besuch der Schulungsveranstaltung zum Thema "Betriebsänderung durch die Einführung von RFID (Radio Frequency Identification)" des Seminaranbieters A. GmbH vom 13.04.2016 bis 15.04.2016 in N. unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen. |
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| 5. Der Beteiligten zu 5. wird aufgegeben, den Antragsteller von den durch die Teilnahme des Beteiligten zu 4. an dem Seminar "Betriebsänderung durch die Einführung von RFID (Radio Frequency Identification)" des Seminaranbieters A. GmbH vom 13.04.2016 bis 15.04.2016 in N. entstehenden Schulungskosten in Höhe von 550,00 EUR zzgl. MwSt. und Übernachtungskosten in Höhe von 220,00 EUR sowie Reiskosten für ein Zugticket (Hin- und Rückfahrt) der Deutschen Bahn, 2. Klasse, freizustellen. |
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| 6. Der Beteiligten zu 5. wird aufgegeben, den Beteiligten zu 4. für den Besuch der Schulungsveranstaltung zum Thema "Betriebsänderung durch die Einführung von RFID (Radio Frequency Identification)" des Seminaranbieters A. GmbH vom 13.04.2016 bis 15.04.2016 in N. unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen. |
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| Die Beteiligte zu 5. beantragt |
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| die Anträge zurückzuweisen. |
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| Die Beteiligte zu 5. hält die Anträge für unzulässig und auch unbegründet. |
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| Den Anträgen fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der beantragten Freistellung von den zu erwartenden Kosten könne die Abgabe einer Willenserklärung nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren durchgesetzt werden. Zugleich setze ein Kostenfreistellungsanspruch eine bestehende Zahlungsverbindlichkeit voraus, die aufgrund einer bindenden Anmeldung bislang noch nicht vorliege. |
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| Den Anträgen auf Freistellung von der Arbeitsleistung fehle es am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis, weil Betriebsratsmitglieder nicht die Zustimmung ihres Arbeitgebers zur Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung verlangen könnten. |
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| Die Anträge seien auch unbegründet, da weder Verfügungsanspruch noch Verfügungsgrund gegeben seien. |
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| Die beantragte Fortbildungsveranstaltung sei nicht gemäß § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG erforderlich. Die Vermittlung von Kenntnissen über Betriebsänderung, Interessenausgleich und Sozialplan anlässlich der Einführung von RFID sei für die Beteiligten zu 2., 3. und 4. als örtliche Betriebsräte nicht erforderlich, da der Gesamtbetriebsrat für die Verhandlungen zuständig sei. Unabhängig davon liege auch keine Betriebsänderung vor. |
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| Da durch den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung die Vorwegnahme der Hauptsache drohe, bestehe auch kein Verfügungsgrund. Der Beteiligte zu 1. wolle das bestehende |
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| Risiko bei Verwirklichung seiner vermeintlichen Ansprüche über das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Beteiligten zu 5. aufbürden. Überdies sei aufgrund der selbstgeschaffenen Zeitnot durch die konkret auf die Verhältnisse bei der Beteiligten zu 5. bezogene Seminarveranstaltung und deren Terminierung auf den 13.04.2016 der Verfügungsgrund treuwidrig selbst geschaffen worden. Bei Stattgabe der einstweiligen Verfügung drohe hingegen irreversibler Rechtsverlust der Beteiligten zu 5. |
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| Schließlich liege hinsichtlich der Kostenfreistellungsanträge ein Verfügungsgrund nur dann vor, wenn dargelegt und glaubhaft gemacht werde, dass das jeweilige Betriebsratsmitglied die Kosten selbst nicht verauslagen könne. Dies sei vorliegend jedoch nicht geschehen. |
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| Im Übrigen wird auf den Sachvortrag der Beteiligten in den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 23.03.2016 Bezug genommen. |
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| Die Kammer hat den Rechtsstreit am 23.03.2016 entschieden. |
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| Die Anträge vom 16.03.2016 waren zurückzuweisen. |
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| 1. Das Arbeitsgericht Lörrach - Kammern Radolfzell - war für die Entscheidung des Rechtsstreits im Rechtsweg wie auch örtlich zuständig, §§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 1, 82 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. |
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| 2. Die Anträge vom 16.03.2016 wurden für zulässig erachtet. |
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| Die von der Beteiligten zu 5. im Rahmen des angenommenen Fehlens eines Rechtschutzbedürfnisses angebrachten Argumente sind aus Sicht des Gerichts bei der Prüfung des Verfügungsanspruchs oder Verfügungsgrundes, jedenfalls bei der Begründetheit der Anträge anzubringen. Zutreffend führt die Beteiligte zu 5. zwar aus, das Rechtsschutzbedürfnis fehle, wenn der Beteiligte zu 1. an der begehrten Verfügung kein schutzwürdiges Interesse haben könne. Dies sei bei objektiv sinnlosen Anträgen der Fall, die nicht im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens durchgesetzt werden können. Vorliegend betrifft die Frage, ob Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung zur Kostenfreistellung oder Abgabe einer "Freistellungserklärung" von der Arbeitsleistung durch die Beteiligte zu 5. im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes verlangt werden kann, die Frage des Bestehens eines Verfügungsgrundes beziehungsweise Verfügungsanspruchs. Das Rechtschutzbedürfnis eines Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz fehlt aber nicht bereits dann, wenn dem Antrag kein Verfügungsanspruch oder Verfügungsgrund zur Seite steht. Vielmehr kann das Fehlen eines Rechtschutzbedürfnisses (selbst bei gegebenenfalls bestehenden Verfügungsansprüchen oder -gründen) nur angenommen werden, wenn gerade die Inanspruchnahme von Rechtsschutz zur Durchsetzung vermeintlicher Ansprüche inadäquat oder ohne objektiv nachvollziehbares Interesse erfolgt. In diesen Fällen wären gestellte Anträge rechtlich unzulässig. Vorliegend ist jedoch die Frage der Begründetheit der Anträge zu prüfen gewesen. |
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| 3. Die Anträge vom 16.03.2016 waren als unbegründet zurückzuweisen. |
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| a) Den Anträgen Nr. 2, 4 und 6 (alle gerichtet auf Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts) steht der erforderliche Verfügungsanspruch nicht zur Seite. Es besteht keine Anspruchsgrundlage. |
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| aa) Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Verpflichtung der Beteiligten zu 5., die Beteiligten zu 2., 3. und 4 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen, ist insbesondere nicht § 37 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 BetrVG. |
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| Die Beteiligte zu 5. hat zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung nach nahezu einhelliger Auffassung in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und arbeitsrechtlichen Literatur nicht im Rahmen des § 37 Abs. 2 und 6 BetrVG besteht. Vielmehr liegt es in der Entscheidungskompetenz des Betriebsrats, über die Erforderlichkeit der Teilnahme seiner Mitglieder an Schulungsveranstaltungen gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG nach pflichtgemäßem Ermessen zu befinden (vgl. z.B. Fitting, BetrVG, § 37 Rn. 231 ff.). Widerspricht der Arbeitgeber der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung, weil er die Auffassung vertritt, dass keine für die Betriebsratsarbeit erforderlichen Kenntnisse vermittelt werden, genügt es, dass sich das Betriebsratsmitglied bei seinem Vorgesetzten ordnungsgemäß abmeldet, bevor es (dennoch) an einer erforderlichen Schulungsmaßnahme teilnimmt (Fitting, BetrVG § 37 Rn. 250 m.w.N.). Betriebsratsmitglieder bedürfen daher nicht einer Freistellungserklärung des Arbeitgebers, um an einer ordnungsgemäß durch den Betriebsrat beschlossenen und erforderlichen Schulung im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG teilzunehmen (BAG 30.01.1973, 1 ABR 1/73, juris; BAG 15.03.1995, 7 AZR 643/94, juris, zu Betriebsratstätigkeiten außerhalb von Schulungen; LAG Hamm 21.05.2008, 10 TaBVGa 7/08, juris; Arbeitsgericht Ulm, 12.01.2005, 7 BVGa 1/05, juris; Natter/Gross/Roos, ArbGG, § 85 Rn. 44 m.w.N.). Der Arbeitgeber löst dadurch, dass er die Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung für die Betriebsräte bestreitet, keine Teilnahmesperre aus. Ist die Teilnahme erforderlich, entfällt automatisch die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds zur Arbeitsleistung; ist sie es nicht, bleibt die Verpflichtung bestehen (LAG Hamm a.a.O.). Für einen Anspruch auf "Freistellung von der Arbeitsleistung" durch Erklärung des Arbeitgebers ist insoweit kein Raum. |
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| bb) Der "Freistellung" durch Erlass eines Urteils käme vor diesem rechtlichen Hintergrund nur die Wirkung eines Feststellungstenors zu, in welchen die Anträge gegebenenfalls auch mangels Anspruch auf "Freistellung" umgedeutet werden könnten. Im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens wäre die beantragte Feststellung der Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme bzw. des Teilnahmerechts der Betriebsräte an dieser vom erforderlichen Feststellungsinteresse getragen. Im Falle der Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme könnte diese mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten festgestellt werden, um die gem. § 37 BetrVG daraus folgenden rechtlichen Wirkungen zu klären. |
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| Die (vorläufige) Feststellung der Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme im einstweiligen Rechtsschutz ist jedoch stets unzulässig, da nicht vom (auch im einstweiligen Rechtsschutz erforderlichen) notwendigen Feststellungsinteresse getragen (vgl. Natter/Gross/Roos a.a.O. m.w.N.). Zwar mag im Anschluss an ein durch das Arbeitsgericht im vorläufigen Rechtsschutz festgestelltes Rechtsverhältnis ein "hohes Maß an Rechtssicherheit, dass die Schulungsteilnahme rechtmäßig und eine Sanktion nicht zu befürchten ist" bestehen, wie der Beteiligte zu 1. meint. Es besteht aber, wie der Beteiligte zu 1. ebenfalls zutreffend meint, in diesen Fällen immer noch keine Rechtssicherheit für das Hauptsacheverfahren, lediglich eine Wahrscheinlichkeit. Es ist hingegen nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, Wahrscheinlichkeiten für den Ausgang der Hauptsacheverfahren rechtsgutachterlich vorherzusagen, sondern drohende Rechtsnachteile durch vorläufig regelnde Verfügungen zu vermeiden. Einer im Eilverfahren durch das Arbeitsgericht beschlossenen (vorläufigen) Feststellung der Erforderlichkeit einer Schulungsmaßnahme würde keine präjudizielle Wirkung für das Hauptsacheverfahren zukommen. Vielmehr könnte sich stets und im Einzelfall durch die umfangreicheren Erkenntnismöglichkeiten im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an der streitigen Schulungsveranstaltung tatsächlich nicht erforderlich gewesen ist (vgl. LAG Hamm a.a.O.). Die Qualität der Rechtssicherheit durch eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz über den Feststellungsantrag käme daher nicht über die ebenfalls erreichbare Qualität einer außergerichtlichen Rechtsberatung zu diesem Thema für den Betriebsrat hinaus. Ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO läge einem solchen Feststellungsantrag im einstweiligen Rechtsschutz daher nicht zugrunde. |
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| Die Auslegung der hier gestellten Anträge in diesem Sinne verbietet sich daher. Es ist nicht anzunehmen, dass der Beteiligte zu 1. unzulässige Anträge stellen wollte, zumal die rechtliche Problematik durch den Beteiligten zu 1. in der Antragsschrift angesprochen wurde. |
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| cc) Letztlich gibt die Kammer zu bedenken, dass sich die Annahme der Möglichkeit einer im einstweiligen Rechtsschutz zu erlangenden (vorläufigen) "Freistellungserklärung" durch den Arbeitgeber bei Schulungsmaßnahmen für Betriebsräte im allgemeinen gegen die rechtlich geschützten und legitimen Interessen der Betriebsräte wenden dürfte. Wie dargestellt, sind Betriebsräte gemäß § 37 Abs. 6 i.V.m. Abs. 2 BetrVG nicht verpflichtet, eine irgendwie geartete Zustimmungserklärung des Arbeitgebers zur Teilnahme an erforderlicher Betriebsratstätigkeit oder Schulung einzuholen. Bestünde - wie nicht - die Möglichkeit, dies zuvor durch vorläufigen Rechtsschutz der Arbeitsgerichte klären zu lassen, müssten Betriebsräte in Zweifelsfällen wohl auch auf die Inanspruchnahme dieses Rechtsschutzes verwiesen werden, bevor sie sich eigenmächtig zur Durchführung der Betriebsratstätigkeit entscheiden. Bei der Prüfung etwaiger individualrechtlicher Sanktionen (Abmahnung, Kündigung) von Betriebsratsmitgliedern wegen vom Arbeitgeber angenommener zu Unrecht erfolgter und nicht erforderlicher Betriebsratstätigkeit würde es Betriebsräten dann zum Nachteil gereichen, die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nicht genutzt zu haben. Dies widerspricht jedoch der gesetzgeberischen Konzeption des § 37 BetrVG. Hiernach sollen Betriebsratsmitglieder innerhalb eines eigenen, objektiv vertretbaren Ermessensspielraums selbst entscheiden dürfen, ob die Durchführung bestimmter Betriebsratstätigkeiten oder Schulungen erforderlich ist oder nicht. Sie sollen hingegen nicht zur Absicherung im Zweifel stets vorläufigen Rechtsschutz der Arbeitsgerichte in Anspruch nehmen müssen. |
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| b) Selbst bei Unterstellung der Möglichkeit, einen Verfügungsanspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung für die streitige Schulungsmaßnahme geltend machen zu können, stünde den Anträgen Ziffer 2, 4 und 6 nicht der erforderliche Verfügungsgrund zur Seite, §§ 85 Abs. 2 ArbGG, 940 ZPO. |
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| Die Beteiligten zu 2., 3. und 4. möchten sich laut ihrer Anträge über die rechtlichen Voraussetzungen und Folgewirkungen einer Betriebsänderung fortbilden lassen. Sie gehen dabei davon aus, dass die Einführung des RFID-Systems in den Betrieben der Beteiligten zu 5. eine Betriebsänderung darstellt. Das vom Beteiligten zu 1. und von den Beteiligten zu 2. bis 4. vorgelegte Programm der A. GmbH widmet sich dem Thema "Einführung von RFID" lediglich und ausschließlich vor dem Hintergrund des Rechtsbegriffs der wirtschaftlichen Angelegenheiten und der Betriebsänderung sowie des Interessenausgleichs und Sozialplans, wie das auf Aktenblatt 106 ff. vorgelegte Seminarprogramm zeigt. |
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| Zugleich ist zwischen den Beteiligten jedoch streitig und auch für das erkennende Gericht nicht vorläufig einzuschätzen, ob die von der Beteiligten zu 5. befürwortete Einführung des RFID-Systems die Rechtsqualität einer Betriebsänderung erreicht. Hierüber wird zwischen den Beteiligten ein Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Hamburg geführt, der noch nicht abgeschlossen ist. Zugleich ist zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Beteiligten zu 5. eine Einigungsstelle zur Einführung des RFID-Systems gebildet, die die nähere technische Ausgestaltung vor dem Hintergrund des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG behandelt. Es kann daher zum derzeitigen Zeitpunkt weder feststehen, in welcher konkreten Form das RFID-System eingeführt wird (Einigungsstellenverfahren), noch ob der Einführung des RFID-Systems die Qualität einer Betriebsänderung überhaupt zukommen wird (Einigungsstellenbesetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg) und gegebenenfalls eigene Zuständigkeitsprüfung einer eingesetzten Einigungsstelle. |
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| Weshalb gleichwohl in Abstimmung mit dem Seminaranbieter durch den Beteiligten zu 1. und die Beteiligten zu 2. bis 4. ein Schulungstermin bereits ab dem 13.04.2016 stattfinden soll und damit Eilbedürftigkeit im Sinne eines Verfügungsgrundes zum Erlass einer vorläufigen Regelung bestehen soll, erschließt sich in Anbetracht der noch nicht feststehenden tatsächlichen Verhältnisse, über deren rechtliche Auswirkungen aber geschult werden soll, nicht. Ein Verfügungsgrund wäre insoweit auch nicht gegeben. |
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| c) Die Anträge Ziffer 1, 3 und 5 auf Freistellung von Schulungs- und Reisekosten sind ebenfalls unbegründet, da vom erforderlichen Verfügungsgrund nicht getragen, § 85 Abs. 2 ArbGG, 940 ZPO. |
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| Der Anspruch auf Kostenfreistellung gegenüber einem Seminaranbieter kann nicht im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden, denn es handelt sich hierbei um eine Willenserklärung, die nur durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann, § 894 Abs. 1 ZPO (Korinth, einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, K Rn. 42). Einer vorläufigen Regelung im einstweiligen Rechtsschutz käme daher keine rechtsgestaltende Wirkung zu. |
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| Auch die Auslegung der Anträge auf Zahlung eines Kostenvorschusses ist nicht möglich. Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob eine entsprechende Auslegung vom Antragsinteresse des Beteiligten zu 1. getragen ist. Die Rechtsvertreterin des Beteiligten zu 1. hat sich hierzu im Verhandlungstermin vor der Kammer indifferent geäußert. Der Frage war jedoch nicht weiter nachzugehen, da zum anderen als Voraussetzung für die Annahme eines Verfügungsgrundes auf Bezahlung eines Kostenvorschusses die Darlegung erforderlich wäre, dass die betroffenen Betriebsratsmitglieder nicht selbst über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen, um die durch ihre Teilnahme an der Schulungsveranstaltung entstehenden Kosten vorzustrecken (LAG Hamm a.a.O.; LAG Hamm 08.07.2005, 13 TaBV 119/05, juris). Hierzu haben sich der Beteiligte zu 1. und die Beteiligten zu 2., 3. und 4. nicht geäußert, obwohl die Beteiligte zu 5. auf diesen Punkt hingewiesen hat. Im Gegenteil vertreten der Beteiligte zu 1. und die Beteiligten zu 2., 3. und 4. in der Antragsschrift die Auffassung, die Teilnahme am Seminar sei verhältnismäßig günstig. Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass es die Vermögensverhältnisse der Beteiligten zu 2., 3. und 4. nicht zulassen, die erforderlichen Kosten selbst vorzustrecken und die Frage der Kostenerstattung später im Hauptsacheverfahren unter Inanspruchnahme der dort möglichen besseren Erkenntnismöglichkeiten klären zu lassen. |
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| Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei, § 2 Abs. 2 GKG. Eine Kostenentscheidung ist deshalb nicht veranlasst. |
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