Amtsgericht Neuss Beschluss, 26. Feb. 2014 - 45 F 386/13

Gericht
Tenor
Der Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller lebt mit seinem Lebenspartner in eingetragener Lebenspartnerschaft. Im Haushalt des Antragstellers und seines Lebenspartners leben die Tochter K, die am 3.3.2010 in Indien von einer Leihmutter geboren wurde, und die Töchter B und C, die am 25.10.2012 in San Diego ebenfalls von einer Leihmutter geboren wurden. B und C wurden im Wege der künstlichen Befruchtung gezeugt, wobei die Spermazellen vom Antragsteller stammen und die Eizellen von einer dritten Person.
4Bei der Zeugung von B und C wurden in einer Fortpflanzungsklinik in den USA die Eizellen einer Spenderin mit dem Samen des Antragstellers befruchtet. Dabei sind nach den Angaben des Antragstellers neun weitere befruchtete Eizellen entstanden, die bisher keiner Frau eingepflanzt wurden und die als Embryonen derzeit in den USA eingefroren sind.
5Der Antragsteller trägt im Wesentlichen vor, sein Hauptanliegen sei die Lebenserhaltung dieser Embryonen. Sein erklärtes Ziel sei es, diese mindestens zur Geburt zu führen. Das geltende Recht stehe dem entgegen, denn einerseits sei das Leben der Embryonen zu erhalten, andererseits sei für deren Überleben dringend notwendig, dass sie in die natürliche Umgebung eine Austragemutter verbracht würden, was verboten sei. Mit der biologischen Mutter, d.h. der Eizellspenderin, stehe er in gutem Kontakt, diese habe jedoch keinerlei Interesse daran, überhaupt Kinder auszutragen. Zudem habe das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 13.08.2013 im Verfahren 19 K 3153/13 seinen Antrag auf staatliche Inobhutnahme eines der Embryonen durch das Jugendamt abgewiesen und zur Begründung unter anderem sinngemäß darauf hingewiesen, er könne das ungeborene Kind nur gemeinsam mit der Eizellenspende als rechtliche Mutter gemeinsam vertreten.
6Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
7festzustellen, dass er der Vater der - parallel zur Zeugung von B und C - am 23.2.2012 gezeugten „überschüssigen“ Kinder in der embryonalen Phase sei.
8Das Gericht hat den Antragsteller sowie das Jugendamt am Wohnsitz des Antragstellers mündlich angehört. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 26.02.2014 verwiesen.
9II.
10Der Antrag des Antragstellers war zurückzuweisen, denn es fehlt an der Zulässigkeit. Der Antrag auf Vaterschaftsfeststellung ist nicht statthaft.
11Das angerufene Gericht ist gemäß § 100 FamFG international zuständig, denn der Antragsteller als behaupteter Vater ist deutscher Staatsangehöriger und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Unabhängig der Frage, ob die Embryonen Beteiligte eines Abstammungsverfahrens sein können, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus § 170 Abs. 2 FamFG.
12Das für die Prüfung des Antrags maßgebliche materielle Recht wird durch Art. 19 EGBGB bestimmt. Danach bestehen vier untereinander gleichwertige Alternativen zur Bestimmung des Abstammungsstatuts. Grundsätzlich ist danach auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes abzustellen, Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Daneben kann auch das jeweilige Heimatrecht der Mutter oder des Vaters herangezogen werden, Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB. Es gilt das Günstigkeitsprinzip, so dass im Einzelfall diejenige Alternative zu wählen ist, die zur positiven Feststellung einer Abstammung führt (Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 9. Auflage 2013, 15. Kap. Rn.207).
13Im Hinblick darauf, dass der Vater in seinem Schriftsatz vom 24.12.2013 ausdrücklich ausführt, dass für ihn der Aufenthalt der Embryonen in den USA kein hinreichendes Anknüpfungskriterium sei und er vielmehr - dies hatte er auch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zum Ausdruck gebracht - die Embryonen nach Deutschland bringen möchte, weil er hier mit seiner Familie lebe und er aus seiner Sicht für die Embryonen hier am besten die Verantwortung übernehmen könne, erscheint es angemessen, für das Statut zur Feststellung der Abstammung am Heimatrecht des Antragstellers als „Vater“ der Embryonen anzuknüpfen und auf die Abstammungsregelungen des deutschen materiellen Rechts abzustellen.
14Da keine Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB besteht, kommt als Grundlage der begehrten Vaterschaftsfeststellung § 1592 Nr. 3 i.V.m. § 1600d BGB in Betracht.
15Der vorliegende Antrag auf pränatale gerichtliche Vaterschaftsfeststellung ist jedoch nicht statthaft; einen solchen Anspruch kennt das deutsche Familienrecht nicht.
16Die gesetzlichen Regelungen zur Abstammung in den §§ 1591ff. BGB regeln die durch die Geburt vermittelte abstammungsgemäße Zugehörigkeit eines Kindes zu einer bestimmten Frau als Mutter und zu einem bestimmten Mann als Vater (Palandt/Brudermüller, 73. Aufl. 2014, Einf v § 1591 Rn. 1). Grundsätzlich stellen diese Regelungen daher auf die Geburt des Kindes ab. Dementsprechend ist § 1592 BGB nur anzuwenden, wenn das Kind im Zeitpunkt der Vollendung der Geburt gelebt hat (Staudinger/Rauscher, Neubearbeitung 2011, § 1592 Rn. 31).
17Eine Ausnahme hiervon enthält § 1594 Abs. 4 BGB, wonach die Anerkennung der Vaterschaft bereits wirksam vor der Geburt des Kindes erklärt werden kann. Ebenso kann die Zustimmung der Mutter und gegebenenfalls des Kindes, vertreten durch einen Pfleger für die Leibesfrucht (§ 1912 BGB) gemäß § 1595 Abs. 3 i.V.m. § 1594 Abs. 4 BGB bereits vor der Geburt erfolgen. Die Rechtswirkungen dieser pränatalen Vaterschaftsanerkennung treten jedoch erst mit der Vollendung der Geburt eines lebenden Kindes ein (Staudinger/Rauscher, Neubearbeitung 2011, § 1592 Rn. 50, 51; MüKo/Wellenhofer, 6. Aufl. 2012, § 1594 Rn. 41). Auch für den Fall einer Totgeburt, in dem es an einem Rechtssubjekt für eine Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft fehlt, wird die Zulassung der prä- oder postnatalen Vaterschaftsanerkennung zum Zwecke der gemäß § 21 Abs. 2 PStG möglichen Namenseintragung zum Teil befürwortet (vgl. Staudinger/Rauscher, Neubearbeitung 2011, § 1594 Rn. 20 m.w.N.).
18§ 1594 Abs. 4 BGB gilt jedoch nur für die Vaterschaft durch Anerkennung. Hierin liegt eine Ausnahmevorschrift zum Grundsatz, dass eine Vaterschaft nur mit der Vollendung der Geburt eines lebenden Kindes bestehen kann. Wegen dieses Ausnahmecharakters der Vorschrift ist eine analoge Anwendung für Vaterschaftsfeststellunganträge nicht möglich (MüKo/Wellenhofer, 6. Aufl. 2012, § 1594 Rn. 43).
19Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

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Die deutschen Gerichte sind zuständig, wenn das Kind, die Mutter, der Vater oder der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben,
- 1.
Deutscher ist oder - 2.
seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.
(1) Ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(2) Ist die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach Absatz 1 nicht gegeben, ist der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter, ansonsten der des Vaters maßgebend.
(3) Ist eine Zuständigkeit nach den Absätzen 1 und 2 nicht gegeben, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin ausschließlich zuständig.
Vater eines Kindes ist der Mann,
- 1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, - 2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder - 3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
(1) Besteht keine Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2, § 1593, so ist die Vaterschaft gerichtlich festzustellen.
(2) Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Die Vermutung gilt nicht, wenn schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen.
(3) Als Empfängniszeit gilt die Zeit von dem 300. bis zu dem 181. Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluss sowohl des 300. als auch des 181. Tages. Steht fest, dass das Kind außerhalb des Zeitraums des Satzes 1 empfangen worden ist, so gilt dieser abweichende Zeitraum als Empfängniszeit.
(4) Ist das Kind durch eine ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung im Sinne von § 1a Nummer 9 des Transplantationsgesetzes unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater dieses Kindes festgestellt werden.
(5) Die Rechtswirkungen der Vaterschaft können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden.
Vater eines Kindes ist der Mann,
- 1.
der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, - 2.
der die Vaterschaft anerkannt hat oder - 3.
dessen Vaterschaft nach § 1600d oder § 182 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtlich festgestellt ist.
(1) Die Rechtswirkungen der Anerkennung können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung wirksam wird.
(2) Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.
(3) Eine Anerkennung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam.
(4) Die Anerkennung ist schon vor der Geburt des Kindes zulässig.
(1) Im Geburtenregister werden beurkundet
- 1.
die Vornamen und der Geburtsname des Kindes, - 2.
Ort sowie Tag, Stunde und Minute der Geburt, - 3.
das Geschlecht des Kindes, - 4.
die Vornamen und die Familiennamen der Eltern, ihr Geschlecht.
(2) Ist ein Kind tot geboren, so werden nur die in Absatz 1 Nr. 2 bis 4 vorgeschriebenen Angaben mit dem Zusatz aufgenommen, dass das Kind tot geboren ist. Auf Wunsch einer Person, der bei Lebendgeburt des Kindes die Personensorge zugestanden hätte, sind auch Angaben nach Absatz 1 Nr. 1 einzutragen. Hätte die Personensorge bei Lebendgeburt des Kindes beiden Elternteilen zugestanden und führen sie keinen gemeinsamen Familiennamen, so kann ein Familienname für das Kind nur eingetragen werden, wenn sich die Eltern auf den Namen eines Elternteils einigen.
(2a) Bei einer vertraulichen Geburt nach § 25 Absatz 1 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes werden nur die in Absatz 1 Nummer 1 bis 3 vorgeschriebenen Angaben aufgenommen. Die zuständige Verwaltungsbehörde bestimmt die Vornamen und den Familiennamen des Kindes.
(3) Zum Geburtseintrag wird hingewiesen
- 1.
auf die Staatsangehörigkeit der Eltern, wenn sie nicht Deutsche sind und ihre ausländische Staatsangehörigkeit nachgewiesen ist, - 2.
bei einem Kind, dessen Eltern miteinander verheiratet sind, auf deren Eheschließung, - 3.
auf die Beurkundung der Geburt der Mutter und des Vaters, - 4.
auf den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes nach § 4 Absatz 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes, - 5.
auf das Sachrecht, dem die Namensführung des Kindes unterliegt.
(1) Die Rechtswirkungen der Anerkennung können, soweit sich nicht aus dem Gesetz anderes ergibt, erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung wirksam wird.
(2) Eine Anerkennung der Vaterschaft ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.
(3) Eine Anerkennung unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung ist unwirksam.
(4) Die Anerkennung ist schon vor der Geburt des Kindes zulässig.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.