Amtsgericht Neubrandenburg Beschluss, 11. März 2014 - 602 M 961/14

published on 11/03/2014 00:00
Amtsgericht Neubrandenburg Beschluss, 11. März 2014 - 602 M 961/14
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Auf die Erinnerung der Gläubigerin vom 22.1.2014 wird der Kostenansatz des Obergerichtsvollziehers vom 9.1.2014, DR II ... aufgehoben. Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, für die Durchführung des Zwangsvollstreckungsauftrages der Gläubigerin vom 29.11.2013 keine Gebühr für die Übermittlung eines Vermögensverzeichnisses nach Nr. 261 KV GvKostG nebst Entgelte für Zustellungen und Auslagen ( Nr. 701 und 716 KV GvKostG) zu erheben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.

Gründe

1

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Schleswig vom 21.10.2013 wegen einer Gesamtforderung in Höhe von 259,76 €.

2

Mit Schreiben vom 29.11.2013 beauftragte die Gläubigerin den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung sowie der Abnahme der Vermögensauskunft.

3

Der Zwangsvollstreckungsauftrag enthält u.a. folgenden Wortlaut : " Für den Fall, dass Sie feststellen, dass der/die Schuldner/in Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bezieht oder bereits die Vermögensauskunft oder eine eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, nehmen wir den Antrag schon jetzt zurück und bitten mit entsprechendem Hinweis um Rücksendung der Unterlagen an die Gläubigerin. Die Antragsrücknahme beinhaltet naturgemäß den Verzicht auf die Übersendung einer Abschrift des bereits abgegebenen Vermögensverzeichnisses."

4

Der Schuldner hatte die Vermögensauskunft bereits erteilt. Mit Schreiben vom 9.1.2014 informierte der Gerichtsvollzieher die Gläubigerin über die vorliegende Vermögensauskunft, übersandte der Gläubigerin eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses und erhob Kosten in Höhe von insgesamt 60,85 € ( KV Nr. 604 -15,00 €, KV Nr. 261 - 33,00 €, KV Nr. 711 -3,25 €, KV Nr. 716- 9,60 € ).

5

Die Gläubigerin erhob mit Schriftsatz vom 22.1.2014 Erinnerung gegen die in Ansatz gebrachten Kosten gemäß KV Nr. 261 nebst Auslagen und Zustellungsentgelt. Zur Begründung führt die Gläubigerin aus, dass die Übersendung des Vermögensverzeichnisses nicht beantragt worden sei. Der Antrag zur Abnahme der Vermögensauskunft sei für den Fall zurückgenommen worden, falls schon eine Vermögensauskunft vorliegt. Hinsichtlich der weiteren Begründung der Erinnerung wird auf den Schriftsatz vom 22.1.2014 Bezug genommen.

6

Der Gerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen und eine Stellungnahme der Bezirksrevisorin eingeholt.

7

In ihrer Stellungnahme vom 19.2.2014 hat die Bezirksrevisorin ausgeführt, dass es nicht dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel der Eintragungen in das neue Schuldnerverzeichnis entspricht, wenn der Gläubiger die Anzahl der Eintragungen des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis durch seine Antragstellung beeinflussen kann. Der Gesetzgeber wollte durch den Wortlaut der Regelung des § 802d ZPO die Dispositionsbefugnis des Gläubigers einschränken. Der Gerichtsvollzieher ist zur Übersendung des Vermögensverzeichnisses verpflichtet, wenn er feststellt, dass innerhalb der letzten 2 Jahre die Vermögensauskunft bereits abgegeben wurde.

8

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 19.2.2014 Bezug genommen.

9

Die Erinnerung der Gläubigerin ist zulässig und begründet.

10

In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Gläubiger den Zwangsvollstreckungsauftrag bezüglich der Abgabe der Vermögensauskunft an eine Bedingung knüpfen bzw. auf die Übersendung des Vermögensverzeichnisses gemäß § 802 d ZPO verzichten kann.

11

Für beide Rechtsauffassungen liegen eine Reihe erstinstanzlicher Entscheidungen und eine Entscheidung des Landgerichts Arnsberg vor. Es wird an dieser Stelle davon abgesehen, auf die einzelnen Entscheidungen und die Begründung der betreffenden Rechtsauffassungen einzugehen.

12

Im Beschluss des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 14.2.2014, 6 M 19/14 sind die bereits vorliegenden Entscheidungen benannt und die unterschiedlichen Rechtsauffassungen sehr ausführlich dargelegt. Auf den Beschluss des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 14.2.2014 wird Bezug genommen.

13

Aus Sicht des Amtsgerichts Neubrandenburg kann die grundlegende Frage, ob eine Beschränkung des Zwangsvollstreckungsauftrages durch die Gläubigerin bzw. die unter eine Bedingung gestellte Antragsrücknahme zulässig sind, nicht erst im Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers entschieden werden. Die Frage der Zulässigkeit des Gläubigerantrages muss zwingend vor Beginn der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers geklärt werden. "Hält ein Gerichtsvollzieher einen bedingten Zwangsvollstreckungsauftrag oder einen von dem vollstreckenden Gläubiger erklärten Verzicht auf die Übersendung eines Vermögensverzeichnisses gemäß § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO für rechtlich unzulässig, hat er die Durchführung des Zwangsvollstreckungsauftrages von vorneherein abzulehnen. Führt er den Auftrag gleichwohl aus, liegt eine unrichtige Sachbehandlung vor." - AG Bad Segeberg, Beschluss vom 14.2.2014 . Wenn der Gerichtsvollzieher einen aus seiner Sicht teilweise unzulässigen Zwangsvollstreckungs-auftrag bearbeitet und dafür zusätzliche Kosten entstehen, können diese Kosten der Gläubigerin auf Grund der unrichtigen Sachbehandlung nicht in Rechnung gestellt werden. Der durch die Gläubigerin erklärte Verzicht auf die Übersendung des Vermögens-verzeichnisses betrifft die Art und Weise der Durchführung des Zwangsvollstreckungs-auftrages . Bei einer teilweise rechtlich unzulässigen Antragstellung der Gläubigerin bezüglich der Art und Weise der Ausführung des Zwangsvollstreckungsauftrages muss der Gerichtsvollzieher die Ausführung des Antrages insgesamt ablehnen. Die Gläubigerin hat dann die Möglichkeit, im Wege der Erinnerung die Zulässigkeit der einzelnen Inhalte des Zwangsvollstreckungsauftrages klären zu lassen.

14

Die Sachbehandlung des Zwangsvollstreckungsauftrages der Gläubigerin vom 29.11.2013 erfolgte durch den Gerichtsvollzieher im vorliegenden Fall fehlerhaft. Der Gerichtsvollzieher hätte den Zwangsvollstreckungsauftrag auf Grund der gestellten Bedingungen hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung ablehnen müssen. Die im Tenor genannten Gebühren können der Gläubigerin daher nicht in Rechnung gestellt werden.

15

Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG wird die Beschwerde gegen diesen Beschluss zugelassen. Die im Beschluss zur Entscheidung stehende Frage hat eine grundsätzliche Bedeutung, da eine Vielzahl von Zwangsvollstreckungsaufträgen mit gleichlautendem Inhalt vorliegt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

5 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Gerichtsvollzieherkostengesetz - GvKostG

(1) Die Kosten werden von dem Gerichtsvollzieher angesetzt, der den Auftrag durchgeführt hat. Der Kostenansatz kann im Verwaltungswege berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist. (2) Über die Erinnerung des Kostens
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 25/08/2016 00:00

Tenor 1. Die weitere Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 15. Februar 2016, Az. 5 T 102/15, wird zurückgewiesen. 2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Gründe
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Der Schuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c oder nach § 284 der Abgabenordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, ein Gläubiger macht Tatsachen glaubhaft, die auf eine wesentliche Veränderung der Vermögensverhältnisse des Schuldners schließen lassen. Besteht keine Pflicht zur Abgabe einer Vermögensauskunft nach Satz 1, leitet der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger einen Ausdruck des letzten abgegebenen Vermögensverzeichnisses zu; ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung ist unbeachtlich. Der Gläubiger darf die erlangten Daten nur zu Vollstreckungszwecken verarbeiten und hat die Daten nach Zweckerreichung zu löschen; hierauf ist er vom Gerichtsvollzieher hinzuweisen. Von der Zuleitung eines Ausdrucks nach Satz 2 setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner in Kenntnis und belehrt ihn über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (§ 882c).

(2) Anstelle der Zuleitung eines Ausdrucks kann dem Gläubiger auf Antrag das Vermögensverzeichnis als elektronisches Dokument übermittelt werden, wenn dieses mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und gegen unbefugte Kenntnisnahme geschützt ist.

(1) Die Kosten werden von dem Gerichtsvollzieher angesetzt, der den Auftrag durchgeführt hat. Der Kostenansatz kann im Verwaltungswege berichtigt werden, solange nicht eine gerichtliche Entscheidung getroffen ist.

(2) Über die Erinnerung des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet, soweit nicht nach § 766 Abs. 2 der Zivilprozessordnung das Vollstreckungsgericht zuständig ist, das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat. Auf die Erinnerung und die Beschwerde ist § 66 Absatz 2 bis 8 des Gerichtskostengesetzes, auf die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 69a des Gerichtskostengesetzes entsprechend anzuwenden.

(3) Auf die Erinnerung des Kostenschuldners gegen die Anordnung des Gerichtsvollziehers, die Durchführung des Auftrags oder die Aufrechterhaltung einer Vollstreckungsmaßnahme von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, und auf die Beschwerde ist Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Für Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die elektronische Akte und über das elektronische Dokument anzuwenden.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.