Amtsgericht Merseburg Urteil, 27. Nov. 2013 - 10 C 296/12 (X)

ECLI:ECLI:DE:AGMERSE:2013:1127.10C296.12X.0A
bei uns veröffentlicht am27.11.2013

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Das Gericht hat gem. § 495 a ZPO von der Abfassung eines Tatbestandes abgesehen.

Entscheidungsgründe

2

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

3

Die Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich sachlich aus den §§ 1 ZPO, 23 Nr. 1 71 I GVG, örtlich aus § 18 ZPO.

II.

4

Die Klägerin hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Ersatz gezogener Nutzungen für den Zeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Höhe von 59,62 € aus den §§ 143 I 2 InsO, 819 I, 818 IV, 292 II, 987 I BGB.

5

Als gezogene Nutzungen herauszugeben sind Zinserträge von Einnahmeüberschüssen, die im Haushaltsvollzug ausnahmsweise zeitweilig nicht benötigt werden, und ersparte Zinsen für Kassenverstärkungskredite oder andere staatliche Refinanzierungsinstrumente, die infolge des Eingangs wirksam angefochtener Steuerzahlungen zurückgeführt oder vermieden worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2012, Az. IX ZR 125/11, juris Rn. 11).

6

Eine anfechtungsrechtliche Besserstellung des Fiskus wegen des Interesses der Allgemeinheit am Einsatz der Steuereinkünfte für öffentliche Staatszwecke ist in der Insolvenzordnung nicht vorgesehen (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.2012, Az. IX ZR 125/11. juris Rn. 15).

7

Zur Überzeugung des Gerichts steht im Wege der Schadensschätzung nach § 287 ZPO fest, dass das beklagte Land lediglich Nutzungen in Höhe von 10,53 € gezogen hat.

8

Das beklagte Land hat seiner sekundären Darlegungslast genügt, indem es den EONIA-Zinssatz als Schätzungsgrundalge angab. Auf dessen Grundlage errechnete das beklagte Land eine Nutzung der durch Insolvenzanfechtung zurückzugewährenden 5.000,00 € im streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von 10,53 €, welche der Klägerin erstattet wurden.

9

Es ist für das Gericht eine offenkundige Tatsache, dass der EONIA-Zinssatz ein Tagesgeldzinssatz für die Europäische Gemeinschaftswährung Euro darstellt, zu welchem sich das beklaget Land refinanzieren kann.

10

Auch hat die Klägerin keinen Anspruch gegen das beklagte Land wegen schuldhaft nicht gezogener Nutzungen aus §§ 143 I 2 InsO, 819 I, 818 IV, 292, 987 II BGB.

11

Auf die Rechtsansicht der Klägerin, es seien Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 5.000 € für den Zeitraum vom 07.03.2011 bis zum 30.05.20111, mithin 9,62 €, zu leisten gewesen, kommt es nicht an.

12

Vielmehr liegt eine Nutzung nach den regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vor.

13

Das beklagte Land hat die aufgrund erfolgreicher Insolvenzanfechtung zurückgewährten 5.000,00 € im streitgegenständlichen Zeitraum zur Abwehr entsprechenden Refinanzierungsmaßnahmen genutzt und die so ersparten Zinsen in Höhe von 10,53 € der Klägerin erstattet.

14

Eine notwendige weiterführende wirtschaftsgemäße Nutzung der 5.000,00 € trägt die Klägerin nicht vor.

15

Mangels Geldschuld des beklagten Landes stehen der Klägerin ebenso keine Zinsansprüche gem. § 291 BGB zu.

III.

16

1. Die Kostenentscheidung gründet sich in § 91 I ZPO.

17

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

18

3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 II 1, 48 I 1, 39ff. GKG, 3ff ZPO.

19

Scholz

20

Richterin am Landgericht


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 1 Sachliche Zuständigkeit


Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 18 Allgemeiner Gerichtsstand des Fiskus


Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird durch den Sitz der Behörde bestimmt, die berufen ist, den Fiskus in dem Rechtsstreit zu vertreten.

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Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt.

Der allgemeine Gerichtsstand des Fiskus wird durch den Sitz der Behörde bestimmt, die berufen ist, den Fiskus in dem Rechtsstreit zu vertreten.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.