Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 29. Nov. 2012 - 251 F 813/12 S

ECLI: ECLI:DE:AGMAGDE:2012:1129.251F813.12S.0A
published on 29/11/2012 00:00
Amtsgericht Magdeburg Beschluss, 29. Nov. 2012 - 251 F 813/12 S
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Tenor

1. Das Amtsgericht – Familiengericht – Magdeburg erklärt sich für die Verfahren 251 F 813/12 und 8 F 144/12 (Amtsgericht Halberstadt) für örtlich nicht zuständig.

2. Das Verfahren 251 F 813/12 und das Verfahren Az. 8 F 144/12 (Amtsgericht – Familiengericht – Halberstadt), dessen Übernahme sich das Amtsgericht – Familiengericht – Magdeburg vorbehalten hatte, werden nach § 37 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 113, 122 Abs. 1 Nr. 1 FamFG dem Oberlandesgericht in Naumburg zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind Eheleute und verfolgen das Ziel der Ehescheidung jeweils mit einem eigenen Antrag. Während der Antragsteller seinen Scheidungsantrag beim Amtsgericht – Familiengericht – Magdeburg rechtshängig gemacht hat, hatte die Antragsgegnerin zunächst beim Amtsgericht – Familiengericht – Halberstadt einen Scheidungsantrag rechtshängig gemacht. Das Verfahren hat dort das Aktenzeichen 8 F 144/12 bekommen.

2

Mit Beschluss vom 20. September 2012 hat sich das Amtsgericht – Familiengericht – Halberstadt unter Hinweis auf § 122 Abs. 1 Nr. 3 FamFG für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren mit der Bitte um Übernahme an das Amtsgericht – Familiengericht – Magdeburg unter Hinweis auf das bereits anhängige Verfahren abgegeben.

3

Die Beteiligten haben eine bereits volljährige Tochter. Außerdem lebte bis zur Trennung der Beteiligten ein minderjähriges Pflegekind im gemeinsamen Haushalt der Eheleute im Bezirk des Amtsgerichts Magdeburg. Das Pflegekind lebt nach wie vor im Haushalt der Antragsgegnerin, der aber nun im Bezirk des Amtsgerichts Halberstadt liegt.

4

Während die Antragsgegnerin das Amtsgericht – Familiengericht – Halberstadt unter Hinweis auf § 122 Abs. 1 Nr. 1 FamFG für örtlich zuständig hält, vertritt der Antragsteller die Ansicht, dass unter ein „gemeinsames minderjähriges Kind“ im Sinne von § 122 Abs. 1 Nr. 1 FamFG lediglich ein leibliches Kind, nicht aber ein Pflegekind falle.

5

Das Gericht hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

II.

6

Das Amtsgericht – Familiengericht – Magdeburg hält sich für örtlich unzuständig. Eine Zuständigkeit nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist – anders als das abgebende Gericht meint – nicht begründet. Unter einem „gemeinschaftlichen minderjährigen Kind“ nach § 122 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ist auch ein „gemeinsames Pflegekind“ zu verstehen, so dass sich die örtliche Zuständigkeit aus der Rangfolge in § 122 FamFG ergibt und danach die örtliche Zuständigkeit für beide Verfahren dort begründet ist.

7

Für die Auffassung des vorlegenden Gerichts spricht die Gesetzeshistorie. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum FGG-Reformgesetz (BT-Drs. 16/6308, S. 226 f.) wird deutlich, aus welchem Beweggrund der Gesetzgeber die Vorgängerregelung in § 606 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO a.F. übernommen hat. Ausschlaggebend ist „eine auf Dauer angelegte soziale Eingliederung, die allein von der tatsächlichen – und ggf. vom Willen unabhängigen – Situation gekennzeichnet ist, die den Aufenthaltsort als Mittelpunkt der Lebensführung ausweist.“ (aaO., mwN). Da beide Elternteile mit dem Pflegekind zusammen in einem Haushalt gelebt haben und das Pflegekindverhältnis zu beiden Elternteilen sich nicht erkennbar von dem Verhältnis leiblicher Eltern zu gemeinschaftlichen Kindern unterscheidet, sind „gemeinsame“ Pflegekinder und gemeinschaftliche (leibliche) Kinder im Rahmen einer Zuständigkeit begründenden Bestimmung gleich zu behandeln. Da der gewöhnliche Aufenthalt des minderjährigen Pflegekindes im Bezirk des Amtsgerichts Halberstadt liegt, ist die dortige Zuständigkeit begründet.

8

Die vorgenannte Auffassung erstreckt sich auf beide Verfahren.

9

Die Vorlageentscheidung resultiert aus §§ 37 ZPO, 113 FamFG.


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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Ziv

(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss. (2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

(1) Mit der Musterfeststellungsklage können qualifizierte Einrichtungen die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen

Annotations

(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

Ausschließlich zuständig ist in dieser Rangfolge:

1.
das Gericht, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit allen gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
2.
das Gericht, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit einem Teil der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern bei dem anderen Ehegatten keine gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben;
3.
das Gericht, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt gehabt haben, wenn einer der Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit im Bezirk dieses Gerichts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
4.
das Gericht, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
5.
das Gericht, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
6.
in den Fällen des § 98 Absatz 2 das Gericht, in dessen Bezirk der Ehegatte, der im Zeitpunkt der Eheschließung das 16., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte, seinen Aufenthalt hat;
7.
das Amtsgericht Schöneberg in Berlin.

(1) Mit der Musterfeststellungsklage können qualifizierte Einrichtungen die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen (Feststellungsziele) zwischen Verbrauchern und einem Unternehmer begehren. Qualifizierte Einrichtungen im Sinne von Satz 1 sind die in § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Unterlassungsklagengesetzes bezeichneten Stellen, die

1.
als Mitglieder mindestens zehn Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 350 natürliche Personen haben,
2.
mindestens vier Jahre in der Liste nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind,
3.
in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnehmen,
4.
Musterfeststellungsklagen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung erheben und
5.
nicht mehr als 5 Prozent ihrer finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen beziehen.
Bestehen ernsthafte Zweifel daran, dass die Voraussetzungen nach Satz 2 Nummer 4 oder 5 vorliegen, verlangt das Gericht vom Kläger die Offenlegung seiner finanziellen Mittel. Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen und andere Verbraucherverbände, die überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen.

(2) Die Klageschrift muss Angaben und Nachweise darüber enthalten, dass

1.
die in Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen vorliegen;
2.
von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen.
Die Klageschrift soll darüber hinaus für den Zweck der Bekanntmachung im Klageregister eine kurze Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhaltes enthalten. § 253 Absatz 2 bleibt unberührt.

(3) Die Musterfeststellungsklage ist nur zulässig, wenn

1.
sie von einer qualifizierten Einrichtung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 erhoben wird,
2.
glaubhaft gemacht wird, dass von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen und
3.
zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage mindestens 50 Verbraucher ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister wirksam angemeldet haben.

(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.