Amtsgericht Köln Beschluss, 15. Jan. 2015 - 74 IK 5/10
Tenor
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1
I.
2Über das Vermögen des Schuldners wurde auf seinen Antrag vom 28.12.20XX, der mit einem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung unter Abtretung seiner pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge verbunden war, am 18.02.20XX das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet.
3Nach dem vom Schuldner selbst erstellten XING-Profil, einem sozialen Netzwerk vornehmlich für berufliche Kontakte, hat der Schuldner von 1979 bis 1982 die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in (…) besucht, um anschließend (…) als angestellter Bereichsleiter (Direktor) für den Finanzdienstleister Y GmbH & Co. KG tätig zu sein; bis 2007 leitete er als geschäftsführender Gesellschafter die Z GmbH, um nunmehr als Angestellter bei der X GmbH zu arbeiten.
4In seinem Treuhänderbericht vom 31.05.2010 hatte der Treuhänder keine die Pfändungsfreigrenze übersteigenden Einkünfte des Schuldners festgestellt und darauf hingewiesen, dass noch zu prüfen sei, ob das vereinbarte Gehalt des Schuldners mit Blick auf seine Ausbildung als Verwaltungswirt und den Umstand, dass er als Kaufmann bei einer Gesellschaft angestellt sei, deren Mitgeschäftsführerin seine Ehefrau ist, angemessen sei. Feststellungen hierzu hätten jedoch noch nicht getroffen werden können, da der Schuldner bislang keine Kopie seines Arbeitsvertrages vorgelegt habe, weshalb Anlass bestehe, das Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO wegen Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten anzunehmen. Unter dem 13.09.2011 legte der Treuhänder dem Insolvenzgericht seinen Schlussbericht vor, in welchem er u.a. zu der zuvor angesprochenen Frage der Angemessenheit des durch den Schuldner seit Januar 2011 erzielten monatlichen Einkommens in Höhe von monatlich 1.085,96 EUR Stellung nahm. Hierzu stellte er fest, dass die diesbezüglich durch ihn vorgenommene Prüfung keine konkreten und rechtlichen Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, dass das vereinbarte monatliche Gehalt unangemessen und zur Berechnung des pfändbaren Verdienstanteils ein – höheres – fiktives Einkommen zugrunde zu legen sei.
5Für die Monate Januar bis Juni 2011 sind monatliche Pfändungsbeträge in Höhe von 143,40 EUR zugunsten der Insolvenzmasse vereinnahmt worden und ab dem 10.07.2011 monatliche Pfändungsbeträge von 112,78 EUR, die nach der mit dem ersten Tätigkeitsbericht des Treuhänders vom 16.01.2014 zur Gerichtsakte gereichten Kontobuchungen ab dem 28.03.2013 monatlich 273,78 EUR und ab dem 30.09.2013 monatlich 262,47 EUR betrugen. Damit sind bis Ende des Jahres 2013 insgesamt 3.356,43 EUR, davon 3.240,12 EUR an pfändbaren Gehaltsanteilen im Jahr 2013, eingenommen worden.
6Mit Beschluss vom 10.01.2013 wurde, nachdem dem Schuldner am 30.10.2012 die Restschuldbefreiung angekündigt worden war, das Verfahren nach Vollzug der Schlussverteilung aufgehoben. Die Laufzeit der sechsjährigen Abtretungserklärung hatte mit Verfahrenseröffnung am 18.02.2010 begonnen.
7Am 07.11.2013 hat die Versagungsantragstellerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 06.11.2013 einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt. Unter Bezugnahme auf den Treuhänderbericht vom 31.05.2010, wonach der Schuldner trotz mehrfacher Aufforderung eine Fotokopie seines Arbeitsvertrages bislang nicht vorgelegt hatte, vertritt sie die Ansicht, hierin liege eine Verletzung der in § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO normierten Obliegenheit des Schuldners zur Auskunftserteilung über seine Erwerbstätigkeit und Bezüge. Überdies sei der Schuldner seiner Verpflichtung nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO zur Ausübung einer angemessenen Tätigkeit nicht nachgekommen. Dies ergebe sich aus dem - nach einer am 10.04.2013 durchgeführten Online-Recherche - angeforderten und der weiteren Beteiligten am 08.05.2013 zugegangenen Schlussbericht des Treuhänders vom 13.09.2011, wonach der Schuldner lediglich ein Nettogehalt zwischen 1.189,99 und 1.199,99 EUR beziehe. Dieses sei jedoch mit Blick auf die Ausbildung und sonstige Qualifikation des Schuldners, der als ausgebildeter Verwaltungswirt über eine Berufserfahrung von mehr als 14 Jahren im Finanzdienstleistungssektor verfüge, objektiv unangemessen. Dies umso mehr, als er als ‚Senior Consultant‘ bei der X GmbH beschäftigt sei, deren Mitgeschäftsführerin die Ehefrau des Schuldners ist. Tatsächlich müsse er nach dem aktuell gültigen Tarifvertrag für das Versicherungsgewerbe in der danach für ihn geltenden Gehaltsgruppe V wenigstens 3.500,00 EUR brutto erhalten, so dass er selbst bei hohen Steuer- und Sozialversicherungsabgaben noch über einen Nettolohn von monatlich 1.800,00 EUR bis 2.000,00 EUR verfügen können müsse. Denn trotz des laufenden Insolvenzverfahrens sei dem Schuldner aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit im Finanzbereich jedenfalls eine besser dotierte unselbständige Tätigkeit im Vertriebsinnendienst eines Finanzdienstleisters jederzeit möglich. Damit aber hätte er statt der monatlich an den Treuhänder ausgekehrten Beträge mindestens einen monatlichen Betrag in Höhe von 528,47 EUR in die Insolvenzmasse zahlen müssen, wohingegen die gegenwärtigen Zahlungen deutlich geringer seien. Hierdurch seien die Befriedigungsaussichten der Gläubiger beeinträchtigt. Zur Glaubhaftmachung legte die Versagungsantragstellerin eine Gehaltskarte der Gewerkschaft ver.di, eine Email vom 12.04.2013 über die Anforderung u.a. des Schlussberichts des Treuhänders sowie Ausdrucke über im Internet recherchierte Stellenangebote für Vertriebsaußen- und -innendienstmitarbeiter im Raum Köln/Bonn vor, die mit einem durchschnittlichen Gehalt von 50.000,00 EUR beginnen; so werde die beispielhaft ausgewählte Stelle als Gruppenleiter Fachhandel & Innendienst mit einem Gehalt zwischen 60.000,00 und 80.000,00 EUR ausgeschrieben, so dass ein Nettoverdienst von monatlich 2.000,00 EUR oder mehr für den Schuldner realistisch erzielbar sei.
8Der Schuldner beruft sich darauf, dass ihm aufgrund des Insolvenzverfahrens die Vermittlung von Kapitalanlagen und Versicherungen nicht mehr möglich sei, weshalb er bei der X GmbH keinerlei Aufgaben wahrnehmen könne, die im Zusammenhang mit der Vermittlung von Finanzdienstleistungen stehen. Die Höhe seiner Bezahlung richte sich daher unabhängig von der auf seiner Visitenkarte ausgewiesenen Bezeichnung als ‚Senior Consultant‘ nicht nach seiner Ausbildung und Qualifikation, sondern nach seinem Aufgabenkreis und Tätigkeitsfeld, welches sich im Wesentlichen auf administrative interne Tätigkeiten wie die Pflege der Homepage und der Kontakte zu Vertragspartnern seines Arbeitgebers beschränke. Überdies sei es ihm aufgrund seines Alters von 56 Jahren und seiner bisher stets auf Vertriebstätigkeit ausgerichteten Tätigkeit als Handelsvertreter unmöglich, eine unselbständige Beschäftigung im Betriebsinnendienst oder gar in einer für ihn neuen Branche zu finden, so dass es für ihn keine Möglichkeit einer anderen Beschäftigung gebe. Dies ergebe sich aus den Absagen auf seine Bewerbungen, als der Schuldner sich vor und nach Insolvenzeröffnung unter Nutzung seiner Kontakte in die Versicherungswirtschaft mehrfach und intensiv um eine Stelle beworben habe. Als Glaubhaftmachung für diese früheren Bewerbungen legt der Schuldner drei Schreiben von Versicherungsunternehmen jeweils von November 2014 auf eine nunmehr erneut vorgenommene Bewerbung vor, die zum Teil Bezug auf eine frühere Bewerbung des Schuldners nehmen.
9II.
10Dem Schuldner war die Restschuldbefreiung gemäß §§ 296 Abs. 1 S. 1, 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu versagen, da die weitere Beteiligte als am Verfahren teilnehmende Insolvenzgläubigerin einen insoweit zulässigen und begründeten Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt hat.
111. Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung ist im Hinblick auf die in § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfasste Erwerbsobliegenheit zulässig. Insbesondere hat die Versagungsantragstellerin den Antrag fristgemäß, d.h. nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, aber vor Ende der Treuhandzeit und innerhalb der Jahresfrist des § 296 Abs. 1 S. 2 InsO gestellt. Denn die geltend gemachte Obliegenheitsverletzung des Schuldners ist der weiteren Beteiligten erst mit Zugang des angeforderten Schlussberichts des Treuhänders und des darin aufgeführten aktuellen Einkommens des Schuldners sowie der zugunsten der Insolvenzmasse vereinnahmten Einkommensbestandteile am 08.05.2013 bekannt geworden. Dass der Bericht des Treuhänders vom 13.09.2011 stammt und dem Insolvenzgericht bereits am 15.09.2011 mit der ab diesem Zeitpunkt bestehenden Einsichtsmöglichkeit für die Insolvenzgläubiger vorlag, schadet nicht, da es im Rahmen des § 296 InsO auf die tatsächliche Kenntniserlangung ankommt, nicht dagegen auf ein Kennenmüssen, solange sich dem Gläubiger die Umstände nicht geradezu aufgedrängt haben (FK-InsO/Ahrens, 8. Aufl., § 296 Rn. 44). Die Versagungsantragstellerin aber hatte erst aufgrund einer eigenen Recherche hin am 12.04.2013 den Schlussbericht angefordert, so dass der am 07.11.2013 bei Gericht eingegangene Versagungsantrag fristgemäß ist. Auch der nach § 296 Abs. 1 S. 3 InsO erforderlichen Glaubhaftmachung einer Obliegenheitsverletzung des Schuldners sowie einer hierdurch bewirkten Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger ist die Versagungsantragstellerin durch Bezugnahme auf den Schlussbericht des Treuhänders und die Vorlage einer Gehaltskarte sowie eines Ausdrucks der in Betracht kommenden Stellenangebote nachgekommen.
12Dagegen war die Versagung nicht auf Grundlage des unter Bezugnahme auf den Bericht des Treuhänders vom 31.05.2010 gestützten Vortrags der Versagungsantragstellerin auszusprechen, der Schuldner habe trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Treuhänders seinen Arbeitsvertrag nicht vorgelegt. Denn dieses Verhalten betrifft den Zeitraum vor Ankündigung der Restschuldbefreiung durch Beschluss des Amtsgerichts vom 30.10.2012, weshalb eine Berücksichtigung dieses Umstandes für eine Obliegenheitsverletzung gemäß § 295 InsO in dem nunmehr maßgeblichen Zeitraum zwischen der Aufhebung des Verfahrens am 10.01.2013 und dem Ablauf der Wohlverhaltensphase nicht erfolgen kann und insoweit kein zulässiger Versagungsantrag vorliegt.
132. Der Antrag der Versagungsantragstellerin auf Versagung der Restschuldbefreiung nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist auch begründet. Denn der Schuldner hat gegen seine während der Laufzeit der Abtretungserklärung bestehende Verpflichtung aus § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, verstoßen.
14a) Angemessen ist eine dem Schuldner mögliche Tätigkeit (BGH, Beschl. v. 05.04.2006, IX ZB 50/05, NZI 2006, 414). Als angemessen gilt dabei grundsätzlich eine dem bisherigen Lebenszuschnitt entsprechende Erwerbstätigkeit des Schuldners, die sich nach seiner beruflichen Ausbildung, der bisherigen Berufstätigkeit, seinen persönlichen Lebensverhältnissen und seinen beruflichen Entwicklungschancen bestimmt, wobei auch der Gesundheitszustand des Schuldners, sein Lebensalter sowie seine sonstige soziale Lage bei der Bestimmung der Angemessenheit zu berücksichtigen sind (FK-Ahrens, § 295 Rn. 23). Da als weiterer Maßstab für die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit und damit für das unter Umständen gegebene Erfordernis der Aufnahme einer besser bezahlten Beschäftigungsstelle die vom Schuldner nach Kräften zu bewirkende Gläubigerbefriedigung einzubeziehen ist, fordert eine adäquate Erwerbstätigkeit neben der Arbeitsleistung auch eine angemessene Bezahlung (BGH, Beschl. v. 05.03.2009, IX ZB 2/07, NZI 2009, 326; v. 01.12.2011, IX ZB 112/11, NZI 2012, 87; AG Dortmund, Beschl. v. 09.09.1999, 259 IK 33/99, NZI 1999, 420; FK-Ahrens, § 295, Rn. 24). Auch wenn der Schuldner nach der Insolvenz seines Unternehmens seinen Angaben gemäß längere Zeit weder in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden noch eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt hatte und ihm aufgrund des Insolvenzverfahrens auch weiterhin eine selbständige Tätigkeit im Bereich der Finanzdienstleistungen verwehrt ist, so ist mit Blick auf die langjährige Berufserfahrung des Schuldners im Finanzdienstleistungssektor und die Leitung eines Unternehmens als geschäftsführender Gesellschafter über mehrere Jahre hinweg nicht plausibel, dass ihm ausschließlich eine Anstellung in dem von seiner Ehefrau mit- (seit gemäß den Handelsregisterangaben Anfang 2014 als Alleingesellschafterin/-geschäftsführerin) geleiteten Unternehmen möglich sein sollte, aus welcher ihm lediglich ein (zunächst nicht pfändbares) Einkommen, welches nunmehr knapp oberhalb der Pfändungsfreigrenzen liegt, zur Verfügung steht. Verdient aber ein Schuldner trotz entsprechender Ausbildung und Berufserfahrung im familiengeführten Betrieb lediglich ein nicht pfändbares Einkommen, liegt ein Obliegenheitsverstoß nahe (AG Dortmund, a.a.O.).
15Diese Obliegenheitsverletzung bestätigt sich vorliegend, da der Schuldner an den Treuhänder nicht den Betrag abgeführt hat, den er bei Ausübung einer angemessenen Tätigkeit außerhalb des von seiner Ehefrau (mit-)geleiteten Unternehmens hätte abführen können. Das Gericht geht davon aus, dass dem Schuldner trotz seines Alters von 54 Jahren zu Beginn der Treuhandperiode gerade aufgrund seiner Berufserfahrung jedenfalls eine abhängige Beschäftigung im Innendienst von Finanzdienstleistungsunternehmen oder in ähnlichen Bereichen möglich ist. Auch wenn der Schuldner nach seinem Vortrag ausschließlich über Erfahrungen aus vertriebsbezogenen Tätigkeiten als freier Handelsvertreter verfügt, ist ein Wechsel in den Innendienst eines mit dem Vertrieb von Finanzprodukten befassten oder vergleichbaren Unternehmens entgegen seiner Darstellung damit nicht ausgeschlossen, zumal er nach dem eingereichten Zusatzvertrag für leitende Mitarbeiter – auch wenn es sich dabei um eine Tätigkeit als Versicherungsvertreter i.S.d. § 84 HGB handelte – bereits Aufgaben der Mitarbeiterführung und -ausbildung innehatte. Anders als bei einer selbständigen Tätigkeit als Versicherungsvermittler ist das Insolvenzverfahren des Schuldners im Vertriebsinnendienst dabei kein Hindernis. Als Beleg für den Verstoß des Schuldners gegen die Erwerbsobliegenheit dient auch der von der Versagungsantragstellerin vorgelegte Internetauszug über eine Vielzahl von im Raum Köln angebotenen Stellen im Vertrieb-Innendienst, die dem Schuldner einen Verdienst von 50.000,00 EUR aufwärts ermöglichen würden. Nach der von ihr beispielhaft ausgewählten Stellenausschreibung eines Gruppenleiters im Fachhandel & Innendienst im Raum Köln mit einem Gehalt zwischen 60.000,00 und 80.000,00 EUR ist ein Nettoverdienst von monatlich 2.000,00 EUR oder mehr für den Schuldner realistisch erzielbar. Damit bewegt sich das tatsächliche monatliche Nettogehalt des Schuldners in Höhe von 1.085,96 EUR bei weitem nicht in dem von der Versagungsantragstellerin glaubhaft gemachten Rahmen mit der Folge, dass die gegenwärtige Erwerbstätigkeit des Schuldners als nicht angemessen anzusehen ist.
16Zwar besteht, wenn der Schuldner eine Erwerbstätigkeit ausübt, grundsätzlich eine Vermutung dafür, dass die von ihm verrichtete Tätigkeit einschließlich des hierfür gezahlten Gehalts angemessen ist (FK-Ahrens, § 295, Rn. 27 m.w.N.); diese Vermutung gilt jedoch dann nicht, wenn die Tätigkeit in einem familiengeführten Betrieb ausgeübt wird - auch wenn ein Arbeitsverhältnis unter Ehepartnern oder Verwandten grundsätzlich insolvenzrechtlich nicht per se als bedenklich gilt (FK-Ahrens, § 295, Rn. 32 m.w.N.): Denn die dieser Vermutung zugrundeliegende Annahme, dass die seitens des Schuldners ausgeübte Beschäftigung und die hierfür vereinbarte Entlohnung unter den Bedingungen des Arbeitsmarktes, also unter Berücksichtigung von Angebot und Nachfrage einschließlich des Gesichtspunktes der Eignung für eine bestimmte Tätigkeit, frei ausgehandelt worden sind, gilt im Rahmen von Arbeitsverhältnissen unter Ehepartnern oder Verwandten, innerhalb derer aufgrund der bestehenden Bindungen in aller Regel auch persönliche Aspekte eine Rolle spielen, nicht oder allenfalls eingeschränkt. Dementsprechend genügt der Gläubiger auch in diesem Falle seiner Darlegungs- und Glaubmachungslast, wenn er vorträgt, dass das Gehalt aus einer dem Schuldner möglichen anderweitigen Tätigkeit das gegenwärtige Gehalt nicht lediglich geringfügig überschreitet.
17Auch dass der Treuhänder in seinem Schlussbericht vom 13.09.2011 konstatiert hat, die vorgenommene Prüfung habe keine konkreten und rechtlichen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das zwischen dem Schuldner und der X GmbH vereinbarte monatliche Gehalt unangemessen sei, steht der nunmehr im Rahmen der Erwerbsobliegenheit getroffenen Feststellung der Erwerbstätigkeit als unangemessen nicht entgegen. Denn der Treuhänder hat – wie in seiner zu dem Versagungsantrag abgegebenen Stellungnahme vom 17.01.2014 ausgeführt – ersichtlich nur die Angemessenheit des vereinbarten Gehalts im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der tatsächlichen Tätigkeit, d.h. Arbeitsleistung und Tätigkeitsumfang, des Schuldners einer Überprüfung unterzogen (vgl. S. 6 des Treuhänderberichts vom 31.05.2010, auf den der Schlussbericht Bezug nimmt), nicht aber die Frage gestellt, ob es dem Schuldner möglich gewesen wäre, im Gläubigerinteresse eine höher bezahlte Stelle anzunehmen, da zu diesem Zeitpunkt noch keine Erwerbsobliegenheit des Schuldners bestand. Diese Verpflichtung zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit samt der Pflicht, gegebenenfalls eine höher bezahlte Arbeitsstelle anzunehmen, traf den Schuldner nach der Konzeption der Versagungsregelungen (abgesehen von § 4c Nr. 4 InsO in Fällen fehlender Verfahrenskostendeckung nach Gewährung von Verfahrenskostenstundung) erst mit Beginn der Wohlverhaltensphase nach Ankündigung der Restschuldbefreiung und Aufhebung des Insolvenzverfahrens.
18b) Durch das Ausüben einer nicht angemessenen Tätigkeit hat der Schuldner die Befriedigung der Insolvenzgläubiger tatsächlich und messbar beeinträchtigt, indem der Schuldner statt des - bei Antritt einer angemessenen Erwerbstätigkeit und einem damit möglichen Verdienst in Höhe von monatlich mindestens netto 2.000,00 EUR - an den Treuhänder abzuführenden Betrages von mindestens 679,78 EUR monatlich sowie ab dem 01.07.2013 mindestens 668,47 EUR monatlich und damit allein im Jahr 2013 statt insgesamt 8.089,50 EUR lediglich 3.240,12 EUR an pfändbaren Gehaltsanteilen gezahlt hat. Hierbei handelt es sich nicht lediglich um eine unerhebliche Beeinträchtigung der Gläubiger, so dass die Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist.
19c) Nach § 296 Abs. 1 S. 1 letzter Halbs. InsO hat sich der Schuldner von dem Vorwurf zu entlasten, seine Obliegenheitsverletzung schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig, verletzt zu haben. Der Schuldner, der sich selbst in seinem XING-Profil als Führungskraft (…) bezeichnet, hätte erkennen müssen, dass ein Anstellungsverhältnis in dem von seiner Frau (mit-)geleiteten Unternehmen mit einem Einkommen zunächst unterhalb der Pfändungsfreigrenzen und später knapp oberhalb, spätestens ab Beginn der Wohlverhaltensperiode nicht ausreicht, um angesichts des Zieles der größtmöglichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger diese Erwerbstätigkeit als angemessen anzusehen.
20Um diesen Verschuldensvorwurf zu entkräften, muss sich der Schuldner nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen (BGH, Beschl. v. 07.05.2009, IX ZB 133/07, ZInsO 2009, 1217). Dies gilt – über den ausdrücklichen Wortlaut des § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO hinaus – nicht nur für den beschäftigungslosen Schuldner, sondern neben dem eine nicht auskömmliche selbständige Tätigkeit ausübenden Schuldner (BGH v. 07.05.2009, a.a.O.) auch für den abhängig beschäftigten Schuldner, der eine nicht angemessene Erwerbstätigkeit ausübt (BGH, Beschl. v. 14.01.2010, IX ZB 242/06, NZI 2010, 228). Den Bewerbungsbemühungen nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO wird der Schuldner nur gerecht, wenn er sich aktiv durch stetige Lektüre einschlägiger Stellenanzeigen und durch entsprechende Bewerbungen, die bei Vorliegen eines entsprechenden Stellenangebotes etwa zwei bis drei Schreiben pro Woche erreichen müssen, ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemüht; das Abgeben einer Bewerbung durchschnittlich etwa nur alle drei Monate genügt nicht (BGH, Beschl. v. 19.05.2011, IX ZB 224/09, ZVI 2011, 305). Hierbei ist es Sache des Schuldners, die von ihm geltend gemachten Maßnahmen zur Erlangung einer angemessenen Erwerbsmöglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht nachvollziehbar darzulegen und mit geeigneten Beweismitteln wie schriftlichen Bewerbungsgesuchen und hierauf bezogenen Antwortschreiben der Arbeitgeber nachzuweisen (BGH, Beschl. v. 27.04.2010, IX ZB 267/08, NZI 2010, 693). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Schuldners zu seinen angabegemäß bereits vor und auch nach Insolvenzeröffnung durchgeführten Bewerbungen nicht. Er selbst nennt in seiner Darstellung vom 07.10.2014 namentlich nur drei Versicherungen, mit denen er Bewerbungsgespräche geführt habe, um sich anschließend darauf zurückzuziehen, dass weitere schriftliche Bewerbungen in diesen Gesprächen jeweils von vornherein als aussichtslos bezeichnet worden seien. Insgesamt habe er sich bei elf Versicherungen beworben. Aus den nunmehr vorgelegten drei Antwortschreiben jeweils von November 2014 auf jüngst versendete Bewerbungsschreiben ergeben sich über eine Bezugnahme auf frühere Bewerbungen lediglich zwei konkrete Bewerbungsversuche bei den vom Schuldner benannten Versicherungen. Im Übrigen durfte der Schuldner seine Bemühungen nicht auf seine bestehenden Kontakte zur Versicherungswirtschaft beschränken und Bewerbungen ausschließlich an Versicherungsunternehmen richten. Vielmehr hätte er mit Blick auf das Erfordernis der Erzielung auch einer angemessenen Bezahlung, die einen Schuldner regelmäßig dazu verpflichtet, eine besser bezahlte Tätigkeit anzunehmen, wenn er für seine bisherige nicht hinreichend entlohnt wird (HambKomm-Streck, 2. Aufl., § 295, Rn. 5), sein Bemühen um eine angemessene Erwerbstätigkeit über das Studieren entsprechender Stellenausschreibungen auch auf andere Unternehmen ausdehnen müssen, um sich in dem von der Rechtsprechung geforderten Umfang bei diesen zu bewerben. Denn mit Blick auf die gesamten Lebensumstände des Schuldners erscheint es nicht als unangemessen, auch in anderen Bereichen als der Versicherungsbranche im Vertriebsinnendienst tätig zu werden. Dass dem Schuldner allein eine vertriebsbezogene Tätigkeit als freier Handelsvertreter für Versicherungen zumutbar ist, trifft entgegen seiner Ansicht nicht zu. Solange der Schuldner danach die entsprechende Anzahl erforderlicher Bewerbungen in den für ihn als angemessen anzusehenden Tätigkeitsbereichen nicht nachweist, kann er sich nicht darauf berufen, dass es ihm nicht möglich gewesen sein sollte, eine angemessene Erwerbstätigkeit mit der hierfür vorgesehenen angemessenen Bezahlung auszuüben.
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(1) Die Restschuldbefreiung ist durch Beschluss zu versagen, wenn dies von einem Insolvenzgläubiger, der seine Forderung angemeldet hat, beantragt worden ist und wenn
- 1.
der Schuldner in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag wegen einer Straftat nach den §§ 283 bis 283c des Strafgesetzbuchs rechtskräftig zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, - 2.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden, - 3.
(weggefallen) - 4.
der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig die Befriedigung der Insolvenzgläubiger dadurch beeinträchtigt hat, daß er unangemessene Verbindlichkeiten begründet oder Vermögen verschwendet oder ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verzögert hat, - 5.
der Schuldner Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, - 6.
der Schuldner in der nach § 287 Absatz 1 Satz 3 vorzulegenden Erklärung und in den nach § 305 Absatz 1 Nummer 3 vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat, - 7.
der Schuldner seine Erwerbsobliegenheit nach § 287b verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(2) Der Antrag des Gläubigers kann bis zum Schlusstermin oder bis zur Entscheidung nach § 211 Absatz 1 schriftlich gestellt werden; er ist nur zulässig, wenn ein Versagungsgrund glaubhaft gemacht wird. Die Entscheidung über den Versagungsantrag erfolgt nach dem gemäß Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkt.
(3) Gegen den Beschluss steht dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger, der die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, die sofortige Beschwerde zu. Der Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen.
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.
(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.
(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
(1) Das Insolvenzgericht versagt die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist eine seiner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; im Fall des § 295 Satz 1 Nummer 5 bleibt einfache Fahrlässigkeit außer Betracht. Der Antrag kann nur binnen eines Jahres nach dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem die Obliegenheitsverletzung dem Gläubiger bekanntgeworden ist. Er ist nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 glaubhaft gemacht werden.
(2) Vor der Entscheidung über den Antrag sind der Treuhänder, der Schuldner und die Insolvenzgläubiger zu hören. Der Schuldner hat über die Erfüllung seiner Obliegenheiten Auskunft zu erteilen und, wenn es der Gläubiger beantragt, die Richtigkeit dieser Auskunft an Eides Statt zu versichern. Gibt er die Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung ohne hinreichende Entschuldigung nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist ab oder erscheint er trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne hinreichende Entschuldigung nicht zu einem Termin, den das Gericht für die Erteilung der Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung anberaumt hat, so ist die Restschuldbefreiung zu versagen.
(3) Gegen die Entscheidung steht dem Antragsteller und dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Die Versagung der Restschuldbefreiung ist öffentlich bekanntzumachen.
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den vorgenannten Beschluss wird abgelehnt.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die 1. Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 2
- Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob ein verheirateter Schuldner verpflichtet ist, im Rahmen der Erwerbsobliegenheit auf die Wahl einer geeigneten Steuerklasse zu achten, ist geklärt. Wählt der verheiratete Schuldner ohne hinreichenden sachlichen Grund eine für den Gläubiger ungünstige Steuerklasse, kann darin ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit liegen (Braun/Lang, InsO, 3. Aufl., § 295 Rn. 5; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 295 Rn. 6; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 295 Rn. 14 c; Graf-Schlicker/Kexel, InsO § 295 Rn. 4; Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 295 Rn. 6 im Anschluss an AG Duisburg ZVI 2002, 163, 164). Dies steht in Einklang mit der Ansicht des Senats zu § 4c Nr. 5 InsO. Danach ist dem Schuldner in Hinblick auf die Verfahrenskostenstundung zuzumuten, in die Steuerklasse IV zu wechseln, um sein liquides Einkommen zu erhöhen, wenn er ohne einen sachlichen Grund die Steuerklasse V gewählt hat, um seinem nicht insolventen Ehegatten die Vorteile der Steuerklasse III zukommen zu lassen (BGH, Beschl. v. 3. Juli 2008 - IX ZB 65/07, NZI 2008, 624, 625 Rn. 5). Nach den Grundsätzen der Individualzwangsvollstreckung ist in entsprechender Anwendung von § 850h Abs. 2 ZPO ebenfalls eine missbräuchliche Steuerklassenwahl den Gläubigern gegenüber unbeachtlich (vgl. BGH, Beschl. v. 4. Oktober 2005 - VII ZB 26/05, WM 2005, 2324, 2325; BAG, NJW 2008, 2606, 2608 Rn. 25). Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde verstoßen diese Grundsätze auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
- 3
- Beschwerdegericht Das hat unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze das Beibehalten der Steuerklasse V als Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 1, § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO beurteilt. Dies ist eine zulässige tatrichterliche Bewertung, die einzelfallbezogen ist und jedenfalls keine symptomatischen Rechtsfehler aufweist.
- 4
- einer Von weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
- 5
- 2. Da die Rechtsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kommt die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht (§ 4 InsO, § 114 Satz 1 ZPO).
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG Wuppertal, Entscheidung vom 17.08.2006 - 145 IK 193/03 -
LG Wuppertal, Entscheidung vom 15.12.2006 - 6 T 548/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO, Art. 103 f EGInsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 2
- 1. Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Abweichung der angegriffenen Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt nicht vor. Das Beschwerdegericht hat den Versagungsantrag der Gläubige- rin nach § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht mangels Glaubhaftmachung zurückgewiesen , sondern zu Recht festgestellt, dass die im Antrag vorgebrachten Tatsachen nicht auf eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 InsO schließen lassen. Auch nach der von der Rechtsbeschwerde zitierten Senatsentscheidung bedarf es zunächst einmal eines schlüssigen Vortrags des antragstellenden Gläubigers, welcher einen Versagungstatbestand wahrscheinlich macht, bevor aufwendige gerichtliche Ermittlungen aufgenommen werden (BGH, Beschluss vom 11. September 2003 - IX ZB 37/03, BGHZ 156, 139, 142). Im Streitfall lässt sich aus dem Vorbringen der Gläubigerin nicht darauf schließen, dass der Schuldner Bezüge im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verheimlicht hat.
- 3
- 2. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch eine angemessene Bezahlung erfordere, wird einhellig bejaht und bedarf keiner höchstrichterlichen Klärung (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2009 - IX ZB 2/07, NZI 2009, 326 Rn. 2; MünchKomm-InsO/Ehricke, 2. Aufl., § 295 Rn. 17; HK-InsO/Landfermann, 6. Aufl., § 295 Rn. 5; Wenzel in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, Stand: Mai 2008, § 295 Rn. 6; FK-InsO/Ahrens, 6. Aufl., § 295 Rn. 15; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 295 Rn. 11; GrafSchlicker /Kexel, InsO, 2. Aufl., § 295 Rn. 4; Römermann in: Nerlich/ Römermann, InsO, Stand: Januar 2011, § 295 Rn. 4).
- 4
- 3. Ebenso wenig liegt eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten vor. Da das Insolvenzgericht zu Recht von einem von Beginn an unzulässigen Versagungsantrag der Gläubigerin ausgegangen ist, hatte seine Amtsermittlungspflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 InsO noch nicht begonnen und es war nicht gehalten , den Schuldner nach § 296 Abs. 2 Satz 2 InsO zur weiteren Mitwirkung und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu verpflichten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2011 - IX ZB 274/10, WM 2011, 1280 Rn. 13).
- 5
- 4. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 27.12.2010 - 7 IN 22/07 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 14.02.2011 - 3 T 3/11 -
(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.
(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.
(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Das Gericht kann die Stundung aufheben, wenn
- 1.
der Schuldner vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über Umstände gemacht hat, die für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Stundung maßgebend sind, oder eine vom Gericht verlangte Erklärung über seine Verhältnisse nicht abgegeben hat; - 2.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Stundung nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind; - 3.
der Schuldner länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages schuldhaft in Rückstand ist; - 4.
der Schuldner keine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich nicht um eine solche bemüht oder eine zumutbare Tätigkeit ablehnt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt; dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft; § 296 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend; - 5.
die Restschuldbefreiung versagt oder widerrufen wird.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- In dem auf Antrag des Schuldners eröffneten Insolvenzverfahren kündigte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 15. Dezember 2000 an, dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlange, wenn er für die Zeit von fünf Jahren ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens den Obliegenheiten des § 295 InsO nachkomme. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Februar 2001 aufgehoben.
- 2
- Der Schuldner ist als Bauingenieur selbständig tätig. Während der Wohlverhaltensphase hätte er unter Berücksichtigung seiner Unterhaltsverpflichtungen einen fiktiven pfändbaren Betrag von 26.788,40 € an den Treuhänder ab- führen müssen. Tatsächlich hat er Zahlungen in Höhe von 9.136,60 € erbracht. Mit Beschluss vom 28. Dezember 2006 hat das Insolvenzgericht ihm unter Zurückweisung eines Versagungsantrags des Gläubigers die Restschuldbefreiung nach § 300 InsO erteilt. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Versagungsantrag weiter.
II.
- 3
- Die gemäß §§ 7, 6 Abs. 1, § 300 Abs. 3 Satz 2 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Sache weist keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts ist nicht erforderlich.
- 4
- Der 1. Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass § 295 Abs. 2 InsO die vom Schuldner abzuführenden Beträge vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg seiner selbständigen Tätigkeit ablöst. Zu berechnen ist das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen aus einem angemessenen Dienstverhältnis. Angemessen ist nur eine dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit. (BGH, Beschl. v. 5. April 2006 - IX ZB 50/05, NZI 2006, 413, 414 Rn. 13). Im vorliegenden Fall scheidet eine Versagung der Restschuldbefreiung aus, weil die Tatsacheninstanzen festgestellt haben, dass der Schuldner aufgrund seines Alters und der problematischen Verhältnisse am Arbeitsmarkt nicht die Möglichkeit gehabt hätte, in ein angemessenes abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu wechseln, bei dem er ein höheres pfändbares Einkommen hätte erzielen können. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde lassen keinen Zulässigkeitsgrund erkennen.
- 5
- 2. Allgemein besteht Veranlassung zu folgenden Hinweisen: Der Gläubiger , der einen Antrag stellt, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen , genügt im Fall des § 295 Abs. 2 InsO seiner Pflicht zur Glaubhaftmachung der Obliegenheitspflichtverletzung und der Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1 InsO), wenn er darlegt, dass der Schuldner an den Treuhänder nicht den Betrag abgeführt hat, den er bei Ausübung einer vergleichbaren abhängigen Tätigkeit - etwa nach BAT - hätte abführen müssen. Der Schuldner muss sich dann von dem Vorwurf entlasten, seine Obliegenheitspflichten schuldhaft verletzt zu haben (§ 296 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs. InsO). Erkennt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet , um seine Gläubiger so zu stellen, als übe er eine entsprechende abhängige Tätigkeit aus, braucht er seine selbständige Tätigkeit zunächst nicht aufzugeben. Er muss sich dann aber - ebenso wie ein beschäftigungsloser Schuldner - gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (AG München ZVI 2005, 384, 385; Grote ZInsO 2004, 1105, 1107 f; Uhlenbruck/ Vallender, InsO 12. Aufl. § 295 Rn. 73; vgl. ferner AG Neu-Ulm ZVI 2004, 131, 132; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 295 Rn. 64; HmbKomm-InsO/Streck, 2. Aufl., § 295 Rn. 26; HK-InsO/Landfermann, 5. Aufl. § 295 Rn. 12).
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Münster, Entscheidung vom 28.12.2006 - 77 K 7/99 -
LG Münster, Entscheidung vom 21.06.2007 - 5 T 26/07 -
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die gemäß §§ 6, 7, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 2
- Die 1. Annahme des Beschwerdegerichts, der Versagungsantrag der Gläubiger sei binnen der in § 296 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmten Jahresfrist gestellt worden, verletzt nicht die Verfahrensgrundrechte des Schuldners aus Art. 103 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
- 3
- a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 86, 133, 144; BGHZ 173, 47, 56 Rn. 30). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen hat (BVerfG NJW 1992, 1031; BGH, Beschl. v. 16. September 2008 - X ZB 28/07, GRUR 2009, 90, 91 Rn. 7). Die inhaltliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung kann mit der Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs nicht zur Überprüfung gestellt werden. Ein Recht mit der eigenen Einschätzung durchzudringen, gibt der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht (BGH, aaO Rn. 10).
- 4
- b) Die Ausführungen des Beschwerdegerichts, wonach die Berichte des Treuhänders, auf die der Schuldner aufmerksam gemacht hatte, und sein sonstiger Vortrag nicht die Annahme gerechtfertigt hätten, die Gläubiger hätten sich bereits viel früher ohne nennenswerte Mühe ein zuverlässiges Bild vom Vorliegen des Versagungsgrundes machen können, lassen erkennen, dass der Vortrag des Schuldners zur Kenntnis genommen und gewürdigt worden ist.
- 5
- 2. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob der Schuldner , der eine nicht angemessene Erwerbstätigkeit ausübt, nach § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht nur dazu gehalten ist, eine ihm angebotene angemessene Erwerbstätigkeit zu übernehmen, sondern sich auch um eine solche zu bemühen, ist nicht klärungsbedürftig. Der Bundesgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die Obliegenheit, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemü- hen, nicht nur für den beschäftigungslosen Schuldner gilt. Auch der Schuldner, der eine nicht auskömmliche selbständige Tätigkeit ausübt, ist gehalten, sich nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (BGH, Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, WM 2009, 1291 f Rn. 5). Nichts anderes gilt für den Schuldner, der anstelle einer angemessenen Vollzeittätigkeit lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausübt.
- 6
- 3. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zur Obliegenheitsverletzung und Glaubhaftmachung stehen im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der weitere Beteiligte hat seinen Versagungsantrag auf unstreitigen Verfahrensstoff gestützt, so dass eine gesonderte Glaubhaftmachung entbehrlich war (BGHZ 156, 139, 143; BGH, Beschl. v. 8. Januar 2009 - IX ZB 73/08, WM 2009, 515 Rn. 6). Dass der Schuldner schuldhaft gehandelt hat, bedarf keiner gesonderten Glaubhaftmachung (BGH, Beschl. v. 24. September 2009 - IX ZB 288/08, WM 2009, 2180 f Rn. 6).
- 7
- 4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fischer Pape
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 19.05.2006 - 1502 IN 2262/02 -
LG München I, Entscheidung vom 25.10.2006 - 14 T 11607/06 -
Dem Schuldner obliegt es, in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist
- 1.
eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen; - 2.
Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zur Hälfte des Wertes sowie Vermögen, das er als Gewinn in einer Lotterie, Ausspielung oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit erwirbt, zum vollen Wert an den Treuhänder herauszugeben; von der Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen; - 3.
jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder anzuzeigen, keine von der Abtretungserklärung erfaßten Bezüge und kein von Nummer 2 erfaßtes Vermögen zu verheimlichen und dem Gericht und dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit oder seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und sein Vermögen zu erteilen; - 4.
Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen; - 5.
keine unangemessenen Verbindlichkeiten im Sinne des § 290 Absatz 1 Nummer 4 zu begründen.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Insolvenzgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Das Insolvenzgericht eröffnete am 27. Mai 2002 auf den Eigenantrag des Schuldners das (vereinfachte) Insolvenzverfahren und kündigte am 28. November 2003 die Restschuldbefreiung an. Am 30. Januar 2004 hob es nach Vollzug der Schlussverteilung das Insolvenzverfahren auf. In der Wohl- verhaltensperiode war der Schuldner selbständig und unselbständig erwerbstätig ; der Treuhänder vereinnahmte in dieser Zeit vom Schuldner insgesamt 13.872,18 €. Im Anhörungstermin zur beabsichtigten Erteilung der Restschuldbefreiung (§ 300 Abs. 1 InsO) beantragte der beteiligte Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung, weil der Schuldner seiner Erwerbsobliegenheit nicht nachgekommen sei und als Selbständiger keine Gelder an den Treuhänder abgeführt habe, obwohl er dazu nach § 295 Abs. 2 InsO verpflichtet gewesen wäre. Er hätte nach Ansicht des Gläubigers als Leiter eines gehobenen Restaurants zwischen 3.500 € und 4.000 € brutto verdienen und dementsprechend monatlich 1.000 € bis 1.500 € an den Treuhänder abführen können und müssen.
- 2
- Am 4. März 2009 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers hat das Landgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Gläubiger mit der Rechtsbeschwerde , mit der er weiterhin die Versagung der Restschuldbefreiung erreichen will.
II.
- 3
- Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 7, 6 Abs. 1, § 300 Abs. 3 Satz 2 InsO; § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), auch im Übrigen zulässig. Sie ist begründet und führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Insolvenzgericht.
- 4
- 1. Das Beschwerdegericht hat unter anderem ausgeführt: Der Schuldner habe, soweit es ihm möglich gewesen sei, angemessene Erwerbstätigkeiten ausgeübt, die jedoch stark saisonabhängig immer wieder befristet gewesen seien. Er habe sich in den übrigen Zeiten um eine angemessene Tätigkeit bemüht. In den verbleibenden Zeiträumen ohne Beschäftigungsverhältnisse habe er freiberuflich gearbeitet. Es sei nicht zielführend, zur Klärung der Frage, ob die ausgeführte Erwerbstätigkeit angemessen gewesen sei, auf entsprechende Einkommenstabellen für das Segment der gehobenen Gastronomie abzustellen. Die statistisch möglichen Einkommensmöglichkeiten sagten nichts darüber aus, ob es dem Schuldner auch bei Entfaltung entsprechender Bemühungen habe gelingen können, durchgängig seiner Qualifikation entsprechend angestellt zu werden. Soweit der Schuldner selbständig tätig gewesen sei, könne ein zunächst geringer Gewinn nicht isoliert gesehen werden. Er habe als Selbständiger immerhin einen Gewinn von 19.877 € erwirtschaftet. Dass er nicht noch höhere Einkünfte erzielt habe, sei ihm nicht als Verschulden anzulasten.
- 5
- 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit sie den Zeitraum der ersten selbständigen Tätigkeit des Schuldners in der maßgeblichen Treueperiode (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - IX ZB 249/07, ZInsO 2009, 299 Rn. 8 ff) vom 1. Juni 2004 bis zum 27. Februar 2006 betreffen. Mit dem Beschwerdegericht ist davon auszugehen, dass infolge der vorrangigen Abtretung der pfändbaren Einkünfte eine Gläubigerbenachteiligung erst ab 1. Juni 2004 in Betracht kommt.
- 6
- a) Das Beschwerdegericht hat § 295 Abs. 2 InsO nicht beachtet. Ob der Schuldner als selbständig Tätiger einen Gewinn erzielt hat oder ob er einen höheren Gewinn hätte erwirtschaften können, ist unerheblich. Nach § 295 Abs. 2 InsO obliegt es dem selbständig tätigen Schuldner, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Die Vorschrift löst die zu berücksich- tigenden Erträge vom tatsächlichen wirtschaftlichen Erfolg der selbständigen Tätigkeit des Schuldners. Das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen ist dabei aus einem angemessenen Dienstverhältnis zu berechnen. Angemessen ist nur eine dem Schuldner mögliche abhängige Tätigkeit (BGH, Beschluss vom 5. April 2006 - IX ZB 50/05, NZI 2006, 413 Rn. 13).
- 7
- aa) Dabei genügt der Gläubiger im Fall des § 295 Abs. 2 InsO seiner Pflicht zur Glaubhaftmachung der Obliegenheitsverletzung des Schuldners und der Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1 InsO), wenn er darlegt, dass der Schuldner an den Treuhänder nicht den Betrag abgeführt hat, den er bei Ausübung einer vergleichbaren abhängigen Tätigkeit nach dem üblichen Lohnniveau hätte abführen müssen. Der Schuldner muss sich dann von dem Vorwurf entlasten, seine Obliegenheitspflichten schuldhaft verletzt zu haben (§ 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO). Erkennt der Schuldner in der Wohlverhaltensphase, dass er mit der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet, um seine Gläubiger so zu stellen, als übe er eine entsprechende abhängige Tätigkeit aus, braucht er seine selbständige Tätigkeit zunächst nicht aufzugeben. Er muss sich dann aber - ebenso wie ein beschäftigungsloser Schuldner - gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen , um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, ZInsO 2009, 1217 Rn. 5).
- 8
- bb) Allerdings scheidet die Versagung der Restschuldbefreiung aus, wenn der Schuldner etwa aufgrund seines Alters oder der ungünstigen Verhältnisse am Arbeitsmarkt nicht die Möglichkeit gehabt hätte, in ein angemessenes abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu wechseln, bei dem er ein höheres pfändbares Einkommen hätte erzielen können als mit der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit (BGH, aaO, Rn. 4).
- 9
- cc) Diese Voraussetzungen hat das Beschwerdegericht nicht geprüft. Weder hat es festgestellt, welchen angemessenen Verdienst der Schuldner in den Jahren 2004 bis 2006 in abhängiger Tätigkeit hätte erzielen können, noch dass sich der Schuldner ausreichend entlastet hat.
- 10
- b) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar, § 577 Abs. 3 ZPO.
- 11
- aa) Der Gläubiger hat einen zulässigen Versagungsantrag gestellt, § 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1 InsO. Er hat sowohl die Obliegenheitsverletzung wie auch die Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung glaubhaft gemacht. Er hat einen Internetauszug vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass ein Restaurantleiter in Bayern zwischen 1.800 € und 4.000 € brutto monatlich verdienen kann, was ungefähr 1.230 € bis 2.295 € netto entspricht. Diese Zahlen hat der Schuldner im Allgemeinen nicht in Frage gestellt. Er hätte danach in den 21 Monaten zwischen Juni 2004 und Februar 2006 jeweils mindestens 170 €, insgesamt also 3.570 €, an den Treuhänder abführen müssen, tatsächlich hat er aber lediglich 810 € an den Treuhänder gezahlt.
- 12
- Allerdings hat der Gläubiger weder dargetan noch glaubhaft gemacht, ab wann er Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung des Schuldners hatte (§ 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1 Satz 2 und 3 InsO). Dennoch ist sein Versagungsantrag zulässig. Für die Verletzung der den Schuldner aus § 295 Abs. 2 InsO treffenden Obliegenheit beginnt die Frist grundsätzlich erst mit Abschluss der Treuhandperiode. Soweit vertreten wird, die Zahlungsobliegenheit des Schuldners nach § 295 Abs. 2 InsO entstehe erst zum Ende der Treuhandperiode (MünchKomm -InsO/Ehricke, 2. Aufl., § 295 Rn. 112; wohl auch Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 295 Rn. 67; Nerlich/Römermann, InsO, 2011, § 295, Rn. 43 ff; Braun/Lang, InsO, 4. Aufl., § 295 Rn. 18; AG Göttingen, ZInsO 2009, 934 f; AG Charlottenburg, ZInsO 2009, 1219; LG Bayreuth, ZInsO 2009, 1555 f; LG Potsdam , ZInsO 2010, 252, 254), kann eine Kenntnis der maßgebenden Umstände nicht zuvor begründet werden (vgl. AG Göttingen, NZI 2009, 334, 335; FKInsO /Ahrens aaO, § 296 Rn. 26 aE).
- 13
- Aber auch wenn die Zahlungsobliegenheit aus § 295 Abs. 2 InsO schon während der laufenden Treuhandphase bestehen sollte (vgl. HK-InsO/Landfermann , 5. Aufl., § 295 Rn. 11; LG Bochum, Beschluss vom 12. März 2008 - 10 T 26/08, juris Rn. 21 ff), kann oft erst am Ende dieser Periode sicher festgestellt werden, ob ein Obliegenheitsverstoß vorliegt. Deswegen müssen auch nach dieser Ansicht die Gläubiger regelmäßig berechtigt sein, den Versagungsantrag unabhängig von einer vorherigen Kenntnis von der Nichtabführung einzelner Beträge erst am Ende der Treuhandphase zu stellen. Ein solcher Fall liegt auch hier vor, weil der Schuldner ständig zwischen selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit gewechselt hat.
- 14
- bb) Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts liegt eine Obliegenheitsverletzung vor. Solange der Schuldner in Anstellung war, hat sich sein Gehalt in dem vom Gläubiger glaubhaft gemachten Rahmen einer üblichen Vergütung bewegt. Selbst wenn zugunsten des Schuldners nur die Zeit seiner abhängigen Beschäftigung nebst Arbeitslosigkeit in der Treuhandperiode berücksichtigt wird (März 2006 bis September 2007, März bis Mitte April 2008), hat er immerhin noch durchschnittlich netto 1.356 € verdient. Gemessen hieran hätte er auch für die Zeit seiner selbständigen Tätigkeit monatlich 255,40 € und http://www.juris.de/jportal/portal/t/21vo/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR286600994BJNE031200000&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - insgesamt 5.363,40 € an den Treuhänder abführen müssen. Tatsächlich hat er in dieser Zeit lediglich 810 € gezahlt.
- 15
- Deswegen muss sich der Schuldner von dem Vorwurf entlasten, schuldhaft gehandelt zu haben (§ 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO). Er muss darlegen und nachweisen, mit seiner selbständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaftet zu haben, um die ihm obliegenden Beträge abzuführen. Diesen Nachweis hat der Schuldner durch die Vorlage der Jahressteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005 an den Treuhänder erbracht. Aus ihnen ergibt sich, dass er in dieser Zeit nur unwesentlich über dem Pfändungsfreibetrag verdient hat.
- 16
- Weiter hätte der Schuldner sich alsbald um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen müssen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, InsO 2009, 1217 Rn. 5). Dies hat er nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht getan. Das Landgericht verweist pauschal auf 38 schriftliche Bewerbungen in der Zeit vom 7. März 2004 bis zum 2. April 2008. Von ihnen entfallen auf die maßgebliche Zeit vom 1. Juni 2004 bis zum 27. Februar 2006 sechs Bewerbungen, durchschnittlich mithin eine Bewerbung in dreieinhalb Monaten.
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- Vom Schuldner kann allerdings nicht gefordert werden, dass er sich, um seinen Obliegenheiten aus § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO gerecht zu werden, zwanzig bis dreißig Mal im Monat bewirbt, wie es teilweise die Familiengerichte von den Unterhaltspflichtigen minderjähriger unverheirateter und ihnen gleichgestellter volljähriger Kinder verlangen. Im Anwendungsbereich des § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO wird der Schuldner im Regelfall bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet sein und laufend Kontakt zu den dort für ihn zuständigen Mitarbeitern halten müssen. Weiter muss er sich selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle bemühen, etwa durch stetige Lektüre einschlägiger Stellenanzeigen und durch entsprechende Bewerbungen (vgl. auch RegE, BTDrs. 12/2443, S. 192; FK-InsO/Ahrens, 6. Aufl., § 295 Rn. 34; BerlKommInsO /Ley, 2009, § 295 Rn.12; MünchKomm-InsO/Ehricke, 2. Aufl. § 295, Rn. 36; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 295, Rn. 22; Wenzel, in Kübler /Prütting/Bork, InsO, § 295 Rn. 9, Nerlich/Römermann, InsO, 2011, § 295 Rn. 17). Als ungefähre Richtgröße können zwei bis drei Bewerbungen in der Woche gelten, sofern entsprechende Stellen angeboten werden (FKInsO /Ahrens, 6. Aufl., § 295 Rn. 34).
- 18
- Welchen Umfang die Bemühungen des Schuldners im Einzelnen aufweisen müssen, um eine hinreichende Arbeitsplatzsuche belegen zu können, lässt sich nicht allgemein gültig klären, sondern ist unter Berücksichtigung branchenbezogener , regionaler und individueller Umstände einzelfallbezogen zu beurteilen , wie der Senat bereits entschieden hat (BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - IX ZB 267/08, NZI 2010, 693 Rn. 2). Die vom Landgericht festgestellten Bemühungen des Schuldners sind keinesfalls ausreichend.
- 19
- 3. Für die restlichen Zeiten erweist sich die Entscheidung des Beschwerdegerichts im Ergebnis als richtig.
- 20
- a) Bezüglich der Tätigkeit als Selbständiger in der Zeit von Oktober 2007 bis Februar 2008 liegt ein Verstoß des Schuldners gegen § 295 Abs. 2 InsO nicht vor. Er hat in dieser Zeit insgesamt 2.141,60 € an den Treuhänder abgeführt. Dies war ausreichend. Aufgrund seines beruflichen Werdegangs steht fest, dass er - abhängig beschäftigt - nicht in der Lage gewesen wäre, höhere pfändbare Beträge zu verdienen. Der berufliche Werdegang des Schuldners ist dadurch gekennzeichnet, dass er nicht ständig Restaurants der Spitzenkategorie geleitet und auch nicht ständig Gehälter im Spitzenbereich verdient hat.
- 21
- b) Soweit der Gläubiger im Übrigen die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit des Schuldners und das Bemühen in Zeiten der Erwerbslosigkeit um eine angemessene Arbeitsstelle in Frage gestellt hat (März 2006 bis September 2007, 1. März bis 14. April 2008), war der Versagungsantrag unzulässig, soweit er sich auf die Zeit bis zum 26. Juli 2007 bezieht. Denn der Gläubiger hat weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, ab wann er Kenntnis von den von ihm behaupteten Verfehlungen hatte, § 296 Abs. 1 Satz 2 und 3 InsO. Außerhalb der Jahresfrist kann der Antrag auch nicht mehr nachgebessert werden (vgl. FKInsO /Ahrens, 6. Aufl., § 296 Rn. 31).
- 22
- In der verbleibenden Zeit liegt eine Obliegenheitsverletzung des Schuldners nicht vor. Er war bis Ende August 2007 für ein Bruttogehalt von 1.849 € abhängig beschäftigt. Dass er in dieser Zeit mehr hätte verdienen können, ist jedenfalls nicht bewiesen. Sein Gehalt bewegt sich in dem vom Gläubiger glaubhaft gemachten Rahmen. Für den Schuldner streitet deshalb die Vermutung , angemessen tätig gewesen zu sein (vgl. FK-InsO/Ahrens, 6. Aufl., § 295 Rn. 29). Zudem widerspricht sein beruflicher Werdegang der These des Gläubigers , er habe in der Spitzengastronomie eine Anstellung mit Spitzengehältern finden können. Im Übrigen hat der Schuldner sich zur Abwendung der anderthalb Monate dauernden Arbeitslosigkeit Anfang 2008 auf sechs Stellen beworben , eine dieser Bewerbungen hatte schließlich Erfolg. Damit hat der Schuldner seinen Obliegenheiten genügt.
- 23
- 4. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden. Dem Schuldner muss Gelegenheit zur Ergänzung seines Vortrages gegeben werden. Auch wird das Gericht zu prüfen haben, ob ein Verschulden des Schuldners gegebenenfalls deswegen ausscheidet, weil sich dieser eng an die Vorgaben des Treuhänders gehalten hat (vgl. FK-InsO/Ahrens, 6. Aufl., § 295 Rn. 81). Da insoweit gegebenenfalls noch eingehende Feststellungen zu treffen sind, hält der Senat es für sachgerecht, die Sache nach § 577 Abs. 4 Satz 1, § 572 Abs. 3 ZPO an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - IX ZB 161/03, BGHZ 160, 176, 185 f).
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 04.03.2009 - 1502 IK 1174/02 -
LG München I, Entscheidung vom 16.09.2009 - 14 T 5588/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die gemäß §§ 6, 7, 296 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts, noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
- 2
- 1. Für die von der Rechtsbeschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage, "in welchem Umfang sich der Schuldner um eine angemessene Tätigkeit bemühen muss und ob er gehalten ist, seine Bemühungen glaubhaft zu machen und, falls ja, in welcher Weise dies zu geschehen hat," besteht kein Klärungsbedarf. In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, dass ein beschäftigungsloser Schuldner gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO gehalten ist, sich nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen, um den Verschuldensvorwurf zu entkräften (BGH, Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, WM 2009, 1291 f Rn. 5; v. 14. Januar 2010 - IX ZB 242/06, WM 2010, 426 Rn. 5). Hieraus folgt unmittelbar, dass es Sache des Schuldners ist, die von ihm geltend gemachten Maßnahmen zur Erlangung einer angemessenen Erwerbsmöglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht nachvollziehbar darzulegen und mit geeigneten Beweismitteln, wozu insbesondere schriftliche Bewerbungsgesuche und die hierauf bezogenen Antwortschreiben der Arbeitgeber gehören können, nachzuweisen. Welchen Umfang die Bemühungen aufzuweisen haben, um eine hinreichende Arbeitsplatzsuche belegen zu können, lässt sich nicht allgemein gültig klären, sondern ist unter Berücksichtigung branchenbezogener, regionaler und individueller Umstände einzelfallbezogen zu beurteilen.
- 3
- Das 2. Beschwerdegericht ist einzelfallbezogen davon ausgegangen, dass sich die beschäftigungslose Schuldnerin nicht nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht hat und mithin der Verschuldensvorwurf des § 295 Abs. 1 Nr. 1, § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht entkräftet wurde (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, aaO; v. 14. Januar 2010 - IX ZB 242/06, aaO). Die vom Tatrichter zu verantwortende Beurteilung weist jedenfalls keinen symptomatischen Rechtsfehler auf.
- 4
- 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 4 InsO, § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 03.09.2008 - 1500 IN 3037/03 -
LG München I, Entscheidung vom 15.10.2008 - 14 T 17356/08 -