Amtsgericht Düsseldorf Urteil, 18. Feb. 2015 - 22 C 11392/12
Tenor
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 26.11.2014
durch den Richter am Amtsgericht N
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 972,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2012 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger im Rahmen des Tarifs ZA 100 zahnärztliche Leistungen für die Behandlungen des Zahnarztes Herrn Dr. U A im Rahmen des Heil- und Kostenplans vom 23.01.2012 über voraussichtlich 2.729,70 € zu erstatten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beklagte ist der private Krankenversicherer des Klägers. Für zahnärztliche Leistungen gilt der Tarif ZA 100. Danach hat die Beklagte Kosten für Zahnbehandlungen in voller Höhe und Kosten für Zahnersatz in Höhe von 80% der Rechnungsbeträge zu erstatten. Dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen und die Tarifbedingungen zugrunde. Diese enthalten in Teil I die Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK), in Teil II die Tarifbedingungen (TB/KK) sowie in Teil III die Tarife.
3Gemäß Ziffer 2.1.2 der Bedingungen für den Tarif ZA 100 sind Kosten für Zahnbehandlung präzisiert als: „Die Gebühren für allgemeine, konservierende (außer bei der Versorgung mit Kronen) und chirurgische zahnärztliche Leistungen, sowie für Maßnahmen bei Erkrankungen der Mundschleimhaut und des Parodontiums“.
4Hinsichtlich der Kosten für Zahnersatz heißt es in Ziffer 2.1.4: „Kosten für Zahnersatz sind die zahnärztlichen Gebühren für prothetische Leistungen, Kronen und Implantate, Eingliederung von Aufbissbehelfen und Schienen. Dazu gehören auch alle damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen und die erforderlichen Vor- und Nachbehandlungen“.
5Für zahnärztliche Behandlungen vereinbarte der Kläger am 26.10.2010 mit seinem behandelnden Zahnarzt Dr. A eine besondere Vergütungshöhe nach § 2 GOZ 1988. Danach war der Zahnarzt berechtigt, für die der Ziffer 708 GOZ a. F. zugrunde liegenden Leistungen Gebühren nach einem Berechnungsfaktor von 5,0 auf Grundlage der GOZ zu berechnen. Wegen weiterer Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die entsprechende Ablichtung (Bl. 143 der GA) Bezug genommen.
6Der Zahnarzt führte beim Kläger wegen Vorliegens einer schweren Parodontitis zahnärztliche Behandlungen in drei Zeitabschnitten zwischen Oktober 2010 und Juni 2011 durch. Seine Leistungen rechnete die Zahnärztliche Abrechnungsgesellschaft AG mit Rechnungen vom 17.11.2010, vom 02.02.2011 sowie vom 05.07.2011 (Bl. 28 ff., 34 ff., 38 ff. der GA) ab.
7In der Rechnung vom 17.11.2010 wurden u. a. Gebühren für eine computergesteuerte Anästhesie mit den Ziffern 202 und 614 GOZ a. F. analog, für eine Desensibilisierung mit der Ziffer 610 GOZ a. F. analog und für eine antimikrobielle photodynamische Therapie mit den Ziffern 705 und 219 GOZ a. F. analog abgerechnet. Zudem erfolgte die Liquidation nach Ziffer 708 GOZ a. F. mit einem Berechnungsfaktor von 5,5. Die Rechnung vom 02.02.2011 enthält gleichfalls die vorgenannten Gebührenpositionen für eine computergesteuerte Anästhesie und eine Desensibilisierung. Für die Abrechnung nach Ziffer 708 GOZ a. F. wurde nunmehr ein Berechnungsfaktor von 5,0 zugrunde gelegt. Gebührenpositionen für eine computergesteuerte Anästhesie und eine antimikrobielle photodynamische Therapie wurden weiterhin in der Rechnung vom 05.07.2011 in Form der bereits dargestellten Analogabrechnung in Ansatz gebracht. Diese letztgenannte Rechnung betrifft Maßnahmen der Zahnbehandlung im Sinne der Ziffer 2.1.2 der Bedingungen für den Tarif ZA 100. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Rechnungsdokumente Bezug genommen.
8Zwischen den Rechnungsbeträgen und den darauf erfolgten Erstattungen seitens der Beklagten ergibt sich hinsichtlich der Rechnung vom 02.02.2011 eine Differenz in Höhe von 283,41 € und bzgl. der Rechnung vom 05.07.2011 eine solche in Höhe von 121,05 €. Wegen der Aufgliederung der Erstattungsbeträge im Einzelnen wird auf die entsprechenden Leistungsabrechnungen der Beklagten (Bl. 41 ff. der GA) Bezug genommen.
9Keine Erstattung erfolgte jeweils für die Gebührenpositionen der Desensibilisierungen und antimikrobiellen photodynamischen Therapien. Hinsichtlich der computergesteuerten Anästhesien glich die Beklagte die Gebühren in der Rechnung vom 05.07.2011 in voller Höhe nicht aus und erstattete auf die Rechnungen vom 17.11.2010 und vom 02.02.2011 nicht den Rechnungsbetrag, der sich aufgrund der vorgenannten Analogberechnung ergibt, sondern sie beschränkte ihre Leistung insoweit auf die Höhe der Gebühren, die sich nach den Ziffern 009 und 010 GOZ a. F. GOZ bemisst. Des Weiteren kürzte sie bei ihrer Erstattung die in den Rechnungen enthaltenen Berechnungsfaktoren von 5,5 bzw. 5,0 auf den Höchstsatz nach der GOZ a. F., welcher 3,5 beträgt. Eine Ausgleichsleistung für angefallene Fremdlaborkosten in Höhe von 170,46 €, welche als Kostenposition in der Rechnung vom 02.02.2011 aufgeführt ist, blieb zudem aus.
10Zusätzlich zu der parodontalen Erkrankung besteht beim Kläger Bedarf an Erneuerung von defektem Zahnersatz. Eine Erneuerung in Form von endgültigen Kronen ist jedoch ohne vorherige erfolgreiche Parodontaltherapie nicht indiziert. Der Zahnarzt erstellte in diesem Zusammenhang am 23.01.2012 einen Heil- und Kostenplan, der die Therapie hinsichtlich des nicht funktionstauglichen Zahnersatzes zum Inhalt hat. Ausweislich des Plans ist nach Entfernung des defekten Zahnersatzes eine temporäre Versorgung mit sog. Langzeitprovisorien vorgesehen, bis die zunächst erforderliche Parodontaltherapie abgeschlossen ist. Der Heil- und Kostenplan des behandelnden Zahnarztes beläuft sich dafür auf 2.729,70 €. Die Übernahme dieser Kosten lehnte die Beklagte ab. Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere einer beabsichtigten Analogabrechnung mehrerer Gebührenpositionen, wird auf den Heil- und Kostenplan (Bl. 52 ff. der GA) Bezug genommen.
11Der Kläger behauptet, dass die Beklagte im Hinblick auf die Rechnung vom 17.11.2010 einen Betrag in Höhe von 935,72 € nicht erstattet habe, wobei für einen darin enthaltenen Anteil in Höhe von 419,35 € eine Erstattungspflicht nur zu 80% bestehe. Außerdem habe er der Beklagten eine an den Zahnarzt adressierte Einzelrechnung der L GmbH über Fremdlaborkosten in Höhe von 170,46 €, die in der Rechnung vom 02.02.2011 enthalten sind, im Original vorgelegt. Des Weiteren beträfen die Rechnungen der B AG vom 17.11.2010 und 02.02.2011 Maßnahmen der Zahnbehandlung im Sinne von Ziffer 2.1.2 der Bedingungen für den Tarif ZA 100 und seien somit zu 100% erstattungsfähig. Weiterhin sei die computergesteuerte Anästhesie in den streitgegenständlichen Rechnungen zu Recht mit den Ziffern 202 und 614 GOZ a. F. analog abgerechnet worden. Überdies sei die Desensibilisierung medizinisch notwendig gewesen und berechtigterweise mit der Ziffer 610 GOZ a. F. analog abgerechnet worden. Gleichfalls sei die antimikrobielle photodynamische Therapie medizinisch notwendig gewesen und zu Recht mit den Ziffern 705 und 219 GOZ a. F. analog abgerechnet worden. Zudem sei die Berechnung eines Steigerungssatzes von 5,0 bzw. 5,5 für die Ziffer 708 GOZ a. F. in den Rechnungen vom 17.11.2010 und vom 02.02.2011 angemessen. Die Maßnahmen im vorgenannten Heil- und Kostenplan seien medizinisch notwendig seien. Außerdem sei zu Recht eine Analogabrechnung der darin aufgeführten Gebührenpositionen vorzunehmen.
12Der Kläger beantragt,
13a) die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 1.256,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.12.2012 zu zahlen und
14b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm im Rahmen des Tarifs ZA 100 zahnärztliche Leistungen für die Behandlungen des Zahnarztes Herrn Dr. A im Rahmen des vorgelegten Heil- und Kostenplans vom 23.01.2012 über voraussichtlich 2.729,70 € zu erstatten.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte behauptet, auf die Rechnung vom 17.11.2010 eine weitere Erstattung in Höhe von 335,48 € (80 % von 419,35 €) geleistet zu haben. Zwischen dem Rechnungsbetrag und den Versicherungserstattungen ergebe sich in Bezug auf die vorgenannte Rechnung daher lediglich ein Differenzbetrag in Höhe von 636,60 €. Die nicht erstatteten Beträge in den Rechnungen der B AG vom 17.11.2010 und 02.02.2011 seien außerdem den Maßnahmen des Zahnersatzes im Sinne von Ziffer 2.1.4 der Bedingungen für den Tarif ZA 100 zuzuordnen. Eine Erstattungspflicht könne daher insoweit allenfalls in Höhe von 80% bestehen.
18Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Herrn Dr. M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten vom 14.12.2013 (Bl. 212 ff. der GA) und die Ergänzung vom 23.07.2014 (Bl. 297 ff. der GA) sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 26.11.2014 (Bl. 352 ff. der GA), in der der Sachverständige das Gutachten mündlich erläutert hat.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst beigefügter Anlagen sowie das Terminsprotokoll vom 26.11.2014 (Bl. 352 ff. der GA) Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
22I.
23Dem Kläger steht gegen die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrages ein Anspruch auf Zahlung von Versicherungsleistungen in Höhe von 972,72 € zu.
24Die den streitgegenständlichen Rechnungen vom 17.11.2010, 02.02.2011 und 05.07.2011 zugrundeliegenden Heilbehandlungen waren medizinisch notwendig, weshalb der Versicherungsfall im Sinne des § 1 Abs. 2 AVB eingetreten war. Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich aus den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den Tarifbedingungen. In § 1 Abs. 2 AVB wird als Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung der versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen definiert. Medizinische Notwendigkeit liegt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen. Hiervon ist auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken (BGH, Urteil vom 17.12.1986, Az. IVa ZR 78/85, BGHZ 99, 228). Bei der entsprechenden Beurteilung ist ein objektiver Maßstab anzulegen, ohne dass es auf die Auffassung des Versicherungsnehmers und auch nicht allein auf die des behandelnden Arztes ankommt (BGH, Urteil vom 10.07.1996, Az. IV ZR 133/95, BGHZ 133, 208).
25Dass ein Versicherungsfall in der Weise vorgelegen hat, als dass die durchgeführten Maßnahmen der Desensibilisierung und der antimikrobiellen photodynamischen Therapie medizinisch notwendig waren, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.
26Zur Desensibilisierung hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.07.2014 sowie in der mündlichen Erläuterung am 26.11.2014 überzeugend ausgeführt, dass diese medizinisch erforderlich gewesen sei. Diesen Schluss habe er insbesondere daraus gezogen, dass laut unbestrittenem Klägervortrag bei diesem beschliffenes Dentin mit starken Empfindlichkeiten vorlag und zudem in der Befunddokumentation des Zahnarztes das Wort „Desentiziser“ enthalten war. Er gehe deshalb davon aus, dass die Desensibilisierung nach Abklingen der Anästhesie notwendig gewesen sei. Die von der Beklagten vorgetragene Tatsache, dass in der Befunddokumentation des Zahnarztes lediglich das Wort „Desentiziser“ zu finden ist, der Patientenakte jedoch keine Indikation oder detaillierte Beschreibung der tatsächlich durchgeführten Maßnahmen entnommen werden kann, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Einwand der Beklagten, die Frage der medizinischen Notwendigkeit einer zahnärztlichen Behandlung müsse ausschließlich auf der Grundlage der Befunddokumentation des behandelnden Arztes beantwortet werden, greift nicht durch. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine derartige Anforderung an die Beurteilungsgrundlage nicht zu entnehmen. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof etwa im Fall von nicht ordnungsgemäßer Führung von Krankenblättern durch den behandelnden Arzt explizit die Möglichkeit eines ergänzenden Sachvortrags und Beweisantritts eingeräumt (BGH, Urteil vom 29.05.1991, Az. IV ZR 151/90, VersR 1991, 987). Danach war es dem Sachverständigen vorliegend unbenommen, die Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit neben der einbezogenen Befunddokumentation zusätzlich auch auf weitere unbestrittene Tatsachengrundlagen zu stützen. Dem Erfordernis einer objektiven Beurteilung ist indessen durch das gerichtlich eingeholte Gutachten des neutralen Sachverständigen Genüge getan.
27Zur Frage der medizinischen Notwendigkeit der antimikrobiellen photodynamischen Therapie hat der Sachverständige in seinem Gutachten 14.12.2013 ebenfalls überzeugend ausgeführt, dass diese Behandlung medizinisch notwendig gewesen sei und es sich hierbei um eine wissenschaftlich anerkannte Methode handele. Aus den Befundunterlagen ergebe sich zweifelsfrei ein Bedarf an Maßnahmen zur Keimzahlreduzierung, wofür die antimikrobielle photodynamische Therapie zur Verfügung stehe. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige auf die gegenteilige Ansicht der Beklagten hin erneut die schulmedizinische Anerkennung bestätigt, weshalb die Leistungspflicht nicht nach § 4 Abs. 6 MB/KK ausgeschlossen ist.
28Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Abrechnung der computergesteuerten Anästhesie nach den Ziffern 202 und 614 GOZ a. F. analog, der Desensibilisierung nach der Ziffer 610 GOZ a. F. analog sowie der antimikrobiellen photodynamischen Therapie nach den Ziffern 705 und 219 GOZ a. F. analog zur Überzeugung des Gerichts in zutreffender Weise erfolgt. Der Sachverständige hat im Einzelnen ausgeführt, welche Leistungen erbracht worden sind und auf welche Weise die entsprechende Abrechnung jeweils vorzunehmen ist.
29Danach stelle die computergesteuerte Anästhesie eine anästhesiologische Methode dar, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der GOZ a. F. im Jahr 1988 nicht bekannt gewesen sei. Im Hinblick auf den apparativen Aufwand und die computerunterstützte Methode der Applikation des Anästhetikums werde diese neuartige Anästhesietechnik weder in der GOZ noch in der GOÄ abgebildet, weshalb nur die Möglichkeit einer analogen Abrechnung bestehe. In seiner Ergänzung hat sich der Sachverständige mit den Einwendungen der Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Abrechenbarkeit der Leistung mit den in der GOZ vorhandenen Gebührenpositionen auseinandergesetzt. Hierbei hat er noch einmal ausgeführt, dass diese Behandlungsmaßnahme in der GOZ nicht reflektiert werde und einzig durch eine Analogabrechnung honoriert werden könne. Unter eingehender Beschreibung dieser apparativen Infiltrationsanästhesie in seiner mündlichen Erläuterung hat er erneut bekräftigt, dass eine Inrechnungstellung insoweit nur im Wege der analogen Abrechnung erfolgen könne.
30Bei der Desensibilisierung handele es sich um eine Versiegelung freiliegender Dentinkanälchen mit dem Ziel einer Schmerzlinderung, wie der Sachverständige in seinem Gutachten herausgestellt hat. Zur Frage der Analogabrechnung hat er in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass eine solche zutreffend sei, falls die Dentinversiegelung unter Einsatz von Substanzen erfolgt, die nach dem Inkrafttreten der GOZ a. F. entwickelt wurden. Vor dem Hintergrund der vorliegend unbestrittenen Verwendung eines später entwickelten Dentinversieglers, ist das Gericht von der Richtigkeit einer analogen Abrechnung überzeugt.
31Zur antimikrobiellen photodynamischen Therapie hat der Sachverständige gutachterlich ausgeführt, dass sich diese, der Keimzahlverringerung in Zahnfleischtaschen dienende Maßnahme mit Farbstoff und Laserlicht, erheblich von den in der GOZ beschriebenen Behandlungsalternativen unterscheide. Sowohl in seinem Gutachten als auch in der Ergänzung hat er insoweit überzeugend eine analoge Abrechnung als die alleinige Möglichkeit der Gebührenberechnung bestätigt.
32Darüber hinaus ist die Beklagte nicht berechtigt, die Erstattung für zahnärztliche Leistungen nach Ziffer 708 GOZ a. F. in den Rechnungen vom 17.11.2010 und 02.02.2011 unter Zugrundelegung eines Steigerungssatzes von 3,5 zu begrenzen. Vielmehr steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es sich in diesem Zusammenhang bei der zwischen dem Kläger und seinem Zahnarzt nach § 2 GOZ a. F. getroffenen Vereinbarung einer Vergütungshöhe in Form der Gebührenberechnung mit einem Berechnungsfaktor von 5,0 um eine angemessene Honorargestaltung handelt. Der Sachverständige hat in seiner Ergänzung gravierende parodontale Probleme beim Kläger konstatiert und angesichts einer stark erhöhten Blutungsneigung überzeugend den Schluss gezogen, dass an jegliche Behandlung besondere Anforderungen zu stellen seien. Infolge der mit erheblichem Mehraufwand verbundenen Therapie und eines erhöhten Schwierigkeitsgrads ist das Gericht davon überzeugt, dass die Behandlung mit einem Steigerungsfaktor von 3,5 nicht ausreichend vergütet wird. Vielmehr erweist sich die Zugrundelegung eines erhöhten Bewertungsfaktors von 5,0, wie ihn der Kläger mit dem behandelnden Zahnarzt vereinbart hat, im vorliegenden Fall als gerechtfertigt und steht in keinem Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen. Soweit jedoch in der Rechnung vom 17.11.2010 ein Berechnungsfaktor von 5,5 zugrunde gelegt wurde, ist dieser in Höhe von 0,5 nicht von der streitgegenständlichen Vergütungsvereinbarung vom 26.10.2010 (Bl. 143 der GA) umfasst und eine Erstattungspflicht der Beklagten bezüglich des entsprechenden Teilbetrags ausgeschlossen.
33Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht eine Erstattungspflicht auch für die in der Abrechnung der B AG vom 02.02.2011 enthaltenen Fremdlaborkosten. Hierbei kann es dahingestellt bleiben, ob die Behauptung des Klägers zutreffend ist, dass er der Beklagten die entsprechende Einzelrechnung der L GmbH vom 13.12.2010 im Original vorgelegt habe. Soweit die Beklagte in diesem Kontext unter Verweis auf § 6 Abs. 1 MB/KK i. V. m. § 6 Abs. 1 Ziffer 1.1 TB/KK der Meinung ist, dass die vorgenannte Einzelrechnung in Urschrift vorgelegt werden müsse und eine eingereichte Kopie (Bl. 36 und 142 der GA) nicht ausreiche, ist dem nicht zu folgen. Nach § 1 Abs. 1 S. 3 Buchst. a MB/KK ist die Beklagte zum Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlungen verpflichtet und nach Ziffer 2.1.4 der Bedingungen für den Tarif ZA 100 besteht eine Pflicht zum Ersatz von zahnärztlichen Gebühren für die im Weiteren dort näher bezeichneten Leistungen. Eine Nachweispflicht des Klägers in Form von urschriftlichen Dokumenten kann sich demgemäß nur auf die vorgenannten vom Versicherungsschutz umfassten Ausgaben erstrecken, die er als Versicherungsnehmer zunächst selbst getragen hat. Aufwendungen für Heilbehandlungen bzw. zahnärztliche Gebühren fallen für den Kläger an, wenn er die entsprechenden Rechnungsbeträge auf seine Leistungspflicht hin begleicht. So liegt es hier jedoch ausschließlich im Bezug auf die o. g. Rechnung der B AG und nicht zugleich auch im Hinblick auf die Einzelabrechnung der L GmbH. Die Letztgenannte ist vielmehr an den Zahnarzt adressiert und stellt eine Leistungsabrechnung im Verhältnis zwischen diesem und der L GmbH dar, ohne dass hieraus für den Kläger eine entsprechende Kostentragungspflicht erwächst. Mithin ist der Kläger seiner Nachweispflicht in der Weise vollumfänglich nachgekommen, als dass er der Beklagten die o. g. Rechnung der B AG vorgelegt hat, welche die Fremdlaborkosten als Gebührenposition enthält. Eine etwaig lediglich als Kopie vorhandene Einzelrechnung über die Fremdlaborkosten schließt eine Erstattungspflicht der Beklagten dagegen nicht aus.
34Überdies sind sämtliche nicht erstattete Leistungen mit Ausnahme der Maßnahme, die der Gebührenziffer 708 GOZ a. F. zugrunde liegt, dem Bereich der Zahnbehandlungen zuzuordnen, die nach den tariflichen Bestimmungen zu 100% zu erstatten sind (Ziffer 3 der Bedingungen für den Tarif ZA 100). Der gegenteiligen Ansicht der Beklagten, wonach es sich hinsichtlich der Rechnungen der B AG 17.11.2010 und 02.02.2011 insoweit um Zahnersatz handele, kann nicht gefolgt werden, weshalb sie sich nicht auf eine entsprechende Leistungsfreiheit in Höhe von 20% berufen kann. Bei den vorgenannten Leistungen handele es sich um allgemeine, konservierende, chirurgische und parodontologische Vorbehandlungsmaßnahmen für eine spätere Neuüberkronung, wie der Sachverständige in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Auch wenn diese Leistungen einer Versorgung mit Kronen zeitlich vorgelagert sind, gehören sie dennoch nicht als „erforderliche Vorbehandlung“ zu den Maßnahmen des Zahnersatzes im Sinne der Ziffer 2.1.4 der Bedingungen für den Tarif ZA 100. Vielmehr handelt es sich vorliegend originär um Zahnbehandlungen zur Therapie der beim Kläger gegebenen parodontalen Erkrankung. Die streitgegenständlichen Maßnahmen zur Parodontitisbehandlung sind hier zwar nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst zeitlich vor einer Versorgung mit Kronen vorzunehmen, doch allein dieser Umstand lässt sie nicht selbst zu Maßnahmen des Zahnersatzes werden. Eine hiervon abweichende Klassifizierung ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund einer etwaig intendierten Zuordnung von Vorbehandlungsmaßnahmen zum Bereich des Zahnersatzes nach Maßgabe von Ziffer 2.1.4 der Bedingungen für den Tarif ZA 100. Der in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der „Vorbehandlung“ kann nicht so verstanden werden, dass bei einem Erfordernis mehrerer verschiedenartiger Behandlungen, von denen die eine aus medizinischer Sicht zwingend vor der anderen zu erfolgen hat, hinsichtlich der zuerst vorzunehmenden Maßnahme von einer Vorbehandlung auszugehen ist. Versicherungsbedingungen sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (BGH, Urteil vom 10.12.2014, Az. IV ZR 281/14, BeckRS 2015, 00031; BGH, Urteil vom 23.06.1993, Az. IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83). Danach geht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer vorliegend vom Wortlaut der Tarifbedingungen und der grundsätzlichen Differenzierung zwischen Zahnbehandlung und Zahnersatz mit einer begrenzten Kostenerstattung nur für Maßnahmen des Zahnersatzes aus. Bei verständiger Würdigung muss er jedoch nicht damit rechnen, dass der Versicherer sein Leistungsversprechen in der Weise einschränkt, als dass Leistungen, die tatsächlich in den Bereich der Zahnbehandlung fallen, per versicherungstariflicher Festlegung als Maßnahmen des Zahnersatzes umgedeutet werden. So läge es jedoch hier, wenn aufgrund des zeitgleichen Bedarfs einer Parodontitisbehandlung und einer Versorgung mit Kronen, die zunächst erfolgende parodontaler Behandlung als Vorbehandlung der Kronenversorgung begriffen würde. Eine solche Auslegung der Tarifbedingungen steht der erkennbaren und berechtigten Erwartung eines redlichen Versicherungsnehmers entgegen, der im Falle eines vereinbarten Versicherungstarifs mit vollumfänglichem Versicherungsschutz für Zahnbehandlungen auch davon ausgehen darf, dass die entsprechenden Kosten zu 100% erstattet werden. Auf einen Eigenanteil muss er sich insoweit nicht einstellen. Mithin verbietet sich eine Lesart von Ziffer 2.1.4 der Bedingungen für den Tarif ZA 100, wonach die vorgenannten streitgegenständlichen Maßnahmen als Vorbehandlung zum Bereich des Zahnersatzes gehören würden.
35Der von der Beklagten zu leistende Mehrbetrag in Höhe von 972,72 € errechnet sich wie folgt: Aus der Liquidation der B AG vom 17.11.2010 wurde ausweislich der Leistungsabrechnungen der Beklagten vom 25.11.2010 und 02.12.2010 ein Betrag in Höhe von 636,60 € nicht erstattet. Gemäß vorstehender Ausführungen besteht für die Leistungen der computergesteuerten Anästhesie, der Desensibilisierung und der antimikrobiellen photodynamischen Therapie eine vollumfängliche Erstattungspflicht. Die hierauf entfallenden noch offenen Teilbeträge sind mit insgesamt 484,74 € zu beziffern. Ein Anspruch auf Versicherungsleistungen in Höhe von 80% für Gebühren nach Ziffer 708 GOZ a. F. besteht nur soweit ein zwischen Kläger und Zahnarzt vereinbarter Steigerungsfaktor von 5,0 zugrunde gelegt wird (s. o.). Es ergibt sich insoweit ein bisher nicht erstatteter Differenzbetrag in Höhe von 91,11 €.
36Hinsichtlich der Rechnung der B AG vom 02.02.2011 weist die Leistungsabrechnung der Beklagten vom 17.02.2011 einen nicht erstatteten Betrag in Höhe von 283,41 € aus. Dieser entfällt auf die Leistungen der computergesteuerten Anästhesie, der Desensibilisierung und des Fremdlabors sowie auf die Gebühren nach Ziffer 708 GOZ a. F. mit einem erhöhten Steigerungsfaktor. Unter Verweis auf die obigen Ausführungen besteht insoweit hinsichtlich der Gebühren nach Ziffer 708 GOZ a. F. eine Ersatzpflicht der Beklagten zu 80% (30,38 €) und im Übrigen in voller Höhe (245,44 €).
37Des Gleichen hat der Kläger einen ungekürzten Anspruch auf Versicherungserstattungen in Bezug auf die Leistungen der computergesteuerten Anästhesie und der antimikrobiellen photodynamischen Therapie laut Abrechnung der B AG vom 05.07.2011. Es ergibt sich insoweit ein bisher von der Beklagten nicht ausgeglichener Betrag für die vorgenannten Gebührenpositionen entsprechend der Leistungsabrechnung vom 13.07.2011 in Höhe von 121,05 €.
38Dem Kläger steht neben dem Zahlungsanspruch bezüglich der bereits entstandenen Behandlungskosten ein Feststellungsanspruch wegen der Leistungspflicht der Beklagten hinsichtlich der zukünftigen Behandlung nach Maßgabe des Heil- und Kostenplans vom 23.01.2012 zu.
39Insbesondere fehlt es nicht an dem für die Erhebung der Feststellungsklage erforderlichen besonderen rechtlichen Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat vorliegend ein berechtigtes Interesse daran, dass die Erstattungspflicht hinsichtlich der zahnärztlichen Leistungen gemäß des Heil- und Kostenplans durch richterliche Entscheidung festgestellt wird, weil die Beklagte eine Kostenübernahme der geplanten Behandlung sowohl prozessual, als auch vorprozessual stets abgelehnt hat.
40Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass die in dem vorgenannten Plan vorgeschlagene Behandlung medizinisch notwendig und der Versicherungsfall im Sinne des § 1 Abs. 2 AVB insoweit eingetreten ist. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten in überzeugender Weise ausgeführt, dass ein dringender Bedarf an parodontaler Behandlung bestehe, der eine geeignete Interimsversorgung bedinge. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der Sachverständige herausgestellt, dass die in dem streitgegenständlichen Heil- und Kostenplan avisierten Maßnahmen vor dem Hintergrund eines umfassenden parodontalen und prothetischen Handlungsbedarfs medizinisch indiziert seien und für einen nachhaltigen Behandlungserfolg darüber hinaus noch weitere, den Heil- und Kostenplan übersteigende Maßnahmen erforderlich seien. Im Hinblick auf den zwischenzeitlich entfernten Zahn 24 seien Änderungen in Form eines Brückengliedes vorzunehmen. Dieser Umstand lässt die im Heil- und Kostenplan vorgesehenen Maßnahmen laut unbestrittenem Klägervortrag dennoch insoweit unberührt, als dass eine Mitbehandlung des den Zahn 24 ersetzenden Implantats im Rahmen der notwendigen Parodontaltherapie medizinisch indiziert ist. Zur Frage der Möglichkeit einer analogen Abrechnung hat der Sachverständige überzeugend bestätigt, dass die im Heil- und Kostenplan aufgeführten Positionen entsprechend in Rechnung gestellt werden könnten.
41Die Ausführungen des Sachverständigen sind durchweg überzeugend. Sowohl das Gutachten als auch die Ergänzung und die mündliche Erläuterung sind in sich schlüssig und nachvollziehbar. Der Sachverständige hat sich eingehend mit sämtlichen ihm zur Verfügung gestellten Krankenunterlagen auseinandergesetzt und diese ausgewertet. Die daraus gezogenen Konsequenzen hat er logisch und widerspruchsfrei dargestellt. Zudem hat der Sachverständige selbst eine Untersuchung des Klägers durchgeführt. Auf dieser Grundlage hat er im Einzelnen plausibel und einleuchtend zu den Beweisfragen Stellung bezogen und seine Feststellungen erläutert. Mit den Einwendungen der Beklagten gegen sein Erstgutachten hat er sich in der ergänzenden Stellungnahme und der mündlichen Erläuterung ausführlich auseinandergesetzt und diese in einleuchtender Weise ausgeräumt. Aus diesem Grund folgt das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen.
42II.
43Der Zinsantrag ist gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB begründet.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Kläger war nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil seiner Forderung unterlegen, für den keine besonderen Kosten angefallen sind.
45Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
46Der Streitwert wird auf 3.986,01 EUR festgesetzt.
47Rechtsbehelfsbelehrung:
48Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
49a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
50b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
51Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
52Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.
53Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
54Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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Urteil einreichenAmtsgericht Düsseldorf Urteil, 18. Feb. 2015 - 22 C 11392/12 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Durch Vereinbarung zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem kann eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl (§ 5 Absatz 1 Satz 2) oder eines abweichenden Punktwertes (§ 5 Absatz 1 Satz 3) ist nicht zulässig. Notfall- und akute Schmerzbehandlungen dürfen nicht von einer Vereinbarung nach Satz 1 abhängig gemacht werden.
(2) Eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 ist nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Zahnarztes schriftlich zu treffen. Dieses muß neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem vereinbarten Steigerungssatz und dem sich daraus ergebenden Betrag auch die Feststellung enthalten, daß eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten. Der Zahnarzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen.
(3) Leistungen nach § 1 Absatz 2 Satz 2 und ihre Vergütung müssen in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Der Heil- und Kostenplan muß vor Erbringung der Leistung erstellt werden; er muß die einzelnen Leistungen und Vergütungen sowie die Feststellung enthalten, daß es sich um Leistungen auf Verlangen handelt und eine Erstattung möglicherweise nicht gewährleistet ist. § 6 Absatz 1 bleibt unberührt.
(4) Bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatzahnärztlichen Leistungen ist eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 nur für vom Wahlzahnarzt persönlich erbrachte Leistungen zulässig.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Dezember 2013 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 13. Juni 2013 zurückgewiesen.
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Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
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Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Kläger begehrt vom Beklagten Ersatz eines Unfallschadens.
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Zwischen den Parteien besteht ein Kfz-Versicherungsvertrag unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB). Der Kläger verlangt von dem Beklagten den Ausgleich eines am 10. Juni 2011 erlittenen Glasbruchschadens an seinem PKW sowie aufgewandter Gutachterkosten. Die Einstandspflicht des Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig; die Parteien streiten über die Fälligkeit und Höhe des klägerischen Anspruchs. Der Beklagte macht geltend, das gemäß A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die AKB sehen insoweit folgende Regelung zum Sachverständigenverfahren vor:
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"A.2.18
Meinungsverschiedenheit über die Schadenhöhe (Sachverständigenverfahren)
A.2.18.1
Bei Meinungsverschiedenheit über die Höhe des Schadens einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswerts oder über den Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten entscheidet ein Sachverständigenausschuss.
A.2.18.2
Für den Ausschuss benennen Sie und wir je einen Kraftfahrzeugsachverständigen. Wenn Sie oder wir innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung keinen Sachverständigen benennen, wird dieser von dem jeweils Anderen bestimmt.
A.2.18.3
Soweit sich der Ausschuss nicht einigt, entscheidet ein weiterer Kraftfahrzeugsachverständiger als Obmann, der vor Beginn des Verfahrens von dem Ausschuss gewählt werden soll. Einigt sich der Ausschuss nicht über die Person des Obmanns, wird er über das zuständige Amtsgericht benannt. Die Entscheidung des Obmanns muss zwischen den jeweils von den beiden Sachverständigen geschätzten Beträgen liegen.
A.2.18.4
Die Kosten des Sachverständigenverfahrens sind im Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen von uns bzw. von Ihnen zu tragen."
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Nach Anzeige des Schadens bezifferte der Beklagte diesen mit Schreiben vom 18. Juli 2011 zunächst auf 509,92 €. Der Kläger zweifelte an der Richtigkeit der Abrechnung und beauftragte am 27. Juli 2011 einen Diplom-Ingenieur mit der Prüfung der Abrechnung sowie erforderlichenfalls mit der Einleitung des Sachverständigenverfahrens. Mit Gutachten vom 5. August 2011 bezifferte dieser den Schaden mit 1.734,12 € netto. Für das Gutachten fielen 437,55 € an. Der vom Kläger beauftragte Ingenieur forderte den Beklagten zur Benennung seines Ausschussmitglieds für das Sachverständigenverfahren auf. Der Beklagte korrigierte die von ihm akzeptierte Schadenhöhe auf 1.019,84 € und benannte den Leiter seiner Sachverständigenabteilung als Ausschussmitglied, den der Ingenieur des Klägers wegen seiner beruflichen Tätigkeit für den Beklagten als befangen ablehnte. Nachdem der Beklagte innerhalb der Zweiwochenfrist kein anderes Ausschussmitglied benannt hatte, berief der vom Kläger beauftragte Ingenieur für den Beklagten einen weiteren Diplom-Ingenieur als Ausschussmitglied. Diese beiden Ingenieure bezifferten den Schaden auf 1.734,12 €. Abzüglich der vom Kläger zu tragenden Selbstbeteiligung ergab sich ein Anspruch des Klägers in Höhe von 1.584,12 €. Der Kläger begehrt mit der Klage diesen Betrag abzüglich vom Beklagten bereits gezahlter 869,84 €, zuzüglich der Kosten für das Sachverständigenverfahren in Höhe von 820,43 €, insgesamt damit einen Betrag von 1.534,71 €.
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Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf dessen Berufung hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, der die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet.
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I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in r+s 2014, 120 abgedruckt ist, ist die geltend gemachte Forderung wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung des Sachverständigenverfahrens nicht fällig. Der Beklagte habe fristgerecht einen Sachverständigen benannt, der am Verfahren habe beteiligt werden müssen. Ein Recht zur Zurückweisung des Sachverständigen sähen die vertraglichen Bestimmungen nicht vor. Eines solchen Rechts bedürfe es auch nicht, weil die inhaltliche Richtigkeit dadurch sichergestellt sei, dass ein Obmann über etwaige divergierende Feststellungen der Parteisachverständigen entscheide.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Anspruch des Klägers fällig. Das nach A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Der Kläger war nach A.2.18.2 Satz 2 AKB berechtigt, selbst einen weiteren Sachverständigen zu benennen, nachdem der Beklagte dies trotz Aufforderung und Ablauf von zwei Wochen nicht getan hatte.
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Der Senat braucht die Frage, ob ein Sachverständiger im Sachverständigenverfahren als befangen abgelehnt werden kann, hier nicht zu entscheiden. Der von dem Beklagten benannte Leiter seiner Sachverständigenabteilung ist als Mitarbeiter einer der Parteien nicht Sachverständiger im Sinne von A.2.18.2 AKB.
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a) Das ergibt die Auslegung von A.2.18.1 und A.2.18.2 AKB.
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Welche Anforderungen an die Person und die Sachkunde eines Sachverständigen zu stellen sind, richtet sich nach den zugrunde liegenden AKB.
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aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Senatsrechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch seine Interessen an (vgl. zum Maßstab der Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.).
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bb) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist dabei vom Wortlaut auszugehen (Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.). Diesem entnimmt der Versicherungsnehmer, dass nach A.2.18.1 AKB bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens ein Sachverständigenausschuss entscheidet und dieser Ausschuss nach A.2.18.2 Satz 1 AKB gebildet wird, indem Versicherungsnehmer und Versicherer je einen "Kraftfahrzeugsachverständigen" benennen. Im Übrigen sind in den Versicherungsbedingungen keine Anforderungen an die Person und Sachkunde des Sachverständigen genannt. Der Versicherungsnehmer kann aus dem Wortlaut nur ersehen, dass es sich bei dem Ausschussmitglied um einen Kraftfahrzeugsachverständigen handeln muss, maßgeblich also der technische Sachverstand der Person ist. Es erscheint daher zweifelhaft, ob er - wie die Revision meint - bereits dem Wortlaut der Regelung eine Einschränkung dahin entnehmen wird, dass ein Mitarbeiter des Versicherers nicht als Ausschussmitglied benannt werden kann, weil nach dem üblichen Verständnis des Begriffs ein Sachverständiger seine "gutachterlichen Leistungen persönlich, unabhängig, unparteiisch, gewissenhaft und weisungsfrei erbringt". Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kennt diese Definition nicht. Mit dem Begriff "Kraftfahrzeugsachverständiger" wird er lediglich ein besonderes Fachwissen verbinden. Da jede Partei einen Sachverständigen zu benennen hat, wird er dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen, dass der jeweils benannte Sachverständige neutral sein muss.
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cc) Dem mit der Regelung verfolgten Sinn und Zweck - soweit diese für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.) - wird er aber entnehmen, dass ein Mitarbeiter einer der Parteien, also auch ein Mitarbeiter des Versicherers, nicht als Sachverständiger auftreten kann. Mit dem Sachverständigenverfahren wird ersichtlich bezweckt, dass die Schadenregulierung möglichst rasch mit sachverständiger Hilfe erledigt wird und kein - möglicherweise langwieriger und kostspieliger - Streit vor den staatlichen Gerichten um die oftmals komplizierte Schadenfeststellung ausgetragen wird (BGH, Urteil vom 1. April 1987 - IVa ZR 139/85, VersR 1987, 601 unter 1 b). Damit ist es unvereinbar, dass der Versicherer oder der Versicherungsnehmer einen Mitarbeiter benennt. Für den Versicherungsnehmer erkennbar soll durch die Beteiligung von Sachverständigen eine dritte, durch Sachkunde ausgewiesene Meinung, jenseits der Ansichten der Parteien, den Schaden bewerten. Das Ziel, die Hinzuziehung eines sach- und fachkundigen Dritten, wird durch die Auswahl eines Mitarbeiters einer Partei als Sachverständigen nicht erreicht. Auf den Einwand des Beklagten, der von ihm benannte Leiter seiner Sachverständigenabteilung sei bei der Erstellung von Sachverständigengutachten weisungsfrei, kommt es nicht an. Der Leiter der Sachverständigenabteilung ist vielmehr schon deshalb kein Sachverständiger im Sinne der AKB, weil es sich bei dem Mitarbeiter einer Partei nicht um einen Dritten im oben genannten Sinne handelt (vgl. ebenso zur Frage der Befangenheit eines Sachverständigen: Volze, VersR 2006, 627, 630 unter V 7 c; ähnlich Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 84 Rn. 16; MünchKomm-VVG/Halbach, § 84 Rn. 28, 30; vgl. auch Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 84 Rn. 27, 29; Rüffer in Rüffer/Halbach/Schimikowski, HK-VVG 2. Aufl. § 84 Rn. 14; Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/Neuhaus, PK-VersR 2. Aufl. § 84 Rn. 21 ff., 24; Schmidt-Kessel in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 84 Rn. 25, 28).
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Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich etwas anderes auch nicht daraus, dass beide Parteien einen Sachverständigen stellen müssen und nach A.2.18.3 AKB ein weiterer Kraftfahrzeugsachverständiger als Obmann entscheidet, soweit sich der Ausschuss nicht einigt. Diesem Regelungszusammenhang entnimmt der Versicherungsnehmer gerade das Gewicht, das der Bewertung durch Dritte beigemessen wird. Der Versicherungsnehmer wird aus dem Umstand, dass beide Parteien einen Sachverständigen zu benennen haben, zwar schließen, dass der jeweils Benannte in einem gewissen Näheverhältnis zum Benennenden stehen kann (Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/Neuhaus, PK-VersR 2. Aufl. § 84 Rn. 23). Keinesfalls wird er aber zu der Ansicht gelangen, dass er in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis stehen darf, denn damit ist er nicht mehr außerhalb der Parteien stehender Dritter.
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b) Mit dem Leiter seiner Sachverständigenabteilung hat der Beklagte damit innerhalb der Zweiwochenfrist keinen Sachverständigen im Sinne der maßgeblichen AKB benannt. Dies hat zur Folge, dass das Bestimmungsrecht nach Ablauf der Frist auf den Kläger übergegangen und das in den AKB vorgesehene Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.
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2. Die im Sachverständigenverfahren getroffenen Feststellungen sind nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VVG verbindlich. Der Beklagte muss sich wegen der Schadenhöhe am Ergebnis des Sachverständigengutachtens festhalten lassen.
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Grundsätzlich sind die Parteien an das Ergebnis des Sachverständigenverfahrens gebunden. Diese Bindung kann nur durch den Nachweis einer erheblichen und offenbaren Unrichtigkeit im Rahmen eines Rechtsstreits aufgehoben werden. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt dann vor, wenn sie sich dem unbefangenen, sachkundigen Beurteiler aufdrängt, wenn auch möglicherweise erst nach eingehender Prüfung; daran sind strenge Anforderungen zu stellen, weil sonst der von den Parteien verfolgte Zweck in Frage gestellt würde, den Schaden möglichst rasch und kostengünstig zu regulieren (Senatsurteil vom 30. November 1977 - IV ZR 42/75, VersR 1978, 121 unter III 3). Soweit der Beklagte in den Vorinstanzen die Schadenhöhe bestritten hat, genügte dies den genannten hohen Anforderungen nicht.
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Mayen Wendt Felsch
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Lehmann Dr. Brockmöller
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
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die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.