Amtsgericht Arnsberg Urteil, 11. Sept. 2014 - 17 Ls 53/14
Gericht
Tenor
Der Angeklagte wird wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen
Auslagen sowie die notwendigen Auslagen des Nebenklägers.
Angewandte Vorschriften: §§ 176, 53 StGB
1
Entscheidungsgründe:
3(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)
4Der zur Tatzeit 71 und jetzt 72 Jahre alte Angeklagte ist Rentner und bezieht eine Rente in Höhe von 986,00 €. Zuvor war er Textilingenieur und nahm eine beratende Tätigkeit wahr. Nach Aktenlage ist der Angeklagte mit den Strafgesetzen bislang noch nicht in Konflikt geraten. Die Auskunft des Bundeszentralregisters vom 14.03.2014 weist keine Eintragungen auf.
5Der Angeklagte ist der frühere Ehemann der Großmutter der am 21.05.2007 geborenen Nebenklägerin. Die Mutter der Nebenklägerin ist eine Tochter aus 1. Ehe der früheren Ehefrau des Angeklagten. Da die Nebenklägerin den Angeklagten als Großvater ansah und daher seine Nähe suchte, kam es an nicht näher bestimmbaren Tattagen in der Zeit bis zum 27.05.2013 zu folgenden Vorfällen:
61.
7An einem nicht näher bestimmbaren Tag bis zum 27.05.2013 war der Angeklagte mit seiner früheren Ehefrau zu Besuch in den Wohnräumen der Eltern der Nebenklägerin in B. Als die Nebenklägerin mit dem Angeklagten im Spielzimmer, das bei Besuchen als Schlafzimmer diente, kuscheln wollte, fragte der Angeklagte sie, ob er ihr an die Scheide fassen dürfe. Obwohl die Nebenklägerin dies verneinte, griff der Angeklagte ihr unter der Kleidung an die Scheide und massierte diese bis die Nebenklägerin ihn erneut aufforderte, dies zu unterlassen.
82.- 3.
9In der Zeit vom 11.05.2013- 18.05.2013 fuhr der Angeklagte unter anderem in Begleitung der Nebenklägerin nach T. An zwei nicht näher bestimmbaren Tagen kuschelte die Nebenklägerin erneut in Abwesenheit der Ehefrau des Angeklagten mit dem Angeklagten in dem dort befindlichen Bett. Auch dort fragte er die Nebenklägerin in beiden Fällen, ob er ihr an die Scheide fassen dürfe. Trotz Verneinung durch die Nebenklägerin ging er in beiden Fällen erneut mit der Hand unter die Kleidung und massierte die Scheide der Nebenklägerin. In einem der Fälle fragte der Angeklagte das Kind ferner, ob diese auch seinen Penis anfassen wolle. Da die Nebenklägerin dieses verneinte, kam es zu keinem Anfassen des Penis.
10Diese Feststellungen beruhen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, deren Umfang sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt.
11Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegte Tat in glaubhafter Weise gestanden. Das Gericht hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieses Geständnisses zu zweifeln. Die Nebenklägerin wurde vor Anklageerhebung gerichtlich vernommen. Die Anklage beruht auf den Ergebnissen dieser Vernehmung. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass sich der Angeklagte, wie aus dem Tenor ersichtlich, strafbar gemacht hat.
12Bei der Bestrafung des Angeklagten ist zu seinen Gunsten das von ihm abgelegte umfassende Geständnis zu berücksichtigen. Mit einzustellen in die Erwägung ist auch, dass er bereits in einem frühen Stadium des Verfahrens gestanden hatte. Bereits vor der gerichtlichen Vernehmung der Nebenklägerin war ein Geständnis des Angeklagten angekündigt worden.
13Weiterhin geht zu Gunsten des Angeklagten, dass dieser ausweislich des Zentralregisterauszugs bislang noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.
14Letztlich ist in die Bewertung einzustellen, dass die Tathandlungen im Vergleich zu anderen, vom Tatbestand des § 176 Abs. 1 StGB umfassten Handlungen von eher geringerer Intensität waren. Auf der anderen Seite ist festzuhalten, dass auch diese Handlungen die Nebenklägerin erheblich beeinträchtigt haben. Nach Schilderung des Vaters im Termin hat bei der Nebenklägerin eine Verhaltens- bzw. Wesensänderung nach dem Vorfall stattgefunden. Die zur Tatzeit 5 bzw. knapp 6 Jahre alte Nebenklägerin kotete sich nach dem Vorfall wieder ein und hatte Magenkrämpfe. Das vor dem Vorfall ungezwungene und lebensfrohe Mädchen war nach dem Geschehen sehr ängstlich, zeigte gegenüber ihren Freundinnen ein sexualisiertes Verhalten, litt an Schlafstörungen und zeigte Schuldgefühle. Diese Folgen dauern nach Schilderung des Vaters bis heute an.
15Bei der Bewertung der Tat erscheint es daher gerechtfertigt, für jede Einzeltat unter Zugrundelegung des Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren, jeweils ein Jahr Freiheitsstrafe festzusetzen.
16Nach erneuter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände war hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren zu bilden.
17Das Gericht hat die Erwartung, dass sich der bisher nicht vorbestrafte Angeklagte auch ohne die Einwirkung des Strafvollzuges künftig straffrei führen wird.
18Die Vollstreckung der Strafe konnte daher zur Bewährung ausgesetzt werden.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 StPO.
Annotations
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt, - 2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt, - 3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.