Insolvenzrecht: Zur Beschwerdebefugnis der Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin

bei uns veröffentlicht am04.04.2014

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters, wenn die Höhe der Festsetzung ihr Recht auf eine Teilhabe an einem Überschuss beeinträchtigen kann.
Der BGH hat in seinem Beschluss vom 20.02.2014 (Az.: IX ZB 32/12) folgendes entschieden:

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal vom 7. März 2012 insoweit aufgehoben, als die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen eine Festsetzung der Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2 auf mehr als 800.000 € verworfen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.


Gründe:

Der weitere Beteiligte zu 2 ist Verwalter in dem am 25. September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, einer in der Rechtsform der GmbH & Co. KG geführten Gesellschaft. Nach der Verwertung der Insolvenzmasse wurden die festgestellten Forderungen sämtlicher Insolvenzgläubiger einschließlich der nachrangigen Insolvenzgläubiger befriedigt. Unter diesen befand sich auch eine Forderung der weiteren Beteiligten zu 1, einer Kommanditistin der Schuldnerin und Geschäftsführerin ihrer Komplementär-GmbH, auf Darlehensrückzahlung. Die weitere Beteiligte zu 1 hatte ihre Forderung zunächst mit 2.202.405,51 € angemeldet, sie sodann bis auf 1.366.437,32 € zurückgenommen und wegen der Differenz auf die weitere Teilnahme am Insolvenzverfahren verzichtet.

Mit Beschluss vom 12. April 2011 hat das Insolvenzgericht die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2 für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter auf 1.090.064,97 € einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer festgesetzt. Dagegen haben die Schuldnerin und die weitere Beteiligte zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hat die weitere Beteiligte zu 1 eine Darlehensforderung in Höhe von 135.505,31 € zur Insolvenztabelle nachgemeldet. In der Begründung ihrer Beschwerde erklärte sie jedoch, sie halte an der Forderungsanmeldung nicht mehr fest. Sie beanspruche aber den ihr nach § 199 InsO zustehenden Anteil an dem zu erwartenden Übererlös.

Das Landgericht hat die sofortigen Beschwerden als unzulässig verworfen und hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung der weiteren Beteiligten zu 1 die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese beantragt mit ihrer Rechtsbeschwerde die Herabsetzung der Vergütung auf 800.000 €.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

Das Beschwerdegericht hat gemeint, der weiteren Beteiligten zu 1 fehle die Beschwerdeberechtigung. Eine solche folge nicht aus ihrer Stellung als Insolvenzgläubigerin, weil ihre zur Tabelle festgestellte Forderung befriedigt worden sei und sie an der Nachmeldung einer weiteren Forderung später nicht mehr festgehalten habe. Auch als Kommanditistin der Schuldnerin sei sie nicht beschwerdeberechtigt. Der Umstand, dass sie als Gesellschafterin nach § 199 InsO einen Anteil an einem verbleibenden Überschuss beanspruchen könne, rechtfertige keine analoge Anwendung des § 64 Abs. 3 InsO über den Kreis der dort als beschwerdeberechtigt bezeichneten Personen hinaus.

Diese Ausführungen halten, soweit die Stellung der weiteren Beteiligten zu 1 als Kommanditistin betroffen ist, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin sind in analoger Anwendung des § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO zur Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters berechtigt, wenn die Höhe der Festsetzung ihr Recht auf eine Teilhabe an einem Überschuss beeinträchtigen kann.

Gegen den Beschluss, mit dem das Insolvenzgericht die Vergütung des Verwalters festsetzt, steht gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Diese Regelung ist jedoch nicht abschließend. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass über den Wortlaut des § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO hinaus anderen Personen die Beschwerdeberechtigung zuerkannt werden kann, wenn diese durch eine fehlerhafte Festsetzung der Vergütung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden. Im Falle der Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist nicht nur dieser selbst beschwerdeberechtigt , sondern auch der spätere Insolvenzverwalter. Ist die Masse unzulänglich, steht das Beschwerderecht auch Massegläubigern zu, wenn durch die Festsetzung der nach § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorrangigen Verwaltervergütung ihre Befriedigung beeinträchtigt wird. In gleicher Weise ist ein Dritter beschwerdebefugt, der sich für den Fall der Masseunzulänglichkeit gegenüber der Masse verpflichtet hat, für die Kosten des Insolvenzverfahrens einzustehen.

Der Gesetzgeber ging davon aus, dass den Betroffenen eine Beschwerdebefugnis zukommen solle , also denjenigen, die durch die Vergütungsfestsetzung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden können. Soweit solche Betroffene in § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO nicht genannt sind, weist die Norm eine planwidrige Regelungslücke auf. Ihnen muss in analoger Anwendung ein Beschwerderecht zuerkannt werden.

Diese Voraussetzungen sind auch im Streitfall gegeben. Die weitere Beteiligte zu 1 kann durch eine fehlerhaft überhöhte Festsetzung der Vergütung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden. Sie ist als Kommanditistin Gesellschafterin der Schuldnerin. Nach dem Schlussbericht des weiteren Beteiligten zu 2 war zum Stichtag 31. März 2010 ein Masseguthaben in Höhe von 307.840,09 € vorhanden, zuzüglich noch zu erwartender Einnahmen aus Vorsteuererstattung in Höhe von 47.137,00 €. Bleibt es bei der bisherigen Festsetzung seiner Vergütung , darf er, da er bereits Vorschüsse in Höhe von insgesamt 836.272,50 € erhalten hat, der Masse noch 253.792,47 € entnehmen. Nach dem Schlussbericht ist davon auszugehen, dass in diesem Fall ein Restbetrag von rund 8.000 € zur Ausschüttung an die Gesellschafter gemäß § 199 InsO verbleibt. Wird die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2 hingegen dem Antrag der weiteren Beteiligten zu 1 entsprechend auf 800.000 € herabgesetzt, hat der weitere Beteiligte zu 2 bereits mehr erhalten, als ihm zusteht. Der zu erwartende Überschuss erhöht sich dann um den Betrag, um den die Vergütung herabgesetzt wird. Da die Schuldnerin keine natürliche Person ist, hat der Verwalter nach § 199 Satz 2 InsO jeder an der Schuldnerin beteiligten Person, mithin auch der weiteren Beteiligten zu 1, den Teil des Überschusses herauszugeben, der ihr bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde. Dieser von der weiteren Beteiligten zu 1 zu beanspruchende Anteil erhöht sich, wenn die Vergütung des Verwalters niedriger festgesetzt wird. Seine Höhe wird somit durch jede fehlerhaft überhöhte Vergütungsfestsetzung unmittelbar beeinträchtigt.

Auf die sich aus dem Gesetz ergebende Beschwerdeberechtigung der Schuldnerin brauchen sich deren Gesellschafter im Falle eines möglichen Überschusses entgegen der Ansicht des weiteren Beteiligten zu 1 nicht verweisen zu lassen, weil der Anspruch auf einen Anteil am Überschuss nach § 199 Satz 2 InsO den an der Schuldnerin beteiligten Personen selbst und nicht der Schuldnerin zusteht.

Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist deshalb gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO im angefochtenen Umfang aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, damit nunmehr in der Sache entschieden werden kann.

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(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

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(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge: 1. die Kosten des Insolvenzverfahrens;2. die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Ma

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BESCHLUSS
IX ZB 32/12
vom
20. Februar 2014
in dem Insolvenzverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin sind zur Beschwerde gegen die Festsetzung
der Vergütung des Insolvenzverwalters befugt, wenn die Höhe der Festsetzung ihr
Recht auf eine Teilhabe an einem Überschuss beeinträchtigen kann.
BGH, Beschluss vom 20. Februar 2014 - IX ZB 32/12 - LG Frankenthal (Pfalz)
AG Ludwigshafen am Rhein
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter Vill,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring
am 20. Februar 2014

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 7. März 2012 insoweit aufgehoben, als die sofortige Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen eine Festsetzung der Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2 auf mehr als 800.000 € verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 290.064,97 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der weitere Beteiligte zu 2 ist Verwalter in dem am 25. September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, einer in der Rechtsform der GmbH & Co. KG geführten Gesellschaft. Nach der Verwertung der Insolvenzmasse wurden die festgestellten Forderungen sämtlicher Insolvenzgläubiger einschließlich der nachrangigen Insolvenzgläubiger (§ 39 InsO) befriedigt. Unter diesen befand sich auch eine Forderung der weiteren Beteiligten zu 1, einer Kommanditistin der Schuldnerin und Geschäftsführerin ihrer Komplementär-GmbH, auf Darlehensrückzahlung. Die weitere Beteiligte zu 1 hatte ihre Forderung zunächst mit 2.202.405,51 € angemeldet, sie sodann bis auf 1.366.437,32 € zurückgenommen und wegen der Differenz auf die weitere Teilnahme am Insolvenzverfahren verzichtet.
2
Mit Beschluss vom 12. April 2011 hat das Insolvenzgericht die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2 für seine Tätigkeit als Insolvenzverwalter auf 1.090.064,97 € einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer festgesetzt. Dagegen haben die Schuldnerin und die weitere Beteiligte zu 1 sofortige Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hat die weitere Beteiligte zu 1 eine Darlehensforderung in Höhe von 135.505,31 € zur Insolvenztabelle nachgemeldet. In der Begründung ihrer Beschwerde erklärte sie jedoch, sie halte an der Forderungsanmeldung nicht mehr fest. Sie beanspruche aber den ihr nach § 199 InsO zustehenden Anteil an dem zu erwartenden Übererlös.
3
Das Landgericht hat die sofortigen Beschwerden als unzulässig verworfen und hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung der weiteren Beteiligten zu 1 die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese beantragt mit ihrer Rechtsbeschwerde die Herabsetzung der Vergütung auf 800.000 €.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2, § 575 ZPO). Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
5
1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, der weiteren Beteiligten zu 1 fehle die Beschwerdeberechtigung. Eine solche folge nicht aus ihrer Stellung als Insolvenzgläubigerin, weil ihre zur Tabelle festgestellte Forderung befriedigt worden sei und sie an der Nachmeldung einer weiteren Forderung später nicht mehr festgehalten habe. Auch als Kommanditistin der Schuldnerin sei sie nicht beschwerdeberechtigt. Der Umstand, dass sie als Gesellschafterin nach § 199 InsO einen Anteil an einem verbleibenden Überschuss beanspruchen könne, rechtfertige keine analoge Anwendung des § 64 Abs. 3 InsO über den Kreis der dort als beschwerdeberechtigt bezeichneten Personen hinaus.
6
2. Diese Ausführungen halten, soweit die Stellung der weiteren Beteiligten zu 1 als Kommanditistin betroffen ist, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin sind in analoger Anwendung des § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO zur Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters berechtigt, wenn die Höhe der Festsetzung ihr Recht auf eine Teilhabe an einem Überschuss beeinträchtigen kann.
7
a) Gegen den Beschluss, mit dem das Insolvenzgericht die Vergütung des Verwalters festsetzt, steht gemäß § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. Diese Regelung ist jedoch nicht abschließend. Der Bundesgerichtshof hat wie- derholt entschieden, dass über den Wortlaut des § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO hinaus anderen Personen die Beschwerdeberechtigung zuerkannt werden kann, wenn diese durch eine fehlerhafte Festsetzung der Vergütung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden. Im Falle der Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters ist nicht nur dieser selbst beschwerdeberechtigt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO), sondern auch der spätere Insolvenzverwalter (BGH, Beschluss vom 27. September 2012 - IX ZB 276/11, ZIP 2012, 2081 Rn. 3). Ist die Masse unzulänglich, steht das Beschwerderecht auch Massegläubigern zu, wenn durch die Festsetzung der nach § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorrangigen Verwaltervergütung ihre Befriedigung beeinträchtigt wird (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - IX ZB 19/10, ZIP 2013, 226 Rn. 9, 13 f). In gleicher Weise ist ein Dritter beschwerdebefugt, der sich für den Fall der Masseunzulänglichkeit gegenüber der Masse verpflichtet hat, für die Kosten des Insolvenzverfahrens einzustehen (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2012, aaO Rn. 15 ff).
8
b) Der Gesetzgeber ging davon aus, dass den Betroffenen eine Beschwerdebefugnis zukommen solle (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 130 zu § 75 RegE-InsO), also denjenigen, die durch die Vergütungsfestsetzung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden können. Soweit solche Betroffene in § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO nicht genannt sind, weist die Norm eine planwidrige Regelungslücke auf. Ihnen muss in analoger Anwendung ein Beschwerderecht zuerkannt werden (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2012, aaO Rn. 9, 13).
9
c) Diese Voraussetzungen sind auch im Streitfall gegeben. Die weitere Beteiligte zu 1 kann durch eine fehlerhaft überhöhte Festsetzung der Vergütung in ihren Rechten unmittelbar beeinträchtigt werden. Sie ist als Kommanditistin Gesellschafterin der Schuldnerin. Nach dem Schlussbericht des weiteren Betei- ligten zu 2 war zum Stichtag 31. März 2010 ein Masseguthaben in Höhe von 307.840,09 € vorhanden, zuzüglich noch zu erwartender Einnahmen aus Vorsteuererstattung in Höhe von 47.137,00 €. Bleibt es bei der bisherigen Festsetzung seiner Vergütung (1.090.064,97 €), darf er, da er bereits Vorschüsse in Höhe von insgesamt 836.272,50 € erhalten hat, der Masse noch 253.792,47 € entnehmen. Nach dem Schlussbericht ist davon auszugehen, dass in diesem Fall ein Restbetrag von rund 8.000 € zur Ausschüttung an die Gesellschafter gemäß § 199 InsO verbleibt. Wird die Vergütung des weiteren Beteiligten zu 2 hingegen dem Antrag der weiteren Beteiligten zu 1 entsprechend auf 800.000 € herabgesetzt, hat der weitere Beteiligte zu 2 bereits mehr erhalten, als ihm zusteht. Der zu erwartende Überschuss erhöht sich dann um den Betrag, um den die Vergütung herabgesetzt wird. Da die Schuldnerin keine natürliche Person ist, hat der Verwalter nach § 199 Satz 2 InsO jeder an der Schuldnerin beteiligten Person, mithin auch der weiteren Beteiligten zu 1, den Teil des Überschusses herauszugeben, der ihr bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde. Dieser von der weiteren Beteiligten zu 1 zu beanspruchende Anteil erhöht sich, wenn die Vergütung des Verwalters niedriger festgesetzt wird. Seine Höhe wird somit durch jede fehlerhaft überhöhte Vergütungsfestsetzung unmittelbar beeinträchtigt.
10
d) Auf die sich aus dem Gesetz ergebende Beschwerdeberechtigung der Schuldnerin brauchen sich deren Gesellschafter im Falle eines möglichen Überschusses entgegen der Ansicht des weiteren Beteiligten zu 1 nicht verweisen zu lassen, weil der Anspruch auf einen Anteil am Überschuss nach § 199 Satz 2 InsO den an der Schuldnerin beteiligten Personen selbst und nicht der Schuldnerin zusteht.

III.


11
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist deshalb gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO im angefochtenen Umfang aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen, damit nunmehr in der Sache entschieden werden kann.
Vill Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Ludwigshafen am Rhein, Entscheidung vom 12.04.2011 - 3 IN 119/01 -
LG Frankenthal, Entscheidung vom 07.03.2012 - 1 T 201/11 -

Können bei der Schlußverteilung die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe berichtigt werden, so hat der Insolvenzverwalter einen verbleibenden Überschuß dem Schuldner herauszugeben. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so hat der Verwalter jeder am Schuldner beteiligten Person den Teil des Überschusses herauszugeben, der ihr bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde.

(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.

(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.

(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.

(1) Der Insolvenzverwalter hat die Masseverbindlichkeiten nach folgender Rangordnung zu berichtigen, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
die Kosten des Insolvenzverfahrens;
2.
die Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden sind, ohne zu den Kosten des Verfahrens zu gehören;
3.
die übrigen Masseverbindlichkeiten, unter diesen zuletzt der nach den §§ 100, 101 Abs. 1 Satz 3 bewilligte Unterhalt.

(2) Als Masseverbindlichkeiten im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gelten auch die Verbindlichkeiten

1.
aus einem gegenseitigen Vertrag, dessen Erfüllung der Verwalter gewählt hat, nachdem er die Masseunzulänglichkeit angezeigt hatte;
2.
aus einem Dauerschuldverhältnis für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte;
3.
aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der Verwalter nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit für die Insolvenzmasse die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.

(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.

(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.

Können bei der Schlußverteilung die Forderungen aller Insolvenzgläubiger in voller Höhe berichtigt werden, so hat der Insolvenzverwalter einen verbleibenden Überschuß dem Schuldner herauszugeben. Ist der Schuldner keine natürliche Person, so hat der Verwalter jeder am Schuldner beteiligten Person den Teil des Überschusses herauszugeben, der ihr bei einer Abwicklung außerhalb des Insolvenzverfahrens zustünde.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.