Gesellschafterstreit: Aussetzung des Eintragungsverfahrens über Änderung des Stammkapitals

published on 13/09/2011 11:12
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Author’s summary by Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Ist nicht analog § 246 a AktG durch die Gesellschaft angreifbar - KG-Beschluss vom 23.06.2011 -Az: 23 AktG 1/11-Rechtsanwalt für Gesellschaftsrecht-BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Das KG hat mit dem Beschluss vom 23.06.2011 (Az: 23 AktG 1/11) entschieden:

Der Antrag einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) auf Freigabe der Eintragung von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung (über eine Herabsetzung und Erhöhung des Stammkapitals) ist unzulässig. § 246 a AktG findet auf die Gesellschaft mit beschränkter Haftung keine analoge Anwendung.


Gründe


Die Gesellschafterversammlung der antragstellenden GmbH hat am 21.01.2011 gegen die Stimmen der Antragsgegnerin beschlossen, das Stammkapital der Gesellschaft zur Deckung eingetretener Verluste auf Null herabzusetzen und gegen Bareinlagen um 1.353.000 EUR zu erhöhen. Die Antragsgegner hat gegen diese Beschlüsse Anfechtungsklage erhoben. Das Registergericht hat das Eintragungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsprozesses ausgesetzt.

Die Antragstellerin und die Nebenintervenientin beantragen festzustellen, dass die Erhebung der Anfechtungsklage der Eintragung der Beschlüsse im Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel dieser Beschlüsse die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Der Antrag ist unzulässig.

Das geltende Recht sieht ein Freigabeverfahren für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH nicht vor. § 246a AktG ist auf Beschlüsse von Gesellschafterversammlungen einer GmbH nicht entsprechend anwendbar.

Gemäß § 246a I AktG kann das Gericht auf Antrag der Gesellschaft durch Beschluss feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen, wenn gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung oder Kapitalherabsetzung (§§ 182 bis 240 AktG) Klage erhoben wird.

Eine analoge Anwendung dieser aktienrechtlichen Bestimmung auf entsprechende Beschlüsse von Gesellschaften mit beschränkter Haftung kommt nicht in Betracht.

Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Ob eine Gesetzeslücke vorhanden ist, die etwa im Wege der Analogie ausgefüllt werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein. Das ist in Ansehung von § 246a AktG nicht der Fall.

§ 246a AktG ist durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005 (BGBl. I, S. 2802) in das Aktiengesetz eingefügt worden. Die Einführung des Freigabeverfahrens entsprach dem Grundanliegen der Regierungskommission Corporate Governance und des 63. Deutschen Juristentages, missbräuchliche Ausübungen des Anfechtungsrechtes zulasten der Gesellschaft zu beschränken. Beide Organisationen hatten sich auf ein Gutachten gestützt, in dem Missbräuche des Anfechtungsrechts durch einzelne, namentlich benannte Aktionäre festgestellt worden waren. Missbräuchliche Anfechtungsklagen von GmbH-Gesellschaftern waren weder Gegenstand des Gutachtens noch der Empfehlungen der Regierungskommission Corporate Governance oder des Deutschen Juristentages.

Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung erklärte ausdrückliche Bezugnahme auf die Grundanliegen der Regierungskommission Corporate Governance und des 63. Deutschen Juristentages macht deutlich, dass die Regelungsabsicht des Gesetzgebers sich in der Behebung gutachtlich festgestellter Missbräuche des Anfechtungsrechts durch Aktionäre erschöpfte. Daher ist § 246a AktG gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht nicht unvollständig.

Im Übrigen könnte ein Gesetzeslücke, wenn sie vorläge, nicht als planwidrig angesehen werden. Die Antragsgegnerin weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber, dem die Missbrauchsproblematik als solche bekannt war, die Novellierung des GmbHG durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 nicht zum Anlass genommen hat, das wenige Jahre vorher für Aktiengesellschaften geschaffene Freigabeverfahren auf GmbHs zu übertragen. Daraus kann nur geschlossen werden, dass die Einführung eines Freigabeverfahrens für Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen einer GmbH nicht gewollt war.

Die Ausdehnung des Freigabeverfahren auf (Publikums-)GmbHs, wie sie von einzelnen Stimmen im Schrifttum befürwortet wird, ist rechtspolitisch diskutabel. Sie ist aber nicht im Gerichts-, sondern nur im Gesetzgebungsverfahren durchsetzbar. Da die Freigabe der Eintragung die Rechte der Gesellschafter empfindlich verkürzt, ist sie als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums verfassungsrechtlich nur zulässig ist, wenn sie sachlich geboten und verhältnismäßig ist. Dies war bei Aktiengesellschaften wegen des dort zu Tage getretenen, gutachtlich belegten Phänomens zunehmenden Missbrauchs der Fall. Ob im Bereich der GmbH ein gleichstarkes Bedürfnis für eine solche Regelung besteht, ist eine Frage, die auf der Grundlage entsprechender Rechtstatsachenforschung nur vom Gesetzgeber, nicht aber von den Gerichten beantwortet werden kann.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 91 I 1, 101 I ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Da § 246a AktG nicht analog anwendbar ist, kommt auch die Wertbestimmung des § 247 I 1 AktG nicht zur Anwendung.



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Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
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(1) Wird gegen einen Hauptversammlungsbeschluss zur Änderung der Satzung nach § 118a Absatz 1 Satz 1, über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung (§§ 182 bis 240) oder einen Unternehmensvertrag (§§ 291 bis 307) Klage erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Gesellschaft durch Beschluss feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Auf das Verfahren sind § 247, die §§ 82, 83 Abs. 1 und § 84 der Zivilprozessordnung sowie die im ersten Rechtszug für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Über den Antrag entscheidet ein Senat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat.

(2) Ein Beschluss nach Absatz 1 ergeht, wenn

1.
die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist,
2.
der Kläger nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags durch Urkunden oder durch einen Nachweis nach § 67c Absatz 3 belegt hat, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1 000 Euro hält oder
3.
das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Antragsgegner überwiegen, es sei denn, es liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vor.

(3) Eine Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen; einer Güteverhandlung bedarf es nicht. In dringenden Fällen kann auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden. Die vorgebrachten Tatsachen, auf Grund deren der Beschluss ergehen kann, sind glaubhaft zu machen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist für das Registergericht bindend; die Feststellung der Bestandskraft der Eintragung wirkt für und gegen jedermann. Der Beschluss soll spätestens drei Monate nach Antragstellung ergehen; Verzögerungen der Entscheidung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Erweist sich die Klage als begründet, so ist die Gesellschaft, die den Beschluss erwirkt hat, verpflichtet, dem Antragsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses entstanden ist. Nach der Eintragung lassen Mängel des Beschlusses seine Durchführung unberührt; die Beseitigung dieser Wirkung der Eintragung kann auch nicht als Schadensersatz verlangt werden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Wird gegen einen Hauptversammlungsbeschluss zur Änderung der Satzung nach § 118a Absatz 1 Satz 1, über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung (§§ 182 bis 240) oder einen Unternehmensvertrag (§§ 291 bis 307) Klage erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Gesellschaft durch Beschluss feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Auf das Verfahren sind § 247, die §§ 82, 83 Abs. 1 und § 84 der Zivilprozessordnung sowie die im ersten Rechtszug für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Über den Antrag entscheidet ein Senat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat.

(2) Ein Beschluss nach Absatz 1 ergeht, wenn

1.
die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist,
2.
der Kläger nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Antrags durch Urkunden oder durch einen Nachweis nach § 67c Absatz 3 belegt hat, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1 000 Euro hält oder
3.
das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses vorrangig erscheint, weil die vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre nach freier Überzeugung des Gerichts die Nachteile für den Antragsgegner überwiegen, es sei denn, es liegt eine besondere Schwere des Rechtsverstoßes vor.

(3) Eine Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen; einer Güteverhandlung bedarf es nicht. In dringenden Fällen kann auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden. Die vorgebrachten Tatsachen, auf Grund deren der Beschluss ergehen kann, sind glaubhaft zu machen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist für das Registergericht bindend; die Feststellung der Bestandskraft der Eintragung wirkt für und gegen jedermann. Der Beschluss soll spätestens drei Monate nach Antragstellung ergehen; Verzögerungen der Entscheidung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen.

(4) Erweist sich die Klage als begründet, so ist die Gesellschaft, die den Beschluss erwirkt hat, verpflichtet, dem Antragsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses entstanden ist. Nach der Eintragung lassen Mängel des Beschlusses seine Durchführung unberührt; die Beseitigung dieser Wirkung der Eintragung kann auch nicht als Schadensersatz verlangt werden.