Baurecht: Ausschreibungsverfahren: Auch einzelne Einheitspreise können sittenwidrig sein

28.04.2010

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Rechtsanwältin

Rechtsanwalt für Immobilienrecht

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Rechtsanwalt für Baurecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Ein spekulatives Bieterverhalten (bis zu 560-facher Überschreitung des durchschnittlichen Preises für eine Einzelposition bei einem Einheitspreisvertrag) ist auch dann nicht schützenswert, wenn durch die anstößig überhöhte Position Verluste bei anderen Positionen ausgeglichen werden sollen.

Das verdeutlichte das Oberlandesgericht (OLG) Dresden im Fall eines Bauunternehmers, der bei einer öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag für den Neubau einer Halle erhalten hatte. Bei der Position „Unterstützungskörbe“ hatte er für die ausgeschriebene Menge von 5 kg einen Einheitspreis von 843 EUR/kg eingetragen. Der günstigste Bieter hatte 1,34 EUR gefordert, der Durchschnittsbetrag lag bei 6,15 EUR. Diese starke Abweichung fiel auf, weil tatsächlich 530 kg verbaut - und berechnet - wurden. Der Bauherr weigerte sich, die geforderten 509.515 EUR für 525 kg Baustahl zu zahlen.

Die Klage des Bauunternehmers blieb erfolglos. Die Richter schrieben ihm ins Stammbuch, dass auch einzelne Einheitspreise sittenwidrig sein können, selbst wenn der Gesamtpreis trotz Mengenmehrung noch nicht anstößig werde. Der Unternehmer dürfe wegen des bauvertraglichen Kooperationsgebots Ausschreibungsfehler nicht zu unangemessenem Gewinn nutzen. Auch wenn er hier bei Zugrundelegung von geringeren Mehrmengen in dieser Position lediglich Wagnis und Gewinn in Höhe von ca. 57.000 EUR oder 2,33 Prozent auf die Gesamtauftragssumme kalkuliert und zum Ausgleich bei allen anderen Positionen auf jegliche Gewinnanteile verzichtet habe, ergebe sich nichts anderes. Er habe damit eingeräumt, das Vergabeverfahren bewusst missbraucht zu haben, um sich regelwidrig einen Vorteil zu verschaffen (OLG Dresden, 4 U 1070/09).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

OLG Dresden, Urteil vom 11.12.2009 - 4 U 1070/09

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 12.06.2009, Az.: 2 HKO 961/07, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Nebenintervenienten in 2. Instanz trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt vorbehalten, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte oder die Nebenintervenienten durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht jeweils derjenige, der die Vollstreckung betreibt, zuvor Sicherheit i. H. v. 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Gründe:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Restwerklohn für an dem Bauvorhaben „Neubau Abstellhalle Bahnhof ...“ erbrachte Leistungen. Mit einer Teilklage macht sie die Vergütung für Mehrmengen an Baustahlgewebe und Unterstützungskörben aus der Position 02.40.0040 geltend. Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 19.06.2006 mit Bauleistungen aufgrund eines Einheitspreisvertrages unter Einbeziehung der VOB/B und ihres Leistungsverzeichnisses. Die Klägerin hatte nach öffentlicher Ausschreibung der Beklagten am 23.05.2006 ein Angebot abgegeben, in dem der Einheitspreis der Pos. 02.40.0040 mit 843,00 EUR/kg ausgewiesen war. Im Laufe des Bauvorhabens wurden für die gegenständliche Position statt der ausgeschriebenen 5 kg insgesamt 530 kg verbaut. Die Klägerin verlangt für die Mehrmengen, die 110% der ausgeschriebenen Mengen überschreiten, einen Preis von 837,44 EUR/kg. Mit ihrer Klage macht sie einen Bruttorestwerklohn von 509.515,24 EUR, kapitalisierte Zinsen i. H. v. 6.663,33 EUR und vorgerichtliche Mahnkosten von 2.359,50 EUR geltend. Die Beklagte hat ihre Zahlungspflicht für über 110% hinausgehende Mehrmengen verneint, weil die Klägerin in Erwartung einer Mengenmehrung einen hohen Gewinn kalkuliert habe. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit sei überschritten worden.

Das Landgericht hat die Teilklage für zulässig erachtet, ihr aber nur in geringem Umfang stattgegeben. Für die über 110% (5,5 kg) hinausgehende Mehrmenge (524,5 kg) könne die Klägerin eine Vergütung von (nur) 1.216,84 EUR verlangen. Für die gegenständliche Position könne der neue und nachkalkulierte Preis von 837,44 EUR/kg nicht beansprucht werden. Denn der Sachverständige habe einen ortsüblichen Preis von 1,50 EUR bis maximal 2,00 EUR/kg ermittelt. Es bestehe ein auffälliges Missverhältnis, dies begründe die Vermutung, dass ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben zugrunde liege. Diese Vermutung habe die Klägerin nicht widerlegt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der günstigste Bieter einen Einheitspreis von 1,34 EUR/kg und der durchschnittliche Bieter einen Einheitspreis von 6,15 EUR/kg angeboten habe, sei ein ortsüblicher Einheitspreis von 2,00 EUR/kg angemessen. Die Mehrmenge sei deshalb mit 1.216,84 EUR brutto zu vergüten. Hinzu komme ein Betrag von 15,14 EUR für Verzugszinsen. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten bestehe nicht.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingereichte Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen vorträgt:

Der Sachverhalt der Entscheidung des BGH, auf die das Landgericht seine Entscheidung gestützt habe, sei nur auf den ersten Blick mit dem hiesigen Sachverhalt vergleichbar. Die Mengenmehrung sei nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte habe die Möglichkeit und Pflicht gehabt, andere Positionen zur Ausführung vorzugeben und im Rahmen der ausgeschriebenen Mengen zu bleiben. Eine verwerfliche Gesinnung liege nicht vor. Das Landgericht habe die subjektiven Tatbestandsmerkmale, die Kausalität und das Mitverschulden der Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt. Die Klägerin habe die extreme Mengenmehrung nicht erkennen können. Zur Widerlegung der Vermutung des sittlich verwerflichen Gewinnstrebens sei der Zeuge T. M. angeboten worden, den das Landgericht nicht vernommen habe. Der eingesetzte Einheitspreis sei zu niedrig. Der von dem Sachverständigen ermittelte ortsübliche Einheitspreis aus den Jahren 1999 bzw. November 2003 sei nicht mit dem Einheitspreis bei Vertragsschluss am 19.06.2006 vergleichbar. Unter Berücksichtigung der übrigen Bieterangebote wäre eine ortsübliche Vergütung i. H. v. 6,84 EUR/kg anzusetzen.

Die Klägerin hat zunächst geltend gemacht, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zur Zahlung weiterer 100.000,00 EUR über den bereits zuerkannten Betrag von 1.231,98 EUR zu verurteilen.


Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Die Berufung ist gemäß §§ 511, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Auch die Berufungserweiterung im Termin vor dem Senat am 19.11.2009 (von 100.000 EUR auf 250.000 EUR) nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist ist zulässig. Die Berufungserweiterung (nach zuvor beschränkter Berufungseinlegung) ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorliegend zulässig, weil sich die Klägerin mit der Erweiterung im Rahmen der ursprünglichen Begründung hält und keine neuen Gründe nachschiebt.

Die Berufung ist unbegründet. Das Landgericht führt zu Recht aus, dass die zulässige Teilklage unbegründet ist und ein Zahlungsanspruch der Klägerin über den Betrag von 1.216,84 EUR aus dem Bauvertrag i. V. m. § 2 Nr. 3 Abs. 2 oder § 2 Nr. 5 VOB/B - Position N 1.001.001 Mehrmenge zu Position 02.040.0040/Unterstützungskörbe aus der Teilschlussrechnung vom 12.01.2007 betreffend - nicht besteht.

Der von der Klägerin geltend gemachte Einheitspreis für die Mehrmengen steht in einem besonders auffälligen Missverhältnis zur Gegenleistung und verstößt damit gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB.

Der BGH hat mit Urteil vom 18.12.2008 der spekulativen Preisbildung für Mengenmehrungen in VOB/B-Bauverträgen Grenzen gesetzt. Die genannte Entscheidung begründet dies maßgeblich und mehrfach mit dem bauvertraglichen Kooperationsgedanken, dem die Vertragsparteien eines VOB/B-Vertrages während der Vertragsdurchführung verpflichtet sind. Hiernach ist es dem Auftragnehmer verwehrt, ggf. vorhandene Ausschreibungsfehler oder seinen Informationsvorsprung für Gewinne aus Nachträgen auf der Basis unangemessener Positionspreise für sich auszunutzen. Ein solches Verhalten ist treu- und auch sittenwidrig. Einen prozentualen Maßstab für die Beurteilung des objektiven Tatbestandes der Sittenwidrigkeit bei der Preisbildung hat der BGH nicht festgelegt. Er hat aber ausgeführt, dass der dort geltend gemachte Einheitspreis für die Mehrmengen in einem besonders auffälligen Missverhältnis zur Gegenleistung steht, was bei einer mehr als 800-fachen Überschreitung des im Bundesdurchschnitt gezahlten Preises für die in diesen Positionen ausgeschriebenen Leistungen keiner weiteren Erörterung bedürfe. In dem Fall, dass der Bieter in einer Position des Leistungsverzeichnisses einen außerordentlich überhöhten Einheitspreis angegeben hat, bestehe die widerlegbare Vermutung, dass er in dieser Position auf eine Mengenmehrung hoffe und durch Preisfortschreibung auf diese Mengenmehrung einen außerordentlich überhöhten Preis erzielen wolle. Diese Spekulation sei jedenfalls dann sittlich verwerflich, wenn sie zu dermaßen überhöhten Preisen führt. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Gesamtpreis selbst nicht anstößig sein sollte und der Unternehmer in anderen Positionen niedrigere Preise eingesetzt habe. Der BGH stellt allein auf die Sittenwidrigkeit des Einheitspreises ab: Die Rechtsordnung könne kein Verständnis dafür aufbringen, dass ein Unternehmer aufgrund eines Ausschreibungsfehlers einen völlig unangemessenen Gewinn in einer Position erlangen könne und dabei gleichzeitig gegen die Prinzipien öffentlicher Vergabe verstoße, die jedenfalls im Grundsatz gewährleisten solle, dass der Bauauftrag zu angemessenen Preisen vergeben werde solle, § 2 Nr. 1 Satz 1 VOB/A. Das gelte selbst für den Fall, dass durch diesen Gewinn Verluste ausgeglichen werden sollten, die der Auftragnehmer dadurch erlange, dass er in anderen Positionen Einheitspreise eingesetzt habe, die weit unter den üblichen Preisen lägen. Denn dieses spekulative Bieterverhalten sei nicht schützenswert. Das gilt nach Ansicht des Senats auch in dem Fall, dass durch die anstößig überhöhte Position der Auftragnehmer erst aus der Verlustzone herauskommt, wie die Klägerin für sich hat vortragen lassen. Denn es bleibt dabei, dass der Auftraggeber durch sein spekulatives Verhalten das Vergabeverfahren manipuliert und vorgegaukelt hat, er sei der günstigste Bieter.

In Übereinstimmung mit dem Landgericht geht auch der Senat davon aus, dass der vereinbarte und gegenständliche Einheitspreis nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig ist.

Der Sachverständige B. hat dargelegt, dass ein Netto-Einheitspreis von 1,50 bis max. 2,00 EUR/kg eine zum Zeitpunkt der Bauausführungen „übliche“ Größenordnung für Baustahlgewebe-Unterstützungskörbe darstellt. Der von der Klägerin angebotene Einheitspreis von 843,00 EUR/kg beinhaltet damit eine minimal 421-fache bis max. 562-fache Überschreitung des üblichen und angemessenen Einheitspreises. Dies stellt ohne Zweifel ein besonders auffälliges Missverhältnis dar, das auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt wird. Mit der Berufungsbegründung räumt sie vielmehr ein, der extrem hohe Einheitspreis bei der streitigen Position sei emotional betrachtet als einzelnes Kalkulationselement äußerst kritikwürdig.

Dahinstehen kann, dass die streitige Position lediglich einen Teil des Gesamtauftrags bildet und möglicherweise der Gesamtpreis auch nach der Mengenmehrung nicht anstößig ist. Denn Maßstab für die Bewertung ist nur die einzelne Position. Das Wesen des Einheitspreises ist es, dass für einzelne Positionen Preise gebildet werden, die rechtsgeschäftlich vereinbart sind. Die Bedeutung dieser Preise erschöpft sich nicht darin, dass sie Teil einer Gesamtpreisbildung sind. Die Einheitspreise haben vielmehr eine eigenständige Bedeutung, wie sie insbesondere bei der Preisbildung nach Mengenmehrungen hervortritt, sei es aufgrund dem Vertrag zugrunde liegender Fehlschätzungen der Mengen, sei es aufgrund von Leistungsänderungen oder zusätzlichen Leistungen. Der Auftragnehmer kann mithin den überhöhten Preis weder durch einen niedrigeren Preis in anderen Positionen „ausgleichen“, noch kommt es auf den späteren Gesamtpreis an, wie er sich nach der Mengenerhöhung ergibt.

Für den Fall, dass der Bieter in einer Position des Leistungsverzeichnisses einen außerordentlich überhöhten Einheitspreis angegeben hat, besteht nach der Rechtsprechung des BGH die widerlegbare Vermutung, dass er in dieser Position auf eine Mengenmehrung hoffte und durch Preisfortschreibung auch für diese Mengenmehrung einen außerordentlich überhöhten Preis erzielen wollte. Diese Spekulation ist jedenfalls dann sittlich verwerflich, wenn sie zu dermaßen überhöhten Preisen führt.

So liegt hier der Fall. Die Klägerin kann mit dem Einwand nicht gehört werden, ihr Kalkulator, der Zeuge T. M., habe die Mengenmehrung weder erwartet noch erkannt. Der Sachverständige B. hat zwar ausgeführt, eine exakte Ermittlung des Bedarfs an Unterstützungskörben sei anhand der zum Zeitpunkt der Angebotserstellung der Klägerin zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht möglich gewesen. Doch wäre eine überschlägige Mengenermittlung zur Kontrolle der offensichtlich fehlerhaften Mengenangaben in den Ausschreibungsunterlagen möglich gewesen. Es sei für die am Bau Beteiligten erkennbar gewesen, dass die im Leistungsverzeichnis ausgewiesenen 5 kg nicht ausreichen würden. Bereits anhand der zum Zeitpunkt der Angebotserstellung zur Verfügung stehenden Unterlagen hätte die Klägerin erkennen können, dass es zur Position der Bewehrungs-Unterstützungskörbe eine Mengenmehrung um ein Vielfaches geben werde. Für den Senat bestehen unter diesen Umständen keine vernünftigen Gründe zur Annahme, die Klägerin habe den Ausschreibungsfehler nicht erkannt oder nicht erkennen können. Im Gegenteil hat sie im vorprozessualen Schriftverkehr und mit ihrer Klageschrift dargetan, die Ausschreibungsunterlagen der Beklagten hätten bei der streitigen Position eine geringe Mengenangabe enthalten. In der Erwartung einer Mengenmehrung sei von ihr als Bieterin bei dieser Position ein hoher Gewinn mit Wagnisanteil kalkuliert worden. Bei allen übrigen Einheitspreispositionen sei kein Wagnis- und Gewinnanteil kalkuliert worden. Mit Schriftsatz vom 04.12.2007 hat sie zudem ausgeführt, sie habe in Erwartung einer gewissen Mehrmenge bei dieser einen gegenständlichen Position einen Spekulationspreis verwendet, jedoch bei allen übrigen Einheitspreis-Positionen keinen Gewinnanteil und einen unüblich niedrigeren AGK-Anteil bezogen auf die kalkulierten Lohnkosten kalkuliert. Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer der Klägerin im Senatstermin vom 19.11.2009 eingeräumt hat, er habe erwartet, anlässlich eines Aufklärungsgesprächs betreffend sein Angebot auf die gegenständliche Position angesprochen zu werden. Denn Abweichungen könnten wegen computergestützter Auswertungsprogramme schnell und einfach festgestellt werden. Weiter hat er ausgeführt, den Vertrag ohne die streitgegenständliche Position nicht geschlossen zu haben, weil er - so die Schlussfolgerung des Senats - nur mit den Mehrmengen ein neutrales bzw. positives Ergebnis erreichen konnte.

Deswegen geht der Senat davon aus, dass die Spekulation der Klägerin sittlich verwerflich ist. Die Klägerin hat mit ihrem spekulativen Bieterverhalten bewusst gegen Sinn und Zweck der Vergabeordnung verstoßen und die Vergleichbarkeit der Preise erschwert, um sich vor den Konkurrenten mit ihren scheinbar günstigen Preisen einen Vorteil zu verschaffen. Für die Sittenwidrigkeit des Einheitspreises sprechen weiter die Besonderheiten des auf Kooperation ausgerichteten Bauvertrages, welche bei vertragsuntypischen Spekulationen des Bieters die tatsächliche Vermutung für seine verwerfliche Gesinnung auslösen.

Erhebliche Einwände gegen den Sachverständigen und das Gutachtenergebnis werden nicht erhoben. Die Klägerin wendet lediglich ein, der Sachverständige arbeite üblicherweise für die Auftraggeberseite; auch der Inhalt des Gutachtens belege seine Voreingenommenheit, da er bei der Bauvariantenauswahl zugunsten des Auftraggebers vermutend und beim Auftragnehmer gedankenlesend arbeite, um das Landgericht zur Feststellung zur bringen, der Kalkulator des Baubetriebs sei unglaubwürdig. Einen Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen hat die Klägerin im ersten Rechtszug nicht gestellt, was schon dagegen spricht, dass sie ihre Bedenken selbst ernst nimmt. Anders als die Klägerin kann der Senat in dem Gutachten gerade keine Voreingenommenheit feststellen. Dieses erscheint ihm vielmehr plausibel und überzeugend. Der Sachverständige bestätigt zudem den eigenen außergerichtlichen, aber auch gerichtlichen (Klagschrift, Einlassung des Geschäftsführers der Klägerin im Termin vor dem Senat) Vortrag der Klägerin.

Ebenso geht der Einwand der Klägerin ins Leere, der Sachverständige habe veraltete Einheitspreise ermittelt und nicht den bei Vertragsschluss am 19.06.2006 üblichen Einheitspreis angesetzt. Denn in dem Gutachten des Sachverständigen B. vom 26.11.2008 wird der übliche Einheitspreis zum Zeitpunkt der Bauausführung zugrunde gelegt.

Die Klägerin hat auch nicht die Vermutung widerlegt, dass sie in sittlich verwerflicher Weise einen nicht akzeptablen erhöhten Einheitspreis angeboten hat und auf dessen Grundlage nun einen den üblichen Preis um ein Vielfaches übersteigenden Preis für die gegenständliche Position von der Beklagten fordert.

Wie die Vermutung eines unangemessenen spekulativen Gewinnstrebens vom Auftragnehmer widerlegt werden kann, lässt die Entscheidung des BGH offen. Es reicht jedenfalls nicht aus, die Position offen auszuweisen, so dass die Auftraggeberin die verwerfliche Motivation des Auftragnehmers erkennen oder das Geschäft verhindern kann. Zwar konnte die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt, der Abgabe ihres Angebots am 23.05.2006, die exakte Entwicklung der Mengenmehrung nicht vorhersehen. Jedoch stand für sie zum Zeitpunkt der Abgabe ihres Angebots und der Erteilung des Zuschlags durch die Beklagte zur Überzeugung des Senats fest, dass die ausgeschriebenen Mengen bei weitem nicht ausreichen und erhebliche Mehrmengen anfallen würden. Einen geeigneten Gegenbeweis hat die Klägerin nicht angeboten.

Mit Schriftsatz vom 20.03.2008 hat sie den Zeugen ... zum Beweis angeboten, es sei ein Einheitspreis von 837,44 EUR/kg als neuer Einheitspreis für die Mehrmenge berechnet worden. Mit Schriftsatz vom 16.02.2009 dient der Zeuge ... zum Beweis dafür, dass dieser mit der spekulativen Position einen Gewinn-/Wagnis-Anteil von lediglich 2,33% = 57.636 EUR, bezogen auf die gesamte Vertragssumme, kalkuliert habe. Schließlich soll der Zeuge die Tatsache beweisen, dass bei der Kalkulation bei Einzelpositionen mit niedrigen Ausschreibungsmengen hohe Einheitspreise eingesetzt worden sind.

Ein Gegenbeweis für das Vorliegen einer verwerflichen Gesinnung kann hiermit nicht geführt werden. Denn mit diesen Beweisbehauptungen belegt die Klägerin, dass sie das Vergabeverfahren anstößig ausgenutzt und sich gegenüber ihrem Vertragspartner illoyal verhalten hat, wie sie auch mit der Berufungsbegründung ausführt, der Zeuge ... habe gehofft, dass bei Einheitspreispositionen mit den „guten“ Einheitspreisen eine Mengenmehrung eintrete. Damit ist auch dem gegenläufigen Beweisangebot, der Zeuge ... habe mit einer solchen Mengenmehrung - wie streitgegenständlich - keinesfalls gerechnet, geschweige denn kalkuliert, weil zwei mögliche Positionen für die Abstandshalter zur Verfügung gestanden hätten, der Boden entzogen.

Hier bezieht sich die Klägerin auf eine Aussage des Sachverständigen im Gutachten, theoretisch hätte technisch das gleiche Ergebnis wie mit den Unterstützungskörben auch mit S-Haken erreicht werden können, die über die Positionen 02.040.0030 bzw. 02.040.0010 des Leistungsverzeichnisses hätten abgerechnet werden müssen. Der Sachverständige hat jedoch im gleichen Atemzug darauf hingewiesen, dass ein solches Vorgehen bei großen Flächen mit Plattendicken wie im vorliegenden Fall unwirtschaftlich sei und deswegen nur eine theoretische Variante darstelle.

Es kommt hinzu, dass im Leistungsverzeichnis nur von einer Variante der Unterstützungskörbe die Rede ist. Die Klägerin hat auch selbst vorgetragen, dass sie auf diese einzige Position den gesamten Gewinn kalkuliert habe.

Dahinstehen kann, ob vorliegend die Nichtigkeit für die einzelne Position zu einer Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäftes geführt hat oder nur von einer Teilnichtigkeit auszugehen ist, weil anzunehmen ist, dass das ganze Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Denn die Klägerin macht ihre Klageforderung nur aus der streitgegenständlichen Position geltend, für die jedenfalls eine Nichtigkeit nach § 138 BGB - wie vorstehend ausgeführt - anzunehmen ist.

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf ein „Mitschuld-Verhältnis“. Denn § 254 BGB beschränkt die Ersatzpflicht des Schädigers, wenn bei der Entstehung oder der Entwicklung des Schadens ein „Verschulden“ des Geschädigten mitgewirkt hat. Ein Schaden wird mit der Klage nicht geltend gemacht. Dessen ungeachtet hat die Beklagte - unwiderlegt - vorgetragen, es habe sich bei dem Leistungsverzeichnis und der Mengenangabe um ein Schreibversehen gehandelt. Dieses wiederum hat die Klägerin, wie sie selbst einräumt, erkannt. Dieses Verhalten eines Bieters, mit einem nicht offengelegten Informationsvorsprung überhöhte Preise zu bilden, widerspricht eklatant dem gesetzlichen Leitbild eines Vertrages, das - nicht anders als die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - einen fairen, von Treu und Glauben geprägten Leistungsaustausch im Blick hat.

Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht für die Mehrmenge von 524,5 kg einen Einheitspreis von 2,00 EUR/kg netto für angemessen gehalten hat. Denn an die Stelle der nichtigen Vereinbarung zur Vergütung der Mehrmengen tritt vielmehr die Vereinbarung, die Mehrmenge nach den üblichen Einheitspreisen zu vergüten. Dabei ist allein angemessen, die unwirksame Preisvereinbarung durch eine solche zu ersetzen, die von der Rechtsordnung gebilligt wird. Eine der Rechtsordnung entsprechende und angemessene Lösung lässt sich nur dadurch erzielen, dass der übliche Preis gilt. Üblich ist der Einheitspreis, der zur Zeit des Vertragsschlusses für nach Art, Güte und Umfang gleiche Leistungen nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt. In den Fällen, in denen lediglich der Teil der Vereinbarung zur Beurteilung steht, der die Vergütung der Mehrmengen betrifft, gelten diese Erwägungen entsprechend. Ist dieser Teil wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, tritt an dessen Stelle die Vereinbarung, die Mehrmengen nach dem üblichen Preis zu vergüten. Der Sachverständige B. hat in seinem Gutachten vom 26.11.2008 einen üblichen Preis von 1,50 EUR bis max. 2,00 EUR/kg netto ermittelt. Hiervon hat das Landgericht die Obergrenze des ermittelten üblichen Einheitspreises für angemessen erachtet, was nicht zu beanstanden ist.

Auch wenn der Gesamtvertrag nichtig wäre, würde sich an diesem Ergebnis nichts ändern. Die Beklagte ist jedenfalls nicht um mehr, als der Klägerin erstinstanzlich zugesprochen worden ist, bereichert.

Diesem Ergebnis steht auch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des EuGH vom 19.06.2008, Az.: C 454/06, nicht entgegen. Der EuGH hat festgestellt, öffentliche Auftraggeber dürften ihre Ausschreibung nicht beliebig nachträglich „korrigieren“. Dieser Sachverhalt liegt hier aber nicht vor. Denn es war von Beginn an geplant, den gesamten mit Bewehrungsstahl versehenen Boden mit Unterstützungskörben auszustatten. Eine nachträgliche Korrektur hat damit nicht stattgefunden. In der Ausschreibung wurde nur versehentlich eine zu geringe Menge von 5 kg eingesetzt. Eingebaut wurde aber eine Menge in dem geplanten und notwendigen Umfang.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 ZPO).

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt bis zum 19.11.2009 100.000,00 EUR und danach 250.000,00 EUR.


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(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

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1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.