Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamts Aschaffenburg vom 19. Oktober 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu voll-streckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung …, welches am W …weg gelegen ist. Die Beklagte nimmt Baumaßnahmen am W …weg vor. Die Parteien streiten um einen diesbezüglichen Bescheid über die Erhebung einer Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag.

Vom annähernd von Nordwesten nach Südosten verlaufenden H … Weg zweigt der W …weg ab und führt zunächst auf einer Länge von etwa 82 m annähernd nach Norden bis zur Einmündung der Straße … G … von Osten her. Anschließend führt der W …weg auf einer Länge von etwa 105 m nach Nordosten, bis er den Straßenzug R …graben/L …gasse kreuzt. Von hier führt der W …weg auf einer Länge von etwa 100 m annähernd nach Osten bis zur Einmündung in den B …weg, wo er endet.

Das klägerische Grundstück, welches lediglich mit einem Nebengebäude bebaut ist, liegt auf der östlichen Seite des W …weges an diesem an und zwar südlich der Einmündung der Straße … G …, an welchem dieses Grundstück ebenfalls gelegen ist.

Die Beklagte erneuert die Fahrbahn, die Gehwege und die Straßenentwässerung.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 2014 erhob die Beklagte vom Kläger eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für die Erneuerung und Verbesserung der Anlage W …weg zu Lasten des Grundstücks Fl.Nr. … in Höhe von 10.740,99 EUR (Grundstücksgröße: 903 m²; Reduzierung um 1/3 wegen Mehrfacherschließung; Nutzungsfaktor 1,3; Beitragssatz: 13,72405 EUR pro m²).

Gegen den Bescheid vom 13. Oktober 2014 erhob der Kläger mit Schreiben vom 11. November 2014, bei der Beklagten eingegangen am 12. November 2014, Widerspruch, den er damit begründete, die dem Bescheid zugrundeliegende Straßenausbaubeitragssatzung sei nichtig. Zu beanstanden sei die zu geringe Eigenbeteiligung der Beklagten von 40% für die Fahrbahn der Haupterschließungsstraßen und von 50% für die Fahrbahn der Hauptverkehrsstraßen. Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 KAG sei eine vorteilsgerechte Abstufung der Eigenbeteiligung vorzusehen. Eine derartige vorteilsgerechte Abstufung sei bei einer Eigenbeteiligung der Beklagten für die Fahrbahn von Haupterschließungsstraßen in Höhe von 40% gegenüber einer Eigenbeteiligung für die Gehwege und die übrigen Teileinrichtungen in Höhe von 35% nicht gegeben. Gleiches gelte für die Eigenbeteiligung von 50% für die Fahrbahn von Hauptverkehrsstraßen gegenüber einer Eigenbeteiligung von 45% für die Gehwege und die anderen Teileinrichtungen. Zudem höben sich die Eigenbeteiligungssätze von 30%, 40% und 50% jeweils für die Fahrbahn von Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen nicht deutlich genug voneinander ab. Zudem handle es sich beim W …weg um eine Haupterschließungsstraße und nicht um eine Anliegerstraße.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2016 hob das Landratsamt Aschaffenburg den Vorauszahlungsbescheid vom 13. Oktober 2014 auf, soweit der damit festgesetzte Beitrag den Betrag von 8.586,59 EUR übersteigt und wies den Widerspruch im Übrigen zurück. Dies wurde damit begründet, das klägerische Grundstück zähle zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke für den Ausbau des zutreffend als Anliegerstraße eingestuften W …weges. Es sei auszuschließen, dass über den W …weg innerörtlicher oder gar überörtlicher Durchgangsverkehr von nennenswertem Gewicht abgewickelt werden solle. Die in § 7 Abs. 2 ABS festgelegten Eigenbeteiligungen der Beklagten für Anliegerstraßen seien nicht zu beanstanden. Allerdings sei die Beitragspflicht für den Bauabschnitt „W …weg-Ost“ (Bauabschnitt von der Einmündung der L …gasse bis zum B …weg) bereits entstanden und die Erhebung einer Vorauszahlung und eines endgültigen Beitrags für diesen Abschnitt nicht mehr möglich. Den vorgelegten Unterlagen sei zu entnehmen, dass die Baumaßnahme für den Bauabschnitt „W …weg-Ost“ im Jahr 1997 abgeschlossen worden sei, da es keinen Beschluss des Gemeinderates über ein Bauprogramm für den gesamten W …weg gegeben habe. Die Schlussrechnung für diesen Bauabschnitt sei am 11. November 1997 eingegangen, es sei eine gültige Ausbaubeitragssatzung vorhanden gewesen und der W …weg sei als Ortsstraße gewidmet gewesen. Damit sei die Festsetzungsfrist im Jahr 2014 zweifelsfrei abgelaufen gewesen. Da für die Baumaßnahme „W …weg-Ost“ keine Ausbaubeiträge mehr erhoben werden könnten, ergebe sich ein verringerter Aufwand, der auf die beitragspflichtigen Flächen umzulegen sei. Der Beitragssatz liege nun bei 10,97 EUR.

II.

Am 24. November 2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,

Der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten vom 13. Oktober 2014 für Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Aschaffenburg vom 19. Oktober 2016 werden aufgehoben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, der W …weg sei nicht als Anliegerstraße, sondern als Haupterschließungsstraße einzustufen, da er als Verbindungsstraße für den Durchgangsverkehr zwischen der Straße … G … und dem H … Weg diene. Über den W …weg werde auch der Verkehr zur Grundschule, Musikschule und Volkshochschule und zum Kindergarten und das kirchliche Jugend- und Pfarrzentrum geführt. Der in der Ausbaubeitragssatzung festgesetzte Gemeindeanteil für die Fahrbahn von Haupterschließungsstraßen in Höhe von 40% bleibe um 10 Prozentpunkte hinter dem Mindestsatz der Mustersatzung zurück. Dieser dürfe nicht unterschritten werden.

Die Beklagte ließ beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, beim W …weg handle es sich um eine Anliegerstraße. Aufgrund der Randlage der Ortsstraße W …weg und der Straßenführung sei auszuschließen, dass über den etwa 300 m langen W …weg innerörtlicher oder gar überörtlicher Durchgangsverkehr von nennenswertem Gewicht abgewickelt werden solle. Vielmehr gehe es allein um die Aufnahme des kleinräumigen Ziel- und Quellverkehrs.

Die Ausbaubeitragssatzung sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe durch die Abstufung der Selbstbeteiligungssätze nach Straßenkategorien die Vorteile der jeweiligen Straße für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigt. Die Beklagte sei nicht an die Mustersatzung gebunden. Die Bewertung der Beitragssätze für Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen sei unerheblich, weil es sich vorliegend um eine Anliegerstraße handle.

Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. März 2018, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten und des Landratsamts Aschaffenburg, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 13. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom 19. Oktober 2016, mit welchem die Beklagte den Kläger als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … … … zu einer Vorauszahlung auf den Beitrag für die Erneuerung und Verbesserung des W …weges in Höhe von 8.586,59 EUR heranzieht.

Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil er sich auf keine wirksame Rechtsgrundlage in Form einer gültigen Ausbaubeitragssatzung stützen kann.

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetz (KAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März 2016 (GVBl. S. 36), können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und den Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch Gemeindestraßen im Sinne des Art. 46 BayStrWG i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. Oktober 1981 (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Mai 2015 (GVBl. S. 154).

Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind.

Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Vorauszahlung ist Art. 5 Abs. 5 KAG, ohne dass es einer ortsrechtlichen Umsetzung durch die gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG erhebungsberechtigte Körperschaft bedürfte. Danach dürfen Vorauszahlungen auf einen Beitrag verlangt werden, wenn - wie hier - mit der Ausführung der Maßnahmen begonnenen worden ist, für die der Beitrag erhoben werden soll.

Aus dem Wesen der Vorauszahlung als einer Zahlung vor Entstehung einer Beitragspflicht und aus der darin begründeten Abhängigkeit von einer künftigen Beitragsschuld nach Grund und Höhe fordert ihre Festsetzung jedoch das Vorhandensein einer gültigen Beitragsregelung in Gestalt einer Abgabesatzung nach Art. 2 Abs. 1 KAG, weil nur so die rechtlichen Voraussetzungen für die spätere Begründung einer Beitragspflicht geschaffen werden können (BayVGH, st. Rspr.; vgl. z.B. U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl. 2012, 206 m.w.N.; Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand Januar 2014, Nr. 2.7.11.3).

Eine solche Regelung hat die Beklagte mit ihrer Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen vom 20. Juni 2012 (ABS) geschaffen. Allerdings hält diese einer inhaltlichen Überprüfung nicht stand und erweist sich deshalb als unwirksam, so dass sie keine tragfähige Grundlage für den streitgegenständlichen Bescheid bilden kann. Dies ergibt sich daraus, dass die Ausbaubeitragssatzung hinsichtlich der in ihrem § 7 Abs. 2 festgelegten Gemeindeanteile fehlerhaft ist.

Für die Beteiligung der Gemeinde am Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung unter anderem von Straßen schreibt Art. 5 Abs. 3 Satz 1 KAG vor, dass in der Abgabesatzung eine solche vorzusehen ist, wenn die Einrichtung neben den Beitragspflichtigen nicht nur unbedeutend auch der Allgemeinheit zugutekommt. Nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 KAG muss die Eigenbeteiligung die Vorteile für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigen. Satzungen nach Abs. 1 Satz 3 - also solche für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen - haben eine vorteilsgerecht abgestufte Eigenbeteiligung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet vorzusehen.

Dies bedeutet, dass der beitragsfähige Aufwand ausschließlich auf die Gruppe der Eigentümer und Erbbauberechtigten der an der Anlage gelegenen Grundstücke einerseits und auf die Gemeinde als „Repräsentantin“ der Allgemeinheit andererseits aufzuteilen ist. Denn es liegt auf der Hand, dass eine jede öffentliche Straße nicht nur unbedeutend im Sinn von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 KAG der Allgemeinheit zugutekommt. (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: Januar 2016, Rn. 2121). Dies bedeutet, dass Eigentümeranteil und Gemeindeanteil zusammengezählt den beitragsfähigen Aufwand ausmachen müssen.

Auf der Grundlage dieser zwingend in der Ausbaubeitragssatzung umzusetzenden Vorschrift hat der Satzungsgeber darüber zu entscheiden, wie hoch der Eigentümeranteil und wie hoch der Gemeindeanteil sein soll. Dies ist - direkt oder indirekt - als bestimmter Prozentsatz zu bezeichnen (Driehaus, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, 9. Auflage 2012, § 34 Rn. 6). Auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KAG ist einziges Kriterium für die Aufteilung des beitragsfähigen Aufwandes auf die Grundstückseigentümer und die Gemeinde der „Vorteil für die Allgemeinheit“; dieser muss „angemessen“ berücksichtigt werden. Der Begriff „Vorteil“ meint in diesem Zusammenhang den wirtschaftlichen Vorteil (Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 4 m.w.N.). Dies bedeutet, dass bei der Entscheidung des Satzungsgebers über die Eigenbeteiligung der Gemeinde und damit über die Belastung der Eigentümer der anliegenden Grundstücke „kein Raum für die Beachtung etwa von sozial- oder finanzpolitischen Erwägungen“ (vgl. Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 4 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, U.v. 29.10.1984 - 6 B 82A.2893 - VGH n.F. 37, 142, 143; U.v. 9.11.2016, 6 B 15.2732 - juris Rn. 45) ist. In diesem Zusammenhang spielt auch die Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG eine Rolle, wonach für die Verbesserung und Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen Beiträge erhoben werden „sollen“. Hiernach ist der Satzungsgeber in der Regel dazu verpflichtet, derartige Beiträge von den Eigentümern und Erbbauberechtigten der bevorteilten Grundstücke zu erheben. Dies gilt zunächst - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 9. November 2016 (6 B 15.2732 - juris) entschieden hat - für die Frage, ob überhaupt Beiträge für den Ausbau von gemeindlichen Straßen erhoben werden. Die Verpflichtung zur Erhebung von Beiträgen muss jedoch auch in gleichem Maße Auswirkungen auf die Beantwortung der Frage haben, welcher Anteil des beitragsfähigen Aufwands auf die Grundstückseigentümer und welcher Anteil auf die Gemeinde als Repräsentantin der Allgemeinheit umzulegen ist. Ist es nämlich dem Satzungsgeber verwehrt, auf der Grundlage etwa sozialpolitischer oder finanzwirtschaftlicher Überlegungen zugunsten der Eigentümer und Erbbauberechtigten der von der beitragsfähigen Straßenbaumaßnahme bevorteilten Grundstücke auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zur Gänze zu verzichten mit der Folge, dass die in Rede stehenden Mittel von Anderen aufgebracht werden müssen oder zur Erfüllung anderer gemeindlicher Aufgaben fehlen (so BayVGH, U.v. 9.11.2016 - 6 B 15.2732 - juris LS 4), muss dies auch für die Bestimmung der Höhe des Anteils der Gemeinde als Repräsentantin der Allgemeinheit gelten. Eine diesbezüglich fehlerhafte Bestimmung dieses Anteils zu Gunsten der Eigentümer der anliegenden Grundstücke kann einem Teil-Verzicht der Gemeinde auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gleich kommen; in diesem Fall ist sie auf der Grundlage des vorgenannten Urteils des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs unzulässig (vgl. hierzu auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, 2012, § 34 Rn. 9 m.w.N.).

Für die Bestimmung der Höhe des Vorteils der von der beitragsfähigen Straßenbaumaßnahme bevorteilten Grundstücke einerseits und der Allgemeinheit, repräsentiert durch die Gemeinde, andererseits unter Berücksichtigung der Vorschrift des Art. 5 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 KAG hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 23. Oktober 1984 (6 B 82A.2893 - VGH n.F. 37, 142) Mindestvorgaben gemacht, die insbesondere die in Art. 5 Abs. 3 Satz 3 KAG vorgeschriebene „vorteilsgerecht abgestufte“ Eigenbeteiligung in den Blick nehmen. Hiernach hat der Satzungsgeber bei seiner Wertung zu berücksichtigen, ob und inwieweit den Anliegern durch ihre räumliche Beziehung zu der Straße und deren Inanspruchnahme ein Vorteil zuwächst und in welchem Umfang der Vorteil der Allgemeinheit sich hierdurch gegebenenfalls verringert. Entscheidendes Kriterium ist dabei das Maß der zu erwartenden Inanspruchnahme der ausgebauten Straße durch die Anlieger einerseits und durch die Allgemeinheit andererseits (vgl. auch Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 8). Um dem gerecht zu werden, hat der Satzungsgeber eine sachgerechte Typisierung der Gemeindestraßen vorzunehmen, um deren Verkehrsbedeutung insbesondere für die Allgemeinheit angemessen zu berücksichtigen. Denn die Verkehrsbedeutung ist bei der Abgrenzung zwischen dem individuellen Vorteil des Anliegers und dem Vorteil der Allgemeinheit und bei deren Abwägung gegeneinander das wichtigste Kriterium. In diesem Zusammenhang sieht es der Bayer. Verwaltungsgerichtshof als notwendig an, zumindest drei Straßenkategorien entsprechend der Verkehrsfunktion aufzustellen, nämlich Wohnstraßen, Straßen mit starkem innerörtlichen Verkehr und Durchgangsstraßen (BayVGH, U.v. 29.10.1984, a.a.O.). Denn die unterschiedliche Verkehrsfunktion der gemeindlichen Straßen bietet einen greifbaren Anhaltspunkt, den Vorteil der Allgemeinheit einzugrenzen. Zumindest bei den drei Grundtypen Anliegerstraße, innerörtliche Erschließungsstraße und Durchgangsstraße (vgl. Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 11: nunmehr in der Regel als Anliegerstraße, Haupterschließungsstraße und Hauptverkehrsstraße bezeichnet) ist, so der Bayer. Verwaltungsgerichtshof (U.v. 29.10.1984 - a.a.O.), die Beurteilung der Verkehrsbedeutung ohne offenkundige Schwierigkeiten zu vollziehen, wobei für die konkrete Einordnung die in der Satzung notwendigerweise enthaltene Beschreibung des jeweiligen Straßentyps heranzuziehen ist. In diesem vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen System ist notwendigerweise eine auf den Grundsätzen der Praktikabilität und der Typengerechtigkeit beruhende gewisse Pauschalierung mit der Tendenz zur Nichtberücksichtigung individueller Besonderheiten enthalten (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 34 Rn. 11).

Auf dieser Grundlage hat der Satzungsgeber die entsprechenden Straßenkategorien zu bestimmen und ihnen - differenzierend nach Teileinrichtungen - eine angemessene Eigenbeteiligung der Gemeinde, orientiert an der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Allgemeinheit, zuzuordnen. Allerdings entziehen sich die aus Straßenbaumaßnahmen erwachsenden Vorteile einer rechnerisch exakten Bemessung von vornherein, sodass nur nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab vorgegangen werden kann (BayVGH, U.v. 16.8.2001 - 6 B 97.111 - juris Rn. 14), zumal die Bestimmung des Vorteils der jeweiligen Straßenkategorie gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 3 KAG die vorteilsgerecht abgestufte Eigenbeteiligung „einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet vorzusehen“ hat.

Damit ist dem Satzungsgeber ein Bewertungsspielraum zuzubilligen, für den das Vorteilsprinzip allerdings Grenzen, sowohl eine Oberwie auch eine Untergrenze, vorgibt (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 34 Rn. 8).

Für die entsprechende Vorteilsabwägung hat der Satzungsgeber das Maß der schätzungsweise zur erwartenden Nutzung der Gesamtheit der Straßen der entsprechenden Straßenkategorie im Gemeindegebiet (vgl. Art. 5 Abs. 3 Satz 3 KAG) durch die Grundstückseigentümer einerseits und durch die Allgemeinheit andererseits gegenüber zu stellen und auf dieser Grundlage die jeweiligen Anteilssätze zu bestimmen (Driehaus, Erschließungs- und Straßenausbaubeitragsrecht in Aufsätzen, 2. Auflage 2009, Der Gemeindeanteil im Straßenausbaubeitragsrecht, S. 341 ff., 344).

In dieser Hinsicht ist - zunächst bezogen auf die Teil-Einrichtung Fahrbahn - zu beachten, dass der Ziel- und Quellverkehr der angrenzenden Grundstücke das kennzeichnende Moment für den Anliegerverkehr bildet. Demgegenüber dienen Hauptverkehrsstraßen ganz überwiegend dem Durchgangsverkehr, so dass dieser für die Bestimmung des diesbezüglichen gemeindlichen Anteils maßgeblich ist. Damit drängt sich auf, dass sich bei Haupterschließungsstraßen Anlieger- und Durchgangsverkehr in etwa als gleichwertig erweisen (BayVGH, U.v. 9.2.2012 - 6 B 10.865 - juris Rn. 18; U.v. 21.1.1993 - 6 B 90.510 - juris, Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 32). Dabei geht es nicht um rechnerisch exakte Größenordnungen, sondern, wie es dem Grundsatz der Typengerechtigkeit entspricht, um einen Schwerpunkt der Straßennutzung. Allgemein in diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Anliegerverkehr im Sinne der genannten Vorschriften nicht allein derjenige Verkehr ist, der von und zu den direkt an der ausgebauten Straße anliegenden Grundstücken fließt; vielmehr ist auf den kleinräumigen Ziel- und Quellverkehr aus dem betreffenden Bauquartier abzustellen. Bei diesem Verkehr aus dem kleinräumigen Umfeld handelt es sich nicht um „durchgehenden innerörtlichen Verkehr“, wie er zur Einstufung als Haupterschließungsstraße oder Hauptverkehrsstraße erforderlich wäre. Er ist vielmehr dem Anliegerverkehr zuzuordnen. Denn in der durch das Gesetz vorgeschriebenen Abstufung der Straßenkategorien ist eine an einem Grobraster orientierte, die Verkehrsunterschiede betonende und daher an die Merkmale kleinräumig, innerörtlich durchgehend und überörtlich durchführend anknüpfende Aufteilung angelegt, die durch eine starr auf die einzelne Einrichtung bezogene Beurteilung verwischt wird (vgl. BayVGH, U.v. 9.2.2012 - 6 B 10.865 - juris Rn. 20 m.w.N.; B.v. 27.7.2012 - 6 ZB 12.796 - juris Rn. 11).

Innerhalb dieses Rahmens schließt der schon oben genannte dem Satzungsgeber zustehende Beurteilungsspielraum nach der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. U.v. 9.9.2015 - 6 A 10447/15 - KStZ 2016, 74, 75) eine geringe Bandbreite (+/- 5 v.H.) mehrerer vertretbarer Vorteilssätze ein, die einen Ausgleich für die insbesondere tatsächliche Unsicherheit bieten soll, welche mit der Bewertung der Anteile des Anliegersowie des Durchgangsverkehrs zwangsläufig verbunden ist.

Die Mustersatzung des Bayer. Gemeindetages (Thimet, Kommunalabgaben- und Ortsrecht in Bayern, Stand: September 2016, Teil VI Ziff. 2.16) definiert als Anliegerstraßen die Straßen, die ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke dienen (§ 6 Abs. 3 Nr. 1); für diese ist ein für alle Teileinrichtungen einheitlicher Gemeindeanteil in Höhe von 20 v.H. vorgesehen (§ 6 Abs. 2 Nr. 1.1). Haupterschließungsstraßen sind definiert als Straßen, die der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dienen und nicht Hauptverkehrsstraßen sind (§ 6 Abs. 3 Nr. 2); für diese ist bezüglich der Fahrbahn ein Gemeindeanteil von 50 v.H., für die anderen Teileinrichtungen ein solcher in Höhe von 35 v.H. vorgesehen (§ 6 Abs. 2 Nr. 1.2). Hauptverkehrsstraßen sind definiert als Straßen, die ganz überwiegend dem durchgehenden innerörtlichen und/oder überörtlichen Durchgangsverkehr dienen (§ 6 Abs. 3 Nr. 3); für sie ist ein Gemeindeanteil in Höhe von 70 v.H. (Fahrbahn) bzw. 45 v.H. (sonstige Teileinrichtungen) bestimmt (§ 6 Abs. 2 Nr. 1.3).

Die hierzu vorhandene Rechtsprechung billigt in der Regel - unter anderem auch abhängig von der Definition der einzelnen Straßenkategorien in der konkreten Satzung - bezogen auf die Fahrbahn (anders zum Teil bei den weiteren Teileinrichtungen) bei Anliegerstraßen Gemeindeanteile in Höhe von 20 v.H. bis 40 v.H., bei Haupterschließungsstraßen von etwa 40 v.H. bis 60 v.H. und bei Hauptverkehrsstraßen von 70 v.H. bis 80 v.H. (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: Januar 2016, Rn. 2121; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 34 Rn. 17; BayVGH, U.v. 4.2.2005 - 6 ZB 02.319 - juris Rn. 21; VG Ansbach, U.v. 14.11.2005 - AN 18 K 04.740 - BeckRS 2005.3411; VG Würzburg, U.v. 23.10.2014 - W 3 K 13.692 - juris). Allerdings wird durchgängig verlangt, dass bei Anliegerstraßen der Anliegeranteil den Gemeindeanteil deutlich übersteigt (Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 11 und Rn. 17).

Will der Satzungsgeber signifikant von den Durchschnittswerten abweichen, bewegt sich seine Entscheidung nur dann noch im durch das Vorteilsprinzip vorgesehenen (Bewertungs-)Rahmen, wenn er aufgrund valider Daten ermittelt hat, dass eine Abweichung gerechtfertigt ist (vgl. Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 17).

Die Festsetzung des Gemeindeanteils durch den Satzungsgeber ist ein Akt der gemeindlichen Rechtssetzung. Sie kann deshalb wie jeder andere Gesetzgebungsakt gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob die Gemeinde den durch das Vorteilsprinzip des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 bis 3 KAG gesteckten Rahmen überschritten hat; es handelt sich um eine „ortgesetzgeberische Ermessens- und Gestaltungsentscheidung“ (Driehaus, a.a.O., § 34 Rn. 7 m.w.N.). Dies beruht darauf, dass mangels exakter Berechenbarkeit nur von einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab ausgegangen werden kann, aus dem heraus dem Satzungsgeber ein Bewertungsspielraum zuzubilligen ist, der nicht voll der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Ermächtigung des Satzungsgebers, einen Spielraum auszuschöpfen, findet ihre rechtliche Grenze erst in den allgemeinen abgaberechtlichen Grundsätzen des Prinzips, dass der Beitrag einen Ausgleich für den Vorteil darstellen muss, der Verhältnismäßigkeit und des Willkürverbots (BayVGH, U.v. 16.8.2001 - 6 B 97.111 - juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 10.6.1981 - 8 C 15.81 - BVerwGE 62, 300, 302; vgl. zu Bewertungsspielräumen der Verwaltung allgemein auch Rennert in Eyermann, VwGO, Kommentar 14. Auflage 2014, § 114 Rn. 51 ff.).

Auf dieser rechtlichen Grundlage und innerhalb des dem Gericht zustehenden Überprüfungsrahmens ergibt sich, dass die Beklagte mit ihrer Ausbaubeitragssatzung den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten hat.

Die Beklagte hat in § 7 Abs. 3 ABS insgesamt fünf verschiedene Straßenkategorien (Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen, Hauptverkehrsstraßen, verkehrsberuhigte Bereiche, Fußgängerbereiche) festgelegt und ihnen in § 7 Abs. 2 ABS bestimmte Eigenbeteiligungen der Gemeinde zugeordnet. Die Definition der Straßenkategorien in § 7 Abs. 3 ABS entspricht insoweit dem oben zitierten Wortlaut der Mustersatzung des Bayer. Gemeindetages.

§ 7 Abs. 2 ABS enthält u.a. folgende Eigenbeteiligungen für die Teileinrichtung Fahrbahn:

Anliegerstraßen: 30 v.H.

Haupterschließungsstraßen: 40 v.H.

Hauptverkehrsstraßen: 50 v.H.

Mit diesen Eigenbeteiligungen hat die Beklagte den gesetzgeberischen Rahmen überschritten.

Dies gilt zunächst - isoliert betrachtet - für die Eigenbeteiligung der Beklagten an den Hauptverkehrsstraßen.

Als Hauptverkehrsstraßen gelten gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 ABS Straßen, die ganz überwiegend dem durchgehenden innerörtlichen und/oder überörtlichen Durchgangsverkehr dienen. Dient aber eine Straße ganz überwiegend dem durchgehenden innerörtlichen und/oder überörtlichen Durchgangsverkehr, kommt sie denknotwendigerweise dem Anliegerverkehr und damit den Eigentümern und Erbbauberechtigten der an der Straße anliegenden Grundstücke in geringerem Maße als dem Durchgangsverkehr zugute. Eine Eigenbeteiligung von 50 v.H. für solche Straßen stellt daher keine angemessene und vorteilsgerecht abgestufte Eigenbeteiligung dar. Eine hälftige Eigenbeteiligung spiegelt ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Anliegerverkehr und den Vorteilen der Straße für die Allgemeinheit vor. Ein in diesem Sinne ausgeglichenes Verhältnis liegt jedoch bei gewöhnlichen Hauptverkehrsstraßen nicht vor, da diese definitionsgemäß ganz überwiegend dem Durchgangsverkehr dienen. Eine angemessene und vorteilsgerecht abgestufte Eigenbeteiligung der Gemeinde läge daher nur dann vor, wenn die Eigenbeteiligung die Anliegerbeteiligung übersteigen würde (vgl. zum Ganzen Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 34 Rn. 6 ff., Rn. 17 ff.).

Damit wird deutlich, dass - isoliert betrachtet - § 7 Abs. 3 Nr. 3 ABS nichtig ist.

Ebenso isoliert betrachtet liegen die Eigenbeteiligungen bei Anliegerstraßen und bei Haupterschließungsstraßen (noch) im Rahmen des rechtlich Zulässigen.

Allerdings ergibt sich aus dem Gesamtgefüge der Gemeindeanteile, dass die Nichtigkeit der Regelungen des Eigenanteils bei Hauptverkehrsstraßen auf die Regelungen der Eigenanteile bei Anliegerstraßen und Haupterschließungsstraßen „durchschlägt“ und so zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führt.

Die Abgrenzung, ob ein materieller Satzungsmangel zur Teilnichtigkeit oder Gesamtnichtigkeit einer Abgabesatzung führt, orientiert sich an dem auch im öffentlichen Recht, speziell im Satzungsrecht geltenden Grundsatz der „Teilnichtigkeit“ zivilrechtlicher Willenserklärungen nach § 139 BGB. Eine Abgabesatzung ist dann insgesamt nichtig, wenn die nichtige Regelung mit den übrigen Bestimmungen so verflochten ist, dass sie eine untrennbare Einheit bilden, die nicht in einzelne Bestandteile zerlegt werden kann, wenn es wegen der Teilnichtigkeit einer Regelung an einem für die ganze Satzung unerlässlichen Bestandteil fehlt oder wenn anzunehmen ist, dass bei objektiver, am Sinn und Zweck der Norm orientierter Betrachtungsweise die gesamte Regelung ohne die nichtige Teilregelung so nicht getroffen worden wäre (BayVGH, U.v. 11.3.2010 - 20 B 09.1890 - juris Rn. 35 m.w.N.).

So liegt der Fall hier.

Die Beklagte hat eine sehr enge Staffelung der Eigenbeteiligungssätze bei Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen geschaffen; diese unterscheiden sich jeweils lediglich um 10 v.H. Hätte der Gemeinderat der Beklagten gewusst, dass eine Eigenbeteiligung bei Hauptverkehrsstraßen von lediglich 50 v.H. zu gering ist und hätte er eine höhere Eigenbeteiligung (also von mindestens 60 v.H. oder höher) festgelegt, so muss davon ausgegangen werden, dass er die Beitragssätze für Anliegerstraßen in Höhe von 30 v.H. und für Haupterschließungsstraßen in Höhe von 40 v.H. nicht ohne weiteres beibehalten hätte. Vielmehr hätte die Überlegung nahe gelegen, den Eigenbeteiligungssatz für Haupterschließungsstraßen dem Regelsatz von 50 v.H. anzupassen, da Haupterschließungsstraßen gemäß der Definition der Beklagten in § 7 Abs. 3 Ziffer 2 ABS der Erschließung von Grundstücken und gleichzeitig dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dienen und damit für beide Verkehrsarten in etwa gleichermaßen bedeutsam sind. Zudem wäre es nahe gelegen, die enge Staffelung von lediglich 10 Prozentpunkten Unterschied zwischen Anliegerstraßen und Haupterschließungsstraßen zu strecken, wenn diese enge Staffelung schon zwischen Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen in dieser Weise nicht zulässig ist.

Hinzu kommt, dass die Beklagte in der Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen und Parkplätzen vom 26. Juli 2001 - ABS 2001 - als Eigenbeteiligungen für die Teileinrichtung Fahrbahn bei Anliegerstraßen 40 v.H., bei Haupterschließungsstraßen 60 v.H. und bei Hauptverkehrsstraßen 75 v.H. festgesetzt hat. Auch dies macht deutlich, dass die nunmehr in der neuen Ausbaubeitragssatzung aus dem Jahr 2012 festgelegten hiervon deutlich abweichenden Eigenbeteiligungen ein „Gesamtpaket“ darstellen, aus dem nicht ohne weiteres eine einzelne Teilregelung herausgenommen werden kann. Damit führt die Teilnichtigkeit von § 7 Abs. 2 Ziffer 1.3 a) ABS zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.

Ein Rückgriff auf die ABS 2001 scheitert bereits daran, dass die Beklagte in § 13 Abs. 2 ABS klargestellt hat, dass die Vorgängersatzung außer Kraft treten soll. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gemeinderat dies vom wirksamen Neuerlass der Ausbaubeitragssatzung abhängig machen wollte. Die Beklagte hat durch den Neuerlass ihrer Satzung vielmehr klargestellt, dass sie kein Interesse mehr an der Gültigkeit der Vorgängersatzung aus dem Jahr 2001 hat (vgl. BayVGH, U.v. 16.8.2001 - 6 B 97.111 - BayVBl. 2002, 734/736).

Offen bleiben kann damit, ob die Neufestlegung der Eigenbeteiligungssätze in § 7 Abs. 2 ABS insgesamt aufgrund der deutlichen Abweichung zu den in § 7 Abs. 2 ABS 2001 festgelegten Eigenbeteiligungssätzen zur Nichtigkeit der ABS führt. Denn hat der Satzungsgeber einmal eine entsprechende Bewertung des Verhältnisses von Anliegerverkehr zu Durchgangsverkehr für die Kategorien Anliegerstraßen, Haupterschließungsstraßen und Hauptverkehrsstraßen vorgenommen und in einer Satzung entsprechende Eigenbeteiligungen festgelegt, ist ein explizite Begründung erforderlich, will er nunmehr in einer neuen Satzung die Eigenbeteiligung der Gemeinde deutlich verändern. Aufgrund der Tatsache, dass sich die Höhe der Eigenbeteiligung nach dem Verhältnis des Durchgangsverkehrs zum Anliegerverkehr richtet, wäre hier eine Begründung erforderlich, weshalb sich der Durchgangsverkehr bei Anliegerstraßen um 10 Prozentpunkte, bei Haupterschließungsstraßen um 20 Prozentpunkte und bei Hauptverkehrsstraßen um 25 Prozentpunkte reduziert hat. Ob eine derartige Begründung vorliegt und ob diese argumentativ tragfähig ist, hat das Gericht mangels Entscheidungserheblichkeit nicht überprüft.

Liegt aber dem angegriffenen Bescheid vom 13. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2016 keine wirksame Rechtsgrundlage in Gestalt einer gültigen Abgabesatzung zugrunde, erweist sich dieser Bescheid schon deshalb als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ohne dass es auf die sonstigen Einwendungen des Klägers ankäme. Der Bescheid vom 13. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom 19. Oktober 2016 ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO aufzuheben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2016 - 6 B 15.2732

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Tenor I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Oktober 2014 - M 2 K 14.1641 -wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. II

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Sept. 2015 - 6 A 10447/15

bei uns veröffentlicht am 09.09.2015

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 25. März 2015 geändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen. Das Urteil ist wege
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Okt. 2018 - 6 ZB 18.1466

bei uns veröffentlicht am 01.10.2018

Tenor I. Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 15. März 2018 - W 3 K 16.1205 - wird abgelehnt. II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. Oktober 2014 - M 2 K 14.1641 -wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin, eine im Umland von München gelegene kreisangehörige Gemeinde mit etwa 9.000 Einwohnern, wendet sich gegen eine rechtsaufsichtliche Maßnahme, mit der die von ihrem Gemeinderat beschlossene Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung beanstandet wurde.

1. Nachdem das Landratsamt München als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde wiederholt auf die Soll-Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG zur Erhebung von Beiträgen für die Erneuerung und Verbesserung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen hingewiesen hatte, beschloss der Gemeinderat der Klägerin am 23. April 2009 erstmals eine Satzung für die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags. An deren Stelle trat die am 1. Januar 2011 in Kraft gesetzte Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen (Ausbaubeitragssatzung - ABS) vom 1. Dezember 2010.

Am 21. November 2013 beschloss der Gemeinderat mit 11 zu 7 Stimmen „eine Satzung zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung vom 01.01.2011“ ohne weitere textliche Festlegung. In dem zugrunde liegenden Antrag einer Gemeinderatsfraktion heißt es, dass aufgrund der Reduzierung des Schuldenstands (von 7.967.740 € am 31.12.2006 auf 3.375.278 € am 31.12.2013) und der Erhöhung der Rücklagen (von 2.363.278 € am 31.12.2006 auf 8.731.505 € am 31.12.2013) „die Notwendigkeit einer Straßenausbaubeitragssatzung nicht gegeben“ sei; einen Satzungsentwurf enthielt der Antrag nicht. Der erste Bürgermeister fertigte am 21. Januar 2014 folgende Aufhebungssatzung aus:

§ 1 Aufhebung

Die Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen (Ausbaubeitragssatzung - ABS -) wird aufgehoben.

§ 2 In-Kraft-Treten

Diese Aufhebungssatzung tritt am Tag nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft.

Die Aufhebungsatzung wurde am 22. Januar 2014 in der Gemeindeverwaltung zur Einsichtnahme niedergelegt. Die Niederlegung wurde in der Zeit vom 22. Januar bis 25. Februar 2014 durch Anschlag an den Gemeindetafeln bekanntgegeben.

Das Landratsamt beanstandete mit Bescheid vom 8. April 2014 die Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung als rechtswidrig. Es forderte die Klägerin auf, den in der Sitzung des Gemeinderats am 21. November 2013 gefassten Beschluss zur Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung aufzuheben und eine neue Ausbaubeitragssatzung zu erlassen. Für den Fall, dass die Klägerin bis zum Ablauf von drei Monaten nach Bestandskraft des Bescheids dieser Aufforderung nicht nachkommt, drohte es ferner die Ersatzvornahme durch die Rechtsaufsichtsbehörde an. Zur Begründung dieser Maßnahmen führte das Landratsamt aus: Die Voraussetzungen für ein rechtsaufsichtliches Einschreiten lägen vor. Die Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung sei rechtswidrig. Sie verstoße gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG. Danach seien Gemeinden grundsätzlich zur Erhebung von Ausbaubeiträgen und dementsprechend auch zum Erlass entsprechender Satzungen verpflichtet. Nur in Ausnahmefällen dürften sie Ausbaumaßnahmen vollständig aus allgemeinen Deckungsmitteln finanzieren. Die hierzu erforderlichen besonderen Umstände habe die Klägerin nicht überzeugend darlegen können. Die rechtsaufsichtliche Beanstandung, das Aufhebungsverlangen und die Verpflichtung zum Neuerlass einer Straßenausbaubeitragssatzung entsprächen pflichtgemäßer Ermessensausübung.

2. Die daraufhin erhobene Klage blieb überwiegend ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28. Oktober 2014 den Bescheid des Landratsamtes vom 8. April 2014 nur insoweit aufgehoben, als von der Klägerin der Erlass einer neuen Straßenausbaubeitragssatzung gefordert und für den Fall des Nichterlasses die Ersatzvornahme angedroht wird; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung seines Urteils hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Die rechtsaufsichtliche Beanstandung des Gemeinderatsbeschlusses vom 21. November 2013 sei auf der Grundlage von Art. 112 Satz 1 Alt. 1 GO rechtmäßig. Denn der Gemeinderatsbeschluss verstoße gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG. Die Gemeinden seien nach dieser Vorschrift in der Regel verpflichtet, für die Erneuerung oder Verbesserung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen Beiträge von den bevorteilten Grundstückseigentümern zu erheben, und dürften Ausbaumaßnahmen nur in Ausnahmefällen vollständig aus allgemeinen Deckungsmitteln finanzieren. Dadurch werde der Gestaltungsspielraum, der den Gemeinden durch Art. 62 Abs. 2 GO über den Vorrang der Einnahmebeschaffung aus besonderen Entgelten allenfalls verbleibe, weiter eingeschränkt. Ein atypischer Sachverhalt, der die Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung ausnahmsweise rechtfertigen könne, liege nicht vor. Er ergebe sich nicht aus der Haushaltslage der Klägerin. Da diese selbst im Rahmen der Anhörung angegeben habe, sie wolle nach Abschluss der bereits in Angriff genommenen Baumaßnahmen an zwei Straßen im Gemeindegebiet ab dem Haushaltsjahr 2015 wieder eine Ausbaubeitragssatzung erlassen, gehe sie selbst nicht davon aus, aufgrund einer besonders günstigen Haushaltslage jedenfalls mittelfristig auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten zu können. Im Übrigen ergebe sich aus den Haushaltsdaten, dass sich die finanzielle Situation der Klägerin zwar als solide, aber keineswegs als in atypischer Weise herausragend darstelle. So seien im Finanzplanungszeitraum bis 2017 Nettokreditaufnahmen geplant, es stünden erhebliche Investitionen an und es sei von einem deutlichen Rückgang der allgemeinen Rücklage auszugehen. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Gewerbesteueraufkommen, das erheblich zu den Einnahmen der Klägerin beitrage, konjunkturellen Einflüssen unterliege.

Die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung könne die Klägerin auch nicht mit den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes und der Beitragsgerechtigkeit rechtfertigen. Ein schutzwürdiges Vertrauen von Bürgern darauf, von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verschont zu bleiben, könne im Regelfall selbst dann nicht entstehen, wenn eine Gemeinde keine Ausbaubeitragssatzung erlassen habe. Erst recht gelte das, wenn eine Gemeinde, wie die Klägerin, über eine Ausbaubeitragssatzung verfüge, aber auf ihrer Grundlage keine Beiträge erhebe. Deshalb könne es nicht überzeugen, wenn die Klägerin im Sinn einer „Schlussstrichregelung“ für die beiden im Jahr 2014 noch zu sanierenden Straßen keine Ausbaubeiträge erheben wolle mit der Begründung, dass in der Vergangenheit bei der Sanierung der Ortsstraßen keine Beiträge erhoben worden seien und die Anlieger der beiden noch sanierungsbedürftigen Straßen auf einen früheren Ausbau „ihrer“ Straßen verzichtet hätten. Ob sich die Rechtswidrigkeit des Gemeinderatsbeschlusses zusätzlich daraus ergebe, dass kein konkreter Satzungstext beschlossen worden sei, bedürfe keiner Erörterung.

Die Aufforderung der Rechtsaufsichtsbehörde, den Gemeinderatsbeschluss vom 21. November 2013 aufzuheben, und die hierauf bezogene Androhung der Ersatzvornahme seien ebenfalls rechtmäßig. Rechtswidrig seien indes die Anordnung, eine neue Ausbaubeitragssatzung zu erlassen, und die hierauf bezogene Androhung der Ersatzvornahme. Denn die Aufhebungssatzung sei ebenso wie der zugrunde liegende Gemeinderatsbeschluss vom 21. November 2013 materiell rechtswidrig und damit insgesamt nichtig. Die Straßenausbaubeitragssatzung vom 1. Dezember 2010 gelte fort. Deshalb sei die Aufforderung zum Neuerlass eine Ausbaubeitragssatzung nicht erforderlich und mithin unverhältnismäßig.

3. Die Klägerin macht mit ihrer vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung unter ausführlicher Darlegung ihrer Haushaltslage im Wesentlichen geltend:

Die rechtsaufsichtliche Anordnung sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang rechtswidrig. Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG belasse den Gemeinden bei der Entscheidung, ob sie Straßenausbaubeiträge erheben wolle, ein verfassungsrechtlich durch das kommunale Selbstverwaltungsrecht geschütztes Ermessen. Der Vorschrift des Art. 62 Abs. 2 GO über die Grundsätze der Einnahmebeschaffung komme demgegenüber schon deshalb keine weitere Bedeutung zu, weil es sich bei Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG um das sowohl speziellere als auch spätere Gesetz handele. Die den Gemeinden gesetzlich überlassene Entscheidung, ob Straßenausbaubeiträge erhoben werden sollen, betreffe den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich der kommunalen Finanzhoheit, in dem der Staat nur eine Recht-mäßigkeits-, nicht aber eine Zweckmäßigkeitskontrolle ausüben dürfe.

Bei dem verfassungsrechtlich gebotenen Verständnis der Gesetzeslage sei die rechtsaufsichtliche Beanstandung aus mehreren Gründen rechtswidrig. Das Landratsamt habe zunächst in das der Gemeinde eingeräumte Ermessen und damit in den Kernbereich der kommunalen Finanzhoheit eingegriffen. Es habe sein eigenes Ermessen an die Stelle der Erwägungen der Klägerin gesetzt, was der staatlichen Aufsicht von vornherein verboten sei. Jedenfalls aber sei die rechtsaufsichtliche Maßnahme unverhältnismäßig. Sie sei bereits ungeeignet, weil sie nicht einem nach der Verfassung zulässigen Zweck diene. Den vom Landratsamt behaupteten Vorrang der Deckung von Ausbaukosten durch Beiträge vor der Deckung durch andere Einnahmen gebe es nicht. Die aufsichtliche Maßnahme sei darüber hinaus unverhältnismäßig im engeren Sinn, weil die verfassungsrechtlich geschützte Entscheidungshoheit der Gemeinde über ihre Einnahmen etwaige Gründe für die rechtsaufsichtliche Maßnahme eindeutig überwiege. In diesem Zusammenhang dürfe als Maßstab nicht auf eine „herausragende“ Finanzlage abgestellt werden. Es komme allenfalls darauf an, ob die finanzielle Situation der Gemeinde so günstig sei, dass ohne empfindliche Einbußen an ihrer dauernden Leistungsfähigkeit auf die Einnahmebeschaffung aus Straßenausbaubeiträgen verzichtet werden könne. Das aber sei bei der Klägerin ohne weiteres der Fall. Sie verfüge über eine überdurchschnittliche Finanzkraft nach allen dafür maßgeblichen Parametern. So habe sie keine neuen Kredite aufgenommen, (über-)erfülle ihre Rücklagenverpflichtung, verfüge seit Jahren über eine gute Liquidität ohne die Notwendigkeit der Aufnahme von Kassenkrediten und sei ohne jegliche Einschränkung in der Lage, alle Pflichtaufgaben zu erfüllen und mehrere freiwillige Aufgaben, darunter auch Großprojekte, ohne neue Kreditaufnahmen wahrzunehmen. Seit dem Jahr 2000 erhalte sie keine staatlichen Schlüsselzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs. Dass es in den Schlussbemerkungen des Vorberichts zum Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2014 heiße, die Klägerin stehe in den nächsten Jahren vor großen finanziellen Herausforderungen, solle nicht bedeuten, die dauernde Leistungsfähigkeit sei nicht gesichert. Dass ein wesentlicher Teil der gemeindlichen Einnahmen aus dem Gewerbesteueraufkommen stamme, rechtfertige es nicht, die dauernde Leistungsfähigkeit wegen möglicher konjunktureller Schwankungen infrage zu stellen. Ansonsten kämen die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG zugelassenen Ausnahmen praktisch nicht in Betracht.

Hinzu komme, dass bei Vorhandensein einer Ausbaubeitragssatzung den möglichen Einnahmen gemeindliche Kosten in etwa gleicher Höhe gegenüber stünden. Mit einer vergleichbaren Begründung habe die Landeshauptstadt München ihre Straßenausbaubeitragssatzung aufgehoben, ohne dass dies von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde beanstandet worden sei. Der Klägerin seien im Zeitraum von 1999 bis 2014 etwa 3,3 Mio. € Straßenausbaukosten entstanden, wofür sie bei Vorliegen einer Ausbaubeitragssatzung maximal Beiträge in Höhe von etwa 2,6 Mio. € hätte erzielen können, im jährlichen Durchschnitt etwa 175.000 €. Der jährliche Anteil der möglichen Beitragseinnahmen am Haushaltsvolumen liege im Durchschnitt bei weniger als 0,5% des jährlichen Haushaltsvolumens. Sämtliche Mitarbeiter in der Gemeindeverwaltung der Klägerin seien vollständig ausgelastet. Für eine rechtssichere Abrechnung von Straßenausbaubeiträgen müsse mindestens ein weiterer Mitarbeiter eingestellt werden, wodurch jährliche Kosten in Höhe von ca. 93.000 € entstünden. Schon unter Berücksichtigung dieser Personalkosten ergäbe sich bei Erlass einer Ausbaubeitragssatzung ein durchschnittlicher jährlicher Überschuss von nur ca. 46.000 €. Im Vergleich dazu erziele die Klägerin wesentlich höhere Einnahmen durch Ablösevereinbarungen im Rahmen von städtebaulichen Verträgen, was ohne zusätzliche Personalkosten zu bewältigen sei.

Die rechtsaufsichtliche Maßnahme verstoße schließlich gegen das Willkürverbot. Im Freistaat Bayern hätten 27% der Gemeinden keine Straßenausbaubeitragssatzung, im Landkreis München seien es neben der Klägerin 17 weitere von insgesamt 29 Gemeinden, die sich jedenfalls nicht in einer besseren wirtschaftlichen Situation befänden. Nur gegenüber der Klägerin einen strengeren Maßstab anzulegen, sei willkürlich. Die Beanstandung dürfe auch nicht mit der vom Verwaltungsgericht angesprochenen Erwägung aufrechterhalten werden, der Gemeinderatsbeschluss sei wegen Fehlens eines konkreten beschlossenen Satzungstextes bereits aus formalen Gründen unwirksam. Denn diese Erwägungen seien im angefochtenen Bescheid vom Landratsamt nicht angestellt worden und dürften im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeschoben werden. Eine vollständige Auswechslung der die Ermessensentscheidung tragenden Gründe sei unzulässig.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und den Bescheid des Landratsamtes München vom 8. April 2014 in vollem Umfang aufzuheben.

Der beklagte Freistaat verteidigt die Klageabweisung im erstinstanzlichen Urteil und beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er trägt vor, die Rechtsaufsichtsbehörde habe nicht in das Ermessen der Klägerin eingegriffen. Diese sei vielmehr von einem nicht vorhandenen Spielraum ausgegangen, weil ihre Haushaltslage nicht zulasse, entgegen der Soll-Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu verzichten. Verfassungsrecht sei dadurch nicht verletzt. Die verfassungsrechtlich verbürgte kommunale Finanzhoheit gewährleiste den Gemeinden die Befugnis zu einer eigenverantwortlichen Regelung ihrer Finanzen im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens. Als konkretisierende gesetzliche Regelung seien Art. 62 Abs. 2 und 3 GO zu berücksichtigen, die eine klare Rangfolge der den Gemeinden zugewiesenen Einnahmen festlegten. Danach stehe die Finanzierung über spezielle Entgelte, wozu auch der Straßenausbaubeitrag zähle, nach den „sonstigen Einnahmen“ an zweiter Stelle, während die Einnahmen aus gemeindlichen Steuern und Kreditaufnahmen nachrangig seien. Die gesetzlich vorgegebene Reihenfolge würde sich nur dann verschieben, wenn eine andere Finanzierung wirtschaftlich und zweckmäßig wäre. Der Gesetzgeber habe sich sowohl haushaltsrechtlich als auch abgabenrechtlich zugunsten der Allgemeinheit für eine vorrangige Einnahmebeschaffung über spezielle Entgelte als Gegenleistung für besondere Vorteile entschieden.

Ein vollständiger Beitragsverzicht komme wegen Art. 62 Abs. 2 Nr. 1 GO nur in Betracht, wenn eine Beitragserhebung entweder nicht vertretbar oder nicht geboten sei. Oberste Richtschnur müsse sein, dass die stete Aufgabenerfüllung der Gemeinde - darunter auch die Verbesserung und Erneuerung von Ortsstraßen -sichergestellt sei, wovon nur ausgegangen werden könne, wenn die dauernde Leistungsfähigkeit gewährleistet sei. Unter Berücksichtigung der Einnahmebeschaffungsgrundsätze des Art. 62 Abs. 2 GO sei die dauernde Leistungsfähigkeit allein mittels der „sonstigen Einnahmen“, also aus allgemeinen Haushaltsmitteln, oder der auf andere Einrichtungen entfallenden speziellen Entgelte sicherzustellen. Ausnahmsweise könne auch eine Kreditfinanzierung einbezogen werden, wenn die Finanzierung einer Maßnahme aus den „sonstigen Einnahmen“ wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Als Maßstab könne außerdem auf die Grundsätze und Kriterien zurückgegriffen werden, die für Kreditgenehmigungen nach Art. 71 GO gelten würden. Ausgehend von den Begriffen „vertretbar und geboten“ in Art. 62 Abs. 2 Nr. 1 GO sei es schließlich möglich, bei einem absoluten Missverhältnis zwischen den zu erwartenden Einnahmen aus den Straßenausbaubeiträgen und dem für die Beitragserhebung anfallenden Verwaltungsaufwand auf die Beitragserhebung zu verzichten.

Nach diesen Grundsätzen hätte die Klägerin ihre Straßenausbaubeitragssatzung nicht aufheben dürfen. Die Klägerin trage selbst vor, dass sie ihre Einnahmen seit mehreren Haushaltsjahren zu einem nicht unerheblichen Teil aus Erhebung kommunaler Steuern, insbesondere Gewerbesteuern, erziele. Ohne die Erhebung von Ausbaubeiträgen verlagere die Klägerin die Finanzierung der durchzuführenden Straßenbaumaßnahmen von den dadurch Begünstigten entgegen Art. 62 Abs. 2 Nr. 2 GO auf die Allgemeinheit, vor allem die Gewerbesteuerpflichtigen. Außerdem habe die Klägerin einen voraussichtlichen Schuldenstand zum 1. Januar 2016 von 4,348 Mio. € gehabt. Es liege keine atypische Haushaltslage vor, die es rechtfertigen könne, von einer Beitragserhebung abzusehen. Der behauptete unzumutbare Verwaltungsaufwand sei nicht substantiiert dargelegt. In dem von der Klägerin angesprochenen Fall der Landeshauptstadt München sei ein Absehen von der Beitragserhebung deshalb nicht ausgeschlossen, weil die zu erwartenden Einnahmen aus den Straßenausbaubeiträgen zur Aufgabenerfüllung der Gemeinde praktisch keinen relevanten Beitrag habe leisten können. Da die Landeshauptstadt mit 1,5 Millionen Einwohnern und einem entsprechend großen Haushaltsvolumen eine Sonderstellung einnehme, werde diese Fallgestaltung kaum in einer zweiten bayerischen Gemeinde anzutreffen sein. Die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung könne auch nicht mit Gründen des Vertrauensschutzes gerechtfertigt werden.

Im Übrigen bestünden auch deshalb Zweifel an der Wirksamkeit des Gemeinderatsbeschlusses und der vom ersten Bürgermeister ausgefertigten Aufhebungssatzung, weil der bekannt gemachte Satzungstext nicht vollständig mit dem beschlossenen übereinstimme. In § 2 der ausgefertigten Aufhebungssatzung sei geregelt, dass die Aufhebung am Tag nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft trete. Damit sei von der Möglichkeit des Art. 26 Abs. 1 Satz 2 GO Gebrauch gemacht worden, einen anderen als den in Satz 1 dieser Vorschrift genannten Tag zu bestimmen, ohne dass hierzu eine Beschlussfassung vorgelegen habe. Diese Erwägungen könnten entgegen der Auffassung der Klägerin nach § 114 Satz 2 VwGO nachgeschoben werden.

Der Vorwurf des willkürlichen Einschreitens sei nicht gerechtfertigt. Die Klägerin habe ihre Ausbaubeitragssatzung aufgehoben, obwohl Kredite sowohl im Haushaltsjahr als auch in den Finanzplanungsjahren veranschlagt und Straßenausbaumaßnahmen in diesen Jahren vorgesehen gewesen seien. Einen gleich gelagerten Fall habe es im Landkreis München nicht gegeben. Falls einzelne Gemeinden nicht über eine Ausbaubeitragssatzung verfügten, werde das Landratsamt nur dann nicht rechtsaufsichtlich tätig, wenn in den betreffenden Haushaltsjahren keine Kreditaufnahmen veranschlagt oder keine (grundsätzlich beitragsfähigen) Ausbaumaßnahmen vorgesehen sein. Selbst wenn im bayernweiten Vollzug durch die Rechtsaufsichtsbehörden Beanstandungen des Nichterlasses von Beitragssatzungen zu Unrecht unterblieben sein sollten, könne sich die Klägerin darauf nicht berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, auf die vom Landratsamt München vorgelegte Aktenheftung sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 3. November 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet.

Die im Berufungsverfahren noch in Streit stehenden rechtsaufsichtlichen Maßnahmen des Landratsamtes München, nämlich die Beanstandung der vom Gemeinderat der Klägerin am 21. November 2013 beschlossenen Satzung zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung und die mit der Androhung der Ersatzvornahme verbundene Aufforderung, diesen Beschluss aufzuheben, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit zu Recht abgewiesen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für ein rechtsaufsichtliches Einschreiten nach Art. 112 Satz 1 GO lagen (und liegen) vor.

Das Landratsamt München durfte als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde (Art. 110 Satz 1 GO) den Beschluss des Gemeinderats der Klägerin vom 21. November 2013 beanstanden und dessen Aufhebung verlangen, weil er rechtswidrig war. Die Klägerin war im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung im Gemeinderat (und ist weiterhin) gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in Verbindung mit Art. 62 Abs. 2 GO zur Erhebung von Beiträgen für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wege verpflichtet und deshalb rechtlich daran gehindert, ihre Ausbaubeitragssatzung vom 1. Dezember 2010 als zwingend erforderliche Voraussetzung für die Beitragserhebung (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG) aufzuheben.

a) Die Befugnis der Gemeinden zur Beitragserhebung und die damit verbundene Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Beitragssatzung hat der Gesetzgeber im Kommunalabgabengesetz (i. d. F. der Bek. vom 4.4.1993, GVBl S. 264, BayRS 2024I, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.3.2016, GVBl S. 36) unterschiedlich ausgestaltet. Während die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen Erschließungsbeiträge erheben müssen (Art. 5a Abs. 1 KAG, bis 1.4.2016: i. V. m. § 127 Abs. 1 BauGB: „Die Gemeinden erheben...“), steht die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinden (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG: „Die Gemeinden... können“). Für die hier in Streit stehende Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen bestimmt Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, dass solche Beiträge erhoben werden „sollen“, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind.

aa) Der Begriff „sollen“ in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich verbindlichen Charakter. Die Gemeinden sind - wie bei Soll-Vorschriften in anderen Gesetzen grundsätzlich auch (vgl. BVerwG, B. v. 3.12.2009 - 9 B 79.09 - juris Rn. 2; U. v. 17.12.2015 - 1 C 31.14 - NVwZ 2016, 458 Rn. 21 m. w. N.) - im Regelfall verpflichtet, so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, dürfen sie anders verfahren als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden. Das heißt, die Gemeinden sind mit Blick auf die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen grundsätzlich zur Beitragserhebung verpflichtet. Diese grundsätzliche Verpflichtung umfasst sämtliche für eine Beitragserhebung erforderlichen Verfahrensschritte, zuvörderst die Pflicht zum Erlass (und zur Aufrechterhaltung) einer besonderen Abgabesatzung (Straßenausbaubeitragssatzung) als zwingender Voraussetzung für die Beitragserhebung im engeren Sinn (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KAG). Nur in Ausnahmefällen dürfen sie die genannten Straßenbaumaßnahmen vollständig aus allgemeinen Deckungsmitteln finanzieren. Es müssen also besondere Umstände vorliegen, die es - ausnahmsweise - rechtfertigen, von der Beitragserhebung abzusehen und auf eine entsprechende Beitragssatzung zu verzichten (vgl. BayVGH, U. v. 26.10.1987 - 6 B 85 A 842 und 1075; U. v. 10.3.1999 -4 B 98.1349 - BayVBl 1999, 408; U. v. 15.10.2009 - 6 B 08.1431 - BayVBl 2010, 278 Rn. 24). Die Beantwortung der Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht Teil der Ermessensentscheidung, sondern deren gesetzliche Voraussetzung. Den Gemeinden ist insoweit kein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Ihre Einschätzung unterliegt vielmehr im Streitfall in vollem Umfang der Nachprüfung durch die Rechtsaufsichtsbehörden und Gerichte. Es handelt sich insoweit um eine rechtlich gebundene Entscheidung, an die sich bei Vorliegen eines atypischen Ausnahmefalls auf der zweiten Stufe eine nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Gemeinde anschließt.

Dieses Verständnis des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG ergibt sich nicht nur aus dem Gesetzeswortlaut und der Unterscheidung von Kann-, Soll- und Muss-Regelungen zur Beitragserhebung, sondern wird auch durch die Gesetzesmaterialien belegt. Denn der Gesetzgeber wollte mit der Ausgestaltung als Soll-Vorschrift im Fall der Erneuerung oder Verbesserung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen bewusst dem Umstand begegnen, dass in der Vergangenheit „die Gemeinden in viel zu geringem Ausmaß von ihrem Recht, Beiträge für solche Maßnahmen festzusetzen, Gebrauch gemacht haben“ (LTDrs. 7/5192 S. 16). Dem steht nicht entgegen, dass die Gemeinden nach dem zum 1. April 2016 in Kraft getretenen Art. 5b KAG anstelle einmaliger Beiträge nach Art. 5 Abs. 1 KAG wiederkehrende Beiträge für Verkehrsanlagen erheben „können“. Damit wird lediglich ein Wahlrecht hinsichtlich der Art der Beitragserhebung eröffnet, nicht aber der Soll-Befehl des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG abgeschwächt. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass die „neue Option“ der wiederkehrenden Beiträge den Gemeinden entgegen kommt, „die vormals noch nicht über eine Straßenausbaubeitragssatzung verfügten, jedoch ... zu einer Beitragserhebung ... verpflichtet gewesen wären und nach wie vor sind“ (LTDrs. 17/8225 S. 18). In dem Soll-Befehl kommt zugleich das Anliegen des Gesetzgebers zum Ausdruck, alle Grundstückseigentümer (und Erbbauberechtigte), denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer verbesserten oder erneuerten Straße besondere Vorteile bietet, in allen bayerischen Gemeinden im Interesse der Beitragsgerechtigkeit möglichst gleich zu behandeln.

bb) Wann ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, der den Erlass und die Vorhaltung einer Straßenausbaubeitragssatzung entgegen der gesetzlichen Regel des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in das Ermessen der Gemeinde stellt, lässt sich nur aufgrund einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles beurteilen. Diese Wertung wird maßgebend geprägt durch das gemeindliche Finanzverfassungsrecht im Allgemeinen und die in Art. 62 Abs. 2 und 3 GO geregelten Grundsätze der Einnahmebeschaffung im Besonderen.

Art. 22 Abs. 2 GO räumt den Gemeinden das Recht ein, ihr Finanzwesen im Rahmen der Gesetze selbst zu regeln, und verpflichtet den Gesetzgeber, den Gemeinden im Rahmen ihrer Finanzhoheit als Teil des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Finanzmittel in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen. In Erfüllung dieses Regelungsauftrags hat der Gesetzgeber durch die speziellen Ermächtigungen im Kommunalabgaben-gesetz den Gemeinden das Recht eingeräumt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch eigene Abgaben, darunter Straßenausbaubeiträge, zu erheben. Art. 62 GO enthält umgekehrt für die Gemeinden die haushaltsrechtliche Verpflichtung, die ihnen gesetzlich eingeräumten Einnahmemöglichkeiten im Rahmen ihrer Haushaltswirtschaft auch tatsächlich vollständig auszuschöpfen, soweit dies zur Aufgabenerfüllung notwendig ist. Diese Verpflichtung steht insbesondere im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grundsatz des Haushaltsausgleichs (Art. 64 Abs. 3 Satz 1 GO), der Sicherung der Aufgabenerfüllung (Art. 61 Abs. 1 Satz 1 GO) und der Sicherstellung der dauernden Leistungsfähigkeit (Art. 61 Abs. 1 Satz 2 GO).

Vor diesem Hintergrund legt Art. 62 Abs. 2 und 3 GO die Reihenfolge fest, nach der sich die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen zu beschaffen hat. Primäre Deckungsmittel sind die „sonstigen Einnahmen“, zu denen insbesondere die Gemeindeanteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer, die allgemeinen Finanzzuweisungen sowie staatliche Zuwendungen für bestimmte Maßnahmen und die Erträge aus dem Gemeindevermögen zählen. Soweit diese sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, hat die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen soweit vertretbar und geboten aus besonderen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen (Abs. 2 Nr. 1) und „im Übrigen“ - also nach-rangig - aus Steuern (Abs. 2 Nr. 2) zu beschaffen. Kredite darf die Gemeinde nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre (Abs. 3). Die in Art. 62 Abs. 2 und 3 GO gesetzlich festgelegte Rangfolge der Deckungsmittel geht von dem Grundsatz aus, dass derjenige, der eine kommunale Leistung in Anspruch nimmt oder durch eine kommunale Einrichtung einen Sondervorteil erhält, die entstehenden Kosten in vertretbarem Umfang tragen soll. Die Vorschrift soll zugleich der Entwicklung entgegenwirken, auf angemessene Gegenleistung zu verzichten und den Aufwand für die einem Einzelnen besonders zugutekommenden Leistungen aus allgemeinen Deckungsmitteln zu bestreiten (vgl. LTDrs. 7/3103 S. 32). Dabei handelt es sich nicht bloß um einen Programmsatz, sondern schon mit Blick auf den Gesetzeswortlaut um zwingendes Recht, das dem einzelnen Bürger zwar kein individuelles, einklagbares Recht verleiht, dessen Einhaltung aber von den Rechtsaufsichtsbehörden nach Art. 109 Abs. 1 GO zu überwachen ist. Allerdings bleibt es jeder einzelnen Gemeinde im Rahmen ihrer Finanzautonomie überlassen, inwieweit sie in dem ihr durch die Haushaltsgrundsätze gesteckten äußersten rechtlichen Rahmen von den Einnahmequellen Gebrauch macht (vgl. BayVGH, B. v. 1.2.2007 - 4 ZB 06.2567 - BayVBl 2007, 374 f.; B . v. 20.10.2011 - 4 ZB 11.1187 - juris Rn. 12 ff. m. w. N.).

Die Straßenausbaubeiträge gehören zu den an zweiter Rangstelle der Einnahmequellen stehenden „besonderen Entgelten“. Sie werden von den Eigentümern und Erbbauberechtigten derjenigen Grundstücke erhoben, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer verbesserten oder erneuerten Ortsstraße oder eines beschränkt-öffentlichen Weges besondere Vorteile entstehen, die sie aus dem Kreis der Allgemeinheit herausheben (vgl. BayVGH, U. v. 14.4.2011 - 6 BV 08.3182 -BayVBl 2012, 24 Rn. 18; U. v. 30.6.2016 - 6 B 16.515 - juris Rn. 17). Aufgrund der Wechselwirkung zwischen den haushaltswirtschaftlichen Grundsätzen und der SollVorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG verbleibt nur ein sehr eng begrenzter Bereich, innerhalb dessen eine Gemeinde auf den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung als unabdingbare Voraussetzung für die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verzichten kann (entsprechend etwa für das thüringische Landesrecht ThürOVG, U. v. 31.5.2005 - 4 KO 1499/04 - ThürVBl 2006, 63 ff.). Als Rechtfertigung für einen solch umfassenden „Komplettverzicht“ auf diese Einnahmequelle genügt es nicht, dass eine Gemeinde „haushaltsmäßig“ mehr oder weniger gut dasteht und sich den Beitragsausfall „finanziell leisten“ kann. Eine atypische Situation, welche den Verzicht auf die Beitragserhebung entgegen der Intention des Gesetzgebers („Soll“) zu rechtfertigen vermag, kann vielmehr nur dann in Betracht kommen, wenn die Gemeinde die in Art. 62 Abs. 2 GO festgelegte Rangfolge der Deckungsmittel einhält und trotz des Beitragsverzichts sowohl die stetige Aufgabenerfüllung gesichert (Art. 61 Abs. 1 Satz 1 GO) als auch die dauernde Leistungsfähigkeit sichergestellt ist (Art. 61 Abs. 1 Satz 2 GO). Sie mag ferner wegen des gesetzlichen Gebots zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO) in Betracht zu ziehen sein, wenn der Verwaltungsaufwand für die Beitragserhebung die möglichen Beitragseinnahmen so wesentlich übersteigt, dass durch den Erhebungsverzicht die tatsächliche Einsparung von Kosten möglich ist („defizitäre“ Beitragserhebung). Das dürfte allerdings nur im Einzelfall den Verzicht der Abrechnung einer wenig kostenintensiven Baumaßnahme bei besonders hohem Verwaltungsaufwand rechtfertigen, nicht aber das vollständige Verschließen dieser Einnahmequelle durch das Absehen von einer Beitragssatzung.

cc) Dieses Verständnis des Soll-Befehls in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG trägt der verfassungsrechtlich verbürgten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung hinreichend Rechnung. Sowohl Art. 28 Abs. 2 GG als auch Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV gewährleisten das Selbstverwaltungsrecht und die davon umfasste Finanzhoheit der Gemeinden „im Rahmen der Gesetze“. Durch diesen Gesetzesvorbehalt ist nicht nur die in Art. 5a Abs. 1 KAG für Erschließungsbeiträge angeordnete Erhebungspflicht gerechtfertigt (vgl. BVerwG, B. v. 3.12.1996 - 8 B 205.96 - juris), sondern auch die grundsätzliche Verpflichtung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nach Maßgabe von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG und die in Art. 62 Abs. 2 GO festgelegte Rangfolge der Deckungsmittel. Zwar schränkt der Gesetzgeber die Möglichkeit der Gemeinde ein, auf finanzielle Gegenleistungen für erbrachte Leistungen zu verzichten, sichert und verbreitert dadurch aber zugleich die finanzielle Ausstattung mit eigenen Mitteln für die Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft. Dadurch wird weder in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie eingegriffen noch die gemeindliche Finanzhoheit unverhältnismäßig eingeschränkt. Das gilt umso mehr, als das verfassungsrechtliche Übermaßverbot gerade für den Vorrang der Finanzierung kommunaler Aufgaben aus „besonderen Entgelten“ für die von der Gemeinde erbrachten Leistungen vor der Steuererhebung streitet.

b) Gemessen an diesem Maßstab kann sich die Klägerin, wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat, nicht auf besondere Umstände berufen, die eine Ausnahme von der grundsätzlichen Pflicht zum Erlass und zur Vorhaltung einer Straßenausbaubeitragssatzung rechtfertigen.

aa) Die Haushaltssituation der Klägerin ist unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Einnahmebeschaffungsgrundsätze nicht atypisch.

Zum einen ist der Haushalt auch mittelfristig - nicht unerheblich - kreditfinanziert. Im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2014 (mit einem Gesamthaushaltsansatz von 29,82 Mio. €) ist der Schuldenstand zum 31. Dezember 2012 mit ca. 3,59 Mio. € beziffert, für 2014 der Gesamtkreditbetrag für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen auf 1,50 Mio € festgesetzt und zum 31. Dezember 2017 eine Erhöhung des Schuldenstands auf 7,30 Mio. € prognostiziert. Schon mit Blick darauf, dass Kredite gemäß Art. 62 Abs. 3 GO an der letzten Rangstelle der gemeindlichen Einnahmequellen stehen, scheidet bei einem defizitären Haushalt der Verzicht auf eine Straßenausbaubeitragssatzung von vornherein aus. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem überobligatorisch hohen Rücklagenbestand noch daraus, dass die Rückführung der Kredite mit Blick auf das gegenwärtige Zinsniveau wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.

Zum anderen erzielt die Klägerin ihrem eigenen Vorbringen nach einen wesentlichen Teil ihrer Einnahmen aus gemeindlichen Steuern, insbesondere aus Gewerbesteuern. Der Haushaltsplan enthält für 2014 einen Ansatz von 5,5 Mio. € Gewerbesteuereinnahmen und 0,911 Mio. € Einnahmen aus der Grundsteuer A und B. Zugleich sieht er Ausgaben für den Straßenbau in Höhe von 1,62 Mio. € vor. Durch den Verzicht auf die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verlagert die Klägerin die Finanzierung beitragsfähiger Straßenbaumaßnahmen von den Begünstigten auf die Allgemeinheit, insbesondere auf die Steuerpflichtigen. Das widerspricht dem gesetzlichen Vorrang der „besonderen Entgelte“ vor den Steuern und kann deshalb ebenfalls keinen atypischen Sonderfall begründen, der in Ausnahme von der SollVorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG den Verzicht auf eine Beitragssatzung rechtfertigen kann. Weder hat die Klägerin die Steuersätze (Hebesätze) für die Gewerbe-und Grundsteuer besonders niedrig festgesetzt, noch verfügt sie aufgrund besonderer struktureller Gegebenheiten über außergewöhnlich hohe Einnahmen vor allem aus der Gewerbesteuer. Die Hebesätze sind in § 4 der Haushaltssatzung für 2014 auf 260 v. H. für die Grundsteuer A und B und auf 300 v. H. für die Gewerbesteuer festgesetzt, während sie im bayerischen Landesdurchschnitt bei kreisangehörigen Gemeinden mit einer vergleichbaren Einwohnerzahl im Jahr 2014 im gewogenen Durchschnitt bei 333 v. H. für die Grundsteuer A, bei 327 v. H. bei der Grundsteuer B und bei 325 v. H. für die Gewerbesteuer liegen (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 14 Reihe 10.1 - Finanzen und Steuern 2014, S. 39). Die Gewerbesteuereinnahmen je Einwohner lagen bei der Klägerin 2014 mit ca. 611 € (5,5 Mio. € /9.000 Einwohner) auch nicht außergewöhnlich hoch über dem bayernweiten Durchschnitt, der sich auf 350,82 € je Einwohner für Gemeinden mit 5.000 bis unter 10.000 Einwohnern und auf 633,17 € je Einwohner bei Gemeinden mit 10.000 bis unter 20.000 Einwohnern bezifferte (vgl. Gemeindekasse Bayern 2015 Rn. 230). Der Umstand, dass die Klägerin seit Jahren keine Schlüsselzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs erhält, kann den Verzicht auf den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung ebenfalls nicht rechtfertigen. Denn ob und in welcher Höhe sich für die einzelne Gemeinde eine Schlüsselzuweisung errechnet, hängt von deren Steuerkraft ab, in deren Berechnung unter anderem die - nivellierten - Einnahmen aus der Grund- und der Gewerbesteuer einfließen (vgl. Art. 2, 4 FAG). Letztere haben aber gerade Nachrang gegenüber den „besonderen Entgelten“.

Das Rangverhältnis der Einnahmequellen lässt sich nicht dadurch infrage stellen, dass Art. 62 Abs. 2 Nr. 2 GO den Vorrang der „besonderen Entgelte“ unter den Vorbehalt des Vertretbaren und Gebotenen stellt. Zunächst ist der den Gemeinden damit eingeräumte Beurteilungsspielraum durch die Soll-Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG weitgehend eingeschränkt. Zudem führen die regelmäßig nicht unerheblichen Aufwendungen der Gemeinde für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer Straßen zu einem beachtlichen Sondervorteil in Gestalt einer qualifizierten Inanspruchnahmemöglichkeit bei den Eigentümern und Erbbauberechtigten der bevorteilten Grundstücke. Die Klägerin beziffert auf der Grundlage der in den letzten 15 Jahren durchgeführten Straßenbaumaßnahmen das mögliche Beitragsaufkommen auf 165.000 € im jährlichen Durchschnitt. Es ist kein tragfähiger sozialer oder finanzwirtschaftlicher Grund ersichtlich, zugunsten des bevorteilten Personenkreises auf die Erhebung besonderer Entgelte zum Vorteilsausgleich mit der Folge zu verzichten, dass die in Rede stehenden Mittel von anderen aufgebracht werden müssen oder zur Erfüllung anderer gemeindlicher Aufgaben fehlen. Einer übermäßigen Belastung der Beitragspflichtigen kann die Gemeinde durch die Zulassung einer Verrentung oder Ratenzahlung begegnen (Art. 5 Abs. 10 KAG), einer unbilligen Härte im Einzelfall aufgrund sorgfältiger Prüfung durch einen Beitrags(teil)erlass Rechnung tragen. Dass den Gemeinden gerade wegen des Nachrangs der Steuereinnahmen in aller Regel der Verzicht auf den Erlass einer Straßenausbaubeitragssatzung verwehrt sein dürfte, entspricht dem Zweck des Gesetzes.

bb) Eine atypische Situation ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, das mögliche jährliche Beitragsaufkommen von durchschnittlich 165.000 € sei im Vergleich zum Haushaltsvolumen marginal und werde durch den Erhebungsaufwand nahezu aufgezehrt, weil alle Gemeindemitarbeiter völlig ausgelastet seien und zur Beitragserhebung ein weiterer Mitarbeiter zu jährlichen Kosten von 93.000 € eingestellt werden müsste.

Die „Gegenrechnung“ ist schon nicht nachvollziehbar. Nach dem Vorbringen der Klägerin werden beitragsfähige Maßnahmen nicht etwa jährlich durchgeführt, weshalb das mögliche Beitragsaufkommen zwischen 0 € und 430.000 € im Jahr schwankt. Mithin würde für die Beitragsabrechnung kein kontinuierlicher, sondern nur fallweiser Arbeitsaufwand entstehen, der in einer Gemeinde mit der Größenordnung der Klägerin offenkundig auch keinen Mehrbedarf von einer ganzen Stelle in der genannten Höhe auslösen würde. Das gilt umso mehr, als die Klägerin ihre Straßenbaumaßnahmen bereits jetzt und unabhängig vom Vorhandensein einer Beitragssatzung kostenmäßig prüfen und abwickeln (lassen) muss; damit wird aber der Sache nach der erste und durchaus arbeitsaufwändige Teil einer Beitragsabrechnung, nämlich die Zusammenstellung des beitragsfähigen Aufwands, ohnehin durchgeführt. Jedenfalls aber ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen generell nur defizitär vollziehen kann und deshalb ausnahmsweise (schon) vom Erlass einer entsprechenden Abgabesatzung absehen dürfte. Dass die möglichen Beitragseinnahmen im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Haushalts mehr oder weniger gering sind, kann die Klägerin nicht vom SollBefehl des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG entbinden. Das ist nicht etwa atypisch, sondern liegt in der Natur des Beitrags als teilweise Aufwandserstattung für bestimmte Infrastrukturmaßnahmen.

cc) Besondere Umstände, welche die Aufhebung der Ausbaubeitragssatzung rechtfertigen, ergeben sich schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes zugunsten bestimmter Beitragsschuldner.

Die Klägerin macht geltend, sie sei deshalb zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung berechtigt, weil bestimmte Grundstückseigentümer sich bereits vor dem Erlass dieser Beitragssatzung im Vertrauen auf die fortdauernde Beitragsfreiheit damit einverstanden erklärt hätten, dass „ihre“ Straße erst später ausgebaut werde. Dieses Argument greift, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht durch. Das Vertrauen der Betroffenen darauf, entgegen der vom Gesetzgeber angeordneten grundsätzlichen Erhebungspflicht nicht zu Beiträgen herangezogen zu werden, ist - vor Ablauf der Ausschlussfrist des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) bb) Spiegelstrich 1 KAG - nicht schutzwürdig. Art. 5 Abs. 8 KAG lässt es ausdrücklich und in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise zu, Beiträge sogar für solche beitragsfähigen Ausbaumaßnahmen zu erheben, die bereits vor dem Inkrafttreten einer (wirksamen) Ausbaubeitragssatzung endgültig abgeschlossen worden sind. Zwar hat der Senat entschieden, dass eine Gemeinde rechtlich nicht gehindert ist, den zeitlichen Geltungsbereich ihrer Beitragssatzung im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit zu beschränken und bereits seit längerem - in satzungsloser Zeit - endgültig abgeschlossene Ausbaumaßnahmen von der Beitragserhebung auszunehmen (BayVGH, U. v. 15.10.2009 - 6 B 08.1431 - BayVBl 2010, 278 Rn. 25). Das gilt indes nicht für den Fall künftiger Baumaßnahmen, auch wenn sie früher hätten durchgeführt werden sollen, dann aber mit „Zustimmung“ der Anlieger zurückgestellt wurden.

dd) Fehlt es demnach an einer atypischen Situation, bleibt es bei der gesetzlichen Verpflichtung der Klägerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, für die Verbesserung oder Erneuerung ihrer Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wege Beiträge zu erheben und eine entsprechende Beitragssatzung vorzuhalten. Der Beschluss des Gemeinderats vom 21. November 2013 einer „Satzung zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung vom 01.01.2011“ war demnach rechtswidrig. Das gilt auch insoweit, als die aufgehobene Satzung die Beitragserhebung nicht nur für die in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG genannten Maßnahmen regelt, sondern darüber hinaus auf der Grundlage der Kann-Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG etwa auf Grünanlagen und Kinderspielplätze erstreckt (vgl. § 5 Abs. 1 Nrn. 5 und 6 ABS). Von einer bloßen, auf den Bereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG beschränkten Teilrechtswidrigkeit des Aufhebungsbeschlusses kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil nicht angenommen werden kann, dass der Beschluss vom Gemeinderat auch ohne den zur Rechtswidrigkeit führenden Teil getroffen worden wäre.

2. Das Landratsamt hat mit seiner Entscheidung, den rechtswidrigen Gemeinderatsbeschluss vom 21. November 2013 wegen „des nicht unerheblichen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG“ zu beanstanden und dessen Aufhebung zu verlangen, das ihr durch Art. 112 Satz 1 GO eröffnete rechtsaufsichtliche Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

a) Für eine gleichheitswidrige Handhabung des Beanstandungsrechts ist nichts ersichtlich.

Der Einwand der Klägerin, sie sei trotz ihrer überdurchschnittlich guten Finanzlage willkürlich aus dem Kreis von insgesamt 18 Gemeinden allein im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes München und 27% der Gemeinden im Freistaat Bayern ohne Straßenausbaubeitragssatzung herausgegriffen worden, geht fehl. Dabei kann dahinstehen, ob sich eine Gemeinde uneingeschränkt auf den durch Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV grundrechtlich verbürgten allgemeinen Gleichheitssatz oder „nur“ auf das objektive Willkürverbot berufen kann. Ebenso kann offen bleiben, ob der Gleichheitssatz beim Vollzug der rechtsaufsichtlichen Vorschriften nur die jeweilige Behörde für ihren konkreten Zuständigkeitsbereich (so etwa Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 3 Rn. 9 m. w. N.) oder aber den Freistaat Bayern als den Träger der öffentlichen Gewalt für seinen Zuständigkeitsbereich aufgrund der Möglichkeit zur Vollzugsvereinheitlichung durch Verwaltungsvorschriften verpflichtet (in diese Richtung Osterloh/Nußberger, in Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 81 und Fn. 164; P. Kirchhof in Maunz/Dürig, GG, 2015, Art. 3 Abs. 1 Rn. 162 m. w. N.). Selbst bei Zugrundelegung des für die Klägerin günstigeren Prüfungsmaßstabs kann eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht festgestellt werden. Die einzelne Rechtsaufsichtsbehörde und erst recht der Freistaat Bayern muss rechtswidrige Zustände, die bei einer Vielzahl von Gemeinde vorliegen, nicht stets „flächendeckend“ beanstanden, sondern darf sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (vgl. BVerwG, B. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360; B. v. 24.7.2014 -4 B 34.14 - juris Rn. 4). Das ist hier der Fall. Der Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass es im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes München keinen gleichgelagerten Fall gebe, in dem eine Gemeinde, die über eine Straßenausbaubeitrags-satzung verfüge, diese wieder aufhebe, obwohl sie im aktuellen Haushaltsjahr und in den Finanzplanungsjahren Kredite veranschlage; das Landratsamt bleibe nur dann untätig, wenn eine Gemeinde keine Kreditaufnahme veranschlage oder keine grundsätzlich beitragsfähigen Baumaßnahmen vorsehe. Es ist mit dem Gleichheitssatz ohne weiteres vereinbar, wenn die einzelne Rechtsaufsichtsbehörde die Aufhebung einer bestehenden - hier im Übrigen wiederholt angemahnten - Straßenausbaubeitragssatzung im Einzelfall zum Anlass nimmt, auf die Einhaltung der gesetzlichen Pflicht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG und des Grundsatzes der Subsidiarität von Krediten (Art. 62 Abs. 3 GO) hinzuwirken. Selbst wenn der Gleichheitssatz im Vollzug der staatlichen Kommunalaufsicht behördenübergreifende Geltung beanspruchen sollte, ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass eine andere bayerische Gemeinde trotz einer gerade auch in den besonderen Umständen vergleichbaren Fallgestaltung unbeanstandet geblieben wäre. Damit ist eine sachwidrige Ungleichbehandlung der Klägerin durch das Landratsamt München ausgeschlossen, zumal weder die einzelne Rechtsaufsichtsbehörde im Zeitpunkt der Beanstandung noch nachträglich das überprüfende Gericht verpflichtet waren oder sind, von Amts wegen mögliche Bezugsfälle zu ermitteln. Im Übrigen wäre es auch als rechtmäßig anzuerkennen, wenn das Landratsamt den Fall der Klägerin als „Musterfall“ ausgewählt hätte, um erst nach einer Bestätigung seiner Rechtsauffassung gleichartige Fälle aufzugreifen (vgl. BVerwG, B. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360).

b) Das Landratsamt war ferner nicht daran gehindert, die Klägerin nur zur Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses, nicht aber auch zur Aufhebung der vom ersten Bürgermeister in Vollzug dieses Beschlusses ausgefertigten und amtlich bekannt gemachten Aufhebungssatzung aufzufordern.

Die (ausgefertigte und bekannt gemachte) Aufhebungssatzung kann schon deshalb kein beachtliches Hindernis bilden, weil sie, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, aus denselben Gründen wie der zugrunde liegende Gemeinderatsbeschluss (oben Nr. 1) inhaltlich gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG verstößt und deshalb nichtig ist. Im Übrigen ist sie bereits nicht ordnungsgemäß zustande gekommen. Denn die vom ersten Bürgermeister am 21. Januar 2014 nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 GO ausgefertigte Originalurkunde der Satzung (vgl. Anlage K10 zur Klagebegründung vom 4.6.2014) stimmt nicht mit dem vom Gemeinderat am 21. November 2013 beschlossenen Satzungstext (Anlage K9) überein. Der Gemeinderat hatte ohne weitere inhaltliche Festlegungen lediglich „eine Satzung zur Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung vom 01.01.2011“ beschlossen. Die Ausfertigung umfasst hingegen einen Satzungstext mit zwei Paragraphen. Das mag hinsichtlich § 1 noch hingenommen werden, weil dessen ausgefertigter Text mit dem Beschluss des Satzungsgebers trotz der Wortlautunterschiede jedenfalls inhaltlich übereinstimmt. § 2 der ausgefertigten Satzung verändert indes den Satzungsbeschluss des Gemeinderats inhaltlich und überschreitet die Grenzen zulässiger Berichtigungen (vgl. BVerfG, B. v. 15.2.1978 - 2 BvL 8/74 - BVerfGE 48, 1/18 f.). Während nämlich der Gemeinderat keine Regelung zum Inkrafttreten der Aufhebungssatzung beschlossen und es mithin bei der gesetzlichen Festlegung in Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GO belassen hatte (Satzungen treten eine Woche nach ihrer Bekanntmachung in Kraft), ergänzte der erste Bürgermeister den ausgefertigten Satzungstext um die davon abweichende Bestimmung, dass die Aufhebungssatzung am Tag nach ihrer ortsüblichen Bekanntmachung in Kraft tritt.

3. Ebenfalls rechtmäßig ist schließlich die Androhung der Ersatzvornahme durch die Rechtsaufsichtsbehörde für den Fall, dass die Klägerin der Aufforderung zur Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 21. November 2013 bis zum Ablauf von drei Monaten nach Bestandskraft des Bescheids nicht nachkommt. Die Befugnis der Rechtsaufsichtbehörde zu dieser Androhung ergibt sich mittelbar aus Art. 113 Satz 1 GO. Die der Klägerin gesetzte Frist ist angemessen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt (§ 47, § 52 Abs. 1 GKG).


Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. vom 25. März 2015 geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung des Beklagten vom 6. Januar 2014. Mit dieser beanstandete der Beklagte den Beschluss des Ortsgemeinderates vom 6. Dezember 2011 über die Neufassung der Satzung der Klägerin zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für öffentliche Verkehrsanlagen - Ausbaubeitragssatzung - und verlangte gleichzeitig, dass dieser Ratsbeschluss in der Sitzung des Ortsgemeinderates, die auf den Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheids folgt, aufgehoben wird (Ziffer 1 der Verfügung). Der Beklagte ordnete zudem in Ziffer 2 der Verfügung an, zum selben Zeitpunkt die beschlossene Satzung so neu zu fassen, dass darin der Gemeindeanteil auf maximal 30 v.H. bestimmt wird.

2

Nur in dieser Höhe entspreche – so die Begründung der Verfügung vom 6. Januar 2014 – der Gemeindeanteil dem Durchgangsverkehr in der sämtliche Anbaustraßen der Ortslage umfassenden einheitlichen öffentlichen Einrichtung der Klägerin. Denn der Durchgangsverkehr fließe im Wesentlichen über die L 453 (Straßenzug G… Straße - H… Straße - D… Straße), deren Fahrbahn aber nicht in der Baulast der Klägerin stehe. Mit Blick darauf und angesichts der einschlägigen Rechtsprechung sowie der gesetzlichen Vorgaben zum Mindestgemeindeanteil sei auch unter Berücksichtigung eines der Klägerin einzuräumenden Beurteilungsspielraums ein Gemeindeanteil von höchstens 30 v.H. zulässig.

3

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, bei der Einführung wiederkehrender Ausbaubeiträge sei dem Ortsgemeinderat bewusst gewesen, dass der Beitragssatz für alle Grundstückseigentümer in der Ortslage einheitlich festgesetzt würde und die Anlieger an klassifizierten Straßen erheblich höhere Beiträge zu entrichten hätten als im Falle der Erhebung von Einmalbeiträgen. Der seinerzeit mit Rücksicht darauf festgelegte Gemeindeanteil von 50 v.H. sei allgemein akzeptiert worden. Da sich an dem Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr seitdem nichts geändert habe, müsse es bei der auf Drängen der Kommunalaufsicht bereits vorgenommenen Verminderung des Gemeindeanteils auf 40 v.H. bleiben. Einer weiteren Absenkung auf 30 v.H. stünden Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes entgegen.

4

Nach Zurückweisung ihres Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 28. Juli 2014 hat die Klägerin zur Weiterverfolgung ihres Anfechtungsbegehrens Klage erhoben. Sie bekräftigt ihr Vorbringen, aus Gründen des Vertrauensschutzes erscheine die Anordnung, den Gemeindeanteil auf 30 v.H. zu reduzieren, zumindest befremdend, zumal der Durchgangsverkehr auch früher schon im Wesentlichen über die H… Straße und G… Straße (L 453) geflossen sei, so dass sich an dem Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr nichts geändert habe. In Anbetracht der verfassungsrechtlich garantierten gemeindlichen Selbstverwaltung sei es gerechtfertigt, den in eigener Verantwortung getroffenen Gemeinderatsbeschluss über einen Gemeindeanteil von 40 v.H. aufrechtzuerhalten und unbeanstandet zu lassen.

5

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

6

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Regelung in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung sei nicht hinreichend bestimmt. Denn sie lasse nicht erkennen, ab welchem Zeitpunkt die Klägerin den geforderten niedrigeren Gemeindeanteil von 30 v.H. in ihrer Satzung festlegen solle. Zwar habe der Beklagte angeführt, dass in der Sitzung des Ortsgemeinderates, die auf den Zeitpunkt der Bestandskraft der aufsichtsbehördlichen Verfügung folge, die Ausbaubeitragssatzung so neu zu fassen sei, dass darin der Gemeindeanteil auf maximal 30 v.H. bestimmt werde. Der angefochtenen Verfügung des Beklagten lasse sich aber auch im Wege der Heranziehung ihrer Begründung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen, mit Wirkung zu welchem Zeitpunkt der Ortsgemeinderat der Klägerin eine Satzungsänderung mit einem Gemeindeanteil von 30 v.H. beschließen solle. Insbesondere lasse sich der Verfügung nicht entnehmen, ob in Folge der aufsichtsbehördlichen Anordnung der Gemeindeanteil auch rückwirkend oder nur für künftige Zeiträume oder ab der Bekanntmachung der abzuändernden Ausbaubeitragssatzung erfolgen solle.

7

Aber auch unabhängig von diesen durchgreifenden Zweifeln an der Bestimmtheit der aufsichtsbehördlichen Entscheidung lägen - so heißt es in dem angefochtenen Urteil weiter - die materiellen Voraussetzungen für ein Einschreiten der Kommunalaufsichtsbehörde, nämlich die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Ortsgemeinderates über einen Gemeindeanteil von 40 v.H., nicht vor. Dieser Beschluss habe keiner schriftlichen Begründung bedurft und sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten finde Durchgangsverkehr durch die von der Klägerin gebildete Abrechnungseinheit nicht fast ausschließlich über die L 453 und - in geringerem Umfang - über die L 454 und K 29 statt. In die Ermittlung des Verhältnisses von Anlieger- und Durchgangsverkehr seien vielmehr auch die Verkehrsverhältnisse auf den in die öffentliche Einrichtung einbezogenen Verkehrsanlagen einzubeziehen, die vollständig in der Baulast der Klägerin stehen. Dabei könne nicht ausgeblendet werden, dass das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zur früheren Rechtslage der Vorgabe des § 14 Abs. 2 KAG 1986 sowie der Amtlichen Begründung zu § 14 KAG 1986 folgend von einem Mindestgemeindeanteil bei der Erhebung wiederkehrender Beiträge in Höhe von 35 v.H. und der Ermittlung des Gemeindeanteils als Mischsatz aus der Gesamtheit der in der Einheit zusammengefassten Verkehrsanlagen unter Einbeziehung der Verkehrsvorgänge innerhalb der Einheit ausgegangen sei. Den Gemeinden bleibe auch unter Geltung des aktuellen Rechts die Möglichkeit, einen Mischsatz aus den Gemeindeanteilen der einzelnen Verkehrsanlagen zu errechnen. Alternativ dazu könne der Gemeindeanteil auch anhand der Verkehrsverhältnisse der jeweils auszubauenden Verkehrsanlagen für die Einheit festgesetzt werden.

8

Den gesamten innerhalb der öffentlichen Einrichtung von Anliegergrundstücken ausgehenden bzw. dorthin führenden Verkehr als Anliegerverkehr zu bewerten und nur die Verkehrsströme als Durchgangsverkehr anzusehen, die „durch die Einheit hindurch führen“, sei verfassungsrechtlich bedenklich. Mit diesem Ansatz, sämtliche Verkehrsvorgänge innerhalb der Abrechnungseinheit als Anliegerverkehr zu definieren, gehe der vom Bundesverfassungsgericht geforderte enge Bezug zwischen dem beitragsrechtlichen Sondervorteil und dem den Beitragsschuldnern zurechenbaren Aufwand verloren. Dieser Ansatz habe nämlich zur Folge, dass bei derselben Ausbaumaßnahme und demselben durch diese Maßnahme herbeigeführten Ausbauzustand im Falle des wiederkehrenden Beitrags ein höherer Beitragsaufwand auf die Beitragsschuldner abwälzbar sei als beim einmaligen Beitrag. Die Erzielung von Einnahmen durch die Gemeinde ohne eine entsprechende, durch konkrete Investitionsaufwendungen gestaltete Vorhaltung stelle aber typischerweise die Erhebung einer steuerähnlichen Abgabe dar und könne nicht mehr als Beitrag angesehen werden.

9

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend, seine aufsichtsbehördliche Verfügung sei hinreichend bestimmt. Die angeordnete Neufassung der Satzung trete nach den gesetzlichen Bestimmungen in Kraft, ohne dass eine Rückwirkung erforderlich sei. Denn die Klägerin habe seit der Einführung wiederkehrender Ausbaubeiträge keine beitragspflichtigen Ausbaumaßnahmen durchgeführt. Inhaltlich entspreche die Anordnung, den Gemeindeanteil auf höchstens 30 v.H. festzusetzen, der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts und den im Einzelnen dargelegten örtlichen Verhältnissen.

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Der Beklagte beantragt,

11

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil und weist darauf hin, bei der Einführung der wiederkehrenden Beiträge sei nicht absehbar gewesen, dass sie verpflichtet werde, den damals allgemein akzeptierten Gemeindeanteil von 50 v.H. auf 30 v.H. zu vermindern. Zu ergänzen sei, dass sich im Außenbereich der Gemeinde eine über die H… Straße (L 453) zu erreichende, sehr große Sportanlage befinde, die von zahlreichen Vereinen genutzt und insbesondere bei Fußballspielen oder Wettkämpfen von einer großen Zahl von Sportlern und Zuschauern aufgesucht werde. Auch der Radfahrverkehr auf dem durch die Gemeinde führenden „Kraut- und Rüben-Radwanderweg“ sei als Durchgangsverkehr zu werten.

15

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte, insbesondere aus den Schriftsätzen der Beteiligten, sowie den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

16

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet. Anders als das Verwaltungsgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die kommunalaufsichtsrechtliche Verfügung des Beklagten vom 6. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 28. Juli 2014 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihrem verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes; Art. 49 Abs. 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz) verletzt. Das angefochtene Urteil ist dementsprechend abzuändern und die Klage abzuweisen.

17

Rechtsgrundlage der Beanstandung in Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung des Beklagten ist § 121 der Gemeindeordnung – GemO –. Nach den Sätzen 1 und 2 dieser Bestimmung kann die Aufsichtsbehörde u. a. Beschlüsse des Gemeinderats, die das bestehende Recht verletzen, beanstanden sowie verlangen, dass sie innerhalb einer von ihr bestimmten Frist aufgehoben werden und dass das auf Grund derartiger Beschlüsse oder Maßnahmen Veranlasste rückgängig gemacht wird. Die in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung getroffene Anordnung hat der Beklagte zu Recht auf § 122 GemO gestützt, wonach die Aufsichtsbehörde anordnen kann, dass die Gemeinde, die die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten und Aufgaben nicht erfüllt, innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlasst. Der kommunalaufsichtsrechtlichen Verfügung des Beklagten vom 6. Januar 2014 fehlt es nicht an der erforderlichen inhaltlichen Bestimmtheit (1.). Ferner liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen eines aufsichtsbehördlichen Eingreifens vor (2.). Dass von dem eingeräumten Ermessen ein fehlerfreier Gebrauch gemacht wurde, kann dem Widerspruchsbescheid der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 28. Juli 2014 entnommen werden, dem die Klägerin insoweit nicht substantiiert entgegen getreten ist und auf den wegen der Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird.

18

1. Anders als in dem angefochtenen Urteil ausgeführt wurde, ist die Anordnung in Ziffer 2 der Verfügung vom 6. Januar 2014 inhaltlich hinreichend bestimmt. Insbesondere musste nicht ausdrücklich angeordnet werden, zu welchem Zeitpunkt die Herabsetzung des Gemeindeanteils von 40 v.H. auf 30 v.H. in Kraft gesetzt werden soll (a). Auch die Festlegung einer rückwirkenden Geltung dieser Satzungsänderung war nicht erforderlich, um den Bestimmtheitsanforderungen zu genügen (b).

19

a) Ab welchem Zeitpunkt die Klägerin den geforderten niedrigeren Gemeindeanteil von 30 v.H. in ihrer Satzung festlegen soll, lässt sich dem Zusammenhang der Regelung in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung ohne Weiteres entnehmen. Danach wird angeordnet, die Ausbaubeitragssatzung (wiederkehrende Beiträge) in der Sitzung des Ortsgemeinderates, die auf den Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides folgt, so neu zu fassen, dass darin der Gemeindeanteil auf maximal 30 v.H. bestimmt wird. Ist dies in öffentlicher Sitzung geschehen (§ 24 Abs. 2 GemO), hat der Bürgermeister gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GemO unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung des Gemeinderats den Satzungsbeschluss auszuführen. Dies bedeutet, dass er die öffentliche Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses, die § 24 Abs. 3 Satz 1 GemO vorschreibt, nach § 10 Abs. 1 Satz 1 der Durchführungsverordnung zur Gemeindeordnung vollzieht. Die Satzung tritt sodann gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 GemO am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft, wenn sie – wie hier anzunehmen ist – den Tag, an dem sie in Kraft tritt, nicht selbst bestimmt.

20

b) Da von einer rückwirkenden Inkraftsetzung in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung nicht gesprochen wird, ist eine solche nicht angeordnet. Sie ist auch entbehrlich. Denn die Klägerin hat – wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen hat – seit der Einführung wiederkehrender Ausbaubeiträge keine Ausbaumaßnahmen durchgeführt, für die eine Beitragserhebung unter Ansatz eines Gemeindeanteils von maximal 30 v.H. in Betracht käme.

21

2. Die gesetzlichen Voraussetzungen des kommunalaufsichtsrechtlichen Eingreifens lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids und liegen weiterhin sowohl für die Regelungen in Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung (a) als auch für die Anordnung in Ziffer 2 vor (b).

22

a) Der Beschluss des Gemeinderats der Klägerin, an einem Gemeindeanteil von 40 v.H. für die Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge (§ 10a des Kommunalabgabengesetzes i.d.F. vom 12. Dezember 2006 – KAG –) in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung sämtlicher Anbaustraßen des Gemeindegebiets festzuhalten, verletzt i.S.d. § 121 Satz 1 GemO das bestehende Recht. Er ist nämlich mit § 10a Abs. 3 KAG nicht zu vereinbaren. Nach dieser Bestimmung bleibt bei der Ermittlung des wiederkehrenden Beitrags ein dem Vorteil der Allgemeinheit entsprechender Anteil (Gemeindeanteil) außer Ansatz, der dem Verkehrsaufkommen entsprechen muss, das nicht den Beitragsschuldnern zuzurechnen ist und mindestens 20 v.H. beträgt.

23

aa) Die gerichtliche Kontrolle einer solchen satzungsrechtlichen Abgabenregelung beschränkt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 9 C 12.08, BVerwGE 135, 367, juris; BVerwG, 9 BN 1.13, juris) angesichts des kommunalen Selbstverwaltungsrechts auf die Vereinbarkeit der Festsetzungen mit höherrangigem Recht, umfasst aber nicht die Überprüfung auf Mängel im Abwägungsvorgang. Im Rahmen einer solchen Prüfung, ob einzelne Bestimmungen einer gemeindlichen Abgabensatzung gegen höherrangiges Recht verstoßen, kann es auf die fehlerfreie Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände, die die getroffene Regelung rechtfertigen sollen, ankommen (vgl. OVG RP, 6 C 10860/14.OVG, juris). Beruht der Ratsbeschluss über die Festlegung des Gemeindeanteils beim Einmalbeitrag auf einer greifbaren Fehleinschätzung, weil er nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt, ist er rechtswidrig (vgl. OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, juris). Das gilt auch für die Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge.

24

Zu diesen tatsächlichen Umständen gehört die Bewertung des Verkehrsaufkommens, das nicht den Beitragsschuldnern zuzurechnen ist, also des Durchgangsverkehrs. Dabei ist entscheidend auf die zahlenmäßige Relation der Verkehrsfrequenzen des Anliegerverkehrs einerseits und des Durchgangsverkehrs andererseits abzustellen (OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, esovgrp, juris). Im Rahmen der satzungsrechtlichen Festlegung des Gemeindeanteils gemäß § 10a Abs. 3 KAG hat der Satzungsgeber sämtliche in der Baulast der Gemeinde stehenden Verkehrsanlagen und -teile innerhalb der öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen in den Blick zu nehmen und insgesamt das Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr zu gewichten (OVG RP, 6 A 11146/09.OVG, AS 38, 383, juris; OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, AS 40, 4, juris). Der ihm dabei zustehende Beurteilungsspielraum schließt eine geringe Bandbreite (+/- 5 v.H.) mehrerer vertretbarer Vorteilssätze ein, die einen Ausgleich für die insbesondere tatsächliche Unsicherheit bieten soll, welche mit der Bewertung der Anteile des Anlieger- sowie des Durchgangsverkehrs zwangsläufig verbunden ist (vgl. OVG RP, 6 A 11315/06.OVG, AS 34, 99, esovgrp). Der gesetzlich festgelegte Mindestgemeindeanteil von 20 v.H. (§ 10a Abs. 3 Satz 3 KAG) darf nicht unterschritten werden.

25

Die auf die einheitliche öffentliche Einrichtung bezogene Gewichtung des Verhältnisses von Anlieger- und Durchgangsverkehr (OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, AS 40, 4, juris) bedeutet, dass der gesamte von Anliegergrundstücken innerhalb der öffentlichen Einrichtung ausgehende bzw. dorthin führende Verkehr innerhalb der Einrichtung als Anliegerverkehr zu werten ist (OVG RP, 6 A 11146/09.OVG, AS 38, 383, juris; OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, AS 40, 4, juris). Durchgangsverkehr ist hingegen der durch die einheitliche öffentliche Einrichtung verlaufende Verkehr. Unter dieser Voraussetzung können zum Durchgangsverkehr nicht nur der überörtliche Verkehr, sondern auch die Verkehrsströme zwischen mehreren öffentlichen Einrichtungen von Anbaustraßen i.S.d. § 10a KAG und der Verkehr zählen, der aus dem bzw. in den Außenbereich der Gemeinde (z. B. Holzabfuhr, Transport von Bodenschätzen, Fahrten zu Freizeiteinrichtungen) verläuft (vgl. OVG RP, 6 B 10639/14.OVG zum Einmalbeitrag).

26

Die Festlegung des Gemeindeanteils aufgrund einer Gesamtbetrachtung des Anlieger- und Durchgangsverkehrs innerhalb der einheitlichen öffentlichen Einrichtung i. S. d. § 10a KAG, also nach dem insgesamt innerhalb der öffentlichen Einrichtung bestehenden Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr, trägt der durch die gesetzliche Neuregelung erfolgten systematischen Umstellung konsequent Rechnung (vgl. OVG RP, 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209 = DVBl 2008, 135, esovgrp, juris). Mit der Bestimmung des § 10a KAG hat der Gesetzgeber nämlich einen Systemwechsel zu einer Einrichtung vollzogen, die als solche den qualifiziert nutzbaren Grundstücken die erforderliche wegemäßige Anbindung vermittelt (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, LT-Drucks. 15/318, S. 7). Gleichzeitig wurde der mit dem wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag abzuschöpfende Sondervorteil von dem rein „abrechnungstechnischen Verbund“ (LT-Drucks. 15/318, S. 7) mehrerer einzelner öffentlicher Verkehrsanlagen gelöst und in einen ähnlichen Gesamtzusammenhang gestellt, wie dies beim Feld-, Weinbergs- und Waldwegenetz einer Gemeinde und der kommunalen Abwasserbeseitigungseinrichtung der Fall ist (vgl. OVG RP, 6 C 10601/07.OVG, AS 35, 209 = DVBl 2008, 135, esovgrp, juris). Darüber hinaus kommt der mit der Bildung einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung verbundene Sondervorteil auch in der grundsätzlichen Verpflichtung der Gemeinde zum Ausdruck kommt, diese Einrichtung funktionsfähig zu halten.

27

Die Gesetzesbegründung zu § 10a KAG RP enthält weitere Hinweise, die diese Methode einer Gesamtbetrachtung des Anlieger- und Durchgangsverkehrs stützen. Ihr kann entnommen werden, dass den Beitragsschuldnern der „Anliegerverkehr in der eine Einheit bildenden Einrichtung” zuzurechnen ist (LT-Drucks. 15/318, S. 9). Der Gemeindeanteil – so heißt es auf S. 7 der LT-Drucks. 15/318 – spiegelt den Vorteil wider, „den die Allgemeinheit im Verhältnis zur Gesamtheit der anliegenden Grundstücke“ durch den Ausbau hat.

28

Diese Begründung zum Gesetzentwurf erläutert außerdem, dass der vorgeschriebene Mindestgemeindeanteil von 20 v.H. nur dann ausreichend ist, wenn das Verkehrsaufkommen fast ausschließlich den Grundstücken in der einheitlichen Einrichtung der Anbaustraßen zuzurechnen ist. Soweit das Verwaltungsgericht meint, dieser Mindestgemeindeanteil von 20 v.H. könne im Einzelfall wegen Fehlens von Durchgangsverkehr auf in der Baulast der Gemeinde stehenden Verkehrsanlagen zu hoch sein, gilt die vom Gesetzgeber getroffene Regelung des § 10a Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 KAG. Dem Gesetzgeber kommt es ohne Weiteres zu, Ausnahmen von abgabenrechtlichen Belastungsentscheidungen aus Typisierungs- und Vereinfachungsgründen zuzulassen (vgl. BVerfG, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, juris; BVerfG, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, juris).

29

Die Methode einer Gesamtbetrachtung des insgesamt innerhalb der öffentlichen Einrichtung bestehenden Verhältnisses von Anlieger- und Durchgangsverkehr ist auch dann keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt, wenn sich – wie in dem angefochtenen Urteil ausgeführt – die Einnahmen vieler Gemeinden im Zusammenhang mit dem Ausbau von Verkehrsanlagen wegen eines in Folge des Systemwechsels vergleichsweise niedrigen Gemeindeanteils erhöhen sollten.

30

Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 10a KAG keine finanziellen Auswirkungen auf die Kommunalhaushalte beabsichtigte (LT-Drucks. 15/318, S. 2), kann nämlich nicht dazu führen, auf eine aus systematischen Gründen gebotene Auslegung zu verzichten. Auch der vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleich zwischen dem Gemeindeanteil im Falle der Erhebung von Einmalbeiträgen und dem Gemeindeanteil bei einer Heranziehung zu wiederkehrenden Ausbaubeiträgen führt nicht zu begründeten Zweifeln an der Methode einer Gesamtbetrachtung des Anlieger- und Durchgangsverkehrs. Es trifft zwar zu, dass der Gemeindeanteil bei der Erhebung von einmaligen Beiträgen für den Ausbau einer Gemeindestraße mit starkem Durchgangsverkehr deutlich höher liegen kann als bei einem Ausbau derselben Gemeindestraße unter Geltung einer Satzung zur Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge in einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung, die insgesamt wenig Durchgangsverkehr aufweist. Diese Folge tritt jedoch in ähnlicher Weise auf, wenn man den Gemeindeanteil statt aufgrund einer Gesamtbetrachtung nach der vom Verwaltungsgericht favorisierten Durchschnittsmethode ermittelt, also durch Einzelbetrachtung des Anlieger- und Durchgangsverkehrs in jeder Anbaustraße mit anschließender Bildung eines Durchschnittswerts. Dass die Gemeinde ihren Ausbauaufwand in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung nach § 10a KAG durch wiederkehrende Ausbaubeiträge in anderer Höhe refinanzieren kann als im Falle der Erhebung von Einmalbeiträgen, ist systembedingt und deshalb hinzunehmen.

31

Ferner steht die Festlegung des Gemeindeanteils aufgrund einer Gesamtbetrachtung, also durch Gewichtung des Anlieger- und Durchgangsverkehrs auf sämtlichen in der Baulast der Gemeinde stehenden Verkehrsanlagen und -teilen innerhalb der einheitlichen öffentlichen Einrichtung, nicht im Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10, NVwZ 2014, 1448, juris) aufgestellt hat. Danach kommt die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau einer Straße als Teil einer einheitlichen öffentlichen (Verkehrs-) Einrichtung nur für diejenigen Grundstücke in Betracht kommt, die von dieser einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Der Satzungsgeber muss deshalb bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens über die Festlegung abgrenzbarer Gebietsteile (vgl. § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG) darauf achten, dass die dort liegenden Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben (BVerfG, a.a.O., Rn. 63 f.). Ein konkret zurechenbarer Vorteil setzt danach eine ausreichend enge Beziehung zwischen der ausgebauten Straße und dem beitragspflichtigen Grundstück voraus, wie sie beispielsweise in einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort typischerweise besteht (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 64)

32

Der enge Bezug zwischen Ausbauaufwand und grundstücksbezogenem Vorteil wird allerdings – anders als in dem angefochtenen Urteil angenommen – durch die Wahl der Methode zur Ermittlung des Gemeindeanteils nicht berührt. Wird beispielsweise in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung die Straße ausgebaut, in der das veranlagte, qualifiziert nutzbare Grundstück gelegen ist, kann der verfassungsrechtlich erforderliche Vorteil aufgrund des engen Bezugs zwischen Aufwand und Grundstück nicht bezweifelt werden. Das gilt unabhängig davon, ob der Gemeindeanteil zu niedrig festgelegt ist. Die Rechtswidrigkeit der Festsetzung des Gemeindeanteils hat nicht etwa zur Folge, dass ein Teil des Beitrags zu einer steuerähnlichen Abgabe wird. Nur die fehlende räumliche Nähe des Aufwands zu dem beitragsbelasteten Grundstück ist verfassungsrechtlich zu beanstanden, nicht aber eine etwa wegen zu niedrigen Gemeindeanteils unangemessene Höhe des Beitrags.

33

bb) Weil – wie erwähnt – sämtliche in der Baulast der Gemeinde stehenden Verkehrsanlagen und -anlagenteile innerhalb der öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 10a Abs. 1 KAG in die Bewertung einbezogen und das Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr bezogen auf die einheitliche öffentliche Einrichtung insgesamt gewichtet werden müssen (OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, AS 40, 4, juris), kann dieses Verkehrsaufkommen nur im Ausnahmefall als Durchschnitt des Durchgangsverkehrs in den einzelnen Straßen der einheitlichen öffentlichen Einrichtung ermittelt werden. Diese vom Verwaltungsgericht als Mischsatz bezeichnete Methode, also die Einzelbetrachtung der Anbaustraßen mit anschließender Bildung eines Durchschnittswerts, führt meist dazu, dass ein Teil des innerhalb der Einheit stattfindenden Verkehrs als Durchgangsverkehr behandelt wird. Diese Methode hat damit tendenziell eine Überschätzung des Durchgangsverkehrs zu Gunsten der Beitragspflichtigen zur Folge. Angesichts dessen ist sie für die rechtmäßige Festlegung des Gemeindeanteils gemäß § 10a Abs. 3 KAG im Allgemeinen nicht geeignet.

34

Zwar wurde die Methode, den Gemeindeanteil auf der Grundlage der Längen der einzelnen Verkehrsanlagen und des dort gegebenen Verhältnisses zwischen Anlieger- und Durchgangsverkehr zu ermitteln, in der Rechtsprechung des Senats zu Abrechnungseinheiten nach § 10 Abs. 2 Satz 2 KAG 1996 (vgl. 6 A 12701/98.OVG, esovgrp) für unbedenklich gehalten. Die Abrechnungseinheit nach § 10 Abs. 2 Satz 2 KAG 1996 und die einheitliche öffentliche Einrichtung von Anbaustraßen i.S.d. § 10a KAG unterscheiden sich jedoch in wesentlicher Hinsicht. Denn der Gesetzgeber hat – wie bereits ausgeführt – mit der Neuregelung des § 10a KAG einen Systemwechsel vollzogen, der den mit dem wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag abzuschöpfenden Sondervorteil in einen ähnlichen Gesamtzusammenhang gestellt hat, wie dies beim Feld-, Weinbergs- und Waldwegenetz einer Gemeinde und der kommunalen Abwasserbeseitigungseinrichtung der Fall ist (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, LT-Drucks. 15/318, S. 7). Deswegen ist auch die vom Verwaltungsgericht ausdrücklich erwähnte Rechtsprechung und die Amtliche Begründung zu § 14 KAG 1986 und der seinerzeit für angemessen gehaltene Mindestgemeindeanteil bei der Erhebung wiederkehrender Beiträge nicht (mehr) von maßgeblicher Bedeutung für die Ermittlung des Gemeindeanteils nach § 10a Abs. 3 KAG.

35

cc) Die Gesamtbetrachtung des Verhältnisses von Anlieger- und Durchgangsverkehr in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen gemäß § 10a KAG kann – anders als das Verwaltungsgericht meint – keineswegs dadurch erfolgen, dass lediglich die Relation der Verkehrsfrequenzen des Anlieger- und Durchgangsverkehrs in den jeweils ausgebauten bzw. auszubauenden Straßen berücksichtigt wird. Damit würde nicht nur die in der Gesetzesbegründung zu § 10a KAG deutlich werdende Absicht ignoriert, wonach den Beitragsschuldnern der „Anliegerverkehr in der eine Einheit bildenden Einrichtung” zuzurechnen ist (LT-Drucks. 15/318, S. 9). Die in dem angefochtenen Urteil vertretene Auffassung hätte zudem zur Folge, dass der in der Beitragssatzung festzulegende Gemeindeanteil mit jeder neuen Ausbaumaßnahme anhand des in der davon betroffenen Straße bestehenden Verhältnisses von Anlieger- und Durchgangsverkehr neu bestimmt und dementsprechend die Beitragssatzung fortlaufend geändert werden müsste.

36

Das Verwaltungsgericht kann sich für seine Ansicht auch nicht auf die Entscheidung des Senats im Verfahren 6 A 11146/09.OVG (AS 38, 383, juris) berufen. Danach setzt ein beitragspflichtiger Ausbau nicht die Erneuerung, Erweiterung, den Umbau oder die Verbesserung in Bezug auf die gesamte öffentliche Verkehrseinrichtung voraus; vielmehr ist das Bezugsobjekt die einzelne Verkehrsanlage. Wie der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drucks. 15/318 S. 7, 8) entnommen werden kann, liegt der mit dem wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag abzuschöpfende Sondervorteil in der Erhaltung, Verbesserung oder Erweiterung des einheitlichen Straßensystems „durch entsprechende Ausbaumaßnahmen an den einzelnen Verkehrsanlagen“. Dass sich daraus nichts für die Festlegung des Gemeindeanteils ergibt, macht – wie bereits ausgeführt – die Gesetzesbegründung an anderer Stelle mit der Formulierung deutlich, den Beitragsschuldnern sei der „Anliegerverkehr in der eine Einheit bildenden Einrichtung” zuzurechnen (LT-Drucks. 15/318, S. 9).

37

dd) Nach diesen Maßstäben beruht das Festhalten des Gemeinderats an einem Gemeindeanteil von 40 v.H. auf einer greifbaren Fehleinschätzung, weil er nicht alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigt hat. Das gilt vor allem für den Umfang des Durchgangsverkehrs in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung gemäß § 10a KAG. Die Klägerin hat insoweit die Begründungen der Verfügung der Beklagten und des Widerspruchsbescheids nicht in Zweifel gezogen, wonach auf den in ihrer Baulast stehenden Gemeindestraßen und Teileinrichtungen kaum Durchgangsverkehr nachweisbar sei; dieser fließe im Wesentlichen über die in anderweitiger Baulast stehenden Ortsdurchfahrten klassifizierter Straßen. Dagegen hat die Klägerin nicht etwa eingewandt, der vom Verwaltungsgericht favorisierte Mischsatz, also die Einzelbetrachtung der Anbaustraßen mit anschließender Bildung eines Durchschnittswerts, lasse einen Gemeindeanteil von 40 v.H. zu. Dafür bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte. Das wäre nur der Fall, wenn ein erhöhter Durchgangs-, aber noch überwiegender Anliegerverkehr angenommen werden könnte. Unter solchen Gegebenheiten beträgt der Gemeindeanteil regelmäßig zwischen 35 und 45 v.H. (vgl. OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, juris; OVG RP, 6 A 11220/05.OVG, NVwZ-RR 2006, 285, juris). Soweit sich die Klägerin auf Vertrauensschutz wegen der über einen längeren Zeitraum unbeanstandeten Festlegung eines höheren Gemeindeanteils beruft, vermag dies das Festhalten an einem rechtswidrig zu hohen Gemeindeanteil nicht zu rechtfertigen.

38

Auch die von der Klägerin in der mündlichen Berufungsverhandlung hervorgehobenen Einzelheiten führen nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Der Verkehr zu der sich im Außenbereich der Gemeinde befindlichen, sehr großen Sportanlage, die von zahlreichen Vereinen genutzt und insbesondere bei Fußballspielen oder Wettkämpfen von einer großen Zahl von Sportlern und Zuschauern aufgesucht wird, muss bei der Bewertung des Durchgangsverkehrs unberücksichtigt bleiben. Denn diese Sportanlage wird über die H… Straße (L 453) erreicht, also über eine klassifizierte Straße, deren Fahrbahn nicht in der Baulast der Klägerin steht. Dass der durch die einheitliche öffentliche Einrichtung der Anbaustraßen auf Gemeindestraßen verlaufende landwirtschaftliche Verkehr zu einem erhöhten Durchgangsverkehr führt, der einen Gemeindeanteil zwischen 35 und 45 v.H. (vgl. OVG RP, 6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, juris; OVG RP, 6 A 11220/05.OVG, NVwZ-RR 2006, 285, juris) rechtfertigen könnte, ist angesichts des demgegenüber weit überwiegenden Anliegerverkehrs nicht ersichtlich. Das gilt auch für die Frage, ob der durch Radfahrer, insbesondere durch Benutzer des "Kraut- und Rüben-Radwanderwegs", auf Gemeindestraßen ausgelöste Durchgangsverkehr ins Gewicht fällt und deshalb die Festsetzung eines höheren Gemeindeanteils als 30 v.H. ermöglicht.

39

b) Da die Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten und Aufgaben bei der Festlegung des Gemeindeanteils nicht erfüllt hat, durfte der Beklagte gemäß § 122 GemO die Anordnung in Ziffer 2 der angefochtenen Verfügung treffen, die neu zu beschließende Satzung so zu fassen, dass darin der Gemeindeanteil auf maximal 30 v.H. bestimmt wird.

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Nach der Rechtsprechung des Senats zum Einmalbeitrag (6 A 10697/08.OVG, AS 37, 129, juris; 6 A 11220/05.OVG, NVwZ-RR 2006, 285, juris), die auch für die Erhebung wiederkehrender Beiträge angewendet werden kann, ist der Eigenanteil einer Gemeinde im Einzelfall unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände zu ermitteln, wobei ein ganz überwiegender Anliegerverkehr bei geringem Durchgangsverkehr einen Gemeindeanteil von 25 v.H. rechtfertigt. Nach diesem Maßstab kann nicht beanstandet werden, dass der Beklagte einen Gemeindeanteil von höchstens 30 v.H. für rechtmäßig hält. Angesichts des von der Klägerin nicht bestrittenen Umstands, dass auf den in ihrer Baulast stehenden Gemeindestraßen und Teileinrichtungen wenig Durchgangsverkehr nachweisbar ist, weil dieser im Wesentlichen über die in anderweitiger Baulast stehenden Ortsdurchfahrten klassifizierter Straßen fließt, ist von ganz überwiegendem Anliegerverkehr bei geringem Durchgangsverkehr, also einem Gemeindeanteil von regelmäßig 25 v.H., nicht aber von einem erhöhten Durchgangs-, aber noch überwiegenden Anliegerverkehr (35 bis 45 v.H.) auszugehen. Unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraums von 5 v.H. kommt demnach allenfalls ein Gemeindeanteil von 30 v.H. in Betracht.

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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO.

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Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Beschluss

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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG).

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.