Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Feb. 2014 - 1 K 13.30045


Gericht
Tenor
I.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2013, Az. 5514181-423 wird in Ziffer 2 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
IV.
Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Michael Koch, Würzburg, bewilligt.
Tatbestand
Der Kläger wurde am ... 1995 in Teheran geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit und schiitischen Glaubens. Er reiste gemeinsam mit seinem Bruder (Az. W 1 K 13.30044) am 5. Oktober 2011 über Österreich und andere Länder in das Bundesgebiet ein. Hier beantragte er am 21. Oktober 2011 Asyl.
In seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 3. April 2012 gab der Kläger im Wesentlichen an, er sei in Teheran geboren und dort aufgewachsen. In Afghanistan sei er noch nie gewesen. Seine Eltern seien wegen Problemen mit ihren Familien aus Afghanistan ausgewandert. Sein Vater stamme aus Kandahar, seine Mutter aus Kabul. Seine Eltern seien Cousin und Cousine, deshalb seien die Verwandten seines Vaters auch diejenigen seiner Mutter. Der Grund für die Familienfehde sei der Glaubenswechsel seines Vaters vor 10 Jahren. Er habe vom sunnitischen zum schiitischen Glauben gewechselt. Die Eltern seines Vaters seien sehr strenggläubig und hätten deshalb gedroht, seinen Vater und seine Familienangehörigen zu töten, wenn er nach Afghanistan komme. Sein Vater werde aufgrund des Glaubenswechsels für einen Atheisten gehalten. Die Gründe für den Glaubenswechsel seines Vaters seien ihm nicht bekannt. Die Verwandten in Afghanistan würden sie landesweit verfolgen. Sie hätten zu seinem Vater gesagt, dass sie ihn und seine Familie vernichten würden. Auch im Iran würden sie in Angst leben, die Iraner seien ausländerfeindlich und er sei selbst vor etwa einem Jahr zusammengeschlagen und mit einem Messer am Bein verletzt worden.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2013 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Ziffer 1. des Bescheides), stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen (Ziffer 2.) und stellte fest, dass das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG vorliegt (Ziffer 3.). Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger in Bezug auf Afghanistan keine gegen sich gerichtete politische Verfolgung in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale geltend gemacht habe. Es liege jedoch ein Verbot der Abschiebung gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG vor. Im vorliegenden Falle sei davon auszugehen, dass dem Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan durch seine Verwandten wegen des Glaubenswechsels seines Vaters nach wie vor Repressalien drohten. Ausreichender staatlicher oder quasi-staatlicher Schutz stehe dem Kläger nicht zur Seite. Auf die Gründe des Bescheides wird im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2013 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,
unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2013 Az: 5514181-423, wird die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass bei dem Kläger die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
Zur Begründung wurde auf die Angaben des Klägers im Rahmen der Anhörung Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass dem Kläger bei Rückkehr nach Afghanistan durch seine Verwandten wegen des Glaubenswechsels seines Vaters von den Sunniten zu den Schiiten nach wie vor Repressalien drohten und ein ausreichender staatlicher oder quasi-staatlicher Schutz ihm nicht zur Seite stehe. Unter Zugrundelegung von § 60 Abs. 1 AufenthG i. V. m. der Qualifikationsrichtlinie seien die vom Bundesamt gegenüber dem Kläger festgestellten drohenden „Repressalien“ Verfolgungshandlungen i. S. von Art. 9 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 a der Qualifikationsrichtlinie. Es bestehe auch eine Verknüpfung zwischen den Verfolgungshandlungen und den Verfolgungsgründen i. S. von Art. 9 Abs. 3, da hier Anknüpfungspunkt für die drohende Verfolgung sowohl die religiöse Zugehörigkeit aufgrund Glaubenswechsels als auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, die hier sowohl als Zugehörigkeit zu einer bestimmten religiösen Gruppe als auch auf die Gruppe der Abkömmlinge von Apostaten bestimmt werden könne. Es handele sich hier um drohende Verfolgungshandlungen durch nichtstaatliche Akteure, wobei ausreichender staatlicher oder quasi-staatlicher Schutz auch nach Feststellung des Bundesamtes nicht verfügbar sei. Da auch kein interner Schutz zur Verfügung stehe, seien die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 1 und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfüllt.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss der Kammer vom 12. November 2013 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2014 Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage, über die auch in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG. Die Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Januar 2013 ist deshalb rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylVfG (BT-Drs. 16/5065 S. 213; vgl. auch § 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach Abs. 1 ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Ausschlussvoraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG. Ein Ausländer ist Flüchtling i. S. des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention - GK) wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG ist das Asylverfahrensgesetz in der ab 1. Dezember 2013 geltenden, durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geschaffenen Fassung anwendbar. In den §§ 3a bis 3e AsylVfG sind nunmehr in Umsetzung von Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337/9 vom 20.12.2011) - QRL - (vgl. BT Drs. 17/13063 S. 19) die Voraussetzungen für Verfolgungshandlungen, Verfolgungsgründe, Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann und Akteure, die Schutz bieten können, und für internen Schutz geregelt. Nach § 3c AsylVfG kann eine Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen. Nach § 3a Abs. 1 AsylVfG gelten als Verfolgung i. S. des § 3 Abs. 1 AsylVfG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 - II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).
Gemessen an diesen Maßstäben befindet sich der Kläger aus berechtigter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Religion außerhalb seines Herkunftslandes Afghanistan (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 a) AsylVfG). Der Zuerkennung steht § 27 AsylVfG nicht entgegen (1.). Der Kläger hat auch ein Verfolgungsschicksal glaubhaft vorgetragen (2.). Dieses Geschehen ist - entgegen der Ansicht des Bundesamtes im streitgegenständlichen Bescheid - auch geeignet, eine Verfolgung aufgrund der Religion zu begründen (3.). Schließlich steht dem Kläger auch kein die Flüchtlingseigenschaft ausschließender zumutbarer interner Schutz in Afghanistan zur Verfügung (4.).
1.
Der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft steht nicht die Regelung des § 27 AsylVfG zur anderweitigen Sicherheit vor Verfolgung entgegen. Der Kläger kann daher nicht darauf verwiesen werden, im Iran Schutz vor Verfolgung zu suchen. Denn nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12; berichtigt ABl. L 204 vom 5.8.2005, S. 24), die mittlerweile durch die Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 ersetzt wurde, und der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326 vom 13.12.2005 S. 13; berichtigt ABl. L 236 vom 31.8.2006, S. 35) - Verfahrensrichtlinie - ist für ein materiell-rechtliches Verständnis der in entsprechender Anwendung des § 27 AsylVfG angenommenen Nachrangigkeit (Subsidiarität) des Flüchtlingsschutzes nach der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG
Unabhängig von der Frage, ob die genannten Voraussetzungen eines sonstigen sicheren Drittstaates im vorliegenden Fall hinsichtlich der Islamischen Republik Iran als letztem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Klägers vor der Ausreise erfüllt sind, kann die verfahrensrechtliche Sperrwirkung des § 29 AsylVfG nicht mehr zur Anwendung kommen, weil das Bundesamt bereits über das Asylbegehren des Klägers in der Sache entschieden hat. Macht das Bundesamt von dem verfahrensrechtlichen Konzept keinen Gebrauch, sondern entscheidet es über das Asylbegehren in der Sache, bleibt für eine materiell-rechtlich verstandene Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes mit Blick auf die o. g. unionsrechtlichen Vorgaben kein Raum mehr (BVerwG
2.
Der Kläger hat eine flüchtlingsrelevante Verfolgungsgefahr im Herkunftsland Afghanistan nachvollziehbar und glaubhaft vorgetragen. Der Kläger und sein nächstälterer Bruder (Az: W 1 K 13.30044) haben bereits im Rahmen der Bundesamtsanhörung - getrennt voneinander - übereinstimmend und schlüssig vorgetragen, dass ihr Vater vom sunnitischen zum schiitischen Glauben gewechselt habe und dass deshalb die noch in Afghanistan lebenden Verwandten der Kläger nachhaltig gedroht haben, ihren Vater und dessen Familie zu töten. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger - inhaltlich übereinstimmend mit seinem Bruder und ohne Kenntnis von dessen informatorischer Anhörung durch den Einzelrichter - seine Angaben vor dem Bundesamt im Wesentlichen bestätigt. Klarstellend hat er noch vorgetragen, dass der Glaubenswechsel des Vaters erst im Iran erfolgt sei. Zwar hat er vor dem Bundesamt vorgetragen, dass seine Eltern letztlich wegen des Glaubenswechsels das Land verlassen hätten. Sein Bruder hat dazu jedoch ausgeführt, der Vater habe als Mudjaheddin einen Auftrag erhalten, eine Person zu töten, und sei deshalb ausgewandert. Welchen Grund die Flucht der Eltern des Klägers aus Afghanistan hatte, kann aber offen bleiben. Die Angaben zum Zeitpunkt des Glaubenswechsels hat der Kläger dadurch plausibilisiert, dass er angegeben hat, sein Vater habe vor etwa 12 Jahren den Glauben gewechselt. Sein Vater sei nun 48 Jahre alt und im Alter von etwa 18 Jahren in den Iran gegangen. Diese Angaben sind wiederum dadurch belegt, dass der Kläger und sein im Jahr 1994 geborener Bruder beide im Iran geboren wurden, was auch aus den vorgelegten iranischen Besuchsvisa hervorgeht. Der Glaubenswechsel erscheint auch deshalb plausibel, weil die Mehrheitsbevölkerung im Iran schiitischen Glaubens ist. Es liegt daher nahe, dass das eigentliche Motiv des Vaters des Klägers für seinen Glaubenswechsel eine gewisse Anpassung an die iranische Mehrheitsbevölkerung bzw. Kultur war, um sich besser in die iranische Gesellschaft integrieren zu können. Weder der Kläger noch sein Bruder konnten genaue Angaben zu den Motiven ihres Vaters für den Glaubenswechsel machen. Da die Lage der afghanischen Flüchtlinge im Iran ohnehin als prekär bezeichnet werden kann und auch gewaltsame Übergriffe der einheimischen Bevölkerung auf Afghanen vorkommen (vgl. z. B. Auswärtiges Amt, Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran v. 8.10.2012, Seite 37; Human Rights Watch, Unwelcome Guests - Iran´s Violation of Afghan Refugee and Migrant Rights, 2013; amnesty international, amnesty report 2013, Iran, S. 3; Freedom House, Freedom in the World - Iran, 2012, S. 4), steht jedenfalls fest, dass dort ein hoher Anpassungsdruck für Flüchtlinge besteht.
Des Weiteren glaubt das Gericht dem Kläger auch, dass sein Vater und dessen Familie, mithin auch der Kläger selbst, deshalb von ihren noch in Afghanistan lebenden Verwandten mit dem Tode bedroht wurden. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, dass im Iran lebende Verwandte seinen Vater in einer
schiitischen Moschee gesehen und dies vermutlich dem Großvater in Afghanistan gemeldet hätten. Der Großvater habe daraufhin mehrere Briefe mit Morddrohungen an den Vater des Klägers geschickt. Der Bruder des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung zwei Farbausdrucke eines E-Mail-Anhangs vorgelegt hat. Zur Herkunft dieser beiden Briefkopien hat der Bruder des Klägers glaubhaft ausgeführt, dass er auf den entsprechenden Rat seines Rechtsanwaltes wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung mit seinen Eltern im Iran Kontakt aufgenommen und diese um Übersendung von Kopien der Drohbriefe gebeten habe. Die beiden Kopien wurden durch den in der mündlichen Verhandlung anwesenden Dolmetscher übersetzt. Dieser hat bestätigt, dass diese das Datum 20. April 1392 bzw. 10. März 1392 tragen, d. h. im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor etwa 6 bis 7 Monaten verfasst wurden, als Verfasser M. nennen sowie als Adressaten dessen Sohn E. Das Gericht ist davon überzeugt, dass es sich bei den genannten Personen um den Vater und den Großvater des Klägers handelt. Denn der Kläger hat bereits in seiner Anhörung vor dem Bundesamt angegeben, dass der Name seines Vaters nun M. laute, er früher jedoch T. geheißen habe. J. sei ein schiitischer Name und der Vater habe den Familiennamen aufgrund seines Glaubenswechsels zum schiitischen Glauben geändert. Bei dem ersten Vornamen „M.“ handelt es sich wohl um den Vatersnamen, denn nach den Angaben des Bruders des Klägers trägt auch der Großvater diesen Vornamen. Der zweite Vorname wurde zwar vom Dolmetscher „E.“ ausgesprochen, nach dem Anhörungsprotokoll des Bundesamtes lautet er „I.“. Bei dieser Unstimmigkeit kann es sich jedoch in Anbetracht des ähnlichen Klangs der beiden Namen um eine Ungenauigkeit bzw. um einen Hörfehler handeln. In den Briefen wird sinngemäß ausgeführt, dass der Vater des Klägers durch seinen Glaubenswechsel Schande über die Familie gebracht habe und daher bestraft werde, wenn er diesen nicht rückgängig mache. Ausdrücklich wird angekündigt, dass das Blut des Vaters bzw. seiner Familie vergossen werde.
3.
Unabhängig von den Motiven seines Vaters für dessen Glaubenswechsel resultiert daraus nach der Überzeugung des Gerichtes für den Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) die Gefahr der Verfolgung aufgrund der Religion in Afghanistan. Der Kläger hat im Asylverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung erklärt, er fühle sich dem schiitischen Glauben zugehörig und gedenke nicht, ihn in Afghanistan abzulegen und zum sunnitischen Glauben überzutreten, wie es sein Großvater wünscht. Dies wäre für den Kläger auch fernliegend, weil er nach eigenen Angaben schiitisch erzogen wurde, in einem schiitischen Umfeld aufgewachsen ist und ihm der sunnitische Glaube seiner Vorfahren daher fremd sein dürfte. Eine Verfolgung i. S. der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG, die Art. 9 Abs. 1 a) QRL im deutschen Recht umsetzen, kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH v. 5.9.2012 - C 71/11 und C 99/11, Y und Z gegen Bundesrepublik Deutschland - BayVBl. 2013, 234, juris Rn. 57 ff.) sowie der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und mehrerer Oberverwaltungsgerichte (vgl. BVerwG v. 20.2.2013- 10 C 23/12 - juris Rn. 21 ff.; VGH Baden-Württemberg v. 12.6.2013 - A 11 S 757/13 - juris Rn. 41 ff.; OVG NRW
Die erforderliche objektive Schwere liegt hier vor, da dem Kläger nach seinem glaubhaften Vortrag im Falle seiner Rückkehr in die Herkunftsprovinz seines Vaters Kandahar oder in die Herkunftsstadt seiner Mutter Kabul Gefahren für Leib und Leben drohen. Als Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, kommen nach § 3c Nr. 3 AsylVfG als nicht-staatliche Akteure auch die Verwandten des Klägers in Betracht.
Als relevanter subjektiver Gesichtspunkt ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrenträchtigen religiösen Praxis zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist (EuGH a. a. O., Rn. 70; BVerwG a. a. O., Rn. 29; VG Würzburg a. a. O., Rn. 22 m. w. N.). Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben auszuüben oder hierauf zu verzichten (BVerwG, a. a. O.; VGH Baden-Württemberg, a. a. O., Rn. 49; VG Würzburg a. a. O.). Diese subjektive Schwere liegt im Falle des Klägers vor, weil er in Afghanistan gezwungen wäre, seine religiöse Identität aufzugeben. Da er im Iran geboren wurde, dort aufgewachsen ist und sich in Afghanistan ohne familiäre Unterstützung nur schwer zurecht finden würde, würde er sich wohl an seine Verwandten in Kandahar oder in Kabul wenden. Dies würde ihn aber der Gefahr aussetzen, erhebliche Repressalien zu erleiden. Als einziger Ausweg aus dieser prekären Situation erschiene nur eine Abkehr des Klägers vom schiitischen Glauben möglich, die aber nicht seinem erklärten Willen entspräche.
4.
Dem Kläger steht auch kein die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausschließender interner Schutz (innerstaatliche Fluchtalternative) i. S. des § 3e AsylVfG i.V. mit Art. 8 QRL zur Verfügung. Zwar hat das Gericht Zweifel daran, dass der Kläger landesweit eine Zielscheibe für Vergeltungsmaßnahmen seiner Verwandten wäre und von diesem auch außerhalb von Kandahar bzw. Kabul in anderen Landesteilen, z. B. in der Großstadt Herat verfolgt werden könnte. Es fehlt jedoch an der Zumutbarkeit der Fluchtalternative für den Kläger, die nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG i. V. m. Art. 8 QRL voraussetzt, dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in dem sicheren Landesteil niederlässt. Insofern sind andere Maßstäbe anzulegen als bei der im Rahmen des Abschiebungsverbotes aufgrund nationalen Schutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfenden innerstaatlichen Fluchtalternative. Beim internen Schutz nach Art. 8 QRL, § 3e Abs. 1 AsylVfG sind nach § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylVfG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers gemäß Art. 4 QRL zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtes zu berücksichtigen. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 2 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG
Nach alledem ist der Klage stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83b AsylVfG. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.