Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 06. Juni 2019 - W 8 S 19.50526

bei uns veröffentlicht am06.06.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten wird sowohl im vorliegenden Sofortverfahren als auch im Klageverfahren W 8 K 19.50525 abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist ein am … … 2019 in Deutschland geborener algerischer Staatsangehöriger, dessen Mutter bereits in einem eigenen Dublin-Verfahren bestandskräftig abgelehnt und der die Abschiebung nach Spanien angedroht wurde (vgl. dazu VG Würzburg, B.v. 23.5.2018 - W 8 S 15.50234 - juris; U.v. 5.7.2018 - W 8 K 18.50233). Die Mutter des Antragstellers hat für den Antragsteller am 29. März 2019 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt.

Mit Bescheid vom 15. Mai 2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Spanien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Der Antragsteller (vertreten durch seine Mutter) erhob am 29. Mai 2019 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte im vorliegenden Sofortverfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Zur Begründung ließ der Antragsteller durch seine Mutter im Wesentlichen vorbringen: Nach der Geburt seien gesundheitliche Probleme beim Antragsteller festgestellt worden. Eine Bescheinigung sei ausgestellt worden, dass beim Antragsteller eine genitale Fehlbildung festgestellt worden sei, welche eine operative Korrektur erfordere. Der Antragsteller habe große Probleme und es sei nicht klar, ob es ein Junge oder ein Mädchen sei. Aufgrund der Komplexität sei eine operative Versorgung in einem kinderurologischen Fachzentrum dringend erforderlich. Dies wäre in der Klinik in Aschaffenburg möglich. Bei einer Abschiebung nach Spanien hätte der Antragsteller vermutlich keine Möglichkeit, angemessen versorgt und behandelt zu werden. Für die Mutter sei es schwer und unmöglich, Hilfe für den Antragsteller zu finden. Darüber hinaus drohe die Abschiebung nach Algerien. Sowohl der Antragsteller mit dem Geschlecht „divers“ im Geburtenregister als auch seine Mutter hätten in diesem Land mit sehr konservativen und patriarchalen Gesetzen und Gebräuchen keine Chance zu überleben. Der Antragsbegründung wurden verschiedene ärztliche Bescheinigungen beigefügt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.50525) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens des Antragstellers ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bundesamtsbescheides vom 15. Mai 2019 begehrt.

Soweit der Antrag zulässig ist (betreffend Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides), ist er unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 15. Mai 2019 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerseite führt zu keiner anderen Beurteilung.

Spanien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Die Zuständigkeit Spaniens ergibt sich - wie das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat (darauf kann Bezug genommen werden) - nach § 20 Abs. 3 Dublin III-VO. Nach § 20 Abs. 3 Dublin III-VO ist die Situation des Antragstellers untrennbar mit der Situation seiner Mutter verbunden mit der Folge, dass Spanien, das für die Mutter zuständig ist, zwangsläufig auch für den Antragsteller zuständig ist. Dies gilt ausdrücklich auch für Antragsteller, die nach der Ankunft im Mitgliedsstaat (hier in Deutschland) geboren werden. Die Mutter des Antragstellers ist bestandskräftig ausreisepflichtig. In ihrem Dublin-Verfahren wurde ihr Asylantrag rechtmäßig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Spanien angeordnet (vgl. VG Würzburg, B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris; U.v. 5.7.2018 - W 8 K 18.50233). Im Verfahren der Mutter haben die spanischen Behörden ausdrücklich ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages erklärt.

Die wegen des zwischenzeitlichen Untertauchens der Mutter geltende 18-monatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO, die bis 23. November 2019 läuft, ist noch nicht abgelaufen. Der Antragsgegner hat dies am 7. September 2018 ausdrücklich den spanischen Behörden mitgeteilt.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, liegen nicht vor.

Die Überstellung nach Spanien ist nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 Grundrechte-Charta (GR-Charta) zur Folge hätte.

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Spanien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer (vgl. zuletzt etwa VG Berlin, B.v. 14.3.2019 - 31 L 828.18 A - juris; VG Chemnitz, U.v. 7.3.2019 - 4 L 155/19.A - juris; VG Lüneburg, B.v. 21.2.2019 - 8 B 16/19 - juris; VG Magdeburg, B.v. 18.1.2019 - 6 B 60/19 - juris; VG Würzburg, B.v. 18.1.2019 - W 8 S 19.50035 - juris; B.v. 11.1.2019 - W 2 S 19.50022 - juris; VG München, B.v. 17.10.2018 - M 22 S 18.52859 - juris; VG Aachen, B.v. 13.8.2018 - 4 L 1065/18.A - juris; jeweils m.w.N.), zumal die Antragstellerseite nichts Gegenteiliges substanziiert vorgebracht hat.

Sofern Dublin-Rückkehrer einen (weiteren) Asylantrag stellen, wird in Spanien ein Asylverfahren durchgeführt. Dublin-Rückkehrer können ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen. Spanien verfügt zudem über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Außerdem ist der Zugang zur Versorgung, wie er auch anderen Asylbewerbern offensteht, garantiert. Asylbewerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Sie haben auch rechtlich vollen Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung wie spanische Staatsbürger, darunter auch zu psychologischer Betreuung für Opfer von Folter, Misshandlung und anderer Traumatisierung. Asylbewerber haben Zugang zu allgemeiner und spezialisierter medizinischer Hilfe, die kostenlos durch den Staat gewährleistet wird. Spezialisierte Mitarbeiter überwachen die psychische und physische Gesundheit. Geschulte Psychologen kümmern sich um Asylbewerber mit psychischen Problemen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Spanien vom 6.7.2018 m.w.N.). Infolgedessen ist gewährleistet, dass Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. Dies umfasst auch die medizinische oder sonstige Hilfe für Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen (vgl. zuletzt etwa VG Berlin, B.v. 14.3.2019 - 31 L 828.18 A - juris; VG Lüneburg, B.v. 21.2.2019 - 8 B 16/19 - juris; VG Magdeburg, B.v. 18.1.2019 - 6 B 60/19 - juris; VG Würzburg, B.v. 18.1.2019 - W 8 S 19.50035 - juris; B.v. 11.1.2019 - W 2 S 19.50022 - juris; VG München, B.v. 17.10.2018 - M 22 S 18.52859 - juris; VG Aachen, B.v. 13.8.2018 - 4 L 1065/18.A - juris; jeweils mit weiteren Nachweisen).

Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO notwendig machen, liegen nicht vor.

Auch sonst liegen beim Antragsteller weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG - bezogen auf Spanien - noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor.

Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen - diagnostiziert bzw. geltend gemacht sind insbesondere: komplexe Störung der Geschlechtsentwicklung, komplexe genitale Fehlbildung - ersichtlich, die in Spanien nicht behandelt bzw. weiterbehandelt werden könnten. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind in Spanien wie generell in der EU in ausreichendem Maß verfügbar. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Auch sonst ist unschädlich, dass das Versorgungsniveau in Spanien womöglich geringer ist als in Deutschland.

Weiter ist zu den von der Antragstellerseite geltend gemachten Erkrankungen anzumerken, dass diese Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile ausdrücklich klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien für die Gesundheitsgefahren, die im Übrigen auf eine bestehende Rechtsprechungslinie aufbauen, hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG - ebenfalls angelehnt an entsprechende Rechtsprechung - ausdrücklich auch prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt, die bei der Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen anwendbar sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 - 10 ZB 18.30105 - juris; OVG NW, B.v. 9.10.2017 - 13 A 1807/17.A - NVwZ-RR 2018, 207; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 - 2 L 85/17 - NVwZ-RR 2018, 244 sowie Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409; jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.

Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG insbesondere keine Aussage zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung auf die krankheitsbedingte Situation für die Antragsteller voraussichtlich ergeben. Den aktuellen Arztbriefen, insbesondere des Klinikums Aschaffenburg-Alzenau vom 31. Januar 2019 und 8. April 2019, ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Dort ist zwar in der einen Bescheinigung vom 31. Januar 2019 vermerkt, aufgrund der Komplexität sei eine operative Versorgung in Deutschland, in einem kinderurologischen Fachzentrum, dringend erforderlich. Dies wäre auch im Klinikum Aschaffenburg-Alzenau möglich. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass die Operation nicht auch in Spanien erfolgen könnte. Die Operation im urologischen Fachzentrum im Klinikum Aschaffenburg wird nur als eine Möglichkeit dargestellt. Zudem ist dem Arztbrief vom 8. April 2019 zu entnehmen, dass sich der männliche Genotyp bestätigt habe und in der Folgezeit eine Operation zwecks plastischer Rekonstruktion geplant werden solle, etwa im 8. Lebensmonat. Abgesehen davon ist keiner der vorliegenden ärztlichen Unterlagen zu entnehmen, dass bei dem Antragsteller im Falle einer eventuellen Verzögerung oder einem Unterbleiben dieser Operation eine erheblich konkrete Gefahr bestünde aus gesundheitlichen Gründen, lebensbedrohlich oder schwerwiegend zu erkranken.

Wie schon im Verfahren der Mutter (vgl. VG Würzburg, B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris) ausgeführt, ist davon auszugehen, dass der spanische Staat der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Prüfung des Asylbegehrens einschließlich des Vorliegens möglicher Abschiebungshindernisse auch im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die Grundrechte-Charta nachkommt. Eine parallele oder zusätzliche (Zweit-)Prüfung im Hinblick auf Algerien durch die deutschen Behörden kommt nach der vorliegenden Systematik im Dublin-Verfahren nicht in Betracht. Vielmehr ist der Antragsteller genauso wie seine Mutter gehalten, ihre administrativen, rechtlichen und auch gerichtlichen Möglichkeiten in Spanien auszuschöpfen. Dies gilt auch zum gesundheitlichen Aspekt. Unter diesem Gesichtspunkt kommt es auf das Vorbringen der Antragstellerseite nicht an, dass dem Antragsteller mit dem Geschlecht „divers“ in Algerien erhebliche Nachteile drohten und er keine Überlebenschance hätte. Zudem ist dazu anzumerken - ohne dass es hier rechtlich von Belang ist -, dass nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nach der Chromosomenanalyse beim Antragsteller von einem normalen männlichen Karyotyp, 46 XY auszugehen ist. Der entsprechende Eintrag im Geburtenregister könnte geändert werden. Des Weiteren könnte durch die angesprochene plastische Rekonstruktion - die nach Auffassung des Gerichts bei Bedarf auch in Spanien durchgeführt werden könnte - auch äußerlich eine Verbesserung erreicht werden.

Weitergehende ärztliche Atteste wurden indes nicht vorgelegt, geschweige denn solche, denen zu entnehmen wäre, dass die Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Erkrankungen des Antragstellers gerade und nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Spanien möglich wäre.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist gerade im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen des Antragstellers festzustellen, dass - wie bereits oben ausgeführt - entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch in Spanien existieren. Der Antragsteller ist von Rechts wegen gehalten, alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des zur Verfügung stehenden spanischen Gesundheitssystems zu begegnen und die dortigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen.

Zudem liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist, wie bereits ausgeführt, die Behandlung von Erkrankungen in Spanien hinreichend gewährleistet. Das Gericht hat keine gegenteiligen Erkenntnisse, dass es gerade bei den Krankheiten des Antragstellers anders sein sollte.

Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden im vorliegenden Einzelfall - soweit erforderlich - geeignete Vorkehrungen zum Schutz des Antragstellers treffen werden. Auf die Verpflichtung aus Art. 29 Abs. 1 UA 2 Dublin III-VO wird hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es in Einzelfällen geboten sein, vor einer Rückverbringung mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufzunehmen, den Sachverhalt zu klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341 m.w.N.). Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG LSA, B.v. 20.6.2011 - 2 M 38/11 - InfAuslR 2011, 390, 392).

So ist die Lage auch im vorliegenden Fall. Das zuständige Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass der Antragsteller und seine Mutter bei der Übergabe an diese - soweit medizinisch erforderlich - eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhalten, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen.

Des Weiteren ist die Antragsgegnerin nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bei der Überstellung gehalten, dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß den innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Dublin III-VO und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts gebieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa psychisch Kranken, keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR sowie etwa VG München, U.v. 6.5.2016 - M 12 K 15.50793 - juris; VG Würzburg, B.v. 5.3.2014 - W 6 S 14.30235 - juris).

Infolge der genannten Vorgaben der Dublin III-VO, einschließlich der Übermittlung der Daten mit dem dafür vorgesehenen Formblatt, ist sichergestellt, dass Spanien vom Gesundheitszustand der Antragsteller im Zuge der Überstellung als staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betreffenden in einen anderen Mitgliedsstaat erfährt (vgl. VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 - A 6 K 1356/15 - juris).

Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde vom Antragsteller nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegen dazu keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen vor. Möglichen krankheitsbedingten Gefahren kann und muss - wie schon ausgeführt - gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen sowohl bei der Überstellung als auch bei der Ankunft in Spanien Rechnung getragen werden (vgl. auch VG München, U.v. 6.5.2016 - M 12 K 15.50793 - juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine ärztliche Bescheinigung - wie hier - ohne Aussagen zur Reisefähigkeit bzw. zur Reiseunfähigkeit des Betreffenden nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erfüllt (BayVGH, B.v. 9.5.2017 - 10 CE 17.750 - juris).

Der Antragsteller hat auch nicht mit Blick auf seinen Vater einen Anspruch in Deutschland zu bleiben. Zum einen ist schon festzuhalten, dass die Mutter des Antragstellers nicht mit dem Vater verheiratet ist. Der leibliche Vater des Antragstellers wohnt nicht mit der Mutter des Antragstellers in Lebensgemeinschaft. Er lebt auch nicht mit dem Antragsteller selbst zusammen und kümmert sich offenbar auch nicht um ihn. Des Weiteren liegen seitens des Vaters weder Vaterschafts- noch Sorgerechtserklärungen vor, sodass auch daraus keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse resultieren.

Nach alledem ist die Abschiebung der Antragsteller nach Spanien rechtlich zulässig und möglich.

Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Schließlich war - nach den vorstehenden Ausführungen - der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 und § 121 Abs. 2 ZPO. Dies gilt sowohl für das Vorliegen der Antragsverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 19.50525.

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(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten wird sowohl im vorliegenden Sofortverfahren als auch im Klageverfahren W 8 K 18.50233 abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist algerische Staatsangehörige. Sie reiste am 22. März 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am 27. März 2018 ein Asylgesuch und stellte am 4. April 2018 einen förmlichen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte – EURODAC-Treffer – für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 13. April 2018 erklärten die spanischen Behörden am 17. April 2018 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 2 Buchst. b Dublin III-VO.

Mit Bescheid vom 27. April 2018 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Spanien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Mit Schriftsatz vom „11. April 2018“, eingegangen bei Gericht am 11. Mai 2018, ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 18.50233 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und – neben Prozesskostenhilfe – im vorliegenden Verfahren beantragen,

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 27. April 2018 (Geschäftszeichen …) wird angeordnet.

Zur Begründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen vorbringen: Für die Antragstellerin seien die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Spanien festzustellen. Die Antragstellerin sei aus ihrem Herkunftsland Algerien geflohen, um dem Ehrenmord an ihrer eigenen Person durch ihre Familie zu entgehen. Ihre Familie habe ihr zur Last gelegt, sie habe die Familienehre dadurch beschmutzt, dass sie (ungewollten) außerehelichen Geschlechtsverkehr gehabt habe und schwanger geworden sei. Das Kind habe die Antragstellerin aufgrund der schweren Misshandlungen durch ihre Mutter und ihre Brüder noch in Algerien verloren. In Spanien habe sie einen Telefonanruf ihrer Familie erhalten, die ihr gedroht habe, sie ausfindig zu machen und zu töten. Kurz nach dem Telefonat sei die Tasche der Antragstellerin gestohlen worden. Die Antragstellerin hege die Vermutung, dass es sich bei den Dieben um Freunde der Familie handele. In Spanien drohe der Antragstellerin von der Familie ausfindig gemacht und dem Ehemann zugeführt zu werden. Außerdem drohe die Abschiebung der Antragstellerin von Spanien aus nach Algerien.

Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2018 führte die Bevollmächtigte der Antragstellerin unter Vorlage eines vorläufigen Entlassberichtes des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Schloss W. vom 20. April 2018 weiter aus: Es bestehe ein Abschiebungshindernis aufgrund der Reiseunfähigkeit der Antragstellerin im weiteren Sinn. Die Antragstellerin habe versucht, sich durch die Einnahme einer Überdosis von NSAR-Tabletten (nicht-steroidale Entzündungshemmer; Schmerzmitel) selbst zu töten, um der angedrohten Abschiebung nach Spanien zu entgehen. Grund für den Suizidversuch sei die Angst gewesen, im Falle einer Abschiebung nach Spanien von Freunden der Familie, von der sie verfolgt werde, dort gefunden und getötet bzw. von Spanien aus unverzüglich nach Algerien abgeschoben zu werden. Momentan bemühe sich die Antragstellerin um einen Therapie Platz mit medikamentöser Behandlung. Aufgrund des schlechten psychischen Gesundheitszustandes und der dringenden fachärztlichen Behandlungsbedürftigkeit sei nicht zu verantworten, die Antragstellerin nach Spanien abzuschieben, zumindest ohne sicherzustellen, dass sie dort unverzüglich in ausreichende ärztliche Behandlung übergeben werde. Bei der Abschiebung werde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihr Gesundheitszustand um das Vielfache verschlechtern. Ein weiterer Suizidversuch sei nicht auszuschließen. Durch eine Abschiebung nach Spanien würden eine wesentliche Gesundheitsgefährdung und damit die konkrete und erneute Selbstgefährdung der Antragstellerin generiert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 18.50233) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO – betreffend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides – ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 27. April 2018 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerseite führt zu keiner anderen Beurteilung.

Spanien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Spanien hat auf das Übernahmeersuchen vom 13. April 2018 am 17. April 2018 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 2 Buchst. b Dublin III-VO ausdrücklich erklärt. Aus dem in der Behördenakte befindlichen EURODAC-Treffer sowie aufgrund der Angaben der Antragstellerin wird zudem ersichtlich, dass die Antragstellerin illegal in Spanien eingereist ist, so dass Spanien auch gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO zuständig ist.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, liegen nicht vor.

Die Überstellung nach Spanien ist nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u. a. – NVwZ 2012, 417). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 Grundrechte-Charta (GR-Charta) zur Folge hätte.

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Spanien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer (vgl. zuletzt etwa VG Würzburg, B.v. 3.5.2018 – W 8 S 18.50200; G.v. 22.2.2018 – W 2 K 18.50017; B.v. 4.10.2017 – W 3 S 17.50558 sowie VG München, B.v. 22.2.2018 – M 2 S 18.50431 – juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 – 14 L 3557/17.A – juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 – 5 L 570/17.A – juris; jeweils m.w.N.), zumal die Antragstellerseite nichts Gegenteiliges substanziiert vorgebracht hat.

Sofern Dublin-Rückkehrer einen (weiteren) Asylantrag stellen, wird in Spanien ein Asylverfahren durchgeführt. Dublin-Rückkehrer können ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen. Spanien verfügt zudem über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Außerdem ist der Zugang zur Versorgung, wie er auch anderen Asylbewerbern offen steht, garantiert. Asylbewerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Sie haben auch rechtlich vollen Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung wie spanische Staatsbürger, darunter auch zu psychologischer Betreuung für Opfer von Folter, Misshandlung und anderer Traumatisierung. Asylbewerber haben Zugang zu allgemeiner und spezialisierter medizinischer Hilfe, die kostenlos durch den Staat gewährleistet wird. Spezialisierte Mitarbeiter überwachen die psychische und physische Gesundheit. Geschulte Psychologen kümmern sich um Asylbewerber mit psychischen Problemen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Spanien vom 14.9.2016 m.w.N.). Infolgedessen ist gewährleistet, dass Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. Dies umfasst auch die medizinische oder sonstige Hilfe für Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen (vgl. etwa VG München, B.v. 22.2.2018 – M 2 S 18.50431 – juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 – 14 L 3557/17.A – juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 – 5 L 570/17.A – juris sowie ferner VG Würzburg, B.v. 3.5.2018 – W 8 S 18.50200; G.v. 22.2.2018 – W 2 K 18.50017; B.v. 4.10.2017 – W 3 S 17.50558).

Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO notwendig machen, liegen ebenso wenig vor wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.

Die Antragsgegnerin hat in ihrem streitgegenständlichen Bescheid schon zu Recht darauf hingewiesen, dass die spanischen Behörden die Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO erklärt haben. Dies deutet darauf hin, dass sich der Asylantrag der Antragstellerin in Spanien noch in der Prüfung befinde. Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass der spanische Staat der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Prüfung des Asylbegehrens einschließlich des Vorliegens möglicher Abschiebungshindernisse auch im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die Grundrechte-Charta nachkommt. Eine parallele oder zusätzliche (Zweit-)Prüfung eines Abschiebungshindernisses etwa nach § 60 Abs. 5 AufenthG mit Blick auf Algerien durch die deutschen Behörden kommt nach der vorliegenden Systematik im Dublin-Verfahren nicht in Betracht. Vielmehr ist die Antragstellerin gehalten, ihre administrativen, rechtlichen und auch gerichtlichen Möglichkeiten in Spanien auszuschöpfen. Letzteres hat sie unterlassen und ist stattdessen nach Deutschland weitergereist.

Auch soweit die Antragstellerin bei einem Aufenthalt in Spanien eine Bedrohung und Gefährdung ihrer Person befürchtet, ist sie darauf zu verweisen, sich an die spanischen Behörden und Sicherheitskräfte zu wenden, um dort um Schutz nachzusuchen. Die Antragstellerin hat bei ihrer Bundesamtsanhörung am 10. April 2014 ausdrücklich angegeben, sich in Spanien bislang nicht an die Polizei gewandt zu haben (Bl. 72 der BA-Akte). Das Gericht hat keine Erkenntnisse, dass die persönliche Sicherheit von Asylbewerbern in Spanien nicht gewährleistet wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Spanien im Allgemeinen willens und in der Lage ist, Asylbewerber ebenso wie seine eigenen Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, wenn auch ein lückenloser Schutz naturgemäß nicht möglich ist.

Schließlich ist noch anzumerken, dass sich das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Klage- und Antragsbegründung, sie habe die begründete Vermutung, dass es sich bei den Dieben ihrer Tasche um Freunde der Familie handele, die schon geraume Zeit in Spanien lebten und die Antragstellerin dort ausfindig gemacht hätten, nicht mit ihren bisherigen Angaben im behördlichen Verfahren deckt. Denn dort hatte die Antragstellerin ausdrücklich angegeben, nicht erst nach dem Diebstahl ihrer Tasche nach Deutschland geflüchtet zu sein. Vielmehr hat sie vorgebracht, dass der Verlust bzw. der Diebstahl der Tasche während ihrer Reise von Spanien nach Deutschland erfolgt sei. Bei ihrer Anhörung durch die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken am 17. April 2018 hat die Antragstellerin ausdrücklich angegeben (Bl. 96 der BA-Akte), sie habe die Dokumente bis Deutschland in einer Tasche bei sich gehabt. Sie sei mit dem Bus und einem Schleuser von Spanien nach Deutschland gereist. Dort habe sie die Tasche abgenommen bekommen. Sie habe die Tasche im Kofferraum des Busses gehabt. Als sie sie habe holen wollen, sei sie weg gewesen. Des Weiteren gab die Antragstellerin bei dieser Anhörung auch, an sie habe kein Handy (Bl. 98 der BA-Akte). Insofern ist auch nicht nachvollziehbar, wie die Antragstellerin – ohne ihr eigenes Zutun – Drohanrufe von ihrer Familie erhalten will. Auch bei ihrer Anhörung am 10. April 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erklärte die Antragstellerin, ihre sämtlichen Dokumente seien auf dem Weg von Spanien nach Deutschland mit dem Bus verloren gegangen (Bl. 64 der BA-Akte).

Auch sonst liegen bei der Antragstellerin weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG – bezogen auf Spanien – noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor.

Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen – vorgebracht wurde insbesondere: psychische Erkrankung (PTBS); Selbstmordversuch; Selbstmordgefahr – ersichtlich, die in Spanien nicht behandelt bzw. weiter behandelt werden könnten. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind – auch bei psychischen Erkrankungen, wie bereits ausgeführt – in Spanien wie generell in der EU in ausreichendem Maß verfügbar. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Auch sonst ist unschädlich, dass das Versorgungsniveau in Spanien womöglich geringer ist als in Deutschland.

Weiter ist zu den von der Antragstellerin geltend gemachten Erkrankungen anzumerken, dass diese Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile ausdrücklich klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien für die Gesundheitsgefahren, die im Übrigen auf eine bestehende Rechtsprechungslinie aufbauen, hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG – ebenfalls angelehnt an entsprechende Rechtsprechung – ausdrücklich auch prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt, die bei der Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen anwendbar sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – NVwZ-RR 2018, 207; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 – 2 L 85/17 – NVwZ-RR 2018, 244 sowie Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409; jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.

Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG insbesondere keine Aussage zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung auf die krankheitsbedingte Situation für die Antragstellerin voraussichtlich ergeben. Der Befürchtung der Bevollmächtigten der Antragstellerin, bei einer Abschiebung drohe eine konkrete und erneute Selbstgefährdung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, fehlt insofern die qualifizierte ärztliche Grundlage.

Dem vorgelegten vorläufigen Entlassbericht des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Schloss Werneck vom 20. April 2018 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Der Entlassbericht vom 20. April 2018 enthält weder eine Diagnose noch die Methode der Tatsachenerhebung oder den Schweregrad der Erkrankung noch die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, und auch keine Aussage zu einer möglichen Reiseunfähigkeit. Vielmehr ist im Entlassbericht vom 20. April 2018 ausdrücklich ausgeführt, dass sich die Antragstellerin zeitnah nach Aufnahme glaubhaft von den Suizidabsichten distanziert habe. Eine medikamentöse Therapie sei nicht initiiert worden. Zur Weiterbehandlung sei eine ambulante psychiatrische Vorstellung empfohlen worden. Die Antragstellerin sei im stabilen psychischen Allgemeinzustand und ohne akute Eigen- und Fremdgefährdung in die Häuslichkeit entlassen worden.

Weitergehende ärztliche Atteste wurden indes nicht vorgelegt, geschweige denn solche, denen zu entnehmen wäre, dass die Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Erkrankungen der Antragstellerin gerade und nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Spanien möglich wäre.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist gerade im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen der Antragstellerin festzustellen, dass – wie bereits oben ausgeführt – entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch in Spanien existieren. Die Antragstellerin ist von Rechts wegen gehalten, alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des zur Verfügung stehenden spanischen Gesundheitssystems zu begegnen und die dortigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen.

Zudem liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist, wie bereits ausgeführt, die Behandlung von Erkrankungen in Spanien hinreichend gewährleistet. Das Gericht hat keine gegenteiligen Erkenntnisse, dass es gerade bei den Krankheiten der Antragstellerin anders sein sollte.

Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden im vorliegenden Einzelfall – soweit erforderlich – geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Antragstellerin treffen werden. Auf die Verpflichtung aus Art. 29 Abs. 1 UA 2 Dublin III-VO wird hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es in Einzelfällen geboten sein, vor einer Rückverbringung mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufzunehmen, den Sachverhalt zu klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 1795/14 – Asylmagazin 2014, 341 m.w.N.). Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG LSA, B.v. 20.6.2011 – 2 M 38/11 – InfAuslR 2011, 390, 392).

So liegt es auch im vorliegenden Fall. Das zuständige Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass insbesondere die Antragstellerin bei der Übergabe an diese – soweit medizinisch erforderlich – eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen.

Des Weiteren ist die Antragsgegnerin nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bei der Überstellung gehalten, dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß den innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen – unter anderem die unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten – und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Dublin III-VO und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts gebieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa psychisch Kranken, keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR sowie etwa VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris; VG Würzburg, B.v. 5.3.2014 – W 6 S 14.30235 – juris).

Infolge der genannten Vorgaben der Dublin III-VO, einschließlich der Übermittlung der Daten mit dem dafür vorgesehenen Formblatt, ist sichergestellt, dass Spanien vom Gesundheitszustand der Antragstellerin im Zuge der Überstellung als staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betreffenden in einen anderen Mitgliedsstaat erfährt (vgl. VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 – A 6 K 1356/15 – juris).

Nach alledem bedarf es im konkreten Fall der Antragstellerin – auch unter Berücksichtigung ihrer psychischen Erkrankung und der daraus resultierenden Folgen – keiner zusätzlichen individuellen Garantieerklärung seitens der spanischen Behörden.

Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von der Antragstellerin nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegen dazu keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen vor. Den Ausführungen der Bevollmächtigten der Antragstellerin über eine befürchtete Selbstgefährdung bei einer Abschiebung fehlt insofern die ärztliche Grundlage. Möglichen krankheitsbedingten Gefahren kann und muss – wie schon ausgeführt – gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen sowohl bei der Überstellung als auch bei der Ankunft in Spanien Rechnung getragen werden (vgl. auch VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine ärztliche Bescheinigung – wie hier – ohne Aussagen zur Reisefähigkeit bzw. zur Reiseunfähigkeit des Betreffenden nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erfüllt (BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris).

Nach einem Vermerk der Antragsgegnerin vom 27. April 2018 (Bl. 105 der BA-Akte) liegen laut Auskunft des Krankenhauses St. Josef vielmehr keine Hinweise auf eine Reiseunfähigkeit vor.

Vor diesem Hintergrund fehlt auch die qualifizierte ärztliche Basis dafür, dass die momentane Suche der Antragstellerin nach einem entsprechenden Therapie Platz mit medikamentöser Behandlung ihres psychischen Gesundheitszustandes ein – zumindest temporäres – Abschiebungshindernis wegen einer Reiseunfähigkeit begründen würde. Darüber hinaus würde eine möglicherweise durch eine stationäre Aufnahme bedingte Reiseunfähigkeit – wenn überhaupt – offenbar nur kurze Zeit bestehen und nach der Entlassung entfallen.

Des Weiteren ist anzumerken, dass es sich bei einer geltend gemachten Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn und einer möglicherweise daraus oder aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Selbstmordgefahr um eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindernde Umständen handelt. Auch bei einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor, wenn die Abschiebung so gestaltet werden kann, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann. Denn es besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (OVG SH, B.v. 26.3.2018 – 4 MB 24/18 – juris; BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 19 CE 17.657 – juris; m.w.N.). Das Gericht hat keine Erkenntnisse, dass die Antragsgegnerin bzw. die von ihr mit der Abschiebung konkret betraute Ausländerbehörde die vorstehend skizzierten Vorgaben – soweit erforderlich – nicht einhalten würde.

Nach alledem ist die Abschiebung der Antragstellerin nach Spanien rechtlich zulässig und möglich.

Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Schließlich war – nach den vorstehenden Ausführungen – der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 und § 121 Abs. 2 ZPO). Dies gilt sowohl für das vorliegende Antragsverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 18.50233.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind armenische Staatsangehörige. Sie reisten am 29. Oktober 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerten am 31. Oktober 2018 Asylgesuche und stellte am 5. November 2018 förmliche Asylanträge.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte - Visum - für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 9. November 2018 reagierten die spanischen Behörden nicht.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2019 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Spanien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Die Antragsteller erhoben zu Protokoll der Urkundsbeamtin am 16. Januar 2019 im Verfahren W 8 K 19.50032 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragten im vorliegenden Sofortverfahren:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Zur Begründung brachten die Antragsteller im Wesentlichen vor: Es sei zunächst ein Visum für Spanien beantragt worden, weil das Visum zum Zwecke der Arbeitsaufnahme dort leichter zu erhalten gewesen sei. Tatsächlich sei die Familie jedoch nie in Spanien gewesen. Die Kinder der Antragsteller litten unter behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Entsprechende Atteste und Arztbriefe würden vorgelegt. Die Antragstellerin zu 2) habe Probleme mit der Brust und der Gebärmutter. Eine Überstellung nach Spanien komme nur in Betracht, wenn die Kinder auch dort in einer Universitätsklinik behandelt würden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.50032) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Antragsteller ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bundesamtsbescheides vom 10. Januar 2019 begehren.

Soweit der Antrag zulässig ist (betreffend Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides), ist er unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 10. Januar 2019 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerseite führt zu keiner anderen Beurteilung.

Spanien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Die Zuständigkeit Spaniens ergibt sich vorliegend aus Art. 12 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO aufgrund des - wie auch von den Antragstellern eingeräumt - erteilten spanischen Visums und der Nichtreaktion der spanischen Behörden auf das Übernahmeersuchen binnen zwei Monaten.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, liegen nicht vor.

Die Überstellung nach Spanien ist nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 Grundrechte-Charta (GR-Charta) zur Folge hätte.

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Spanien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer (vgl. zuletzt etwa VG Würzburg, B.v. 28.11.2018 - W 8 S 18.50542; B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris; B.v. 3.5.2018 - W 8 S 18.50200; sowie VG München, B.v. 17.10.2018 - M 22 S 18.52859 - juris; B.v. 22.2.2018 - M 2 S 18.50431 - juris; VG Aachen, B.v. 13.8.2018 - 4 L 1065/18.A - juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 - 14 L 3557/17.A - juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 - 5 L 570/17.A - juris; jeweils m.w.N.), zumal die Antragstellerseite nichts Gegenteiliges substanziiert vorgebracht hat.

Sofern Dublin-Rückkehrer einen (weiteren) Asylantrag stellen, wird in Spanien ein Asylverfahren durchgeführt. Dublin-Rückkehrer können ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen. Spanien verfügt zudem über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Außerdem ist der Zugang zur Versorgung, wie er auch anderen Asylbewerbern offen steht, garantiert. Asylbewerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Sie haben auch rechtlich vollen Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung wie spanische Staatsbürger, darunter auch zu psychologischer Betreuung für Opfer von Folter, Misshandlung und anderer Traumatisierung. Asylbewerber haben Zugang zu allgemeiner und spezialisierter medizinischer Hilfe, die kostenlos durch den Staat gewährleistet wird. Spezialisierte Mitarbeiter überwachen die psychische und physische Gesundheit. Geschulte Psychologen kümmern sich um Asylbewerber mit psychischen Problemen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Spanien vom 6.7.2018 m.w.N.). Infolgedessen ist gewährleistet, dass Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. Dies umfasst auch die medizinische oder sonstige Hilfe für Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen (vgl. etwa VG München, B.v. 17.10.2018 - M 22 S 18.52859 - juris; B.v. 22.2.2018 - M 2 S 18.50431 - juris; VG Aachen, B.v. 13.8.2018 - 4 L 1065/18.A - juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 - 14 L 3557/17.A - juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 - 5 L 570/17.A - juris sowie ferner VG Würzburg, B.v. 28.11.2018 - W 8 S 18.50542; B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris; B.v. 3.5.2018 - W 8 S 18.50200).

Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO notwendig machen, liegen ebenso wenig vor wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.

Auch sonst liegen bei den Antragstellern weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG - bezogen auf Spanien - noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor.

Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen - vor allem die Blutkrankheit chronische idiopathische thrombozytopenische Purpura (Immunthrobozytopenie) des Antragstellers zu 3) - ersichtlich, die in Spanien nicht behandelt bzw. weiterbehandelt werden könnten. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind - auch bei psychischen Erkrankungen, wie bereits ausgeführt - in Spanien wie generell in der EU in ausreichendem Maß verfügbar. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Auch sonst ist unschädlich, dass das Versorgungsniveau in Spanien womöglich geringer ist als in Deutschland.

Weiter ist zu den von den Antragstellern geltend gemachten Erkrankungen anzumerken, dass diese Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile ausdrücklich klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien für die Gesundheitsgefahren, die im Übrigen auf eine bestehende Rechtsprechungslinie aufbauen, hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG - ebenfalls angelehnt an entsprechende Rechtsprechung - ausdrücklich auch prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt, die bei der Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen anwendbar sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 - 10 ZB 18.30105 - juris; OVG NW, B.v. 9.10.2017 - 13 A 1807/17.A - NVwZ-RR 2018, 207; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 - 2 L 85/17 - NVwZ-RR 2018, 244 sowie Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409; jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.

Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG insbesondere keine Aussage zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung auf die krankheitsbedingte Situation für die Antragsteller voraussichtlich ergeben. Den Arztbriefen des Universitätsklinikums Würzburg vom 14. Dezember 2018 und 17. Dezember 2018 betreffend den Antragsteller zu 3) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Im Besonderen bestehe aktuell keine Therapieindikation. Bei Blutungszeichen werde eine sofortige ärztliche Vorstellung empfohlen. Auch dem vorläufigen Arztbrief des Leopoldina-Krankenhauses Schweinfurt vom 8. Januar 2019 ist lediglich die stationäre Aufnahme aufgrund eines erneuten Schubes zu entnehmen sowie eine Entlassung in gutem Allgemeinzustand am 10. Januar 2019.

Weitergehende ärztliche Atteste wurden indes nicht vorgelegt, geschweige denn solche, denen zu entnehmen wäre, dass die Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Erkrankungen der Antragsteller gerade und nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Spanien möglich wäre.

In dem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Antragsteller in Spanien keinen Anspruch auf eine bevorzugte Behandlung in der dortigen Universitätsklink haben.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist gerade im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen der Antragsteller festzustellen, dass - wie bereits oben ausgeführt - entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch in Spanien existieren. Die Antragsteller sind von Rechts wegen gehalten, alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des zur Verfügung stehenden spanischen Gesundheitssystems zu begegnen und die dortigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen.

Zudem liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist, wie bereits ausgeführt, die Behandlung von Erkrankungen in Spanien hinreichend gewährleistet. Das Gericht hat keine gegenteiligen Erkenntnisse, dass es gerade bei den Krankheiten der Antragsteller anders sein sollte.

Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden im vorliegenden Einzelfall - soweit erforderlich - geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Antragsteller treffen werden. Auf die Verpflichtung aus Art. 29 Abs. 1 UA 2 Dublin III-VO wird hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es in Einzelfällen geboten sein, vor einer Rückverbringung mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufzunehmen, den Sachverhalt zu klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341 m.w.N.). Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG LSA, B.v. 20.6.2011 - 2 M 38/11 - InfAuslR 2011, 390, 392).

So ist die Lage auch im vorliegenden Fall. Das zuständige Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass insbesondere die Antragstellerin bei der Übergabe an diese - soweit medizinisch erforderlich - eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen.

Des Weiteren ist die Antragsgegnerin nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bei der Überstellung gehalten, dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß den innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Dublin III-VO und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts gebieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa psychisch Kranken, keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR sowie etwa VG München, U.v. 6.5.2016 - M 12 K 15.50793 - juris; VG Würzburg, B.v. 5.3.2014 - W 6 S 14.30235 - juris).

Infolge der genannten Vorgaben der Dublin III-VO, einschließlich der Übermittlung der Daten mit dem dafür vorgesehenen Formblatt, ist sichergestellt, dass Spanien vom Gesundheitszustand der Antragsteller im Zuge der Überstellung als staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betreffenden in einen anderen Mitgliedsstaat erfährt (vgl. VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 - A 6 K 1356/15 - juris).

Nach alledem bedarf es im konkreten Fall der Antragsteller keiner zusätzlichen individuellen Garantieerklärung seitens der spanischen Behörden, auch nicht über eine mögliche Behandlung der minderjährigen Antragsteller in einer Universitätsklinik.

Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von den Antragstellern nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegen dazu keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen vor. Möglichen krankheitsbedingten Gefahren kann und muss - wie schon ausgeführt - gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen sowohl bei der Überstellung als auch bei der Ankunft in Spanien Rechnung getragen werden (vgl. auch VG München, U.v. 6.5.2016 - M 12 K 15.50793 - juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine ärztliche Bescheinigung - wie hier - ohne Aussagen zur Reisefähigkeit bzw. zur Reiseunfähigkeit des Betreffenden nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erfüllt (BayVGH, B.v. 9.5.2017 - 10 CE 17.750 - juris).

Nach alledem ist die Abschiebung der Antragsteller nach Spanien rechtlich zulässig und möglich.

Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Anordnung ihrer Abschiebung nach Spanien.

Die Antragstellerin, eine nach eigenen Angaben am … … 1990 in Abidjan/Elfenbeinküste geborene Staatsangehörige der Elfenbeinküste islamischer Religionszugehörigkeit, reiste am 16. Oktober 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein und äußerte ein Asylgesuch, das dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. Oktober 2018 zugeleitet wurde. Am 22. Oktober 2018 stellte sie einen förmlichen Asylantrag.

Bei Anhörungen durch das Bundesamt am 22. Oktober 2018 und 25. Oktober 2018 gab die Antragstellerin an, im Juni 2018 die Elfenbeinküste verlassen zu haben. Über Marokko, Spanien, Frankreich und Belgien sei sie nach Deutschland gereist. In Spanien habe sie sich etwa eine Woche aufgehalten. Dort seien ihr Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie sei in einer Wohnung gewesen und habe Essen und Klamotten bekommen. Sie habe immer im Kopf gehabt, wenn sie nach Europa kommen sollte, dann nach Deutschland. Ihr Cousin habe ihr sehr viel über Deutschland erzählt. Sie sei schwanger, wisse aber nicht wie lange. In Deutschland habe sie nur ein paar Bekannte.

Eine Eurodac-Suche vom 17. Oktober 2018 ergab, dass der Antragstellerin am 20. September 2018 in Spanien Fingerabdrücke abgenommen worden waren. Das im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens am 26. Oktober 2018 an Spanien gerichtete Aufnahmegesuch blieb unbeantwortet.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2018, zugestellt 3. Januar 2019, am lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).

Der Asylantrag sei gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) i.d.F. d. Bek. v. 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Art. 1 d. Ges. vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), unzulässig. Spanien sei aufgrund der illegalen Einreise der Antragstellerin über die spanische Außengrenze vor weniger als zwölf Monaten gem. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung), für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Am 9. Januar 2019 erhob die Antragstellerin zur Niederschrift des Urkundsbeamten beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2018 und beantragte zugleich im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung des Bescheides vom 27. Dezember 2018 anzuordnen.

Zur Begründung trug die Antragstellerin vor, sie sei schwanger und der voraussichtliche Entbindungstermin sei der 30. Juni 2019. Der Vater des Kindes lebe und arbeite in Bremen. Demnächst habe sie mit diesem einen Termin beim Jugendamt Bremen, bei dem es um die Vaterschaftsanerkennung und das Sorgerecht gehe. Sie könne nicht nach Spanien zurück, weil sie mit ihm als Familie in Deutschland zusammenleben wolle.

Die Antragsgegnerin äußerte sich bislang nicht zu dem Antrag.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren der Hauptsache (W 2 K 19.50021) sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakte des Bundesamtes, welche dem Gericht in elektronischer Form vorliegt, Bezug genommen.

II.

Gegenstand des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des in der Hauptsache angefochtenen Bescheides.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung ist zulässig (§ 34a Abs. 2 AsylG), insbesondere fristgerecht (§ 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 74 Abs. 1, § 34 Abs. 2 Satz 1 AsylG).

Er ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 27. Dezember 2018 erweist sich bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) als rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Soll ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Das Bundesamt hat den Asylantrag der Antragsteller zu Recht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG als unzulässig abgelehnt, weil ein anderer Staat - hier Spanien - aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Spanien ist aufgrund der durch Eurodac-Treffer vom 17. Oktober 2018 nachgewiesenen illegalen Grenzüberschreitung gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags der Antragstellerin zuständig. Spanien hat auf das fristgemäße Aufnahmegesuch nicht reagiert, was gem. Art. 25 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Dublin III-VO zur Zuständigkeit Spaniens für die Bearbeitung des Asylantrags führt. Damit ist Spanien gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO verpflichtet, die Antragstellerin innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs wieder aufzunehmen. Diese Frist, nach deren Ablauf die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergeht (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), ist noch nicht abgelaufen.

Es liegt auch kein Übergang der Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO vor. Die Überstellung an Spanien ist nicht rechtlich unmöglich im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C 411/10 u.a. - juris). Danach ist die Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der rücküberstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 GK-Charta zur Folge hätten.

Das Gericht geht - auch unter Berücksichtigung der bei der Antragstellerin nachgewiesenen Schwangerschaft - nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Spanien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer (vgl. zuletzt etwa VG Würzburg, B.v. 3.5.2018 - W 8 S 18.50200; G.v. 22.2.2018 - W 2 K 18.50017; B.v. 4.10.2017 - W 3 S 17.50558 sowie VG München, B.v. 22.2.2018 - M 2 S 18.50431 - juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 - 14 L 3557/17.A - juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 - 5 L 570/17.A - juris; jeweils m.w.N.). Die Antragstellerin hat diesbezüglich auch nichts vorgetragen.

Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheides (§ 77 Abs. 2 AsylG) und führt ergänzend aus: Zwar stellt nach Angabe der Europäischen Kommission unter Berufungen auf die nationalen Behörden in Spanien die Mehrheit der überstellten Dublin-Rückkehrer in Spanien keinen (weiteren) Asylantrag, sondern verlässt das Land (vgl. Evaluation of the Implementation of the Dublin III Regulation, März 2016, S. 61). Jedoch bestätigte das spanische Innenministerium auf Anfrage der österreichischen Botschaft in Madrid, dass Dublin-Rückkehrer ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen können (vgl. Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt Spanien, Stand: 14.9.2016, S. 5). Das Asylverfahren wie es übereinstimmend im Human Rights Report 2016 des US State Department oder dem Country Report von AIDA geschildert wird, deutet in Bezug auf Dublin-Rückkehrer nicht auf Mängel im Asylverfahren hin. Auch seitens der EU Kommission wurde der Umgang Spaniens mit Dublin-Rückkehrern nicht beanstandet (vgl a.a.O.). Es wird lediglich festgestellt, dass Spanien zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch keine Daten für das Jahr 2014 zur Erstellung der Dublin-Statistik geliefert habe (vgl. a.a.O., S. 39). Soweit Kollektivabschiebungen an den Grenzübergängen von Ceuta und Melilla nach Marokko beispielsweise von Amnesty International beanstandet werden (Länderbericht 2017, S. 5 und 6) oder AIDA auf die Schwierigkeit der Antragstellung bei einem illegalen Grenzübertritt hinweist (Country Report Spain 2016, Update Feb. 2017, S. 16) betrifft dies die Antragstellerin als Dublin-Rückkehrerin nicht. Im Einklang mit der Auskunft des spanischen Innenministeriums an die österreichische Botschaft in Madrid (s.o.) führt die Europäische Kommission Spanien bei den Ländern auf, bei denen es im Überstellungsfall keine Ausnahme von der Durchführung einer persönlichen Anhörung gibt (European Commission, a.a.O., S. 13).

Auch im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen für Dublin-Rückkehrer kann das Gericht anhand der vorliegenden Erkenntnismittel keine systemischen Mängel feststellen. Zwar sieht Amnesty International das Aufnahmesystem für Asylsuchende nach wie vor als unzureichend an (Länderreport 2017, S. 5): Es gäbe zu wenig Plätze in den offiziellen Aufnahmezentren und nur unzureichend Unterstützung für jene, die außerhalb offizieller Zentren untergebracht seien. Asylbewerber hätten nicht überall im Land den gleichen Zugang zu den ihnen zustehenden Unterstützungsleistungen. AIDA hingegen stellt die Ausweitung der Aufnahmekapazitäten, die finanzielle Aufstockung und die Erweiterung der Einbeziehung von Nicht-Regierungs-Organisationen seit 2015 in den Vordergrund (a.a.O., S. 40). Für Dublin-Rückkehrer ist der Zugang zu Versorgung, wie sie auch anderen Asylbewerbern offen steht, garantiert (österreich. Bundesamt, a.a.O.). Die Erkenntnismittel berichten übereinstimmend, dass Asylbewerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse haben und diese Versorgung in den Unterbringungseinrichtungen auch tatsächlich gewährleistet ist (statt vieler: AIDA, a.a.O., S. 39).

In Bezug auf Dublin-Rückkehrer verweist AIDA unter Berücksichtigung der gesamteuropäischen Rechtsprechung lediglich auf vier Urteile eines belgischen Gerichtes aus dem Jahr 2016, mit denen Überstellungen nach Spanien unter Bezugnahme auf nicht adäquate Unterbringung für rechtswidrig erachtet wurden (a.a.O., S. 25). Unter intensiver Auseinandersetzung mit den vorliegenden - teils aktuelleren Erkenntnismitteln - teilt das erkennende Gericht solche - lediglich völlig vereinzelt geäußerten - Bedenken jedoch nicht. Zwar liegt das Versorgungsniveau deutlich unter dem in der Bundesrepublik Deutschland gewährleisteten Aufnahmebedingungen, jedoch reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, um die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, U.v.2.4.2013 - 27725/10 - juris). Die Antragstellerin muss sich deshalb auf den in Spanien für alle dortigen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem Niveau in Deutschland nicht entspricht.

Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG oder inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin bei einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG selbst zu berücksichtigten hat, sind nicht erkennbar.

Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von der Antragstellerin nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Auch im Lichte von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK begründen weder die Schwangerschaft als solche, noch der von der Antragstellerin geäußerte Wunsch, mit dem behaupteten Kindsvater zusammenleben zu wollen, ein rechtliches Abschiebungshindernis. Es wurden weder eine Vaterschaftsanerkennung noch Identifikationspapiere für den behaupteten Vater vorgelegt. Im Übrigen kann schon aufgrund der bestehenden räumlichen Trennung - bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes alleine möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage - nicht von einer gelebten Beistands- und Umgangsgemeinschaft ausgegangen werden. Auch sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass es sich bei der Schwangerschaft der Antragstellerin um eine sog. „Risikoschwangerschaft“ handelt und sie - auch vorgeburtlich - auf die dauerhafte Unterstützung und Anwesenheit des Kindsvaters angewiesen wäre.

Jedenfalls nach summarischer Prüfung der derzeit vorliegenden Sach- und Rechtslage erscheint eine (temporäre) Trennung der werdenden Mutter und des Kindsvaters nicht als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK.

Es dürfte der Antragstellerin, dem Kindsvater und dem ungeborenen Kind mithin zumutbar sein, die aufenthaltsrechtlich notwendigen Schritte zur Erwirkung eines entsprechenden Aufenthaltsrechtes von Spanien aus zu betreiben.

Ob das in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids auf sechs Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot einer entsprechend geordneten Familienzusammenführung entgegenstehen könnte, ist nicht Gegenstand des allein auf die Abschiebungsanordnung gerichteten Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 13. September 2018 verfügte Anordnung der Abschiebung nach Spanien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger der Republik Tansania und gehört der Volksgruppe der Muhaya an. Er stellte am 26. Juni 2018 einen förmlichen Asylantrag. Gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Antragsteller an, er habe Tansania im April 2016 verlassen und sich für ca. zwei Jahre legal mit Aufenthaltstitel in Uganda aufgehalten. Danach sei mit dem Flugzeug nach Spanien (Madrid) eingereist und mit einem Anschlussflug am ... Mai 2018 nach Deutschland (Frankfurt) gekommen. Er habe ein Schengen-Visum für Spanien besessen, das ihm die französische Vertretung in ..., Uganda, ausgestellt habe.

Eine Anfrage des Bundesamts vom 26. Juni 2018 ergab für den Antragsteller einen VIS-Treffer (= Visa-Informationssystem, Visum Nr. FRA* ...*). Dem Antragsteller wurde demnach am 13. April 2018 in ..., Uganda, von der Vertretung des französischen Außenministeriums (Ministère des Affaires Etrangères) ein Kurzaufenthaltsvisum (Dauer des erlaubten Aufenthalts: 15 Tage) für die Schengen-Staaten, stellvertretend für das Land Spanien, ausgestellt (Bl. 4 f. der Bundesamtsakte). Das Visum war demnach gültig vom 25. April 2018 bis zum 25. Mai 2018.

Die Antragsgegnerin richtete mit Schreiben vom 25. Juli 2018 ein Aufnahmeersuchen an Spanien, das die spanischen Behörden zunächst mit Schreiben vom 30. August 2018 ablehnten, da nicht eindeutig geklärt sei, dass der Antragsteller in den Bereich der Mitgliedsstaaten eingereist sei, indem er das Visum benutzt habe. Ein Nachweis über die Reise des Antragstellers sei nicht beigefügt. Die Antragsgegnerin teilte den spanischen Behörden daraufhin am 31. August 2018 mit, dass sie mit der Zurückweisung des Aufnahmeersuchens nicht einverstanden sei und übermittelte gleichzeitig das Flugticket des Antragstellers von Madrid nach Frankfurt, datierend auf den ... Mai 2018. Mit Schreiben vom 13. September 2018 akzeptierten die spanischen Behörden das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin schließlich.

Mit Bescheid vom 13. September 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Nr. 3) und befristete das gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Laut der in Bundesamtsakte befindlichen Kopie der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid dem Antragsteller am 21. September 2018 zugestellt.

Der Antragsteller ließ hiergegen mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom ... September 2018, bei Gericht per Telefax am selben Tag eingegangen, Klage erheben (Az.: M 22 K 18.52858) mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. September 2018 aufzuheben.

In demselben Schriftsatz ließ der Antragsteller außerdem beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung des Antrags wird vorgebracht, dass der Großvater des Antragstellers ein deutscher Missionar in Tansania gewesen sei. Der Antragsteller suche daher nach Verwandten in Deutschland, eine Abschiebung nach Spanien würde eine unbillige Härte darstellen.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses, des zugehörigen Klageverfahrens sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der fristgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) erhobene Antrag ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts und dem Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu. Ergibt die im Rahmen des Eilverfahrens gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids besteht.

2. Vorliegend erweist sich die im Bescheid des Bundesamtes vom 13. September 2018 verfügte Abschiebungsanordnung, die zutreffend auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützt wurde, voraussichtlich als rechtmäßig. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Nach § 29 Abs. 1 Nr.1 lit. a) AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) zuständig ist.

2.1 Lehnt das Bundesamt auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Durchführung eines Asylverfahrens als unzulässig ab und ordnet nach § 34a Abs. 1 AsylG die Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - hier nach Spanien - an, besteht die Besonderheit, dass das Bundesamt lediglich die Frage nach dem für die Prüfung des Asylbegehrens des Antragstellers zuständigen Mitgliedstaat erwogen hat, sich aber nicht mit den Gründen für den Antrag auf Gewährung von Asyl und der Frage nach einer Abschiebung in den Herkunftsstaat befasst hat. Die Zuständigkeitsprüfung nach der Dublin-III-VO und die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens erfolgt in zwei getrennten Verfahren. Die Frage nach der Prüfung des für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaates ist der inhaltlichen Prüfung des Asylantrags vorgelagert.

2.2 Art. 3 Abs. 1 der Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitel III der Dublin-III-VO als zuständiger Mitgliedsstaat bestimmt wird. Diese Kriterien finden in der in Kapitel III der Dublin-III-VO genannten Reihenfolge Anwendung, Art. 7 Abs. 1 der Dublin-III-VO.

Bei Anwendung dieser Kriterien ist Spanien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 12 Abs. 4 Unterabs. 1 i.V.m Abs. 2 Satz 1 und 2 Dublin-III-VO, da der Antragsteller mit einem von den französischen Behörden stellvertretend für Spanien ausgestellten Visum, welches seit weniger als sechs Monaten seit der Asylantragstellung abgelaufen ist, in den Schengen-Raum bzw. in den Anwendungsbereich der Dublin-III-VO eingereist ist. Der Umstand der Ausstellung des Visums für Spanien unterliegt keinen Zweifeln; er ergibt sich bereits aus dem eigenen Vortrag des Antragstellers sowie aus dem VIS-Treffer. Die Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Antragsgegnerin übergegangen. Insbesondere wurde das Gesuch um Aufnahme des Antragstellers am 25. Juli 2018 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Asylantragstellung an Spanien gerichtet (vgl. Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Die spanischen Behörden haben schließlich das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin ausdrücklich innerhalb der zweimonatigen Frist akzeptiert (vgl. Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO) und sich für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers für zuständig erklärt. Damit ist vorliegend Spanien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

2.3 Die Abschiebung nach Spanien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Die Zuständigkeit ist nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung nach Spanien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Spanien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 - juris Rn. 86 ff.; BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 6).

Dies ist in Bezug auf Spanien zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG) nicht der Fall. Dem Gericht liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Spanien bestehen. Das Gericht schließt sich insoweit der bisher einhelligen Bewertung des Verwaltungsgerichts München und anderer Verwaltungsgerichte an (vgl. u.a. VG München, B.v. 22.2.2018 - M 2 S 18.50431 - juris Rn. 18 ff.; U.v. 13.6.2017 - 10 K 240/15.A - juris Rn 116 ff.; B.v. 10.5.2017 - M 8 S 17.51200 - juris Rn. 20 ff.; VG Würzburg, B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris Rn. 15 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 28.7.2017 - 12 L 2824/17.A - juris Rn. 22 ff.).

2.4 Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO notwendig machen, sind - ebenso wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse - nicht ersichtlich. Der Vortrag des Antragstellers, er suche in Deutschland nach Verwandten, ist erkennbar nicht geeignet, ein Abschiebungshindernis zu begründen. Die Angaben des Antragstellers im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung des Antragstellers im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, da es sich um Vorbringen handelt, das zum Asylantrag des Antragstellers gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen daher gleichfalls keine Bedenken.

3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind armenische Staatsangehörige. Sie reisten am 29. Oktober 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerten am 31. Oktober 2018 Asylgesuche und stellte am 5. November 2018 förmliche Asylanträge.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte - Visum - für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 9. November 2018 reagierten die spanischen Behörden nicht.

Mit Bescheid vom 10. Januar 2019 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Spanien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Die Antragsteller erhoben zu Protokoll der Urkundsbeamtin am 16. Januar 2019 im Verfahren W 8 K 19.50032 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragten im vorliegenden Sofortverfahren:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.

Zur Begründung brachten die Antragsteller im Wesentlichen vor: Es sei zunächst ein Visum für Spanien beantragt worden, weil das Visum zum Zwecke der Arbeitsaufnahme dort leichter zu erhalten gewesen sei. Tatsächlich sei die Familie jedoch nie in Spanien gewesen. Die Kinder der Antragsteller litten unter behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Entsprechende Atteste und Arztbriefe würden vorgelegt. Die Antragstellerin zu 2) habe Probleme mit der Brust und der Gebärmutter. Eine Überstellung nach Spanien komme nur in Betracht, wenn die Kinder auch dort in einer Universitätsklinik behandelt würden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 19.50032) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Bei verständiger Würdigung des Vorbringens der Antragsteller ist der Antrag dahingehend auszulegen, dass sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bundesamtsbescheides vom 10. Januar 2019 begehren.

Soweit der Antrag zulässig ist (betreffend Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides), ist er unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 10. Januar 2019 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerseite führt zu keiner anderen Beurteilung.

Spanien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Die Zuständigkeit Spaniens ergibt sich vorliegend aus Art. 12 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO aufgrund des - wie auch von den Antragstellern eingeräumt - erteilten spanischen Visums und der Nichtreaktion der spanischen Behörden auf das Übernahmeersuchen binnen zwei Monaten.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, liegen nicht vor.

Die Überstellung nach Spanien ist nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 Grundrechte-Charta (GR-Charta) zur Folge hätte.

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Spanien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer (vgl. zuletzt etwa VG Würzburg, B.v. 28.11.2018 - W 8 S 18.50542; B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris; B.v. 3.5.2018 - W 8 S 18.50200; sowie VG München, B.v. 17.10.2018 - M 22 S 18.52859 - juris; B.v. 22.2.2018 - M 2 S 18.50431 - juris; VG Aachen, B.v. 13.8.2018 - 4 L 1065/18.A - juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 - 14 L 3557/17.A - juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 - 5 L 570/17.A - juris; jeweils m.w.N.), zumal die Antragstellerseite nichts Gegenteiliges substanziiert vorgebracht hat.

Sofern Dublin-Rückkehrer einen (weiteren) Asylantrag stellen, wird in Spanien ein Asylverfahren durchgeführt. Dublin-Rückkehrer können ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen. Spanien verfügt zudem über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Außerdem ist der Zugang zur Versorgung, wie er auch anderen Asylbewerbern offen steht, garantiert. Asylbewerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Sie haben auch rechtlich vollen Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung wie spanische Staatsbürger, darunter auch zu psychologischer Betreuung für Opfer von Folter, Misshandlung und anderer Traumatisierung. Asylbewerber haben Zugang zu allgemeiner und spezialisierter medizinischer Hilfe, die kostenlos durch den Staat gewährleistet wird. Spezialisierte Mitarbeiter überwachen die psychische und physische Gesundheit. Geschulte Psychologen kümmern sich um Asylbewerber mit psychischen Problemen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Spanien vom 6.7.2018 m.w.N.). Infolgedessen ist gewährleistet, dass Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. Dies umfasst auch die medizinische oder sonstige Hilfe für Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen (vgl. etwa VG München, B.v. 17.10.2018 - M 22 S 18.52859 - juris; B.v. 22.2.2018 - M 2 S 18.50431 - juris; VG Aachen, B.v. 13.8.2018 - 4 L 1065/18.A - juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 - 14 L 3557/17.A - juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 - 5 L 570/17.A - juris sowie ferner VG Würzburg, B.v. 28.11.2018 - W 8 S 18.50542; B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris; B.v. 3.5.2018 - W 8 S 18.50200).

Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO notwendig machen, liegen ebenso wenig vor wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.

Auch sonst liegen bei den Antragstellern weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG - bezogen auf Spanien - noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor.

Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen - vor allem die Blutkrankheit chronische idiopathische thrombozytopenische Purpura (Immunthrobozytopenie) des Antragstellers zu 3) - ersichtlich, die in Spanien nicht behandelt bzw. weiterbehandelt werden könnten. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind - auch bei psychischen Erkrankungen, wie bereits ausgeführt - in Spanien wie generell in der EU in ausreichendem Maß verfügbar. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Auch sonst ist unschädlich, dass das Versorgungsniveau in Spanien womöglich geringer ist als in Deutschland.

Weiter ist zu den von den Antragstellern geltend gemachten Erkrankungen anzumerken, dass diese Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile ausdrücklich klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien für die Gesundheitsgefahren, die im Übrigen auf eine bestehende Rechtsprechungslinie aufbauen, hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG - ebenfalls angelehnt an entsprechende Rechtsprechung - ausdrücklich auch prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt, die bei der Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen anwendbar sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 - 10 ZB 18.30105 - juris; OVG NW, B.v. 9.10.2017 - 13 A 1807/17.A - NVwZ-RR 2018, 207; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 - 2 L 85/17 - NVwZ-RR 2018, 244 sowie Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409; jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.

Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG insbesondere keine Aussage zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung auf die krankheitsbedingte Situation für die Antragsteller voraussichtlich ergeben. Den Arztbriefen des Universitätsklinikums Würzburg vom 14. Dezember 2018 und 17. Dezember 2018 betreffend den Antragsteller zu 3) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Im Besonderen bestehe aktuell keine Therapieindikation. Bei Blutungszeichen werde eine sofortige ärztliche Vorstellung empfohlen. Auch dem vorläufigen Arztbrief des Leopoldina-Krankenhauses Schweinfurt vom 8. Januar 2019 ist lediglich die stationäre Aufnahme aufgrund eines erneuten Schubes zu entnehmen sowie eine Entlassung in gutem Allgemeinzustand am 10. Januar 2019.

Weitergehende ärztliche Atteste wurden indes nicht vorgelegt, geschweige denn solche, denen zu entnehmen wäre, dass die Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Erkrankungen der Antragsteller gerade und nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Spanien möglich wäre.

In dem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Antragsteller in Spanien keinen Anspruch auf eine bevorzugte Behandlung in der dortigen Universitätsklink haben.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist gerade im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen der Antragsteller festzustellen, dass - wie bereits oben ausgeführt - entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch in Spanien existieren. Die Antragsteller sind von Rechts wegen gehalten, alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des zur Verfügung stehenden spanischen Gesundheitssystems zu begegnen und die dortigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen.

Zudem liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist, wie bereits ausgeführt, die Behandlung von Erkrankungen in Spanien hinreichend gewährleistet. Das Gericht hat keine gegenteiligen Erkenntnisse, dass es gerade bei den Krankheiten der Antragsteller anders sein sollte.

Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden im vorliegenden Einzelfall - soweit erforderlich - geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Antragsteller treffen werden. Auf die Verpflichtung aus Art. 29 Abs. 1 UA 2 Dublin III-VO wird hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es in Einzelfällen geboten sein, vor einer Rückverbringung mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufzunehmen, den Sachverhalt zu klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341 m.w.N.). Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG LSA, B.v. 20.6.2011 - 2 M 38/11 - InfAuslR 2011, 390, 392).

So ist die Lage auch im vorliegenden Fall. Das zuständige Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass insbesondere die Antragstellerin bei der Übergabe an diese - soweit medizinisch erforderlich - eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen.

Des Weiteren ist die Antragsgegnerin nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bei der Überstellung gehalten, dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß den innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Dublin III-VO und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts gebieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa psychisch Kranken, keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR sowie etwa VG München, U.v. 6.5.2016 - M 12 K 15.50793 - juris; VG Würzburg, B.v. 5.3.2014 - W 6 S 14.30235 - juris).

Infolge der genannten Vorgaben der Dublin III-VO, einschließlich der Übermittlung der Daten mit dem dafür vorgesehenen Formblatt, ist sichergestellt, dass Spanien vom Gesundheitszustand der Antragsteller im Zuge der Überstellung als staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betreffenden in einen anderen Mitgliedsstaat erfährt (vgl. VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 - A 6 K 1356/15 - juris).

Nach alledem bedarf es im konkreten Fall der Antragsteller keiner zusätzlichen individuellen Garantieerklärung seitens der spanischen Behörden, auch nicht über eine mögliche Behandlung der minderjährigen Antragsteller in einer Universitätsklinik.

Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von den Antragstellern nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegen dazu keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen vor. Möglichen krankheitsbedingten Gefahren kann und muss - wie schon ausgeführt - gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen sowohl bei der Überstellung als auch bei der Ankunft in Spanien Rechnung getragen werden (vgl. auch VG München, U.v. 6.5.2016 - M 12 K 15.50793 - juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine ärztliche Bescheinigung - wie hier - ohne Aussagen zur Reisefähigkeit bzw. zur Reiseunfähigkeit des Betreffenden nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erfüllt (BayVGH, B.v. 9.5.2017 - 10 CE 17.750 - juris).

Nach alledem ist die Abschiebung der Antragsteller nach Spanien rechtlich zulässig und möglich.

Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die von der Antragsgegnerin im Bescheid vom 13. September 2018 verfügte Anordnung der Abschiebung nach Spanien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger der Republik Tansania und gehört der Volksgruppe der Muhaya an. Er stellte am 26. Juni 2018 einen förmlichen Asylantrag. Gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab der Antragsteller an, er habe Tansania im April 2016 verlassen und sich für ca. zwei Jahre legal mit Aufenthaltstitel in Uganda aufgehalten. Danach sei mit dem Flugzeug nach Spanien (Madrid) eingereist und mit einem Anschlussflug am ... Mai 2018 nach Deutschland (Frankfurt) gekommen. Er habe ein Schengen-Visum für Spanien besessen, das ihm die französische Vertretung in ..., Uganda, ausgestellt habe.

Eine Anfrage des Bundesamts vom 26. Juni 2018 ergab für den Antragsteller einen VIS-Treffer (= Visa-Informationssystem, Visum Nr. FRA* ...*). Dem Antragsteller wurde demnach am 13. April 2018 in ..., Uganda, von der Vertretung des französischen Außenministeriums (Ministère des Affaires Etrangères) ein Kurzaufenthaltsvisum (Dauer des erlaubten Aufenthalts: 15 Tage) für die Schengen-Staaten, stellvertretend für das Land Spanien, ausgestellt (Bl. 4 f. der Bundesamtsakte). Das Visum war demnach gültig vom 25. April 2018 bis zum 25. Mai 2018.

Die Antragsgegnerin richtete mit Schreiben vom 25. Juli 2018 ein Aufnahmeersuchen an Spanien, das die spanischen Behörden zunächst mit Schreiben vom 30. August 2018 ablehnten, da nicht eindeutig geklärt sei, dass der Antragsteller in den Bereich der Mitgliedsstaaten eingereist sei, indem er das Visum benutzt habe. Ein Nachweis über die Reise des Antragstellers sei nicht beigefügt. Die Antragsgegnerin teilte den spanischen Behörden daraufhin am 31. August 2018 mit, dass sie mit der Zurückweisung des Aufnahmeersuchens nicht einverstanden sei und übermittelte gleichzeitig das Flugticket des Antragstellers von Madrid nach Frankfurt, datierend auf den ... Mai 2018. Mit Schreiben vom 13. September 2018 akzeptierten die spanischen Behörden das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin schließlich.

Mit Bescheid vom 13. September 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Nr. 3) und befristete das gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Laut der in Bundesamtsakte befindlichen Kopie der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid dem Antragsteller am 21. September 2018 zugestellt.

Der Antragsteller ließ hiergegen mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom ... September 2018, bei Gericht per Telefax am selben Tag eingegangen, Klage erheben (Az.: M 22 K 18.52858) mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. September 2018 aufzuheben.

In demselben Schriftsatz ließ der Antragsteller außerdem beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung des Antrags wird vorgebracht, dass der Großvater des Antragstellers ein deutscher Missionar in Tansania gewesen sei. Der Antragsteller suche daher nach Verwandten in Deutschland, eine Abschiebung nach Spanien würde eine unbillige Härte darstellen.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte dieses, des zugehörigen Klageverfahrens sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der fristgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) erhobene Antrag ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts und dem Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu. Ergibt die im Rahmen des Eilverfahrens gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der angefochtene Bescheid dagegen bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids besteht.

2. Vorliegend erweist sich die im Bescheid des Bundesamtes vom 13. September 2018 verfügte Abschiebungsanordnung, die zutreffend auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützt wurde, voraussichtlich als rechtmäßig. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Nach § 29 Abs. 1 Nr.1 lit. a) AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) zuständig ist.

2.1 Lehnt das Bundesamt auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Durchführung eines Asylverfahrens als unzulässig ab und ordnet nach § 34a Abs. 1 AsylG die Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - hier nach Spanien - an, besteht die Besonderheit, dass das Bundesamt lediglich die Frage nach dem für die Prüfung des Asylbegehrens des Antragstellers zuständigen Mitgliedstaat erwogen hat, sich aber nicht mit den Gründen für den Antrag auf Gewährung von Asyl und der Frage nach einer Abschiebung in den Herkunftsstaat befasst hat. Die Zuständigkeitsprüfung nach der Dublin-III-VO und die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens erfolgt in zwei getrennten Verfahren. Die Frage nach der Prüfung des für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaates ist der inhaltlichen Prüfung des Asylantrags vorgelagert.

2.2 Art. 3 Abs. 1 der Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitel III der Dublin-III-VO als zuständiger Mitgliedsstaat bestimmt wird. Diese Kriterien finden in der in Kapitel III der Dublin-III-VO genannten Reihenfolge Anwendung, Art. 7 Abs. 1 der Dublin-III-VO.

Bei Anwendung dieser Kriterien ist Spanien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 12 Abs. 4 Unterabs. 1 i.V.m Abs. 2 Satz 1 und 2 Dublin-III-VO, da der Antragsteller mit einem von den französischen Behörden stellvertretend für Spanien ausgestellten Visum, welches seit weniger als sechs Monaten seit der Asylantragstellung abgelaufen ist, in den Schengen-Raum bzw. in den Anwendungsbereich der Dublin-III-VO eingereist ist. Der Umstand der Ausstellung des Visums für Spanien unterliegt keinen Zweifeln; er ergibt sich bereits aus dem eigenen Vortrag des Antragstellers sowie aus dem VIS-Treffer. Die Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Antragsgegnerin übergegangen. Insbesondere wurde das Gesuch um Aufnahme des Antragstellers am 25. Juli 2018 und damit innerhalb von drei Monaten nach der Asylantragstellung an Spanien gerichtet (vgl. Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Die spanischen Behörden haben schließlich das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin ausdrücklich innerhalb der zweimonatigen Frist akzeptiert (vgl. Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO) und sich für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers für zuständig erklärt. Damit ist vorliegend Spanien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

2.3 Die Abschiebung nach Spanien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Die Zuständigkeit ist nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung nach Spanien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Spanien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 - juris Rn. 86 ff.; BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 6).

Dies ist in Bezug auf Spanien zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG) nicht der Fall. Dem Gericht liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Spanien bestehen. Das Gericht schließt sich insoweit der bisher einhelligen Bewertung des Verwaltungsgerichts München und anderer Verwaltungsgerichte an (vgl. u.a. VG München, B.v. 22.2.2018 - M 2 S 18.50431 - juris Rn. 18 ff.; U.v. 13.6.2017 - 10 K 240/15.A - juris Rn 116 ff.; B.v. 10.5.2017 - M 8 S 17.51200 - juris Rn. 20 ff.; VG Würzburg, B.v. 23.5.2018 - W 8 S 18.50234 - juris Rn. 15 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 28.7.2017 - 12 L 2824/17.A - juris Rn. 22 ff.).

2.4 Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin-III-VO notwendig machen, sind - ebenso wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse - nicht ersichtlich. Der Vortrag des Antragstellers, er suche in Deutschland nach Verwandten, ist erkennbar nicht geeignet, ein Abschiebungshindernis zu begründen. Die Angaben des Antragstellers im Rahmen der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung des Antragstellers im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, da es sich um Vorbringen handelt, das zum Asylantrag des Antragstellers gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen daher gleichfalls keine Bedenken.

3. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Verpflichtung der Beklagten weiter, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil der geltend gemachte Verfahrensmangel, durch die Ablehnung ihres Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung sei der Klägerin das rechtliche Gehör versagt worden (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO), nicht vorliegt.

Die Ablehnung eines Beweisantrags nach § 86 Abs. 2 VwGO verstößt gegen den Anspruch auf Gewährung von rechtlichem Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (BVerwG, B.v. 10.8.2015 – 5 B 48.15 – juris Rn 10), d.h. ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch, wenn er unter keinem denkbaren Ansatz rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (BayVGH, B.v. 20.11.2017 – 11 ZB. 31318 – juris Rn. 4). Von Willkür kann insbesondere dann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Rechtsauffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5 m.w.N.).

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13. Oktober 2017 beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass sie schwer psychisch erkrankt und aus diesem Grund auf ständige Behandlung angewiesen ist, um Eigengefährdungen entgegenzuwirken, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.

Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung als nicht entscheidungserheblich abgelehnt. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG werde vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstünden. Nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG müsse der Ausländer eine Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, an die bestimmte Anforderungen zu stellen seien. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei hierzu nicht erforderlich.

Zur Begründung ihres Zulassungsantrags bringt die Klägerin vor, dass die Ablehnung des Beweisantrags hinsichtlich der Anwendbarkeit der Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG nicht vom Prozessrecht gedeckt sei.

Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zu Recht abgelehnt hat. Denn es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung mehrerer Oberverwaltungsgerichte (OVG LSA, B.v. 28.9. 2017 – 2 L 85/17 – juris Rn. 2-13; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – juris Rn. 19-28, BayVGH, B.v. 9.11.2017 – 21 ZB 17.30468 – Rn. 4) und auch des erkennenden Senats (BayVGH, B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 16.30735 – Rn. 8), dass die Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind. Es ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte und der Erwägung des Gesetzgebers, dass er mit den Regelungen in dem mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I S. 390) eingeführten Absatz 2c des § 60a AufenthG im Wesentlichen die ohnehin bereits bestehende Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine substantiierte Geltendmachung krankheitsbedingter Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. September 2007 (10 C 8/07 – juris Rn. 15) nachvollzogen hat. Der Wortlaut des § 60a Abs. 2c AufenthG stellt ausschließlich darauf ab, ob Abschiebungsverbote aus gesundheitlichen Gründen vorliegen, und differenziert nicht zwischen inlands- und zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten. Auch lässt die Begründung zur Einführung des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG erkennen, dass der Gesetzgeber mit diesen Regelungen die Anforderungen an die Geltendmachung psychischer Erkrankungen als Abschiebungshindernis insgesamt erschweren wollte. Schließlich umfasst die Regelung in § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG auch nach ihrem Sinn und Zweck die Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG.

Es ist demnach – wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat – Aufgabe des erkennenden Gerichts zu überprüfen, ob die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens ist insoweit nicht erforderlich.

Aus dem vorgelegten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2017 (13a ZB 17.31153) ergibt sich nichts anderes, weil sich diese Entscheidung zu der Frage, ob die Anforderungen an ärztliche Atteste in § 60a Abs. 2c AufenthG auch auf die Geltendmachung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind, nicht verhält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG.

Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Gründe

1

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 5. Kammer - vom 21.07.2017 hat keinen Erfolg.

2

I. Der Rechtssache kommt die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht zu.

3

"Grundsätzliche Bedeutung" im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen würde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.01.2016 - 4 A 2103/15.A -, juris). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren. Des Weiteren muss substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 09.10.2015 - 8 LA 146/15 -, juris).

4

1. Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die Feststellung einer Erkrankung durch ein früheres verwaltungsgerichtliches Urteil für spätere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen hinsichtlich der Diagnose und der Reichweite der tatsächlichen Feststellungen bindend ist, hat keine Grundsatzbedeutung. Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 121 VwGO). Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt eine entsprechende Bindungswirkung nicht nur für die Beteiligten, sondern auch für die Gerichte in einem späteren Prozess der Beteiligten über denselben Streitgegenstand. Die Bindung an den Inhalt eines rechtskräftigen Urteils entfällt aber dann, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtslage nachträglich geändert hat. In diesem Sinn ist die Frage der Reichweite der Rechtskraft eines verwaltungsgerichtlichen Urteils höchstrichterlich geklärt.

5

2. Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob die ärztlichen Atteste oder Bescheinigungen, mit denen im Asylverfahren u. a. ein Abschiebungsverbot begründet werden soll, an dem gesetzlichen Maßstab des § 60a Abs. 2c Satz 2 ff. AufenthG zu bewerten bzw. ob die Vorschriften des § 60a Abs. 2c, 2d AufenthG im Asylverfahren anwendbar sind, ist nicht in einem Berufungsverfahren klärungsbedürftig, weil sich diese Frage ohne weiteres anhand des Wortlauts des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte und den gesetzgeberischen Erwägungen bejahen lässt.

6

a) Der Wortlaut des § 60a Abs. 2c AufenthG stellt ausschließlich darauf ab, ob Abschiebungsverbote aus gesundheitlichen Gründen vorliegen und differenziert nicht zwischen inlands- und zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten, so dass der Annahme der Kläger, § 60a Abs. 2c AufenthG könne nur bei der Bewertung inlandsbezogener Abschiebungshindernisse zur Anwendung gelangen, schon vom Wortlaut her nicht zu folgen ist.

7

b) Auch lässt die Begründung zur Einführung des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl I, S. 390) erkennen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG die Anforderungen an die Geltendmachung psychischer Erkrankungen als Abschiebungshindernis insgesamt erschweren wollte.

8

In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es dazu (BT-Drucksache 18/7538, S. 1): "Vielfach scheitern Rückführungsversuche daran, dass medizinische Gründe einer Abschiebung entgegengehalten werden. Diese können jedoch oftmals nicht nachvollzogen werden, da keine einheitlichen Vorgaben für die zu erbringenden Atteste bestehen. Um Verzögerungen von Rückführungen und Missbrauch entgegenzuwirken, bedarf es der Präzisierung der Rahmenbedingungen für die Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen." Soll die Vorschrift des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG durch die Einführung erhöhter Anforderungen an den Inhalt ärztlicher Bescheinigungen damit nach der Intention des Gesetzgebers nicht nur dem zunehmenden Versuch, Rückführungen durch die Ausländerbehörde aus medizinischen Gründen zu verhindern, sondern generell dem Missbrauch bei der Inanspruchnahme von Abschiebungsschutz entgegenwirken, kommt der Vorschrift maßgebliche Bedeutung auch für die Prüfung zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5, 7 AufenthG) zu.

9

Hierfür spricht zudem die weitere Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 18/7538, S. 19): "Mit der Regelung zur Glaubhaftmachung einer Erkrankung durch den Ausländer wird auf erhebliche praktische Probleme hinsichtlich der Bewertung der Validität von ärztlichen Bescheinigungen im Vorfeld einer Abschiebung reagiert, wie sie auch aus dem Bericht der Unterarbeitsgruppe Vollzugsdefizite der Bund - Länder - Arbeitsgruppe Rückführung über die Ergebnisse der Evaluierung des Berichts über die Probleme bei der praktischen Umsetzung von ausländerbehördlichen Ausreiseaufforderungen und Vollzugsmaßnahmen von April 2015 hervorgehen. Es besteht ein praktisches Bedürfnis, eine vom Ausländer vorgelegte Bescheinigung hinsichtlich der Erfüllung formaler und inhaltlicher Vorgaben zu validieren. Hierzu legt der Gesetzgeber nunmehr die in Absatz 2c genannten Qualitätskriterien fest, die die jeweilige ärztliche Bescheinigung insbesondere enthalten soll.“

10

Der Gesetzgeber hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschrift des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG aufgrund ihrer systematischen Stellung nicht lediglich als Teil der Regelungen in § 60a AufenthG anzusehen ist, sondern der Vorschrift allgemeine Bedeutung für die Frage zukommt, welche Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung zu stellen sind.

11

c) Schließlich umfasst die Regelung in § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG auch nach ihrem Sinn und Zweck die Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG.

12

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach Satz 2 der mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 geänderten Vorschrift liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (Satz 3). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (Satz 4). In den Sätzen 2 bis 4 unternimmt der Gesetzgeber in materieller Hinsicht eine Konkretisierung der Anforderungen insbesondere vor dem Hintergrund der Geltendmachung von Abschiebungshindernissen aus gesundheitlichen Gründen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 18/7538, S. 18) wird davon ausgegangen, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hinderten. Mit dieser Präzisierung werde klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach Satz 1 darstellten. Eine solche schwerwiegende Erkrankung könne hingegen zum Beispiel in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden: In Fällen einer PTBS sei die Abschiebung regelmäßig möglich, es sei denn, die Abschiebung führe zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung. Die Abschiebung dürfe nicht dazu führen, dass sich die schwerwiegende Erkrankung des Ausländers mangels Behandlungsmöglichkeit in einem Ausmaß verschlechtern werde, dass ihm eine individuell konkrete, erhebliche Gefahr an Leib oder Leben drohe. Es werde jedoch im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland bzw. im Zielstaat der Abschiebung der Versorgung in Deutschland oder in der Europäischen Union gleichwertig sei. Dem Ausländer sei es insbesondere zumutbar, sich in einen bestimmten Teil des Zielstaats zu begeben, in dem für ihn eine ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet sei. Es komme nicht darauf an, dass alle Landesteile des Zielstaats gleichermaßen eine ausreichende Versorgung bieten würden. Inländische Gesundheitsalternativen seien ggf. aufzusuchen.

13

Im Lichte dieser Neuregelung sind die zeitgleich in § 60 Abs. 2c und 2d AufenthG eingefügten Vorgaben zu den qualitativen Anforderungen an eine ärztliche Bescheinigung zu sehen. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen (§ 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG). Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG). Insofern hat der Gesetzgeber im Wesentlichen die obergerichtliche Rechtsprechung zum Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - BVerwG 10 C 8.07 und 10 C 1710 C 17.07 -, juris RdNr. 15) nachvollzogen, wonach zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attestes gehört. Vor diesem Hintergrund bezweckt die gesetzliche Regelung in § 60 Abs. 2c und 2d AufenthG gerade oder zumindest auch, die Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG abschließend zu regeln.

14

3. Soweit die Kläger die Frage aufwerfen, ob in Russland eine effektive und zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative bzw. interner Schutz für Personen aus Tschetschenien besteht, denen die Unterstützung separatistischer Kräfte vorgeworfen wird, wenn diese in das Ausland reisen konnten, wird die Zulassungsschrift den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht.

15

Dabei genügt es nicht, bloße Zweifel an den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Hinblick auf die Gegebenheiten in dem Herkunftsland des Ausländers zu äußern oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr ist es erforderlich, durch die Benennung bestimmter Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Antragsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich dann stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. Hat das Verwaltungsgericht Feststellungen zu einer Tatsachenfrage mit von ihm benannten Erkenntnisquellen begründet, muss zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fallbezogene Auseinandersetzung mit diesen Erkenntnisquellen erfolgen. Dies kann durch eine eigenständige Bewertung der bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismittel geschehen, oder auch durch Berufung auf weitere, neue oder von dem Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Erkenntnismittel. Dabei gilt allgemein, dass die Anforderungen an die Darlegung nicht überspannt werden dürfen, sondern sich nach der Begründungstiefe der angefochtenen Entscheidung zu richten haben (OVG LSA, Beschl. v. Beschl. v. 11.08.2017 - 2 L 50/17 -; SächsOVG, Beschl. v. 07.04.2015 - 3 A 20/15.A -, juris RdNr. 2).

16

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht; denn die Kläger haben sich mit dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnismaterial (Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 13.05.2016) und den konkreten Erwägungen des Verwaltungsgerichts (vgl. UA S. 8 ff.) nicht in einer Weise auseinandergesetzt, die geeignet wäre, zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, sondern ihre Bewertung zutreffend ist.

17

II. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO zuzulassen; denn die Kläger vermögen mit ihrer Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht durchzudringen.

18

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verschafft den Verfahrensbeteiligten ein Recht darauf, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen zweckentsprechend und erschöpfend zu erklären und Anträge zu stellen (siehe auch die §§ 86 Abs. 2 und 3, 104 Abs. 1, 108 Abs. 2 VwGO), und verpflichtet das Gericht darüber hinaus, das entscheidungserhebliche Vorbringen und die Anträge der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen. Eine Verletzung dieses Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nur dann dargetan, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht diesen Pflichten nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.06.1975 - 2 BvR 1086/74 -, BVerfGE 40, 101 [104 f.]). Dazu muss das Gericht nicht auf sämtliches Tatsachenvorbringen und alle Rechtsauffassungen eingehen, die im Verfahren von der einen oder anderen Seite zur Sprache gebracht worden sind. Nur der wesentliche Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei, der nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts von zentraler Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens ist, muss in den Gründen der Entscheidung behandelt werden. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt nur dann vor, wenn auf den Einzelfall bezogene Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder ersichtlich nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133 [146]), oder dass die Entscheidung maßgebend auf Aspekte gestützt worden ist, mit denen im vorgenannten Sinne nicht zu rechnen war (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.01.2014 - BVerwG 1 B 12.13 -, juris). Solche Umstände werden von den Klägern nicht dargelegt.

19

1. Ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs liegt zunächst nicht deshalb vor, weil das Verwaltungsgericht den klägerischen Vortrag, sie hätten "in Tschetschenien bzw. der gesamten Russischen Föderation Verfolgung aufgrund einer ihnen zugeschriebenen regimekritischen Haltung zu befürchten", übergangen habe. Denn aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils (UA S. 3, letzter Absatz) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht den klägerischen Vortrag zu der dem Kläger zu 1. "zugeschriebenen regimekritischen Haltung" durchaus zur Kenntnis genommen hat. Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Prüfung, ob die Kläger einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 8 AufenthG haben, auf der Grundlage des Vortrags der Kläger allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass der Grund für die von den Klägern geschilderte Verfolgung nicht die politische Überzeugung des Klägers zu 1. oder dessen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, sondern allein seine Erwerbstätigkeit sei. Hat mithin die vermeintliche regimekritische Haltung des Klägers zu 1. nach Auffassung des Gerichts nicht zu Verfolgungshandlungen in seinem Heimatland geführt, war das Verwaltungsgericht nicht gehalten, vertiefend der Frage nachzugehen, ob der Kläger zu 1. tatsächlich eine oppositionelle, separatistische oder zumindest mit solchen Gedanken sympathisierende Haltung eingenommen hat oder ihm diese durch die Verfolger im Sinne des § 3b Abs. 2 AsylG zugeschrieben worden ist.

20

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts beanstandet, fehlt es von vornherein an der schlüssigen Darlegung eines Verstoßes gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Denn die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht geeignet, eine - vermeintlich - fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden. Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn der Richter im Zusammenhang mit der ihm obliegenden Tätigkeit zur Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Beteiligten vorgetragenen Tatsachen zu einer möglicherweise unrichtigen Tatsachenfeststellung gekommen ist (BVerfG, Beschl. v. 04.04.1991 - 2 BvR 1497/90 -, InfAuslR 1991, 262 [263]).

21

2. Ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs ist auch nicht deswegen anzunehmen, weil das Gericht es nach Auffassung der Kläger versäumt habe, die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin zu 2. bekundete mangelhafte Erinnerung auch nur ansatzweise zu erörtern. Zwar ergibt sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.07.2017, dass die Klägerin zu 2. (1.) erklärt hat, die Zeiten und Daten nicht genau sagen zu können, und (2.), dass sie anfange, alles zu vergessen. Die vom Verwaltungsgericht festgestellten Widersprüche bezogen sich allerdings nicht auf Zeiten und Daten, sondern auf das von dem Kläger zu 1. geschilderte Kerngeschehen, nämlich die Misshandlungen anlässlich seiner drei Verhaftungen. Auch steht die 2. Äußerung der Klägerin zu 2. im Zusammenhang mit der Frage, wie oft sie persönlich bei der Abholung ihres Mannes dabei gewesen sei. Diesen Ausführungen der Klägerin zu 2. zu ihrer Anwesenheit bei der Verhaftung des Klägers zu 1. hat die Vorinstanz aber ausweislich der Entscheidungsgründe (UA S. 8) keine rechtliche Bedeutung beigemessen. Insofern war das Verwaltungsgericht nicht gehalten, die - offensichtlich nicht zentralen - Äußerungen der Klägerin zu 2. in den Gründen der Entscheidung zu behandeln.

22

3. Schließlich vermag auch der Vortrag der Kläger, das Gericht habe sich bei der Bewertung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers zu 1. zum Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nicht im Ansatz mit der ärztlichen Diagnose erheblicher psychischer Erkrankungen sowie damit befasst, dass die Überwindung derartiger Ereignisse auch dadurch geschehe, dass Erinnerungen verblassen oder abweichend verbleiben, die Zulassung der Berufung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zu rechtfertigen. Der Sache nach rügen die Kläger damit erneut eine vermeintlich fehlerhafte, aber zulassungsrechtlich unerhebliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Gericht. Im Übrigen war die Vorinstanz auch nicht gehalten, sich tiefergehend mit der Diagnose PTBS zu befassen, weil es selbst bei Annahme einer wenn auch nur leichten PTBS von einer Behandelbarkeit in der Russischen Föderation ausgegangen ist.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylG.

24

Der Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 ZPO).

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 78 Abs. 5 Satz 2, 80 AsylG).


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten wird sowohl im vorliegenden Sofortverfahren als auch im Klageverfahren W 8 K 18.50233 abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist algerische Staatsangehörige. Sie reiste am 22. März 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am 27. März 2018 ein Asylgesuch und stellte am 4. April 2018 einen förmlichen Asylantrag.

Nach den Erkenntnissen der Antragsgegnerin lagen Anhaltspunkte – EURODAC-Treffer – für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens vor. Auf ein Übernahmeersuchen vom 13. April 2018 erklärten die spanischen Behörden am 17. April 2018 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 2 Buchst. b Dublin III-VO.

Mit Bescheid vom 27. April 2018 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Spanien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Mit Schriftsatz vom „11. April 2018“, eingegangen bei Gericht am 11. Mai 2018, ließ die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 18.50233 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und – neben Prozesskostenhilfe – im vorliegenden Verfahren beantragen,

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 27. April 2018 (Geschäftszeichen …) wird angeordnet.

Zur Begründung ließ die Antragstellerin im Wesentlichen vorbringen: Für die Antragstellerin seien die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Spanien festzustellen. Die Antragstellerin sei aus ihrem Herkunftsland Algerien geflohen, um dem Ehrenmord an ihrer eigenen Person durch ihre Familie zu entgehen. Ihre Familie habe ihr zur Last gelegt, sie habe die Familienehre dadurch beschmutzt, dass sie (ungewollten) außerehelichen Geschlechtsverkehr gehabt habe und schwanger geworden sei. Das Kind habe die Antragstellerin aufgrund der schweren Misshandlungen durch ihre Mutter und ihre Brüder noch in Algerien verloren. In Spanien habe sie einen Telefonanruf ihrer Familie erhalten, die ihr gedroht habe, sie ausfindig zu machen und zu töten. Kurz nach dem Telefonat sei die Tasche der Antragstellerin gestohlen worden. Die Antragstellerin hege die Vermutung, dass es sich bei den Dieben um Freunde der Familie handele. In Spanien drohe der Antragstellerin von der Familie ausfindig gemacht und dem Ehemann zugeführt zu werden. Außerdem drohe die Abschiebung der Antragstellerin von Spanien aus nach Algerien.

Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2018 führte die Bevollmächtigte der Antragstellerin unter Vorlage eines vorläufigen Entlassberichtes des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Schloss W. vom 20. April 2018 weiter aus: Es bestehe ein Abschiebungshindernis aufgrund der Reiseunfähigkeit der Antragstellerin im weiteren Sinn. Die Antragstellerin habe versucht, sich durch die Einnahme einer Überdosis von NSAR-Tabletten (nicht-steroidale Entzündungshemmer; Schmerzmitel) selbst zu töten, um der angedrohten Abschiebung nach Spanien zu entgehen. Grund für den Suizidversuch sei die Angst gewesen, im Falle einer Abschiebung nach Spanien von Freunden der Familie, von der sie verfolgt werde, dort gefunden und getötet bzw. von Spanien aus unverzüglich nach Algerien abgeschoben zu werden. Momentan bemühe sich die Antragstellerin um einen Therapie Platz mit medikamentöser Behandlung. Aufgrund des schlechten psychischen Gesundheitszustandes und der dringenden fachärztlichen Behandlungsbedürftigkeit sei nicht zu verantworten, die Antragstellerin nach Spanien abzuschieben, zumindest ohne sicherzustellen, dass sie dort unverzüglich in ausreichende ärztliche Behandlung übergeben werde. Bei der Abschiebung werde sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihr Gesundheitszustand um das Vielfache verschlechtern. Ein weiterer Suizidversuch sei nicht auszuschließen. Durch eine Abschiebung nach Spanien würden eine wesentliche Gesundheitsgefährdung und damit die konkrete und erneute Selbstgefährdung der Antragstellerin generiert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Klageverfahrens W 8 K 18.50233) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO – betreffend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides – ist zulässig, aber unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 27. April 2018 ist bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung in Nr. 3 rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, so dass das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, überwiegt.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerseite führt zu keiner anderen Beurteilung.

Spanien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (§§ 34a, 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG i.V.m. der Dublin III-VO). Spanien hat auf das Übernahmeersuchen vom 13. April 2018 am 17. April 2018 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 2 Buchst. b Dublin III-VO ausdrücklich erklärt. Aus dem in der Behördenakte befindlichen EURODAC-Treffer sowie aufgrund der Angaben der Antragstellerin wird zudem ersichtlich, dass die Antragstellerin illegal in Spanien eingereist ist, so dass Spanien auch gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO zuständig ist.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO bzw. für eine entsprechende Pflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, liegen nicht vor.

Die Überstellung nach Spanien ist nicht rechtlich unmöglich (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Diese Vorschrift entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u. a. – NVwZ 2012, 417). Danach ist eine Überstellung eines Asylsuchenden an einen anderen Mitgliedsstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden im Sinne von Art. 4 Grundrechte-Charta (GR-Charta) zur Folge hätte.

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Spanien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf die hier relevante Gruppe der Dublin-Rückkehrer (vgl. zuletzt etwa VG Würzburg, B.v. 3.5.2018 – W 8 S 18.50200; G.v. 22.2.2018 – W 2 K 18.50017; B.v. 4.10.2017 – W 3 S 17.50558 sowie VG München, B.v. 22.2.2018 – M 2 S 18.50431 – juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 – 14 L 3557/17.A – juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 – 5 L 570/17.A – juris; jeweils m.w.N.), zumal die Antragstellerseite nichts Gegenteiliges substanziiert vorgebracht hat.

Sofern Dublin-Rückkehrer einen (weiteren) Asylantrag stellen, wird in Spanien ein Asylverfahren durchgeführt. Dublin-Rückkehrer können ein eventuelles Asylverfahren in Spanien fortsetzen bzw. einen neuen Asylantrag stellen. Spanien verfügt zudem über ein rechtsstaatliches Asylsystem mit administrativen und gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Außerdem ist der Zugang zur Versorgung, wie er auch anderen Asylbewerbern offen steht, garantiert. Asylbewerber, die über keine finanziellen Mittel verfügen, haben das Recht auf Unterbringung und Versorgung zur Deckung ihrer grundlegenden Bedürfnisse. Sie haben auch rechtlich vollen Zugang zu öffentlicher medizinischer Versorgung wie spanische Staatsbürger, darunter auch zu psychologischer Betreuung für Opfer von Folter, Misshandlung und anderer Traumatisierung. Asylbewerber haben Zugang zu allgemeiner und spezialisierter medizinischer Hilfe, die kostenlos durch den Staat gewährleistet wird. Spezialisierte Mitarbeiter überwachen die psychische und physische Gesundheit. Geschulte Psychologen kümmern sich um Asylbewerber mit psychischen Problemen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt Spanien vom 14.9.2016 m.w.N.). Infolgedessen ist gewährleistet, dass Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten. Dies umfasst auch die medizinische oder sonstige Hilfe für Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen (vgl. etwa VG München, B.v. 22.2.2018 – M 2 S 18.50431 – juris; VG Köln, B.v. 19.12.2017 – 14 L 3557/17.A – juris; VG Cottbus, B.v. 27.9.2017 – 5 L 570/17.A – juris sowie ferner VG Würzburg, B.v. 3.5.2018 – W 8 S 18.50200; G.v. 22.2.2018 – W 2 K 18.50017; B.v. 4.10.2017 – W 3 S 17.50558).

Individuelle außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO notwendig machen, liegen ebenso wenig vor wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.

Die Antragsgegnerin hat in ihrem streitgegenständlichen Bescheid schon zu Recht darauf hingewiesen, dass die spanischen Behörden die Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO erklärt haben. Dies deutet darauf hin, dass sich der Asylantrag der Antragstellerin in Spanien noch in der Prüfung befinde. Unabhängig davon ist davon auszugehen, dass der spanische Staat der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Prüfung des Asylbegehrens einschließlich des Vorliegens möglicher Abschiebungshindernisse auch im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die Grundrechte-Charta nachkommt. Eine parallele oder zusätzliche (Zweit-)Prüfung eines Abschiebungshindernisses etwa nach § 60 Abs. 5 AufenthG mit Blick auf Algerien durch die deutschen Behörden kommt nach der vorliegenden Systematik im Dublin-Verfahren nicht in Betracht. Vielmehr ist die Antragstellerin gehalten, ihre administrativen, rechtlichen und auch gerichtlichen Möglichkeiten in Spanien auszuschöpfen. Letzteres hat sie unterlassen und ist stattdessen nach Deutschland weitergereist.

Auch soweit die Antragstellerin bei einem Aufenthalt in Spanien eine Bedrohung und Gefährdung ihrer Person befürchtet, ist sie darauf zu verweisen, sich an die spanischen Behörden und Sicherheitskräfte zu wenden, um dort um Schutz nachzusuchen. Die Antragstellerin hat bei ihrer Bundesamtsanhörung am 10. April 2014 ausdrücklich angegeben, sich in Spanien bislang nicht an die Polizei gewandt zu haben (Bl. 72 der BA-Akte). Das Gericht hat keine Erkenntnisse, dass die persönliche Sicherheit von Asylbewerbern in Spanien nicht gewährleistet wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Spanien im Allgemeinen willens und in der Lage ist, Asylbewerber ebenso wie seine eigenen Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, wenn auch ein lückenloser Schutz naturgemäß nicht möglich ist.

Schließlich ist noch anzumerken, dass sich das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Klage- und Antragsbegründung, sie habe die begründete Vermutung, dass es sich bei den Dieben ihrer Tasche um Freunde der Familie handele, die schon geraume Zeit in Spanien lebten und die Antragstellerin dort ausfindig gemacht hätten, nicht mit ihren bisherigen Angaben im behördlichen Verfahren deckt. Denn dort hatte die Antragstellerin ausdrücklich angegeben, nicht erst nach dem Diebstahl ihrer Tasche nach Deutschland geflüchtet zu sein. Vielmehr hat sie vorgebracht, dass der Verlust bzw. der Diebstahl der Tasche während ihrer Reise von Spanien nach Deutschland erfolgt sei. Bei ihrer Anhörung durch die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken am 17. April 2018 hat die Antragstellerin ausdrücklich angegeben (Bl. 96 der BA-Akte), sie habe die Dokumente bis Deutschland in einer Tasche bei sich gehabt. Sie sei mit dem Bus und einem Schleuser von Spanien nach Deutschland gereist. Dort habe sie die Tasche abgenommen bekommen. Sie habe die Tasche im Kofferraum des Busses gehabt. Als sie sie habe holen wollen, sei sie weg gewesen. Des Weiteren gab die Antragstellerin bei dieser Anhörung auch, an sie habe kein Handy (Bl. 98 der BA-Akte). Insofern ist auch nicht nachvollziehbar, wie die Antragstellerin – ohne ihr eigenes Zutun – Drohanrufe von ihrer Familie erhalten will. Auch bei ihrer Anhörung am 10. April 2018 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erklärte die Antragstellerin, ihre sämtlichen Dokumente seien auf dem Weg von Spanien nach Deutschland mit dem Bus verloren gegangen (Bl. 64 der BA-Akte).

Auch sonst liegen bei der Antragstellerin weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG – bezogen auf Spanien – noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse vor.

Insbesondere sind keine gewichtigen Erkrankungen – vorgebracht wurde insbesondere: psychische Erkrankung (PTBS); Selbstmordversuch; Selbstmordgefahr – ersichtlich, die in Spanien nicht behandelt bzw. weiter behandelt werden könnten. Die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind – auch bei psychischen Erkrankungen, wie bereits ausgeführt – in Spanien wie generell in der EU in ausreichendem Maß verfügbar. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Auch sonst ist unschädlich, dass das Versorgungsniveau in Spanien womöglich geringer ist als in Deutschland.

Weiter ist zu den von der Antragstellerin geltend gemachten Erkrankungen anzumerken, dass diese Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen. Der Gesetzgeber hat mittlerweile ausdrücklich klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 und 3 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien für die Gesundheitsgefahren, die im Übrigen auf eine bestehende Rechtsprechungslinie aufbauen, hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG – ebenfalls angelehnt an entsprechende Rechtsprechung – ausdrücklich auch prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt, die bei der Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen anwendbar sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – NVwZ-RR 2018, 207; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 – 2 L 85/17 – NVwZ-RR 2018, 244 sowie Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409; jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.

Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG insbesondere keine Aussage zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung auf die krankheitsbedingte Situation für die Antragstellerin voraussichtlich ergeben. Der Befürchtung der Bevollmächtigten der Antragstellerin, bei einer Abschiebung drohe eine konkrete und erneute Selbstgefährdung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, fehlt insofern die qualifizierte ärztliche Grundlage.

Dem vorgelegten vorläufigen Entlassbericht des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosomatische Medizin Schloss Werneck vom 20. April 2018 ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Der Entlassbericht vom 20. April 2018 enthält weder eine Diagnose noch die Methode der Tatsachenerhebung oder den Schweregrad der Erkrankung noch die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, und auch keine Aussage zu einer möglichen Reiseunfähigkeit. Vielmehr ist im Entlassbericht vom 20. April 2018 ausdrücklich ausgeführt, dass sich die Antragstellerin zeitnah nach Aufnahme glaubhaft von den Suizidabsichten distanziert habe. Eine medikamentöse Therapie sei nicht initiiert worden. Zur Weiterbehandlung sei eine ambulante psychiatrische Vorstellung empfohlen worden. Die Antragstellerin sei im stabilen psychischen Allgemeinzustand und ohne akute Eigen- und Fremdgefährdung in die Häuslichkeit entlassen worden.

Weitergehende ärztliche Atteste wurden indes nicht vorgelegt, geschweige denn solche, denen zu entnehmen wäre, dass die Behandlung bzw. Weiterbehandlung der Erkrankungen der Antragstellerin gerade und nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen könnte und nicht auch in Spanien möglich wäre.

Ausgehend von dieser Rechtslage ist gerade im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen der Antragstellerin festzustellen, dass – wie bereits oben ausgeführt – entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch in Spanien existieren. Die Antragstellerin ist von Rechts wegen gehalten, alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des zur Verfügung stehenden spanischen Gesundheitssystems zu begegnen und die dortigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen.

Zudem liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustandes alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte. Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist, wie bereits ausgeführt, die Behandlung von Erkrankungen in Spanien hinreichend gewährleistet. Das Gericht hat keine gegenteiligen Erkenntnisse, dass es gerade bei den Krankheiten der Antragstellerin anders sein sollte.

Des Weiteren geht das Gericht davon aus, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden im vorliegenden Einzelfall – soweit erforderlich – geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Antragstellerin treffen werden. Auf die Verpflichtung aus Art. 29 Abs. 1 UA 2 Dublin III-VO wird hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es in Einzelfällen geboten sein, vor einer Rückverbringung mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufzunehmen, den Sachverhalt zu klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 1795/14 – Asylmagazin 2014, 341 m.w.N.). Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG LSA, B.v. 20.6.2011 – 2 M 38/11 – InfAuslR 2011, 390, 392).

So liegt es auch im vorliegenden Fall. Das zuständige Bundesamt hat in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass insbesondere die Antragstellerin bei der Übergabe an diese – soweit medizinisch erforderlich – eine Weiterbehandlung sowie hinreichende ärztliche Versorgung erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren auszuschließen.

Des Weiteren ist die Antragsgegnerin nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO bei der Überstellung gehalten, dem zuständigen Mitgliedsstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß den innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen – unter anderem die unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten – und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Dublin III-VO und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts gebieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa psychisch Kranken, keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 mit Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR sowie etwa VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris; VG Würzburg, B.v. 5.3.2014 – W 6 S 14.30235 – juris).

Infolge der genannten Vorgaben der Dublin III-VO, einschließlich der Übermittlung der Daten mit dem dafür vorgesehenen Formblatt, ist sichergestellt, dass Spanien vom Gesundheitszustand der Antragstellerin im Zuge der Überstellung als staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betreffenden in einen anderen Mitgliedsstaat erfährt (vgl. VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 – A 6 K 1356/15 – juris).

Nach alledem bedarf es im konkreten Fall der Antragstellerin – auch unter Berücksichtigung ihrer psychischen Erkrankung und der daraus resultierenden Folgen – keiner zusätzlichen individuellen Garantieerklärung seitens der spanischen Behörden.

Schließlich sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, nicht ersichtlich. Eine Reise- oder Transportunfähigkeit wurde von der Antragstellerin nicht substanziiert geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich, insbesondere liegen dazu keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen vor. Den Ausführungen der Bevollmächtigten der Antragstellerin über eine befürchtete Selbstgefährdung bei einer Abschiebung fehlt insofern die ärztliche Grundlage. Möglichen krankheitsbedingten Gefahren kann und muss – wie schon ausgeführt – gegebenenfalls durch geeignete Maßnahmen sowohl bei der Überstellung als auch bei der Ankunft in Spanien Rechnung getragen werden (vgl. auch VG München, U.v. 6.5.2016 – M 12 K 15.50793 – juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine ärztliche Bescheinigung – wie hier – ohne Aussagen zur Reisefähigkeit bzw. zur Reiseunfähigkeit des Betreffenden nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung nach § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erfüllt (BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750 – juris).

Nach einem Vermerk der Antragsgegnerin vom 27. April 2018 (Bl. 105 der BA-Akte) liegen laut Auskunft des Krankenhauses St. Josef vielmehr keine Hinweise auf eine Reiseunfähigkeit vor.

Vor diesem Hintergrund fehlt auch die qualifizierte ärztliche Basis dafür, dass die momentane Suche der Antragstellerin nach einem entsprechenden Therapie Platz mit medikamentöser Behandlung ihres psychischen Gesundheitszustandes ein – zumindest temporäres – Abschiebungshindernis wegen einer Reiseunfähigkeit begründen würde. Darüber hinaus würde eine möglicherweise durch eine stationäre Aufnahme bedingte Reiseunfähigkeit – wenn überhaupt – offenbar nur kurze Zeit bestehen und nach der Entlassung entfallen.

Des Weiteren ist anzumerken, dass es sich bei einer geltend gemachten Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn und einer möglicherweise daraus oder aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Selbstmordgefahr um eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindernde Umständen handelt. Auch bei einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor, wenn die Abschiebung so gestaltet werden kann, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann. Denn es besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (OVG SH, B.v. 26.3.2018 – 4 MB 24/18 – juris; BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 19 CE 17.657 – juris; m.w.N.). Das Gericht hat keine Erkenntnisse, dass die Antragsgegnerin bzw. die von ihr mit der Abschiebung konkret betraute Ausländerbehörde die vorstehend skizzierten Vorgaben – soweit erforderlich – nicht einhalten würde.

Nach alledem ist die Abschiebung der Antragstellerin nach Spanien rechtlich zulässig und möglich.

Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung des Bescheides, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Schließlich war – nach den vorstehenden Ausführungen – der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten mangels Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 und § 121 Abs. 2 ZPO). Dies gilt sowohl für das vorliegende Antragsverfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 18.50233.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige; die Beschwerdeführerin zu 1. ist die Mutter des am 26. März 2011 geborenen Beschwerdeführers zu 2. Sie reisten im Januar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatte die Beschwerdeführerin zu 1. bereits in Italien einen Asylantrag gestellt, aufgrund dessen sie dort subsidiären Schutz zuerkannt bekam. Sie wenden sich gegen einen am 9. Juli 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Kassel vom 8. Juli 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 26a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 16. Juni 2014 versagt wurde, sie in den sicheren Drittstaat Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Begründung ab, dass kein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben sei, insbesondere weil anhand der in der jüngeren Rechtsprechung des EGMR (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) entwickelten Maßstäbe Mängel der Aufnahmesituation in Italien, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 EMRK gebieten könnten, derzeit nach der Auskunftslage auch für die Gruppe der Inhaber eines Schutzstatus nicht erkennbar sei. Anders stelle sich die Lage nur bei alleinstehenden Elternteilen mit Kind dar, zu der die Beschwerdeführer aber deshalb nicht gehörten, weil auch der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin zu 1. aufgrund eines Beschlusses in seinem Eilverfahren mittlerweile vollziehbar nach Italien ausreisepflichtig sei.

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 11. August 2014, einem Montag, erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.

4

Sie befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzberechtigte seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Verletzungen ihrer Grundrechte aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, welche die Beschwerdeführer in Folge einer Abschiebung nach Italien erlitten, müsse sich die Bundesrepublik Deutschland zurechnen lassen. In den geschilderten Zuständen in Italien liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG).

II.

5

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des Beschwerdeführers zu 2. zu treffen haben (dazu 2.).

6

1. Die Beschwerdeführer zeigen schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Sie setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

7

Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie im Übrigen auch nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit zu rechnen haben und dem Beschwerdeführer zu 2. als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

8

2. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

9

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

10

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

11

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

12

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

13

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

14

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkte der Familieneinheit und des Kindeswohls (vgl. etwa Erwägungsgrund 22 und Art. 14 Abs. 1 a) und d) der Richtlinie 2008/115/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger - Rückführungsrichtlinie) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

15

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung seiner Überstellung nach Österreich im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Der am ... geborene Kläger ist nach eigenen Angaben irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit. Eigenen Angaben zufolge reiste er am 30. Dezember 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 4. März 2015 einen Asylantrag.

Ein Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers am 6. März 2015 ergab einen EURODAC-Treffer (Nr. AT1...) für Österreich. Am 30. April 2015 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Übernahmeersuchen an Österreich, welches von den österreichischen Behörden mit Schreiben vom 5. Mai 2015 zunächst abgelehnt wurde. Auf die Remonstration des Bundesamts hin erklärten sich die österreichischen Behörden mit Schreiben vom 28. Mai 2015 mit der Wiederaufnahme des Klägers gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO einverstanden.

Mit Schreiben vom ... Juni 2015 zeigten die Bevollmächtigten des Klägers dessen Vertretung an und übersandten mit Schreiben vom 2. Juli 2015 ein ärztliches Attest von Dr. med. ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 14. Januar 2015, wonach beim Kläger die Erkrankungen posttraumatische Belastungsstörung, Schlafstörungen, Angstreaktion, Alptraum, Polyarthralgie, Z.n. Kreislaufkollaps und Schwindelattacke feststellbar seien. Der Kläger sei physisch und psychisch krank. Er benötige dafür unbedingt die familiäre Unterstützung der in ... lebenden Brüder. Hinzukomme, dass er kein deutsch spreche und somit auf die Hilfe seiner deutsch sprechenden Familienangehörigen angewiesen sei. Ein Umzug bzw. Bleiben in ... sei zum Wohle des Klägers dringend zu empfehlen.

Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 27. Juli 2015 erklärte der Kläger, er habe sein Herkunftsland im November 2014 verlassen. Von dort sei er in die Türkei geflohen und anschließend über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. In Österreich seien ihm am 21. Dezember 2014 die Fingerabdrücke abgenommen worden. Ein Aufenthaltsdokument für die Bundesrepublik Deutschland oder einen anderen Mitgliedstaat besitze er nicht. Internationalen Schutz habe er noch in keinem anderen Mitgliedstaat beantragt. Vier Onkel und fünf Brüder lebten in Deutschland. Auf die Unterstützung seiner Familienangehörigen sei er nicht angewiesen. Auch seine Familienangehörigen seien nicht auf seine Hilfe angewiesen.

Bei seiner Zweitbefragung am selben Tag gab er des Weiteren an, unter psychischen Problemen zu leiden. Zudem habe er Magen-Darm-Probleme sowie Probleme mit den Nieren und der Haut. Aufgrund seines ungeklärten Aufenthalts befinde er sich deswegen noch nicht in ärztlicher Behandlung. Über seine psychischen Probleme liege ihm ein ärztliches Attest vom 14. Januar 2015 vor. Er müsse die Medikamente IbuHexal 600 mg und Pantoprazol-Actavis 10 mg zu sich nehmen. Nach Österreich wolle er nicht rücküberstellt werde, da seine Brüder und Onkel in Deutschland lebten und er krank sei.

Mit Bescheid vom 31. August 2015, den Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8. September 2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach Österreich an (Nr. 2 des Bescheides). Des Weiteren wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 0 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 3 des Bescheids).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Österreich aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Auch die Einwände im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 27. Juli 2015, wonach seine Onkel und Brüder in Deutschland lebten und er unter psychischen Problemen leide sowie Probleme mit dem Magen-Darm, den Nieren und mit der Haut habe, könnten nicht dazu führen. Der Kläger sei eigenen Angaben zufolge volljährig, unverheiratet und kinderlos. Inwieweit besagte Verwandte daher Familienangehörige im Sinne der Dublin-Verordnung darstellen könnten, sei nicht erkennbar. Das von der Bevollmächtigten eingereichte ärztliche Attest vom 14. Januar 2015 sei von keinem Facharzt für Psychologie oder ähnlicher Qualifikation ausgefertigt worden. Zudem sei in diesem Attest weder eine Aussage zur Reisefähigkeit des Klägers noch zu den Behandlungsmöglichkeiten in Österreich getroffen worden. Dem Bundesamt lägen auch keine Informationen vor, aus denen hervorginge, dass die angegebenen Erkrankungen des Klägers in Österreich nicht behandelbar seien. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland materiell nicht geprüft. Die Anordnung der Abschiebung nach Österreich beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Das Bundesamt müsse des Weiteren das Einreiseverbot gemäß § 75 Ziff. 12 AufenthG im Fall einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG befristen. Die Festsetzung der Befristung des Einreiseverbots auf 0 Monate sei erfolgt, weil es in dem neuen Aufenthaltsgesetz vom 1. August 2015 keine Übergangsregelung für Altfälle gebe, in denen eine Gewährung rechtlichen Gehörs zur Befristung noch nicht erfolgt sei. Die notwendige nachträgliche Gehörsgewährung vor Festsetzung der Frist würde aus Zeitgründen die Einhaltung der Überstellungsfrist von sechs Monaten nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO gefährden und hätte deshalb unterbleiben müssen.

Hiergegen hat der Kläger mit Telefax seiner Bevollmächtigten vom ... September 2015, bei Gericht am selben Tag eingegangen, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

1. den Bescheid vom 31. August 2016 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Bescheid der Beklagten rechtswidrig sei. Es lägen außergewöhnliche, humanitäre Gründe vor, die einen Selbsteintritt rechtfertigten oder jedenfalls eine weitere Prüfung hinsichtlich des Selbsteintrittsrechts veranlasst hätten. Der Kläger habe bereits ein ärztliches Attest vorgelegt, aus dem sich ergebe, dass er unter anderem an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Es sei gerichtsbekannt, dass gerade traumatisierte Personen Halt im Familienkreis fänden. Die Brüder des Klägers lebten in Deutschland.

Ein gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde mit Beschluss des Gerichts vom 29. Januar 2016 (Az.: M 12 S 15.50794) abgelehnt. Der Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 6. Februar 2016 und dem Bundesamt am 17. Februar 2016 zugestellt.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 16. September 2015 die Behördenakte vor. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Schreiben vom ... September 2015 legten die Bevollmächtigen des Klägers zwei weitere ärztliche Atteste vor. Dem Attest von ..., Praktischer Arzt, vom 16. September 2015 lässt sich entnehmen, dass die Mutter des Klägers ebenfalls geflüchtet sei und seit kurzem bei ihrem Sohn ... in ... lebe. Der Kläger fühle sich bei seiner Familie geschützt und unterstützt. Er habe so viel Schlimmes erlebt; eine Rückführung nach Österreich sei aus ärztlicher Sicht unverantwortbar, eine weitere gesundheitliche Verschlechterung müsse verhindert werden. Die Verlegung des Aufenthalts des Klägers zu seinem Bruder und seiner Mutter werde dringend empfohlen. Diagnostiziert wurden von dem behandelnden Arzt eine massive posttraumatische Belastungsstörung, Angst- und Erregungszustände, Schlafstörung, BWS-Syndrom, unklarer Oberbauch und Analschmerz.

Dem fachärztlichen Attest von Dr. med. ..., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 17. September 2015 zufolge sei der Kläger durch ein traumatisches Ereignis im Irak sehr belastet. Seither leide er insbesondere an nächtlichen Panikattacken. Diese hätten sich durch die Unterstützung der Familie in Deutschland deutlich gebessert. Die Familie biete ihm diesbezüglich große Unterstützung, indem es zu beruhigenden Worte komme. Eine psychiatrische Behandlung mittels Psychopharmaka oder psychotherapeutischen Verfahren sei bislang noch nicht erfolgt, da die Familie als große Stütze diene. Der Kläger solle nun nach Österreich zurückgeführt werden. Seither seien die nächtlichen Panikattacken exazerbiert. Die Familie habe kaum mehr eine Chance, Zugang zu ihm zu bekommen. Er fühle sich alleine, habe große Ängste, grüble viel und komme nicht mehr zu Ruhe. Eine Überführung des Klägers nach Österreich sei aus fachärztlicher neurologischer Sicht als äußerst problematisch einzustufen. Durch die Trennung des Klägers von seiner Familie sei eine weitere Verschlechterung des psychopathologischen Befundes offensichtlich. Aus fachärztlicher Sicht sei dringend eine Familienzusammenführung anzuraten. In einem weiteren Schritt solle dann eine regelmäßige psychiatrische psychotherapeutische Vorstellung erfolgen, um die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. Unterzeichnet wurde das Attest von Dr. S. ...

Mit Schreiben vom ... Dezember 2015 verwiesen die Bevollmächtigten des Klägers auf den Ablauf der Überstellungsfrist zum 28. November 2015.

Am ... Februar 2016 teilten die Bevollmächtigten des Klägers des Weiteren mit, dass die Ehefrau des Klägers, Frau ... (geb. am ...) nunmehr in das Bundesgebiet eingereist sei und hier um Asyl nachgesucht habe.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 26. April 2016 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Die Klagepartei hat mit Schreiben vom ... April 2016 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, die Beklagte mit genereller Prozesserklärung vom 25. Februar 2016.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie in dem Verfahren M 12 S 15.50794 und die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten - der Kläger durch Erklärung seiner Bevollmächtigten vom ... April 2016 und die Beklagte durch die allgemeine Prozesserklärung - hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat seine Beteiligung in den Schreiben vom 11. und 18. Mai 2015 ausdrücklich auf die Übersendung der jeweiligen End- bzw. Letztentscheidung beschränkt.

Die Klage ist nur zum Teil zulässig (1.). Soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet (2.).

1. Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie sich gegen das in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides vom 31. August 2015 enthaltene und auf der Grundlage von § 11 AufenthG erlassene Einreise - und Aufenthaltsverbot richtet. Denn die hier vom Bundesamt gewählte Befristung des Einreise - und Aufenthaltsverbots auf 0 Monate beinhaltet schon keine rechtliche Beschwer und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Unzulässig ist die Klage auch hinsichtlich des Klageantrags zu 2., mit dem der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ein Asylverfahren durchzuführen.

Nach gefestigter höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung ist statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27a des Asylgesetzes (AsylG; vormals: AsylVfG) allein die Anfechtungsklage (BVerwG, U. v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris Rn. 13 ff.; BayVGH, B. v. 20.5.2015 - 11 ZB 14.50036 - juris Rn. 11; BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 8 ff.; OVG RhPf, U. v. 5.8.2015 - 1 A 11020/14 - juris Rn. 19; OVG NRW, B. v.16.6.2015 - 13 A 221/15.A - juris Rn. 16 ff.; VGH BW, U. v. 29.4.2015 - A 11 S 121/15 - juris Rn. 35 ff.). Diese gewährt den erforderlichen wie auch ausreichenden Rechtschutz: Nach Aufhebung des auf § 27a AsylG gestützten Bescheids hat die Beklagte eine inhaltliche Überprüfung des Asylantrags vorzunehmen, ohne dass es hierzu einer gesonderten Verpflichtung der Beklagten bedürfte. Denn auch insofern lebt nach erfolgreicher gerichtlicher Anfechtungsklage des „Dublin-Bescheids“ die gesetzliche Verpflichtung des Bundesamts zur Sachprüfung aus § 31 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG automatisch wieder auf. Da grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, bedarf es demzufolge auch dahingehend keines Verpflichtungsantrags auf Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland (OVG Magdeburg, U. v. 02.10.2013 - 3 L 643/12 - juris Rn. 22; VG München, U. v. 9.5.2014 - M 21 K 14.30300). Nach Abschluss dieser Prüfung hat die Beklagte eine inhaltliche Entscheidung über das Asylbegehren zu treffen. Im Falle einer negativen Entscheidung kann Verpflichtungsklage auf Statuszuerkennung erhoben werden.

2. Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 31. August 2015 erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1. Die Beklagte hat den Asylantrag des Klägers vom 4. März 2015 in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides vom 31. August 2015 zu Recht als unzulässig abgelehnt.

2.1.1. Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das Bundesamt kann in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im Fall des Klägers ist Österreich aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union i. S. v. § 27a AsylG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Diese findet gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO auf alle in der Bundesrepublik ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, also auch auf das am 4. März 2015 gestellte Schutzgesuch des Klägers.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist vorliegend Österreich für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Ausgehend vom Vortrag des Klägers hat er im November 2014 sein Herkunftsland verlassen und ist über Österreich nach Deutschland eingereist. Nach den Angaben der österreichischen Behörden hat er am 21. Dezember 2014 in Österreich einen Asylantrag gestellt. Dies wird bestätigt durch den bei einer EURODAC-Abfrage für den Kläger erzielten Treffer mit der Kennzeichnung „AT1“ (vgl. Art. 24 Abs. 4 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26. Juni 2013 (EURODAC-VO)). Anhaltspunkte dafür, dass diese Daten unzutreffend sind, bestehen nicht, zumal nach Art. 23 Abs. 1 lit. c) EURODAC-VO eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr der Mitgliedstaaten bezüglich der erhobenen und übermittelten Daten besteht. Die Zuständigkeit Österreichs ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen, da zum Zeitpunkt der erstmaligen Asylantragstellung in Österreich am 21. Dezember 2014 (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) der illegale Grenzübertritt noch nicht länger als zwölf Monate zurücklag. Damit ist Österreich gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO verpflichtet, den Kläger nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 Dublin III-VO wieder aufzunehmen.

2.1.2. Die gegenüber Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO vorrangigen Zuständigkeitsbestimmungen der Art. 9, 10 und 11 Dublin III-VO kommen im Fall des Klägers nicht zur Anwendung. Diese beinhalten besondere Zuständigkeitsregelungen, die dem Schutz der familiären Beziehungen zwischen minderjährigen Kindern, ihren Eltern und Geschwistern dienen. Nach der bindenden Definition in Art. 2 g) Dublin III-VO zählen jedoch weder die Mutter des Klägers noch seine Geschwister zum Personenkreis der Familienangehörigen im Sinne der Verordnung, da der am... geborenen Kläger nicht mehr minderjährig (vgl. Art. 2 i) Dublin III-VO) und seinen zuletzt gemachten Angaben zufolge auch verheiratet ist.

Auch der Umstand, dass nach den Angaben des Klägers inzwischen seine Ehefrau in das Bundesgebiet eingereist ist und hier um Asyl nachgesucht hat, kann vorliegend nicht zur Anwendung der Zuständigkeitsregelung des Art. 10 Dublin III-VO führen. Zwar handelt es sich bei der Ehefrau des Klägers um eine Familienangehörige im Sinne von Art. 2 g) Dublin III-VO, über deren Asylgesuch noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist; im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 Dublin III-VO (vgl. Anmerkung in der deutschen Sprachfassung: „richtig wohl: 16“; in der englischen Sprachfassung: „criteria refered to in Articles 8, 10 and 16“, in der französischen Sprachfassung: „les critères visés aux articles 8, 10 et 16“) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 7 Abs. 3 Dublin III-VO jedoch nur solche Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, die vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 Dublin III-VO stattgegeben hat und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Entscheidung in der Sache ergangen ist. Danach kommt die Zuständigkeitsregelung des Art. 10 Dublin III-VO hier nicht zum Tragen. Denn dass er verheiratet ist und seine Ehefrau im Bundesgebiet um Asyl nachgesucht hat, hat der Kläger vorliegend erst zu einem Zeitpunkt geltend gemacht, als die österreichischen Behörden bereits ihre Bereitschaft, den Kläger wiederaufzunehmen, erklärt hatten.

2.1.3. Die Zuständigkeit Österreichs ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Insbesondere wurde das Gesuch um Wiederaufnahme des Klägers innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung der EURODAC-Treffermeldung an Österreich gerichtet (Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO). Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch auf Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO keine Zuständigkeit der Beklagten. Gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO hat die Überstellung des Asylantragstellers vom ersuchenden Staat in den ersuchten Staat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese nach Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat, zu erfolgen. Ein Rechtsbehelf bzw. eine Überprüfung mit aufschiebender Wirkung im unionsrechtlichen Sinne der Verordnung liegt nach Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-Verordnung dann vor, wenn der Asylantragsteller bei einem Gericht innerhalb einer angemessenen Frist eine Aussetzung der Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung beantragen kann. Der deutsche Gesetzgeber hat diesbezüglich in § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG geregelt, dass die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung eines Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung über diesen Antrag nicht zulässig ist. Dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt damit aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO zu. Leitet der Asylantragsteller ein solches Verfahren ein, so beginnt die Überstellungsfrist daher nicht bereits mit dem Zugang der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat zu laufen, sondern nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-Verordnung erst mit der Bekanntgabe der endgültigen Entscheidung über den auf § 34a Abs. 2 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO gestützten Eilantrag (vgl. VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 18; Sächs. OVG, B. v. 5.10.2015 - 5 B 259/15.A - juris; VG Aachen, U. v. 19.8.2015 - 6 K 2553/14.A - juris; VG Düsseldorf, B. v. 29.12.2014 - 23 L 3127/14.A - juris; VG Karlsruhe, B. v. 30.11.2014 - A 5 K 2026/14 - juris; Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kommentar, Stand: 1. 2. 2014, Art. 29 Anm. K4 und K7 ). Hiervon ausgehend ist die sechsmonatige Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen, da der Beschluss vom 29. Januar 2016, mit dem der Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt wurde, seiner Bevollmächtigten am 6. Februar 2016 und dem Bundesamt am 17. Februar 2016 zugestellt wurde.

2.1.4. Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 UnterAbs. 2 Dublin III-VO begründen würden, liegen nicht vor. Insbesondere kann der Kläger einer Überstellung nach Österreich auch nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Österreich systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Österreich unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO).

Das gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - finden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris). Daraus ist die Vermutung abzuleiten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., juris Rn. 80).

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 - juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVwerG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w.N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

In Bezug auf Österreich ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass dem Kläger im Falle seiner Rücküberstellung in dieses Land eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Österreich über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, welches prinzipiell funktionsfähig ist und insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss (vgl. VG Augsburg, B. v. 5.8.2014 - Au 3 S 14.50165 - juris; VG Minden, B. v. 22.5.2015 - 1 L 545/15.A - juris; VG Köln, U. v. 11.5.2015 - 14 K 799/15.A - juris; VG Bayreuth - B. v. 12.12.2014 - B 1 S 14.50116 - juris). VG Ansbach, B. v. 5.3.2015 - AN 14 S 15.50026 - juris). Es ist weder konkret vorgetragen noch ersichtlich, dass in Österreich systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen.

Österreich gilt außerdem als sicherer Drittstaat i. S. des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs- und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, U. v. 14.5. 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49). Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen, im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Solche Sonderfälle liegen, wie oben dargestellt, im Falle Österreichs nicht vor.

Auch in Anbetracht der beim Kläger attestierten Erkrankungen ergeben sich keine Gründe, die ausnahmsweise zur Annahme einer individuellen Gefahr für ihn führen könnten, in Österreich einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als Österreich über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die österreichischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Traumatisierte Flüchtlinge erhalten psychologische und psychiatrische Behandlung (vgl. Aida-Länderbericht zu Österreich, Stand Dezember 2015, Seite 73, abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/austria). Für das Gericht besteht daher kein Anlass zu Zweifeln daran, dass die geltend gemachten physischen und psychischen Erkrankungen des Klägers auch in Österreich als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hohem medizinischen Standard behandelt werden können und dass entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch Asylsuchenden offenstehen.

2.1.5. Die Beklagte ist auch nicht gemäß Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO zu einer Familienzusammenführung des Klägers mit seinen Brüdern oder seiner Mutter verpflichtet. Nach dieser Vorschrift entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller nicht von einem Elternteil oder einem seiner Geschwister zu trennen, wenn dieser wegen einer schweren Krankheit oder einer ernsthaften Behinderung auf die Unterstützung eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen ist, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, eines der Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben. Die Zuständigkeitsregelung des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO beruht auf der humanitären Pflicht, Antragsteller, die auf die Hilfe bestimmter enger Bezugspersonen angewiesen sind, zusammenzuführen. Das die Zuständigkeit begründende Abhängigkeitsverhältnis bleibt dabei auf Ausnahmesituationen besonderer Hilfsbedürftigkeit beschränkt (vgl. Filzweiser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kommentar, Stand: 1.2.2014, Art. 16 Anm. K3; VG Ansbach, B. v. 5.3.2015 - AN 14 S 15.50026 - juris Rn. 21).

Ein solches, besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Brüdern bzw. seiner Mutter lässt sich vorliegend nicht feststellen. Der Kläger selbst hat bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 27. Juli 2015, die Frage, ob er auf die Unterstützung von Familienangehörigen angewiesen sei, ausdrücklich verneint. Auch aufgrund der vorgelegten ärztlichen Atteste vom 14. Januar 2015, 16. September 2015 und 17. September 2015 ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Denn mit den vorgenannten Attesten konnte der Kläger nicht glaubhaft machen, an einer schweren Krankheit zu leiden, aufgrund derer er zwingend auf die Unterstützung Familie seiner Mutter bzw. seiner Brüder angewiesen wäre.

Sowohl in dem ärztlichen Attest vom 14. Januar 2015 als auch in dem ärztlichen Attest vom 16. September 2015 werden beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als auch Schlafstörungen und Angstzustände diagnostiziert. Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik ist zur substantiierten Geltendmachung einer psychischen Erkrankung wie insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung erforderlich, dass das vorgelegte ärztliche Attest gewissen Mindestanforderungen genügt. Insbesondere muss sich aus diesem nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (vgl. BVerwG, U. v. 11. 9. 2007 - 10 C 17/07 - juris Rn. 15).

Diesen Anforderungen werden weder das bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Attest vom 14. Januar 2015 noch die beiden im Gerichtsverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste vom 16. und 17. September 2015 gerecht.

Hinsichtlich der Atteste vom 14. Januar 2015 und vom 16. September 2015 ist festzustellen, dass die Diagnose einer PTBS nicht von einem Facharzt aus dem psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Fachgebiet, sondern von einer Allgemeinmedizinerin bzw. einem praktischen Arzt gestellt wurde. Ungeachtet dessen lassen weder das Attest vom 14. Januar 2015 noch das Attest vom 16. September 2015 erkennen, auf welcher Grundlage die Diagnose einer PTBS gestellt wurde. Beide Atteste lassen die Erhebung eines psychopathologischen Befundes vermissen und äußern sich nicht dazu, welche Merkmale einer PTBS beim Kläger als erfüllt anzusehen sind. Unklar bleibt des Weiteren, nach welchem Klassifizierungssystem die Diagnose PTBS getroffen wurde. Da eine PTBS stets eine Reaktion auf ein traumatisches Ereignis ist, kann eine entsprechende Diagnose ohne die exakte Feststellung eines Traumas im Sinne eines Ereignisses von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophenartigem Ausmaß nicht zuverlässig gestellt werden. Welches traumatische Ereignis des Klägers von den behandelnden Ärzten zugrunde gelegt wurde, geht aus den beiden Attesten vom 14. Januar 2015 und 16. September 2015 jedoch nicht hervor. Weder das Attest vom 14. Januar 2015 noch das Attest vom 16. September 2015 geben zudem Aufschluss über die Schwere der Erkrankung und deren Behandlungsbedürftigkeit.

In dem Attest vom 17. September 2015 stellt der behandelnde Arzt bereits keine eigene Diagnose. Im Übrigen ist auch bei diesem Attest nicht ersichtlich, ob es von einem Facharzt aus dem psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Fachgebiet abgefasst wurde. Denn das Attest wurde nicht von Dr. med. ..., sondern Dr. S. ... unterzeichnet, über dessen Fachgebiet das Attest jedoch keinen Aufschluss gibt. Auch diesem Attest lässt sich weder die Erhebung eines psychopathologischen Befundes noch eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Erkrankung des Klägers entnehmen.

Selbst bei Unterstellung des Vorliegens einer psychischen Erkrankung ergibt sich im Übrigen aus keinem der vorgelegten Atteste, dass die Erkrankung von solcher Art und solchem Gewicht ist, dass der Kläger zwingend auf die Lebenshilfe seiner Mutter oder seiner Brüder angewiesen wäre. Die ärztlichen Atteste geben bereits keinen Aufschluss, inwieweit der Kläger derzeit auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist, wie sich die Unterstützungshandlungen seiner Familie konkret darstellen und welche Auswirkungen der Beistand seiner Angehörigen auf seinen gesundheitlichen Zustand hat. Zwar warnen alle drei Atteste vor einer Trennung des Klägers von seiner Familie; keines der Atteste benennt jedoch konkret die gesundheitlichen Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung bei einer Trennung des Klägers von seiner Mutter und seinen Brüdern ergeben würden. Zudem ergeben sich aus dem Attest vom 17. September 2015 Zweifel daran, ob die Familie des Klägers in der Lage ist, ihm tatsächlich zu helfen. Denn dem Attest vom 17. September 2015 zufolge ist es seinen Angehörigen derzeit kaum möglich, Zugang zum Kläger zu finden. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die geltend gemachten psychischen Probleme des Klägers bislang offenbar noch nicht derart gravierend waren, dass eine regelmäßige psychiatrische Behandlung hätte erfolgen müssen. Nicht zuletzt muss auch aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte davon ausgegangen werden, dass der volljährige Kläger derzeit in der Lage ist, auch ohne die Lebenshilfe seiner Mutter und seiner Brüder zurechtzufinden.

Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Kläger infolge der attestierten physischen Erkrankungen (Z.n. Kreislaufkollaps, Schwindelattacke, BWS-Syndrom, unklarer Oberbauch, Analschmerz) derart körperlich beeinträchtigt wäre, dass er auf die Unterstützung seiner Mutter oder seiner Brüder angewiesen wäre. Auch die in dem ärztlichen Attest vom 14. Januar 2015 angesprochen Sprachprobleme sind nicht geeignet, um ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis im vorgenannten Sinne zu begründen.

Darüber hinaus lässt sich dem Vortrag des Klägers auch nicht entnehmen, dass sich seine Mutter rechtmäßig im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO im Bundesgebiet aufhält. Es ist überdies auch nicht ersichtlich, dass die familiäre Bindung zwischen dem Kläger und seinen Brüdern bereits im Herkunftsland bestanden hat.

2.1.6. Des Weiteren kann der Kläger auch keine Verpflichtung der Beklagten zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO beanspruchen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Bei Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahmebestimmung, die eine Zuständigkeitsübernahme in Fällen ermöglicht, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern. Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund ist die im weiten Ermessen der Beklagten stehende Entscheidung, von ihrem Selbsteintrittsrecht im Fall des Klägers keinen Gebrauch zu machen, hier rechtlich nicht zu beanstanden. Es erscheint nicht ermessensfehlerhaft, die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen sowie die geltend gemachten Erkrankungen des Klägers als nicht hinreichende besondere humanitäre Gründe zur Wahrnehmung des Selbsteintrittsrechts anzusehen. Allein das Vorhandensein einer - auch schweren - Erkrankung begründet noch keinen Anspruch auf die Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Wege der Ermessensreduzierung auf Null, wenn diese regelmäßig auch im zuständigen Mitgliedstaat behandelbar ist (vgl. VG Köln, U. v. 6. 11. 2015 - 18 K 4016/15.A - juris Rn. 49). Für das Gericht besteht vorliegend kein Anlass zu Zweifeln daran, dass die vorgetragenen Erkrankungen auch in Österreich behandelt werden könnten und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten Asylsuchenden auch offenstehen (s.o.).

Darüber hinaus begründen die Bestimmungen der Dublin III-VO - auch hinsichtlich der Selbsteintrittskompetenz - grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. Sie dienen als innerstaatliche Organisationsvorschriften vielmehr in erster Linie der klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16 der Verordnung, OVG R-P, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 9.1.2015 - 13 L 2878/14.A - juris). Allenfalls in Fällen, in denen die Durchsetzung einer Zuständigkeit nach der Dublin III-VO eine Verletzung der EMRK bedeuten würde, käme möglicherweise ein subjektives Recht des Drittstaatsangehörigen auf Durchsetzung der Ausübung des Selbsteintrittsrechts in Betracht (Filzwieser/Sprung, a. a. O., K2 und K3 zu Art. 17). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Nach alledem erweist sich die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheids daher als rechtmäßig.

2.2. Auch die in Nummer 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids auf Grundlage von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG angeordnete Abschiebung nach Österreich ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die österreichischen Behörden haben der Rückführung des Klägers nach der Remonstration des Bundesamts mit Schreiben vom 28. Mai 2015 nunmehr ausdrücklich zugestimmt.

Ein der Abschiebung nach Österreich entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis hat der Kläger ebenfalls nicht substantiiert dargetan.

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt und diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; vgl. BayVGH, U. v. 18.10.2013 - 10 CE 13.1890 - juris). Ebenso kann eine konkrete, ernstliche Suizidgefährdung mit Krankheitswert zu einem Abschiebungshindernis führen (vgl. BayVGH, B. v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 - juris Rn. 11).

Bei einer psychischen Erkrankung kann außer in Fällen einer eigentlichen Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit nur dann von einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann, oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings - in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen - nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf. Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.

Legt der Ausländer ärztliche Atteste bzw. Fachberichte über seine Reiseunfähigkeit vor, sind diese zu deren Beweis nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die zugrundeliegenden Befundtatsachen angeben, ggf. die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlichmedizinische Beurteilung bzw. Diagnose des Krankheitsbilds sowie die konkreten Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 11.9.2007 - 10 C 17/07 - juris Rn. 15; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21; B. v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 - juris Rn. 13; B. v. 9.1.2012 - 10 CE 11.2044 - juris Rn. 9; OVG NRW, B. v.29.11.2010 - 18 B 910/10 - juris; VG Bayreuth, B. v. 4.11.2014 - B 3 E 14.734 - juris Rn. 33).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermögen die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Atteste vom 14. Januar 2015 und vom 16. und 17. September 2015 nicht zu überzeugen.

Dass sich der Gesundheitszustand des Klägers durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht, ergibt sich aus keinem der vorgelegten Atteste. Den ärztlichen Attesten lässt sich des Weiteren nicht entnehmen, dass im Falle einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet mit einem Suizidversuch des Klägers gerechnet werden müsste.

Mit den vorgelegten Attesten wurde ferner nicht glaubhaft gemacht, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers unmittelbar durch eine Ausreise oder Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern wird. Denn nur ein Attest, das die Folgen nachvollziehbar darlegt, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, ist zur Glaubhaftmachung eines Abschiebungshindernisses geeignet. Erforderlich ist somit eine konkrete Äußerung dazu, ob sich der Gesundheitszustand durch eine Ausreise oder Abschiebung als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern wird (vgl. BayVGH, B. v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 8.2.2012 - 2 M 29/12 - juris). Diesen Anforderungen genügen die genannten Atteste nicht. Die vorgelegten Atteste enthalten bereits keine nachvollziehbare Diagnose des Krankheitsbildes (s.o.). Keines der Atteste setzt sich zudem dezidiert mit der Frage der Reisefähigkeit des Klägers auseinander. Welche gesundheitlichen Folgen sich aus den diagnostizierten Erkrankungen für den Kläger im Falle einer Rückführung nach Österreich im Einzelnen ergeben, wird in den Attesten offengelassen. Der im Attest vom 17. September 2015 enthaltene pauschale Hinweis darauf, dass sich der psychopathologische Befund des Klägers bei einer Abschiebung nach Österreich verschlechtern würde, reicht für die Glaubhaftmachung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses nicht aus.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die vom Kläger geltend gemachten Erkrankungen in Österreich behandelbar sind (s.o.). Die überstellende Behörde ist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO des Weiteren gehalten, dem zuständigen Mitgliedstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß dem innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die zum Schutz ihrer lebenswichtigen Interessen unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Verordnung und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts bieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen wie etwa psychisch Kranken keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 unter Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR; VG Würzburg, B. v. 5.3.2014 - W 6 S 14.30235 - juris).

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein am … 1968 geborener pakistanischer Staatsangehöriger, beantragte am 09.02.2015 beim Bundesamt seine Anerkennung als Asylberechtigter, nachdem er am 15.11.2014 nach Deutschland eingereist war. Gemäß Eurodac-Recherche war der Kläger zuvor in Italien im Zusammenhang mit dem illegalen Überschreiten der Grenze registriert worden (Eurodac-Nr. IT2 …). Der Kläger gab bei der Belehrung nach Art. 5 Dublin III-VO an, „ca. am 05.11.2014“ nach Italien eingereist zu sein, und sich dort bis zum 14.11.2014 aufgehalten zu haben. Ein Übernahmeersuchen gemäß Art 13 Abs. 1 Dublin III-VO vom 27.02.2015 beantworteten die italienischen Behörden nicht.
Mit Bescheid vom 08.06.2015, zugestellt am 15.06.2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziff. 2).
Der Kläger hat am 18.06.2015 Klage erhoben und macht geltend, mit seiner schweren Erkrankung (Leberzirrhose Child A bei chronischer Hepatitis C, Thrombopenie 70000 [Mangel an Blutplättchen mit erhöhter Blutungsneigung]) erhalte er in Italien keinen ausreichenden Zugang zu einer Gesundheitsversorgung. Einem zeitgleich mit der Klage gestellten Eilantrag ist mit Beschluss des Einzelrichters vom 31.07.2014 (A 6 K 1357/15) stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bundesamtsbescheid angeordnet worden.
Der Kläger, der zunächst auch die Verpflichtung der Beklagten begehrt hat, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen sowie ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hat die Klage in der mündlichen Verhandlung insoweit zurückgenommen und beantragt noch,
den Bescheid des Bundesamts vom 08.06.2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (ein Heft des Bundesamts sowie ein Heft Gerichtsakte des Eilverfahrens A 6 K 1357/15) verwiesen. Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört worden; wegen des Inhalts seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
Soweit die Klage hinsichtlich des Verpflichtungsantrags zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
10 
Hinsichtlich der Anfechtungsklage ist in der Sache zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die nunmehr vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums Freiburg vom 16.02.2016 erachtet das Gericht nicht für geboten. Denn der Kläger hat diese, wie von ihm im Termin vom 04.02.2016 angekündigt, in Erfüllung der vom Gericht bereits unter dem 31.07.2015 erfolgten Anforderung und zwecks Darstellung seines aktuellen Gesundheitszustands vorgelegt und die Beklagte ist auf diesen Gesichtspunkt des Verfahrens – trotz des Hinweises des Gerichts vom 31.07.2015 - nie eingegangen. Von einem bislang nicht erörterten bzw. nicht hervorgetretenen Gesichtspunkt, den das Gericht zur Grundlage seiner Entscheidung macht, ohne die Beteiligten hierzu zuvor gehört zu haben, kann folglich nicht die Rede sein. Auf die hieraus abgeleitete Rechtsauffassung und Würdigung des Prozessstoffs musste das Gericht nicht hinweisen, da die tatsächliche und rechtliche Würdigung sich erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschl. v. 07.12.2015 – 1 B 66/15 –, Rn. 16, juris).
11 
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Bundesamts vom 08.06.2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
12 
1.) Die Republik Italien ist gemäß § 27a AsylG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der (gemäß ihrem Art. 49 Unterabs. 2 anzuwendenden) Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) für die weitere Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs.1 Satz 1 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Kläger, wie durch einen Eurodac-Treffer der Kategorie 2 bestätigt, als erstes ohne Aufenthaltstitel und damit illegal die Grenze zum EU-Mitgliedstaat Italien überschritten hat. Auch der Kläger selbst hat eingeräumt, in Italien gewesen zu sein, sich dort 5 bis 6 Tage in einem Asylheim in Sizilien aufgehalten zu haben, ohne aber einen Asylantrag zu stellen.
13 
a.) Ungeachtet dessen, dass sich der Kläger auf eine etwaige Verletzung von Verfahrensvorschriften jedenfalls bei Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates nicht für eine Rechtsverletzung berufen könnte, ist diese für Italien anzunehmende Zuständigkeit auch nicht nachträglich entfallen. Das Bundesamt hat innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin III-VO genannten Frist bereits am 27.02.2015 ein Aufnahmegesuch an Italien gerichtet. Italien hat hierauf nicht reagiert, sodass gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO seit Ablauf des 27.04.2015 davon auszugehen ist, dass es dem Aufnahmegesuch zugestimmt hat. Damit ist Italien zur Aufnahme des Klägers sowie dazu verpflichtet, angemessene Vorkehrungen für seine Ankunft zu treffen. Von dieser Aufnahmebereitschaft ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiterhin auszugehen, so dass auch keine unzumutbare Verzögerung der Durchführung des Aufnahmeverfahrens (auf die sich der Kläger in Abwehr einer subjektiven Rechtsverletzung berufen könnte) eintreten wird. Denn die mit Eintritt der Zustimmungsfiktion am 28.04.2015 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist aufgrund der mit Eilbeschluss vom 31.07.2015 erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gehemmt (zu dieser Wirkung vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, Rn. 33, juris) und folglich tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO). Von einer überlangen, eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats begründende Verfahrensdauer kann angesichts der etwas mehr als zwei Monate zwischen Asylantragstellung und (fingierter) Erteilung der Zustimmung zur Aufnahme nicht die Rede sein (in diesem Sinne sogar für elf Monate: BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 –, Rn. 21, juris). Die Pflicht Italiens schließlich, nach Aufnahme des Klägers den von diesem gestellten Asylantrag zu prüfen, ergibt sich aus Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO.
14 
b.) Die vom Kläger eingewendeten Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, die eine Pflicht des BAMF bewirkten zu prüfen, ob statt Italiens ein anderer Mitgliedstatt zuständig ist bzw. - bei Verneinung - die Zuständigkeit Deutschlands begründeten, liegen nicht vor. Es erweist sich nicht als unmöglich, den Kläger nach Italien zu überstellen, da es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, dass die (im Fall Italiens allein zu untersuchenden) Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen. Eine solche Rechtsverletzung hätte vorausgesetzt, dass mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieser Grundrechte mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er als den nach der Dublin III-VO zuständigen Staat überstellt werden soll, während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Gesundheits-/Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. m.w.N. OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, Rn. 46, juris). Dies ist indessen zu verneinen.
15 
Italien hat zwar Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern mit im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen. Das Land sah sich im Jahr 2015 mit einer hohen, gegenüber den Vorjahren noch einmal angestiegenen Zahl an Asylbewerbern konfrontiert. Eurostat gibt diesen Zustrom mit 84.085 Asylbewerbern und erstmaligen Asylbewerbern an (Quelle: Europäische Kommission > Eurostat > Statistik nach Themen > Asyl und gesteuerte Migration > Statistiken illustriert > Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber [Zahlen dort für 2014: 64.625 und für 2013: 26.620]). Diese Zahl kann angesichts des auch im letzten Quartal 2015 anhaltenden Flüchtlingszustroms als verlässlich zugrundegelegt werden. Die mit 48.307 Asylantragstellern vom UNHCR aufgeführte Zahl (www.unhcr.org > Where We Work > Europe > Northern, Western, Central and Southern Europe > Italy > Statistical Snapshot) widerspricht dem nicht, da sie den Stand (nur von) Juni 2015 abbildet. Entsprechendes gilt für die mit 59.165 Antragstellern genannte Zahl im AIDA-Report vom Dezember 2015 des ECRE (European Council on Refugees and Exiles - Asylum Information Database, Country Report: Italy, Seite 6 [künftig aufgeführt als: AIDA-Report Dezember 2015]), die den Zeitraum (nur) von Januar bis September betrifft.
16 
Von einem systemischen Versagen im Hinblick auf das Aufnahmeverfahren ist indessen nicht auszugehen, da das Land in Reaktion auf diesen Zustrom nicht etwa untätig geblieben ist und bleibt, sondern Maßnahmen zur Problembewältigung ergriffen hat und weiterhin durchführt (vgl. bereits für die Zeitpunkte April und Juni 2015: OVG NRW, Urt. v. 24.04.2015 – 14 A 2356/12.A –, Rn. 41, juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015, a.a.O., Rn. 51 ff.). Die Aufnahmekapazitäten sind sukzessive und deutlich erhöht worden. Während Ende Februar 2015 in den Erstaufnahmezentren (CPSA, CARA/CDA) noch 9.504 Unterbringungsplätze vorhanden bzw. belegt waren (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 25.03.2015 an VG Schwerin; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin), stieg diese Zahl bis Mitte 2015 auf 12.000 Plätze an und soll im Laufe des Jahres 2016 auf zunächst 14.750 und sodann auf 15.550 Plätze ausgeweitet werden (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Entsprechendes gilt für die Anschlussunterbringung im SPRAR-System, dessen Kapazität von Ende Februar 2015 (20.596 Plätze - so Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) zunächst bis Ende Mai 2015 auf rund 21.449 Plätze ausgeweitet wurde, zu denen weitere 10.000 ausgeschriebene Plätze hinzukommen, um für das Jahr 2016 eine Anzahl von knapp 32.000 Plätzen zu erreichen (Borderline-Europe, Kurzinformation zur Situation von Geflüchteten in der Region Sizilien, Februar 2016, Seite 4; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 68). Was schließlich den Bereich der außerordentlichen Aufnahmezentren (Notfallzentren -CAS) angeht, betrug deren Kapazität Ende Februar 2015 etwa 37.000 Personen (Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) und war bis Ende Juni 2015 auf rund 50.711 Personen angewachsen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 69). Borderline-Europe (a.a.O., Seite 4) berichtet unter Hinweis auf Angaben des italienischen Innenministeriums gar von 70.918 vorhandenen Plätzen in 3.090 Einrichtungen.
17 
Dass diese Verbesserungen nur vorübergehend wären und bei einer Prognose in Zukunft ein Rückschritt bzw. Verschlechterungen eintreten könnten, ist nicht zu erwarten. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass Italien (neben Griechenland) im Zeitraum von 2014 bis 2020 voraussichtlich weiterhin der wichtigste Begünstigte des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) sein wird (vgl. Beschluss (EU) 2015/1601 des Rates vom 22.09.2015 zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zu Gunsten von Italien und Griechenland, Erwägungsgrund 15). In Erfüllung seiner aus dem vorgenannten Beschluss (dort Art. 8 Abs. 1 sowie Erwägungsgrund 18) resultierenden Verpflichtung, als Reaktion auf die Krisensituation einen soliden strategischen Rahmen zu schaffen und den bereits eingeleiteten Reformprozess in diesen Bereichen zu verstärken, um so zu einer strukturellen Lösung für die Bewältigung des außergewöhnlichen Drucks auf sein Asyl- und Migrationssystem zu gelangen, hat Italien am 28.09.2015 einen aktualisierten Fahrplan („Roadmap“) vorgelegt (in englischer Zusammenfassung und Kommentierung abgerufen bei www.statewatch.org). Darin werden die oben genannten Aufnahmekapazitäten auch von staatlicher italienischer Seite aufgeführt und im SPRAR-System mittelfristig für den Zeitraum 2016/2017 eine Aufnahmekapazität von mindestens 40.000 Plätzen ins Auge gefasst. Die Zahl der Ende September 2015 vorhandenen Unterbringungsplätze im CAS-System wird mit 68.093 angegeben.
18 
Angesichts dieser Zahlen sowie der im genannten Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 22.09.2015 und ferner in dessen vorangegangenem Beschluss (EU) 2015/1523 vom 14.09.2015 vorgesehenen Umsiedlung von mehreren Tausend Antragstellern aus Italien in das Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten (mit der dadurch eintretenden Entlastung zugleich des Aufnahmesystems) kann nicht von systemischen Mängeln ausgegangen werden.
19 
Relevant ist mit Blick auf die Situation in Fällen wie den des Klägers ferner die Frage der Aufnahme und Unterbringung von Dublin-Rückkehrern, die erkrankt sind. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Klägers auswirken können ( OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 130, juris).
20 
Beim Kläger handelt es sich darüber hinaus um eine chronisch erkrankte Person. Gemäß ärztlichen Bescheinigungen des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) vom 12.04.2015 und (aktualisiert) vom 16.02.2016 leidet der Kläger seit 2011 an einer bereits in Pakistan diagnostizierten (und behandelten) chronischen Hepatitis C-Virusinfektion und einer Thrombopenie 70000 und einer (in Deutschland diagnostizierten) Leberzirrhose Child A infolge der Virusinfektion. Die erforderliche Behandlung besteht in einer antiviralen Therapie sowie ferner halbjährlichen Kontrolluntersuchungen (Labor und Ultraschall) zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Die im Fall des Klägers indizierte Therapie über 24 Wochen mit interferonfreien Medikamenten besitzt eine Erfolgsaussicht betreffend die endgültige Ausheilung der Hepatitis C zwischen 60-90 % (zu dieser grundlegenden Umwälzung der Hepatitis-C-Therapie aufgrund direkt antiviral wirkender Substanzen mit der daraus resultierenden hocheffektiven Therapie vgl. auch: Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 30 vom 27.07.2015, 289 [298]). Die Kosten liegen bei 158.000 EUR. Neuere Therapieoptionen werden im Laufe des Jahres 2016 erwartet (12 Wochen Therapiedauer bei 89% Erfolgsaussicht der Virusausheilung) und sind voraussichtlich deutlich günstiger. Wird der Kläger nicht kurzfristig behandelt, sind keine Folgen zu erwarten (1-Jahres-Überlebensrate bei nahezu 100 %). Mittelfristig, im Bereich von Monaten bis wenigen Jahren, ist der Übergang in eine Leberzirrhose Child B-Stadium zu erwarten, was eine deutlich höhere Rate an Komplikationen der Leberzirrhose nach sich zieht (Ausbildung von Krampfadern der Speiseröhre mit eventuell drohender Blutung, Ausbildung von Bauchwasser, Gerinnungsstörungen, Störungen der Gedächtnisleistung). Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 85 %. Bleibt die Krankheit langfristig unbehandelt, ist mit einem weiteren Fortschreiten der Leberzirrhose in ein Child C-Stadium zu rechnen mit Dekompensation der Leberzirrhose und dem zusätzlichen Risiko eines Leberzellkrebses. Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 35 %, so dass die langfristigen Überlebenschancen ohne Therapie der Hepatitis C schlecht sind.
21 
Für die anzustellende Prognose ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner (unterstellten) Ankunft in Italien einen Asylantrag stellt (bzw., da in Deutschland bereits gestellt, dort formal nach italienischen Bestimmungen registrieren lässt und aufrechterhält) und die dort zur Verfügung stehenden Angebote der (medizinischen) Versorgung im Rahmen des Möglichen tatsächlich nutzt (OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.). Systemische Mängel bei der Aufnahme von Dublin-Rückkehrern sowie in der medizinischen Versorgung kranker Asylantragsteller, welche beachtlich wahrscheinlich eine Gefahr für den Kläger begründen könnten, sind danach zu verneinen:
22 
Dublin-Rückkehrer, die - wie der Kläger - während ihres Aufenthalts in bzw. ihrer Durchreise durch Italien kein Asylgesuch gestellt haben, können den Antrag auf internationalen Schutz dort unter regulären Bedingungen stellen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 40). Das Hauptproblem für sie besteht in der Aufnahme bzw. Unterbringung, wenn sich hier Verzögerungszeiten ergeben, während der eine Versorgung mit materiellen Leistungen möglicherweise nicht gewährleistet ist. Gerade hier waren in den letzten Jahren allerdings Aufnahmesysteme eingerichtet worden, um Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterzubringen, bis ihre Verfahrenssituation geklärt oder - im Fall vulnerabler Personen - eine alternative Unterbringung gefunden war. Bis Mitte 2015 waren auf diese Art mit finanzieller Hilfe des Europäischen Flüchtlingsfonds (ERF) 11 Zentren für die Aufnahme von Dublin-Rückkehrern tätig, von denen 7 auf vulnerable Person spezialisiert waren. Diese Zentren in Rom (3), der Provinz Mailand (3), Venedig (2), Bologna (2) und Bari (1) konnten 443 Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterbringen (AIDA-Report Januar 2015, Seite 31; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 63/64). Seit Juni 2015, dem Ende der ERF-Förderung, werden Dublin-Rückkehrer im regulären Aufnahmesystem untergebracht: Allerdings ist vorgesehen, mit Unterstützung des durch die Verordnung (EU) 516/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 eingerichteten (sich an den ERRF anschließenden) Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) erneut für eine spezielle Unterbringung dieses Personenkreises zu sorgen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Das von Italien gemäß Art. 14 der Verordnung (EU) 514/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 vorgeschlagene und von der EU-Kommission noch zu genehmigende nationale Programm (Programma Nazionale FAMI - abrufbar unter https://ec.europa.eu/migrant-integration/news/italy-amif-call-for-proposals-now-published?lang=de) sieht erneut Maßnahmen zur Gewährleistung der Aufnahme von und Unterstützungsleistungen für Personen vor, die in Anwendung der Dublin III-VO überstellt werden (Seite 9: Obiettivo specifico - Asilo, unter f) sowie die Verstärkung der Aufnahmedienste, die Unterstützung und räumliche Orientierung solcher Personen (Seite 10: Obiettivo nazionale - Accoglienza/asilo, unter f).
23 
Auch wenn die Umsetzung des Programms im Fall seiner Genehmigung erst im letzten Quartal 2016 beginnen kann (vgl. Europäische Kommission: Asylum, Migration and Integration Fund (2014-2020) - 2015 Call for Proposal, Timetable [abrufbar unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/financing/fundings/migration-asylum-borders/asylum-migration-integration-fund/calls/2015/inte/index_en.htm] sowie Programma Nationale FAMI, a.a.O., Seite 23 [Calendario Indicativo]), belegt die Existenz spezieller Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer in der Vergangenheit sowie deren Planung für die Zukunft, dass Italien ein besonderes Augenmerk auf diesen Personenkreis gelegt hat bzw. weiterhin legt. Anhaltspunkte dafür, der Kläger werde bei Rücküberstellung nicht sofort Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung erfahren, gibt es nicht. Von zeitlichen Lücken bei der Unterbringung zwischen Einreichen eines Asylgesuchs und dessen formaler Registrierung wird zwar berichtet (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 62/63). Allerdings gibt es keine verlässlichen Hinweise darauf, dass es sich hierbei um ein weitverbreitetes Phänomen handelt. Dem AIDA-Report Dezember 2015 (Seite 67) ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Dublin-Rückkehrer gerade nicht zu entnehmen, dass seit Auslaufen der speziellen vorübergehenden Aufnahme seit Mitte 2015 dieser Personenkreis Schwierigkeiten bei der Unterbringung im regulären Aufnahmesystem hätte. Eine besondere Kennzeichnung wäre indessen im Fall einer problematischen Sachlage zu erwarten gewesen, da der Report (Seite 37) die Zahl der an Italien gerichteten Übernahmeersuchen mit 14.019 angibt. Es muss ferner berücksichtigt werden, dass es sich bei Personen wie dem Kläger bereits um Asylantragsteller handelt, deren im Mitgliedstaat Deutschland gestellter Asylantrag nunmehr gemäß Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO von Italien zu prüfen ist. Hinzu kommt ein weiteres: Beim Kläger handelt sich um eine erkrankte Person. Sowohl in der ersten als auch der zweiten Stufe des italienischen Aufnahmesystems wird diesem Umstand bei der Unterbringung aber Rechnung getragen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 61). Gemäß Art. 31 Dublin III-VO i.V.m. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 (Dublin-DVO) und dem für die Übermittlung von Daten verwendeten Standardformblatt (Anhang VI der Dublin-DVO) ist sichergestellt, dass Italien vom Gesundheitszustand des Klägers im Zuge der Überstellung erfährt. Die Dublin-Überstellung ist eine staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betroffenen in einen anderen Mitgliedstaat (BVerwG, Urt. v. 17.09.2015 – 1 C 26/14 –, Rn. 18 und 21, juris).
24 
Auch wenn der Kläger, wie er vorgetragen hat, die wenigen Tage seines Aufenthalts in Italien in einem Asylheim in Sizilien verbracht hat, ist schließlich hinreichend sicher auszuschließen, dass er wegen seiner Weiterwanderung nach Deutschland bei der künftigen Aufnahme/Unterbringung Nachteile zu gewärtigen hätte. Denn ein Asylgesuch bzw. einen Asylantrag hatte er zum damaligen Zeitpunkt nicht gestellt, so dass nicht von einem Fall ausgegangen werden kann, der im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) eine Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen nach sich zieht (vgl. zu solchen Fällen AIDA-Report Dezember 2015, Seite 74/75).
25 
Eine medizinische Versorgung des Klägers im Sinne von Art. 19 der Aufnahmerichtlinien ist schließlich in Italien gewährleistet (vgl. bereits für frühere Jahre: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 02.10.2013 – 3 L 643/12 –, Rn. 107 ff., juris; OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 182 ff., juris). Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Asylbewerber haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrags. Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu Leistungen wie u.a. freie Wahl eines Hausarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.) und kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. In den ersten 6 Monaten ihres Aufenthalts in Italien, in denen Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, sind sie arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr bezahlen. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sie sich offiziell arbeitslos melden, um diese Befreiung beibehalten zu können (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 83). Es steht ferner außer Frage, dass in Italien die Krankheit des Klägers, sollte sich hierzu akuter Bedarf ergeben, auch ausreichend behandelt werden kann. Der Kläger selbst hat nur behauptet, von Asylbewerbern sei ihm gesagt worden, seine Krankheit werde in Italien nicht behandelt. Entsprechendes ist ihm von öffentlichen Stellen nicht gesagt worden und träfe auch nicht zu. Der in der WHO-Reihe Health Systems in Transition (HiT) erschienene Bericht über das italienische Gesundheitssystem (HiT 2014, 16(4):1–168; abrufbar bei WHO: http://www.euro.who.int/en/countries/italy/publications3/italy-hit-2014) hebt den hohen medizinischen Standard (mit einer daraus folgenden, innerhalb der EU zweithöchsten Lebenserwartung) ebenso wie den Umstand hervor, dass die Gesundheitsleistungen in gleicher Weise Bürgern wie legalen/illegalen Einwanderern zur Verfügung stehen (Seiten 1, 10 und 90). Selbst wenn sich in Italien ein weitergehender Therapiebedarf mit – vorbehaltlich allerdings einer dann zur Verfügung stehenden günstigeren Therapie – den vom Universitätsklinikum angegebenen hohen Kosten ergeben sollte, kann nicht erkannt werden, dass dies dem Kläger verweigert würde. Der EuGH hat im Urteil vom 27.09.2012 (C-179/11 [Cimade] –, juris, Rn. 59 ff.) festgestellt, dass die mit der Gewährleistung der Mindestbedingungen nach der Aufnahmerichtlinie verbundenen finanziellen Belastungen durch den Mitgliedstaat zu tragen sind, den diese Verpflichtung mit Blick auf den Aufenthalt des Asylbewerbers trifft. Diese derzeit Deutschland treffende Verpflichtung würde mit der tatsächlichen Überstellung des Klägers enden und dann Italien treffen. Der EuGH hat ferner darauf hingewiesen, dass mit Blick auf mögliche finanzielle Lasten der Europäische Flüchtlingsfond (jetzt: dessen Nachfolger AMIF) aus diesem Grund vorsieht, dass den Mitgliedstaaten u.a. in Bezug auf Aufnahmebedingungen finanzielle Unterstützung angeboten werden kann.
26 
Einer individuellen Zusicherung Italiens, wie vom EGMR in der Entscheidung vom 04.11.2014 – 29217/12 [Tarakhel / Schweiz] –, in deutscher Übersetzung veröffentlicht in NVwZ 2015,127 ff.) gefordert, bedurfte es im Fall des Klägers nach Auffassung des Gerichts schließlich nicht (zu Fragen des Inhalts und des Zeitpunktes einer Zusicherung vgl. m.w.N. die Darstellung bei Hocks, Asylmagazin 2015, 5 [8 ff.]). Allerdings wär eine solche wohl kaum zu erwarten gewesen, da auch nach derzeitigem Kenntnisstand Italien keine solchen Zusicherungen mehr gibt (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.2015 – 12 K 7303/15.A –, Rn. 63 und 64, juris, unter Hinweis auf eine Auskunft der Liaison-Beamtin des Bundesamtes in Italien vom 13.04.2015; Hinweise darauf auch bereits bei BVerfG, Beschl. v. 22.07.2015 - 2 BvR 746/15 -, NVwZ 2015, 1286). Das Bundesamt war bereits mit gerichtlicher Aufforderung vom 31.07.2015 mit dieser Frage befasst worden, ohne allerdings - was für die obige Annahme sprechen dürfte – zu reagieren. So unterschied sich zum einen hinsichtlich der Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen die Sachlage bei Entscheidung des EGMR von derjenigen dieses Verfahrens. Der EGMR (a.a.O., Rn. 108-110) legte die in den Jahren 2011-2013 - gegenüber den oben unter aufgeführten: deutlich - geringeren Kapazitätszahlen zugrunde. Der Gerichtshof betonte immerhin schon im November 2014, dass die damalige allgemeine Situation von Asylsuchenden in Italien keineswegs mit jener in Griechenland, wie sie im Fall M.S.S./Belgien und Griechenland festgestellt worden sei, zu vergleichen sei. Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme in Italien allein verhinderten also nicht jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dieses Land. Aufgrund ernstlicher Zweifel an der Kapazität des Systems könne indessen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Zahl von Asylbewerbern keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht werde. Der besondere Schutz für Asylbewerber, die eine besonders benachteiligte und verwundbare Bevölkerungsgruppe seien, sei umso wichtiger, wenn die Betroffenen Kinder seien, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien (Rnr. 114-119). Die vom EGMR somit für maßgeblich erachtete extreme Verwundbarkeit eines Kindes (mit Blick auf die Gefahr einer Trennung von seinen Eltern und/oder die Gefahr der Anspannung und Angst mit besonders traumatisierenden Wirkungen für die Psyche) kennzeichnet den Fall des Klägers nicht. Das Gericht verkennt nicht, dass es sich beim Kläger nicht um eine gesunde Person handelt. Er hat in der mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass er, da er seit 6 bis 7 Monaten keine Medikamente mehr erhalte, ziemlich unerträgliche Schmerzen und Nasenbluten habe. Dass er hierdurch derart geschwächt wäre, dass er bei Rücküberstellung nach Italien dort einer erheblichen, durch materielle Aufnahmeleistungen nicht abwendbaren Gesundheitsverschlechterung unterworfen wäre, kann das Gericht aber nicht sehen. Hierbei muss beachtet werden, dass der Kläger aktuell in Deutschland mangels Kostenzusage nicht behandelt wird, was dafür spricht, dass sein Zustand keine akute Behandlungsbedürftigkeit i.S.v. § 4 AsylbLG (Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände) aufweist. Auch ist von Bedeutung, dass laut Anamnese vom April 2015, als er nach Italien und Deutschland kam, seine Krankheit bereits seit 4 Jahren diagnostiziert und in Pakistan behandelt worden war. Gleichwohl hat der die Reise nach Europa durchführen könne, was auch noch aktuell für eine ausreichende Belastbarkeit im Zuge einer Rücküberstellung spricht.
27 
2.) Auch die auf § 34a AsylG (zu dessen Unionsrechtskonformität vgl. BVerwG, Urt. v. 17.09.2015, a.a.O., Rn. 13 ff.) gestützte Abschiebungsanordnung (Ziff. 2 des Bundesamtsbescheids) ist schließlich rechtlich nicht zu beanstanden. In Fällen eines für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen anderen Staates i.S.v. § 27a AsylG darf die Abschiebung (nur) angeordnet werden, (wenn bzw.) sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Hierbei ist (inzident) auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 31.05.2011 – A 11 S 1523/11 –, Rn. 4, juris). Solche Hinderungsgründe für eine Abschiebung liegen hier nicht vor. Gemäß ärztlicher Bescheinigung vom 16.02.2016 des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) bedarf der Kläger einer antiviralen Therapie sowie halbjährlicher Kontrolluntersuchungen zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Eine solche Therapie ist noch nicht begonnen worden, so dass sich die Frage nicht stellt, ob ein bei Rücküberstellung nach Italien eintretender Abbruch bzw. eine Unterbrechung problematisch wäre. Weder unter diesem Gesichtspunkt noch mit Blick auf den aktuellen Zustand des Klägers, wie er ihn in der mündlichen Verhandlung geschildert hat, besteht bei ihm eine Reiseunfähigkeit. Nach dem bereits oben Dargelegten ist ferner davon auszugehen, dass die Erkrankung des Klägers in Italien behandelt werden und somit eine erhebliche Verschlimmerung im Sinne eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verhindert werden kann.
III.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG.

Gründe

 
I.
Soweit die Klage hinsichtlich des Verpflichtungsantrags zurückgenommen worden ist, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
10 
Hinsichtlich der Anfechtungsklage ist in der Sache zu entscheiden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Anschluss an die nunmehr vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums Freiburg vom 16.02.2016 erachtet das Gericht nicht für geboten. Denn der Kläger hat diese, wie von ihm im Termin vom 04.02.2016 angekündigt, in Erfüllung der vom Gericht bereits unter dem 31.07.2015 erfolgten Anforderung und zwecks Darstellung seines aktuellen Gesundheitszustands vorgelegt und die Beklagte ist auf diesen Gesichtspunkt des Verfahrens – trotz des Hinweises des Gerichts vom 31.07.2015 - nie eingegangen. Von einem bislang nicht erörterten bzw. nicht hervorgetretenen Gesichtspunkt, den das Gericht zur Grundlage seiner Entscheidung macht, ohne die Beteiligten hierzu zuvor gehört zu haben, kann folglich nicht die Rede sein. Auf die hieraus abgeleitete Rechtsauffassung und Würdigung des Prozessstoffs musste das Gericht nicht hinweisen, da die tatsächliche und rechtliche Würdigung sich erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (BVerwG, Beschl. v. 07.12.2015 – 1 B 66/15 –, Rn. 16, juris).
11 
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Bundesamts vom 08.06.2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
12 
1.) Die Republik Italien ist gemäß § 27a AsylG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der (gemäß ihrem Art. 49 Unterabs. 2 anzuwendenden) Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) für die weitere Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs.1 Satz 1 Dublin III-VO ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat. Ein solcher Fall liegt hier vor, da der Kläger, wie durch einen Eurodac-Treffer der Kategorie 2 bestätigt, als erstes ohne Aufenthaltstitel und damit illegal die Grenze zum EU-Mitgliedstaat Italien überschritten hat. Auch der Kläger selbst hat eingeräumt, in Italien gewesen zu sein, sich dort 5 bis 6 Tage in einem Asylheim in Sizilien aufgehalten zu haben, ohne aber einen Asylantrag zu stellen.
13 
a.) Ungeachtet dessen, dass sich der Kläger auf eine etwaige Verletzung von Verfahrensvorschriften jedenfalls bei Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaates nicht für eine Rechtsverletzung berufen könnte, ist diese für Italien anzunehmende Zuständigkeit auch nicht nachträglich entfallen. Das Bundesamt hat innerhalb der in Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin III-VO genannten Frist bereits am 27.02.2015 ein Aufnahmegesuch an Italien gerichtet. Italien hat hierauf nicht reagiert, sodass gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO seit Ablauf des 27.04.2015 davon auszugehen ist, dass es dem Aufnahmegesuch zugestimmt hat. Damit ist Italien zur Aufnahme des Klägers sowie dazu verpflichtet, angemessene Vorkehrungen für seine Ankunft zu treffen. Von dieser Aufnahmebereitschaft ist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiterhin auszugehen, so dass auch keine unzumutbare Verzögerung der Durchführung des Aufnahmeverfahrens (auf die sich der Kläger in Abwehr einer subjektiven Rechtsverletzung berufen könnte) eintreten wird. Denn die mit Eintritt der Zustimmungsfiktion am 28.04.2015 beginnende sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist aufgrund der mit Eilbeschluss vom 31.07.2015 erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gehemmt (zu dieser Wirkung vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2014 – A 11 S 1721/13 –, Rn. 33, juris) und folglich tatsächlich noch nicht abgelaufen (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Art. Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO). Von einer überlangen, eine Pflicht zum Selbsteintritt des ersuchenden Mitgliedstaats begründende Verfahrensdauer kann angesichts der etwas mehr als zwei Monate zwischen Asylantragstellung und (fingierter) Erteilung der Zustimmung zur Aufnahme nicht die Rede sein (in diesem Sinne sogar für elf Monate: BVerwG, Urt. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 –, Rn. 21, juris). Die Pflicht Italiens schließlich, nach Aufnahme des Klägers den von diesem gestellten Asylantrag zu prüfen, ergibt sich aus Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO.
14 
b.) Die vom Kläger eingewendeten Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, die eine Pflicht des BAMF bewirkten zu prüfen, ob statt Italiens ein anderer Mitgliedstatt zuständig ist bzw. - bei Verneinung - die Zuständigkeit Deutschlands begründeten, liegen nicht vor. Es erweist sich nicht als unmöglich, den Kläger nach Italien zu überstellen, da es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, dass die (im Fall Italiens allein zu untersuchenden) Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen. Eine solche Rechtsverletzung hätte vorausgesetzt, dass mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieser Grundrechte mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er als den nach der Dublin III-VO zuständigen Staat überstellt werden soll, während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Gesundheits-/Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. m.w.N. OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015 – 11 LB 248/14 –, Rn. 46, juris). Dies ist indessen zu verneinen.
15 
Italien hat zwar Probleme bei der lückenlosen Versorgung von Asylwerbern mit im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen. Das Land sah sich im Jahr 2015 mit einer hohen, gegenüber den Vorjahren noch einmal angestiegenen Zahl an Asylbewerbern konfrontiert. Eurostat gibt diesen Zustrom mit 84.085 Asylbewerbern und erstmaligen Asylbewerbern an (Quelle: Europäische Kommission > Eurostat > Statistik nach Themen > Asyl und gesteuerte Migration > Statistiken illustriert > Asylbewerber und erstmalige Asylbewerber [Zahlen dort für 2014: 64.625 und für 2013: 26.620]). Diese Zahl kann angesichts des auch im letzten Quartal 2015 anhaltenden Flüchtlingszustroms als verlässlich zugrundegelegt werden. Die mit 48.307 Asylantragstellern vom UNHCR aufgeführte Zahl (www.unhcr.org > Where We Work > Europe > Northern, Western, Central and Southern Europe > Italy > Statistical Snapshot) widerspricht dem nicht, da sie den Stand (nur von) Juni 2015 abbildet. Entsprechendes gilt für die mit 59.165 Antragstellern genannte Zahl im AIDA-Report vom Dezember 2015 des ECRE (European Council on Refugees and Exiles - Asylum Information Database, Country Report: Italy, Seite 6 [künftig aufgeführt als: AIDA-Report Dezember 2015]), die den Zeitraum (nur) von Januar bis September betrifft.
16 
Von einem systemischen Versagen im Hinblick auf das Aufnahmeverfahren ist indessen nicht auszugehen, da das Land in Reaktion auf diesen Zustrom nicht etwa untätig geblieben ist und bleibt, sondern Maßnahmen zur Problembewältigung ergriffen hat und weiterhin durchführt (vgl. bereits für die Zeitpunkte April und Juni 2015: OVG NRW, Urt. v. 24.04.2015 – 14 A 2356/12.A –, Rn. 41, juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.06.2015, a.a.O., Rn. 51 ff.). Die Aufnahmekapazitäten sind sukzessive und deutlich erhöht worden. Während Ende Februar 2015 in den Erstaufnahmezentren (CPSA, CARA/CDA) noch 9.504 Unterbringungsplätze vorhanden bzw. belegt waren (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 25.03.2015 an VG Schwerin; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin), stieg diese Zahl bis Mitte 2015 auf 12.000 Plätze an und soll im Laufe des Jahres 2016 auf zunächst 14.750 und sodann auf 15.550 Plätze ausgeweitet werden (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Entsprechendes gilt für die Anschlussunterbringung im SPRAR-System, dessen Kapazität von Ende Februar 2015 (20.596 Plätze - so Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) zunächst bis Ende Mai 2015 auf rund 21.449 Plätze ausgeweitet wurde, zu denen weitere 10.000 ausgeschriebene Plätze hinzukommen, um für das Jahr 2016 eine Anzahl von knapp 32.000 Plätzen zu erreichen (Borderline-Europe, Kurzinformation zur Situation von Geflüchteten in der Region Sizilien, Februar 2016, Seite 4; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 68). Was schließlich den Bereich der außerordentlichen Aufnahmezentren (Notfallzentren -CAS) angeht, betrug deren Kapazität Ende Februar 2015 etwa 37.000 Personen (Auswärtiges Amt und Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O.) und war bis Ende Juni 2015 auf rund 50.711 Personen angewachsen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 69). Borderline-Europe (a.a.O., Seite 4) berichtet unter Hinweis auf Angaben des italienischen Innenministeriums gar von 70.918 vorhandenen Plätzen in 3.090 Einrichtungen.
17 
Dass diese Verbesserungen nur vorübergehend wären und bei einer Prognose in Zukunft ein Rückschritt bzw. Verschlechterungen eintreten könnten, ist nicht zu erwarten. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass Italien (neben Griechenland) im Zeitraum von 2014 bis 2020 voraussichtlich weiterhin der wichtigste Begünstigte des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) sein wird (vgl. Beschluss (EU) 2015/1601 des Rates vom 22.09.2015 zur Einführung von vorläufigen Maßnahmen im Bereich des internationalen Schutzes zu Gunsten von Italien und Griechenland, Erwägungsgrund 15). In Erfüllung seiner aus dem vorgenannten Beschluss (dort Art. 8 Abs. 1 sowie Erwägungsgrund 18) resultierenden Verpflichtung, als Reaktion auf die Krisensituation einen soliden strategischen Rahmen zu schaffen und den bereits eingeleiteten Reformprozess in diesen Bereichen zu verstärken, um so zu einer strukturellen Lösung für die Bewältigung des außergewöhnlichen Drucks auf sein Asyl- und Migrationssystem zu gelangen, hat Italien am 28.09.2015 einen aktualisierten Fahrplan („Roadmap“) vorgelegt (in englischer Zusammenfassung und Kommentierung abgerufen bei www.statewatch.org). Darin werden die oben genannten Aufnahmekapazitäten auch von staatlicher italienischer Seite aufgeführt und im SPRAR-System mittelfristig für den Zeitraum 2016/2017 eine Aufnahmekapazität von mindestens 40.000 Plätzen ins Auge gefasst. Die Zahl der Ende September 2015 vorhandenen Unterbringungsplätze im CAS-System wird mit 68.093 angegeben.
18 
Angesichts dieser Zahlen sowie der im genannten Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 22.09.2015 und ferner in dessen vorangegangenem Beschluss (EU) 2015/1523 vom 14.09.2015 vorgesehenen Umsiedlung von mehreren Tausend Antragstellern aus Italien in das Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten (mit der dadurch eintretenden Entlastung zugleich des Aufnahmesystems) kann nicht von systemischen Mängeln ausgegangen werden.
19 
Relevant ist mit Blick auf die Situation in Fällen wie den des Klägers ferner die Frage der Aufnahme und Unterbringung von Dublin-Rückkehrern, die erkrankt sind. Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Aufnahme von Flüchtlingen sind diejenigen Umstände heranzuziehen, die auch auf die Situation des Klägers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Klägers auswirken können ( OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 130, juris).
20 
Beim Kläger handelt es sich darüber hinaus um eine chronisch erkrankte Person. Gemäß ärztlichen Bescheinigungen des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) vom 12.04.2015 und (aktualisiert) vom 16.02.2016 leidet der Kläger seit 2011 an einer bereits in Pakistan diagnostizierten (und behandelten) chronischen Hepatitis C-Virusinfektion und einer Thrombopenie 70000 und einer (in Deutschland diagnostizierten) Leberzirrhose Child A infolge der Virusinfektion. Die erforderliche Behandlung besteht in einer antiviralen Therapie sowie ferner halbjährlichen Kontrolluntersuchungen (Labor und Ultraschall) zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Die im Fall des Klägers indizierte Therapie über 24 Wochen mit interferonfreien Medikamenten besitzt eine Erfolgsaussicht betreffend die endgültige Ausheilung der Hepatitis C zwischen 60-90 % (zu dieser grundlegenden Umwälzung der Hepatitis-C-Therapie aufgrund direkt antiviral wirkender Substanzen mit der daraus resultierenden hocheffektiven Therapie vgl. auch: Robert Koch Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 30 vom 27.07.2015, 289 [298]). Die Kosten liegen bei 158.000 EUR. Neuere Therapieoptionen werden im Laufe des Jahres 2016 erwartet (12 Wochen Therapiedauer bei 89% Erfolgsaussicht der Virusausheilung) und sind voraussichtlich deutlich günstiger. Wird der Kläger nicht kurzfristig behandelt, sind keine Folgen zu erwarten (1-Jahres-Überlebensrate bei nahezu 100 %). Mittelfristig, im Bereich von Monaten bis wenigen Jahren, ist der Übergang in eine Leberzirrhose Child B-Stadium zu erwarten, was eine deutlich höhere Rate an Komplikationen der Leberzirrhose nach sich zieht (Ausbildung von Krampfadern der Speiseröhre mit eventuell drohender Blutung, Ausbildung von Bauchwasser, Gerinnungsstörungen, Störungen der Gedächtnisleistung). Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 85 %. Bleibt die Krankheit langfristig unbehandelt, ist mit einem weiteren Fortschreiten der Leberzirrhose in ein Child C-Stadium zu rechnen mit Dekompensation der Leberzirrhose und dem zusätzlichen Risiko eines Leberzellkrebses. Die 1-Jahres-Überlebensrate liegt hier bei 35 %, so dass die langfristigen Überlebenschancen ohne Therapie der Hepatitis C schlecht sind.
21 
Für die anzustellende Prognose ist davon auszugehen, dass der Kläger bei seiner (unterstellten) Ankunft in Italien einen Asylantrag stellt (bzw., da in Deutschland bereits gestellt, dort formal nach italienischen Bestimmungen registrieren lässt und aufrechterhält) und die dort zur Verfügung stehenden Angebote der (medizinischen) Versorgung im Rahmen des Möglichen tatsächlich nutzt (OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.). Systemische Mängel bei der Aufnahme von Dublin-Rückkehrern sowie in der medizinischen Versorgung kranker Asylantragsteller, welche beachtlich wahrscheinlich eine Gefahr für den Kläger begründen könnten, sind danach zu verneinen:
22 
Dublin-Rückkehrer, die - wie der Kläger - während ihres Aufenthalts in bzw. ihrer Durchreise durch Italien kein Asylgesuch gestellt haben, können den Antrag auf internationalen Schutz dort unter regulären Bedingungen stellen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 40). Das Hauptproblem für sie besteht in der Aufnahme bzw. Unterbringung, wenn sich hier Verzögerungszeiten ergeben, während der eine Versorgung mit materiellen Leistungen möglicherweise nicht gewährleistet ist. Gerade hier waren in den letzten Jahren allerdings Aufnahmesysteme eingerichtet worden, um Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterzubringen, bis ihre Verfahrenssituation geklärt oder - im Fall vulnerabler Personen - eine alternative Unterbringung gefunden war. Bis Mitte 2015 waren auf diese Art mit finanzieller Hilfe des Europäischen Flüchtlingsfonds (ERF) 11 Zentren für die Aufnahme von Dublin-Rückkehrern tätig, von denen 7 auf vulnerable Person spezialisiert waren. Diese Zentren in Rom (3), der Provinz Mailand (3), Venedig (2), Bologna (2) und Bari (1) konnten 443 Dublin-Rückkehrer vorübergehend unterbringen (AIDA-Report Januar 2015, Seite 31; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 63/64). Seit Juni 2015, dem Ende der ERF-Förderung, werden Dublin-Rückkehrer im regulären Aufnahmesystem untergebracht: Allerdings ist vorgesehen, mit Unterstützung des durch die Verordnung (EU) 516/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 eingerichteten (sich an den ERRF anschließenden) Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) erneut für eine spezielle Unterbringung dieses Personenkreises zu sorgen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 67). Das von Italien gemäß Art. 14 der Verordnung (EU) 514/2014 für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.12.2020 vorgeschlagene und von der EU-Kommission noch zu genehmigende nationale Programm (Programma Nazionale FAMI - abrufbar unter https://ec.europa.eu/migrant-integration/news/italy-amif-call-for-proposals-now-published?lang=de) sieht erneut Maßnahmen zur Gewährleistung der Aufnahme von und Unterstützungsleistungen für Personen vor, die in Anwendung der Dublin III-VO überstellt werden (Seite 9: Obiettivo specifico - Asilo, unter f) sowie die Verstärkung der Aufnahmedienste, die Unterstützung und räumliche Orientierung solcher Personen (Seite 10: Obiettivo nazionale - Accoglienza/asilo, unter f).
23 
Auch wenn die Umsetzung des Programms im Fall seiner Genehmigung erst im letzten Quartal 2016 beginnen kann (vgl. Europäische Kommission: Asylum, Migration and Integration Fund (2014-2020) - 2015 Call for Proposal, Timetable [abrufbar unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/financing/fundings/migration-asylum-borders/asylum-migration-integration-fund/calls/2015/inte/index_en.htm] sowie Programma Nationale FAMI, a.a.O., Seite 23 [Calendario Indicativo]), belegt die Existenz spezieller Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer in der Vergangenheit sowie deren Planung für die Zukunft, dass Italien ein besonderes Augenmerk auf diesen Personenkreis gelegt hat bzw. weiterhin legt. Anhaltspunkte dafür, der Kläger werde bei Rücküberstellung nicht sofort Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung erfahren, gibt es nicht. Von zeitlichen Lücken bei der Unterbringung zwischen Einreichen eines Asylgesuchs und dessen formaler Registrierung wird zwar berichtet (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 23.04.2015 an VG Schwerin; AIDA-Report Dezember 2015, Seite 62/63). Allerdings gibt es keine verlässlichen Hinweise darauf, dass es sich hierbei um ein weitverbreitetes Phänomen handelt. Dem AIDA-Report Dezember 2015 (Seite 67) ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Dublin-Rückkehrer gerade nicht zu entnehmen, dass seit Auslaufen der speziellen vorübergehenden Aufnahme seit Mitte 2015 dieser Personenkreis Schwierigkeiten bei der Unterbringung im regulären Aufnahmesystem hätte. Eine besondere Kennzeichnung wäre indessen im Fall einer problematischen Sachlage zu erwarten gewesen, da der Report (Seite 37) die Zahl der an Italien gerichteten Übernahmeersuchen mit 14.019 angibt. Es muss ferner berücksichtigt werden, dass es sich bei Personen wie dem Kläger bereits um Asylantragsteller handelt, deren im Mitgliedstaat Deutschland gestellter Asylantrag nunmehr gemäß Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO von Italien zu prüfen ist. Hinzu kommt ein weiteres: Beim Kläger handelt sich um eine erkrankte Person. Sowohl in der ersten als auch der zweiten Stufe des italienischen Aufnahmesystems wird diesem Umstand bei der Unterbringung aber Rechnung getragen (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 61). Gemäß Art. 31 Dublin III-VO i.V.m. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 (Dublin-DVO) und dem für die Übermittlung von Daten verwendeten Standardformblatt (Anhang VI der Dublin-DVO) ist sichergestellt, dass Italien vom Gesundheitszustand des Klägers im Zuge der Überstellung erfährt. Die Dublin-Überstellung ist eine staatlich überwachte und organisierte Ausreise des Betroffenen in einen anderen Mitgliedstaat (BVerwG, Urt. v. 17.09.2015 – 1 C 26/14 –, Rn. 18 und 21, juris).
24 
Auch wenn der Kläger, wie er vorgetragen hat, die wenigen Tage seines Aufenthalts in Italien in einem Asylheim in Sizilien verbracht hat, ist schließlich hinreichend sicher auszuschließen, dass er wegen seiner Weiterwanderung nach Deutschland bei der künftigen Aufnahme/Unterbringung Nachteile zu gewärtigen hätte. Denn ein Asylgesuch bzw. einen Asylantrag hatte er zum damaligen Zeitpunkt nicht gestellt, so dass nicht von einem Fall ausgegangen werden kann, der im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie) eine Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen nach sich zieht (vgl. zu solchen Fällen AIDA-Report Dezember 2015, Seite 74/75).
25 
Eine medizinische Versorgung des Klägers im Sinne von Art. 19 der Aufnahmerichtlinien ist schließlich in Italien gewährleistet (vgl. bereits für frühere Jahre: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 02.10.2013 – 3 L 643/12 –, Rn. 107 ff., juris; OVG NRW, Urt. v. 07.03.2014 – 1 A 21/12.A –, Rn. 182 ff., juris). Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Asylbewerber haben dieses Recht ab Registrierung ihres Asylantrags. Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu Leistungen wie u.a. freie Wahl eines Hausarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.) und kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern. In den ersten 6 Monaten ihres Aufenthalts in Italien, in denen Asylbewerber nicht arbeiten dürfen, sind sie arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr bezahlen. Nach Ablauf der ersten 6 Monate müssen sie sich offiziell arbeitslos melden, um diese Befreiung beibehalten zu können (AIDA-Report Dezember 2015, Seite 83). Es steht ferner außer Frage, dass in Italien die Krankheit des Klägers, sollte sich hierzu akuter Bedarf ergeben, auch ausreichend behandelt werden kann. Der Kläger selbst hat nur behauptet, von Asylbewerbern sei ihm gesagt worden, seine Krankheit werde in Italien nicht behandelt. Entsprechendes ist ihm von öffentlichen Stellen nicht gesagt worden und träfe auch nicht zu. Der in der WHO-Reihe Health Systems in Transition (HiT) erschienene Bericht über das italienische Gesundheitssystem (HiT 2014, 16(4):1–168; abrufbar bei WHO: http://www.euro.who.int/en/countries/italy/publications3/italy-hit-2014) hebt den hohen medizinischen Standard (mit einer daraus folgenden, innerhalb der EU zweithöchsten Lebenserwartung) ebenso wie den Umstand hervor, dass die Gesundheitsleistungen in gleicher Weise Bürgern wie legalen/illegalen Einwanderern zur Verfügung stehen (Seiten 1, 10 und 90). Selbst wenn sich in Italien ein weitergehender Therapiebedarf mit – vorbehaltlich allerdings einer dann zur Verfügung stehenden günstigeren Therapie – den vom Universitätsklinikum angegebenen hohen Kosten ergeben sollte, kann nicht erkannt werden, dass dies dem Kläger verweigert würde. Der EuGH hat im Urteil vom 27.09.2012 (C-179/11 [Cimade] –, juris, Rn. 59 ff.) festgestellt, dass die mit der Gewährleistung der Mindestbedingungen nach der Aufnahmerichtlinie verbundenen finanziellen Belastungen durch den Mitgliedstaat zu tragen sind, den diese Verpflichtung mit Blick auf den Aufenthalt des Asylbewerbers trifft. Diese derzeit Deutschland treffende Verpflichtung würde mit der tatsächlichen Überstellung des Klägers enden und dann Italien treffen. Der EuGH hat ferner darauf hingewiesen, dass mit Blick auf mögliche finanzielle Lasten der Europäische Flüchtlingsfond (jetzt: dessen Nachfolger AMIF) aus diesem Grund vorsieht, dass den Mitgliedstaaten u.a. in Bezug auf Aufnahmebedingungen finanzielle Unterstützung angeboten werden kann.
26 
Einer individuellen Zusicherung Italiens, wie vom EGMR in der Entscheidung vom 04.11.2014 – 29217/12 [Tarakhel / Schweiz] –, in deutscher Übersetzung veröffentlicht in NVwZ 2015,127 ff.) gefordert, bedurfte es im Fall des Klägers nach Auffassung des Gerichts schließlich nicht (zu Fragen des Inhalts und des Zeitpunktes einer Zusicherung vgl. m.w.N. die Darstellung bei Hocks, Asylmagazin 2015, 5 [8 ff.]). Allerdings wär eine solche wohl kaum zu erwarten gewesen, da auch nach derzeitigem Kenntnisstand Italien keine solchen Zusicherungen mehr gibt (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.2015 – 12 K 7303/15.A –, Rn. 63 und 64, juris, unter Hinweis auf eine Auskunft der Liaison-Beamtin des Bundesamtes in Italien vom 13.04.2015; Hinweise darauf auch bereits bei BVerfG, Beschl. v. 22.07.2015 - 2 BvR 746/15 -, NVwZ 2015, 1286). Das Bundesamt war bereits mit gerichtlicher Aufforderung vom 31.07.2015 mit dieser Frage befasst worden, ohne allerdings - was für die obige Annahme sprechen dürfte – zu reagieren. So unterschied sich zum einen hinsichtlich der Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen die Sachlage bei Entscheidung des EGMR von derjenigen dieses Verfahrens. Der EGMR (a.a.O., Rn. 108-110) legte die in den Jahren 2011-2013 - gegenüber den oben unter aufgeführten: deutlich - geringeren Kapazitätszahlen zugrunde. Der Gerichtshof betonte immerhin schon im November 2014, dass die damalige allgemeine Situation von Asylsuchenden in Italien keineswegs mit jener in Griechenland, wie sie im Fall M.S.S./Belgien und Griechenland festgestellt worden sei, zu vergleichen sei. Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme in Italien allein verhinderten also nicht jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dieses Land. Aufgrund ernstlicher Zweifel an der Kapazität des Systems könne indessen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Zahl von Asylbewerbern keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht werde. Der besondere Schutz für Asylbewerber, die eine besonders benachteiligte und verwundbare Bevölkerungsgruppe seien, sei umso wichtiger, wenn die Betroffenen Kinder seien, weil sie besondere Bedürfnisse hätten und extrem verwundbar seien (Rnr. 114-119). Die vom EGMR somit für maßgeblich erachtete extreme Verwundbarkeit eines Kindes (mit Blick auf die Gefahr einer Trennung von seinen Eltern und/oder die Gefahr der Anspannung und Angst mit besonders traumatisierenden Wirkungen für die Psyche) kennzeichnet den Fall des Klägers nicht. Das Gericht verkennt nicht, dass es sich beim Kläger nicht um eine gesunde Person handelt. Er hat in der mündlichen Verhandlung auch darauf hingewiesen, dass er, da er seit 6 bis 7 Monaten keine Medikamente mehr erhalte, ziemlich unerträgliche Schmerzen und Nasenbluten habe. Dass er hierdurch derart geschwächt wäre, dass er bei Rücküberstellung nach Italien dort einer erheblichen, durch materielle Aufnahmeleistungen nicht abwendbaren Gesundheitsverschlechterung unterworfen wäre, kann das Gericht aber nicht sehen. Hierbei muss beachtet werden, dass der Kläger aktuell in Deutschland mangels Kostenzusage nicht behandelt wird, was dafür spricht, dass sein Zustand keine akute Behandlungsbedürftigkeit i.S.v. § 4 AsylbLG (Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände) aufweist. Auch ist von Bedeutung, dass laut Anamnese vom April 2015, als er nach Italien und Deutschland kam, seine Krankheit bereits seit 4 Jahren diagnostiziert und in Pakistan behandelt worden war. Gleichwohl hat der die Reise nach Europa durchführen könne, was auch noch aktuell für eine ausreichende Belastbarkeit im Zuge einer Rücküberstellung spricht.
27 
2.) Auch die auf § 34a AsylG (zu dessen Unionsrechtskonformität vgl. BVerwG, Urt. v. 17.09.2015, a.a.O., Rn. 13 ff.) gestützte Abschiebungsanordnung (Ziff. 2 des Bundesamtsbescheids) ist schließlich rechtlich nicht zu beanstanden. In Fällen eines für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen anderen Staates i.S.v. § 27a AsylG darf die Abschiebung (nur) angeordnet werden, (wenn bzw.) sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Hierbei ist (inzident) auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 31.05.2011 – A 11 S 1523/11 –, Rn. 4, juris). Solche Hinderungsgründe für eine Abschiebung liegen hier nicht vor. Gemäß ärztlicher Bescheinigung vom 16.02.2016 des Universitätsklinikums Freiburg (Leberzentrum) bedarf der Kläger einer antiviralen Therapie sowie halbjährlicher Kontrolluntersuchungen zur Früherkennung eines Leberzellkarzinoms. Eine solche Therapie ist noch nicht begonnen worden, so dass sich die Frage nicht stellt, ob ein bei Rücküberstellung nach Italien eintretender Abbruch bzw. eine Unterbrechung problematisch wäre. Weder unter diesem Gesichtspunkt noch mit Blick auf den aktuellen Zustand des Klägers, wie er ihn in der mündlichen Verhandlung geschildert hat, besteht bei ihm eine Reiseunfähigkeit. Nach dem bereits oben Dargelegten ist ferner davon auszugehen, dass die Erkrankung des Klägers in Italien behandelt werden und somit eine erhebliche Verschlimmerung im Sinne eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verhindert werden kann.
III.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung seiner Überstellung nach Österreich im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Der am ... geborene Kläger ist nach eigenen Angaben irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und yezidischer Religionszugehörigkeit. Eigenen Angaben zufolge reiste er am 30. Dezember 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am 4. März 2015 einen Asylantrag.

Ein Abgleich der Fingerabdrücke des Klägers am 6. März 2015 ergab einen EURODAC-Treffer (Nr. AT1...) für Österreich. Am 30. April 2015 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Übernahmeersuchen an Österreich, welches von den österreichischen Behörden mit Schreiben vom 5. Mai 2015 zunächst abgelehnt wurde. Auf die Remonstration des Bundesamts hin erklärten sich die österreichischen Behörden mit Schreiben vom 28. Mai 2015 mit der Wiederaufnahme des Klägers gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO einverstanden.

Mit Schreiben vom ... Juni 2015 zeigten die Bevollmächtigten des Klägers dessen Vertretung an und übersandten mit Schreiben vom 2. Juli 2015 ein ärztliches Attest von Dr. med. ..., Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 14. Januar 2015, wonach beim Kläger die Erkrankungen posttraumatische Belastungsstörung, Schlafstörungen, Angstreaktion, Alptraum, Polyarthralgie, Z.n. Kreislaufkollaps und Schwindelattacke feststellbar seien. Der Kläger sei physisch und psychisch krank. Er benötige dafür unbedingt die familiäre Unterstützung der in ... lebenden Brüder. Hinzukomme, dass er kein deutsch spreche und somit auf die Hilfe seiner deutsch sprechenden Familienangehörigen angewiesen sei. Ein Umzug bzw. Bleiben in ... sei zum Wohle des Klägers dringend zu empfehlen.

Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 27. Juli 2015 erklärte der Kläger, er habe sein Herkunftsland im November 2014 verlassen. Von dort sei er in die Türkei geflohen und anschließend über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. In Österreich seien ihm am 21. Dezember 2014 die Fingerabdrücke abgenommen worden. Ein Aufenthaltsdokument für die Bundesrepublik Deutschland oder einen anderen Mitgliedstaat besitze er nicht. Internationalen Schutz habe er noch in keinem anderen Mitgliedstaat beantragt. Vier Onkel und fünf Brüder lebten in Deutschland. Auf die Unterstützung seiner Familienangehörigen sei er nicht angewiesen. Auch seine Familienangehörigen seien nicht auf seine Hilfe angewiesen.

Bei seiner Zweitbefragung am selben Tag gab er des Weiteren an, unter psychischen Problemen zu leiden. Zudem habe er Magen-Darm-Probleme sowie Probleme mit den Nieren und der Haut. Aufgrund seines ungeklärten Aufenthalts befinde er sich deswegen noch nicht in ärztlicher Behandlung. Über seine psychischen Probleme liege ihm ein ärztliches Attest vom 14. Januar 2015 vor. Er müsse die Medikamente IbuHexal 600 mg und Pantoprazol-Actavis 10 mg zu sich nehmen. Nach Österreich wolle er nicht rücküberstellt werde, da seine Brüder und Onkel in Deutschland lebten und er krank sei.

Mit Bescheid vom 31. August 2015, den Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 8. September 2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach Österreich an (Nr. 2 des Bescheides). Des Weiteren wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 0 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 3 des Bescheids).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da Österreich aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Auch die Einwände im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 27. Juli 2015, wonach seine Onkel und Brüder in Deutschland lebten und er unter psychischen Problemen leide sowie Probleme mit dem Magen-Darm, den Nieren und mit der Haut habe, könnten nicht dazu führen. Der Kläger sei eigenen Angaben zufolge volljährig, unverheiratet und kinderlos. Inwieweit besagte Verwandte daher Familienangehörige im Sinne der Dublin-Verordnung darstellen könnten, sei nicht erkennbar. Das von der Bevollmächtigten eingereichte ärztliche Attest vom 14. Januar 2015 sei von keinem Facharzt für Psychologie oder ähnlicher Qualifikation ausgefertigt worden. Zudem sei in diesem Attest weder eine Aussage zur Reisefähigkeit des Klägers noch zu den Behandlungsmöglichkeiten in Österreich getroffen worden. Dem Bundesamt lägen auch keine Informationen vor, aus denen hervorginge, dass die angegebenen Erkrankungen des Klägers in Österreich nicht behandelbar seien. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland materiell nicht geprüft. Die Anordnung der Abschiebung nach Österreich beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Das Bundesamt müsse des Weiteren das Einreiseverbot gemäß § 75 Ziff. 12 AufenthG im Fall einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG befristen. Die Festsetzung der Befristung des Einreiseverbots auf 0 Monate sei erfolgt, weil es in dem neuen Aufenthaltsgesetz vom 1. August 2015 keine Übergangsregelung für Altfälle gebe, in denen eine Gewährung rechtlichen Gehörs zur Befristung noch nicht erfolgt sei. Die notwendige nachträgliche Gehörsgewährung vor Festsetzung der Frist würde aus Zeitgründen die Einhaltung der Überstellungsfrist von sechs Monaten nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO gefährden und hätte deshalb unterbleiben müssen.

Hiergegen hat der Kläger mit Telefax seiner Bevollmächtigten vom ... September 2015, bei Gericht am selben Tag eingegangen, Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,

1. den Bescheid vom 31. August 2016 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verpflichten, ein Asylverfahren durchzuführen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Bescheid der Beklagten rechtswidrig sei. Es lägen außergewöhnliche, humanitäre Gründe vor, die einen Selbsteintritt rechtfertigten oder jedenfalls eine weitere Prüfung hinsichtlich des Selbsteintrittsrechts veranlasst hätten. Der Kläger habe bereits ein ärztliches Attest vorgelegt, aus dem sich ergebe, dass er unter anderem an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Es sei gerichtsbekannt, dass gerade traumatisierte Personen Halt im Familienkreis fänden. Die Brüder des Klägers lebten in Deutschland.

Ein gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wurde mit Beschluss des Gerichts vom 29. Januar 2016 (Az.: M 12 S 15.50794) abgelehnt. Der Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 6. Februar 2016 und dem Bundesamt am 17. Februar 2016 zugestellt.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 16. September 2015 die Behördenakte vor. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Schreiben vom ... September 2015 legten die Bevollmächtigen des Klägers zwei weitere ärztliche Atteste vor. Dem Attest von ..., Praktischer Arzt, vom 16. September 2015 lässt sich entnehmen, dass die Mutter des Klägers ebenfalls geflüchtet sei und seit kurzem bei ihrem Sohn ... in ... lebe. Der Kläger fühle sich bei seiner Familie geschützt und unterstützt. Er habe so viel Schlimmes erlebt; eine Rückführung nach Österreich sei aus ärztlicher Sicht unverantwortbar, eine weitere gesundheitliche Verschlechterung müsse verhindert werden. Die Verlegung des Aufenthalts des Klägers zu seinem Bruder und seiner Mutter werde dringend empfohlen. Diagnostiziert wurden von dem behandelnden Arzt eine massive posttraumatische Belastungsstörung, Angst- und Erregungszustände, Schlafstörung, BWS-Syndrom, unklarer Oberbauch und Analschmerz.

Dem fachärztlichen Attest von Dr. med. ..., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, vom 17. September 2015 zufolge sei der Kläger durch ein traumatisches Ereignis im Irak sehr belastet. Seither leide er insbesondere an nächtlichen Panikattacken. Diese hätten sich durch die Unterstützung der Familie in Deutschland deutlich gebessert. Die Familie biete ihm diesbezüglich große Unterstützung, indem es zu beruhigenden Worte komme. Eine psychiatrische Behandlung mittels Psychopharmaka oder psychotherapeutischen Verfahren sei bislang noch nicht erfolgt, da die Familie als große Stütze diene. Der Kläger solle nun nach Österreich zurückgeführt werden. Seither seien die nächtlichen Panikattacken exazerbiert. Die Familie habe kaum mehr eine Chance, Zugang zu ihm zu bekommen. Er fühle sich alleine, habe große Ängste, grüble viel und komme nicht mehr zu Ruhe. Eine Überführung des Klägers nach Österreich sei aus fachärztlicher neurologischer Sicht als äußerst problematisch einzustufen. Durch die Trennung des Klägers von seiner Familie sei eine weitere Verschlechterung des psychopathologischen Befundes offensichtlich. Aus fachärztlicher Sicht sei dringend eine Familienzusammenführung anzuraten. In einem weiteren Schritt solle dann eine regelmäßige psychiatrische psychotherapeutische Vorstellung erfolgen, um die traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten. Unterzeichnet wurde das Attest von Dr. S. ...

Mit Schreiben vom ... Dezember 2015 verwiesen die Bevollmächtigten des Klägers auf den Ablauf der Überstellungsfrist zum 28. November 2015.

Am ... Februar 2016 teilten die Bevollmächtigten des Klägers des Weiteren mit, dass die Ehefrau des Klägers, Frau ... (geb. am ...) nunmehr in das Bundesgebiet eingereist sei und hier um Asyl nachgesucht habe.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 26. April 2016 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Die Klagepartei hat mit Schreiben vom ... April 2016 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, die Beklagte mit genereller Prozesserklärung vom 25. Februar 2016.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren sowie in dem Verfahren M 12 S 15.50794 und die vorgelegte Behördenakte des Bundesamts Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten - der Kläger durch Erklärung seiner Bevollmächtigten vom ... April 2016 und die Beklagte durch die allgemeine Prozesserklärung - hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat seine Beteiligung in den Schreiben vom 11. und 18. Mai 2015 ausdrücklich auf die Übersendung der jeweiligen End- bzw. Letztentscheidung beschränkt.

Die Klage ist nur zum Teil zulässig (1.). Soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet (2.).

1. Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie sich gegen das in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides vom 31. August 2015 enthaltene und auf der Grundlage von § 11 AufenthG erlassene Einreise - und Aufenthaltsverbot richtet. Denn die hier vom Bundesamt gewählte Befristung des Einreise - und Aufenthaltsverbots auf 0 Monate beinhaltet schon keine rechtliche Beschwer und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Unzulässig ist die Klage auch hinsichtlich des Klageantrags zu 2., mit dem der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ein Asylverfahren durchzuführen.

Nach gefestigter höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung ist statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 27a des Asylgesetzes (AsylG; vormals: AsylVfG) allein die Anfechtungsklage (BVerwG, U. v. 27.10.2015 - 1 C 32.14 - juris Rn. 13 ff.; BayVGH, B. v. 20.5.2015 - 11 ZB 14.50036 - juris Rn. 11; BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 8 ff.; OVG RhPf, U. v. 5.8.2015 - 1 A 11020/14 - juris Rn. 19; OVG NRW, B. v.16.6.2015 - 13 A 221/15.A - juris Rn. 16 ff.; VGH BW, U. v. 29.4.2015 - A 11 S 121/15 - juris Rn. 35 ff.). Diese gewährt den erforderlichen wie auch ausreichenden Rechtschutz: Nach Aufhebung des auf § 27a AsylG gestützten Bescheids hat die Beklagte eine inhaltliche Überprüfung des Asylantrags vorzunehmen, ohne dass es hierzu einer gesonderten Verpflichtung der Beklagten bedürfte. Denn auch insofern lebt nach erfolgreicher gerichtlicher Anfechtungsklage des „Dublin-Bescheids“ die gesetzliche Verpflichtung des Bundesamts zur Sachprüfung aus § 31 Abs. 2 und Abs. 3 AsylG automatisch wieder auf. Da grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass die Beklagte ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommt, bedarf es demzufolge auch dahingehend keines Verpflichtungsantrags auf Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland (OVG Magdeburg, U. v. 02.10.2013 - 3 L 643/12 - juris Rn. 22; VG München, U. v. 9.5.2014 - M 21 K 14.30300). Nach Abschluss dieser Prüfung hat die Beklagte eine inhaltliche Entscheidung über das Asylbegehren zu treffen. Im Falle einer negativen Entscheidung kann Verpflichtungsklage auf Statuszuerkennung erhoben werden.

2. Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 31. August 2015 erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

2.1. Die Beklagte hat den Asylantrag des Klägers vom 4. März 2015 in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides vom 31. August 2015 zu Recht als unzulässig abgelehnt.

2.1.1. Gemäß § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Das Bundesamt kann in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im Fall des Klägers ist Österreich aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union i. S. v. § 27a AsylG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Diese findet gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO auf alle in der Bundesrepublik ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, also auch auf das am 4. März 2015 gestellte Schutzgesuch des Klägers.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist vorliegend Österreich für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Ausgehend vom Vortrag des Klägers hat er im November 2014 sein Herkunftsland verlassen und ist über Österreich nach Deutschland eingereist. Nach den Angaben der österreichischen Behörden hat er am 21. Dezember 2014 in Österreich einen Asylantrag gestellt. Dies wird bestätigt durch den bei einer EURODAC-Abfrage für den Kläger erzielten Treffer mit der Kennzeichnung „AT1“ (vgl. Art. 24 Abs. 4 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26. Juni 2013 (EURODAC-VO)). Anhaltspunkte dafür, dass diese Daten unzutreffend sind, bestehen nicht, zumal nach Art. 23 Abs. 1 lit. c) EURODAC-VO eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr der Mitgliedstaaten bezüglich der erhobenen und übermittelten Daten besteht. Die Zuständigkeit Österreichs ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen, da zum Zeitpunkt der erstmaligen Asylantragstellung in Österreich am 21. Dezember 2014 (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) der illegale Grenzübertritt noch nicht länger als zwölf Monate zurücklag. Damit ist Österreich gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO verpflichtet, den Kläger nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 Dublin III-VO wieder aufzunehmen.

2.1.2. Die gegenüber Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO vorrangigen Zuständigkeitsbestimmungen der Art. 9, 10 und 11 Dublin III-VO kommen im Fall des Klägers nicht zur Anwendung. Diese beinhalten besondere Zuständigkeitsregelungen, die dem Schutz der familiären Beziehungen zwischen minderjährigen Kindern, ihren Eltern und Geschwistern dienen. Nach der bindenden Definition in Art. 2 g) Dublin III-VO zählen jedoch weder die Mutter des Klägers noch seine Geschwister zum Personenkreis der Familienangehörigen im Sinne der Verordnung, da der am... geborenen Kläger nicht mehr minderjährig (vgl. Art. 2 i) Dublin III-VO) und seinen zuletzt gemachten Angaben zufolge auch verheiratet ist.

Auch der Umstand, dass nach den Angaben des Klägers inzwischen seine Ehefrau in das Bundesgebiet eingereist ist und hier um Asyl nachgesucht hat, kann vorliegend nicht zur Anwendung der Zuständigkeitsregelung des Art. 10 Dublin III-VO führen. Zwar handelt es sich bei der Ehefrau des Klägers um eine Familienangehörige im Sinne von Art. 2 g) Dublin III-VO, über deren Asylgesuch noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist; im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 Dublin III-VO (vgl. Anmerkung in der deutschen Sprachfassung: „richtig wohl: 16“; in der englischen Sprachfassung: „criteria refered to in Articles 8, 10 and 16“, in der französischen Sprachfassung: „les critères visés aux articles 8, 10 et 16“) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 7 Abs. 3 Dublin III-VO jedoch nur solche Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, die vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 Dublin III-VO stattgegeben hat und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Entscheidung in der Sache ergangen ist. Danach kommt die Zuständigkeitsregelung des Art. 10 Dublin III-VO hier nicht zum Tragen. Denn dass er verheiratet ist und seine Ehefrau im Bundesgebiet um Asyl nachgesucht hat, hat der Kläger vorliegend erst zu einem Zeitpunkt geltend gemacht, als die österreichischen Behörden bereits ihre Bereitschaft, den Kläger wiederaufzunehmen, erklärt hatten.

2.1.3. Die Zuständigkeit Österreichs ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Insbesondere wurde das Gesuch um Wiederaufnahme des Klägers innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung der EURODAC-Treffermeldung an Österreich gerichtet (Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO). Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich auch auf Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO keine Zuständigkeit der Beklagten. Gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO hat die Überstellung des Asylantragstellers vom ersuchenden Staat in den ersuchten Staat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese nach Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat, zu erfolgen. Ein Rechtsbehelf bzw. eine Überprüfung mit aufschiebender Wirkung im unionsrechtlichen Sinne der Verordnung liegt nach Art. 27 Abs. 3 lit. c Dublin III-Verordnung dann vor, wenn der Asylantragsteller bei einem Gericht innerhalb einer angemessenen Frist eine Aussetzung der Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung beantragen kann. Der deutsche Gesetzgeber hat diesbezüglich in § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG geregelt, dass die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung eines Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung über diesen Antrag nicht zulässig ist. Dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt damit aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO zu. Leitet der Asylantragsteller ein solches Verfahren ein, so beginnt die Überstellungsfrist daher nicht bereits mit dem Zugang der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat zu laufen, sondern nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-Verordnung erst mit der Bekanntgabe der endgültigen Entscheidung über den auf § 34a Abs. 2 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO gestützten Eilantrag (vgl. VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 18; Sächs. OVG, B. v. 5.10.2015 - 5 B 259/15.A - juris; VG Aachen, U. v. 19.8.2015 - 6 K 2553/14.A - juris; VG Düsseldorf, B. v. 29.12.2014 - 23 L 3127/14.A - juris; VG Karlsruhe, B. v. 30.11.2014 - A 5 K 2026/14 - juris; Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kommentar, Stand: 1. 2. 2014, Art. 29 Anm. K4 und K7 ). Hiervon ausgehend ist die sechsmonatige Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen, da der Beschluss vom 29. Januar 2016, mit dem der Antrag des Klägers nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt wurde, seiner Bevollmächtigten am 6. Februar 2016 und dem Bundesamt am 17. Februar 2016 zugestellt wurde.

2.1.4. Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 UnterAbs. 2 Dublin III-VO begründen würden, liegen nicht vor. Insbesondere kann der Kläger einer Überstellung nach Österreich auch nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Österreich systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Österreich unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO).

Das gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - finden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris). Daraus ist die Vermutung abzuleiten, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O., juris Rn. 80).

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 - juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011, a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVwerG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w.N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

In Bezug auf Österreich ist nach aktuellem Kenntnisstand nicht davon auszugehen, dass dem Kläger im Falle seiner Rücküberstellung in dieses Land eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Österreich über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, welches prinzipiell funktionsfähig ist und insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss (vgl. VG Augsburg, B. v. 5.8.2014 - Au 3 S 14.50165 - juris; VG Minden, B. v. 22.5.2015 - 1 L 545/15.A - juris; VG Köln, U. v. 11.5.2015 - 14 K 799/15.A - juris; VG Bayreuth - B. v. 12.12.2014 - B 1 S 14.50116 - juris). VG Ansbach, B. v. 5.3.2015 - AN 14 S 15.50026 - juris). Es ist weder konkret vorgetragen noch ersichtlich, dass in Österreich systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen.

Österreich gilt außerdem als sicherer Drittstaat i. S. des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylG. Hinderungsgründe für eine Abschiebung in einen derartigen sicheren Drittstaat ergeben sich nur ausnahmsweise dann, wenn der Asylsuchende individuelle konkrete Gefährdungstatbestände geltend machen kann, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts der normativen Vergewisserung von Verfassungs- und Gesetzes wegen berücksichtigt werden können und damit von vorneherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Dies ist - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die für die Qualifizierung des Drittstaats als sicher maßgebenden Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalls sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen (BVerfG, U. v. 14.5. 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49). Die Sonderfälle in diesem Sinn entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln, die zu einer Gefahr für unmenschliche oder erniedrigende Behandlung von Asylsuchenden führen, im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Solche Sonderfälle liegen, wie oben dargestellt, im Falle Österreichs nicht vor.

Auch in Anbetracht der beim Kläger attestierten Erkrankungen ergeben sich keine Gründe, die ausnahmsweise zur Annahme einer individuellen Gefahr für ihn führen könnten, in Österreich einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, als Österreich über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die österreichischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Traumatisierte Flüchtlinge erhalten psychologische und psychiatrische Behandlung (vgl. Aida-Länderbericht zu Österreich, Stand Dezember 2015, Seite 73, abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/austria). Für das Gericht besteht daher kein Anlass zu Zweifeln daran, dass die geltend gemachten physischen und psychischen Erkrankungen des Klägers auch in Österreich als einem Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hohem medizinischen Standard behandelt werden können und dass entsprechende Behandlungsmöglichkeiten auch Asylsuchenden offenstehen.

2.1.5. Die Beklagte ist auch nicht gemäß Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO zu einer Familienzusammenführung des Klägers mit seinen Brüdern oder seiner Mutter verpflichtet. Nach dieser Vorschrift entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller nicht von einem Elternteil oder einem seiner Geschwister zu trennen, wenn dieser wegen einer schweren Krankheit oder einer ernsthaften Behinderung auf die Unterstützung eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen ist, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, eines der Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben. Die Zuständigkeitsregelung des Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO beruht auf der humanitären Pflicht, Antragsteller, die auf die Hilfe bestimmter enger Bezugspersonen angewiesen sind, zusammenzuführen. Das die Zuständigkeit begründende Abhängigkeitsverhältnis bleibt dabei auf Ausnahmesituationen besonderer Hilfsbedürftigkeit beschränkt (vgl. Filzweiser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Kommentar, Stand: 1.2.2014, Art. 16 Anm. K3; VG Ansbach, B. v. 5.3.2015 - AN 14 S 15.50026 - juris Rn. 21).

Ein solches, besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinen Brüdern bzw. seiner Mutter lässt sich vorliegend nicht feststellen. Der Kläger selbst hat bei seiner Anhörung durch das Bundesamt am 27. Juli 2015, die Frage, ob er auf die Unterstützung von Familienangehörigen angewiesen sei, ausdrücklich verneint. Auch aufgrund der vorgelegten ärztlichen Atteste vom 14. Januar 2015, 16. September 2015 und 17. September 2015 ergibt sich keine andere rechtliche Beurteilung. Denn mit den vorgenannten Attesten konnte der Kläger nicht glaubhaft machen, an einer schweren Krankheit zu leiden, aufgrund derer er zwingend auf die Unterstützung Familie seiner Mutter bzw. seiner Brüder angewiesen wäre.

Sowohl in dem ärztlichen Attest vom 14. Januar 2015 als auch in dem ärztlichen Attest vom 16. September 2015 werden beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als auch Schlafstörungen und Angstzustände diagnostiziert. Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik ist zur substantiierten Geltendmachung einer psychischen Erkrankung wie insbesondere einer posttraumatischen Belastungsstörung erforderlich, dass das vorgelegte ärztliche Attest gewissen Mindestanforderungen genügt. Insbesondere muss sich aus diesem nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (vgl. BVerwG, U. v. 11. 9. 2007 - 10 C 17/07 - juris Rn. 15).

Diesen Anforderungen werden weder das bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte ärztliche Attest vom 14. Januar 2015 noch die beiden im Gerichtsverfahren vorgelegten ärztlichen Atteste vom 16. und 17. September 2015 gerecht.

Hinsichtlich der Atteste vom 14. Januar 2015 und vom 16. September 2015 ist festzustellen, dass die Diagnose einer PTBS nicht von einem Facharzt aus dem psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Fachgebiet, sondern von einer Allgemeinmedizinerin bzw. einem praktischen Arzt gestellt wurde. Ungeachtet dessen lassen weder das Attest vom 14. Januar 2015 noch das Attest vom 16. September 2015 erkennen, auf welcher Grundlage die Diagnose einer PTBS gestellt wurde. Beide Atteste lassen die Erhebung eines psychopathologischen Befundes vermissen und äußern sich nicht dazu, welche Merkmale einer PTBS beim Kläger als erfüllt anzusehen sind. Unklar bleibt des Weiteren, nach welchem Klassifizierungssystem die Diagnose PTBS getroffen wurde. Da eine PTBS stets eine Reaktion auf ein traumatisches Ereignis ist, kann eine entsprechende Diagnose ohne die exakte Feststellung eines Traumas im Sinne eines Ereignisses von außergewöhnlicher Bedrohung oder mit katastrophenartigem Ausmaß nicht zuverlässig gestellt werden. Welches traumatische Ereignis des Klägers von den behandelnden Ärzten zugrunde gelegt wurde, geht aus den beiden Attesten vom 14. Januar 2015 und 16. September 2015 jedoch nicht hervor. Weder das Attest vom 14. Januar 2015 noch das Attest vom 16. September 2015 geben zudem Aufschluss über die Schwere der Erkrankung und deren Behandlungsbedürftigkeit.

In dem Attest vom 17. September 2015 stellt der behandelnde Arzt bereits keine eigene Diagnose. Im Übrigen ist auch bei diesem Attest nicht ersichtlich, ob es von einem Facharzt aus dem psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Fachgebiet abgefasst wurde. Denn das Attest wurde nicht von Dr. med. ..., sondern Dr. S. ... unterzeichnet, über dessen Fachgebiet das Attest jedoch keinen Aufschluss gibt. Auch diesem Attest lässt sich weder die Erhebung eines psychopathologischen Befundes noch eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Erkrankung des Klägers entnehmen.

Selbst bei Unterstellung des Vorliegens einer psychischen Erkrankung ergibt sich im Übrigen aus keinem der vorgelegten Atteste, dass die Erkrankung von solcher Art und solchem Gewicht ist, dass der Kläger zwingend auf die Lebenshilfe seiner Mutter oder seiner Brüder angewiesen wäre. Die ärztlichen Atteste geben bereits keinen Aufschluss, inwieweit der Kläger derzeit auf die Unterstützung seiner Familie angewiesen ist, wie sich die Unterstützungshandlungen seiner Familie konkret darstellen und welche Auswirkungen der Beistand seiner Angehörigen auf seinen gesundheitlichen Zustand hat. Zwar warnen alle drei Atteste vor einer Trennung des Klägers von seiner Familie; keines der Atteste benennt jedoch konkret die gesundheitlichen Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung bei einer Trennung des Klägers von seiner Mutter und seinen Brüdern ergeben würden. Zudem ergeben sich aus dem Attest vom 17. September 2015 Zweifel daran, ob die Familie des Klägers in der Lage ist, ihm tatsächlich zu helfen. Denn dem Attest vom 17. September 2015 zufolge ist es seinen Angehörigen derzeit kaum möglich, Zugang zum Kläger zu finden. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die geltend gemachten psychischen Probleme des Klägers bislang offenbar noch nicht derart gravierend waren, dass eine regelmäßige psychiatrische Behandlung hätte erfolgen müssen. Nicht zuletzt muss auch aufgrund der unterschiedlichen Wohnorte davon ausgegangen werden, dass der volljährige Kläger derzeit in der Lage ist, auch ohne die Lebenshilfe seiner Mutter und seiner Brüder zurechtzufinden.

Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Kläger infolge der attestierten physischen Erkrankungen (Z.n. Kreislaufkollaps, Schwindelattacke, BWS-Syndrom, unklarer Oberbauch, Analschmerz) derart körperlich beeinträchtigt wäre, dass er auf die Unterstützung seiner Mutter oder seiner Brüder angewiesen wäre. Auch die in dem ärztlichen Attest vom 14. Januar 2015 angesprochen Sprachprobleme sind nicht geeignet, um ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis im vorgenannten Sinne zu begründen.

Darüber hinaus lässt sich dem Vortrag des Klägers auch nicht entnehmen, dass sich seine Mutter rechtmäßig im Sinne des Art. 16 Dublin III-VO im Bundesgebiet aufhält. Es ist überdies auch nicht ersichtlich, dass die familiäre Bindung zwischen dem Kläger und seinen Brüdern bereits im Herkunftsland bestanden hat.

2.1.6. Des Weiteren kann der Kläger auch keine Verpflichtung der Beklagten zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO beanspruchen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Bei Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahmebestimmung, die eine Zuständigkeitsübernahme in Fällen ermöglicht, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern. Vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund ist die im weiten Ermessen der Beklagten stehende Entscheidung, von ihrem Selbsteintrittsrecht im Fall des Klägers keinen Gebrauch zu machen, hier rechtlich nicht zu beanstanden. Es erscheint nicht ermessensfehlerhaft, die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen sowie die geltend gemachten Erkrankungen des Klägers als nicht hinreichende besondere humanitäre Gründe zur Wahrnehmung des Selbsteintrittsrechts anzusehen. Allein das Vorhandensein einer - auch schweren - Erkrankung begründet noch keinen Anspruch auf die Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Wege der Ermessensreduzierung auf Null, wenn diese regelmäßig auch im zuständigen Mitgliedstaat behandelbar ist (vgl. VG Köln, U. v. 6. 11. 2015 - 18 K 4016/15.A - juris Rn. 49). Für das Gericht besteht vorliegend kein Anlass zu Zweifeln daran, dass die vorgetragenen Erkrankungen auch in Österreich behandelt werden könnten und entsprechende Behandlungsmöglichkeiten Asylsuchenden auch offenstehen (s.o.).

Darüber hinaus begründen die Bestimmungen der Dublin III-VO - auch hinsichtlich der Selbsteintrittskompetenz - grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Asylbewerbers. Sie dienen als innerstaatliche Organisationsvorschriften vielmehr in erster Linie der klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16 der Verordnung, OVG R-P, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 9.1.2015 - 13 L 2878/14.A - juris). Allenfalls in Fällen, in denen die Durchsetzung einer Zuständigkeit nach der Dublin III-VO eine Verletzung der EMRK bedeuten würde, käme möglicherweise ein subjektives Recht des Drittstaatsangehörigen auf Durchsetzung der Ausübung des Selbsteintrittsrechts in Betracht (Filzwieser/Sprung, a. a. O., K2 und K3 zu Art. 17). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Nach alledem erweist sich die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheids daher als rechtmäßig.

2.2. Auch die in Nummer 2 des verfahrensgegenständlichen Bescheids auf Grundlage von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG angeordnete Abschiebung nach Österreich ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die österreichischen Behörden haben der Rückführung des Klägers nach der Remonstration des Bundesamts mit Schreiben vom 28. Mai 2015 nunmehr ausdrücklich zugestimmt.

Ein der Abschiebung nach Österreich entgegenstehendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis hat der Kläger ebenfalls nicht substantiiert dargetan.

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt und diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; vgl. BayVGH, U. v. 18.10.2013 - 10 CE 13.1890 - juris). Ebenso kann eine konkrete, ernstliche Suizidgefährdung mit Krankheitswert zu einem Abschiebungshindernis führen (vgl. BayVGH, B. v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 - juris Rn. 11).

Bei einer psychischen Erkrankung kann außer in Fällen einer eigentlichen Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit nur dann von einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Ausländers droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann, oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings - in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen - nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf. Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt.

Legt der Ausländer ärztliche Atteste bzw. Fachberichte über seine Reiseunfähigkeit vor, sind diese zu deren Beweis nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die zugrundeliegenden Befundtatsachen angeben, ggf. die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlichmedizinische Beurteilung bzw. Diagnose des Krankheitsbilds sowie die konkreten Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U. v. 11.9.2007 - 10 C 17/07 - juris Rn. 15; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21; B. v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 - juris Rn. 13; B. v. 9.1.2012 - 10 CE 11.2044 - juris Rn. 9; OVG NRW, B. v.29.11.2010 - 18 B 910/10 - juris; VG Bayreuth, B. v. 4.11.2014 - B 3 E 14.734 - juris Rn. 33).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermögen die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Atteste vom 14. Januar 2015 und vom 16. und 17. September 2015 nicht zu überzeugen.

Dass sich der Gesundheitszustand des Klägers durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht, ergibt sich aus keinem der vorgelegten Atteste. Den ärztlichen Attesten lässt sich des Weiteren nicht entnehmen, dass im Falle einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet mit einem Suizidversuch des Klägers gerechnet werden müsste.

Mit den vorgelegten Attesten wurde ferner nicht glaubhaft gemacht, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers unmittelbar durch eine Ausreise oder Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern wird. Denn nur ein Attest, das die Folgen nachvollziehbar darlegt, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, ist zur Glaubhaftmachung eines Abschiebungshindernisses geeignet. Erforderlich ist somit eine konkrete Äußerung dazu, ob sich der Gesundheitszustand durch eine Ausreise oder Abschiebung als unmittelbare Folge davon wesentlich verschlechtern wird (vgl. BayVGH, B. v. 8.2.2013 - 10 CE 12.2396 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 8.2.2012 - 2 M 29/12 - juris). Diesen Anforderungen genügen die genannten Atteste nicht. Die vorgelegten Atteste enthalten bereits keine nachvollziehbare Diagnose des Krankheitsbildes (s.o.). Keines der Atteste setzt sich zudem dezidiert mit der Frage der Reisefähigkeit des Klägers auseinander. Welche gesundheitlichen Folgen sich aus den diagnostizierten Erkrankungen für den Kläger im Falle einer Rückführung nach Österreich im Einzelnen ergeben, wird in den Attesten offengelassen. Der im Attest vom 17. September 2015 enthaltene pauschale Hinweis darauf, dass sich der psychopathologische Befund des Klägers bei einer Abschiebung nach Österreich verschlechtern würde, reicht für die Glaubhaftmachung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses nicht aus.

Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die vom Kläger geltend gemachten Erkrankungen in Österreich behandelbar sind (s.o.). Die überstellende Behörde ist nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO des Weiteren gehalten, dem zuständigen Mitgliedstaat Informationen über die besonderen Bedürfnisse bezüglich der Gesundheit der zu überstellenden Person zu übermitteln, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß dem innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die zum Schutz ihrer lebenswichtigen Interessen unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Verordnung und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts bieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen wie etwa psychisch Kranken keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. Thym, ZAR 2013, 331 unter Verweis auf die Rechtsprechung des EGMR; VG Würzburg, B. v. 5.3.2014 - W 6 S 14.30235 - juris).

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Die Beschwerde wird mit der weiteren Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin dafür Sorge zu tragen hat, dass die Antragstellerin im Zielstaat der Abschiebung an hinreichend qualifiziertes medizinisches Personal übergeben wird.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorerst für drei Monate aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen sie zu unterlassen. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Abschiebung unter fachpsychiatrischer Begleitung durchgeführt wird.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigt keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung. Die Antragstellerin hat auch im Beschwerdeverfahren nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass aufgrund ihrer Erkrankungen ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besteht (1.). Die Antragsgegnerin war auch nicht zu weiterer Sachaufklärung verpflichtet (2.). Zur Abwehr möglicher erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit der Antragstellerin durch suizidale Handlungen hat die Antragsgegnerin aber ergänzend sicherzustellen, dass die Antragstellerin in ihrem Heimatland in qualifizierte ärztliche Betreuung überstellt wird (3.).

1. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers so lange auszusetzen, wie sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis liegt vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr zu befürchten ist, so dass die Abschiebungsmaßnahme wegen des nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten grundrechtlichen Schutzes auszusetzen ist. Erforderlich ist dabei, dass infolge der Abschiebung als solcher (unabhängig vom konkreten Zielstaat) eine wesentliche Verschlechterung des gesundheitlichen Zustandes für den betroffenen Ausländer konkret droht (BayVGH, B.v. 31.5.2016 - 10 CE 16.838 - juris Rn. 7; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Februar 2016, A1 § 60a Rn. 57 f.). In Betracht kommen damit nur inlandsbezogene Abschiebungsverbote. Eine bestehende psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in zwei Fällen begründen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne; zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2017 - 10 CE 17.30 - juris Rn. 4).

Nach dem mit Wirkung zum 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 - BGBl I S. 390 -) eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.

Die im Beschwerdeverfahren vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vom 6. Mai 2011, 13. Januar 2016 und 8. November 2016, die der Antragstellerin eine Hepatitis-Erkrankung, eine deutliche depressive Symptomatik sowie einen Bandscheibenvorfall attestieren, treffen keinerlei Aussagen zur Reisefähigkeit der Antragstellerin und erfüllen daher nicht die Anforderungen an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG.

Das gilt auch für die Stellungnahme von Dr. E. vom 13. Oktober 2016, in der er als Diagnose angibt, dass die Antragstellerin an einer depressiven Störung, einer schweren sozialen Phobie, einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung leide. Die Angaben in dem Schreiben lassen nicht erkennen, auf welcher Grundlage die fachliche Beurteilung des diagnostizierten Krankheitsbildes erfolgt. Dr. E. bezieht sich teilweise auf Vorgänge aus den Jahren 2010 bis 2015. Jedenfalls enthält die Stellungnahme als Folge des gegenwärtigen Gesundheitszustands der Antragstellerin die Empfehlung, dass sie sich in eine psychosomatische Klinik zur stationären Behandlung begeben soll.Feststellungen zur Reisefähigkeit oder zu einer Suizidalität im Falle der Abschiebung trifft Dr. E. nicht.

2. Eine von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren geltend gemachte weitere Sachaufklärungspflicht der Ausländerbehörde, ob bei ihr ein Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegt, besteht nicht. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, so lange der Ausländer eine fehlende Reisefähigkeit nicht durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Da sich die Antragstellerin der Antragsgegnerin gegenüber darauf berufen hat, dass sie an einer schwer wiegenden psychischen Erkrankung leide und daher nicht reisefähig sei (Bescheinigung von Dr. E. vom 20. November 2015), hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14. September 2016 eine ärztliche Untersuchung der Antragstellerin im I.-A.-Klinikum anordnet (§ 60a Abs. 2d Satz 3 AufenthG). Die Möglichkeit, eine ärztliche Untersuchung anzuordnen, ist Ausfluss der Mitwirkungspflicht des Ausländers nach § 82 AufenthG (vgl. § 82 Abs. 4 AufenthG, BT-Drs 18/7538 S. 20). Auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtung wurde sie hingewiesen (§ 60a Abs. 2d Satz 4 AufenthG).

Die Antragstellerin hat trotz des Hinweises, dass die vorgetragene Erkrankung nicht als Abschiebungshindernis berücksichtigt wird, falls sie der Verpflichtung zur Teilnahme an der angeordneten Untersuchung nicht Folge leistet, die Untersuchung abgebrochen. Sie ist daher ihrer gesetzlich bestehenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, so dass sie sich nicht darauf berufen kann, die Ausländerbehörde sei zu weiteren Ermittlungen verpflichtet (Art. 24 BayVwVfG), um für sie günstige Umstände festzustellen. Vielmehr ist die Ausländerbehörde nach dem Gesetzeswortlaut sogar berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen (§ 60a Abs. 2d Satz 3 AufenthG)

Bestehen allerdings wie hier aufgrund der beiden amtsärztlichen Untersuchungen aus den Jahren 2011 und 2012 Anhaltspunkte dafür, dass eine ernsthafte psychische Erkrankung vorliegt, die zur Reiseunfähigkeit führen könnte, muss die Ausländerbehörde, auch unabhängig von den gesetzlich normierten Mitwirkungspflichten des Betroffenen, den Sachverhalt - soweit dies ohne Mitwirkung des Betroffenen möglich ist - von Amts wegen weiter aufklären. Dieser Pflicht ist die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall dadurch nachgekommen, dass sie den mit der Untersuchung beauftragten Sachverständigen ersucht hat, aufgrund der vorhandenen ärztlichen Unterlagen und der abgebrochenen psychiatrischen Untersuchung ein psychiatrisches Gutachten zur Reisefähigkeit der Antragstellerin zu erstatten. Offen bleiben kann daher, wie weit die Amtsermittlungspflicht der Ausländerbehörde in einem Fall, in dem der Ausländer eine erforderliche Untersuchung verweigert, reicht.

Im Gutachten vom 27. Januar 2017 kommt der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend zum Ergebnis, dass bei der Antragstellerin im Zusammenhang mit einer drohenden Abschiebung wahrscheinlich eine „Anpassungsstörung vom Typ Angst und depressive Reaktionen gemischt“ vorliegt, die ihre Reisefähigkeit nicht in Frage stellt. Zu dieser Diagnose kommt der Gutachter, nachdem er sich mit den bisherigen, von der Antragstellerin vorgelegten fachärztlichen Attesten auseinandergesetzt hat und auf dieser Basis dezidiert erläutert, aus welchen Gründen die Beschreibung der Krankheitssymptome und der Lebenssituation die damals getroffenen Diagnosen nicht tragen.

Den Feststellungen des Gutachtens vom 27. Januar 2017, auf die das Verwaltungsgericht die Ablehnung des Antrags auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung stützt, tritt die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegen. Unerheblich ist insoweit, dass die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegte Stellungnahme von Dr. E. vom 13. Oktober 2016 dem Gutachter nicht vorlag. Diese Stellungnahme entspricht inhaltlich bezüglich des psychischen Befundes nahezu wortgleich dem Bericht vom 20. November 2015 und verhält sich im Übrigen zur Frage der Reisefähigkeit nicht (s.o.).

3. Da es laut Gutachten vom 27. Januar 2017 trotz bestehender Reisefähigkeit nicht sicher auszuschließen ist, dass es bei der Antragstellerin im Falle einer erzwungenen Ausreise zu suizidalen Handlungen kommt, hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Aussetzung der Abschiebung mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Abschiebung unter fachpsychiatrischer Begleitung durchgeführt wird. Dabei geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass „die Antragstellerin auch nach der Ankunft in ihrem Heimatland nicht völlig auf sich allein gestellt ist, sondern ohne zeitliche Unterbrechung der Betreuung und in die Obhut einer verantwortungsbewussten Stelle bzw. ärztlichen Maßnahme gegeben wird, die gewährleistet, dass sie die für sie erforderliche Hilfe erhält“.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 939/14 - juris Rn. 14) kann es in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, um gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen. Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (BVerfG, a.a.O., Rn. 13). Zur Abwehr möglicher erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit der Antragstellerin durch suizidale Handlungen muss die Antragsgegnerin bereits vor der Abschiebung entsprechende Vorkehrungen treffen (vgl. auch VGH BW, B.v. 22.2.2017 - 11 S 447/17 - juris Rn. 5). Die bereits vom Verwaltungsgericht vorausgesetzte Überstellung der Antragstellerin in entsprechend qualifizierte medizinische Betreuung im Zielstaat war daher mit der im Tenor bestimmten weiteren Maßgabe entsprechend zu konkretisieren.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.