Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 11. Juli 2017 - W 8 M 17.30937

bei uns veröffentlicht am11.07.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

II.

Die Kläger (Erinnerungsführer) haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Kläger (Erinnerungsführer und Antragsteller des vorliegenden Verfahrens) wenden sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Juni 2017, in dem die vom Klägerbevollmächtigten als Auslagen geltend gemachten Übernachtungskosten nicht als erstattungsfähig anerkannt wurden.

Der Klägerbevollmächtigte reiste im Verfahren W 6 K 16.31048 zur mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2016, 11:00 Uhr schon am Vortag aus Münster nach Würzburg an und übernachtete in Würzburg.

Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 beantragte der Klägerbevollmächtigte, die im Einzelnen dargelegten Kosten festzusetzen (insgesamt 1.667,35 EUR). Enthalten waren unter anderen verauslagte Übernachtungskosten in Höhe von 126,20 EUR. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kläger den Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 22. Juli 2013 beauftragt hätten. Die weitere Vertretung des Unterzeichnenden sei auch angezeigt, obwohl die Kläger später nach Klingenberg umverteilt worden seien.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Januar 2017 setzte die Urkundsbeamtin die außergerichtlichen Aufwendungen der Kläger auf 1.547,35 EUR fest. In den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Da die Beauftragung des Bevollmächtigten bereits vor der Verteilung der Kläger nach Zirndorf erfolgt sei und eine entsprechende Vertretung in zahlreichen Verfahren gegeben gewesen sei, hätten vorliegend die Reisekosten des Bevollmächtigten als erstattungsfähig anerkannt werden können, da von einem besonderen Vertrauensverhältnis ausgegangen werden könne und es den Klägern nicht zumutbar gewesen sei, für das vorliegende Verfahren den Anwalt zu wechseln und einen im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalt zu beauftragen. Bei der Ladung auf 11:00 Uhr sei jedoch die Anreise am Tag der mündlichen Verhandlung möglich und zumutbar gewesen, um rechtzeitig zum Termin zu erscheinen. Mangels Notwendigkeit einer vorherigen Übernachtung seien die beantragten Hotelkosten daher nicht festsetzungsfähig.

Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2017 beantragten die Kläger durch ihren Bevollmächtigten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Januar 2017 die Entscheidung des Gerichts sowie, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses die angemeldeten Übernachtungskosten festzusetzen.

Zur Begründung ließen die Kläger im Wesentlichen ausführen: Bei einer Terminszeit von 11:00 Uhr sei die Anreise des Prozessbevollmächtigten mit einem Verkehrsmittel, insbesondere mit dem Pkw oder dem Zug nicht zumutbar gewesen. Für die Anreise werde wenigstens eine Zeit von fünf Stunden benötigt. Zu einer normalen Anreise kämen die normale Verzögerung und die Notwendigkeit von Pausen hinzu. Deshalb sei es nicht zumutbar, sich zu so früher Stunde auf den Weg zu machen. Um die Terminswahrnehmung sicherzustellen, sei die Anreise am Tag vorher notwendig gewesen. Nur so habe sichergestellt werden können, dass der Prozessbevollmächtigte rechtzeitig und ausgeruht zum Termin erscheinen könne, um die Interessen der Kläger wahrzunehmen.

Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht mit Datum vom 2. März 2017 zur Entscheidung vor. Zur Begründung verwies sie auf den angefochtenen Beschluss und führte ergänzend aus: Ausgehend von einem Reisebeginn um 06:00 Uhr und eine ca. vierstündigen Fahrtdauer erscheint es auch unter Berücksichtigung einer Pause sowie der rechtzeitigen Ankunft am Terminsort zumutbar, am Verhandlungstag selbst anzureisen. Besondere Umstände, die eine Verzögerung der Reisezeit hätten begründen können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Den Beteiligten wurde mit Schreiben des Gerichts vom 6. März 2017 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Der Klägerbevollmächtigte erklärte mit Schriftsatz vom 15. März 2017 ergänzend: Er habe nicht die Absicht gehabt, morgens bereits um 06:00 Uhr loszufahren, das heiße um 04:30 Uhr bereits aufzustehen und sich dann mit dem Pkw auf die Autobahn zu begeben, um eventuell in einen Stau zu geraten. Damit dürfte die rechtzeitige und ausgeruhte Ankunft bei Gericht nicht gewährleistet gewesen sein. Es reiche nicht aus anzukommen. Es sei auch notwendig, dass der Prozessbevollmächtigte ausgeruht und verhandlungsfähig an der Verhandlung teilnehmen könne. Dies sei bei einer Terminierung um 11:00 Uhr in der Morgenszeit nur durch eine Übernachtung und einer Anreise am Vortrag möglich gewesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf die Akte des Ausgangsverfahrens W 6 K 16.31048 und die Behördenakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Das Gericht entscheidet über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde. Bei einer Entscheidung durch den Einzelrichter ist dieser auch im Erinnerungsverfahren zuständig (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 165 Rn. 3).

Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 4. Januar 2017 erhobene Erinnerung ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Januar 2017 wurde vom Klägerbevollmächtigten lediglich insoweit angegriffen, als der Kostenfestsetzungsbeschluss die geltend gemachten Übernachtungskosten in Höhe von 126,20 EUR nicht als erstattungsfähig anerkannt und insgesamt nur 1.547,35 EUR statt der beantragten 1.667,35 EUR als festgesetzt hat.

Die Erinnerung ist unbegründet.

Die Urkundsbeamtin hat die vom Klägerbevollmächtigten beantragten Aufwendungen betreffend die Übernachtungskosten gemäß Nr. 7006 VV RVG (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) zutreffend als nicht erstattungsfähig anerkannt.

Denn nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts erstattungsfähig, soweit sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 162 Abs. 1 VwGO notwendig sind. Die Erstattungsfähigkeit der Auslagen der Anwälte richtet sich nach der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Teil 7. Die Urkundsbeamtin des Gerichts hat in ihrem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. Januar 2017 und in ihrer Nichtabhilfeentscheidung vom 2. März 2017 die maßgeblichen Rechtsgrundlagen und die relevanten Erwägungen dazu zutreffend aufgeführt. Darauf kann Bezug genommen werden. Das Gericht schließt sich den Ausführungen der Urkundsbeamtin an.

Ergänzend ist anzumerken, dass die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten als auswärtigen Rechtsanwalt dem Grunde nach erstattungsfähig sind, weil er wegen der Vorbefassung und der früheren Vertretung der Kläger „gute Gründe“ für die Beauftragung des Bevollmächtigten bestanden (vgl. 6 OVG, B.v. 3.11.2016 - 1 F 12/16 - NVwZ-RR 2017, 311; BayVGH, B.v. 10.6.2015 - 22 C 14.2131 - BayVBl 2016, 63; vgl. auch schon VG Würzburg, B.v. 29.8.2014 - W 6 M 14.736 jeweils m.w.N.). Dies steht auch nicht im Streit.

Jedoch sind die konkret geltend gemachten Übernachtungskosten nicht angemessen. Denn sonstige Auslagen, zu denen auch die Übernachtungskosten eines auswärtigen Rechtsanwalts gehören, sind nach Nr. 7006 VV RVG als Auslagen nur erstattungsfähig, soweit sie angemessen sind. Gerade bei den Übernachtungskosten ist die Angemessenheit zu prüfen. Nur wenn eine Übernachtung erforderlich ist, sind die tatsächlich angefallenen Übernachtungskosten zu vergüten. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn die Übernachtung zweckmäßig, jedenfalls aber wenn eine Hin- oder Rückreise am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Hiervon geht die Rechtsprechung aus, wenn der Reiseantritt vor 06:00 Uhr morgens läge bzw. die Rückreise nach 22:00 Uhr abends angetreten werden müsste (vgl. Ebert in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, Nr. 7006 VV RVG Rn. 3 m.w.N.). Erforderlich ist eine Reise, die ein Beteiligter in der maßgeblichen Situation zur Führung des Rechtsstreits und zum Erreichen des angestrebten Prozesserfolges als sachdienlich ansehen darf. Wegen der so genannten Kostenminimierungspflicht ist jeder Beteiligte, dies bezieht sich auch auf den Bevollmächtigten, verpflichtet, die Kosten so niedrig zu halten, wie sich das mit der Wahrung der prozessualen Belange vereinbaren lässt. Nur solche Aufwendungen sind erstattungsfähig, die ein objektiver und verständiger Beteiligter, der sich bemüht, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, im Zeitpunkt ihres Anfalls (ex-ante-Sicht) nach Art und Höhe als geeignet, erforderlich und angemessen ansehen würde, um das mit ihnen zu befördernde prozessuale Ziel unter voller Berücksichtigung seiner sämtlichen berechtigten Belange zu erreichen (vgl. BFH, B.v. 15.6.2015 - III R 17/13 - AGS 2015, 412; Kunze in Beck’scher Online-Kommentar, VwGO, Hrsg. Posser/Wolff, 41. Edition, 1.4.2017, § 162 Rn. 51 und 78.3).

Ausgehend davon waren die Übernachtungskosten (Hotel) in Höhe von 126,20 EUR mangels Angemessenheit nicht erstattungsfähig. Denn erstattungsfähige Prozesskosten sind die Übernachtungskosten eines Rechtsanwalts nur dann, wenn es ihm nicht zuzumuten ist, am Tag des Termins der mündlichen Verhandlung anzureisen. Einem Bevollmächtigten kann es etwa nicht abverlangt werden, die in der Rechtssache notwendig werdenden Reisen in der Nachtzeit durchzuführen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21:00 Uhr bis 06:00 Uhr anzusehen. Eine Anreise, bei welcher der Prozessbevollmächtigte seine Wohnung vor 06:00 Uhr morgens hätte verlassen müssen, müsste dieser nicht durchführen. Dem Bevollmächtigten ist nicht zuzumuten, die Reise vor 06:00 Uhr anzutreten. Ein Reisantritt ab 06:00 Uhr ist indes im Regelfall zumutbar (vgl. OLG LSA, B.v. 8.6.2016 - 12 W 36/16 [KfB] - AGS 2016, 593; OLG Nürnberg, B.v. 13.12.2012 - 12 W 2180/12 - AGS 2013, 201; OLG Koblenz, B.v. 21.9.2010 - 14 W 528/10 - AGS 2012, 50; Hanseatisches OLG Hamburg, B.v. 3.3.2010 - 4 W 249/09 - AGS 2011, 463).

Demnach verfängt der Einwand des Prozessbevollmächtigten nicht, ihm sei nicht zuzumuten gewesen, schon um 06:00 Uhr seine Reise zum Termin anzutreten. Von 06:00 Uhr bis 11:00 Uhr (5 Stunden) war ausreichend Zeit, insbesondere mit dem Pkw von Münster nach Würzburg anzureisen. Bei einer laut Routenplaner knapp vierstündigen Fahrtdauer erscheint es auch unter Berücksichtigung einer ausreichenden Pause sowie einer rechtzeitigen Ankunft am Terminsort zumutbar, am Verhandlungstag selbst anzureisen. Bei einem Fahrtbeginn um 06:00 Uhr bestand auch ein ausreichender zeitlicher Puffer. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, etwa das hohe Alter des Prozessbevollmächtigten, bekannte erhöhte Staugefahren oder winterliche Straßenverhältnisse (vgl. OLG LSA, B.v. 8.6.2016 - 12 W 36/16 [KfB] - AGS 2016, 593) wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht sonst ersichtlich. Subjektive Schlafgewohnheiten rechtfertigen keine Ausnahme.

Hinzu kommt, dass das Gericht den Termin eigens auf 11:00 Uhr terminiert hatte, um eine Anreise am Reisetag zu ermöglichen. Ein Verlegungsantrag wurde nicht gestellt, insbesondere nicht eine spätere Terminierung am Verhandlungstag. Im Übrigen ist es beim Verwaltungsgericht Würzburg - wie wohl auch bei den meisten anderen Gerichten - gängige Praxis, bei kurzfristigen verkehrsbedingten Verschiebungen ohne Nachteile für den Betreffenden auf das (unverschuldet verspätete) Erscheinen des Prozessbevollmächtigten zu warten.

Die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Kürzung der erstattungsfähigen Kosten ist nach alledem rechtlich nicht zu beanstanden, so dass die Erinnerung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG). Auch die Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 RVG hat nicht von Amts wegen zu erfolgen (vgl. Schneider, Keine Bindungswirkung sinnloser Wertfestsetzungen, NJW Spezial 2012, 603).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 33 Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren


(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf An

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 2 Höhe der Vergütung


(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 758a Richterliche Durchsuchungsanordnung; Vollstreckung zur Unzeit


(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfo

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Juni 2015 - 22 C 14.2131

bei uns veröffentlicht am 10.06.2015

Tenor I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 29. August 2014 und der Kostenfestsetzungsbeschluss der dortigen Urkundsbeamtin vom 12. Juni 2014 werden geändert. Die dem Kläger im Verfahren W 6 K 13.1084 zu ers

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Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 29. August 2014 und der Kostenfestsetzungsbeschluss der dortigen Urkundsbeamtin vom 12. Juni 2014 werden geändert. Die dem Kläger im Verfahren W 6 K 13.1084 zu erstattenden Kosten werden auf 2.374 € festgesetzt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 416,45 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Erstattungsfähigkeit von Mehrkosten für den auswärtigen Rechtsanwalt des Klägers für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg (Übernachtungskosten, Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld), die von der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts in Höhe von 416,45 € bei der Kostenfestsetzung nicht anerkannt wurden. Der Kläger wohnt wenige Kilometer von Würzburg entfernt, sein Bevollmächtigter hat den Kanzleisitz in H. Er hat den Kläger bei einer Verbesserungsklage gegen die Beklagte wegen einer nach Ansicht des Klägers zu schlecht bewerteten Prüfungsleistung (Abschlussprüfung im staatlich anerkannten Ausbildungsberuf als Fachinformatiker) vor dem Verwaltungsgericht Würzburg vertreten. Zur mündlichen Verhandlung am 7. Mai 2014 war er bereits am Vortag angereist und hatte in Würzburg übernachtet. In der mündlichen Verhandlung gab die Beklagte Zusicherungen zugunsten des Klägers ab, woraufhin der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärte, die Beklagte der Erledigterklärung zustimmte und überdies ihr Einverständnis „mit einer Tragung aller Kosten“ erklärte. Das Verwaltungsgericht stellte durch verkündeten Beschluss das Verfahren ein, auferlegte der Beklagten die Verfahrenskosten und setzte den Streitwert auf 15.000 € fest; die Beteiligten verzichteten auf eine Ausfertigung und Zustellung des Beschlusses und auf Rechtsmittel.

Der Kläger machte insgesamt 2.374 € als erstattungsfähige Kosten geltend. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Juni 2014 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts die dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 1.957,55 € fest; sie erkannte hierbei geltend gemachte Reisekosten in Höhe von 416,45 € nicht an. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Auslagentatbestände und Beträge bei einer Geschäftsreise nach Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (Vergütungsverzeichnis): Tage- und Abwesenheitsgeld für mehr als 4 bis 8 Stunden gemäß Nr. 7005-2: 40,00 €; desgleichen für mehr als 8 Stunden gemäß Nr. 7005-3: 70,00 €; Benutzung eines andern Verkehrsmittels gemäß Nr. 7004: 148,74 €; sonstige Auslagen gemäß Nr. 7006: 77,20 €; Reisekosten Nr. 7003 bis 7006: 14,02 €.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Juni 2014 legte der Kläger Erinnerung ein, soweit die geltend gemachten Kosten nicht als erstattungsfähig anerkannt wurden; die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab.

Mit Beschluss vom 29. August 2014 wies das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurück und machte sich die Begründung im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss zu Eigen. Eine Partei sei verpflichtet, ihre Kosten - unter Berücksichtigung ihrer berechtigten Belange und einer möglichst wirtschaftlichen Prozessführung - möglichst niedrig zu halten. Maßgeblich sei, was für einen solchen Kläger zumutbar sei, der einerseits seine sachgerechte Prozessführung im Auge behalte und andererseits auch die Interessen der Beklagtenseite, die Auslagen möglichst niedrig zu halten. Maßgeblich sei, ob auch ein verständiger und wirtschaftlich vernünftiger Beteiligter die kostenauslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen dürfe; für die Beauftragung eines auswärtigen Anwalts bedürfe es daher guter Gründe. Solche gebe es hier nicht. Weder habe vor der Mandatierung ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Bevollmächtigten bestanden noch habe es die prüfungsrechtliche Materie des Streitgegenstands des Ausgangsverfahrens notwendig gemacht, nicht nur einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht (von denen es im Gerichtsbezirk zahlreiche gebe), sondern einen auf Prüfungsrecht spezialisierten Anwalt auszuwählen. Zudem seien allein in der Stadt Würzburg mehrere Anwälte ansässig, die speziell auch mit ihren Kenntnissen im Prüfungsrecht werben.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, der Bevollmächtigte des Klägers habe keine speziellen, von einem im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalt nicht zu erwartenden Kenntnisse; vielmehr gebe es hier mehrere im Prüfungsrecht erfahrene und umfassend kenntnisreiche Anwälte; deutlich überdurchschnittliche Kenntnisse des Klägerbevollmächtigten als Alleinstellungsmerkmale seien nicht ersichtlich. Isolierte Prüfungsanfechtungen gehörten zur juristischen Grundmaterie, die im Rahmen des § 162 Abs. 1 VwGO keinen erhöhten Aufwand rechtfertige, weil sie zweckentsprechend auch durch regional ansässige Rechtsanwälte bearbeitet werden könne. Auch ein besonderes Vertrauensverhältnis sei nicht zu erkennen; vor allem könne die Auflistung werbewirksamer Maßnahmen kein Indiz für ein besonderes Vertrauensverhältnis sein.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Klägers ist begründet. Die Reisekosten des auswärtigen Klägerbevollmächtigten sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Klägers im Sinn des § 162 Abs. 1 und 2 VwGO notwendig gewesen und somit zu erstatten. Die angegriffenen Beschlüsse der Urkundsbeamtin vom 12. Juni 2014 und des Einzelrichters des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 29. August 2014 sind daher zu ändern und die zu erstattenden Kosten des Klägers antragsgemäß festzusetzen.

1. Im Ausgangspunkt ist mit der in Rechtsprechung und Schrifttum vorherrschenden Auffassung daran festzuhalten, dass die als Ausfluss des Rechts auf eine freie Anwaltswahl zu verstehende Regelung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO keine lex specialis in dem Sinn ist, dass dadurch das Gebot des kostenbewussten Verhaltens bei der Verursachung von Aufwendungen, die für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zweckmäßigerweise ergriffen werden sollten (§ 162 Abs. 1 VwGO), außer Kraft gesetzt würde. Allerdings dürfen die Anforderungen insofern nicht überspannt werden; eine „zu kleinliche“ Handhabung ist nicht angebracht (BW VGH, B. v. 28.2.1995 - 1 S 3/95 - NVwZ-RR 1996, 238).

Dies kann auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgeleitet werden. Dieses hat in dem - vorliegend auch vom Verwaltungsgericht in seinem angegriffenen Beschluss angeführten - Beschluss vom 11. September 2007 - 9 KSt 5/07 u. a. - BayVBl 2008, 157 (Rn. 4) die „in Rechtsprechung und Literatur ... vorherrschend[e]“ Auffassung wie folgt referiert: Nach dieser Auffassung stehe die Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO, was die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten eines Anwalts zur Wahrnehmung gerichtlicher Termine angehe, unter dem Vorbehalt des § 162 Abs. 1 VwGO mit der Folge, dass ohne nähere Prüfung Reisekosten eines Rechtsanwalts nur dann voll zu erstatten seien, wenn er seine Kanzlei am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts oder am Wohnsitz bzw. Geschäftssitz seines Mandanten oder in dessen Nähe habe oder wenn der Nachweis geführt werde, dass es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei, gerade diesen Anwalt zu beauftragen; letzterer Nachweis gelinge dann, wenn der beauftragte Anwalt Spezialkenntnisse habe und der Fall Fragen aus dem Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufgeworfen habe, dass ein verständiger Beteiligter die Hinzuziehung eines solchen Anwalts für ratsam habe erachten können. Ohne im zugrunde liegenden Fall über derartige Voraussetzungen entscheiden zu müssen (weil dort ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant vorlag), hat das Bundesverwaltungsgericht Zweifel an der Berechtigung solch strenger Anforderungen geäußert, indem es (unter Rn. 5) formulierte, es könne dahinstehen, „ob diese Erwägungen zur Auslegung des § 162 Abs. 1 VwGO - wenn überhaupt (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof) - nur dann tragen könnten, wenn es um Reisekosten eines Anwalts gehe, der ein Verfahren bei einem Verwaltungsgericht als erstinstanzlichem Gericht anhängig machen wolle (denn der erwähnte Grundsatz der Kostenminimierung könne bei dem die gesamte Bundesrepublik umfassenden „Gerichtsbezirk“ des Bundesverwaltungsgerichts möglicherweise zu abweichenden Ergebnissen führen). Gebe es - so das Bundesverwaltungsgericht (B. v. 11.9.2007, a. a. O., Rn. 5) weiter - einen „hinreichend gewichtigen Grund“ für die Auswahl gerade des mandatierten Anwalts, so bestehe kein Anlass, die Erstattungsfähigkeit seiner Reisekosten auf diejenigen eines Prozessbevollmächtigten mit Sitz am Gerichtsort oder am Sitz des Klägers zu beschränken.

2. Die Anforderungen an einen vernünftigen, kostenbewussten Rechtsuchenden bei der Wahl des ihn vertretenden Rechtsanwalts lassen sich somit dahingehend zusammenfassen, dass es für die Wahl eines „auswärtigen“ (anstelle eines im Gerichtsbezirk ansässigen) Anwalts einen „hinreichend gewichtigen Grund“ geben muss. Soweit in der vorherrschenden Auffassung ein solcher Grund dann angenommen wird, wenn der Mandant Spezialkenntnisse seines Anwalts nachgewiesen habe, ist anzumerken: Soweit es um die vernünftige und kostenbewusste Auswahl eines für die „zweckentsprechende“ Rechtsverfolgung oder -verteidigung geeigneten Rechtsanwalts geht, kann diese zum einen nur aus der ex-ante-Sicht und zum andern vom mit vertretbarem Aufwand erreichbaren Kenntnisstand des Rechtsuchenden aus vorgenommen werden, der in aller Regel nicht juristisch ausgebildet ist. Die Qualifikation als „Fachanwalt für Verwaltungsrecht“ reicht aus der Sicht des Rechtsuchenden nicht in jedem Fall aus, um eine angemessene Wahrung seiner Rechte zu gewährleisten. Der Rechtsuchende darf sich hierzu eines Rechtsanwalts oder einer Kanzlei bedienen, die - nach seinem Kenntnisstand - gerade auf dem betroffenen Spezialgebiet besondere Fachkenntnisse in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vorweist (OVG Berlin-Bbg, B. v. 9.10.2001 - 2 E 84/00 - NVwZ-RR 2002, 317). Was die Frage etwaiger im Rechtsstreit aufgeworfener schwieriger Rechtsfragen auf einem Spezialgebiet und deshalb erforderlicher Spezialkenntnisse angeht, so muss dem Rechtsuchenden bei der gebotenen ex-ante-Sicht zugebilligt werden, dass dies für ihn im Voraus schwer zu überblicken sein kann, so dass auch insofern eine gewisse Großzügigkeit am Platze ist. Der Verwaltungsgerichtshof hält es bei einem prüfungsrechtlichen Fall einer nicht bestandenen Abschlussprüfung vor der Industrie- und Handelskammer wie dem des Klägers für aus der ex-ante-Sicht des Klägers vernünftig, einen Rechtsanwalt mit Spezialkenntnissen auf diesem Gebiet auszuwählen. Zu berücksichtigen ist auch, dass das Ergebnis einer Berufsabschlussprüfung den beruflichen Werdegang erheblich beeinflussen und daher für den Rechtsuchenden außerordentlich wichtig sein kann, so dass er bestrebt sein darf, einen Rechtsanwalt zu suchen, der seine Interessen gerade auf diesem Gebiet bestmöglich vertreten kann.

3. Vorliegend erscheint auch die Entscheidung des Klägers, den hier mandatierten (auswärtigen) Anwalt einem im Gerichtsbezirk tätigen Rechtsanwalt wegen seiner besonderen Spezialkenntnisse im Prüfungsrecht vorzuziehen, aus der gebotenen exante-Sicht eines juristischen Laien vernünftig.

Zutreffend hat der Kläger darauf hingewiesen, dass heutzutage die Selbstdarstellung von Anwaltskanzleien im Internet („Kanzleiprofil“) weitverbreitet und nahezu eine Selbstverständlichkeit ist. Der Internetauftritt einer Rechtsanwaltskanzlei kann daher durchaus eine geeignete Informationsquelle für die Antwort auf die Frage eines Rechtsuchenden sein, welcher Anwalt seine Interessen im Rechtsstreit mit der größten Aussicht auf Erfolg zu vertreten in der Lage ist. Der Rechtsuchende wird hierbei zwar unterscheiden müssen zwischen Kanzleien, deren werbende Selbstdarstellung im Internet lediglich vage „Versprechungen“ enthält, und jenen, deren Aussagen - insbesondere hinsichtlich der bearbeiteten Rechtsgebiete und des Grades des Spezialisierung - mit nachvollziehbaren Fakten untermauert werden. Es geht - anders als die Beklagte vorliegend meint - nicht darum, ob werbende Aussagen im Internet ein besonderes Vertrauensverhältnis begründen können, sondern um den Informationsgehalt eines Internetauftritts. Naturgemäß kann es für den Rechtsuchenden auch andere Wege geben, Informationen als Grundlage für die Auswahl eines Prozessbevollmächtigten zu erlangen; ob diese Möglichkeiten vorrangig genutzt werden müssen, ist eine Frage des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall gibt es dafür keine Anhaltspunkte.

Vorliegend hat der Kläger überzeugend dargelegt, dass er aufgrund des „Kanzleiprofils“ des von ihm mandatierten Anwalts - anders als im Fall anderer, z. B. auch einiger im Internet ihre Dienste anbietender Würzburger Rechtsanwälte - davon ausgehen durfte, dieser Anwalt werde seine rechtlichen Interessen wahrscheinlich besonders gut vertreten. Es geht hierbei nicht darum, ob letztlich - aus Sicht und mit den Kenntnissen des Verwaltungsgerichts oder des Verwaltungsgerichtshofs - ein anderer als der vom Kläger mandatierte Rechtsanwalt den Kläger tatsächlich besser, ebenso gut oder weniger gut im vorliegenden Rechtsstreit hätte vertreten können. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Kläger guten Grund zur Annahme haben durfte, der von ihm gewählte Anwalt habe gegenüber anderen Anwälten einen im Rechtsstreit möglicherweise entscheidenden, mithin einen zur „zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen“ Kompetenzvorsprung. Ein solcher Grund ist hier gegeben. Im Gegensatz zu anderen Rechtsanwaltskanzleien oder Rechtsanwälten stellt der vom Kläger mandatierte Anwalt in seinem Internetauftritt bereits auf der Startseite und durchgängig in allen einschlägigen Unterkapiteln dar, dass er sich auf sehr wenige Gebiete des materiellen Rechts spezialisiert habe (nämlich Prüfungsrecht, Beamtenrecht, Hochschulrecht) und innerhalb des Bereichs „Prüfungsanfechtungen“ schwerpunktmäßig u. a. Mandate von Prüflingen annehme, die sich einer Abschluss- oder Fortbildungsprüfung bei einer Handwerks- oder (Industrie-) und Handelskammer unterzogen hätten; zum Beleg für seine Kompetenz auf diesen Gebieten führt der Rechtsanwalt eine Anzahl einschlägiger Publikationen an. Dieser hohe Grad an Spezialisierung auf einem sehr begrenzten, aber gerade im Rechtsstreit des Klägers einschlägigen rechtlichen Bereich unterscheidet den vom Kläger mandatierten Rechtsanwalt von denjenigen Anwälten am Sitz des vorliegend angerufenen Verwaltungsgerichts, von deren Internetauftritt das Verwaltungsgericht Ausdrucke zu den Akten des Kostenverfahrens genommen hat. Die Überlegung ist naheliegend, dass mit der gewählten Beschränkung der rechtsanwaltlichen Betätigung auf wenige Rechtsbereiche eine relative Zunahme der „Fallzahlen“ und - bis zu einem gewissen Grad - auch vertiefte Spezialkenntnisse und eine umfassende praktische Erfahrung und Routine einhergehen müssen. Ein gewisses Verhandlungsgeschick und eine gewisse Erfolgsquote dürften gleichfalls typischerweise zu erwarten sein, wenn der betreffende Rechtsanwalt, der sich auf ein so schmales Berufsfeld beschränkt, von seiner Berufstätigkeit seinen Lebensunterhalt sichern will. Diese Überlegungen berechtigen vorbehaltlich gegenteiliger Erkenntnisse einen Rechtsuchenden jedenfalls zur Annahme, dieser Anwalt werde ihn in einem zu seinem Spezialgebiet gehörenden Rechtsstreit besonders gut vertreten. Dies reicht aus, um vorliegend einen „hinreichend gewichtigen Grund“ für die Wahl des auswärtigen Rechtsanwalts durch den Kläger zu bejahen.

Damit wird nicht in Frage gestellt, dass es in Würzburg Fachanwälte für Verwaltungsrecht gibt, die Prüfungsrecht im Zusammenhang mit Abschlussprüfungen vor einer Industrie- und Handelskammer vielleicht eher selten betreiben, aber aufgrund ihrer Qualifikation in der Lage gewesen wären, sich in die Materie einzuarbeiten und das Anliegen des Klägers ebenso gut oder womöglich noch besser zu vertreten, womöglich auch ohne Honorarvereinbarung. Auf wen dies zutreffen könnte, ist - und darauf kommt es dem Verwaltungsgerichtshof an - für einen verständigen Rechtsuchenden, der juristischer Laie ist, bei der gebotenen ex-ante-Sicht nicht ohne Weiteres erkennbar.

Kostenpositionen in der Abrechnung des Klägeranwalts, die aus andern Gründen als dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Gesichtspunkt des „auswärtigen Rechtsanwalts“ hätten nicht anerkannt werden dürfen, sind nicht ersichtlich. Die erstattungsfähigen Kosten des Klägers waren deshalb antragsgemäß festzusetzen und die entgegenstehenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts zu ändern.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 3 GKG festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Wohnung des Schuldners darf ohne dessen Einwilligung nur auf Grund einer Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht durchsucht werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Dies gilt nicht, wenn die Einholung der Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.

(2) Auf die Vollstreckung eines Titels auf Räumung oder Herausgabe von Räumen und auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 802g ist Absatz 1 nicht anzuwenden.

(3) Willigt der Schuldner in die Durchsuchung ein oder ist eine Anordnung gegen ihn nach Absatz 1 Satz 1 ergangen oder nach Absatz 1 Satz 2 entbehrlich, so haben Personen, die Mitgewahrsam an der Wohnung des Schuldners haben, die Durchsuchung zu dulden. Unbillige Härten gegenüber Mitgewahrsamsinhabern sind zu vermeiden.

(4) Der Gerichtsvollzieher nimmt eine Vollstreckungshandlung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen nicht vor, wenn dies für den Schuldner und die Mitgewahrsamsinhaber eine unbillige Härte darstellt oder der zu erwartende Erfolg in einem Missverhältnis zu dem Eingriff steht, in Wohnungen nur auf Grund einer besonderen Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr.

(5) Die Anordnung nach Absatz 1 ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach Absatz 1 einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.