Verwaltungsgericht Trier Beschluss, 28. Sept. 2017 - 7 L 11223/17.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2017:0928.7L11223.17.00
bei uns veröffentlicht am28.09.2017

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2500 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 24. August 2017 zur Unterbringung des Asylbewerbers ... in der Gemeinde ... anzuordnen, ist zulässig, aber hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts folgt aus dem bindenden Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts ..., § 83 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –, § 17 a Abs. 2 Satz 3 Gerichtsverfahrensgesetz – GVG –. Hingegen ist das Verwaltungsgericht Trier nicht bereits nach § 3 Abs. 6 des rheinland- pfälzischen Gerichtsorganisationsgesetzes zuständig. Der Rechtsstreit betrifft keine „Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz“ (jetzt Asylgesetz), denn Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Zuweisungsverfügung ist nicht das Asylgesetz – AsylG –, sondern allein das rheinland- pfälzische Landesaufnahmegesetz – AufnG – (BeckOK AuslR/Heusch AsylG § 50 Rn. 25-26, beck-online; Bergmann/Dienelt Ausländerrecht, AsylG § 50 Rn. 34-37, beck-online; VGH München Beschl. v. 11.12.2008 – 21 C 08.30322, BeckRS 2008, 28685, beck-online).

3

Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche Abwägung zwischen Vollzugs- und Suspensivinteresse ergibt jedoch, dass das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der Zuweisung überwiegt, denn die Antragstellerin hat nicht konkret dargelegt, dass die Vollziehung der Zuweisungsverfügung vom 24. August 2017 sie in ihrer – hier allein in Betracht kommenden Rechtsposition – aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG – und Art. 49 Abs. 3 Satz 1 Landesverfassung Rheinland- Pfalz – LV – verletzt.

4

Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 49 Abs. 3 Satz 1 LV sichern den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte. Auch die Wahrnehmung der pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben ist von der verfassungsrechtlichen Garantie des kommunalen Selbstverwaltungsrechts umfasst (VG Trier, Urteil vom 15. Juni 1998 - 1 K 1036/97.TR –, ESOVG). Diesbezüglich enthält die Selbstverwaltungsgarantie die Gewährleistung, dass die Gemeinden die Pflichtaufgaben in eigener Verantwortung und mit weitgehender Gestaltungs- und Ermessensfreiheit wahrnehmen können (vgl. BVerwG Beschl. v. 2.8.1984 – 3 C 4081, BeckRS 1984, 31323321, beck-online m. w. N.)

5

Das Selbstverwaltungsrecht könnte somit nur verletzt sein, wenn die Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheids über eine bloße Berührung der Angelegenheiten der Antragstellerin hinaus auch in einen Bereich eingreifen würde, der zum ihrem eigenen Wirkungskreis gehört (vgl. VG Trier, Urteil vom 21. Juli 2015 – 1 K 814/15.TR –, ESOVG). Ein solcher Eingriff lässt sich dem Vortrag der Antragstellerin jedoch nicht entnehmen.

6

Bei der streitgegenständlichen Zuweisung handelt es sich um eine Einzelzuweisung nach § 1 Abs. 2 AufnG. Der Anwendungsbereich des AufnG ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AufnG eröffnet, da der Bescheid über den Asylantrag des Herrn... noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Die Verpflichtung des Antragsgegners zur Unterbringung des Herrn ... folgt aus der Verteilungsverfügung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vom 3. September 2013 i. V. m. § 1 Abs. 1 AufnG.

7

Diese Einzelzuweisung führt nicht zu einer Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie der Antragstellerin, denn es handelt sich hierbei nicht um eine neue Aufgabenzuweisung (hierzu VGH RP, Urteil vom 16. 3. 2001 – VGH B 8/00 –, NVwZ 2001, 912, beck-online), sondern lediglich um die Konkretisierung einer bereits kraft Gesetzes übertragenen Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AufnG).

8

Durch die Einzelzuweisung wird die Planungs- und Organisationshoheit der Antragstellerin nicht verletzt, da die Unterbringung einer einzelnen Person im Gegensatz zur Zuweisung größerer Personenkontingente erkennbar keine Auswirkungen auf die planerischen und organisatorischen Konzepte der Gemeinde hat. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn der Landkreis mit der Zuweisung darüberhinausgehende Vorgaben verknüpft hätte, die den weiten Entscheidungsspielraum der Antragstellerin hinsichtlich der Erfüllung ihrer Pflichtaufgabe einschränken. Dies ist hier jedoch weder vorgetragen, noch ersichtlich.

9

Auch hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass sonstige, mit der Zuweisung einhergehende Belastungen ein solches Gewicht erreichen, dass ihr die Erfüllung anderer Aufgaben der Selbstverwaltung unmöglich gemacht oder zumindest in konkreter Weise ganz erheblich erschwert würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1983 – 7 C 102/82 –, Rn. 14, juris; vgl. BVerwG, Beschluss vom 04. August 2008 – 9 VR 12/08 –, Rn. 3, juris).

10

Vielmehr beschränkt sich ihr Vortrag im Wesentlichen auf die mit der Unterbringung des Herrn ... für die Öffentlichkeit einhergehenden Gefährdungen, welche vom Antragsgegner nach Auffassung der Antragstellerin in ermessensfehlerhafter Weise nicht hinreichend berücksichtigt wurden. Hierbei handelt es sich indes nicht um eigene, der Selbstverwaltungsgarantie unterfallende Rechte der Gemeinde, sondern allein um Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Diese Belange kann die Gemeinde nicht geltend machen, denn aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 49 Abs. 3 Satz 1 LV resultiert kein Recht der Gemeinde, als Sachwalterin eine Beeinträchtigung der Rechte ihrer Einwohner zu rügen (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Schütz/Wahl VwGO § 42 Rn. 104-106, beck-online). Die Einwohner der Antragstellerin sind, soweit sie sich belästigt fühlen, bei konkreten Übergriffen auf das Ordnungs- und Strafrecht verwiesen (OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Juni 2003 – 2 M 169/03 –, juris).

11

Dementsprechend vermag auch der Vortrag, die Unterbringung in der Gemeinde ... würde zu einer Gefährdung des Herrn ... führen, da die Bevölkerung vor dem Hintergrund des in der Vergangenheit durch einen Asylbewerber in ... begangenen Tötungsdeliktes negativ gestimmt sei, eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts nicht zu begründen. Ebenso wie die Einwohner der Gemeinde ... ist Herr ... bei konkreten Übergriffen auf das Polizei- und Ordnungsrecht zu verweisen.

12

Schließlich hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargelegt, dass die Entscheidung des Antragsgegners über die Zuweisung an Mängeln leidet, welche ihr Selbstverwaltungsrecht betreffen. Aufgrund des bei der Zuweisung nach § 1 Abs. 2 AufnG bestehenden Entscheidungsspielraums des Landkreises kann eine einzelne Gemeinde lediglich verlangen, dass die aus ihrem Selbstverwaltungsrecht resultierenden Belange hinreichend berücksichtigt werden und im Verhältnis zu anderen Gemeinden keine willkürliche Ungleichbehandlung erfolgt. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner diese Anforderungen missachtet hat.

13

Eine willkürliche Ungleichbehandlung der Antragstellerin im Verhältnis zu den anderen kreisangehörigen Gemeinden des Landkreises ... (vgl. zur willkürlichen Ungleichbehandlung: OVG Lüneburg, Beschluss vom 24. März 1993 – 11 M 324/93 –, juris) liegt erkennbar nicht vor. Wie von der Antragstellerin selbst vorgetragen beruht die Eingrenzung der Suche nach Unterbringungsorten auf die Gemeinde ... sowie die Stadt ... darauf, dass es für sinnvoll erachtet wurde, den Asylbegehrenden in einer Gemeinde unterzubringen, in welcher eine Polizeiinspektion vorhanden ist. Dies stellt mit Blick auf die Vorgeschichte des Herrn ... einen sachlichen und nachvollziehbaren Grund dar. Die Entscheidung, letztlich die Antragstellerin auszuwählen, ist ebenfalls offensichtlich von sachlichen Gründen getragen, da die Stadt ... mitteilte, aufgrund vorhandener weiterer „Problemfälle“ über keine personellen Kapazitäten zur Betreuung des Herrn ... zu verfügen. Dies geht aus der Verwaltungsakte des Antragsgegners (Bl. 134, 140) hervor und wurde seitens der Antragstellerin nicht bestritten. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner von einer weiteren Prüfung der dortigen Aufnahmekapazitäten abgesehen hat – zumal die Antragstellerin unstreitig zunächst Gesprächsbereitschaft signalisiert hat. Zudem belegt die Verwaltungsakte, dass der Antragsgegner zuvor mit hohem Aufwand, u. a. unter Einbindung der Polizei, einer Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie des Betreuers von Herrn ... vergeblich versucht hat, betreute Wohnmöglichkeiten zu finden (u. a. Bl. 150 der Verwaltungsakte).

14

Demgegenüber war der Antragsgegner entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht bereits wegen des Umstandes, dass in der Gemeinde ... in der Vergangenheit ein Tötungsdelikt durch einen Asylbewerber begangen wurde, verpflichtet, vorrangig die Unterbringung in einer anderen Gemeinde zu prüfen. Allein aus diesem Vorgeschehen ergeben sich noch keine schutzwürdigen, dem Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin unterfallenden Belange. In Anbetracht dessen kann überdies dahinstehen, ob die Antragstellerin zunächst sogar in die Unterbringung einwilligte, denn allein maßgeblich ist, dass die Entscheidung des Antragsgegners gemäß vorstehenden Ausführungen von sachlichen Gründen getragen war.

15

Soweit die Antragstellerin beanstandet, die sofortige Vollziehung der Zuweisung stelle für sie eine erhebliche Härte dar, da sie vor Ort nicht in der Lage sei, die Erfüllung der Herrn ... auferlegten Auflagen (gemeint sind wohl die aus dem Beschluss zur Führungsaufsicht des LG ..., Beschluss vom ... – ... –) zu überwachen, vermag das Gericht ebenfalls nicht zu erkennen, dass der Antragsgegner aus dem Selbstverwaltungsrecht resultierende Belange nicht hinreichend berücksichtigt hat. Die Antragstellerin verkennt insoweit, dass nicht die unterbringende Gemeinde, sondern die Führungsaufsichtsstelle bei dem Landgericht ... mit Unterstützung der dortigen Bewährungshilfe für die Überwachung der Auflagen zuständig ist (§ 68 a Abs. 1, Abs. 3 StGB i. V. m. § 1 Nr. 1 der LandesVO vom 23. Februar 2016 (GVBl. 168)). Sofern die Antragstellerin die ihr nach § 89 Abs. 1 Landespolizeigesetz RP i. V. m. § 1 der Landesverordnung über die Zuständigkeit der allgemeinen Ordnungsbehörden (in der Fassung vom 28. September 2010 (GVBl. S. 280)) obliegenden ordnungsbehördlichen Aufgaben meint, hat sie nicht substantiiert dargelegt, inwiefern ihr diese nicht möglich sein sollen. Im Übrigen wäre sie insofern darauf zu verweisen, die Hilfe der nächsthöheren Ordnungsbehörde in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus ist die Gemeinde auch durch den medizinischen Versorgungsbedarf des Herrn ... nicht übermäßig belastet, denn die Versorgung mit den benötigten Depotspritzen wird nach der unbestrittenen Auskunft des Antragsgegners durch die Sozialstation ... übernommen (siehe auch Bl. 207 der Verwaltungsakte).

16

Ebenso wie die Zuweisung als solche begegnet auch die formell ordnungsgemäße Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 49 Abs. 3 LV keinen Bedenken. Aus den oben dargelegten Gründen ist nicht ersichtlich, dass durch die Vollziehung der Zuweisung konkrete, aus der Selbstverwaltungsgarantie resultierende Rechte der Antragstellerin betroffen werden. Insbesondere besteht seitens des Antragsgegners ein berechtigtes Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit, da durch die Unterbringung des Herrn ... in der Stadt ... zur Obdachlosenunterbringung vorgesehene Kapazitäten zweckwidrig belegt werden.

17

Die verbleibende abstrakte Möglichkeit bloßer Auswirkungen auf Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinde genügt nicht zur Annahme eines Eingriffs in das Selbstverwaltungsrecht (VGH BW, Urteil vom 26. Mai 1993 – 11 S 1035/92 –, Rn. 32, juris).

18

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

19

Der Streitwert ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 83


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 50 Landesinterne Verteilung


(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass 1. dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die V

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Verwaltungsgericht Trier Urteil, 21. Juli 2015 - 1 K 814/15.TR

bei uns veröffentlicht am 21.07.2015

Tenor Die Klagen werden abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen die Kläger als Gesamtschuldner. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den
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Verwaltungsgericht Trier Urteil, 26. Juni 2018 - 7 K 2332/18.TR

bei uns veröffentlicht am 26.06.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Proz

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Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Ausländer sind unverzüglich aus der Aufnahmeeinrichtung zu entlassen und innerhalb des Landes zu verteilen, wenn das Bundesamt der zuständigen Landesbehörde mitteilt, dass

1.
dem Ausländer Schutz nach den §§ 2, 3 oder 4 zuerkannt wurde oder die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes in der Person des Ausländers oder eines seiner Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 vorliegen, oder
2.
das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entscheidung des Bundesamtes angeordnet hat, es sei denn, der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 abgelehnt.
Eine Verteilung kann auch erfolgen, wenn der Ausländer aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet ist, in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.

(2) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung zu regeln, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist.

(3) Die zuständige Landesbehörde teilt innerhalb eines Zeitraumes von drei Arbeitstagen dem Bundesamt den Bezirk der Ausländerbehörde mit, in dem der Ausländer nach einer Verteilung Wohnung zu nehmen hat.

(4) Die zuständige Landesbehörde erlässt die Zuweisungsentscheidung. Die Zuweisungsentscheidung ist schriftlich zu erlassen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Sie bedarf keiner Begründung. Einer Anhörung des Ausländers bedarf es nicht. Bei der Zuweisung sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen.

(5) Die Zuweisungsentscheidung ist dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsbevollmächtigten benannt, soll ein Abdruck der Zuweisungsentscheidung auch diesem zugeleitet werden.

(6) Der Ausländer hat sich unverzüglich zu der in der Zuweisungsverfügung angegebenen Stelle zu begeben.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Beigeladenen jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Gegenstand des Verfahrens ist ein vom Kreisrechtsausschuss des Beklagten erlassener Widerspruchsbescheid, mit dem auf den Widerspruch des Beigeladenen eine verkehrsbehördliche Anordnung der Klägerin zu 1) aufgehoben und die Beseitigung einer auf dieser Grundlage aufgestellten Schrankenanlage auf dem Stadtgebiet der Klägerin zu 2) angeordnet wurde.

2

Der Wirtschaftsweg „Alte R.-Straße“ verbindet den Stadtteil X. (Kreuzungsbereich „B.-Straße“/„R.-Straße“) der der Klägerin zu 1) angehörenden Klägerin zu 2) mit dem außerhalb der geschlossenen Ortslage liegenden Gewerbegebiet M. (Kreuzungsbereich „F.-Straße“/„Ü.-Straße“). Er gehört zu einem Wirtschaftswegenetz zur Erschließung der Weinberge. Für die „Alte R.-Straße“ bestand in der Vergangenheit ein Durchfahrtsverbot für Fahrzeuge. Ausgenommen hiervon waren durch verschiedene Zusatzbeschilderung landwirtschaftlicher Verkehr, Mofas und Fahrräder. Faktisch wurde der Wirtschaftsweg jedoch unter vielfacher Missachtung des angeordneten Verbots von Fahrzeugen aller Art einschließlich von LKW-Zulieferverkehr in beiden Richtungen als Abkürzung zwischen dem Stadtteil X. der Klägerin zu 2) und dem Gewerbegebiet M. genutzt.

3

Der Beigeladene ist Winzer. Er nutzt den Wirtschaftsweg „Alte R.-Straße“ als Zuwegung zu den in diesem Bereich liegenden Weinbergen sowie als Verbindungsweg zwischen dem von ihm geführten Gewerbebetrieb auf dem M. und dem im Stadtkern von X. gelegenen Weingut/Wohnhaus. Ende der 1990er Jahre war er als Grundstückseigentümer an einem Flurbereinigungsverfahren (Flurbereinigung „X. K.-berg“) beteiligt, dessen Flurbereinigungsgebiet auch den Bereich der „Alten R.-Straße“ umfasste. Zwischen den Beteiligten ist jedoch streitig, ob und inwiefern der Wirtschaftsweg selbst im Rahmen dieses Verfahrens ausgebaut oder als gemeinschaftliche öffentliche Anlage in den Flurbereinigungsplan aufgenommen worden ist.

4

Aufgrund vielfacher Beschwerden der Anwohner in der „B.-Straße“ und der „R.-Straße“, die am Ortsausgang X. in die „Alte R.-Straße“ münden, veranlasste die Klägerin zu 1) als untere Verkehrsbehörde jeweils in Abstimmung mit der Klägerin zu 2) spätestens seit dem Jahr 2002 verschiedene straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zur Eindämmung des Durchgangsverkehrs. Im Jahr 2002 wurde das Verbotszeichen „Verbot für Fahrzeuge aller Art“ (Zeichen 250 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung – StVO) an beiden Enden der „Alten R.-Straße“ angebracht. Dieses wurde im Jahr 2003 durch das Gefahrzeichen „Unebene Fahrbahn“ (Zeichen 112 der Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 StVO) sowie die Zusatzzeichen „Landwirtschaftlicher Verkehr frei“ (Zeichen 1026-36) und „Fahrrad und Mofa frei“ (Zeichen 1022-10/11) ergänzt. Im Jahr 2005 fanden vermehrte Polizeikontrollen statt, aufgrund derer fortbestehende Verkehrsverstöße in hoher Zahl festgestellt wurden. Daher wurde die Problematik in die Verkehrsschau aufgenommen, die am 16. März 2006 stattfand. Im Jahr 2007 wurden zur Eindämmung der Problematik Blockmarkierungen („rechts vor links“) im Kreuzungsbereich „B.-Straße“/„R.-Straße“ angebracht; im Jahr 2009 nach weiteren Anwohnerbeschwerden Fahrbahnverengungen an beiden Enden der „Alten R.-Straße“ errichtet. Im Jahr 2011 veränderte die Klägerin zu 1) auf Bitten der Klägerin zu 2) die Ausschilderung zum Gewerbegebiet, ohne dass nach beidseitiger Einschätzung eine Veränderung des Verkehrsverhaltens festzustellen war. Eine systematische Verkehrszählung hat jedenfalls seit 2002 nicht stattgefunden. Die Einschätzungen der Klägerin zu 1) und 2) zum tatsächlichen Durchgangsverkehr beruhen auf der Verkehrsschau und einer Polizeikontrolle im Jahr 2006 sowie den bis in die Gegenwart andauernden Beschwerden der Anwohner aus der „B.-Straße“ und der „R.-Straße“.

5

Am 26. März 2012 ordnete die Klägerin zu 1) als untere Verkehrsbehörde nach Anhörung der Klägerin zu 2) die Errichtung von Absperrelementen auf der „Alten R.-Straße“ an, um den illegalen Durchgangsverkehr über den Wirtschaftsweg zu unterbinden. Zu diesem Zweck wurden im Bereich des Übergangs der „F.-Straße“ in die Straße „Ü.-Straße“ südlich der Einmündung versetzt stehende Leitplanken installiert.

6

Hiergegen durch den Beigeladenen nachgesuchter Eilrechtsschutz blieb im Ergebnis erfolglos: Ein Antrag auf vorläufige Beseitigung der Leitplanken wurde durch das Verwaltungsgericht Trier mit Beschluss vom 16. Oktober 2012 abgelehnt (5 L 1024/12.TR). Im Hauptsacheverfahren, das als Untätigkeitsklage betrieben wurde, hob das Verwaltungsgericht Trier durch Urteil vom 16. Januar 2013 die verkehrsbehördliche Anordnung der Klägerin zu 1) vom 26. März 2012 wegen Ermessensfehlern auf und verpflichtete die Klägerin zu 1) zur Entfernung der Leitplanken (5 K 1018/12.TR). Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin wies das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 26. Februar 2014 als unbegründet zurück (7 A 11038/13.OVG). Nach Eintritt der Rechtskraft wurden die Leitplanken am 21. Mai 2014 entfernt.

7

Am 23. Juni 2014 ordnete die Klägerin zu 1) als untere Verkehrsbehörde nach Anhörung der Klägerin zu 2) die Sperrung der „Alten R.-Straße“ durch eine abschließbare Schrankenanlage an. Diese wurde 50 Meter unterhalb der vormaligen Absperrung errichtet und nachträglich durch bauliche Vorrichtungen auf dem Grünstreifen ergänzt, um eine unzulässige Umfahrung zu verhindern. Zudem wurde die Beschilderung in den Kreuzungsbereichen „B.-Straße“/„R.-Straße“ und „F.-Straße“/„Ü.-Straße“ angepasst.

8

Auf den Widerspruch des Beigeladenen hob der Kreisrechtsausschuss des Beklagten am 6. März 2015 die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Klägerin

9

zu 1) vom 23. Juni 2014 auf und wies sie an, die Schrankenanlage „Alte R.-Straße“ wieder entfernen zu lassen. Die Klägerin zu 2) ist an dem Widerspruchsverfahren nicht beteiligt worden; sie hat auch keinen Antrag auf Hinzuziehung gemäß § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 13 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – gestellt.

10

Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Kreisrechtsausschuss des Beklagten aus, als Rechtsgrundlage der Maßnahme komme nur § 45 Abs. 1 StVO in Betracht. Dieser gestatte eine Beschränkung des Verkehrs unter anderem aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs sowie zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen. Es sei bereits fraglich, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Anordnung vorlägen. Grundsätzlich dürften nach § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO Anordnungen nur bei zwingender Erforderlichkeit getroffen werden. Bei der Beschränkung des fließenden Verkehrs sei dies nur der Fall, wenn aufgrund der örtlichen Verhältnisse eine das allgemeine Risiko erheblich übersteigende Gefahrenlage vorliege (§ 45 Abs. 9 Satz 2 StVO). Es sei nicht ersichtlich, dass die Sperrung der „Alten R.-Straße“ zum Schutz der Bevölkerung erforderlich sei; insbesondere sei keine derart hohe Belastung an Lärm und Abgasen erkennbar, dass sie eine Anordnung der Sperrung rechtfertigen könne. Zudem habe die Klägerin zu 1) die verstärkte Inanspruchnahme verkehrspolizeilicher Maßnahmen nicht in Betracht gezogen.

11

Zudem leide die Platzierung der Schranke an Ermessensfehlern. Die derzeitige Position sei nicht die einzig geeignete Stelle. Vielmehr sei eine Positionierung auch am südlichen Ende der „Alten R.-Straße“ im Kreuzungsbereich „B.-Straße“/„R.-Straße“ möglich gewesen. Dies sei von der Klägerin zu 1) nach Eingeständnis ihres Vertreters in der Sitzung des Kreisrechtsausschusses jedoch überhaupt nicht in Betracht gezogen worden. Diese habe sich vielmehr für eine Sperrung in kilometerweiter Entfernung vom eigentlichen Problempunkt entschieden, wofür es keinen erkennbaren Anlass gebe. Zudem sei ermessensfehlerhaft, dass die Möglichkeit innerörtlicher Verkehrsberuhigungsmaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.

12

Schließlich habe die Klägerin zu 1) auch die Interessen der Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren „X. K.-berg“ nicht ausreichend in ihre Erwägungen eingestellt. Diese hätten entschädigungslose Landabzüge im Flurbereinigungsverfahren hingenommen und hierdurch einen besonders geschützten, über den allgemeinen Anliegergebrauch hinausgehenden Anspruch auf ungehinderte Nutzung des Wirtschaftswegenetzes im Flurbereinigungsgebiet erworben. Dies umfasse auch das Recht, die uneingeschränkte Erschließungsnutzung zu ihren Grundstücken verlangen zu können. Dabei müsse sich der Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Koblenz auch nicht entgegenhalten lassen, dass das Grundstück gegebenenfalls auch auf anderem Weg erreichbar sei. In diesem Zusammenhang sei es auch irrelevant, ob der Weg im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens erst hergestellt oder auch nur ausgebessert worden sei. Im Gegenteil genüge die Aufnahme als gemeinschaftliche Anlage in den Flurbereinigungsplan, um die volle Schutzwirkung auszulösen. Aus diesem Grund habe die Klägerin die besondere Pflicht zur vordringlichen Prüfung von Alternativen betroffen, um die Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren – darunter den Beigeladenen – vor Beeinträchtigung ihrer erworbenen Rechte zu schützen.

13

Aus der Rechtswidrigkeit der Anordnung resultiere die Pflicht der Klägerin zu 1) zur Beseitigung der Schrankenanlage auf Grundlage des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs.

14

Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin zu 1) am 9. März 2015 zugestellt; der Klägerin zu 2) wurde er nicht förmlich bekanntgegeben.

15

Am 17. März 2015 hat die Klägerin zu 1) in eigenem Namen vorliegende Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 6. März 2015 anstrebt.

16

Sie sieht die Voraussetzungen für den Erlass der Anordnung gegeben. Der Beklagte habe den Umfang der Beeinträchtigungen heruntergespielt. Die „Alte R.-Straße“ werde seit vielen Jahren als „Schleichweg“ zum Gewerbegebiet genutzt. Selbst LKW-Zulieferverkehr nutze die Strecke. Dies führe einerseits zu nicht mehr hinnehmbaren Auswirkungen für die Anwohner der „B.-Straße“ und der „R.-Straße“, die einen derartigen Verkehr aufgrund der Randlage der Grundstücke nicht erwarten müssten. Zudem anderen sei der Weg für eine derartige Nutzung nicht ausgelegt. Der Ausbauzustand entspreche keinem Standard, der die gefahrlose Passage einer Vielzahl von Fahrzeugen gestatte. Dies gefährde die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern auf der „Alten R.-Straße“, die den Weg zulässigerweise als Zuweg zur Arbeitsstätte im Gewerbegebiet nutzen würden und nicht mit durchgehendem Verkehr rechnen müssten. Zudem weise der Weg auch eine gewisse touristische Bedeutung auf, der eine exzessive Fahrzeugnutzung entgegenstehe. So sei er Teil eines Rundwanderwegs und führe zum Kletterpark der Klägerin zu 2).

17

Alternative Maßnahmen zur Verhinderung der Durchfahrt seien erschöpft. Es bestehe bereits seit 2002 ein Verbot der Durchfahrt (außer landwirtschaftlichem Verkehr, Fahrrädern und Mofas). Es fänden regelmäßig Kontrollen durch die Polizei statt. Diese selbst sehe aber die Vollsperrung als einzig effektive Maßnahme für eine dauerhafte Unterbindung des Durchgangsverkehrs. Durch Anwohner würden zahlreiche Verkehrsverstöße dokumentiert. 2007 habe es einen Verletzten durch Steinschlag vorbeifahrender Fahrzeuge gegeben. Die Wahl einer abschließbaren Schranke mit Umfahrungshindernissen als Sperrmaßnahme sei das Ergebnis einer langen Abwägung. Es lägen positive Stellungnahmen der Polizeiinspektion Z. und der Polizeiwache X. sowie des Landesbetriebs Mobilität – LBM – Trier vor. Es habe eine intensive Abwägung der wechselseitigen Interessen stattgefunden. Hiernach habe sich die Sperrung als einzig geeignete Maßnahme herausgestellt. Kontrollen und sonstige Beschränkungen seien in der Vergangenheit wirkungslos geblieben; teilweise seien Absperrelemente mit schweren Werkzeugen aus der Verankerung gelöst worden.

18

Unter den drei denkbaren Positionen der Schranke habe sich die Klägerin erst nach eingehender Erörterung für die letztlich realisierte entschieden. Sie habe die Schranke nicht ans untere Ende des „Alten Römerwegs“ verortet, weil dann sehr viele Weinberge vom Verkehr abgeschnitten gewesen seien und mehr Schlüssel an die beeinträchtigten Winzer auszugeben gewesen wären. Für die jetzige Position spreche, dass dort das Verbot ebenso effektiv durchgesetzt werden könne, aber den Winzern der unterhalb liegenden Weinberge eine ungehinderte Zufahrt aus X. ermöglicht werde. Am alten Standort sei die Aufstellung ausgeschieden, weil es an dieser Stelle sehr steil sei und die Möglichkeit der Umfahrung bestanden habe.

19

Der Weg habe zwar im Jahr 2002 eine neue Bitumendecke erhalten. Bei dieser habe es sich jedoch nicht um eine Maßnahme des Flurbereinigungsverfahrens gehandelt, weil dieses bereits mit der Schlussfeststellung im Jahr 2001 zum Abschluss gebracht worden sei. Es habe sich um eine Schadensersatzmaßnahme wegen der Beschädigung durch Baumaschinen gehandelt und nicht um eine Maßnahme der Flurbereinigung. Der Beigeladene werde durch die verkehrsbehördliche Anordnung nicht in eigenen Rechten verletzt. Insbesondere könne er sich nicht auf Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz – GG – berufen. Es bestehe kein Schutz eines bestimmten Bestands des Wegenetzes. Tatsächliche äußere Gegebenheiten würden nicht dem Schutz des einzelnen Unternehmens zugeordnet. Es liege auch kein relevanter Eingriff vor. Schlüssel seien vorhanden, so dass die Schranke weiterhin passiert werden könne.

20

In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015 hat die Klägerin zu 2) zu Protokoll des Gerichts ihren Beitritt zum Verfahren erklärt. Nachdem der Beklagte der subjektiven Klageerweiterung nicht zugestimmt hat, hat das Gericht durch in der Verhandlung verkündeten Beschluss vom 21. Juli 2015 die Klageerweiterung für sachdienlich erklärt. Zur Begründung ihrer Klage nimmt die Klägerin zu 2) Bezug auf die Klagebegründung der Klägerin zu 1).

21

Die Klägerinnen zu 1) und 2) beantragen jeweils,

22

den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. März 2015 aufzuheben.

23

Der Beklagte beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Er ist der Auffassung, dass die Klägerin zu 1) bereits keine Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – habe. Die Klägerin zu 1) sei zwar zuständig für verkehrsbehördliche Anordnungen als untere Straßenverkehrsbehörde. Diese Aufgabe nehme sie jedoch als staatliche Auftragsangelegenheit wahr. Insoweit bestehe keine Möglichkeit der Verletzung von eigenen Rechten. Auch übe sie mit der beanstandeten Maßnahme keine Selbstverwaltungsrechte aus, wodurch sie bei einer Korrektur der Maßnahme durch die nächsthöhere Behörde in eigenen Rechten hätte verletzt sein können.

26

Hilfsweise sei die Klage unbegründet. Es habe die Notwendigkeit bestanden, auch andere Standorte für die Schranke in Betracht zu ziehen, insbesondere den Kreuzungsbereich „R.-Straße“/„B.-Straße“. Die „Alte R.-Straße“ sei im Flurbereinigungsverfahren als „Weg 100“ erfasst, so dass die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Sonderrechten durch die Teilnehmer des Verfahrens bestehe. Es bestehe kein Recht der unteren Straßenverkehrsbehörde, ohne entsprechende Gemeindesatzung in die Sonderrechte durch Sperrung des Wegs einzugreifen. Hierzu sei zudem die Zustimmung der Aufsichtsbehörde erforderlich.

27

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

28

die Klage abzuweisen.

29

Er schließt sich der Argumentation des Beklagten an und stellt das Vorbringen der Klägerinnen insgesamt in Abrede. Insbesondere betont er, dass nach der Verlagerung des Amts für Geoinformationswesen der Bundeswehr, das bis 2011 im Gewerbegebiet M. angesiedelt gewesen sei und sich seither in Euskirchen befinde, der Durchgangsverkehr auf der „Alten R.-Straße“ erheblich nachgelassen habe.

30

Die Klägerinnen zu 1) und 2) haben nach Abschluss der mündlichen Verhandlung ihre Ausführungen in einem weiteren Schriftsatz vertieft.

31

Die Klägerin zu 1) sieht sich weiterhin als klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO an. Sie macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass die Frage ihrer Klagebefugnis in keinem der früheren Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Trier oder dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz angezweifelt worden sei. Zudem sei der Widerspruchsbescheid an sie adressiert gewesen; bereits dies begründe ihre Klagebefugnis. Andernfalls hätte keine Möglichkeit bestanden, die Bestandskraft des Widerspruchsbescheids zu verhindern.

32

Die Klägerin zu 2) beanstandet, dass sie in den früheren Widerspruchs- und Klageverfahren nicht hinzugezogen bzw. beigeladen worden ist. Im vorliegenden Fall führe bereits ihre fehlende Hinzuziehung gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 13 Abs. 2 VwVfG dazu, dass der angefochtene Widerspruchsbescheid an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel leide. Jedenfalls sei sie selbst klagebefugt, weil die Entscheidung des Beklagten in ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung eingreife. Der Zulässigkeit ihrer Klage stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin zu 1) bereits frühzeitig von dem Widerspruchsbescheid Kenntnis hatte. Deren Wissen sei ihr – der Klägerin zu 2) – nicht zuzurechnen, weil die Klägerin zu 1) im Widerspruchsverfahren stets nur in eigener Sache, nicht aber als kommunalrechtliche Vertreterin der Ortsgemeinde beteiligt gewesen sei.

33

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten, dem Protokoll der mündlichen Verhandlung, den Gerichtsakten des Verfahrens 1 L 1243/14.TR nebst Verwaltungsakten und beigezogener Gerichtsakten früherer Verfahren sowie den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (2 Ordner, 2 Hefte), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist sowohl hinsichtlich der Klägerin zu 1) als auch der Klägerin zu 2) unzulässig (nachfolgend I.). Sie wäre aber auch unbegründet, was zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits ausgeführt wird (nachfolgend II.).

I.

35

1. Die Klage der Klägerin zu 1) ist unzulässig, weil sie nicht geltend machen kann, durch den angefochtenen Widerspruchsbescheid in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 42 Abs. 2 VwGO). Insbesondere kann die Klägerin zu 1) nicht geltend machen, durch die Aufhebung der Anordnung vom 23. Juni 2014 werde in ihr gemeindliches Selbstverwaltungsrecht eingegriffen, das Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 49 Abs. 3 Satz 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – Verf RP – verfassungsrechtlich gewährleisteten.

36

a) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sichert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts solche Aufgaben, die das Zusammenleben und -wohnen der Menschen vor Ort betreffen oder einen spezifischen Bezug darauf haben (vgl. BVerfGE 8, 122 <134>; 50, 195 <201>; 52, 95 <120>; 79, 127 <151 f.>; 110, 370 <400>).

37

Die Klägerin zu 1) ist eine Verbandsgemeinde. Gemäß § 64 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung – GemO – sind Verbandsgemeinden aus Gründen des Gemeinwohls gebildete Gebietskörperschaften, die aus benachbarten Gemeinden des gleichen Landkreises bestehen. Sie verwalten ihre Angelegenheiten selbst unter eigener Verantwortung im Rahmen der Verfassung (§ 64 Abs. 1 Satz 3 GemO) und können daher auch grundsätzlich Träger des verfassungsrechtlich gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden sein (vgl. hierzu: VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. Juli 2007 – VGH N 18/06 – AS 35, 1, 6).

38

b) Eine inhaltlich umrissene Aufgabengarantie enthält Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht (vgl. BVerfGE 79, 127 <146>; 107, 1 <12>; BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 – 2 BvR 1641/11 – juris Rn. 114). Die örtlichen Bezüge einer Aufgabe und deren Gewicht für die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung lassen sich nicht an scharf konturierten Merkmalen messen. Vielmehr muss bei ihrer Bestimmung der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen historischen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung getragen werden (vgl. BVerfGE 59, 216 <226>; 91, 228 <238>; 125, 141 <167>; BVerfG, Beschluss vom 19. November 2014 – 2 BvL 2/13 – juris Rn. 46).

39

Die durch die Klägerin zu 1) bei Anordnung der aufgehobenen Maßnahme wahrgenommenen Aufgaben und Befugnisse der unteren Straßenverkehrsbehörde zur Regelung des Straßenverkehrs gehören seit jeher zu den staatlichen Aufgaben, nicht zu den Angelegenheiten des gemeindeeigenen, durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Wirkungskreises (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1983 – 7 C 102.82 – juris Rn. 11; BayVGH, Urteil vom 21. Februar 2011 – 11 B 09.3032 – juris Rn. 25). Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts daraus, dass Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG – ebenso wie die entsprechende Regelung in Art. 49 Abs. 3 Satz 2 LVerf RP – die Selbstverwaltung „im Rahmen der Gesetze“ bzw. „im Einklang mit den Gesetzen“ gewährt und die Regelung des Straßenverkehrs – auch des örtlichen Straßenverkehrs – stets staatliche Angelegenheit gewesen und geblieben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1983 – 7 C 102.82 – juris Rn. 11, m.w.N.).

40

Dies entspricht auch der einfachrechtlichen Rechtslage: Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Straßenverkehrsrechts vom 12. März 1987 (GVBl. S. 46) in der Fassung vom 22. November 2013 (GVBl. S. 479) – ZuVO-StrVR – ist u.a. die Verbandsgemeindeverwaltung die zuständige Behörde für die Bestimmung, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen oder zu entfernen sind, die Beschränkung der Benützung von Straßen und die sonstigen Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde nach § 45 StVO. Diese ihr übertragene Aufgabe nimmt die Verbandsgemeinde gemäß § 9 ZuVO-StrVR als Auftragsangelegenheit wahr.

41

Bei der Anordnung der Sperrung des „Alten Römerwegs“ am 23. Juni 2014 handelte die Klägerin zu 1) demnach in Wahrnehmung einer ihr als Auftragsangelegenheit übertragenen Aufgabe. Die Aufhebung einer aufgrund dieser Zuständigkeit getroffenen Maßnahme durch die Widerspruchsbehörde berührt nicht den eigenen, sondern lediglich den übertragenen Wirkungskreis der Körperschaft. Da die Verbandsgemeinde insoweit keine Selbstverwaltungsangelegenheit, sondern nur eine ihr übertragene staatliche Aufgabe wahrnimmt, kann sie durch eine von ihren Wünschen oder Vorstellungen abweichende Entscheidung der Widerspruchsbehörde grundsätzlich nicht in ihren Rechten im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO verletzt sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1983 – 7 C 102.82 – juris; BayVGH, Urteil vom 21. Februar 2011 – 11 B 09.3032 – juris Rn. 25). Von daher ist es der Klägerin zu 1) auch verwehrt, sich mit Erfolg auf straßenverkehrsrechtliche Belange zu berufen, beispielsweise darauf, dass, der Ausbauzustand der „Alten R.-Straße“ keinem Standard entspreche, der die gefahrlose Passage einer Vielzahl von Fahrzeugen gestatte. Insoweit hätte es nur der Aufsichtsbehörde – vorliegend dem LBM – oblegen, im Falle der Rechtswidrigkeit das objektive Beanstandungsverfahren nach § 17 Abs. 1 Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO – i.V.m. § 16 Abs. 7 Halbsatz 2 AGVwGO (sog. Aufsichtsklage) einzuleiten. Dies ist vorliegend nicht geschehen; die Klägerin zu 1) ist ihrerseits hierzu nicht berechtigt.

42

c) Eine aus dem Selbstverwaltungsrecht hergeleitete Klagebefugnis wegen Verletzung eigener Rechte der Klägerin zu 1) könnte angesichts des Vorstehenden nur bejaht werden, wenn die angefochtene Aufhebung der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung – über eine bloße Berührung ihrer Angelegenheiten – auch in einen Bereich eingreifen würde, der zum eigenen Wirkungskreis der Klägerin zu 1) gehört. Ein solcher Eingriff lässt sich aus dem Klagevortrag jedoch nicht entnehmen.

43

Gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 GemO nimmt die Verbandsgemeinde anstelle der Ortsgemeinden folgende Selbstverwaltungsaufgaben wahr: die ihr nach den Schulgesetzen übertragenen Aufgaben (Nr. 1); den Brandschutz und die technische Hilfe (Nr. 2); den Bau und die Unterhaltung von zentralen Sport-, Spiel- und Freizeitanlagen (Nr. 3); den Bau und die Unterhaltung überörtlicher Sozialstationen (Nr. 4); die Wasserversorgung (Nr. 5); die Abwasserbeseitigung (Nr. 6) und den Ausbau und die Unterhaltung von Gewässern dritter Ordnung (Nr. 7). Gemäß § 67 Abs. 2 GemO wird den Verbandsgemeinden in Anwendung von § 203 Abs. 2 BaugesetzbuchBauGB – die Flächennutzungsplanung übertragen. Daneben kann die Verbandsgemeinde Aufgaben der Wirtschaftsförderung und der Fremdenverkehrsförderung, soweit sie von überörtlicher Bedeutung sind, wahrnehmen (§ 67 Abs. 3 GemO). In Einzelfällen und bei dringendem öffentlichen Interesse können weitere Selbstverwaltungsangelegenheiten der Ortsgemeinden durch die Verbandsgemeinde wahrgenommen werden (§ 67 Abs. 4 GemO) oder durch die Ortsgemeinden mit ihrer Zustimmung auf die Verbandsgemeinde übertragen werden (§ 67 Abs. 5 GemO).

44

Die Klägerin zu 1) hat weder in ihrer Klagebegründung vom 14. April 2015 noch in der Replik vom 23. Juni 2015 noch im nachgereichten Schriftsatz vom 22. Juli 2015 die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der vorstehend genannten Selbstverwaltungsaufgaben durch die Aufhebung der Sperrung der „Alten R.-Straße“ schlüssig behauptet. Hierzu wäre etwa erforderlich gewesen, die nachhaltige Beeinträchtigung einer von der Verbandsgemeinde errichteten und unterhaltenen Sport-, Spiel- und Freizeitanlage durch den Durchgangsverkehr auf der „Alten R.-Straße“ oder der Zubringerstraßen darzulegen oder schlüssig vorzutragen, dass durch die übermäßige Nutzung der „Alten R.-Straße“ eine durch die Klägerin zu 1) etwaig vorgenommene überörtliche Fremdenverkehrsförderung konterkariert wird. Derartiger Sachvortrag ist nicht erfolgt. Soweit die Gemeindeordnung optional wahrzunehmende Selbstverwaltungsangelegenheiten vorsieht (§ 67 Abs. 3 bis 5 GemO) hat die Klägerin zu 1) nicht behauptet, diese durch die im Übrigen zuständige Ortsgemeinde, die Klägerin zu 2), übertragen bekommen zu haben oder für diese wahrzunehmen. Soweit die Klägerin zumindest die gewisse touristische Bedeutung der „Alten R.-Straße“ als Teil eines Rundwanderwegs und Zuwegung zum Kletterpark der Klägerin zu 2) hervorhebt, der eine exzessive Fahrzeugnutzung der Route entgegenstehe, ist nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen einer Übernahme der überörtlichen Fremdenverkehrsförderung als Selbstverwaltungsangelegenheit von der Ortsgemeinde (§ 67 Abs. 3 Alt. 2 GemO) vorgelegen hätten oder eine Übernahme in der Vergangenheit tatsächlich stattgefunden hat.

45

Demgegenüber hat die Klägerin zu 1) sich stets vorrangig darauf berufen, dass die durch den Beklagten angeordnete Aufhebung der Sperrung innerhalb ihres Gemeindegebiets zu einer aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs nicht mehr vertretbaren Zunahme des Fahrzeugverkehrs führe, der die Anwohner betroffener Straßen unzumutbar beeinträchtige. Dieses Vorbringen begründet jedoch keine Klagebefugnis für die Klägerin zu 1) im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Dies gilt nicht nur für die behauptete erhöhte Gefährdung des zulässigen Fahrrad- und Fußgängerverkehrs auf der „Alten R.-Straße“, sondern auch, soweit die Klägerin zu 1) auf den durch den unzulässigen Durchgangsverkehr verursachten Anstieg des Verkehrslärms und der Abgasbelästigung in der „B.-Straße“ und der „R.-Straße“ hinweist. Das Straßenverkehrsrecht und die durch dieses Recht begründete staatliche Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde umfasst nicht nur die Abwehr der dem Straßenverkehr selbst drohenden Gefahren, sondern auch die Abwehr solcher Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die Umwelt beeinträchtigen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juni 1983 – 7 C 102.82 – juris Rn. 12 und vom 13. Dezember 1979 - 7 C 46.78; vgl. auch § 45 Abs. 1 Nr. 3 StVO). Allein durch die Berührung örtlicher Belange wird eine Verwaltungsangelegenheit nicht vom Schutzbereich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts umfasst. Faktische Veränderungen der Verkehrsverhältnisse, die verkehrsregelnde Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde – bzw. ihre Aufhebung – bewirken, greifen nicht in die durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Rechtsposition der Gemeinde, sondern sind Bestandteil der dieser Rechtsposition vorgegebenen Situation. Belastungen, die sich aus einer Verschlechterung dieser Situation ergeben, begründen für die Gemeinde lediglich Rechtsreflexe, die zwar ihre Interessensphäre beeinflussen, nicht aber ihre Rechtsstellung beeinträchtigen können. Erst wenn diese Belastungen ein solches Gewicht erreichen, dass der Gemeinde die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben unmöglich gemacht oder zumindest in konkreter Weise ganz erheblich erschwert wird, kann ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht möglich sein. Dies unterstellt, läge zudem eher ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin zu 2) als in das dasjenige der Klägerin zu 1) vor.

46

d) Schließlich kann die Klägerin zu 1) auch keine Klagebefugnis aufgrund einer Beeinträchtigung des ungeschriebenen – jenseits der gesetzlichen Aufgabenzuweisungsnorm des § 67 GemO existierenden – Kernbereichs gemeindlicher Selbstverwaltung für sich beanspruchen. Auch insoweit lässt der Klagevortrag keine Verletzung eigener Rechte als möglich erscheinen.

47

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zählen im Hinblick auf die Eigenverantwortlichkeit der Aufgabenwahrnehmung vor allem die gemeindlichen Hoheitsrechte (Gebiets-, Planungs-, Personal-, Organisations- und Finanzhoheit), die der Staat den Gemeinden im Interesse einer funktionsgerechten Aufgabenwahrnehmung garantieren muss, zu dem durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verbürgten Kernbereich (vgl. BVerfGE 52, 95 <117>; BVerfG, Beschluss vom 19. November 2014 – 2 BvL 2/13 – juris Rn. 59). Soweit eine Maßnahme – oder ihre Aufhebung durch eine höhere Behörde – diese gemeindlichen Hoheitsrechte in einem Maße beschneidet, dass ihre Wahrnehmung unmöglich gemacht oder zumindest erheblich erschwert wird, kann auch eine eigentlich dem übertragenen Wirkungskreis zuzuordnende Maßnahme ausnahmsweise einen Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht begründen und der Gemeinde eine Klagebefugnis gegen die Maßnahme verleihen. Auch hierfür liegen nach dem Klagevortrag jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte vor.

48

Insbesondere wird nicht in die Planungshoheit der Klägerin zu 1) eingegriffen. Zwar kann sich im Zusammenhang mit der Anordnung oder Aufhebung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen durch eine höhere Behörde grundsätzlich eine Klagebefugnis für hiervon betroffene Gemeinden aus § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 5 2. Alt. StVO ergeben. Hiernach treffen die Straßenverkehrsbehörden auch die notwendigen Anordnungen zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dieser Tatbestandsalternative – entgegen der ersten Alternative – Schutzwirkung zu Gunsten der von einer Maßnahme betroffenen Gemeinde zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 – 11 C 17.93 – juris Rn. 15 ff.). Diese Vorschrift ermächtigt die Gemeinde, Anordnungen zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zu treffen und ermöglicht damit eine Förderung auch gemeindlicher Verkehrskonzepte. Sie dient nicht nur staatlichen Interessen, sondern trägt zugleich den zum Selbstverwaltungsbereich gehörenden Planungs- und Entwicklungsbelangen der betroffenen Gemeinden Rechnung. Auch wenn die Klägerin zu 1) die später durch den Beklagten aufgehobene Sperrung nicht ausdrücklich auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützt hat, könnte diese die Maßnahme tragen, weil die Sperrung unstreitig vorgenommen wurde, um die „Alte R.-Straße“ für den Durchgangsverkehr unattraktiv zu machen und dem Charakter der angrenzenden Gebiete als Wohngebiete Rechnung zu tragen. Von daher ist es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass insoweit gemeindliche Planungs- und Entwicklungsbelange betroffen sind. Trägerin der Planungshoheit ist jedoch insoweit nicht die Klägerin zu 1) als Verbandsgemeinde, sondern die Klägerin zu 2) als Ortsgemeinde, im Einvernehmen mit welcher die Klägerin zu 1) die aufgehobene Maßnahme angeordnet hat. Die Aufhebung der durch die Klägerin zu 1) angeordneten Maßnahme durch den Beklagten greift daher nicht in die Rechte der Klägerin zu 1), sondern allenfalls in diejenigen der Klägerin zu 2) ein. Anhaltspunkte für einen sonstigen Eingriff in den Kernbereich des Selbstverwaltungsrechts der Klägerin zu 1) sind nicht ersichtlich.

49

e) Schließlich kann die Klägerin zu 1) auch nicht im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft die etwaige Verletzung der Rechte der Klägerin zu 2) geltend machen (vgl. hierzu bereits VerfGH RP, Entscheidung vom 17. Dezember 1969 – VGH 10/69 – AS 11, 271, 272, zur landesverfassungsrechtlichen Beschwerdebefugnis).

50

Ob und inwieweit eine gewillkürte Prozessstandschaft im Verwaltungsprozess überhaupt zulässig ist, ist umstritten. Die Frage wird überwiegend verneint (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2014 – 2 S 1529/11 – juris Rn. 38, mit zahlreichen Nachweisen zum Streitstand). Jedenfalls im Anwendungsbereich des § 42 Abs. 2 VwGO dürfte eine Erweiterung der Geltendmachungsmöglichkeit von Rechten nur im Rahmen von gesetzlich geregelten Ausnahmen zulässig sein. Zwar führt gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 GemO die Verbandsgemeinde die Verwaltungsgeschäfte der Ortsgemeinden in deren Namen und in deren Auftrag. Dies beinhaltet gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GemO in der Regel auch die Vertretung im gerichtlichen Verfahren. Für die wirksame Inanspruchnahme dieser gesetzlichen Bevollmächtigung ist jedoch erforderlich, dass die Vertretung der Ortsgemeinde durch die Verbandsgemeinde mit hinreichender Klarheit bei Klageerhebung erkennbar wird, da ansonsten die Klage entgegen § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht den Kläger bezeichnet. Dies verlangt konkret, dass im Falle des § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 GemO die Klage durch die Verbandsgemeinde „im Namen“ der Ortsgemeinde erhoben wird. Derartiges ist vorliegend nicht erfolgt, da die Klägerin zu 1) die Klage ausschließlich in eigenem Namen erhoben hat, ohne sich auf die gesetzliche Vertretungsmacht zu berufen.

51

Ob neben der gesetzlichen Vertretungsregel überhaupt noch die Möglichkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft eröffnet sein kann, ist fraglich, kann aber vorliegend dahinstehen. Diese würde ohnehin erfordern, dass der Kläger ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung des fremden Rechts hat (vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, Vor § 50 Rn. 44). Hierfür ist im konkreten Fall weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.

52

f) Die Klägerin zu 1) kann sich endlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass in den früheren Widerspruchs- und Gerichtsverfahren betreffend die Sperrung der „Alten R.-Straße“ niemals ihre Klagebefugnis in Frage gestellt worden sei. Dies ist allein dem Umstand geschuldet, dass sie – anders als nunmehr – in keinem dieser Verfahren als Widerspruchsführerin oder Klägerin beteiligt war, sondern in der Rolle der unteren Straßenverkehrsbehörde jeweils als Widerspruchsgegnerin oder Beklagte. Dass § 42 Abs. 2 VwGO in dieser Konstellation keine Anwendung findet, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

53

2. Auch im Hinblick auf die Klägerin zu 2) ist die Klage unzulässig. Die Klägerin zu 2) ist der bereits anhängigen Klage durch Erklärung in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015 zwar gemäß § 91 Abs. 1 VwGO mit dem Ergebnis einer subjektiven Klagehäufung wirksam beigetreten (nachfolgend a.). Sie ist auch klagebefugt und die Durchführung eines (weiteren) Widerspruchsverfahrens war entbehrlich (nachfolgend b.). Die Klage ist jedoch unzulässig, weil die Klägerin zu 2) ihr Klagerecht prozessual verwirkt hat (nachfolgend c.).

54

a) Die Klägerin zu 2) ist dem Verfahren trotz der fehlenden Einwilligung des Beklagten wirksam beigetreten. Gemäß § 91 Abs. 1 VwGO ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Hierunter fällt auch ein Wechsel oder nachträglicher Beitritt des Klägers (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 91 Rn. 2). Das Gericht hat nach der Erklärung der Bevollmächtigten der Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2015 durch Beschluss die Klageänderung für sachdienlich erklärt. Nach Einschätzung des Gerichts war der Streitstoff für die geänderte Klage im Wesentlichen gleich und es stand zu erwarten, dass die endgültige Beilegung des Rechtsstreits gefördert wird, indem ein weiterer sonst zu erwartender Prozess vermieden wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Mai 1977 – VII A 3.75 – BVerwGE 54, 31, 34). Dem steht nicht entgegen, dass auch die Klage der Klägerin zu 2) im Ergebnis keinen Erfolg hat. Dieser Umstand spielt für die Beurteilung einer Klageänderung als sachdienlich keine Rolle (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 91 Rn. 19), da auch eine Abweisung der geänderten Klage als unzulässig oder unbegründet der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streitstoffes zwischen den Parteien des laufenden Verfahrens zu dienen geeignet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Mai 1977 – VII A 3.75 – BVerwGE 54, 31, 34).

55

b) Die Klägerin zu 2) ist auch klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Dies ergibt sich daraus, dass die aufgehobene Maßnahme angesichts der mit ihr verfolgten Ziele zulässigerweise auf die Ermächtigungsnorm des § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 5 2. Alt. StVO hätte gestützt werden können. Dieser Tatbestandsalternative kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Schutzwirkung zu Gunsten der von einer Maßnahme betroffenen Gemeinde zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 – 11 C 17.93 – juris Rn. 15 ff.). Sie dient nicht nur staatlichen Interessen, sondern trägt zugleich den zum Selbstverwaltungsbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gehörenden Planungs- und Entwicklungsbelangen der betroffenen Gemeinde Rechnung. Gleiches muss bei der Aufhebung einer auf diese Vorschrift gestützten Maßnahme durch die Aufsichts- oder Widerspruchsbehörde gelten, so dass zusammenfassend die Möglichkeit besteht, dass die Klägerin zu 2) durch die Aufhebung der Sperrung der „Alten R.-Straße“ in ihrem Selbstverwaltungsrecht zumindest auch beeinträchtigt worden ist.

56

Die Durchführung eines (weiteren) Widerspruchsverfahrens war gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO entbehrlich, da der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. März 2015 für die Klägerin zu 2) erstmalig eine Beschwer enthält.

57

c) Die Klägerin zu 2) hat die Möglichkeit zur Berufung auf das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG jedoch aufgrund ihrer Untätigkeit im Widerspruchsverfahren und im frühen Stadium des Klageverfahrens prozessual verwirkt. Insoweit hat sie sich die Kenntnis der Klägerin zu 1) vom bisherigen Ablauf des Widerspruchs- und Klageverfahrens zurechnen zu lassen. Zudem ist zu Lasten der Klägerin zu 2) zu berücksichtigen, dass es sich bei der durch den Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015 aufgehobenen Maßnahme und in der Konsequenz auch bei dem Widerspruchsbescheid selbst jeweils um Verwaltungsakte mit Drittwirkung gehandelt hat.

58

aa) Die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO findet auf die Klägerin zu 2) keine Anwendung. Deren Lauf beginnt „nach Zustellung des Widerspruchsbescheids“. Die Klägerin zu 2) ist – trotz des möglichen Eingriffs in ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht durch die Aufhebung der Sperrung – rechtsfehlerhaft am Widerspruchsverfahren nicht beteiligt gewesen. Ausweislich der Widerspruchsakte hat der Beklagte dementsprechend auch von einer Zustellung (§ 68 Abs. 3 Satz 1 VwGO) des Widerspruchsbescheids an die Klägerin zu 2) abgesehen. Eine analoge Anwendung der Fristvorschriften scheidet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in diesem Fall aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1974 – IV C 2.72 – juris Rn. 22).

59

bb) Obwohl hiernach nicht schon unter allgemein verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten für die Klägerin zu 2) eine Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder – mangels einer ihr erteilten Rechtsmittelbelehrung – die Jahresfrist nach § 58 Abs. 2 VwGO lief, gibt die Gestaltung des Sachverhalts Anlass zu der Prüfung, ob die Klage nicht deshalb verspätet war, weil die Klägerin zu 2) gegen die Grundsätze von Treu und Glauben dadurch verstieß, dass sie sich bei der Erhebung ihrer Klage vom 21. Juli 2015 trotz vorheriger Kenntnis von dem Widerspruchsbescheid darauf berufen hat, dass ihr dieser Widerspruchsbescheid nicht amtlich bekanntgegeben worden sei. Diese führt zur Überzeugung der Kammer im Ergebnis dazu, das Klagerecht der Klägerin zu 2) unter Berufung auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht als prozessual verwirkt ansehen zu müssen.

60

Die Klageverwirkung hat zur Voraussetzung, dass die späte Klageerhebung gegen Treu und Glauben und gegen das öffentliche Interesse am Rechtsfrieden verstößt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Kläger, obwohl er bereits längere Zeit von dem Klagegrund Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, erst zu einem Zeitpunkt Klage erhebt, in dem der Beklagte und die übrigen Beteiligten nach den besonderen Umständen des Falles nicht mehr mit einer Klage rechnen mussten, das heißt, darauf vertrauen durften, dass keine Klage mehr erhoben wird. Die Tatsache, dass der Berechtigte sich verspätet auf sein Recht beruft, der Zeitablauf allein also (sog. Zeitmoment), führt noch nicht zur Verwirkung. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Berechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (sog. Umstandsmoment). Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1972 - 2 BvR 255/67 – juris Rn. 18; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 27. Dezember 2012 – 1 BvR 2862/11, 1 BvR 2046/12 – juris).

61

Was die Bemessung der „längeren Zeit“ anbelangt, während der ein Recht nicht ausgeübt worden ist, obwohl dies dem Berechtigten möglich gewesen wäre, lassen sich grundsätzlich keine allgemeingültigen Bemessungskriterien nennen. Die Dauer des Zeitraums der Untätigkeit des Berechtigten, von der an im Hinblick auf die Gebote von Treu und Glauben von einer Verwirkung des Rechts die Rede sein kann, hängt entscheidend von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 – 4 C 4.89 – juris Rn. 23, zur materiell-rechtlichen Verwirkung). Insoweit ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die nicht am Widerspruchsverfahren beteiligte Klägerin zu 2) sowohl rechtlich als auch im Einzelfall tatsächlich derart eng mit der Position der am Widerspruchsverfahren beteiligten Klägerin zu 1) verknüpft war, dass sie sich deren Kenntnis vom Widerspruchsbescheid zurechnen lassen muss.

62

Die Klägerin zu 2) gehört der nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 GemO gebildeten Gebietskörperschaft der Klägerin zu 1) an. Die Verbandsgemeinde bildet mit den Ortsgemeinden eine zweistufig aufgebaute Gemeinde. Sie ist zusammen mit den Ortsgemeinden eine funktionelle Einheit (vgl. VG Trier, Beschluss vom 26. August 2013 – 1 L 838/13.TR – juris Rn. 6). Der Verbandsgemeinde obliegt dabei eine Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion im Verhältnis zu den ihr zugehörigen Ortsgemeinden. Die Gemeindeordnung regelt die Rechtsbeziehung zwischen der Gemeinde und der Verbandsgemeinde dergestalt, dass die Verbandsgemeinde – wie bereits dargestellt – anstelle der Ortsgemeinden die in § 67 Abs. 1 bis 5 GemO bezeichneten Selbstverwaltungsangelegenheiten wahrnimmt und die Verwaltungsgeschäfte der Ortsgemeinden in deren Namen (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GemO) führt. Darüber hinaus können weitere Selbstverwaltungsaufgaben wahrgenommen werden, soweit hierüber eine Vereinbarung mit den Ortsgemeinden besteht. Die Verbandsgemeinde ist an die Beschlüsse der Ortsgemeinderäte über alle Selbstverwaltungsangelegenheiten und an Entscheidungen der Ortsbürgermeister gebunden (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GemO a.E.).

63

Die Organe der Verbandsgemeinde sind der Bürgermeister und der Verbandsgemeinderat. Bürgermeister, Beigeordnete und Mitglieder der Vertretungskörperschaften der Ortsgemeinden können auch Mitglied des Verbandsgemeinderates sein. Ortsbürgermeister haben, falls sie kein Mitglied des Verbandsgemeinderates sind, ein Beratungsrecht. Ebenso können sie an Sitzungen der Ausschüsse des Verbandsgemeinderates, in denen Belange ihrer Ortsgemeinde berührt werden, mit beratender Stimme teilnehmen (§ 69 Abs. 3 GemO). Nach § 70 Abs. 1 GemO haben die Verbandsgemeinden und ihre Ortsgemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unter Beachtung der beiderseitigen Verantwortungsbereiche vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Nach Maßgabe des Absatzes 2 der vorbezeichneten Vorschrift berät und unterstützt die Verbandsgemeinde die Ortsgemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Gemäß § 69 Abs. 4 Satz 3 GemO hat der Bürgermeister die Ortsbürgermeister über alle wichtigen Angelegenheiten, welche die Belange der Ortsgemeinden berühren, insbesondere über die Ausführung des Haushaltsplanes sowie über Maßnahmen, die von der Verbandsgemeindeverwaltung im Gebiet einer Ortsgemeinde durchgeführt werden, rechtzeitig zu unterrichten (vgl. zu alledem VG Trier, Beschluss vom 26. August 2013 – 1 L 838/13.TR – juris Rn. 6).

64

Über diese rechtliche Verflechtung hinaus hatte die Klägerin zu 2), auf deren maßgebliche Initiative die Sperrung der „Alten R.-Straße“ von Anbeginn an zurückging, im vorliegenden Einzelfall auch in tatsächlicher Hinsicht während des gesamten Verwaltungsverfahrens und der vorangegangenen Gerichtsverfahren trotz fehlender eigener Beteiligung über die Klägerin zu 1) Kenntnis vom jeweiligen Verfahrensstand. Aus der Verwaltungsakte der Klägerin zu 1) geht hervor, dass die jeweiligen Verfahrensschritte jeweils in enger Abstimmung mit der Klägerin zu 2) vorgenommen wurden, da die Beschwerden der Anwohner in der „B.-Straße“ und der „R.-Straße“ im Wesentlichen über die Stadtverwaltung der Klägerin zu 2) vorgebracht wurden. Die Klägerin zu 2) war seit spätestens 2002 durchgehend an der beabsichtigten Sperrung der „Alten R.-Straße“ beteiligt und befasste – wie auch die Klägerin zu 1) in ihrer Klagebegründung aufgezeigt hat – in regelmäßigen Abständen die Gemeindeorgane mit der Problematik (vgl. beispielhaft: Protokoll der Stadtratssitzungen vom 21. November 2005, 23. April 2007, 18. Mai 2009, 14. April 2010, 12. April 2012 und 19. Mai 2014). Auch während der vor dem hiesigen Verfahren durchgeführten Widerspruchs- und Gerichtsverfahren hatte die Klägerin zu 2) über die Klägerin zu 1) kontinuierliche Information über den Stand des jeweiligen Verfahrens (vgl. beispielhaft: E-Mail vom 4. April 2012, Besprechung am 21. Juni 2012, E-Mails vom 15. und 16. April 2014, Vermerk vom 20. Mai 2014, E-Mail vom 20. Mai 2014, 24. Juni 2014 und 18. Februar 2015). Selbst bei der Beantwortung der Frage, ob gegen gerichtliche Entscheidungen, die zu Lasten der Klägerin zu 1) getroffen worden waren, weitere Rechtsmittel ergriffen werden sollten, wurde die Klägerin zu 2) als die unmittelbar von der exzessiven Nutzung der „Alten R.-Straße“ Betroffene direkt eingebunden.

65

Die Klägerin zu 2) hat sich in diesem Zusammenhang jedoch zu keinem Zeitpunkt auf eine Beeinträchtigung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG berufen. Sie hat verfahrensrechtlich oder prozessual während aller früheren Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren keine Maßnahmen ergriffen, ihr Selbstverwaltungsrecht zu verteidigen oder durch die Klägerin zu 1) verteidigen zu lassen. Im Verwaltungsprozess hätte hierzu die Möglichkeit der Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO bestanden, die weder durch sie als Nichtbeteiligte noch durch die Klägerin zu 1) als Beklagte bzw. Antragsgegnerin angeregt wurde. Auch im verfahrensgegenständlichen Widerspruchsverfahren vor dem Kreisrechtsausschuss des Beklagten hat die Klägerin zu 2) es versäumt, selbst unter Berufung auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht einen Antrag auf Hinzuziehung gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 13 Abs. 2 VwVfG zu stellen oder auf die Klägerin zu 1) dahingehend einzuwirken, dass diese im Widerspruchsverfahren den entsprechenden Antrag stellt, der sodann förmlich zu bescheiden gewesen wäre. Hierdurch hat sich die Klägerin zu 2) in allen – nunmehr seit vier Jahren andauernden – Widerspruchs- und Gerichtsverfahren systematisch ihrer Möglichkeit begeben, ihre Rechte geltend zu machen. Dies ist erst erfolgt, nachdem die Kammer im Vorfeld der mündlichen Verhandlung auf Anregung des Beigeladenen darauf hingewiesen hat, dass der Klägerin zu 1) möglicherweise die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO fehlen könnte (vgl. gerichtliches Schreiben vom 4. Mai 2015). Aber selbst nach diesem Hinweis hat die Klägerin zu 2) nicht aktiv die Beiladung betrieben oder ist der Klage zu diesem Zeitpunkt beigetreten. Vielmehr ist zunächst – offenbar in Abstimmung mit der Klägerin zu 1) – weiterer Vortrag erfolgt, der die Klagebefugnis der Klägerin zu 1) begründen sollte, hierfür aber ersichtlich ungeeignet war, da durch sie in eigenem Namen Rechtpositionen der Klägerin zu 2) verteidigt werden sollten.

66

Ausgehend hiervon erscheint es als Verstoß gegen Treu und Glauben, dass die Klägerin zu 2) während des gesamten streitgegenständlichen Verwaltungsverfahrens, aber auch während der früheren Gerichtsverfahren, kontinuierlich die Berufung auf die ihr zustehende Rechtsposition des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und die damit verbundene Beteiligtenstellung vermieden hat, während sie sich nunmehr zur Rechtfertigung der Zulässigkeit ihres nachträglichen Klagebeitritts auf eben diese fehlende Beteiligtenstellung im Widerspruchsverfahren und die hieraus resultierende unterlassene Zustellung des Widerspruchsbescheids und die fehlende Kenntnis von diesem beruft. Dies gilt umso mehr angesichts des Umstands, dass – wie gezeigt – die Klägerin zu 2) in der Vergangenheit stets durch die Klägerin zu 1) zeitnah und eingehend über die getroffenen Entscheidungen der beteiligten Verwaltungsbehörden und angerufenen Gerichte informiert worden ist und teilweise maßgeblichen Einfluss auf die Fortführung der Verfahren hatte. Insoweit erscheint es der Kammer angezeigt, der Klägerin zu 2) die Kenntnis der Klägerin zu 1) über den Inhalt des Widerspruchsbescheids und der dazugehörigen Rechtsbehelfsbelehrung zuzurechnen, zumal der Klägerin zu 1) ohnehin von Gesetzes wegen die Führung der Verwaltungsgeschäfte und die Vertretung der Klägerin zu 2) im gerichtlichen Verfahren obliegt (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 GemO). Auch wenn der Klägerin zu 1) der Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015 nicht in ihrer kommunalrechtlichen Funktion als Vertreterin der Klägerin zu 2), sondern in ihrer Funktion als Trägerin der unteren Straßenverkehrsbehörde zugestellt worden ist, kann die janusköpfige Stellung der Organe der Klägerin zu 1) nicht die Fiktion einer klaren Trennung beider Funktionen rechtfertigen, die im konkreten Fall erwiesenermaßen so nicht bestanden hat.

67

cc) Hierbei ist ergänzend einzustellen, dass eine derartige Trennung der Funktionen einer Verbandsgemeinde unter Übergehung der Realitäten im konkreten Einzelfall letztlich nur unter Entziehung einer bereits erworbenen Rechtsposition eines Dritten – konkret: des Beigeladenen – erfolgen könnte. Für die Erfüllung des Verwirkungstatbestandes kann von entscheidender Bedeutung sein, ob es sich bei dem angefochtenen Verwaltungsakt um einen solchen mit Drittwirkung handelt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 74 Rn. 19). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beigeladene hatte – wenn auch unter der Einschränkung des § 50 VwVfG stehend – mit dem stattgebenden Widerspruchsbescheid des Beklagten, dem Verzicht der Aufsichtsbehörde auf Durchführung eines Verfahrens nach § 17 Abs. 1 AGVwGO i.V.m. § 16 Abs. 7 Halbsatz 2 AGVwGO (sog. Aufsichtsklage) und der Erhebung der von vornherein mangels Klagebefugnis unzulässigen Klage der Klägerin zu 1) eine schützenswerte Rechtsposition erlangt, in der er – zumal als Beteiligter aller früheren Widerspruchs- und Gerichtsverfahren – nicht damit rechnen musste, dass mehr als vier Monate nach Ablauf der Klagefrist gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Klägerin zu 2) erstmals unter Berufung auf ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht und unter Behauptung der Nichtkenntnis von der Widerspruchsentscheidung diese Rechtsposition gefährden würde. Insoweit erscheint im Hinblick auf die Drittbeteiligung des Beigeladenen eine stringente Handhabung des Verwirkungstatbestands als angezeigt, die auch ausnahmsweise die Annahme einer prozessualen Verwirkung vor Ablauf der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO rechtfertigt.

II.

68

Die Klagen könnten auch in der Sache keinen Erfolg haben. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerinnen nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

69

1. Rechtsgrundlage für das Handeln des Beklagten im Widerspruchsverfahren ist § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Hiernach ist vor der Erhebung der Anfechtungsklage die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Abweichend von § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO hat der Landesgesetzgeber die Zuständigkeit für Widerspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte einer Verbandsgemeindeverwaltung – hier: der Klägerin zu 1) – dem Kreisrechtsausschuss zugewiesen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) AGVwGO). Da es sich um einen Verwaltungsakt der Klägerin zu 1) handelt, der in Wahrnehmung einer Auftragsangelegenheit erlassen wurde, beschränkte sich der Prüfungsumfang des Beklagten anders als in Selbstverwaltungsangelegenheiten nicht nur auf eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle.

70

2. Formelle Bedenken gegen den Widerspruchsbescheid bestehen nicht. Allein die fehlende Hinzuziehung der Klägerin zu 2) gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 13 Abs. 2 VwVfG, die durch die vom Beigeladenen mit dem Widerspruch verfolgte Aufhebung der verkehrspolizeilichen Anordnung möglicherweise in eigenen Rechten verletzt worden ist, bietet insoweit Anlass zu weiteren Ausführungen.

71

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen stellt die unterlassene Hinzuziehung keinen derart schwerwiegenden Verfahrensfehler dar, dass er die Nichtigkeit des Widerspruchsbescheids gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 44 Abs. 1 VwVfG bedeutet. Für die Nichtigkeit des Verwaltungsaktes ist es nicht ausreichend, dass der Bescheid „nur“ an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Der Fehler muss auch offensichtlich sein. Offensichtlichkeit bedeutet, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich sein muss, sich also geradezu aufdrängt (vgl. SächsOVG, Urteil vom 30. April 2002 – 5 B 107/01 – juris Rn. 57). Dies ist nicht der Fall. Insoweit ist zunächst darauf zu verweisen, dass der drittschützende Charakter der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung zu Gunsten der Klägerin zu 2) schon deshalb nicht erkennbar war, weil die Klägerin zu 1) die Anordnung auf § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO („Sicherheit und Ordnung des Verkehrs“) und nicht auf die drittschützende Alternative des § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 5 StVO („Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung“) gestützt hat. Die Berührung des kommunalen Selbstverwaltungsinteressen der Klägerin zu 2) durch die Anordnung und Aufhebung der Maßnahme konnte dem Beklagten daher nicht klar erkennbar sein. Zudem scheitert die Annahme der Nichtigkeit auch daran, dass weder die Klägerin zu 1) noch die Klägerin zu 2) die Möglichkeit einer Hinzuziehung bedacht oder jedenfalls ernsthaft verfolgt haben. Ein Dritter – hier: die Klägerin zu 2) –, der seine rechtlichen Interessen als berührt ansieht, kann seine unterlassene oder abgelehnte Hinzuziehung isoliert mit Widerspruch (und danach Verpflichtungsklage) erzwingen. Er ist nicht darauf angewiesen, seine unterbliebene Hinzuziehung erst zusammen mit der Anfechtung der Endentscheidung in der Sache geltend machen zu können. § 44a Satz 1 VwGO steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil der Dritte mangels einer Hinzuziehung Nichtbeteiligter geblieben ist und auf ihn somit die Ausnahmevorschrift des § 44a Satz 2 VwGO zur Anwendung kommt (vgl. Gerstner-Heck, in: BeckOK VwVfG, Edition 27, Stand: 1. April 2015, § 13 Rn. 25, m.w.N.).

72

Eine mögliche Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids aufgrund der unterbliebenen Hinzuziehung wäre gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG mit der Anhörung der Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geheilt. Auch § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Soweit dieser Vorschrift über den rein verfahrensrechtlichen Regelungsgehalt auch ein materiell-rechtlicher Charakter zukommt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids. Die unterlassene Hinzuziehung stellt – auch angesichts des von der Klägerin zu 2) mitverursachten Unterbleibens derselben – nicht die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift im Sinne des § 79 Abs. 2 Satz 2 VwGO dar.

73

3. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. März 2015 erweist sich auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig; der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Klägerin zu 1) vom 23. Juni 2014 einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält.

74

Dabei kann dahinstehen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO sowie die Voraussetzungen einer Beschränkung des fließenden Verkehrs in Gestalt einer das allgemeine Risiko erheblich übersteigenden Gefahrenlage (vgl. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO) aufgrund des Durchgangsverkehrs in der „Alten R.-Straße“ bzw. den Zubringerstraßen innerhalb des Stadtgebiets der Klägerin zu 2) vorliegen. Der Beklagte hat dies im Widerspruchsbescheid vom 6. März 2015 in Zweifel gezogen; nach Ansicht der Kammer wurde hierbei allerdings ein zu strenger Maßstab durch den Beklagten angelegt. Im Ergebnis kann dies jedoch offen bleiben, weil die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Klägerin zu 1) unter Verstoß gegen § 1 LVwVfG i.V.m. § 40 VwVfG jedenfalls an zwei – voneinander unabhängigen – Ermessensfehlern leidet, die zur Rechtswidrigkeit der Anordnung führen.

75

a) Die Klägerin zu 1) hat es versäumt, vor der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung den tatsächlichen Umfang des illegalen Durchgangsverkehrs auf der „Alten R.-Straße“ durch eine Verkehrszählung oder vergleichbare Maßnahmen ordnungsgemäß zu ermitteln und so die Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Ermessensentscheidung zu schaffen. Insoweit leidet die Maßnahme der Klägerin zu 1) an einem Ermessensdefizit im Bereich des Entschließungsermessens.

76

Bei der Anordnung einer Beschränkung des fließenden Verkehrs gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO i.V.m. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO handelt es sich um eine Entscheidung, die die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen hat (stRspr., vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 16. April 2012 – 3 B 62.11 – juris Rn. 8). Hierbei hat die Behörde die wechselseitigen Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen. Schließen die konfligierenden Interessen einander aus, hat die Behörde diese gegeneinander abzuwägen und miteinander in Ausgleich zu bringen. Dabei entscheidet die Behörde in dem durch den Zweck der Ermächtigung und durch die gesetzlichen Grenzen gezogenen Rahmen (vgl. § 1 LVwVfG i.V.m. § 40 VwVfG), welche Gesichtspunkte sie in ihre Ermessensentscheidung einbezieht. Sie darf aber keine wesentlichen Gesichtspunkte außer Acht lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1996 – 1 C 9.94 – BVerwGE 102, 63, 70; Urteil vom 19. November 1996 – 1 C 6.95 – BVerwGE 102, 249, 253). Dazu genügt es nicht, dass die Behörde die für ihre Ermessensentscheidung erheblichen privaten und öffentlichen Belange nur in abstrakter Weise berücksichtigt. Um sachgerecht beurteilen zu können, ob, in welcher Weise und mit welcher Intensität diese Belange im konkreten Fall durch die zur Wahl stehenden Alternativen betroffen sein können, muss sie auch den Sachverhalt, den sie bei ihrer Entscheidung zugrunde legt, vollständig und zutreffend ermitteln (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 18. Juli 1979 – 1 BvR 650/77 – BVerfGE 51, 386, 399 f.; Einstweilige Anordnung der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Februar 2014 – 2 BvR 261/14 – juris, Rn. 30). Dabei kommt es – anders als in den Fällen des Abwägungsgebots im Planungsrecht – auf die Vollständigkeit und Richtigkeit des Ermittlungsergebnisses an, nicht allein auf Fehler im Ermittlungsvorgang. Das Verwaltungsgericht hat nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht nachzuprüfen, ob die behördliche Ermessensentscheidung im Ergebnis auf einer zutreffenden tatsächlichen Grundlage beruht (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1987 – 1 C 29.85 – BVerwGE 78, 285, 295 f.).

77

Diesen Maßstab zugrunde gelegt, genügt die Ermessenentscheidung der Klägerin zu 1) bei der Anordnung der straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme vom 23. Juni 2014 nicht den rechtlichen Anforderungen. Vorliegend spricht alles dafür, dass die Klägerin zu 1) ihre Entscheidung zu Lasten des Beigeladenen für die (erneute) Sperrung der „Alten R.-Straße“ getroffen hat, ohne die hierfür sprechenden Interessen der Allgemeinheit überhaupt zuverlässig gewichten zu können. Die Klägerin zu 1) verfügte bei ihrer Entscheidung über keine aktuellen objektiven Erkenntnisgrundlagen darüber, wie viele Fahrzeuge tatsächlich die von der Maßnahme betroffene Strecke unzulässig nutzen. Vielmehr beruhte die Gewichtung der öffentlichen Interessen im Rahmen der Abwägungsentscheidung ausschließlich auf einer Verkehrsschau des Jahres 2006, einer einstündigen Polizeikontrolle aus demselben Zeitraum sowie den wiederholten – freilich subjektiv geprägten – Beschwerden der Anwohner der „B.-Straße“ und „R.-Straße“. Belastbare Zahlen, insbesondere unter Differenzierung der Verkehrsbelastung nach zulässigem und unzulässigem Verkehr sowie nach Art und zeitlicher Verortung von etwaigen Belastungsspitzen im Tagesverlauf waren jedenfalls nicht aktenkundig vorhanden; derartige Entscheidungsgrundlagen sind auch im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Die Klägerinnen haben sich in diesem Zusammenhang stets nur auf eine nicht näher quantifizierte Verkehrsbelastung berufen, ohne tragfähiges Zahlenmaterial vorzulegen. Angesichts der durch den Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung aufgezeigten Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verringerung der Verkehrsbelastung aufgrund der endgültigen Verlagerung des Amts für Geoinformationswesen der Bundeswehr vom Gewerbegebiet M. nach Euskirchen war der Klägerin zu 1) auch der unbesehene Rückgriff auf die – ohnehin unzureichenden – Erkenntnisse aus dem Jahr 2006 verwehrt. Insoweit hätte es nahegelegen, vor der Anordnung einer erneuten Sperrung durch eine Erhebung der aktuellen Verkehrszahlen eine tragfähige Entscheidungsgrundlage für die nachfolgende Gewichtung der wechselseitigen Interessen zu schaffen, die möglicherweise auch andere – den Beigeladenen weniger beeinträchtigende – Handlungsalternativen (z.B. zeitweise Sperrung, ergänzende Polizeikontrollen zu den Hauptbelastungszeiten) zur Erreichung des mit der Vollsperrung verfolgten Ziels als ausreichend hätten erscheinen lassen. Aufgrund des Unterlassens dieser Maßnahme konnte die Klägerin zu 1) nicht sachgerecht beurteilen, ob, in welcher Weise und mit welcher Intensität die öffentlichen Belange im konkreten Fall durch die zur Wahl stehenden Alternativen verwirklicht werden könnten und inwieweit ihnen in der konkreten Ausgestaltung bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen das Übergewicht über die Belange des Beigeladenen zukommt. Dies führt bereits für sich genommen zur Rechtswidrigkeit der straßenverkehrsrechtlichen Anordnung.

78

b) Daneben hat die Klägerin zu 1) zur Überzeugung des Gerichts auch bei der räumlichen Positionierung der Schranke 50 Meter unterhalb des vormaligen Standorts keine Alternativen in Betracht gezogen. Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung vom 23. Juni 2014 leidet insoweit an einem Ermessensfehler in Gestalt des Ermessensausfalls bei der Ausübung des Auswahlermessens.

79

Wie der Vertreter der Klägerin zu 1) in der öffentlichen Sitzung des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 19. Februar 2015 zu Protokoll erklärt hat, sei ihm nicht bekannt, dass ein anderer Standpunkt für die Sperrung der „Alten R.-Straße“ zur Vermeidung des Durchgangsverkehrs in Erwägung gezogen worden sei. Dies deckt sich mit den aus den Verwaltungsakten der Klägerin zu 1) gewonnenen eigenen Erkenntnissen des Gerichts. Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung der Klägerin zu 1) vom 23. Juni 2014 enthält lediglich die Anweisung, die Verkehrszeichen und Einrichtungen entsprechend dem anliegenden Schilder- und Verkehrsplan anzupassen, den genauen Aufstellort mit der örtlichen Ordnungsbehörde abzustimmen und die an den Zusatzschildern angegebenen Meterangaben zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Erwägungen, weshalb die Schranke abweichend von der vorherigen Positionen der Leitplanken (straßenverkehrsrechtliche Anordnung vom 26. März 2012) aufgestellt wurde oder warum nicht eine andere Position der Sperranlage gewählt wurde, die den Beigeladenen und andere Drittbetroffene möglicherweise weniger beeinträchtigt hätte, sind nicht aktenkundig geworden.

80

Die nunmehr im Gerichtsverfahren nachgeschobene Begründung für die Positionierung der Schranke an eben der ausgewählten Stelle kann den Ermessensausfall hinsichtlich des Auswahlermessens nicht mehr heilen. Gemäß § 114 Satz 2 VwGO können Ermessenserwägungen hinsichtlich eines Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt werden. Ein derartiges Nachschieben von Gründen findet seine Grenze jedoch dann, wenn die Begründung völlig ausgewechselt wird oder wenn die Behörde zuvor überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat. Aus der gesetzlichen Formulierung „ergänzen“ ist daher nach herrschender Rechtsprechung abzuleiten, dass jedenfalls eine erstmalige Ermessensbetätigung im gerichtlichen Verfahren nicht in Betracht kommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 2012 – 4 B 28.12 – juris; Beschluss vom 16. Dezember 2008 – 1 WB 19.08 – juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. September 1997 – 12 A 10610/97 – juris).

81

c) Erweist sich die straßenverkehrsrechtliche Maßnahme der Klägerin zu 1) vom 23. Juni 2014 bereits unter diesen Gesichtspunkten als rechtswidrig und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6. März 2014 mithin im Ergebnis als rechtmäßig, kommt es auf die Vereinbarkeit der Sperrung der „Alten R.-Straße“ mit dem Flurbereinigungsrecht nicht mehr an.

III.

82

1. Die Kostenentscheidung zu Lasten der Klägerinnen beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Sie haften gemäß § 173 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 Satz 1 ZivilprozessordnungZPO – als Gesamtschuldnerinnen.

83

Die Verurteilung zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entsprach der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), da der Beigeladene im gerichtlichen Verfahren einen eigenen Antrag gestellt hat und damit ein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 162 Rn. 23).

84

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht im Hinblick auf die Vollstreckung durch den Beigeladenen auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO (vollstreckbare Kosten über 1.500,00 Euro) und im Hinblick auf die Vollstreckung durch den Beklagten auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO (vollstreckbare Kosten unter 1.500,00 Euro).

85

3. Gründe, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten (vgl. § 124a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO), sind nicht ersichtlich.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.