Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 21. Apr. 2017 - A 3 K 3159/16

bei uns veröffentlicht am21.04.2017

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 05.08.2016 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
Der am ...1999 in al-Hasaka, Syrien, geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit.
Er reiste am 17.07.2015 zusammen mit seiner Schwester, E. I., geb. 01.01.1998 (BAMF-Az. ...-475), und seinem Onkel, A. I. (BAMF-Az. ...-475), geb. 01.01.1978, in die Bundesrepublik ein und stellte am 11.08.2015 einen Asylantrag. Für den Kläger und dessen Schwester beantragte ausweislich der Bundesamtsakte der Onkel die Vormundschaft; ein entsprechender Nachweis ist hingegen nicht aktenkundig.
Dem ausgefüllten „Syrien-Fragebogen“ ist zu entnehmen, dass der Kläger ein beschleunigtes Verfahren wünschte.
Am 03.08.2016 hörte das Bundesamt den Kläger persönlich gem. § 25 AsylG zu seinen Fluchtgründen an. Hierbei gab der Kläger an, dass er in Syrien keinen Personalausweis und keinen Reisepass besessen habe. Die Kurden würden in Syrien wie Ausländer behandelt und hätten daher keine Papiere bekommen. Der Kläger habe bis zu seiner Ausreise im Januar 2013 in Al-Hasaka im Stadtteil S. zusammen mit seinen Eltern, einem Bruder und drei Schwestern gelebt. Er sei im Juli 2015 nach Deutschland eingereist. Zur Reiseroute gibt er an: „Von Syrien aus sind wir in die Türkei gereist. Von der Türkei aus nach Griechenland mit dem Boot. Von dort weiter nach Mazedonien, Serbien, die weiteren Länder bis nach Deutschland kenne ich nicht.“ Zwischen 2013 und 2015 seien sie fast die ganze Zeit in der Türkei gewesen, wo sie gearbeitet und so die Weiterreise finanziert hätten. Er sei wegen seiner Hörprobleme in Syrien nicht zur Schule gegangen. Wehrdienst habe er nicht abgeleistet. Auf die Frage, ob es in seiner Heimatstadt zu Kriegshandlungen gekommen sei, erklärte der Kläger: „Ja, es gab dort Kriegshandlungen, deswegen sind wir auch ausgereist. Die Stadt Alhassaka stand unter der Kontrolle der Regierung.“
Zu seinen Fluchtgründen führte er aus: „Ich bin mit meiner Familie aus Syrien wegen des Krieges geflüchtet. In Syrien konnte ich meinen Hörschaden nicht behandeln lassen.“ Es habe keine Behandlungsmöglichkeiten gegeben. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien befürchtete der Kläger, vom IS getötet zu werden.
Mit Bescheid vom 05.08.2016, zugestellt am 09.08.2016 an die Schwester des Klägers als dessen gesetzliche Vertreterin, erkannte das Bundesamt dem Kläger den subsidiären Schutz zu und lehnte den Asylantrag im Übrigen ab. Zur Begründung der Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führte das Bundesamt aus, der Kläger habe keine persönliche Verfolgung vorgetragen und diese sei auch nicht sonstwie ersichtlich.
Der Kläger hat am 17.08.2016 die vorliegende Klage erhoben. Zu ihrer Begründung verweist er auf die derzeitige Bürgerkriegssituation in seinem Heimatland sowie auf seine Angaben im Rahmen der persönlichen Anhörung. Daraus sei abzuleiten, dass allein aufgrund der illegalen Ausreise, des längeren Auslandsaufenthalts sowie der Asylantragstellung in Deutschland davon auszugehen sei, dass die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorlägen. Ergänzend verweist der Kläger auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 06.07.2016 (Az. RN 11 K 16.30889), dessen Inhalt er zum Gegenstand des Sach- und Rechtsvortrags im vorliegenden Verfahren macht. Ergänzend verweist er ferner auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 08.07.2016 (Az. 1 K 1922/16. TR), einen Gerichtsbescheid der Kammer vom 09.08.2016 (Az. A 3 K 2286/16) sowie auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 30.08.2016 (Az. 1 K 20284/16 ME).
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
10 
den Bescheid der Beklagten vom 05.08.2016 hinsichtlich der Ziff. 2 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
11 
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
12 
die Klage abzuweisen.
13 
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
14 
Mit Schriftsatz vom 17.08.2016 hat der Kläger sein Einverständnis hinsichtlich einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt und mit weiterem Schriftsatz vom 10.04.2017 hat er auf Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.
15 
Dem Gericht lagen die Behördenakten der Beklagten vor. Darauf, wie auch auf den Inhalt der Gerichtsakte, wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten – seitens des Klägers mit Schriftsätzen vom 17.08.2016 und 10.04.2017, seitens der Beklagten durch allgemeine Prozesserklärung vom 24.03.2016 – entscheidet der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung (§§ 87a Abs. 2, 3; 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die auf die Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtete Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat zum gem. § 77 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung/Entscheidung einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Soweit der Bescheid der Beklagten vom 05.08.2016 dem entgegensteht, verletzt er den Kläger in seinen Rechten und ist daher aufzuheben, § 113 Abs. 5 S. 1, Abs. 1 S. 1 VwGO.
I.
18 
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für den Kläger ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Kläger der Bruder der Frau E. I. (Stammberechtigte) ist, welcher mit Urteil vom 28.02.2017 – zugestellt am 09.03.2017 – die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (A X K .../...).
19 
Hieraus folgt, dass der Kläger gem. § 26 Abs. 5, Abs. 3 S. 2 und S. 1 Nr. 1-4 AsylG einen Anspruch auf Familienasyl hat. Denn der Kläger war – ebenso wie seine Schwester als Stammberechtigte – zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjährig. Allein hierauf kommt es an. Unerheblich ist hingegen, ob der Kläger bzw. seine Schwester als Stammberechtigte noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung minderjährig sind (ebenso VG Hamburg, Urteil vom 05.02.2014 - 8 A 289/13 - juris Rn. 17; VG München, Urteil vom 14.09.2016 - M 11 K 16.32551 - juris Rn. 17; Schröder, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 26 AsylG Rn. 26). Für den Kläger ergibt sich dies bereits zwanglos aus dem klaren Wortlaut des § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG. Gleiches muss jedoch auch für die Schwester des Klägers als Stammberechtigte gelten. Dies ergibt sich aus teleologischen Gründen – wie das VG Hamburg zutreffend ausführt – daraus, dass § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG (in Abkehr von § 77 Abs. 1 AsylG) explizit den maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit benennt. Dieser muss nicht nur maßgeblich für die Minderjährigkeit des Familienangehörigen (hier: des Klägers), sondern zugleich für die Minderjährigkeit des Stammberechtigten (hier: der Schwester des Klägers) sein (ebenso VG Hamburg, a. a. O. juris Rn. 20 mit weiterer, zutreffender Begründung). Andernfalls liefe der mit der Regelung des § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG verfolgte Zweck des Minderjährigenschutzes und der Aufrechterhaltung der Familieneinheit leer.
20 
Dass i. R. d. § 26 Abs. 3 S. 1 AsylG etwas anderes gilt (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 22.12.2016 – OVG 3 S 106.16 - juris Ls. Nr. 1 = NVwZ-RR 2017, 259), ist unschädlich. Denn bei § 26 Abs. 3 S. 1 AsylG geht es (und kann es nur gehen) um den Schutz des minderjährigen Stammberechtigten, zu dem dessen Eltern (oder die sonst Sorgeberechtigten) nachziehen können sollen (vgl. OVG Bln-Bbg, a. a. O. juris Ls. Nr. 2). Bei § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG geht es hingegenauch um den Schutz des minderjährigen Familienangehörigen, für dessen Minderjährigkeit es nach dem eindeutigen Wortlaut auf den Zeitpunkt seiner Antragstellung ankommt. Nichts anderes kann daher für den Stammberechtigten gelten, damit der Schutz des minderjährigen Familienangehörigen nicht ins Leere läuft. Denn andernfalls käme es für dessen Schutzanspruch gem. § 26 AsylG darauf dann, dass der Stammberechtigte zum nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt noch minderjährig ist, wohingegen es – entgegen des klaren Wortlauts des § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG – dann unerheblich wäre, ob der Kläger zu diesem Zeitpunkt dann noch minderjährig ist. Ein solcher Wertungswiderspruch vermag nur dadurch aufgelöst werden, dass es – mit dem VG Hamburg und dem VG München – auch hinsichtlich der Minderjährigkeit des Stammberechtigten auf den Zeitpunkt der Antragstellung des Familienangehörigen (hier: des Klägers) ankommt.
21 
Die weiteren Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 S. 2 i. V. m. S. 1 Nr. 1-4 AsylG sind ebenfalls erfüllt. Insbesondere bestand die geschwisterliche Lebensgemeinschaft bereits im Verfolgerstaat und sie besteht auch derzeit noch fort (vgl. zu diesem Erfordernis BeckOK AuslR/Günther, 13. Ed. 1.2.2017, AsylG § 26 Rn. 23d).
22 
Die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Schwester des Klägers ist auch am 10.04.2017 rechtskräftig und damit unanfechtbar i. S. d. § 26 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AsylG geworden.
II.
23 
Der Kläger hat ferner – ohne dass es darauf noch ankäme – einen eigenen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 1, 4 AsylG. Dies ergibt sich – entsprechend der bisherigen Rechtsprechung der Kammer, die der erkennende Berichterstatter auf das vorliegende Verfahren überträgt – aus dem Umstand der illegalen Ausreise, der Asylantragstellung in Deutschland und dem längeren Auslandsaufenthalt hier (VG Sigmaringen, Urteil vom 31.01.2017 – A 3 K 4482/16 – juris; sowie das die Schwester des Klägers betreffende Urteil vom 09.03.2017 – A 3 K 3158/16 – n. v.) sowie – selbstständig tragend – aus dem weiteren Umstand, dass der Kläger im Falle einer hypothetischen Rückkehr nach Syrien damit rechnen müsste, zum Wehrdienst eingezogen und sodann zur Teilnahme an Kriegshandlungen bestimmt zu werden (VG Sigmaringen, Urteil vom 31.01.2017 – A 3 K 4482/16 – juris Rn. 114-139). Die Gefahrerhöhenden Umstände, die der erkennende Berichterstatter in der Person der Schwester des Klägers im Verfahren A 3 K 3158/16 erkannt hat, treffen uneingeschränkt auch auf den Kläger zu. Hinzu kommt bezüglich diesem, dass er mittlerweile (worauf es gem. § 77 Abs. 1 AsylG allein ankommt), im wehrdienstfähigen Alter ist.
III.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben.

Gründe

 
16 
Mit dem Einverständnis der Beteiligten – seitens des Klägers mit Schriftsätzen vom 17.08.2016 und 10.04.2017, seitens der Beklagten durch allgemeine Prozesserklärung vom 24.03.2016 – entscheidet der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung (§§ 87a Abs. 2, 3; 101 Abs. 2 VwGO).
17 
Die auf die Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtete Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger hat zum gem. § 77 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung/Entscheidung einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Soweit der Bescheid der Beklagten vom 05.08.2016 dem entgegensteht, verletzt er den Kläger in seinen Rechten und ist daher aufzuheben, § 113 Abs. 5 S. 1, Abs. 1 S. 1 VwGO.
I.
18 
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft für den Kläger ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Kläger der Bruder der Frau E. I. (Stammberechtigte) ist, welcher mit Urteil vom 28.02.2017 – zugestellt am 09.03.2017 – die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (A X K .../...).
19 
Hieraus folgt, dass der Kläger gem. § 26 Abs. 5, Abs. 3 S. 2 und S. 1 Nr. 1-4 AsylG einen Anspruch auf Familienasyl hat. Denn der Kläger war – ebenso wie seine Schwester als Stammberechtigte – zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjährig. Allein hierauf kommt es an. Unerheblich ist hingegen, ob der Kläger bzw. seine Schwester als Stammberechtigte noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung minderjährig sind (ebenso VG Hamburg, Urteil vom 05.02.2014 - 8 A 289/13 - juris Rn. 17; VG München, Urteil vom 14.09.2016 - M 11 K 16.32551 - juris Rn. 17; Schröder, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl. 2016, § 26 AsylG Rn. 26). Für den Kläger ergibt sich dies bereits zwanglos aus dem klaren Wortlaut des § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG. Gleiches muss jedoch auch für die Schwester des Klägers als Stammberechtigte gelten. Dies ergibt sich aus teleologischen Gründen – wie das VG Hamburg zutreffend ausführt – daraus, dass § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG (in Abkehr von § 77 Abs. 1 AsylG) explizit den maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit benennt. Dieser muss nicht nur maßgeblich für die Minderjährigkeit des Familienangehörigen (hier: des Klägers), sondern zugleich für die Minderjährigkeit des Stammberechtigten (hier: der Schwester des Klägers) sein (ebenso VG Hamburg, a. a. O. juris Rn. 20 mit weiterer, zutreffender Begründung). Andernfalls liefe der mit der Regelung des § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG verfolgte Zweck des Minderjährigenschutzes und der Aufrechterhaltung der Familieneinheit leer.
20 
Dass i. R. d. § 26 Abs. 3 S. 1 AsylG etwas anderes gilt (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschl. v. 22.12.2016 – OVG 3 S 106.16 - juris Ls. Nr. 1 = NVwZ-RR 2017, 259), ist unschädlich. Denn bei § 26 Abs. 3 S. 1 AsylG geht es (und kann es nur gehen) um den Schutz des minderjährigen Stammberechtigten, zu dem dessen Eltern (oder die sonst Sorgeberechtigten) nachziehen können sollen (vgl. OVG Bln-Bbg, a. a. O. juris Ls. Nr. 2). Bei § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG geht es hingegenauch um den Schutz des minderjährigen Familienangehörigen, für dessen Minderjährigkeit es nach dem eindeutigen Wortlaut auf den Zeitpunkt seiner Antragstellung ankommt. Nichts anderes kann daher für den Stammberechtigten gelten, damit der Schutz des minderjährigen Familienangehörigen nicht ins Leere läuft. Denn andernfalls käme es für dessen Schutzanspruch gem. § 26 AsylG darauf dann, dass der Stammberechtigte zum nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt noch minderjährig ist, wohingegen es – entgegen des klaren Wortlauts des § 26 Abs. 3 S. 2 AsylG – dann unerheblich wäre, ob der Kläger zu diesem Zeitpunkt dann noch minderjährig ist. Ein solcher Wertungswiderspruch vermag nur dadurch aufgelöst werden, dass es – mit dem VG Hamburg und dem VG München – auch hinsichtlich der Minderjährigkeit des Stammberechtigten auf den Zeitpunkt der Antragstellung des Familienangehörigen (hier: des Klägers) ankommt.
21 
Die weiteren Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 S. 2 i. V. m. S. 1 Nr. 1-4 AsylG sind ebenfalls erfüllt. Insbesondere bestand die geschwisterliche Lebensgemeinschaft bereits im Verfolgerstaat und sie besteht auch derzeit noch fort (vgl. zu diesem Erfordernis BeckOK AuslR/Günther, 13. Ed. 1.2.2017, AsylG § 26 Rn. 23d).
22 
Die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft der Schwester des Klägers ist auch am 10.04.2017 rechtskräftig und damit unanfechtbar i. S. d. § 26 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AsylG geworden.
II.
23 
Der Kläger hat ferner – ohne dass es darauf noch ankäme – einen eigenen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 1, 4 AsylG. Dies ergibt sich – entsprechend der bisherigen Rechtsprechung der Kammer, die der erkennende Berichterstatter auf das vorliegende Verfahren überträgt – aus dem Umstand der illegalen Ausreise, der Asylantragstellung in Deutschland und dem längeren Auslandsaufenthalt hier (VG Sigmaringen, Urteil vom 31.01.2017 – A 3 K 4482/16 – juris; sowie das die Schwester des Klägers betreffende Urteil vom 09.03.2017 – A 3 K 3158/16 – n. v.) sowie – selbstständig tragend – aus dem weiteren Umstand, dass der Kläger im Falle einer hypothetischen Rückkehr nach Syrien damit rechnen müsste, zum Wehrdienst eingezogen und sodann zur Teilnahme an Kriegshandlungen bestimmt zu werden (VG Sigmaringen, Urteil vom 31.01.2017 – A 3 K 4482/16 – juris Rn. 114-139). Die Gefahrerhöhenden Umstände, die der erkennende Berichterstatter in der Person der Schwester des Klägers im Verfahren A 3 K 3158/16 erkannt hat, treffen uneingeschränkt auch auf den Kläger zu. Hinzu kommt bezüglich diesem, dass er mittlerweile (worauf es gem. § 77 Abs. 1 AsylG allein ankommt), im wehrdienstfähigen Alter ist.
III.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 14. Sept. 2016 - M 11 K 16.32551

bei uns veröffentlicht am 14.09.2016

Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

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Tenor 1. Die Beklagte wird – unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheids vom 21. Januar 2013 – verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Gerichtskosten
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. Mai 2018 - A 1 K 17/17

bei uns veröffentlicht am 23.05.2018

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 08. Feb. 2018 - A 2 K 7425/16

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Tenor 1. Die Beklagte wird unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29.11.2016 verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.2. Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfr

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(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

Tenor

1. Die Beklagte wird – unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheids vom 21. Januar 2013 – verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Beteiligten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die irakische Klägerin begehrt die Anerkennung als Asylberechtigte, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weiter hilfsweise subsidiären Schutz.

2

Die Klägerin wurde ausweislich ihres irakischen Reisepasses, des Auszuges aus dem Geburtsregister sowie ihres Personalausweises am ... Oktober 1998 in Scheichan, Provinz Ninive, geboren. Sie ist irakische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit und jesidischen Glauben. Ihre Familie stammt aus der Stadt Scheichan in der Provinz Ninive. Sie ist die Tochter der Kläger in den Verfahren 8 A 1236/12 und 8 A 1238/12 sowie die Schwester der Klägerin im Verfahren 8 A 1273/12 und des nach eigenen Angaben am ... Mai 1994 geborenen U., der im Jahr 2009 mit seiner Tante ins Bundesgebiet einreiste und dem mit Bescheid vom ... September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Gz. der Beklagten: ...-438).

3

Die Klägerin reiste am ... Juni 2011 ins Bundesgebiet ein und stellte mit anwaltlichem Schreiben vom ... Juli 2011, bei der Beklagten eingegangen am ... Juli 2011, einen Asylantrag. Nachdem ihre Eltern für sie auf eine Anhörung verzichtet hatten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ... Januar 2013 ihre Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht bestehen. Sie könne nicht als Asylberechtigte anerkannt werden, weil keine Anhaltspunkte für eine staatliche politische Verfolgung vorlägen. Außerdem sei sie über einen sicheren Drittstaat ins Bundesgebiet eingereist. Sie habe weiter keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Individuelle Verfolgungsgründe habe sie nicht dargelegt und auch die Voraussetzung einer Gruppenverfolgung der Jesiden lägen nicht mehr vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gäbe es ebenfalls nicht.

4

Mit ihrer am ... Januar 2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beruft sich auf den Vortrag in den Verfahren 8 A 1236/12 und 8 A 1238/12 und beantragt,

5

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom ... Januar 2013 zu verpflichten,
1. die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen;
2. hilfsweise, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
3. weiter hilfsweise, die Klägerin als subsidiär Schutzberechtigte anzuerkennen;
4. weiter hilfsweise, Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1, Abs. 5 AufenthG festzustellen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG in der seit dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung. Zwar sei sie auch heute noch minderjährig. Dies gelte jedoch nicht mehr für ihren stammberechtigten Bruder. Nach dem Grundsatz von § 77 Abs. 1 AsylVfG sei es erforderlich, dass das stammberechtigte Geschwisterkind auch im Zeitpunkt der Entscheidung noch minderjährig sei. Weil der stammberechtigte Bruder mittlerweile volljährig sei, sei er auch nicht mehr schutzbedürftig. Die Verfahrensdauer habe im vorliegenden Fall nicht zu einem Rechtsnachteil für die Klägerin geführt, da die Norm, auf die sie sich berufe, erst zum 1. Dezember 2013 in Kraft getreten sei.

9

Bei der Entscheidung haben die Asylakten der Klägerin und ihres Bruders U. (...-438) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

10

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten (Bl. 16, 17; 36, 37 d. A.) durch den Berichterstatter anstelle der Kammer gemäß § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO und im schriftlichen Verfahren gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.

II.

11

Die zulässige Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigte unbegründet (dazu 1.), hinsichtlich des ersten Hilfsan-trags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 113 Abs. 5 VwGO begründet (dazu 2.).

12

1. Die Klägerin kann nicht als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG anerkannt werden. Danach genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine politische Verfolgung liegt vor, wenn staatliche Akteure gezielt Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen gefährden oder verletzen, die allein in seiner politischen Überzeugung, seiner religiösen Grundentscheidung oder in für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, die sein Anderssein prägen (asylerhebliche Merkmale) (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, 2 BvR 502/86, 2 BvR 12 BvR 1000/86, 2 BvR 92 BvR 961/86, juris, Rn. 38ff.). Eine politische Verfolgung durch staatliche Akteure hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

13

2. Die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Bescheid vom ... Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 26 Abs. 3 Satz 2, Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 bis 2 AsylVfG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474; im Folgenden: „Richtlinienumsetzungsgesetz“).

14

Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 und 2 AsylVfG wird insbesondere den Eltern eines minderjährigen Flüchtlingsschutzberechtigten bei Erfüllung der in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Voraussetzungen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach Satz 2 von § 26 Abs. 3 AsylVfG gilt für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Flüchtlings Satz 1 Nr. 1 bis 4 entsprechend. Dies bedeutet, dass ein zum Zeitpunkt seiner Antragstellung minderjähriges lediges Geschwister eines im Zeitpunkt dieser Antragstellung minderjährigen stammberechtigten Geschwisters als Flüchtling anerkannt wird, wenn es die weiteren Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylVfG erfüllt. So liegt es hier.

15

2.1 Die Klägerin ist ein bei ihrer Antragstellung minderjähriges Geschwister des minderjährigen Stammberechtigten.

16

2.1.1 Die am ... Oktober 1998 geborene Klägerin war bei ihrer Asylantragstellung am ... Juli 2011 ... Jahre alt und damit minderjährig. Sie ist die Schwester des nach eigenen Angaben am ... Mai 1994 geborenen U., dem mit Bescheid vom ... September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Stammberechtigter). Die Altersangaben basieren auf den glaubhaften Angaben der Tante des Stammberechtigten, mit der er ins Bundesgebiet eingereist ist.

17

2.1.2 Der Stammberechtigte war bei Antragstellung der Klägerin am ... Juli 2011 siebzehn Jahre alt und mithin ein minderjähriger Flüchtling i. S. v. § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG. Es ist notwendig aber auch hinreichend, dass das stammberechtigte Geschwister bei Antragstellung des zuziehenden Geschwisters – der Klägerin – minderjährig war. Es reicht nicht aus, dass das stammberechtigte Geschwister bei seiner eigenen Asylantragstellung minderjährig war (VG Hamburg, Urt. v. 13.11.2013, 8 A 214/12, S. 14f.). Im Zeitpunkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung muss es dagegen nicht mehr minderjährig sein. Hierauf deutet schon hin, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG am Satzanfang genannt wird. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass es für die Bestimmung der Minderjährigkeit des Stammberechtigten auf einen anderen Zeitpunkt ankommen soll als bei dem zuziehenden Geschwister, hätte dies kenntlich gemacht werden müssen. Dieses Ergebnis wird auch durch den systematischen Zusammenhang von § 26 Abs. 3 Satz 2 und Satz 1 AsylVfG gestützt, weil § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG durch die Verwendung des bestimmten Artikels („des“) auf den Minderjährigen im Sinne von § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG verweist, der bei Antragstellung der zuziehenden Verwandten – in jenem Fall eines Elternteils – minderjährig sein muss (VG Hamburg, Urt. v. 5.2.2014, 8 A 1236/12, S. 6ff. UA; v. 5.2.2014, 8 A 1238/12, S. 6ff. UA; v. 13.11.2013, 8 A 214/12, S. 14f. UA).

18

2.1.3 Anders als die Beklagte meint, ist es für den Anspruch der Klägerin unschädlich, dass der Stammberechtigte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr minderjährig ist. Zwar ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG grundsätzlich für das Erfüllen der Tatbestandsmerkmale auf die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt abzustellen. Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn sich aus dem materiellen Recht ergibt, dass ein früherer Zeitpunkt maßgeblich ist (Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 2; ausdrücklich für die zeitlichen Anknüpfungspunkte beim Familienasyl auch Hailbronner, Ausländerrecht, 68. EL, Stand: April 2010, § 77 AsylVfG, Rn. 13). Dies ist hier der Fall. Für die Minderjährigkeit des stammberechtigten und des zuziehenden Geschwisters ist allein auf den Zeitpunkt der Antragstellung des zuziehenden Geschwisters abzustellen.

19

Für das zuziehende Geschwister ergibt sich dies aus einem Vergleich mit § 26 Abs. 2 AsylVfG, der ebenfalls ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellt. Für § 26 Abs. 2 AsylVfG ist geklärt, dass das Kind des Stammberechtigten nur bei dessen Antragstellung minderjährig sein muss. Dieser einzig maßgebliche Entscheidungszeitpunkt wurde 1992 gerade in Reaktion auf eine Rechtsprechung eingefügt, die für die Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt der Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung abgestellt hatte (Bodenbender, GK-AsylVfG, 82. EL, Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 61 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, 66. EL, Stand: November 2009, § 26 AsylVfG, Rn. 49). Daher muss dasselbe für den Zeitpunkt der Minderjährigkeit des zuziehenden Geschwisterkindes in § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG gelten. Anderenfalls würde die von § 77 Abs. 1 AsylVfG abweichende Bestimmung des entscheidungserheblichen Zeitpunkts keinen Sinn ergeben. Würde man nämlich verlangen, dass die Minderjährigkeit bei der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss, muss sie logisch auch schon bei Antragstellung vorgelegen haben.

20

Für das stammberechtigte Geschwister gilt nichts anderes, weil der eingangs von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG erwähnte Zeitpunkt auch für die Bestimmung von dessen Minderjährigkeit gilt. Darüber hinaus ist wertungsmäßig nicht ersichtlich, warum für die Bestimmung der Minderjährigkeit der Geschwister jeweils auf unterschiedliche Zeitpunkt abgestellt werden soll. Aus dem Zweck der Einfügung von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG, der in der Aufrechterhaltung der Familieneinheit und dem Interesse des Minderjährigenschutzes besteht (BT-Drs. 218/13, S. 30), lässt sich eine unterschiedliche Behandlung auch nicht ableiten.

21

2.2 Unschädlich für den Anspruch der Klägerin ist, dass bei ihrer Asylantragstellung am ... Juli 2011 die Anspruchsgrundlage des § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG in der Fassung vom 1. Dezember 2013 noch nicht in Kraft war. Hinsichtlich der Rechtslage verbleibt es nämlich bei dem in § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG formulierten Grundsatz, dass es auf den Entscheidungszeitpunkt ankommt. Soweit sich aus dem anzuwendenden Recht nicht etwas Anderes ergibt, ist es eine vom Gesetzgeber gewollte Folge von § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, dass ein ursprünglich begründeter Asylantrag wegen nachträglich veränderter Verhältnisse unbegründet werden kann oder umgekehrt, dass eine anfangs unbegründete Klage wegen Eintritts nachträglicher Ereignisse im maßgeblichen Zeitpunkt Erfolg hat (Marx, AsylVfG 7. Aufl. 2009, § 77 Rn. 7; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 90. EL, Februar 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 3). Anders als beim maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit (siehe oben 2.1), ergibt sich aus dem materiellen Recht für das anzuwendende Recht kein von § 77 Abs. 1 AsylVfG abweichender Zeitpunkt. Wenn es der Gesetzgeber gewollt hätte, dass Familienflüchtlingsschutz nur dann gewährt werden soll, wenn die Voraussetzungen auch bei Inkrafttreten der Norm vorlagen, hätte er Übergangsvorschriften erlassen können. Hierauf hat er jedoch bei § 26 AsylVfG verzichtet (s. Art. 7 des Richtlinienumsetzungsgesetzes).

22

2.4 Auch die übrigen Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylVfG liegen vor. Die Flüchtlingsanerkennung des Stammberechtigten vom 1. September 2009 ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG seit dem 3. September 2009 unanfechtbar (Bl. 117 der Asylakte des Stammberechtigten). Sie ist nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG). Die Lage im Irak hat sich nicht grundsätzlich zum Besseren gewendet, so dass ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Stammberechtigte unrichtige Angaben im Verfahren gemacht hat, so dass eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in Betracht zu ziehen wäre, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar hat das Einwohner-Zentralamt der Freien und Hansestadt Hamburg mit Schreiben vom ... November 2009 ein Widerrufsverfahren angeregt. Die Beklagte hat jedoch mit Schreiben vom ... Januar 2010 mitgeteilt, dass sie davon absieht (Bl. 123, 161 der Asylakte des Stammberechtigten). Der Stammberechtigte ist im Jahr 2009 mit seiner Tante ausgereist; bis dahin lebte er mit seiner Familie in Scheichan.

23

Die Asylantragstellung gemäß § 23 Abs. 1 AsylVfG am... Juli 2011 erfolgte unverzüglich i. S. v. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nach der Einreise am 28. Juni 2011. Die Klägerin stellte ihren Asylantrag mit Zugang des anwaltlichen Schreibens vom 1. Juli 2011, mithin am 5. Juli 2011. Sie konnte dies entgegen § 23 Abs. 1 AsylVfG schriftlich tun, da sie als unter Sechzehnjährige, deren gesetzlich vertretungsberechtigter Vater nicht mehr in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichtet war (§§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 47 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), ihren Antrag nicht persönlich stellen musste.

24

Unverzüglich bedeutet – wie im Zivilrecht – „ohne schuldhaftes Zögern“ (Marx, AsylVfG, 7. Auflage 2009, §, 26, Rn. 46). Dies setzt grundsätzlich eine Antragstellung binnen zweier Wochen voraus (siehe die Nachweise bei Bodenbender, GK-AsylVfG, 82. EL, Stand: Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 59). Wie lange das Zögern mit einer Antragstellung dauern darf, bevor es schuldhaft wird, hängt grundsätzlich von einer Würdigung der besonderen Verhältnisse im konkreten Fall ab. Insoweit muss u. a. auch die Möglichkeit gewährleistet sein, Rechtsrat einzuholen (VG Leipzig, Urt. v. 7.1.2004, A 6 K 30241/01, juris, Rn. 18). Nach diesem Maßstab erfolgte die Antragstellung binnen zwei Wochen und damit ohne Weiteres unverzüglich.

25

2.5 Für das Vorliegen von Ausschlussgründen nach §§ 26 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 AsylVfG ist nichts ersichtlich.

III.

26

Da die Klage bereits mit dem ersten Hilfsantrag Erfolg hat, braucht über die weiteren Hilfsanträge nicht entschieden zu werden.

IV.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 83b AsylVfG, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die ausweislich der in Kopie vorgelegten Geburtsurkunde am ... Januar 2015 in ... geborene Klägerin ist somalische Staatsangehörige. Den Eltern der Klägerin, ... ... ... und ... ... ..., wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) subsidiärer Schutz zuerkannt, der Schwester der Klägerin, ... ... ... ..., wurde mit Bescheid vom 27. März 2015 (Bundesamts-Az.: ... ... ...) die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Der Bevollmächtigte der Klägerin verwies mit Schreiben vom 17. August 2015 an das Bundesamt darauf, dass die Geburt der Klägerin unter dem 27. Januar 2015 beim Bundesamt angemeldet worden sei und bat darum, über den kraft Gesetzes als gestellt geltenden Asylantrag der Klägerin, der auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt werde, zu entscheiden.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 16. Oktober 2015 an das Bundesamt ließ die Klägerin um Mitteilung des Aktenzeichens und um baldige Verbescheidung bitten.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 16. November 2015 ließ die Klägerin der Beklagten die Erhebung einer Untätigkeitsklage androhen.

Daraufhin wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin das Aktenzeichen, unter dem der Asylantrag der Klägerin am 27. Januar 2015 aufgenommen wurde, mitgeteilt (Az.: ... ... ...), eine Entscheidung erging jedoch nicht.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 1. Juli 2016 an das Bundesamt ließ die Klägerin erneut um Entscheidung bitten.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 25. August 2016 wurde für die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.

Bis heute sei über den Asylantrag der Klägerin nicht entschieden. Zwar hätten die Eltern der Klägerin nur internationalen subsidiären Schutz erhalten, jedoch sei der Schwester der Klägerin der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden, weil ihr eine Beschneidung drohe. Damit habe die Klägerin ebenfalls einen Rechtsanspruch auf Familien-Flüchtlingsstatus. Ungeachtet dessen drohe ihr im Falle einer Rückkehr eine Beschneidung, vor der sie die Eltern gegenüber dem gesellschaftlichen Druck nicht beschützen könnten.

Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 14. September 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg.

Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil sich die Beteiligten damit individuell einverstanden erklärt haben (die Klägerseite) bzw. ein entsprechendes generelles Einverständnis vorliegt (auf Beklagtenseite sowie von der Vertretung des öffentlichen Interesses), § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 75 VwGO liegen vor, da seit Asylantragstellung (kraft Gesetzes mit dem Zugang der Anzeige nach § 14 a Abs. 2 Satz 1 AsylG, § 14 a Abs. 2 Satz 3 AsylG) mittlerweile knapp 18 Monate vergangen sind, zumal es sich um einen einfachen Fall der Gewährung von Familienasyl handelt. An dem Umstand der Asylantragstellung bestehen keine Zweifel.

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin hat zunächst aus dem Gesichtspunkt des Familienflüchtlingsschutzes einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 und 2 AsylG wird den Eltern eines minderjährigen Flüchtlingsschutzberechtigten bei Erfüllung der in § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 5 AsylG genannten Voraussetzungen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylG i. V. m. Abs. 5 Satz 1 und 2 AsylG gilt für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Flüchtlings Satz 1 Nr. 1 bis 4 entsprechend. Das bedeutet, dass ein zum Zeitpunkt seiner Antragstellung minderjähriges lediges Geschwister, hier die Klägerin, eines im Zeitpunkt dieser Antragstellung minderjährigen stammberechtigten Geschwisters, hier die Schwester ... ... ... ..., die als Flüchtling anerkannt ist, ebenfalls als Flüchtling anerkannt wird, wenn die weiteren Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylG erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Unabhängig davon hat die Klägerin außerdem eigenen eigenständigen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die Klägerin hat nämlich auch deswegen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weil ihr in Somalia seitens nichtstaatlicher Akteure im Sinne des § 3 c Nr. 3 AsylG geschlechtsspezifische bzw. gegen Kinder gerichtete Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 i. V. § 3 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 AsylG droht und die in § 3 c Nummern 1 und 2 AsylG genannten Akteure erwiesenermaßen nicht in der Lage sind, ihr im Sinne des § 3 d Abs. 1 und 2 AsylG wirksamen Schutz vor dieser Verfolgung zu bieten.

Die Klägerin wäre, müsste sie nach Somalia ausreisen, davon bedroht, zwangsbeschnitten zu werden. In Somalia ist die stärkste Form der Beschneidung mit Verengung der Vaginalöffnung üblich (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. Dezember 2015). Schutz durch ihre Familienangehörigen, insbesondere durch die Eltern, ist nicht realistisch, da, abgesehen davon, dass die Eltern in Deutschland subsidiären Schutz genießen, der entsprechende soziale und gesellschaftliche Druck in Somalia zu groß ist.

Nach alledem ist der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

Tenor

1. Die Beklagte wird – unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheids vom 21. Januar 2013 – verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Beteiligten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die irakische Klägerin begehrt die Anerkennung als Asylberechtigte, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weiter hilfsweise subsidiären Schutz.

2

Die Klägerin wurde ausweislich ihres irakischen Reisepasses, des Auszuges aus dem Geburtsregister sowie ihres Personalausweises am ... Oktober 1998 in Scheichan, Provinz Ninive, geboren. Sie ist irakische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit und jesidischen Glauben. Ihre Familie stammt aus der Stadt Scheichan in der Provinz Ninive. Sie ist die Tochter der Kläger in den Verfahren 8 A 1236/12 und 8 A 1238/12 sowie die Schwester der Klägerin im Verfahren 8 A 1273/12 und des nach eigenen Angaben am ... Mai 1994 geborenen U., der im Jahr 2009 mit seiner Tante ins Bundesgebiet einreiste und dem mit Bescheid vom ... September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Gz. der Beklagten: ...-438).

3

Die Klägerin reiste am ... Juni 2011 ins Bundesgebiet ein und stellte mit anwaltlichem Schreiben vom ... Juli 2011, bei der Beklagten eingegangen am ... Juli 2011, einen Asylantrag. Nachdem ihre Eltern für sie auf eine Anhörung verzichtet hatten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom ... Januar 2013 ihre Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht bestehen. Sie könne nicht als Asylberechtigte anerkannt werden, weil keine Anhaltspunkte für eine staatliche politische Verfolgung vorlägen. Außerdem sei sie über einen sicheren Drittstaat ins Bundesgebiet eingereist. Sie habe weiter keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Individuelle Verfolgungsgründe habe sie nicht dargelegt und auch die Voraussetzung einer Gruppenverfolgung der Jesiden lägen nicht mehr vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gäbe es ebenfalls nicht.

4

Mit ihrer am ... Januar 2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beruft sich auf den Vortrag in den Verfahren 8 A 1236/12 und 8 A 1238/12 und beantragt,

5

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom ... Januar 2013 zu verpflichten,
1. die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen;
2. hilfsweise, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
3. weiter hilfsweise, die Klägerin als subsidiär Schutzberechtigte anzuerkennen;
4. weiter hilfsweise, Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1, Abs. 5 AufenthG festzustellen.

6

Die Beklagte beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG in der seit dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung. Zwar sei sie auch heute noch minderjährig. Dies gelte jedoch nicht mehr für ihren stammberechtigten Bruder. Nach dem Grundsatz von § 77 Abs. 1 AsylVfG sei es erforderlich, dass das stammberechtigte Geschwisterkind auch im Zeitpunkt der Entscheidung noch minderjährig sei. Weil der stammberechtigte Bruder mittlerweile volljährig sei, sei er auch nicht mehr schutzbedürftig. Die Verfahrensdauer habe im vorliegenden Fall nicht zu einem Rechtsnachteil für die Klägerin geführt, da die Norm, auf die sie sich berufe, erst zum 1. Dezember 2013 in Kraft getreten sei.

9

Bei der Entscheidung haben die Asylakten der Klägerin und ihres Bruders U. (...-438) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

10

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten (Bl. 16, 17; 36, 37 d. A.) durch den Berichterstatter anstelle der Kammer gemäß § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO und im schriftlichen Verfahren gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.

II.

11

Die zulässige Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigte unbegründet (dazu 1.), hinsichtlich des ersten Hilfsan-trags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 113 Abs. 5 VwGO begründet (dazu 2.).

12

1. Die Klägerin kann nicht als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Abs. 1 GG anerkannt werden. Danach genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine politische Verfolgung liegt vor, wenn staatliche Akteure gezielt Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen aus Gründen gefährden oder verletzen, die allein in seiner politischen Überzeugung, seiner religiösen Grundentscheidung oder in für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, die sein Anderssein prägen (asylerhebliche Merkmale) (BVerfG, Beschl. v. 10.7.1989, 2 BvR 502/86, 2 BvR 12 BvR 1000/86, 2 BvR 92 BvR 961/86, juris, Rn. 38ff.). Eine politische Verfolgung durch staatliche Akteure hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

13

2. Die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Bescheid vom ... Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 26 Abs. 3 Satz 2, Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 bis 2 AsylVfG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474; im Folgenden: „Richtlinienumsetzungsgesetz“).

14

Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 und 2 AsylVfG wird insbesondere den Eltern eines minderjährigen Flüchtlingsschutzberechtigten bei Erfüllung der in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Voraussetzungen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach Satz 2 von § 26 Abs. 3 AsylVfG gilt für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Flüchtlings Satz 1 Nr. 1 bis 4 entsprechend. Dies bedeutet, dass ein zum Zeitpunkt seiner Antragstellung minderjähriges lediges Geschwister eines im Zeitpunkt dieser Antragstellung minderjährigen stammberechtigten Geschwisters als Flüchtling anerkannt wird, wenn es die weiteren Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylVfG erfüllt. So liegt es hier.

15

2.1 Die Klägerin ist ein bei ihrer Antragstellung minderjähriges Geschwister des minderjährigen Stammberechtigten.

16

2.1.1 Die am ... Oktober 1998 geborene Klägerin war bei ihrer Asylantragstellung am ... Juli 2011 ... Jahre alt und damit minderjährig. Sie ist die Schwester des nach eigenen Angaben am ... Mai 1994 geborenen U., dem mit Bescheid vom ... September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Stammberechtigter). Die Altersangaben basieren auf den glaubhaften Angaben der Tante des Stammberechtigten, mit der er ins Bundesgebiet eingereist ist.

17

2.1.2 Der Stammberechtigte war bei Antragstellung der Klägerin am ... Juli 2011 siebzehn Jahre alt und mithin ein minderjähriger Flüchtling i. S. v. § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG. Es ist notwendig aber auch hinreichend, dass das stammberechtigte Geschwister bei Antragstellung des zuziehenden Geschwisters – der Klägerin – minderjährig war. Es reicht nicht aus, dass das stammberechtigte Geschwister bei seiner eigenen Asylantragstellung minderjährig war (VG Hamburg, Urt. v. 13.11.2013, 8 A 214/12, S. 14f.). Im Zeitpunkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung muss es dagegen nicht mehr minderjährig sein. Hierauf deutet schon hin, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG am Satzanfang genannt wird. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass es für die Bestimmung der Minderjährigkeit des Stammberechtigten auf einen anderen Zeitpunkt ankommen soll als bei dem zuziehenden Geschwister, hätte dies kenntlich gemacht werden müssen. Dieses Ergebnis wird auch durch den systematischen Zusammenhang von § 26 Abs. 3 Satz 2 und Satz 1 AsylVfG gestützt, weil § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG durch die Verwendung des bestimmten Artikels („des“) auf den Minderjährigen im Sinne von § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG verweist, der bei Antragstellung der zuziehenden Verwandten – in jenem Fall eines Elternteils – minderjährig sein muss (VG Hamburg, Urt. v. 5.2.2014, 8 A 1236/12, S. 6ff. UA; v. 5.2.2014, 8 A 1238/12, S. 6ff. UA; v. 13.11.2013, 8 A 214/12, S. 14f. UA).

18

2.1.3 Anders als die Beklagte meint, ist es für den Anspruch der Klägerin unschädlich, dass der Stammberechtigte im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr minderjährig ist. Zwar ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG grundsätzlich für das Erfüllen der Tatbestandsmerkmale auf die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt abzustellen. Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn sich aus dem materiellen Recht ergibt, dass ein früherer Zeitpunkt maßgeblich ist (Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 2; ausdrücklich für die zeitlichen Anknüpfungspunkte beim Familienasyl auch Hailbronner, Ausländerrecht, 68. EL, Stand: April 2010, § 77 AsylVfG, Rn. 13). Dies ist hier der Fall. Für die Minderjährigkeit des stammberechtigten und des zuziehenden Geschwisters ist allein auf den Zeitpunkt der Antragstellung des zuziehenden Geschwisters abzustellen.

19

Für das zuziehende Geschwister ergibt sich dies aus einem Vergleich mit § 26 Abs. 2 AsylVfG, der ebenfalls ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellt. Für § 26 Abs. 2 AsylVfG ist geklärt, dass das Kind des Stammberechtigten nur bei dessen Antragstellung minderjährig sein muss. Dieser einzig maßgebliche Entscheidungszeitpunkt wurde 1992 gerade in Reaktion auf eine Rechtsprechung eingefügt, die für die Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt der Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung abgestellt hatte (Bodenbender, GK-AsylVfG, 82. EL, Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 61 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, 66. EL, Stand: November 2009, § 26 AsylVfG, Rn. 49). Daher muss dasselbe für den Zeitpunkt der Minderjährigkeit des zuziehenden Geschwisterkindes in § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG gelten. Anderenfalls würde die von § 77 Abs. 1 AsylVfG abweichende Bestimmung des entscheidungserheblichen Zeitpunkts keinen Sinn ergeben. Würde man nämlich verlangen, dass die Minderjährigkeit bei der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss, muss sie logisch auch schon bei Antragstellung vorgelegen haben.

20

Für das stammberechtigte Geschwister gilt nichts anderes, weil der eingangs von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG erwähnte Zeitpunkt auch für die Bestimmung von dessen Minderjährigkeit gilt. Darüber hinaus ist wertungsmäßig nicht ersichtlich, warum für die Bestimmung der Minderjährigkeit der Geschwister jeweils auf unterschiedliche Zeitpunkt abgestellt werden soll. Aus dem Zweck der Einfügung von § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG, der in der Aufrechterhaltung der Familieneinheit und dem Interesse des Minderjährigenschutzes besteht (BT-Drs. 218/13, S. 30), lässt sich eine unterschiedliche Behandlung auch nicht ableiten.

21

2.2 Unschädlich für den Anspruch der Klägerin ist, dass bei ihrer Asylantragstellung am ... Juli 2011 die Anspruchsgrundlage des § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG in der Fassung vom 1. Dezember 2013 noch nicht in Kraft war. Hinsichtlich der Rechtslage verbleibt es nämlich bei dem in § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG formulierten Grundsatz, dass es auf den Entscheidungszeitpunkt ankommt. Soweit sich aus dem anzuwendenden Recht nicht etwas Anderes ergibt, ist es eine vom Gesetzgeber gewollte Folge von § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, dass ein ursprünglich begründeter Asylantrag wegen nachträglich veränderter Verhältnisse unbegründet werden kann oder umgekehrt, dass eine anfangs unbegründete Klage wegen Eintritts nachträglicher Ereignisse im maßgeblichen Zeitpunkt Erfolg hat (Marx, AsylVfG 7. Aufl. 2009, § 77 Rn. 7; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 90. EL, Februar 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 3). Anders als beim maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit (siehe oben 2.1), ergibt sich aus dem materiellen Recht für das anzuwendende Recht kein von § 77 Abs. 1 AsylVfG abweichender Zeitpunkt. Wenn es der Gesetzgeber gewollt hätte, dass Familienflüchtlingsschutz nur dann gewährt werden soll, wenn die Voraussetzungen auch bei Inkrafttreten der Norm vorlagen, hätte er Übergangsvorschriften erlassen können. Hierauf hat er jedoch bei § 26 AsylVfG verzichtet (s. Art. 7 des Richtlinienumsetzungsgesetzes).

22

2.4 Auch die übrigen Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylVfG liegen vor. Die Flüchtlingsanerkennung des Stammberechtigten vom 1. September 2009 ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG seit dem 3. September 2009 unanfechtbar (Bl. 117 der Asylakte des Stammberechtigten). Sie ist nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG). Die Lage im Irak hat sich nicht grundsätzlich zum Besseren gewendet, so dass ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Stammberechtigte unrichtige Angaben im Verfahren gemacht hat, so dass eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in Betracht zu ziehen wäre, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar hat das Einwohner-Zentralamt der Freien und Hansestadt Hamburg mit Schreiben vom ... November 2009 ein Widerrufsverfahren angeregt. Die Beklagte hat jedoch mit Schreiben vom ... Januar 2010 mitgeteilt, dass sie davon absieht (Bl. 123, 161 der Asylakte des Stammberechtigten). Der Stammberechtigte ist im Jahr 2009 mit seiner Tante ausgereist; bis dahin lebte er mit seiner Familie in Scheichan.

23

Die Asylantragstellung gemäß § 23 Abs. 1 AsylVfG am... Juli 2011 erfolgte unverzüglich i. S. v. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nach der Einreise am 28. Juni 2011. Die Klägerin stellte ihren Asylantrag mit Zugang des anwaltlichen Schreibens vom 1. Juli 2011, mithin am 5. Juli 2011. Sie konnte dies entgegen § 23 Abs. 1 AsylVfG schriftlich tun, da sie als unter Sechzehnjährige, deren gesetzlich vertretungsberechtigter Vater nicht mehr in der Aufnahmeeinrichtung zu wohnen verpflichtet war (§§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 47 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), ihren Antrag nicht persönlich stellen musste.

24

Unverzüglich bedeutet – wie im Zivilrecht – „ohne schuldhaftes Zögern“ (Marx, AsylVfG, 7. Auflage 2009, §, 26, Rn. 46). Dies setzt grundsätzlich eine Antragstellung binnen zweier Wochen voraus (siehe die Nachweise bei Bodenbender, GK-AsylVfG, 82. EL, Stand: Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 59). Wie lange das Zögern mit einer Antragstellung dauern darf, bevor es schuldhaft wird, hängt grundsätzlich von einer Würdigung der besonderen Verhältnisse im konkreten Fall ab. Insoweit muss u. a. auch die Möglichkeit gewährleistet sein, Rechtsrat einzuholen (VG Leipzig, Urt. v. 7.1.2004, A 6 K 30241/01, juris, Rn. 18). Nach diesem Maßstab erfolgte die Antragstellung binnen zwei Wochen und damit ohne Weiteres unverzüglich.

25

2.5 Für das Vorliegen von Ausschlussgründen nach §§ 26 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 AsylVfG ist nichts ersichtlich.

III.

26

Da die Klage bereits mit dem ersten Hilfsantrag Erfolg hat, braucht über die weiteren Hilfsanträge nicht entschieden zu werden.

IV.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 83b AsylVfG, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die ausweislich der in Kopie vorgelegten Geburtsurkunde am ... Januar 2015 in ... geborene Klägerin ist somalische Staatsangehörige. Den Eltern der Klägerin, ... ... ... und ... ... ..., wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) subsidiärer Schutz zuerkannt, der Schwester der Klägerin, ... ... ... ..., wurde mit Bescheid vom 27. März 2015 (Bundesamts-Az.: ... ... ...) die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

Der Bevollmächtigte der Klägerin verwies mit Schreiben vom 17. August 2015 an das Bundesamt darauf, dass die Geburt der Klägerin unter dem 27. Januar 2015 beim Bundesamt angemeldet worden sei und bat darum, über den kraft Gesetzes als gestellt geltenden Asylantrag der Klägerin, der auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt werde, zu entscheiden.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 16. Oktober 2015 an das Bundesamt ließ die Klägerin um Mitteilung des Aktenzeichens und um baldige Verbescheidung bitten.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 16. November 2015 ließ die Klägerin der Beklagten die Erhebung einer Untätigkeitsklage androhen.

Daraufhin wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin das Aktenzeichen, unter dem der Asylantrag der Klägerin am 27. Januar 2015 aufgenommen wurde, mitgeteilt (Az.: ... ... ...), eine Entscheidung erging jedoch nicht.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 1. Juli 2016 an das Bundesamt ließ die Klägerin erneut um Entscheidung bitten.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 25. August 2016 wurde für die Klägerin Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin den Flüchtlingsstatus zuzuerkennen.

Bis heute sei über den Asylantrag der Klägerin nicht entschieden. Zwar hätten die Eltern der Klägerin nur internationalen subsidiären Schutz erhalten, jedoch sei der Schwester der Klägerin der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden, weil ihr eine Beschneidung drohe. Damit habe die Klägerin ebenfalls einen Rechtsanspruch auf Familien-Flüchtlingsstatus. Ungeachtet dessen drohe ihr im Falle einer Rückkehr eine Beschneidung, vor der sie die Eltern gegenüber dem gesellschaftlichen Druck nicht beschützen könnten.

Im Übrigen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 14. September 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg.

Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, weil sich die Beteiligten damit individuell einverstanden erklärt haben (die Klägerseite) bzw. ein entsprechendes generelles Einverständnis vorliegt (auf Beklagtenseite sowie von der Vertretung des öffentlichen Interesses), § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage ist zulässig. Die Voraussetzungen des § 75 VwGO liegen vor, da seit Asylantragstellung (kraft Gesetzes mit dem Zugang der Anzeige nach § 14 a Abs. 2 Satz 1 AsylG, § 14 a Abs. 2 Satz 3 AsylG) mittlerweile knapp 18 Monate vergangen sind, zumal es sich um einen einfachen Fall der Gewährung von Familienasyl handelt. An dem Umstand der Asylantragstellung bestehen keine Zweifel.

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin hat zunächst aus dem Gesichtspunkt des Familienflüchtlingsschutzes einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 und 2 AsylG wird den Eltern eines minderjährigen Flüchtlingsschutzberechtigten bei Erfüllung der in § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 5 AsylG genannten Voraussetzungen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylG i. V. m. Abs. 5 Satz 1 und 2 AsylG gilt für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Flüchtlings Satz 1 Nr. 1 bis 4 entsprechend. Das bedeutet, dass ein zum Zeitpunkt seiner Antragstellung minderjähriges lediges Geschwister, hier die Klägerin, eines im Zeitpunkt dieser Antragstellung minderjährigen stammberechtigten Geschwisters, hier die Schwester ... ... ... ..., die als Flüchtling anerkannt ist, ebenfalls als Flüchtling anerkannt wird, wenn die weiteren Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AsylG erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Unabhängig davon hat die Klägerin außerdem eigenen eigenständigen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die Klägerin hat nämlich auch deswegen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weil ihr in Somalia seitens nichtstaatlicher Akteure im Sinne des § 3 c Nr. 3 AsylG geschlechtsspezifische bzw. gegen Kinder gerichtete Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 i. V. § 3 a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 AsylG droht und die in § 3 c Nummern 1 und 2 AsylG genannten Akteure erwiesenermaßen nicht in der Lage sind, ihr im Sinne des § 3 d Abs. 1 und 2 AsylG wirksamen Schutz vor dieser Verfolgung zu bieten.

Die Klägerin wäre, müsste sie nach Somalia ausreisen, davon bedroht, zwangsbeschnitten zu werden. In Somalia ist die stärkste Form der Beschneidung mit Verengung der Vaginalöffnung üblich (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. Dezember 2015). Schutz durch ihre Familienangehörigen, insbesondere durch die Eltern, ist nicht realistisch, da, abgesehen davon, dass die Eltern in Deutschland subsidiären Schutz genießen, der entsprechende soziale und gesellschaftliche Druck in Somalia zu groß ist.

Nach alledem ist der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.