Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 06. Sept. 2012 - 8 K 1602/10

published on 06/09/2012 00:00
Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 06. Sept. 2012 - 8 K 1602/10
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Tenor

Es wird festgestellt, dass das Erzeugnis „Bratwurstspieße“, welches Gegenstand des Bußgeldbescheids vom 28.05.2010 ist, in objektiver Hinsicht nicht gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 Fertigpackungsverordnung sowie gegen § 22 Abs. 4 Fertigpackungsverordnung verstößt.

Es wird festgestellt, dass das Erzeugnis „Bosporus-Spieße“, welches Gegenstand des Bußgeldbescheids vom 28.05.2010 ist, in objektiver Hinsicht nicht gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 Fertigpackungsverordnung verstößt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt 1/5, der Beklagte 4/5 der Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin hat einen fleischverarbeitenden Betrieb, der den Groß- und Einzelhandel mit Fleischprodukten beliefert. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob sie mit den Produkten „Bratwurstspieße H. W.“ und „Bosporusspieße H. W.“ Verstöße dadurch begangen hat, dass die tatsächlichen Füllmengen die auf den Verpackungen angegebenen Nennfüllmengen unzulässig unterschreiten.
Am Montag, 03.08.2009, unterzog das Eichamt F. 50 (Stich-) Proben - von 120 beim Zwischenhändler R. in N. vorhandenen Fertigpackungen einer Charge Nr. 616108 - des Produkts „Bratwurstspieße H. W.“ einer Prüfung nach Gewicht.
Durch Abwiegen wurde das tatsächliche Gewicht der einzelnen Fertigpackungen (Inhalt + Verpackung) ermittelt. Davon wurde rechnerisch die Tara (Gewicht der Verpackung) abgezogen, welche als Mittelwert mit 30,61 g aus 5 gewogenen Verpackungen ermittelt worden war. Dabei wurden die Holzspieße des Produkts der Verpackung zugeordnet. Auf dem Prüfprotokoll vom 04.08.2009 findet sich die handschriftliche Eintragung „In jedem Produkt 3 Spieße enthalten, mittleres Tara 3,4 g“. Als Ergebnis werden Unterschreitungen von gesetzlich verlangten Mindestfüllmengen genannt: Die Nennfüllmenge von 330 g sei durch die tatsächlichen Füllmengen zwischen 306,19 g (niedrigster Wert) und 346,49 g (höchster Wert) mit 327,44 g im Mittel unterschritten. 19 Proben (zwischen 306,19 und 319,99 g) seien unterhalb der Grenze der zulässigen Minusabweichung von 320,1 g geblieben. Schließlich seien 2 Proben (306,19 und 308,49 g) unter einer weiteren vorgeschriebenen Grenze von 310,20 g geblieben.
Am gleichen Tag wurden auch 50 (Stich-) Proben - von 380 der im gleichen Lager vorhandenen Fertigpackungen einer Charge Nr. 555507 - des Produkts „Bosporus-Spieße H. W.“ untersucht. Die methodische Vorgehensweise dabei war wie beim Bratwurstspieß. Nach dem Prüfprotokoll lagen bei einer Nennfüllmenge von 300 Gramm die tatsächlichen Füllmengen zwischen 302,47 und 293,87 Gramm, im Mittel bei 298,37 Gramm. Auf dem Prüfprotokoll findet sich die handschriftliche Eintragung „In jedem Produkt 6 Spieße enthalten, mittleres Tara 5,46 g“
Im Rahmen der Anhörung im Bußgeldverfahren brachte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vor: Das Eichamt habe die Verpackung (Tara) der Bratwurstspieße mit 30,61 Gramm ermittelt. Dies sei unrichtig. Die bei Rewe vorhanden gewesenen Bratwurstspieße seien an die Klägerin zurückgesandt und die Verpackung gewogen worden. Die Tara sei nur 25,3 Gramm gewesen. Die Differenz der Tara von 5,31 erkläre sich daraus, dass die im Erzeugnis enthaltenen Holzspieße zu Unrecht der Tara zugerechnet worden seien. Diese Zurechnung sei nicht sachgerecht. Die Spieße gehörten selbstverständlich zum Produkt selbst. Rechne man das Gewicht der Holzspieße zur Füllmenge, ergebe sich keine unzulässige Minusabweichung von der Füllmenge. Entsprechendes gelte für die Bosporusspieße. Die Packung enthalte 5 Spieße, die zu Unrecht zur Tara gezählt worden seien. Diese sei vom Eichamt mit 28,93 g zu hoch ermittelt, nach den Messungen im Betrieb der Klägerin betrage sie nur 24, 3 g. Die Ergebnisse der Messungen des Eichamts seien zweifelhaft, weil nicht zum Zeitpunkt der Herstellung erfolgt, sondern erheblich später. Angesichts der ständigen automatischen und auch stichprobenartigen handschriftlichen Gewichtskontrollen bei der Herstellung sei ausgeschlossen, dass untergewichtige Produkte in den Verkehr gebracht würden.
Das Regierungspräsidium Tübingen erließ gegen einen Mitarbeiter (zuständiger Fleischermeister) der Klägerin einen Bußgeldbescheid mit einem Bußgeld von 787,00 EUR, da er Fertigpackungen hergestellt habe, in denen die angegebenen Füllmengen nicht enthalten gewesen seien. Die Holzspieße seien als Verpackung abzuziehen. Für die 3 Holzspieße im Produkt Bratwurstspieße habe man ein mittleres Tara von 3,4 g , für die 6 Holzspieße im Produkt Bosporusspieße von 5,46 g ermittelt. Die von der Klägerin vorgelegte Wiegeliste betreffe eine andere Chargennummer als die beanstandete Charge, weshalb sie unerheblich sei. Bei vakuumierten bzw. verschweißten Produkten könne auch über einen langen Zeitraum hinweg kein Gewichtsverlust entstehen.
Die Klägerin ließ gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einlegen.
Am 09. Juli 2010 erhob die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart gegen die ihrer Ansicht nach unrechtmäßige Beanstandung durch das Eichamt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat das Verfahren mit Beschluss vom 04. August 2010 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen verwiesen.
Mit der Klage wird - soweit weitergehend - vorgebracht: Da die Beklagte keinen Verwaltungsakt erlassen habe, sei die Feststellungsklage hier nicht subsidiär. Die Klägerin habe ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die lebensmittelrechtlichen Fragen nicht erst in einem Bußgeld- oder Strafverfahren, also auf der Anklagebank, geklärt werden. Die Tara ergebe sich mit 25,3 g (Verpackung inklusive Saugeinlage). Die Zurechnung der Holzspieße zur Verpackung sei rechtswidrig, sie seien vielmehr der Nettofüllmenge zuzurechnen. Der Holzspieß (Eigengewicht zwischen 1,1 bis 1,6 Gramm je Stück) verleihe dem Produkt Bratwurstspieß als elementarer Bestandteil seinen spezifischen Charakter. Auch werde die Bratwurstschnecke durch den Spieß zwangsläufig in der Form gehalten. Der Spieß sei zwingender Bestandteil der Produktbezeichnung „Bratwurstspieß“. Es liege eine Parallele vor zu einer Roulade, welche durch einen Spieß oder umwickelnden Faden in Rollenform gehalten werde. Gleiches gelte für ein Eis am Stiel oder einen Lutscher am Stiel, letzterer sei ohne Stiel nur ein Bonbon, also etwas anderes. Eine analoge Anwendung der behördlichen Richtlinie zur Füllmengenprüfung von Fertigpackungen führe zum gleichen Ergebnis: Deren Beispiele für Zugehörigkeit zum Nettogewicht (etwa Stiel des Dauerlutschers, Wursthülle, Wurstendenabbinder usw.) seien nicht abschließend. Dies bestätige auch die Verkehrsauffassung. Niemand ziehe ernsthaft in Erwägung, dass er bei einem Fleischspieß nur das Fleisch mit Beilagen kaufe. Entsprechendes gelte für den Bosporus-Spieß. Rechne man den Holzspieß dabei zur Tara, handele es sich nicht mehr um einen Bosporus-Spieß bestehend aus Fleisch und Zutaten, sondern um Geschnetzeltes. Auch hier sei der Spieß produktimmanent. Die Holzspieße hätten ein Eigengewicht von 4,63 Gramm. Berücksichtige man dieses beim Nettogewicht, so sei der Mittelwert eingehalten.
10 
Die Klägerin beantragt,
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„1. festzustellen, dass das Erzeugnis „Bratwurstspieße“, welches Gegenstand des Bußgeldbescheides vom 28.05.2010 ist, in objektiver Hinsicht nicht gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 sowie gegen § 22 Abs. 4 FPV verstößt,
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2. festzustellen, dass das Lebensmittel „Bosporus-Spieße“, welches Gegenstand des Bußgeldbescheides vom 28.05.2010 ist, in objektiver Hinsicht nicht gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 FPV verstößt.“
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bringt weitergehend vor: Die mittlere Tara von 30,61 Gramm setze sich aus zwei Teilen zusammen, nämlich aus der Umverpackung des Produkts und den in jeder dieser Packungen drei enthaltenen Holzspießen des Bratwurstspießes. Diese hätten nach Auskunft des Eichamtes eine mittlere Tara von 3,4 Gramm, was den Angaben der Klägerin mit 1,1 bis 1,6 Gramm pro Stück entspreche. Im Bosporus-Spieß seien in den Packungen jeweils 6 Holzspieße vorgefunden worden, die laut dem Eichamt F. eine mittlere Tara in Höhe von 5,46 Gramm aufwiesen. Die Holzspieße seien nach der Richtlinie zur Füllmengenprüfung von Fertigpackungen nicht dem Nettogewicht zuzurechnen. Die Regelung in den Richtlinien, welche Sonderfälle zum Nettogewicht zählten, sei nicht nur exemplarisch, sondern abschließend. In den Empfehlungen der internationalen Organisation für das gesetzliche Messwesen über Erzeugnisse in Fertigpackungen sei aufgeführt, dass zu den Packmitteln (Tara) auch solche Dinge zählten, die der Handhabung des Produkts dienten. Die Spieße seien Handhabungshilfe, welche das Produkt zusammenhielten, so dass es einfacher, z.B. auf einen Grill, zu legen sei. Unzweifelhaft seien diese Holzbestandteile nicht zum Verzehr geeignet und blieben nach Gebrauch des Erzeugnisses übrig. Eine analoge Anwendung vom Produkt Lutscher auf das Produkt Wurst sei nicht möglich. Selbst wenn die Spieße zur Nennfüllmenge gehörten, seien beim Produkt Bratwurstspieße immer noch 7 Unterfüllungen (bei der Minusabweichung) gegeben.
16 
Die Klägerin hat hiergegen - soweit noch aufrechterhalten - vorgetragen: In den Untersuchungsbefunden des Eichamtes finde sich keine Angabe zur mittleren Tara der Holzspieße. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Werte insoweit ermittelt worden seien. Ebenso finde sich keine Aussage über das Gewicht der Saugeinlage. Die Verpackung der Bosporus-Spieße sei identisch mit der der Bratwurstspieße. Das Gesamtgewicht der Verpackung inklusive Etikettierung und beiliegender Saugeinlage betrage 25,3 Gramm. Die Saugeinlage habe ein Eigengewicht von 1,7 Gramm. Die Bosporus-Spieße würden ohne Saugeinlage verpackt. Berücksichtige man dies, sei kein Verstoß gegeben. Die Empfehlungen der internationalen Organisation für das gesetzliche Messwesen über Erzeugnisse in Fertigpackungen erfassten ersichtlich nicht solche Handhabungshilfen bzw. Verzehrhilfen, welche die besondere Charakteristik eines Produkts ausmachten. Es sei richtig, dass nicht jeder Stiel oder Spieß zum Nettogewicht zu zählen seien, wenn dieser die besondere Charakteristik des Produkts selbst nicht ausmache. Hier sei es jedoch anders. Das Produkt selbst sei ohne den Spieß „nihiliert“. Die Ansicht der Beklagten, dass auch bei Zurechnung der Spieße zur Füllmenge noch 7 Unterfüllungen vorlägen, gehe fehl. Aufgrund des Qualitätsmanagements der Klägerin sei ausgeschlossen, dass insoweit unterfüllte Packungen in den Verkehr gelangten. Hierzu wird eine Protokollierung der Tagesproduktion von Bosporus-Spießen vorgelegt. Überdies seien 7 Unterfüllungen unschädlich, weil eine Minusabweichung bei 2 % der Packungen von § 22 Abs. 3 der Fertigpackungsverordnung gestattet werde. Bei der Losgröße von 2.321 in den Verkehr gebrachten Packungen seien die 2 % nicht erreicht.
17 
Die Eichbehörde hat dazu nochmals Stellung genommen: Die Tarawerte der Holzspieße seien vom Prüfer des Eichamts F. telefonisch erfragt worden. Der Tarawert einer eventuell vorhandenen Saugeinlage werde ebenfalls für jedes Produkt separat ermittelt und sei in der Gesamttara enthalten. Dabei werde die Saugeinlage ausgewaschen, ihre Feuchtigkeit ausgepresst und dann getrocknet. Somit werde verhindert, dass die zum Produkt zählende Flüssigkeit, die zum Zeitpunkt der Prüfung in der Saugeinlage enthalten sein könne, als Tara angesetzt werde. Die Ausführungen zur Minusabweichung bei 2 % der Packungen seien unzutreffend. Es gehe nicht um eine Losgröße von 2.321, vielmehr komme es auf die vom Eichamt vor Ort ermittelte Losgröße von 120 Packungen an. Demnach dürften nur bei drei Packungen Minusabweichungen von bis zu 2 % vorhanden sein.
18 
In der mündlichen Verhandlung legten die Vertreter des Beklagten (leere) Verpackungen der beiden Produkte und die jeweiligen Holzspieße zur Ansicht vor.
19 
Dem Gericht lagen die Behördenakten und die Bußgeldakten vor. Auf sie und die Gerichtsakten wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
21 
Sie ist als Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO zulässig. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 43 Abs. 1 VwGO). Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass es nicht zuzumuten ist, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „auf der Anklagebank“ eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens erleben zu müssen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 43 Rdnr. 24 m.Rspr.nachw.). Auch wenn dieses Verfahren abgeschlossen sein sollte, ist das Bedürfnis für fachgerichtliche Klärung nicht entfallen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20.01.2012, 3 K 8384/09 in juris Rdnr. 14, 15).
22 
Die Klage hat Erfolg, soweit es um die von der Eichbehörde angenommenen Verstöße gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 der FPackVO geht. Diese Verstöße liegen nicht vor, da die Kammer - wie die Klägerin - der Rechtsansicht ist, dass das Gewicht der Holzspieße sowohl beim Bratwurstspieß als auch beim Fleischspieß Bosporus zur Füllmenge zu zählen ist und nicht zur Verpackung. Jedoch liegt auch in diesem Fall der vorgeworfene Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Nr. 2 FPackVO vor. Insoweit war die Klage abzuweisen.
23 
Rechtsgrundlagen sind das Gesetz über das Mess- und Eichwesen - Eichgesetz (EichG) - i.d.F. vom 07.03.2011 und die Verordnung über Fertigpackungen - Fertigpackungsverordnung (FPackVO) - i.d.F. vom 11.06.2008, beide in juris.
24 
Nach § 1 Nr. 1 des EichG ist es dessen Zweck, u.a. den Verbraucher beim Erwerb messbarer Güter zu schützen. Deshalb regelt § 7 Abs. 1 des Gesetzes, dass bei Fertigpackungen die Nennfüllmengen angegeben sein müssen und die Füllmengen den festgelegten Anforderungen entsprechen müssen. Diese Begriffe werden in § 6 Abs. 1 und 2 EichG definiert. Fertigpackungen sind Erzeugnisse in Verpackungen beliebiger Art, die in Abwesenheit des Käufers abgepackt und verschlossen werden, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung nicht verändert werden kann. Füllmengen sind die Mengen, die eine einzelne Fertigpackung enthält und Nennfüllmengen die Mengen, die die Fertigpackungen enthalten sollen. Im vorliegenden Fall ist nicht streitig, dass es sich bei den Produkten Bratwurstspieß H. W. und Bosporus-Spieß H. W. um Fertigpackungen handelte. Streitig ist vielmehr, ob den Anforderungen des § 22 FPackVO genügt wurde und hier vor allem, ob die Holzspieße der genannten Produkte zur Füllmenge oder zur Verpackung zu zählen sind.
25 
Die Prüfung, ob diese Norm eingehalten wird, ist nach § 34 der FPackVO durch Stichproben vorzunehmen, welche in allen Stufen des Handels erfolgen können (Satz 1 und 2 des § 34). Verfahrensmäßig erfolgt dies nach Satz 3 der Norm in Anwendung der Anlage 4 a („Verfahren zur Prüfung der Füllmengen nach Gewicht … gekennzeichneter Fertigpackungen durch die zuständigen Behörden“). Nach Nr. 1 Satz 2 dieser Anlage musste die Prüfung nicht beim Hersteller erfolgen, sondern war auch - wie hier - im Lager zulässig. Die Losgröße, welche das Mittel der Füllmengen mitbestimmt, wurde entsprechend der Nr. 3 Satz 3 der Anlage im Lager durch die Zugehörigkeit der Packungen zu einer Charge begrenzt, dies waren beim Bratwurstspieß 120, beim Bosporus-Spieß 380 Packungen. Der Umfang der Zufallsstichprobe von 50 Packungen richtete sich nach Nr. 4 Satz 1, 2 b) der Anlage. Die Methode der Bestimmung der mittleren Tara ist methodisch in Nr. 6.2 der Anlage geregelt.
26 
Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 FPackVO dürfen nach Gewicht oder Volumen gekennzeichnete Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge gewerbsmäßig nur so hergestellt werden, dass die Füllmenge zum Zeitpunkt der Herstellung im Mittel die Nennfüllmenge nicht unterschreitet.
27 
Daneben muss auch § 22 Abs. 1 Nr. 2 der FPackVO eingehalten werden. Danach darf die Füllmenge zum Zeitpunkt der Herstellung die in Abs. 3 festgelegten Werte für die Minusabweichung von der Nennfüllmenge nicht überschreiten. Die zulässige Minusabweichung nach Abs. 3 der Norm darf bei einer Nennfüllmenge von 200 bis 300 Gramm 9 Gramm betragen und bei einer Nennfüllmenge von 300 bis 500 Gramm 3 % dieser Menge, d.h. bei 330 Gramm 9,9 Gramm. Daraus ergeben sich die Grenzen der zulässigen Unterfüllung beim Bratwurstspieß (Nennfüllmenge 330 Gramm) mit 320,10 Gramm und beim Bosporus-Spieß (Nennfüllmenge 300 Gramm) mit 291 Gramm. Nach Satz 3 des Absatzes 3 dürfen diese Grenzen nur überschritten werden von höchstens 2 % der Fertigpackungen.
28 
Schließlich muss auch dem § 22 Abs. 3 FPackVO genügt werden. Danach darf die Minusabweichung von der Nennfüllmenge das Zweifache der in der Tabelle des Abs. 3 festgelegten Werte nicht überschreiten. Somit muss bei allen Fertigpackungen der Mindestfüllwert 310,20 Gramm sein.
29 
Die so geschilderten Grundlagen sind im Wesentlichen nicht strittig. Streitig ist vielmehr, ob die Holzspieße als Füllmenge oder Verpackung gelten.
30 
Nach Ansicht der Kammer sind die Holzspieße der in Frage stehenden Produkte nicht zur Verpackung und deren Gewicht (Tara) zu zählen. Vielmehr haben sie als Füllmenge zu gelten.
31 
Auszugehen ist davon, dass die Ware verpackungsrechtlich nicht zugleich Verpackung sein kann (so OLG Köln, Urt.v. 03.05.2001 - 1 U 6/2001 - in juris). Der Holzspieß ist nach Ansicht der Kammer integrativer Bestandteil der Ware Bratwurstspieß bzw. Bosporus-Spieß, er ist wesenstypisch für das Produkt. Der Spieß ist nach der Verkehrsanschauung originärer und wesensgemäßer Produktbestandteil ( für den Schaschlikspieß ebenso: Dr. Steindorf, Verpackungsverordnung, § 3 Abs. 3 und 4 in Erbs/ Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze ). Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass es sich etwa beim Bosporus-Spieß ohne den Holzspieß nur um Fleischstückchen, etwa als Geschnetzeltes oder Gulasch, also etwas anderes, handelt. Der Bratwurst- und der Fleischspieß sind ohne Spieß etwas anderes. Natürlich kann der Spieß auch als Handhabungshilfe dienen, diese Hilfe ist aber sowohl zur Zubereitung als auch zum Verzehr des Produkts nicht unerlässlich. Nicht entscheidend ist, dass der Holzspieß nicht zum Verzehr geeignet ist. Dieser Umstand gilt nach den von den Eichbehörden herangezogenen Richtlinien zur Füllmengenprüfung von Fertigpackungen auch für andere und dennoch zur Füllmenge zu zählenden Teile von Waren, wie etwa künstliche Wursthüllen, textile Schnüre, Drahtbinder und Clips als Abbinder von Wurstenden, nicht essbare Tauch- und Überzugsmassen (bis zur Dicke von 1 mm) und künstlichen Käserinden. Ebenfalls zur Füllmenge zählt bei Dauerlutschern der Stiel. Es werden also solche Produkte der Füllmenge zugerechnet, welche nach der Verkehrsanschauung als Einheit mit dem Produkt dessen Besonderheit prägen. Ein Dauerlutscher wäre ohne den Stiel nur ein Bonbon (OLG Köln, Rdnr. 19, a.a.O.). Eine Mettwurst ohne Wursthaut und Endenabbinder wäre nur Gehacktes. Entsprechend gilt etwa für den Rollmops, dass er ohne die Holzstäbchen, welche seine gerollte Form ermöglichen, ein Bismarckhering ist.
32 
Im Ansatz zu Recht weisen die Eichbehörden allerdings darauf hin, dass es hier um den Schutz des Verbrauchers vor Täuschung geht. Jedoch ist die Kammer der Ansicht, dass es angesichts der Größenverhältnisse von 3 bis etwa 5,5 Gramm bei den Nennfüllmengen von 330 bzw. 300 Gramm um Größen geht, welche vernachlässigt werden können. Nach der Lebenserfahrung dürfte es kaum ein Verbraucher bemängeln, wenn beim Verkauf von nicht fertig verpackten Bratwurst- oder Fleischspießen in einer Metzgerei beim Abwiegen der Ware die Holzspieße außer Acht gelassen werden. Dass die Spieße keine essbare Wurst- oder Fleischeinwaage sind, dürfte jedem Verbraucher klar sein. Angesichts dessen sieht die Kammer keine Bedenken im Hinblick auf § 11 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (Schutz vor Täuschung des Verbrauchers).
33 
Diese Einstufung der Holzspieße führt zum Ergebnis, dass keine Verstöße gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 4 vorliegen, jedoch (immer noch) Unterschreitungen der Füllmengen als Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 der FPackVO.
34 
Sind die Holzspieße nicht zur Verpackung und deren Tara zu zählen, so sind sie dem vom Eichamt - unter Abzug der Spieße - errechneten Nettogewicht der Füllmenge hinzuzuzählen.
35 
Unabhängig davon, ob sie beim Bratwurstspieß mit 5,31 Gramm anzusetzen sind - so der erste Vortrag der Klägerin -, mit 4,8 Gramm - so der spätere Vortrag der Klägerin, wonach die einzelnen Spieße zwischen 1,1 bis 1,6 Gramm Gewicht hätten - oder - wie die Beklagte dies als mittleres Gewicht ermittelt hat - mit 3,42 Gramm, ergäben sich im Mittel mindestens 330,86 Gramm, nämlich hinzugezählt zu dem vom Eichamt ermittelten Mittelwert von 327, 44 Gramm. Damit ist die Nennfüllmenge im Mittel erreicht.
36 
Hinsichtlich der vorgeworfenen zwei Verstöße (Probe 25: 306,19 Gramm; Probe 45: 308,49 Gramm) gegen den Abs. 4 des § 22 Fertigpackungs-Verordnung gilt: Die Eichbehörde hat die Holzspieße entsprechend Nr. 6.2 Satz 1, 2 der Anlage 4 a als eine mittlere Größe aus den Spießen von geöffneten Fertigpackungen gewonnen. Sind aber die Spieße nicht zur Tara gehörig, gibt es für diese Methode keine Rechtsgrundlage. Ebenso wie in Satz 4 der Nr. 6.2 („In allen anderen Fällen ist das Gewicht jeder einzelnen Leerpackung festzustellen“) kommt es bei den Holzspießen dann auf die jeweiligen einzelnen Packungen an. Angesichts des Vortrags der Klägerin, die Spieße seien zwischen 1,1 bis 1,6 Gramm schwer, was die Eichbehörde ausdrücklich nicht in Zweifel zog, vielmehr für plausibel hielt (Schriftsatz vom 06.09.2010), geht die Kammer davon aus, dass nicht ausgeschlossen ist, dass bei den Proben 25 und 45 die nach Abs. 4 des § 22 FPackVO maßgebliche Grenze von 310,20 Gramm eingehalten ist, da die drei Spieße mit zusammen etwa 4,8 Gramm das hierfür erforderliche zusätzliche Gewicht von 4,01 Gramm haben können.
37 
Anders ist es hinsichtlich § 22 Abs. 1 Nr. 2 FPackVO. Die hier maßgebliche Grenze von 320,10 Gramm erreichen verschiedene Proben nicht: Selbst wenn man nämlich zugunsten der Klägerin von drei Holzspießen von je 1,6 Gramm ausginge (oder gar von den zuerst behaupteten, allerdings nicht plausibel belegten 5,31 Gramm), bleiben jedenfalls die Proben 24 (314,39 Gramm), 25 (306,19 Gramm), 32 (311,79 Gramm) und 45 (308,49 Gramm) unter dieser Grenze.
38 
Insoweit ist auch nicht behelflich der Vortrag der Klägerin, die Zwei-Prozent-Grenze des § 22 Abs. 3 Satz 3 FPackVO sei nicht überschritten. Zum einen bezieht sie sich insofern auf den Bosporus-Spieß, für welchen jedoch insoweit gar kein Verstoß vorgeworfen wurde. Zum anderen hat die Eichbehörde im Verfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der hier maßgeblichen Losgröße von 120 Packungen Bratwurstspieße die Zwei-Prozent-Grenze von drei Packungen überschritten ist.
39 
Für den Bosporus-Spieß gilt entsprechend der Ausführungen zur Einhaltung des Mittelwertes des § 22 Abs. 1 Nr. 1 beim Bratwurstspieß, dass bei Hinzuzählen der Holzspieße - egal, ob mit den von der Klägerin angenommenen 4,63 oder den vom Eichamt angenommenen 5,46 Gramm - im Mittel die Nennfüllmenge erreicht wird.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO.
41 
Die Kammer hat gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen, verallgemeinerungsfähigen und klärungsbedürftigen Fragen, ob die Holzspieße eines Bratwurstspießes und/oder eines Fleischspießes als Füllmenge im Sinne der Fertigpackungsverordnung gelten.

Gründe

 
20 
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
21 
Sie ist als Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO zulässig. Danach kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (§ 43 Abs. 1 VwGO). Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass es nicht zuzumuten ist, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen „auf der Anklagebank“ eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens erleben zu müssen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 43 Rdnr. 24 m.Rspr.nachw.). Auch wenn dieses Verfahren abgeschlossen sein sollte, ist das Bedürfnis für fachgerichtliche Klärung nicht entfallen (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20.01.2012, 3 K 8384/09 in juris Rdnr. 14, 15).
22 
Die Klage hat Erfolg, soweit es um die von der Eichbehörde angenommenen Verstöße gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 der FPackVO geht. Diese Verstöße liegen nicht vor, da die Kammer - wie die Klägerin - der Rechtsansicht ist, dass das Gewicht der Holzspieße sowohl beim Bratwurstspieß als auch beim Fleischspieß Bosporus zur Füllmenge zu zählen ist und nicht zur Verpackung. Jedoch liegt auch in diesem Fall der vorgeworfene Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Nr. 2 FPackVO vor. Insoweit war die Klage abzuweisen.
23 
Rechtsgrundlagen sind das Gesetz über das Mess- und Eichwesen - Eichgesetz (EichG) - i.d.F. vom 07.03.2011 und die Verordnung über Fertigpackungen - Fertigpackungsverordnung (FPackVO) - i.d.F. vom 11.06.2008, beide in juris.
24 
Nach § 1 Nr. 1 des EichG ist es dessen Zweck, u.a. den Verbraucher beim Erwerb messbarer Güter zu schützen. Deshalb regelt § 7 Abs. 1 des Gesetzes, dass bei Fertigpackungen die Nennfüllmengen angegeben sein müssen und die Füllmengen den festgelegten Anforderungen entsprechen müssen. Diese Begriffe werden in § 6 Abs. 1 und 2 EichG definiert. Fertigpackungen sind Erzeugnisse in Verpackungen beliebiger Art, die in Abwesenheit des Käufers abgepackt und verschlossen werden, wobei die Menge des darin enthaltenen Erzeugnisses ohne Öffnen oder merkliche Änderung der Verpackung nicht verändert werden kann. Füllmengen sind die Mengen, die eine einzelne Fertigpackung enthält und Nennfüllmengen die Mengen, die die Fertigpackungen enthalten sollen. Im vorliegenden Fall ist nicht streitig, dass es sich bei den Produkten Bratwurstspieß H. W. und Bosporus-Spieß H. W. um Fertigpackungen handelte. Streitig ist vielmehr, ob den Anforderungen des § 22 FPackVO genügt wurde und hier vor allem, ob die Holzspieße der genannten Produkte zur Füllmenge oder zur Verpackung zu zählen sind.
25 
Die Prüfung, ob diese Norm eingehalten wird, ist nach § 34 der FPackVO durch Stichproben vorzunehmen, welche in allen Stufen des Handels erfolgen können (Satz 1 und 2 des § 34). Verfahrensmäßig erfolgt dies nach Satz 3 der Norm in Anwendung der Anlage 4 a („Verfahren zur Prüfung der Füllmengen nach Gewicht … gekennzeichneter Fertigpackungen durch die zuständigen Behörden“). Nach Nr. 1 Satz 2 dieser Anlage musste die Prüfung nicht beim Hersteller erfolgen, sondern war auch - wie hier - im Lager zulässig. Die Losgröße, welche das Mittel der Füllmengen mitbestimmt, wurde entsprechend der Nr. 3 Satz 3 der Anlage im Lager durch die Zugehörigkeit der Packungen zu einer Charge begrenzt, dies waren beim Bratwurstspieß 120, beim Bosporus-Spieß 380 Packungen. Der Umfang der Zufallsstichprobe von 50 Packungen richtete sich nach Nr. 4 Satz 1, 2 b) der Anlage. Die Methode der Bestimmung der mittleren Tara ist methodisch in Nr. 6.2 der Anlage geregelt.
26 
Nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 FPackVO dürfen nach Gewicht oder Volumen gekennzeichnete Fertigpackungen gleicher Nennfüllmenge gewerbsmäßig nur so hergestellt werden, dass die Füllmenge zum Zeitpunkt der Herstellung im Mittel die Nennfüllmenge nicht unterschreitet.
27 
Daneben muss auch § 22 Abs. 1 Nr. 2 der FPackVO eingehalten werden. Danach darf die Füllmenge zum Zeitpunkt der Herstellung die in Abs. 3 festgelegten Werte für die Minusabweichung von der Nennfüllmenge nicht überschreiten. Die zulässige Minusabweichung nach Abs. 3 der Norm darf bei einer Nennfüllmenge von 200 bis 300 Gramm 9 Gramm betragen und bei einer Nennfüllmenge von 300 bis 500 Gramm 3 % dieser Menge, d.h. bei 330 Gramm 9,9 Gramm. Daraus ergeben sich die Grenzen der zulässigen Unterfüllung beim Bratwurstspieß (Nennfüllmenge 330 Gramm) mit 320,10 Gramm und beim Bosporus-Spieß (Nennfüllmenge 300 Gramm) mit 291 Gramm. Nach Satz 3 des Absatzes 3 dürfen diese Grenzen nur überschritten werden von höchstens 2 % der Fertigpackungen.
28 
Schließlich muss auch dem § 22 Abs. 3 FPackVO genügt werden. Danach darf die Minusabweichung von der Nennfüllmenge das Zweifache der in der Tabelle des Abs. 3 festgelegten Werte nicht überschreiten. Somit muss bei allen Fertigpackungen der Mindestfüllwert 310,20 Gramm sein.
29 
Die so geschilderten Grundlagen sind im Wesentlichen nicht strittig. Streitig ist vielmehr, ob die Holzspieße als Füllmenge oder Verpackung gelten.
30 
Nach Ansicht der Kammer sind die Holzspieße der in Frage stehenden Produkte nicht zur Verpackung und deren Gewicht (Tara) zu zählen. Vielmehr haben sie als Füllmenge zu gelten.
31 
Auszugehen ist davon, dass die Ware verpackungsrechtlich nicht zugleich Verpackung sein kann (so OLG Köln, Urt.v. 03.05.2001 - 1 U 6/2001 - in juris). Der Holzspieß ist nach Ansicht der Kammer integrativer Bestandteil der Ware Bratwurstspieß bzw. Bosporus-Spieß, er ist wesenstypisch für das Produkt. Der Spieß ist nach der Verkehrsanschauung originärer und wesensgemäßer Produktbestandteil ( für den Schaschlikspieß ebenso: Dr. Steindorf, Verpackungsverordnung, § 3 Abs. 3 und 4 in Erbs/ Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze ). Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass es sich etwa beim Bosporus-Spieß ohne den Holzspieß nur um Fleischstückchen, etwa als Geschnetzeltes oder Gulasch, also etwas anderes, handelt. Der Bratwurst- und der Fleischspieß sind ohne Spieß etwas anderes. Natürlich kann der Spieß auch als Handhabungshilfe dienen, diese Hilfe ist aber sowohl zur Zubereitung als auch zum Verzehr des Produkts nicht unerlässlich. Nicht entscheidend ist, dass der Holzspieß nicht zum Verzehr geeignet ist. Dieser Umstand gilt nach den von den Eichbehörden herangezogenen Richtlinien zur Füllmengenprüfung von Fertigpackungen auch für andere und dennoch zur Füllmenge zu zählenden Teile von Waren, wie etwa künstliche Wursthüllen, textile Schnüre, Drahtbinder und Clips als Abbinder von Wurstenden, nicht essbare Tauch- und Überzugsmassen (bis zur Dicke von 1 mm) und künstlichen Käserinden. Ebenfalls zur Füllmenge zählt bei Dauerlutschern der Stiel. Es werden also solche Produkte der Füllmenge zugerechnet, welche nach der Verkehrsanschauung als Einheit mit dem Produkt dessen Besonderheit prägen. Ein Dauerlutscher wäre ohne den Stiel nur ein Bonbon (OLG Köln, Rdnr. 19, a.a.O.). Eine Mettwurst ohne Wursthaut und Endenabbinder wäre nur Gehacktes. Entsprechend gilt etwa für den Rollmops, dass er ohne die Holzstäbchen, welche seine gerollte Form ermöglichen, ein Bismarckhering ist.
32 
Im Ansatz zu Recht weisen die Eichbehörden allerdings darauf hin, dass es hier um den Schutz des Verbrauchers vor Täuschung geht. Jedoch ist die Kammer der Ansicht, dass es angesichts der Größenverhältnisse von 3 bis etwa 5,5 Gramm bei den Nennfüllmengen von 330 bzw. 300 Gramm um Größen geht, welche vernachlässigt werden können. Nach der Lebenserfahrung dürfte es kaum ein Verbraucher bemängeln, wenn beim Verkauf von nicht fertig verpackten Bratwurst- oder Fleischspießen in einer Metzgerei beim Abwiegen der Ware die Holzspieße außer Acht gelassen werden. Dass die Spieße keine essbare Wurst- oder Fleischeinwaage sind, dürfte jedem Verbraucher klar sein. Angesichts dessen sieht die Kammer keine Bedenken im Hinblick auf § 11 der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (Schutz vor Täuschung des Verbrauchers).
33 
Diese Einstufung der Holzspieße führt zum Ergebnis, dass keine Verstöße gegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 und 4 vorliegen, jedoch (immer noch) Unterschreitungen der Füllmengen als Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 der FPackVO.
34 
Sind die Holzspieße nicht zur Verpackung und deren Tara zu zählen, so sind sie dem vom Eichamt - unter Abzug der Spieße - errechneten Nettogewicht der Füllmenge hinzuzuzählen.
35 
Unabhängig davon, ob sie beim Bratwurstspieß mit 5,31 Gramm anzusetzen sind - so der erste Vortrag der Klägerin -, mit 4,8 Gramm - so der spätere Vortrag der Klägerin, wonach die einzelnen Spieße zwischen 1,1 bis 1,6 Gramm Gewicht hätten - oder - wie die Beklagte dies als mittleres Gewicht ermittelt hat - mit 3,42 Gramm, ergäben sich im Mittel mindestens 330,86 Gramm, nämlich hinzugezählt zu dem vom Eichamt ermittelten Mittelwert von 327, 44 Gramm. Damit ist die Nennfüllmenge im Mittel erreicht.
36 
Hinsichtlich der vorgeworfenen zwei Verstöße (Probe 25: 306,19 Gramm; Probe 45: 308,49 Gramm) gegen den Abs. 4 des § 22 Fertigpackungs-Verordnung gilt: Die Eichbehörde hat die Holzspieße entsprechend Nr. 6.2 Satz 1, 2 der Anlage 4 a als eine mittlere Größe aus den Spießen von geöffneten Fertigpackungen gewonnen. Sind aber die Spieße nicht zur Tara gehörig, gibt es für diese Methode keine Rechtsgrundlage. Ebenso wie in Satz 4 der Nr. 6.2 („In allen anderen Fällen ist das Gewicht jeder einzelnen Leerpackung festzustellen“) kommt es bei den Holzspießen dann auf die jeweiligen einzelnen Packungen an. Angesichts des Vortrags der Klägerin, die Spieße seien zwischen 1,1 bis 1,6 Gramm schwer, was die Eichbehörde ausdrücklich nicht in Zweifel zog, vielmehr für plausibel hielt (Schriftsatz vom 06.09.2010), geht die Kammer davon aus, dass nicht ausgeschlossen ist, dass bei den Proben 25 und 45 die nach Abs. 4 des § 22 FPackVO maßgebliche Grenze von 310,20 Gramm eingehalten ist, da die drei Spieße mit zusammen etwa 4,8 Gramm das hierfür erforderliche zusätzliche Gewicht von 4,01 Gramm haben können.
37 
Anders ist es hinsichtlich § 22 Abs. 1 Nr. 2 FPackVO. Die hier maßgebliche Grenze von 320,10 Gramm erreichen verschiedene Proben nicht: Selbst wenn man nämlich zugunsten der Klägerin von drei Holzspießen von je 1,6 Gramm ausginge (oder gar von den zuerst behaupteten, allerdings nicht plausibel belegten 5,31 Gramm), bleiben jedenfalls die Proben 24 (314,39 Gramm), 25 (306,19 Gramm), 32 (311,79 Gramm) und 45 (308,49 Gramm) unter dieser Grenze.
38 
Insoweit ist auch nicht behelflich der Vortrag der Klägerin, die Zwei-Prozent-Grenze des § 22 Abs. 3 Satz 3 FPackVO sei nicht überschritten. Zum einen bezieht sie sich insofern auf den Bosporus-Spieß, für welchen jedoch insoweit gar kein Verstoß vorgeworfen wurde. Zum anderen hat die Eichbehörde im Verfahren zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der hier maßgeblichen Losgröße von 120 Packungen Bratwurstspieße die Zwei-Prozent-Grenze von drei Packungen überschritten ist.
39 
Für den Bosporus-Spieß gilt entsprechend der Ausführungen zur Einhaltung des Mittelwertes des § 22 Abs. 1 Nr. 1 beim Bratwurstspieß, dass bei Hinzuzählen der Holzspieße - egal, ob mit den von der Klägerin angenommenen 4,63 oder den vom Eichamt angenommenen 5,46 Gramm - im Mittel die Nennfüllmenge erreicht wird.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, deren vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO.
41 
Die Kammer hat gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Berufung zugelassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen, verallgemeinerungsfähigen und klärungsbedürftigen Fragen, ob die Holzspieße eines Bratwurstspießes und/oder eines Fleischspießes als Füllmenge im Sinne der Fertigpackungsverordnung gelten.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Annotations

(1) Bei Fertigpackungen mit Erzeugnissen, die der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechend nach Stückzahl gehandelt werden oder bei denen nach § 21 die Stückzahl anzugeben ist, ist die Angabe der Stückzahl nicht erforderlich, wenn alle Stücke sichtbar und leicht zählbar sind oder wenn das Erzeugnis handelsüblich nur als einzelnes Stück oder Paar in den Verkehr gebracht wird.

(2) Die Angabe der Nennfüllmenge ist ferner nicht erforderlich bei Fertigpackungen mit

1.
Aromen mit einer Füllmenge von weniger als 10 Gramm oder Milliliter,
2.
Essig sowie Zubereitungen aus Meerrettich oder Senf mit einer Füllmenge von weniger als 25 Gramm oder Milliliter,
3.
Zuckerwaren, aus Mandeln, Nüssen und sonstigen Ölsamen hergestellten Erzeugnissen, Dauerbackwaren und Knabbererzeugnissen mit einer Füllmenge von weniger als 50 Gramm oder mit Zucker mit einer Füllmenge von weniger als 20 Gramm,
4.
Feinen Backwaren mit Ausnahmen der Dauerbackwaren, Knäckebrot und in Scheiben geschnittenem Brot mit einer Füllmenge von jeweils 100 Gramm oder weniger,
5.
Speiseeis mit einer Füllmenge von 200 Milliliter oder weniger,
6.
Brot in Form von Kleingebäck mit einem Gewicht des Einzelstücks von 250 Gramm oder weniger.
Werden mehrere einzelne Fertigpackungen, die nach Satz 1 Nummer 3 und 4 von der Kennzeichnung der Nennfüllmenge befreit sind, zusätzlich verpackt und beträgt die gesamte Nennfüllmenge mehr als 100 Gramm, so ist auf dieser Verpackung die Anzahl und die Nennfüllmenge der einzelnen Fertigpackungen anzugeben.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.