Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 03. Sept. 2008 - 1 K 1333/08

bei uns veröffentlicht am03.09.2008

Tenor

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen erklärt sich für örtlich unzuständig.

Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Karlsruhe verwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen ist für die Entscheidung über das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes örtlich unzuständig. Zuständig in örtlicher Hinsicht ist vielmehr das Verwaltungsgericht Karlsruhe.
Die Zuständigkeit richtet sich nicht nach § 52 Nr. 1 VwGO, da sich der Rechtsstreit nicht auf ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis bezieht. Erfasst werden hiervon Rechte, „die zu einem bestimmten Territorium in besonderer Beziehung stehen“ (BVerwG, NJW 1997, 1022, 1023), wozu auch alle gewerberechtlichen Genehmigungen gehören, bei deren Erteilung die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen (vgl. Ziekow in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl. 2006, § 52 Rn. 11 sowie die Beispiele bei von Oertzen in: Redeker/von Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2000, § 52 Rn. 5: Abdeckerei, Baderei, Gastwirtschaft, Apotheke). Eine solche örtliche Bindung erfolgt entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht bereits durch die bloße Anmeldung eines Gewerbes für eine räumlich bestimmte Betriebsstätte oder einen Mietvertrag, da in einem solchen Fall schon gar keine Erlaubnis erteilt und erst recht nicht die Beschaffenheit bestimmter Räume geprüft werden muss. Zwar findet sich ein Ortsbezug etwa in § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag, wonach Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Annahmestelle ist, dass die Annahmestelle „insbesondere nicht in Räumlichkeiten betrieben wird, die nach ihrer Lage, Beschaffenheit, Ausstattung und Einteilung dem Ziel entgegenstehen, nur ein begrenztes Glücksspielangebot zuzulassen“. Diese Vorschrift gehört jedoch zum ersten Abschnitt „Staatliches Glücksspiel“. Hingegen enthält weder der Glücksspielstaatsvertrag noch das dazu ergangene Ausführungsgesetz Regelungen, die an die Räumlichkeiten der Antragstellerin bestimmte Anforderungen stellen, weil die Tätigkeit der Antragstellerin einfach gesetzlich gar nicht vorgesehen ist.
Die Zuständigkeit des VG Sigmaringen ergibt sich auch nicht aus § 52 Nr. 3 VwGO. Nach Satz 2 ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Der Sitz der Antragstellerin ist jedoch nicht der Ort einer unselbständigen Zweigstelle, als die sie die Betriebsstätte in U. angemeldet hat. Der Sitz einer GmbH ist nach § 4a Abs. 1 GmbHG vielmehr der Ort, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt. Nach § 7 Abs. 1 GmbHG ist eine GmbH bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Da die Antragstellerin, die nach der vorgelegten Gewerbeanmeldung ihre Hauptniederlassung in M. hat, in das Handelsregister beim Amtsgericht M. eingetragen ist, ist davon auszugehen, dass sie dort auch ihren Sitz hat.
Da somit der Sitz außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Regierungspräsidiums Karlsruhe liegt, ist nach § 52 Nr. 3 Satz 3 i.V.m. Nr. 5 VwGO das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte (bzw. der Antragsgegner) seinen Sitz hat. Bei Klagen gegen den Staat ist grundsätzlich auf die Behörde abzustellen, die für den Staat gehandelt hat oder handeln soll, unabhängig davon, ob dieser Behörde die Vertretung im Verwaltungsrechtsstreit obliegt (BVerwG, NJW 1985, 2774, 2775), hier also auf das Regierungspräsidium Karlsruhe, das die Verfügung erlassen hat (vgl. zur Zuständigkeit § 16 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag, § 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland). Zuständig ist daher das VG Karlsruhe. Der Rechtsstreit ist gemäß § 83 Satz 1 VwGO, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu verweisen, dem gemäß § 83 Satz 1 VwGO, § 17b Abs. 2 GVG auch die Entscheidung über die Kosten obliegt.

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 03. Sept. 2008 - 1 K 1333/08 zitiert 7 §§.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17a


(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 52


Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 83


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17b


(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen. (2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 7 Anmeldung der Gesellschaft


(1) Die Gesellschaft ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. (2) Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn auf jeden Geschäftsanteil, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, ein Vie

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 4a Sitz der Gesellschaft


Sitz der Gesellschaft ist der Ort im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt.

Referenzen

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Sitz der Gesellschaft ist der Ort im Inland, den der Gesellschaftsvertrag bestimmt.

(1) Die Gesellschaft ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

(2) Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn auf jeden Geschäftsanteil, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, ein Viertel des Nennbetrags eingezahlt ist. Insgesamt muß auf das Stammkapital mindestens soviel eingezahlt sein, daß der Gesamtbetrag der eingezahlten Geldeinlagen zuzüglich des Gesamtnennbetrags der Geschäftsanteile, für die Sacheinlagen zu leisten sind, die Hälfte des Mindeststammkapitals gemäß § 5 Abs. 1 erreicht.

(3) Die Sacheinlagen sind vor der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister so an die Gesellschaft zu bewirken, daß sie endgültig zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Nach Eintritt der Rechtskraft des Verweisungsbeschlusses wird der Rechtsstreit mit Eingang der Akten bei dem im Beschluß bezeichneten Gericht anhängig. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen.

(2) Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.