Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 22. Juni 2018 - 15 A 3611/17 As SN
Tenor
Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Beklagte unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 31. August 2017 verpflichtet, für den Kläger ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Ghanas festzustellen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens hat der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt nach teilweiser Klagerücknahme nur noch die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines krankheitsbedingten nationalen Abschiebungsverbots.
- 2
Der am 8. April 1982 geborene Kläger ist ghanaischer Staatsbürger. Er verließ Ghana nach eigenen Angaben im April 2013 und reiste über Norwegen und Dänemark im April 2015 in das Bundesgebiet ein.
- 3
Seinen am 10. März 2015 gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 9. März 2015 zunächst als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Dänemark an. Nach Ablauf der Überstellungsfrist wurde der Bescheid am 27. Februar 2017 aufgehoben.
- 4
In seiner Anhörung vom 20. Juli 2017 gab der Kläger zu seinen Asylgründen an, dass sein Onkel, vom Dienstrang Colonel ihm ca. 8 Jahre zuvor das Vermögen seines Vaters habe wegnehmen wollen. Bei der Auseinandersetzung sei er - der Kläger - geschlagen worden und habe eine Kopfverletzung an der Stirn abbekommen. Er habe ihn an der Jeans vorne angefasst und hochgehoben, ihm Ohrfeigen gegeben und später gegen die Wand gestoßen. Anschließend im Krankenhaus sei festgestellt worden, dass durch die Ohrfeige sein Gehirn beschädigt worden sei. Anschließend sei er in der Psychiatrie gewesen. Es sei nicht einfach gewesen, ihn gesund zu machen. Sein gesundheitliches Problem sei einmal da, dann gehe es wieder und komme wieder. Auf Vorschlag eines anderen Onkels habe er Ghana verlassen und sei nach Norwegen und Dänemark gegangen. Dort habe man ihn schlecht behandelt und misshandelt. Aber dort sei auch im Krankenhaus seine Erkrankung festgestellt worden. Sein Onkel habe das Erbe angetreten; er befürchte dennoch, dass ihn dieser Onkel erneut schlagen werde. Außer dem Onkel habe er jetzt keine Familie mehr in Ghana. In Ghana sei er letztmalig vor vier Jahren [also 2013] in der Psychiatrie behandelt worden. Er sei einmal für drei Monate in der Psychiatrie behandelt worden und als das Problem erneut aufgetreten sei, noch einmal für drei Monate. Als Autolackierer habe er nicht mehr arbeiten können. Ein Freund, der Handys verkauft habe, habe ihn unterstützt. Heute würde er ihn nicht mehr unterstützen.
- 5
Das Bundesamt holte über MedCOI eine Auskunft über die Behandelbarkeit der Erkrankungen des Klägers in Ghana ein. Auf die Antwort wird hingewiesen.
- 6
Mit Bescheid vom 31. August 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers insgesamt als offensichtlich unbegründet ab und verneinte auch nationale Abschiebungsverbote. Es drohte dem Kläger unter Fristsetzung seine Abschiebung nach Ghana an. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Kläger nichts Glaubhaftes vorgetragen oder vorgelegt habe, aus dem sich entgegen der gesetzgeberischen Einschätzung von Ghana als sicheren Herkunftsstaat eine begründete Furcht vor politischer Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens ergeben könnte. Gleichfalls seien die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht erfüllt. Dies gelte auch hinsichtlich der Erkrankung, da diese in Ghana nach den Recherchen des Bundesamtes behandelbar sei, zumal der Kläger auch dort bereits behandelt worden sei. Auch stünden die benötigten Medikamente dort zur Verfügung. Der Bescheid wurde am 1. September 2017 per Einschreiben zur Post gegeben.
- 7
Gegen den Bescheid hat der Kläger am 08. September 2017 Klage erhoben. Er hat hinsichtlich der Begründung zu subsidiären Schutz und nationale Abschiebungsverbote auf die Ausführungen in der Anhörung verwiesen. Ihm drohten in Ghana schwerste körperliche Schäden. Wegen starker Einschränkung der dortigen Behandlungsmöglichkeiten drohte ihm unmittelbare Lebensgefahr. Dazu verweise er auf einen neuerlichen Arztbrief des Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums, A-Stadt vom 17. Mai 2018, der seine weitere Behandlungsnotwendigkeit belege. Nach den gerichtseitig eingeholten Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes seien psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten in Ghana sehr eingeschränkt.
- 8
Der Kläger hat seine Klage bezüglich des begehrten subsidiären Schutzes zurückgenommen und beantragt nur noch,
- 9
die Beklagte unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 18. Januar 2018 zu verpflichten, für ihn nationale Abschiebungsverbote festzustellen.
- 10
Die Beklagte beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Sie verweist zur Begründung auf die Gründe des angefochtenen Bescheides.
- 13
Durch Beschluss vom 9. Oktober 2017 - 15 B 3612/17 As SN - hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Klage angeordnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses verwiesen.
- 14
Weiter hat das Gericht hat eine ergänzende fachärztliche Auskunft des den Kläger behandelnden Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums, A-Stadt vom 27. September 2017 eingeholt. Ferner hat es eine amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes (Botschaft Accra, Regionalarzt für Westafrika) vom 19. April 2018 nebst Ergänzung (per E-Mail) vom 12. Juni 2018 zu den Behandlungsmöglichkeiten für den Kläger in Ghana eingeholt. Auf den Inhalt der Auskünfte wird Bezug genommen.
- 15
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes 15 B 3612/17 As SN sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
- 16
Das Gericht konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesen ist. Die Beklagte ist unter Hinweis auf § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ordnungsgemäß geladen worden.
II.
- 17
Die Klage ist zulässig, insbesondere auch fristgerecht erhoben worden. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger auch in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO), soweit in ihm die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) verneint worden sind. Der Kläger hat Anspruch auf Feststellung eines krankheitsbedingtes Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).
- 18
1. Nach § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 2 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen.
- 19
2. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das Gericht in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen war. Die Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann hinsichtlich ihres Entstehungsgrundes nicht einschränkend ausgelegt werden. Eine Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben liegt auch vor, wenn sie durch die bereits vorhandene Krankheit konstitutionell mit bedingt ist. Erforderlich aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen der genannten Bestimmung ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben fuhrt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht.
- 20
Vgl. BVerwG, Urt. v. 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05 -, juris Rn. 15 mwN.
- 21
Eine solche Gefahr kann sich zudem daraus ergeben, dass der Ausländer die erforderliche medizinische Behandlung aus individuellen (finanziellen oder sonstigen) Gründen tatsächlich nicht erhalten kann.
- 22
Vgl. BVerwG, Beschl. v. 29. April 2002 - 1 B 59.02, 1 PKH 11 PKH 10.02 - juris Rn. 8; Urt. v. 19. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, juris LS und Rn. 9.
- 23
3. Im vorliegenden Fall leidet der Kläger nach Angaben des Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums, A-Stadt an einer akuten polymorphen psychotischen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie. Sollte diese Erkrankung bei einer - unterstellten - Rückkehr nach Ghana nicht adäquat behandelt werden, könnte dies (in 80 % der Fälle) innerhalb von zwei Jahren zu einem Rückfall der Erkrankung kommen, der lebensbedrohlich sein könnte. Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Antworten zur 1. Frage und 5. Frage in der gerichtlich angeforderten fachärztlichen Stellungnahme des Klinikums vom 27. September 2017 verwiesen.
- 24
a) Zwar spricht einiges dafür, dass erforderliche ärztliche Maßnahmen im Fall des Klägers hinreichend sachgerecht auch in Ghana durchgeführt werden könnten. Nach Einschätzung des Gerichts ist eine solche Behandlung für den Kläger derzeit jedoch unerreichbar. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen sind in Ghana psychiatrische Behandlungen nicht ohne weiteres zu erlangen. Die Regionalärztin des Auswärtigen Amtes für Westafrika bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Accra hat am 18. Januar 2016 dem Verwaltungsgericht Aachen mitgeteilt, dass grundsätzlich die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung in Ghana eingeschränkt sei.
- 25
Vgl. Regionalärztin des Auswärtigen Amtes für Westafrika, E-Mail vom 18. Januar 2016 an VG Aachen.
- 26
Das Auswärtige Amt hat im letzten Lagebericht zur medizinischen Versorgung in diesem Bereich ausgeführt:
- 27
„Auch in psychiatrischen Kliniken sehen sich Menschen mit geistiger Behinderung und/oder psychischen Problemen z. T. schweren Misshandlungen ausgesetzt, inklusive Zwangsbehandlungen ohne vorherige Aufklärung und Zustimmung. Human Rights Watch prangert an, dass es hierfür keine gesetzliche Abhilfe gibt. Darüber hinaus verfügen die vorhandenen psychiatrischen Einrichtungen weder über ausreichend qualifiziertes Personal noch über die notwendige medizinische Ausrüstung. Laut einer Studie des Mental Health Authority Boards waren im Jahr 2015 im ganzen Land lediglich 14 Psychiater und 1600 im psychiatrischen Bereich ausgebildete Krankenschwestern registriert. Zudem sind diese medizinischen Einrichtungen für die meisten Ghanaer nicht erschwinglich. Die staatliche Krankenversicherung NHIS übernimmt die Kosten einer psychiatrischen Behandlung nicht.
- 28
2012 wurde der „Mental Health Act“ verabschiedet. Dieses Gesetz sieht eine staatliche Überwachung der „Prayer Camps“, aber auch der psychiatrischen Kliniken vor. Patienten sollen die Möglichkeit bekommen, länger andauernde Einweisungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Der VN-Sonderberichterstatter für Folter kritisierte, dass bisher nicht genügend unternommen worden sei, um das Gesetz umzusetzen, merkte im Oktober 2015 jedoch an, dass „Prayer Camps“ inzwischen besser mit Gesundheitsinstitutionen zusammenarbeiten als noch vor zwei Jahren. Jedoch erinnert Méndez die Regierung an ihre grundsätzliche Verpflichtung, die Praktiken der „Prayer Camps“ gänzlich zu verbieten und zu beseitigen in Hinblick auf die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen.
[...]
- 29
Die psychiatrische Versorgung ist in Ghana sehr rudimentär [...]; traditionell werden in Afrika psychisch Kranke in ihren Gemeinden toleriert bzw. sind Teil der Gemeinschaft und nur bei Gefahr für Dritte ist eine stationäre Aufnahme in eine der wenigen psychiatrischen Kliniken angezeigt. Generell fehlt es an Medikamenten und an medizinisch qualifiziertem Personal. Auch im privaten Sektor findet man keine adäquate Versorgung.“
- 30
Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Ghana als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG vom 25. Februar 2018 (Stand: 30. Dezember 2016), S. 22, 26.
- 31
Nach einer älteren Darstellung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe lägen psychiatrische Kliniken nur im südlichen Teil Ghanas und seien überfüllt und überlastet.
- 32
SFH, Ghana: Psychiatrische Versorgung vom 4. Und 11. April 2013, jeweils S. 2 f.
- 33
Auch Teile der Rechtsprechung betrachtet eine psychiatrische Behandlung in Ghana kritisch.
- 34
Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. August 2014 – 7a K 4597/13.A –, juris (zur Behandelbarkeit von PTBS); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 16. April 2015 – 7a K 4740/14.A –, juris Rn. 34 ff.; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 08. März 2016 – 7a L 452/16.A –, juris Rn. 10 (zur Behandelbarkeit von Autismus).
- 35
b) Im vorliegenden Verfahren hat der Regionalarzt für Westafrika über die deutsche Botschaft in Accra unter dem 22. Mai 2018 mitgeteilt, dass der Zugang zu psychiatrischer Versorgung aufgrund der defizitären Infrastruktur und des Personalmangels eingeschränkt sei, wobei er unter dem 12. Juni 2018 ergänzte, dass im privaten Bereich eine sachgerechte Behandlung möglich sei. Es sei nicht sicher, ob eine Behandlung in Ghana zeitnah erreichbar ist. Es sei nicht bekannt, innerhalb welchen Zeitraums der Kläger in der Krankenversicherung aufgenommen würde.
- 36
c) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargestellt, dass und auf welche Weise seine Erkrankung bereits in Ghana behandelt worden sei. Er habe sich mehrfach 4 bis 6 Monate in einer Klinik aufgehalten und sei dabei oft gefesselt worden. Er sei 2 Wochen ans Bett gefesselt worden. Mangels Betten sei er auch mal an einem Baum festgebunden worden. Diese Umstände werden von den oben zitierten Erkenntnisquellen bestätigt. Zu beachten ist auch, dass psychiatrische Behandlungen in Ghana von der Krankenkasse nach Angaben des Auswärtigen Amtes nicht unterstützt werden.
- 37
d) Nach allem ist in diesem Ausnahmefall anzunehmen, dass für den Kläger in Ghana eine hinreichende Behandlung, um eine wesentliche Verschlechterung der Erkrankung zu verhindern, nicht erreichbar ist. Es spricht auch vieles dafür, dass er möglicherweise wieder unmenschlich behandelt würde, falls er als Folge der nicht möglichen Behandlung in ein Prayer-Camp kommen würde. Da dem Kläger bei Rückkehr nach Ghana eine erhebliche Verschlechterung der Erkrankung droht, bedarf es keiner Prüfung, ob nach den Vorgaben des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG die medizinische Versorgung in Ghana mit derjenigen in Deutschland nicht gleichwertig und damit hinnehmbar wäre.
III.
- 38
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger auch wegen der teilweisen Klagerücknahme zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen (vgl. § 155 Abs. 1 und 2 VwGO). Dabei geht das Gericht von einem höheren Wert des subsidiären Schutzes aus. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 4. September 2013 verpflichtet festzustellen, dass zu Gunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot in Bezug auf Ghana vorliegt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der 1994 geborene Kläger ist ghanaischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 19. März 2012 in die Bundesrepublik ein und beantragte am 28. März 2012 in E. Asyl. Bei seiner Anhörung am 24. April 2012 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ‑ Bundesamt ‑ gab er an, keine Papiere bei sich zu haben. Die ersten drei Lebensjahre habe er in L. in Ghana verbracht, danach sei er mit seinen Eltern nach B. an der Elfenbeinküste gezogen. Wegen des Krieges dort sei er im Dezember 2010 von seiner Mutter nach Spanien geschickt worden. Im März 2012 habe er Spanien verlassen und sei über Frankreich nach Deutschland gekommen. Zu seinen Asylgründen gab er an, seine Eltern seien während des Krieges an der Elfenbeinküste verstorben, als er sich in Spanien aufgehalten habe. Daher wolle er dorthin nicht zurückkehren. In Ghana habe er keine Verwandten in oder sonstige Verbindungen.
3Durch Bescheid vom 4. September 2013, zugestellt am 16. September 2013, lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch Abschiebungsverbote vorlägen.
4Der Kläger hat am 23. September 2013 Klage erhoben und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung trägt er vor, erheblich traumatisiert zu sein und legt einen psychologischen Bericht der Von M. Stiftung, psychologische Psychotherapeutin I. G. , vom 18. Februar 2013 vor. Danach zeige der Kläger umfangreiche Symptome und Belastungen einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung ‑ PTBS ‑ und eine Psychotherapie sei dringlichst zu empfehlen. Der Bericht erklärt weiter, es habe keine forensische Begutachtung im Sinne einer Glaubwürdigkeitsanalyse stattgefunden und es sei bewusst auf eine detaillierte Exploration der Traumavorgeschichte und Biographie verzichtet worden.
5Der Kläger beantragt nach teilweiser Rücknahme der Klage in der mündlichen Verhandlung im Übrigen,
6die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 4. September 2013 zu verpflichten, zu Gunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz ‑ AufenthG ‑ festzustellen.
7Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
8die Klage abzuweisen.
9Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
10Das Gericht hat den Eilantrag des Klägers durch Beschluss vom 17. Oktober 2013 (Az. 7a L 1286/13.A) abgelehnt.
11Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens ein weiteres Attest des Dr. med. N. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 6. Dezember 2012 vorgelegt. Danach werden beim Kläger Symptome einer PTBS (intrusive Nachhallerinnerung, phobisches Vermeidungsverhalten, dissoziatives Erleben) deutlich. Zudem hat der Kläger eine psychiatrische Stellungnahme vor Dr. med. N1. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 4. März 2014 vorgelegt. Danach hat an zwei Untersuchungsterminen versuchte gewaltsame Übergriffen und Bedrohungen in Spanien sowie Gewalttätigkeiten seines Vaters in der Kindheit geschildert, die ausführlich beschrieben werden. Die Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass die diagnostischen Kriterien einer PTBS erfüllt seien. Eine psychotherapeutische Behandlung sei erforderlich, da sonst die Verstärkung der Symptome und anhaltende Suizidgefährdung drohten.
12Auf Antrag des Klägers hat das Gericht daraufhin durch Beschluss vom 20. März 2014 (Az. 7a L 403/14.A) unter Abänderung des Beschlusses vom 17. Oktober 2013 die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.
13Durch Beschluss vom 11. April 2014 hat das Gericht dem Kläger insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt, als er die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG begehrt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte einschließlich der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte Heft 1) und der bei der Stadt N2. geführten Ausländerpersonalakte (Beiakte Heft 2).
15Entscheidungsgründe:
16Soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑).
17Im Übrigen ist die Klage begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte zu seinen Gunsten ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG feststellt und den entgegenstehenden Bescheid entsprechend abändert. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
18Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ‑ BVerwG ‑ ist für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich eine vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, die diesem alsbald nach seiner Rückkehr in die Heimat droht.
19Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 ‑ 1 C 18.05 ‑, Beschluss vom 23. Juli 2007 ‑ 10 B 85.07 ‑, juris.
20Erheblich ist eine Gefahr, wenn der Umfang der Gefahrenrealisierung von bedeutendem Gewicht ist. Im Hinblick auf eine geltend gemachte Erkrankung und eine unzureichende medizinische Behandlungsmöglichkeit im Zielstaat der Abschiebung ist eine erhebliche Gefahr für ‑ insoweit nur in Betracht kommend ‑ Leib oder Leben zu bejahen, wenn im Zielstaat eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu befürchten ist. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde.
21Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Juli 1999 - 9 C 2.99 -, juris, und vom 25. November 1997 - 9 C 58.96 -, DVBI. 1998, 284; Beschluss vom 24. Mai 2006 - 1 B 118.05 -, juris;vgl. auch Pressemitteilung des BVerwG vom 17. Oktober 2006 zu BVerwG 1 C 18.05, wonach eine „extreme, lebensbedrohende Gefahr nicht erforderlich ist“.
22Das Erfordernis einer besonderen Intensität der drohenden Gesundheitsschäden bzw. -zustände folgt zum einen aus dem der Vorschrift des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG immanenten Zumutbarkeitsgedanken bei einer Rückkehr sowie zum anderen aus der gleichen hohen Stufe der von der Vorschrift geschützten drei Rechtsgüter ‑ Leib, Leben, Freiheit ‑, die das Zuerkennen eines Abschiebungsverbots schon bei einer Gesundheitsverschlechterung, die objektiv ertragen werden kann, außerhalb jeder vertretbaren Relation zur drohenden Lebensgefahr oder Freiheitsberaubung setzte.
23Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. November 1997 ‑ 9 C 58.96 ‑, a.a.O., vom 11. November 1997 ‑ 9 C 13.96 ‑, NVwZ 1998, 526, und vom 17. Oktober 1995 ‑ 9 C 9.95 ‑, a.a.O.
24Dementsprechend kann von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht schon dann gesprochen werden, wenn „lediglich“ eine Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Abschiebungszielland nicht zu erwarten ist. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll dem Ausländer nämlich nicht eine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dementsprechend auch nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden.
25Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20. September 2006 ‑ 13 A 1740/05.A ‑ und vom 17. September 2004 ‑ 13 A 3598/04.A ‑; Schl.-H. OVG, Urteil vom 24. März 2005 ‑ 1 LB 45/03 ‑, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2006 ‑ 1 B 118.05 -, juris.
26Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG können auch dann vorliegen, wenn im Herkunftsland zwar geeignete Behandlungsmöglichkeiten bestehen, diese für den betreffenden Rückkehrer aber im Einzelfall aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht erreichbar sind.
27Vgl. zur alten Rechtslage: BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 - 1 C 1.02 -, juris.
28Unter Zugrundelegung dieser Kriterien und unter zusammenfassender Betrachtung aller relevanten Umstände und Aspekte ist dem Kläger nach Überzeugung der Kammer Abschiebungsschutz gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird sich sein Gesundheitszustand im Falle seiner Rückführung nach Ghana auf Grund der dort vorhandenen Verhältnisse wesentlich und lebensgefährdend verschlechtern. Es handelt sich um eine extreme individuelle Gefahrensituation, die ein Absehen von der Abschiebung verfassungsrechtlich zwingend gebietet.
29In tatsächlicher Hinsicht legt die Kammer dabei Folgendes zugrunde: Beim Kläger sind nach der vorgelegten psychiatrischen Stellungnahme von Frau Dr. med. N1. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie vom 4. März 2014, die diagnostischen Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung erfüllt. Eine Psychotherapie sei notwendig, um die Symptomatik zu bessern. Ohne Behandlung chronifiziere die Symptomatik und es sei von Suizidgefährdung auszugehen. Die traumaspezifische psychotherapeutische Behandlung solle mindestens 50, eher 75 bis 90 Stunden umfassen, um eine tiefgreifende Besserung der Symptomatik zu erreichen. Diese Diagnose wird durch die weiteren im Verfahren eingereichten ärztlichen Unterlagen sowie die Angaben des Klägers in der mündlichen Behandlung untermauert. Der Kläger ist seit Januar 2014 wegen der diagnostizierten PTBS in Behandlung bei Frau L1. , Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Seine Therapiemotivation ist hoch und er erscheint regelmäßig und pünktlich zu den vereinbarten Terminen. Dies bestätigt Frau L1. in ihrer Stellungnahme vom 5. August 2014. Die Behandlung dauert noch an, ein Ende ist aktuell nicht absehbar. Daneben wird der Kläger nach seinen Angaben auch von Dr. med. N. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie behandelt. Neben der psychotherapeutischen Behandlung erhält er Promethazin und Opipramol, beides Medikamente gegen Angststörungen.
30Diese erforderliche Behandlung ist für den Kläger nach den vorliegenden Erkenntnisquellen in Ghana nicht im oben dargestellten Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erreichbar. Sowohl der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 18. Februar 2013 als auch die Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ‑ SFH ‑ „Ghana: Psychiatrische Versorgung“ vom 4. April 2013 lassen erkennen, dass es auf dem Gebiet der psychiatrischen bzw. psychischen Erkrankungen eine allenfalls rudimentäre Versorgung gibt, zu der nur ein eingeschränkter Zugang für Behandlungsbedürftige besteht. Bereits generell ist der Zugang zur medizinischen Versorgung in Ghana für einen Großteil der Bevölkerung insbesondere im ländlichen Raum problematisch,
31vgl. SFH, a.a.O., S. 1; Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 21.
32Die psychiatrische Versorgung ist rudimentär. Generell wird sie im Gesundheitssystem vernachlässigt; soweit sie grundsätzlich erreichbar ist, ist sie teuer (ca. 150 US-Dollar pro Monat) und die Kliniken sind überfüllt. Generell fehlt es an Medikamenten und an medizinisch qualifiziertem Personal
33Vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 23; SFH, a.a.O., S. 2, 3.
34Hinzu kommt, dass psychisch kranke Menschen in Ghana unter schwerer Stigmatisierung leiden. Zum Teil erhalten sie keine ärztliche Behandlung, sondern werden in sog. „Prayer Camps“ kirchlicher Gemeinschaften untergebracht, in denen sie durch Gebete und spirituelle Heilung von ihrer Erkrankung befreit werden sollen,
35vgl. SFH, a.a.O., S. 2 f., S. 4.
36Vor diesem Hintergrund geht die Kammer davon aus, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Falle seiner Rückführung nach Ghana überwiegend wahrscheinlich und lebensbedrohlich verschlechtern wird. Die aufgrund seiner Erkrankung erforderliche Psychotherapie und medikamentöse Versorgung wird für den Kläger in Ghana aller Voraussicht nach tatsächlich nicht erreichbar sein. Zum einen ist aufgrund des geringen Versorgungsangebots unklar, ob die Therapie in der erforderlichen Form in Ghana überhaupt angeboten wird und die bislang verordneten Medikamente verfügbar wären. Zum anderen wird der Kläger beides voraussichtlich nicht finanzieren könne, da nach seinen Angaben in Ghana keine Familienmitglieder leben, die ihn unterstützen könnten. Ohne die weitere psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung drohen jedoch die insbesondere in der Stellungnahme von Dr. N1. beschriebenen schwerwiegenden Folgen, darunter insbesondere die Gefahr eines Suizids.
37Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 2) und 3) des Bescheids vom 10. Oktober 2014 verpflichtet, festzustellen, dass zu Gunsten des Klägers ein Abschiebungsverbot in Bezug auf H. vorliegt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger begehrt die Feststellung eines Abschiebungsverbots.
3Der °°°° geborene Kläger ist H1. Staatsbürger. Er reiste nach eigenen Angaben am °°. B. °°°° in das Bundesgebiet ein und beantragte am °°. T. °°°° Asyl. Bei seiner Anhörung am °. K. °°°° gab er zu den Gründen seiner Ausreise im Wesentliches Folgendes an: Er habe in H. vorübergehend bei seinem Vater oder auf sich alleine gestellt in der Stadt D. D1. gelebt. Im Jahr 2011 sei sein Vater verstorben. Bei einem Festival in D. D1. habe er 2011 einen weißen Touristen mit dem Namen N. kennengelernt, der ihn zunächst eingeladen und mit ihm dann eine sexuelle Beziehung begonnen habe. Als sein Onkel, der strenggläubiger Muslim sei, hiervon erfahren habe, habe dieser ihn beschimpft, geohrfeigt und ihm gedroht, dass er ihn in den Norden des Landes bringen werde. Er befürchte, dass sein Onkel ihn töten werde, wenn er ihn wiederfinde. Im Juli 2012 sei N. wieder nach H. gekommen. Diesem habe er berichtet, dass sein Onkel ihn bedrohe und ihn töten werde. N. habe daraufhin einen Flug und die Papiere für eine Einreise nach Deutschland besorgt. Um die Kosten hierfür zu zahlen, habe er, der Kläger, hier in Deutschland mit anderen Männern schlafen sollen.
4Mit Schreiben vom Schreiben vom °°. K1. °°°° nahm der Kläger seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurück und beantragte die Feststellung von Abschiebungsverboten. Die Betreuer der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung hätten bei ihm Verhaltensauffälligkeiten festgestellt. Aus pädagogischer Sicht sei eine psychotherapeutische Behandlung dringend angezeigt. Am °°. G. °°°° legte der Kläger die psychologische Stellungnahme des Diplom-Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten I. -T1. vom °°. G. °°°° vor, die bei dem Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostizierte.
5Mit Bescheid vom 10. Oktober 2014 stellte die Beklagte das Asylverfahren ein (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen (Ziffer 2) und drohte die Abschiebung nach H. an (Ziffer 3). Eine erhebliche und konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liege nicht vor. Die vorgelegte psychologische Stellungnahme genüge nicht den Anforderungen der Rechtsprechung. Das Attest enthalte nur die Wiedergabe von Behauptungen, die der Kläger selbst aufgestellt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass und wie der behandelnde Psychologe diese Angaben einer Plausibilitätsprüfung unterzogen habe. Es fehlten Angaben darüber, ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt würden. Ausführungen über die Schwere der Krankheit und den bisherigen Behandlungsverlauf enthalte die Stellungnahme nicht. Auch werde nicht dargelegt, auf welches konkrete Geschehen die Traumatisierung zurückginge.
6Der Kläger hat am 27. Oktober 2014 Klage erhoben: Während seiner Unterbringung in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung seien von den Pädagogen und Sozialhilfemitarbeitern Verhaltensauffälligkeiten festgestellt worden. Im August 2013 sei er dem Psychotherapeuten I. -T1. vorgestellt worden. Dieser habe aufgrund von fünf Sitzungen eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert und halte eine psychotherapeutische Weiterbehandlung für dringend erforderlich. Eine Übernahme der Behandlungskosten habe die Krankenkasse inzwischen zugesagt. Die benötigte Behandlung sei in H. nicht erreichbar.
7Der Kläger beantragt,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Oktober 2014 zu verpflichten, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei ihm festzustellen.
9Die Beklagte beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung verweist die Beklagte auf den angegriffenen Bescheid.
12Die Beteiligten haben sich durch den Schriftsatz vom 24. Februar 2015 sowie durch Generalerklärung vom 26. Januar 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Das Verfahren ist durch Beschluss vom 12. Februar 2015 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Sachakte der Beklagten Bezug genommen.
14E n t s c h e i d u n g s g ü n d e :
15I.
16Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Das Gericht kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
17II.
18Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
19Der Kläger hat einen Anspruch, dass die Beklagte zu seinen Gunsten ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für H. feststellt. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2014 ist hinsichtlich der Ziffern 2) und 3) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
21Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, ist in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfen ist. Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Das ist der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Nach diesem Maßstab kann einerseits von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung nicht schon dann gesprochen werden, wenn „lediglich“ eine Heilung eines Krankheitszustands des Ausländers im Abschiebungszielland nicht zu erwarten ist. Andererseits ist eine existentielle oder extreme Gefahr in den Fällen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht Voraussetzung für den Abschiebungsschutz.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 – juris; Beschluss vom 24. Mai 2006 – 1 B 118/05 – juris, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2007, 13 A 2745/04.A – juris; Beschluss vom 20. September 2006, 13 A 1740/05.A – juris.
23Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG können auch dann vorliegen, wenn im Herkunftsland zwar geeignete Behandlungsmöglichkeiten bestehen, diese für den betreffenden Rückkehrer aber im Einzelfall aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht erreichbar sind.
24Vgl. zur alten Rechtslage: BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2002 – 1 C 1.02 – juris.
25Danach ist dem Kläger – zunächst jedenfalls bis zum Abschluss der derzeit durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung – Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren.
261. Der Kläger ist zur Überzeugung des Gerichts aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung derzeit dringend behandlungsbedürftig.
27Soweit der Ausländer Abschiebungsschutz aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung geltend macht, ist angesichts der Unschärfen des Krankheitsbilds sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests erforderlich. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.
28BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 – juris; OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 8 A 3053/08.A – juris, jeweils zur Substantiierung des Sachverständigenbeweisantrags.
29Neben Fachärzten sind dabei auch Psychologische Psychotherapeuten aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation befähigt, psychische Erkrankungen, somit auch posttraumatische Belastungsstörungen, zu diagnostizieren.
30OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 2008 – 8 A 3053/08.A – juris.
31Nach dieser Maßgabe ist vorliegend davon auszugehen, dass bei dem Kläger eine dringend behandlungsbedürftige posttraumatische Belastungsstörung vorliegt. Das Gericht stützt sich insoweit auf die Stellungnahme des behandelnden Psychologischen Psychotherapeuten I. -T1. vom °°. G. °°°° sowie auf dessen im gerichtlichen Verfahren ergänzend vorgelegten Bericht vom °°. G. °°°°. Danach wird aufgrund der durchgeführten Untersuchungen bei dem Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F 43.1) diagnostiziert und festgestellt, dass aufgrund der genannten Störung der Kläger weiter dringend psychotherapeutisch behandlungsbedürftig sei. Die nachvollziehbaren Feststellungen des behandelnden Psychotherapeuten genügen den oben genannten Anforderungen der Rechtsprechung. Wie der Stellungnahme zu entnehmen ist, beruhen die Feststellungen auf zunächst fünf probatorischen Sitzungen mit dem Kläger und den dabei geführten Gesprächen. Die Stellungnahme und der Bericht enthalten nachvollziehbare und hinreichend konkrete Angaben zu den traumatisierenden Ereignissen, insbesondere den sexuellen Übergriffen im Herkunftsland („Makroanalyse“), zu den konkreten Beschwerden, die sich unter anderem in Flashback-Erleben, akuten Angstzuständen, Schlafstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen und Suizidgedanken und intensiven Schamgeführten äußerten („Beschwerdebild“). Dem entspricht der psychopathologischer Befund, wonach die Stimmung des Klägers als „depressiv – niedergedrückt – affektlabil – agitiert – hoffnungslos – pessimistisch“ beschrieben wird. Weiter sind dem Bericht vom °°. G. °°°° konkrete Therapievorgaben- und ziele zu entnehmen.
32Die Feststellungen des Psychologischen Psychotherapeuten werden zudem gestützt durch die Beobachtungen und Einschätzung der Betreuer der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung, die diese in ihrer Stellungnahme vom °°. K2. °°°° zusammenfasst haben. In dieser wiesen die Betreuer, die täglichen Umgang mit dem Kläger hatten, bereits im Juni 2013 eindringlich auf dessen Therapiewunsch hin. Eine therapeutische Anbindung wurde nach der Einschätzung der Betreuer aufgrund der beobachteten Verhaltensauffälligkeiten (u. a. Einschlafstörungen, Belastungen durch Erlebnisse) für dringend nötig erachtet.
33Es bestehen auch keine durchgreifenden Zweifel, dass die von dem Kläger geschilderten traumatisierenden Ereignisse tatsächlich stattgefunden haben. Insbesondere hat der Kläger bei seiner Anhörung im Kern glaubhaft und detailreich – unter Angabe von konkreten Ereignissen und Namen – geschildert, dass und wie er im Juni 2011 einen Touristen und dessen Begleiterin kennen gelernt habe und dass es in der Folge einerseits über einen längeren Zeitraum zu sexuellen Kontakten bzw. Misshandlungen und andererseits durch Misshandlungen durch seinen Onkel gekommen sei.
342. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Abschiebung des Klägers nach H. zu einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers führen wird. Die dringend benötigte psychotherapeutische Behandlung ist für den Kläger in H. nicht erreichbar.
35Das Gericht verweist insoweit auf die Rechtsprechung der Kammer,
36VG Gelsenkirchen, Urteil vom 13. August 2014 – 7a K 4597/13.A – juris,
37an der auch mit Blick auf den aktualisierten Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 17. Januar 2014 festzuhalten ist. Danach ist eine ausreichende Behandlung bei psychischen Erkrankungen derzeit nicht gewährleistet. In der genannten Entscheidung wird hierzu ausgeführt:
38„Sowohl der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 18. Februar 2013 als auch die Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe – SFH – ‚Ghana: Psychiatrische Versorgung‘ vom 4. April 2013 lassen erkennen, dass es auf dem Gebiet der psychiatrischen bzw. psychischen Erkrankungen eine allenfalls rudimentäre Versorgung gibt, zu der nur ein eingeschränkter Zugang für Behandlungsbedürftige besteht. Bereits generell ist der Zugang zur medizinischen Versorgung in Ghana für einen Großteil der Bevölkerung insbesondere im ländlichen Raum problematisch,
39vgl. SFH, a.a.O., S. 1; Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 21.
40Die psychiatrische Versorgung ist rudimentär. Generell wird sie im Gesundheitssystem vernachlässigt; soweit sie grundsätzlich erreichbar ist, ist sie teuer (ca. 150 US-Dollar pro Monat) und die Kliniken sind überfüllt. Generell fehlt es an Medikamenten und an medizinisch qualifiziertem Personal
41Vgl. Auswärtiges Amt, a.a.O., S. 23; SFH, a.a.O., S. 2, 3.
42Hinzu kommt, dass psychisch kranke Menschen in H. unter schwerer Stigmatisierung leiden. Zum Teil erhalten sie keine ärztliche Behandlung, sondern werden in sog. „Prayer Camps“ kirchlicher Gemeinschaften untergebracht, in denen sie durch Gebete und spirituelle Heilung von ihrer Erkrankung befreit werden sollen,
43vgl. SFH, a.a.O., S. 2 f., S. 4.“
44Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass im konkreten Fall des Klägers die erforderliche psychotherapeutische Behandlung bei einer Abschiebung nach H. nicht erreichbar sein würde. Es ist zum einen unklar, ob überhaupt ein geeignetes staatliches oder privates Behandlungsangebot in H. verfügbar ist. Auch wenn dies der Fall sein sollte, dürfte der Kläger nicht in der Lage sein, ein entsprechendes Angebot zu finanzieren, das jedenfalls die Zahlung einer Versicherungsprämie voraussetzen dürfte.
45Vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe – SFH – „Ghana: Psychiatrische Versorgung“ vom 4. April 2013, S. 4.
46Der Kläger hat bislang keine Ausbildung absolviert und verfügt über keine finanzielle oder sonstige Unterstützung durch seine Familie in H. . Nach den insoweit glaubhaften Angaben des Klägers hat dieser auch vor seiner Ausreise von seinem inzwischen verstorbenen Vater oder anderen Familienmitgliedern keine Hilfe erhalten und vorübergehend allein gelebt. Auch unabhängig hiervon ist im Fall des Klägers nicht davon auszugehen, dass das Therapieziel (Reduktion der Traumasymptomatik) bei einer Behandlung in H. erreicht werden könnte. Zum einen müsste der Kläger bei einer Rückkehr nach H. befürchten, von seinem Onkel aufgesucht und wegen seiner homosexuellen Kontakte misshandelt zu werden. Zum anderen kann schon wegen der Strafbarkeit und gesellschaftlichen Stigmatisierung von homosexuellen Handlungen in H. nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer Behandlung in H. bereit und in der Lage wäre, seine traumatisierenden sexuellen Erfahrungen zu offenbaren. Es ist nicht zu erwarten, dass eine Aufarbeitung der traumatisierenden Erlebnisse unter diesen Bedingungen gelingen könnte.
47III.
48Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1, 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
49Die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
Tenor
1. Dem Antragsteller zu 3. wird für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. aus C1. bewilligt. Die Prozesskostenhilfeanträge der Antragsteller zu 1., 2. und 4. werden abgelehnt.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klage 7a K 888/16.A des Antragstellers zu 3. gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2016 wird angeordnet. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der Antragsteller zu 1., 2. und 4. werden abgelehnt.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu ¾ und die Antragsgegnerin zu ¼; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
1
G r ü n d e
2I.
3Dem Antragsteller zu 3. wird für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Prozesskostenhilfe bewilligt, da dieser nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann und der Eilantrag ‑ wie sich aus den Ausführungen unter II. ergibt ‑ hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑ i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung ‑ ZPO ‑). Die Prozesskostenhilfeanträge der übrigen Antragsteller werden mangels Erfolgsaussichten abgelehnt.
4II.
5Der Antrag der Antragsteller,
6die aufschiebende Wirkung der der Klage 7a K 888/16.A gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2016 anzuordnen,
7hat hinsichtlich des Antragstellers zu 3. Erfolg (siehe II.1.). Der Antrag der Antragsteller zu 1., 2. und 4. ist zulässig, aber unbegründet (siehe II.2.).
81. Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu 3. überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsandrohung. Nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung. Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von einer Abschiebung des Antragstellers zu 3. abzusehen ist.
9Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Insoweit muss es sich um Gefahren handeln, die den einzelnen Ausländer in konkreter und individualisierbarer Weise betreffen. Erfasst werden dabei nur zielstaatsbezogene Gefahren. Diese müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen.
10Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, „allgemein“ ausgesetzt ist, sind demgegenüber nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG bei Abschiebestopp-Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Insoweit entfaltet § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG grundsätzlich eine Sperrwirkung. Die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG greift aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nur dann ausnahmsweise nicht, wenn der Ausländer im Zielstaat landesweit einer extrem zugespitzten allgemeinen Gefahr dergestalt ausgesetzt wäre, dass er „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert“ würde.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2010 ‑ 10 C 10.09 ‑ juris; OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2014 ‑ 13 A 984/14.A ‑ juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 6. März 2015 ‑ 5a K 3397/14.A ‑ juris.
12Nach dem Stand des Eilverfahrens bestehen hinreichende Anhaltspunkte, dass der Antragsteller zu 3. aufgrund seiner Erkrankung bei einer Abschiebung nach Ghana einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.
13Der Antragsteller zu 3. leidet nach der vorgelegten Bescheinigung des Ambulanten Zentrums für Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 28. September 2015 und den Darlegungen von Frau B. L. , Schule am U. C2. (Städtische Förderschule, Förderschwerpunkt geistige Entwicklung) vom 6. Januar 2015 unter einem frühkindlichen Autismus. Nach den Feststellungen der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie zeigen sich bei dem Antragsteller zu 3. eine deutliche qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, deutliche Beschränkungen im Bereich des flexiblen Handels und Denkens und deutliche qualitative Beeinträchtigungen der Kommunikation. Vor diesem Hintergrund ist im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären, welchen Schweregrad die Erkrankung des Antragstellers zu 3. hat und in welcher Weise die diagnostizierten Beeinträchtigungen sich konkret auswirken. Denn jedenfalls im Fall einer schweren autistischen Störung spricht einiges dafür, dass der Antragsteller zu 3. in Ghana einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Zum einen dürfte für den Antragsteller zu 3. eine möglicherweise erforderliche Behandlung in Ghana nur schwer zu erreichen sein.
14Vgl. zur Möglichkeit der Behandlung psychischer Erkrankungen in Ghana bereits VG Gelsenkirchen, Urteile vom 13. August 2014 - 7a K 4597/13.A - und vom 16. April 2015 - 7a K 4740/14.A; siehe auch Auswärtiges Amt, Lagebericht, 12. Februar 2016, Seite 22.
15Zum anderen leiden psychisch kranke Menschen in Ghana häufig unter schwerer Stigmatisierung. Zum Teil erhalten sie keine ärztliche Behandlung, sondern werden in sog. „Prayer Camps“ kirchlicher Gemeinschaften untergebracht, in denen sie durch Gebete und spirituelle Heilung von ihrer Krankheit befreit werden sollen,
16vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, „Ghana: Psychiatrische Versorgung“ vom 4. April 2013, Seite 4.
17In welche Situation der Antragsteller zu 3. im Fall einer gemeinsamen Rückkehr nach Ghana zusammen mit seinen Eltern, den Antragstellern zu 1. und 2., geraten würde, bedarf der weiteren Aufklärung im Klageverfahren.
182. Der Antrag der Antragsteller zu 1., 2. und 3. auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird aus den Gründen des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2016, die die Kammer sich insofern zu eigen macht, abgelehnt (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Schutz der Familie als innerstaatliches Abschiebungshindernis nicht im Asylverfahren gegenüber dem Bundesamt, sondern gegenüber der Ausländerbehörde geltend zu machen ist.
19III.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylG.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.