Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 18. Apr. 2017 - 8 B 16/17

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:0418.8B16.17.0A
bei uns veröffentlicht am18.04.2017

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Anfang März 2017 beantragte er bei dem Antragsgegner eine Duldung zum Zwecke der Eheschließung und machte geltend, er beabsichtige, die bulgarische Staatsangehörige D. zu heiraten. Er legte einen Merkzettel des Standesamtes A-Stadt vor und erklärte, die Unterlagen lägen inzwischen vor, sodass eine Eheschließung alsbald vorgenommen werden könne. Er sei illegal in das Bundesgebiet eingereist, besitze weder einen türkischen Nationalpreis noch einen Nüfus. Der Antragsgegner stellte eine Grenzübertrittsbescheinigung aus und forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland bis zum 24. 3. 2017 zu verlassen. Diese Frist wurde später bis zum 7. 4. 2017 verlängert.

2

Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller (mit Schreiben vom 8. 3. 2017) zu seiner Absicht angehört hatte, den Antrag abzulehnen, beantragte der Antragsteller am 31.3.2017 bei dem Verwaltungsgericht Schwerin,

3

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, der Dringlichkeit halber ohne vorherige mündliche Verhandlung, zu verbieten, aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen ihn einzuleiten oder durchzuführen.

4

Der Antragsgegner beantragt,

5

den Antrag abzulehnen.

6

Mit Beschluss vom 3. 4. 2017 hat das Verwaltungsgericht Schwerin den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Schleswig verwiesen.

7

Mit Verfügung vom 6. 4. 2017 lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis/einer Duldung ab, gewährte eine Frist zur freiwilligen Ausreise bis zum 28.04.2017 und drohte die Abschiebung in den Türkei an. Für den Fall der Abschiebung drohte er ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von zwei Jahren an.

II.

8

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Ziel, dem Antragsgegner vorläufig aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu untersagen, ist zulässig. Dieser Antrag ist nicht gemäß § 123 Abs. 5 VwGO subsidiär, weil hier ein Fall von § 80 VwGO nicht vorliegt. Der Antragsteller hat – nach gegenwärtiger Aktenlage – gegen die Verfügung vom 6. 4. 2017 noch keinen Widerspruch eingelegt. Die Widerspruchsfrist ist noch nicht abgelaufen, so dass der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist.

9

Der Antrag ist allerdings nicht begründet. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

10

Voraussetzung für einen Anordnungsanspruch ist, dass der Antragsgegner gegenwärtig gehindert ist, gegen den Antragsteller aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen. Das wäre der Fall, wenn zumindest die Voraussetzungen für eine Duldung vorlägen. Das ist jedoch nicht der Fall.

11

Gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern.

12

Aus einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kann sich (möglicherweise) ein derartiges rechtliches Abschiebungshindernis ergeben. Das setzt allerdings voraus, dass die Eheschließung unmittelbar bevorsteht. Dafür ist erforderlich, dass die Anmeldung der Eheschließung bei dem Standesamt vorgenommen wurde und die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben. Bei ausländischen Verlobten ist weiterhin (gemäß § 1309 BGB) die Ehefähigkeit nachzuweisen oder die Entscheidung der Präsidentin des Oberlandesgerichts über die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses (§ 1309 Abs. 2 BGB) vorzulegen bzw. zu beantragen (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 05.01.2017 – 1 B 70/16 – juris Rn 33; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. 1. 2017 – OVG 3 S 109.16 – juris Rn 2). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

13

Nach eigenen Angaben besitzt der Antragsteller weder einen türkischen Nationalpreis noch einen Nüfus. Zu der Angabe des Antragstellers, die für die Heirat erforderlichen Unterlagen lägen vor, hielt der Sachbearbeiter des Antragsgegners in seinem Vermerk vom 08.03.2017 fest, der Standesbeamte habe auf seine telefonische Rückfrage mitgeteilt, ohne die erforderlichen Unterlagen sei mit einem Heiratstermin in nächster Zeit nicht zu rechnen. Der Antragsteller und seine Verlobte seien nur zu einem Beratungsgespräch bei dem Standesamt gewesen, um die Voraussetzungen einer Eheschließung zu erfahren.

14

Aus diesen Umständen ergibt sich, dass weder die erforderlichen Urkunden (Personalausweis oder Reisepass, Geburtsurkunde, beglaubigte Abschrift des Familienregisters) noch das Ehefähigkeitszeugnisses vorliegen. Daher hat der Antragsteller die Anmeldung der Eheschließung auch noch nicht bei dem Standesamt vorgenommen und auch nicht vornehmen können. Auch die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses ist noch nicht beantragt worden.

15

In seiner Antragsschrift hat der Antragsteller erwähnt, dass seine Verlobte freizügigkeitsberechtigte bulgarische Staatsangehörige sei. Auch hierfür liegen Nachweise nicht vor. Im Übrigen besteht ein Anspruch auf Nachzug zu gemäß § 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern nur für Familienangehörige im Sinne von § 3 Abs. 2 FreizügG/EU, also für Ehegatten, Lebenspartner und Verwandte (gemäß den Nrn. 1 und 2 dieser Vorschrift). Auch diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

16

Da ein rechtliches Abschiebungshindernis nicht vorliegt, und der Antragsgegner auch nicht aus sonstigen Gründen gehindert ist, den Antragsteller abzuschieben, ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 62 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nummer 2, § 52 Abs. 2 GKG.


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bei uns veröffentlicht am 05.01.2017

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bei uns veröffentlicht am 04.08.2017

Tenor Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebeandrohung in dem Bescheid vom 06.04.2017 und der Antrag auf vorläufiges Absehen von Abschiebemaßnahmen werden abgelehnt. Der Antragsteller trägt

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wer hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung vorbehaltlich des Artikels 13 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ausländischem Recht unterliegt, soll eine Ehe nicht eingehen, bevor er ein Zeugnis der inneren Behörde seines Heimatstaats darüber beigebracht hat, dass der Eheschließung nach dem Recht dieses Staates kein Ehehindernis entgegensteht. Als Zeugnis der inneren Behörde gilt auch eine Urkunde im Sinne von Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) 2016/1191 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 zur Förderung der Freizügigkeit von Bürgern durch die Vereinfachung der Anforderungen an die Vorlage bestimmter öffentlicher Urkunden innerhalb der Europäischen Union und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 (ABl. L 200 vom 26.7.2016, S. 1) sowie eine Bescheinigung, die von einer anderen Stelle nach Maßgabe eines mit dem Heimatstaat des Betroffenen geschlossenen Vertrags erteilt ist. Das Zeugnis verliert seine Kraft, wenn die Ehe nicht binnen sechs Monaten seit der Ausstellung geschlossen wird; ist in dem Zeugnis eine kürzere Geltungsdauer angegeben, ist diese maßgebend.

(2) Von dem Erfordernis nach Absatz 1 Satz 1 kann der Präsident des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das Standesamt, bei dem die Eheschließung angemeldet worden ist, seinen Sitz hat, Befreiung erteilen. Die Befreiung soll nur Staatenlosen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland und Angehörigen solcher Staaten erteilt werden, deren Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse im Sinne des Absatzes 1 ausstellen. In besonderen Fällen darf sie auch Angehörigen anderer Staaten erteilt werden. Die Befreiung gilt nur für die Dauer von sechs Monaten.

(3) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A... wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt der Sache nach die Aussetzung seiner Abschiebung nach Albanien.

2

Der am …1995 in … (Albanien) geborene Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2014 mit einem biometrischen Reisepass in das Bundesgebiet ein. Laut AZR-Historie (Bl. 56 d. Beiakte) und Ein-/Ausreisestempeln im Reisepass befand sich der Antragsteller zwischen dem 17.08.2015 und dem 17.08.2016 ununterbrochen im Schengenraum. Ein Aufenthaltstitel wurde nicht beantragt.

3

Der Antragsteller ist während seines gesamten Aufenthalts in der Bundesrepublik strafrechtlich wiederholt in Erscheinung getreten. Laut polizeilicher Strafanzeige vom 21.09.2014 habe der Antragsteller bei einer Festnahmehandlung der Polizei ein geöffnetes Klappmesser auf einen Polizeibeamten geworfen. Bei ihm seien bei der anschließenden Durchsuchung 10 Verkaufseinheiten Kokain gefunden worden. Am 05.07.2015 habe der Antragsteller bei einer Verkehrskontrolle die gelbe Plastikverpackung eines Überraschungseis, gefüllt mit zwei Konsumeinheiten Kokain, weggeworfen. Laut Strafanzeige vom 25.06.2016 sei bei einer polizeilichen Festnahme des Antragstellers in dessen Nähe die gelbe Verpackung eines Überraschungseis, gefüllt mit 10 Konsumeinheiten Kokain, gefunden worden. Er wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts A-Stadt vom 18.07.2016 – … – wegen Körperverletzung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, seine frühere Lebensgefährtin gewürgt und gegen eine Wand gestoßen zu haben und anschließend mit deren Auto ohne Fahrerlaubnis geführt zu haben. Laut polizeilicher Strafanzeige vom 20.09.2016 habe er ein Fahrzeug ohne Haftpflichtversicherung im Straßenverkehr gebraucht.

4

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.09.2016 wurde der Antragsteller mit einer Frist von vier Jahren aus der Bundesrepublik ausgewiesen. Gleichzeitig wurden die Abschiebung nach Albanien unter Bezugnahme auf § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG angedroht und die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Als Frist zur freiwilligen Ausreise enthielt der Bescheid die Angabe, es werde Frist bis zum „03.16.2016“ gesetzt. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 4 Jahre ab Ausreise befristet.

5

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund der polizeilichen Feststellungen von begangenen Straftaten und insbesondere aufgrund der Feststellungen zu den Kokainfunden ein schwer wiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG vorliege. Der Antragsteller habe mehrmals beim Antreffen durch die Polizei eine typische Ausrüstung für den Handel mit Drogen mitgeführt: verkaufsfertig verpacktes Kokain, zwei Handys und Geld in szenetypischer Stückelung. Es müsse auch angenommen werden, dass der Antragsteller sich seinen Lebensunterhalt mit Drogenhandel finanziere. Denn es sei nicht ersichtlich, wovon der Antragsteller seinen Lebensunterhalt auf legalem Wege bestreite. Zudem sei aufgrund der unerlaubten Ausdehnung des visumfreien Aufenthalts und des damit verwirklichten Straftatbestands nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ein schwer wiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG gegeben. Zur Begründung des Sofortvollzuges wurde ausgeführt, dass ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten durch den Antragsteller bestehe.

6

Der Antragsteller hat hiergegen anwaltlich vertreten mit Schreiben vom 04.10.2016 Widerspruch eingelegt, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise einer Duldung beantragt und am gleichen Tag einen Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz gestellt.

7

Der Antragsteller trägt vor, die Ausweisungsverfügung sei rechtswidrig. Insbesondere sei die Anordnung des Sofortvollzuges fehlerhaft. Er plane die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen. Ihm müsse zumindest eine Duldung erteilt werden.

8

Der Antragsteller beantragt,

9

die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.09.2016 anzuordnen.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

11

den Antrag abzulehnen.

12

Die Antragsgegnerin trägt vor, gegenüber dem Antragsteller sei persönlich erklärt worden, dass die Ausreisefrist auf den 03.10.2016 festgesetzt werde. Die Angabe „03.16.2016“ im Bescheid vom 26.09.2016 sei ein Schreibfehler, der aber für den Antragsteller keine Unklarheit bedeute. Eine Anmeldung des Antragsstellers zur Eheschließung gebe es derzeit noch nicht. Das Ausweisungsinteresse sei aufgrund der strafrechtlich relevanten Vorkommnisse gegeben. Aus den Polizeiberichten aus den Jahren 2014 bis 2016 ergäben sich inzwischen 7 Tatkomplexe, bei denen der Antragsteller insgesamt dreimal im Besitz von Kokain angetroffen worden sei. Es sei kein anerkennenswertes Bleibeinteresse gegeben. Auch ohne die Ausweisungsverfügung könne ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 6 AufenthG angeordnet werden. Es bestehe ein starkes Interesse an der Durchsetzung der Ausreisepflicht, um die weitere Begehung von Straftaten durch den Antragsteller im Bundesgebiet zu verhindern.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte.

II.

14

Das vorliegend formulierte Begehren des Antragstellers ist inhaltlich dahingehend zu deuten, dass der Antragsteller erreichen möchte, bis auf Weiteres von Abschiebungsmaßnahmen der Antragsgegnerin nach Albanien verschont zu bleiben.

15

Nach §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO ist für das gerichtliche Verständnis eines Antrags das inhaltliche Klage- bzw. Antragsbegehren maßgeblich und nicht zwangsläufig allein der formulierte Antrag, auch wenn letzterer regelmäßig ein erhebliches Moment zur Bestimmung des Begehrens ist. Nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes als Auslegungshilfe ist im Zweifel zugunsten des Rechtsschutzsuchenden anzunehmen, dass er den in der Sache in Betracht kommenden Rechtsbehelf einlegen wollte, wobei Voraussetzung ist, dass dies dem erkennbaren Rechtsschutzziel entspricht und die entsprechende Auslegung vom Rechtsschutzsuchenden nicht bewusst ausgeschlossen wurde.

16

Der Antrag ist nach den §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die mit Bescheid vom 26.09.2016 verfügte Ausweisung und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die im selben Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung und hilfsweise die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung begehrt, die Abschiebung des Antragstellers bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens auszusetzen.

17

Das Gericht geht davon aus, dass der Antragsteller nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des (unbeschränkt erhobenen) Widerspruchs hinsichtlich der ebenfalls im Bescheid angeordneten Befristung der Sperrwirkungen einer möglichen Abschiebung bzw. der Ausweisung begehrt. Zwar entfalten Widerspruch und Klage gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG keine aufschiebende Wirkung. Eine Erstreckung des Aussetzungsantrags auf diesen Regelungsteil entspräche jedoch abgesehen davon, dass der Antragsteller sich bislang nicht ausdrücklich gegen die Befristungsentscheidung gewandt hat, nicht seinem gegenwärtig vorrangigen Rechtsschutzinteresse, von einer Abschiebung verschont zu bleiben. Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG stellt im Grundsatz einen den Ausländer begünstigenden Verwaltungsakt dar, weil das Verbot ohne die von der Ausländerbehörde gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG vorzunehmende Befristung sonst unbefristet gelten würde. Entsprechend ist eine Befristung des Verbots ebenso wie eine Verkürzung der behördlich festgesetzten Frist im Hauptsacheverfahren auch allein mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.07.2012 – 1 C 19/11 –, juris Rn. 27 ff.). Abgesehen von der Anforderung, dass die nunmehr von Amts wegen vorzunehmende Befristung nach § 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG spätestens bei der Abschiebung festgesetzt werden muss, hat sie für die Durchführung der Abschiebung aber keine unmittelbaren Auswirkungen.

18

Allerdings versteht das Gericht den Antrag mit Blick darauf, dass der Antragsteller eine Aufenthaltsbeendigung unter allen Umständen verhindert wissen will, dahingehend, dass er für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Regelungen der Verfügung vom 26.09.2016 hilfsweise auch die Aussetzung der Abschiebung im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung im Rahmen des rechtlich Zulässigen begehrt. Denn das mit dem Eilantrag geäußerte Begehren des Antragstellers bietet hinreichend Anhaltspunkte dafür, dass es ihm in gleichem Maße darauf ankam, jedenfalls ein vorläufiges Bleiberecht bis zur Entscheidung über seinen Widerspruch zu erhalten.

19

Der so verstandene Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bleibt mit dem Hauptantrag ohne Erfolg.

20

Soweit der Antragsteller nach § 80 Abs.5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ausweisungsverfügung vom 26.09.2016 erstrebt, ist sein Antragsbegehren unzulässig. Denn ein dafür erforderliches Rechtsschutzinteresse besteht nicht. Soweit im vorliegenden Aussetzungsverfahren nach § 80 Abs.5 VwGO die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts – der Ausweisungsverfügung – begehrt wird, ist das Vorliegen eines rechtlich schutzwürdigen Interesses an dem erstrebten Rechtsschutzziel in jedem Stadium des Verfahrens Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags. Ein solches Interesse besteht in diesem Verfahren nur dann, wenn durch die vom Antragsteller erstrebte Wiederherstellung oder Anordnung der – gemäß § 80 Abs. 2 VwGO entfallenen – aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs oder der Klage (vorläufig) ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil für den Betroffenen eintreten kann. Dies ist unter den hier gegebenen Umständen jedoch nicht der Fall. Denn der Antragsteller ist schon vor Erlass der Ausweisung gemäß §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG sofort vollziehbar ausreisepflichtig geworden, weil die Dreimonatsfrist des Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Nr. 1 Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15.03.2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (EG-VisaVO) bereits im November 2015 abgelaufen ist und der Antragsteller bis zum Erlass der Ausweisungsverfügung keinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gestellt hat.

21

Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung in der Verfügung vom 26.09.2016 geht bei dieser Konstellation ins Leere. Eine Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes hätte insoweit keine aufenthaltsrechtlich erhebliche Verbesserung der Rechtsposition des Antragstellers oder sonstige ihn begünstigende Wirkungen zur Folge. Dies ergibt sich daraus, dass die Ausweisung keine sofort vollziehbare Ausreisepflicht für den Antragsteller begründet; diese Pflicht besteht in seinem Fall vielmehr kraft Gesetzes – unabhängig von der Ausweisung – nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr.2 AufenthG. Da der Antragsteller vor Ablauf der Frist seines visumfreien Aufenthalts nach Art. 1 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Nr. 1 EG-VisaVO nicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt hat, ist er mangels eines erforderlichen Aufenthaltstitels gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet. Diese Ausreisepflicht ist gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG vollziehbar. Demgegenüber kommt der behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs der Ausweisungsverfügung (nach § 80 Abs.2 Nr.4 VwGO) keine den Antragsteller rechtlich belastende Bedeutung mehr zu, die Anlass geben könnte, diesen Vollzug auszusetzen (siehe zu dem Ganzen: VGH Mannheim, Beschl. v. 05.11.1991 – 11 S 1157/91 –, juris Rn. 2; OVG Magdeburg, Beschl. v. 11.10.2007 – 2 M 206/07 –, juris Rn. 11; VGH Kassel, Beschl. v. 09.03.1999 – 12 TZ 74/99 –, juris Rn. 4; VGH München, Beschl. v. 30.07.2013 – 10 ZB 12.1138 –, juris Rn. 10; Hailbronner, AuslR, 94. Aktualisierung Januar 2016, A1, § 53 AufenthG, Rn. 198 m.w.N.). Insbesondere treten die Rechtswirkungen der Ausweisung im Hinblick auf die Wiedereinreisesperre nach § 11 Abs. 1 AufenthG unabhängig von der sofortigen Vollziehbarkeit der Ausweisung ein (so h.M. in der Rechtsprechung: siehe OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.03.2007 – 13 LA 309/06 –, juris Rn. 4 m.w.N.; a.A. OVG Schleswig, Beschl. v. 09.02.1993 – 4 M 146/92 –, juris Rn. 6).

22

Die Verneinung des Rechtsschutzinteresses verstößt in der vorliegenden Konstellation auch nicht gegen den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG und den Grundsatz der “Waffengleichheit“, weil die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Abschiebung allein wegen und zusammen mit der Ausweisung, nicht aber wegen der vollziehbaren Ausreisepflicht gemäß §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG angedroht hätte (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 11.09.2008 – 11 S 2042/08 –, juris Rn. 10 m.w.N.). Denn die Antragsgegnerin hat sich hier nicht für eine Grundlage der vollziehbaren Ausreisepflicht entschieden. Die Möglichkeit der Abschiebung aus anderem Grund als der Ausweisung bestehenden vollziehbaren Ausreisepflicht ist nicht bloß theoretisch gegeben. Der Antragsteller ist ohne Rechtsschutzgewährung gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung nicht einer Abschiebung schutzlos ausgeliefert, die zuvor nicht auch schon ernsthaft gedroht hätte. Die Antragstellerin lässt vielmehr im Bescheid vom 26.09.2016 erkennen, dass sie die vollziehbare Ausreisepflicht aus mehreren Gründen für gegeben hält. Die in dem Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung wird ausdrücklich begründet mit der Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG und deren Vollziehbarkeit nach § 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG.

23

Da der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Wirkungen der Ausweisung unzulässig ist, kommt es im vorliegenden Verfahren nicht mehr darauf an, ob die Ausweisung des Antragstellers rechtlichen Bedenken begegnet. Dies wird im Widerspruchsverfahren zu klären sein.

24

Soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die im Bescheid vom 26.09.2016 enthaltene Abschiebungsandrohung begehrt, ist der Antrag gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 248 Abs. 1 Satz 2 LVwG zwar zulässig, aber unbegründet.

25

Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ergeht regelmäßig auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Aufschubinteresse des Antragstellers einerseits und das öffentliche Interesse an der Voll-ziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Lässt sich bei der summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs (wieder-)herzustellen, weil an einer sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, so führt dies in Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges regelmäßig dazu, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 06.08.1991 - 4 M 109/91 -, juris Rn. 5).

26

Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich der Antrag als unbegründet. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts das private Interesse des Antragstellers an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung. Die Abschiebungsandrohung erweist sich nämlich als offensichtlich rechtmäßig.

27

Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung nach §§ 50, 58, 59, AufenthG sind erfüllt. Die Abschiebungsandrohung erfüllt die formellen Voraussetzungen nach § 59 AufenthG. Insbesondere war die für den Antragsteller erkennbar zum 03.10.2016 gesetzte Frist für eine freiwillige Ausreise angemessen im Sinne des § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, da sie den mindestens zu gewährenden Zeitraum von 7 Tagen nicht unterschreitet. Die Bezeichnung von Albanien als dem Staat, in den abgeschoben werden soll, entspricht § 59 Abs. 2 AufenthG. Der Antragsteller ist – wie oben dargelegt – unabhängig von der verfügten Ausweisung kraft Gesetzes zur Ausreise verpflichtet (§ 50 Abs. 1 AufenthG), weil er sich illegal im Bundesgebiet aufhält. Diese Ausreisepflicht ist auch vollziehbar (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).

28

Der Antragsteller hat auch mit dem sinngemäß gestellten Hilfsantrag keinen Erfolg.

29

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn der Antragsteller darlegt, dass ihm ein Anspruch auf ein bestimmtes Handeln zusteht (Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss, weil ihm ansonsten unzumutbare Nachteile entstehen (Anordnungsgrund). Der Antragsteller hat Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

30

Einen Anordnungsanspruch auf Aussetzung seiner Abschiebung hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.

31

Die Abschiebung eines – wie hier – vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Einem Ausländer kann gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine Duldung auch erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern.

32

Der Abschiebung des Antragstellers stehen vorliegend weder rechtliche noch tatsächliche Hindernisse entgegen. Der Antragsteller hat zu möglichen Abschiebehindernissen weder vorgetragen, noch sind solche für das Gericht ersichtlich. Der Vortrag zur bevorstehenden Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen ist zu unsubstantiiert, um daraus auf eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG schließen zu können.

33

Ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen Unvereinbarkeit der Abschiebung mit der Eheschließungsfreiheit setzt voraus, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. Dies ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist. Die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits so weit vorangeschritten sind, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird und jedenfalls dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (siehe VGH München, Beschl. v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 –, juris Rn. 11 m.w.N.; OVG Schleswig, Beschl. v. 22.04.2013 – 4 MB 23/13 –, n.v. S. 3 d. Beschlussausfertigung m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist eine bevorstehende Eheschließung nicht glaubhaft gemacht. Nach unwidersprochen gebliebener Auskunft der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 19.10.2016 sei eine Anmeldung der Eheschließung des Antragstellers beim Standesamt A-Stadt bislang nicht erfolgt. Auf telefonische Nachfrage des Gerichts bei der Antragsgegnerin am 05.01.2017 war diesbezüglich zu erfahren, dass durch das Standesamt keine Änderung mitgeteilt worden sei.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 2, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG.

35

Die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A... beruht auf § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Ist der Streitwert für die Entscheidung über die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Berechnung der Gebühren maßgebend, soweit die Wertvorschriften dieses Gesetzes nicht von den Wertvorschriften des Verfahrensrechts abweichen. Satz 1 gilt nicht in Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.