Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 02. Okt. 2014 - 8 K 14.1338

bei uns veröffentlicht am02.10.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger hinsichtlich der mit Antrag vom 11.6.2013 eingereichten Rechnung vom 24.5.2013 weitere Beihilfe in Höhe von 3.270,35 € zu gewähren.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger erstrebt weitere Beihilfeleistungen unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen Erstattung.

Der 1940 geborene Kläger ist beihilfeberechtigt mit einem Bemessungssatz von 70%. Er befand sich vom 2.5.2013 bis 13.5.2013 in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum Regensburg. Hierzu erstellte das Universitätsklinikum Regensburg eine Rechnung vom 24.5.2013 über 70% der Kosten in Höhe von 10.901,17 €; die restlichen 30% in Höhe von 4.671,93 € erstattete die private Krankenversicherung des Klägers. Mit Antrag vom 11.6.2013 reichte der Kläger die Rechnung vom 24.5.2013 bei der Beihilfestelle ein. Mit Bescheid vom 19.6.2013 gewährte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle L., Beihilfe in Höhe von 70% aus dem Rechnungsbetrag von 10.901,17 € (das sind 7.630,82 €). Mit Schreiben vom 27.8.2013 reklamierte der Kläger die Sachbehandlung. Erst durch die Abrechnung der privaten Krankenversicherung sei ihm aufgefallen, dass die Beihilfestelle aus dem bereits auf 70% bezogenen Rechnungsbetrag unzutreffender Weise noch einmal 70% herausgerechnet habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.9.2013 lehnte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle L., eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und wies den Widerspruch zurück. Auf die Bescheide wird Bezug genommen.

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16.6.2014 ließ der Kläger dann eine Korrektur des Bescheids vom 19.6.2013 in Höhe der Differenz von 3.270,35 € wegen offensichtlicher Unrichtigkeit beantragen. Mit Bescheid vom 8.7.2014 lehnte das Landesamt für Finanzen, Dienststelle L., eine Korrektur ab. Ein offensichtlicher Rechenfehler liege nicht vor, der Bescheid vom 19.6.2013 sei quasi mehrfach bestandskräftig.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 7.8.2014 hat der Kläger vorliegende Klage erheben lassen. Der Bescheid vom 19.6.2013 sei offensichtlich unrichtig und um den Differenzbetrag von 3.270,35 € zu korrigieren.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger hinsichtlich der mit Antrag vom 11.6.2013 eingereichten Rechnung vom 24.5.2013 weitere Beihilfe in Höhe von 3.270,35 € zu gewähren.

Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die streitgegenständlichen Bescheide,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 1.9.2014 hat die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 15.9.2014 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat Anspruch auf weitere Beihilfe in Höhe von 3.270,35 € hinsichtlich der Rechnung vom 24.5.2013.

1. Der Bescheid vom 19.6.2013 enthält zwar keine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von Art. 42 BayVwVfG.

Eine Unrichtigkeit im Sinne von Art. 42 BayVwVfG liegt (nur) vor, wenn in der Formulierung des Verwaltungsakts etwas anderes ausgesagt wird, als die Behörde gewollt hat, nicht dagegen, wenn der Behörde bei ihrer Willensbildung ein Fehler unterlaufen ist (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Rn. 5 zu § 42). Bei der Festsetzung der Beihilfe auf 70% aus dem Rechnungsbetrag mit Bescheid vom 19.6.2013 handelt es sich nicht um einen Schreib- oder Rechenfehler oder eine vergleichbaren Fehler im Sinne der Vorschrift. Vielmehr hat die Sachbearbeiterin schlicht übersehen, dass die Rechnung vom 24.5.2013 bereits auf den beihilfefähigen Betrag bezogen war (Fehler in der Tatsachenfeststellung). Folglich hat sie bewusst eine Erstattung von 70% aus dem Rechnungsbetrag vorgenommen (Rechtsfolgefehler).

2. Ein Anspruch des Klägers auf Beihilfe ergibt sich jedoch aus Art. 96 BayBG i. V. m. der BayBhV.

a) Der Kläger ist danach mit einem Bemessungssatz von 70% beihilfeberechtigt. Unstreitig sind folglich aus der Rechnung vom 24.5.2013 10.901,17 € beihilfefähig, wie sich auch aus dem Bescheid vom 19.6.2013 ergibt. Weiter unstreitig hat der Beklagte bisher lediglich 70% hieraus (7.630,82 €) erstattet. Noch offen ist die Differenz von 3.270,35 €. Die einschlägige Rechnung vom 24.5.2013 liegt der Beihilfestelle vor. Der Antrag vom 11.6.2013 ist rechtzeitig gestellt (§ 48 Abs. 1 und 7 BayBhV).

b) Dem Anspruch steht nicht die Bestandskraft des Bescheids vom 19.6.2013 entgegen. Mit Bescheid vom 19.6.2013 hat die Beihilfestelle - soweit hier einschlägig - einen ausschließlich begünstigenden Verwaltungsakt getroffen. Nachdem irrtümlich aus dem bereits auf 70% bezogenen Rechnungsbetrag lediglich 70% als Beihilfe festgesetzt worden sind, hat die Behörde hinsichtlich des streitgegenständlichen Rests nicht bewusst eine versagende Entscheidung getroffen. Dies hat zur Folge, dass der Antrag des Klägers insoweit noch offen ist, der Kläger also noch eine Entscheidung der Behörde fordern kann.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Bestandskraft des Widerspruchsbescheids vom 25.9.2013. Eine Entscheidung in der Sache enthält dieser nämlich nicht. Vielmehr wird lediglich eine Wiedereinsetzung in der vorigen Stand, wie vom Kläger mit Schreiben vom 27.8.2013 beantragt, abgelehnt. Einer solchen bedurfte es aber nicht, weil - wie eben ausgeführt - ein Vorgehen gegen eine versagende Entscheidung nicht veranlasst war.

d) Mit Bescheid vom 8.7.2014 hat die Behörde lediglich eine Korrektur des Bescheids vom 19.6.2013 wegen offenbarer Unrichtigkeit nach Art. 42 BayVwVfG abgelehnt, nicht aber über den immer noch offenen Antrag vom 11.6.2013 hinsichtlich des streitgegenständlichen Restbetrags entschieden.

3. Soweit man dieser Auffassung nicht folgen wollte, ergäbe sich ein Anspruch des Klägers auf weitere Beihilfe in Höhe von 3.270,35 € daraus, dass er Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne hätte, und in dem neuen Verfahren entsprechende Beihilfe zu gewähren wäre.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Behörde - auch wenn die in § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG normierten Voraussetzungen nicht vorliegen - ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen wiederaufgreifen und eine neue - der gerichtlichen Überprüfung zugängliche - Sachentscheidung treffen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). Diese Möglichkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 51 Abs. 5 i. V. m. §§ 48 und 49 VwVfG (vgl. etwa BVerwG vom 2.4.2014 Az. 2 B 9/12 m. w. N.). Die dort verankerte Ermächtigung der Behörden zum Erlass eines Zweitbescheids, der an die Stelle des ersten Bescheides tritt oder diesen inhaltlich ergänzt, ermöglicht die nachträgliche Korrektur inhaltlich unrichtiger Entscheidungen (BVerfG vom 27.9.2007 Az. 2 BvR 1613/07; BVerwG vom 28.4.2009 Az. 2 A 8.08; BVerwGE 101, 64/69 ff.). Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, kann also unter den Voraussetzungen der vorgenannten Rechtsnormen - grundsätzlich im weiten Ermessen der Behörde - auch dann erfolgen, wenn dieser bestandskräftig geworden ist.

b) Ein entsprechender Anspruch des Klägers auf Aufhebung des bestandskräftigen Bescheids vom 19.6.2013 und des bestandskräftigen Widerspruchsbescheids vom 25.9.2013 gemäß Art. 48 BayVwVfG ergäbe sich hier daraus, dass das Rücknahmeermessen der Beihilfestelle auf Null reduziert wäre. Die hier vorliegenden Umstände des Einzelfalls ließen nämlich eine Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Bescheide mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit als schlechthin unerträglich bzw. als Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen (vgl. BVerwGE 95, 86 ff.; 122, 103 ff.; BayVGH vom 29.11.2011 Az. 19 BV 11.1915; VG München vom 28.2.2014 Az. M 21 K 12.2290).

Der Bescheid vom 19.6.2013 setzt unstreitig eine zu geringe Beihilfe fest. Die Reduzierung des Betrags aus der Rechnung vom 24.5.2013 auf 70% war fehlerhaft, der Fehler stammt ausschließlich aus der Sphäre des Beklagten. Zu Unrecht hat die Behörde mit Widerspruchsbescheid vom 25.9.2013 auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG abgelehnt. Zur Überzeugung des Gerichts war der Kläger nämlich ohne Verschulden gehindert, die Widerspruchs- bzw. Klagefrist von einem Monat einzuhalten. Die Beihilfestelle hat nämlich durch ihren eigenen Fehler vereitelt, dass der Kläger die Fehlerhaftigkeit des Bescheids erkennen konnte. In nicht hinnehmbarer Weise stellt die Behörde jetzt an den über 70-jährigen Kläger höhere Anforderungen hinsichtlich der Nachprüfung des Beihilfebescheids als sie selbst an ihre Mitarbeiter stellt. Bei sorgfältiger Sachbehandlung hätte aber vorrangig die zuständige Sachbearbeiterin der Beihilfestelle erkennen können und müssen, dass die Rechnung vom 24.5.2013 bereits den auf die Beihilfe bezogenen Betrag enthält. Der Bescheid war nicht, wie bei einer Versagung oder Kürzung der Beihilfe üblich, mit einem entsprechenden Hinweis versehen, dass bzw. warum die geltend gemachten Aufwendungen nicht in vollem Umfang als beihilfefähig anerkannt werden. Der Kläger konnte daher davon ausgehen, dass - wie auch von der Sachbearbeiterin gewollt und so auch geschehen - eine Kürzung nicht vorgenommen worden ist. Die Sachbearbeiterin hätte hingegen bei gehöriger Aufmerksamkeit sofort erkennen können und müssen, dass die Rechnung vom 24.5.2013 bereits auf 70% reduziert war, nachdem dort in einer eigenen Spalte hinter jeder abgerechneten Einzelposition in Fettdruck 70% angegeben ist. Die Anmahnung von Nachprüfungspflichten beim Kläger, der damals auch gesundheitlich angeschlagen war, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in erster Linie die vom Beklagten zu vertretende oberflächliche Sachbearbeitung durch die Beihilfestelle zur Fehlerhaftigkeit des Bescheids geführt hat. Insoweit treten eventuelle Versäumnisse des Klägers in den Hintergrund. Aus Sicht eines billig und gerecht Denkenden hätte es sich der Beihilfestelle nach dem Schreiben des Klägers vom 27.8.2013 aufdrängen müssen, eigene Fehler zu korrigieren und hinsichtlich des noch ausstehenden Restbetrags Beihilfe zu gewähren, weil auch im umgekehrten Fall einer Überzahlung von der Möglichkeit nach Art. 48 BayVwVfG gebraucht gemacht worden wäre. Stattdessen hat die Beihilfestelle mit den nicht haltbaren formalen Gründen im Widerspruchsbescheid vom 25.9.2013 weiter versucht, eigene Defizite in der Sachbearbeitung zu verschleiern. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass der Kläger - aus objektiv nicht nachvollziehbaren Gründen - trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung gegen den Widerspruchsbescheid vom 25.9.2013 nicht rechtzeitig vorgegangen ist und erstmals wieder mit Anwaltsschreiben vom 16.6.2014, also fast neun Monate später, sein Korrekturbestreben weiterverfolgen lässt. Auf die versäumte Anfechtung des Widerspruchsbescheids kommt es zwar, wie oben ausgeführt, ohnehin nicht an. Der Beklagte muss sich insoweit aber jedenfalls entgegen halten lassen, dass - wie bei der Bescheidsrücknahme im Fall einer Überzahlung - dem Kläger die Jahresfrist nach Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG zugute kommen muss. Schließlich spricht auch die nicht unerhebliche Summe des streitgegenständlichen Betrags für den Kläger, während gegen den Beklagten spricht, dass er bei ordnungsgemäßer Sachbearbeitung ohnehin Beihilfe in dieser Höhe hätte erbringen müssen.

4. Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

5. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

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Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 02. Apr. 2014 - 2 B 9/12

bei uns veröffentlicht am 02.04.2014

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 1. November 2011, berichtigt durch Beschluss vom gleichen Tag,

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(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 1. November 2011, berichtigt durch Beschluss vom gleichen Tag, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 26 792,70 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf Grundsatzfragen und die Rüge von Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

1. Der 1962 geborene Kläger stand als Richter am Amtsgericht im Dienst des Landes Niedersachsen. Er wurde mit Ablauf des 31. August 2006 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er wendet sich gegen die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit in Höhe von 50 % seiner regelmäßigen Arbeitszeit für den davor liegenden Zeitraum ab 1. September 2005.

3

Im Februar 2005 beantragte der Kläger die Feststellung seiner (teilweisen) Dienstunfähigkeit. Nach Einholung amtsärztlicher Gutachten stellte der Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2005 die begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers zu 50 % der Arbeitszeit für die Zeit vom 1. September 2005 bis zum 31. August 2006 fest. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 1. November 2006 zurück, weil ein Widerspruchsverfahren gesetzlich ausgeschlossen sei. Ungeachtet dessen sei der Widerspruch auch in der Sache nicht begründet, weil mit der vom Kläger kritisierten Befristung der begrenzten Dienstfähigkeit nur zum Ausdruck gebracht werden solle, dass eine Überprüfung der gesundheitlichen Situation des Klägers nach Zeitablauf geboten erscheine; dies sei nicht Ausdruck der Annahme einer nur vorübergehenden Beeinträchtigung.

4

Die hiergegen gerichtete Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die für die Feststellung der begrenzten Dienstunfähigkeit erforderliche Dauerhaftigkeit gegeben sei. Der Amtsarzt sei in seinen Gutachten davon ausgegangen, dass der Kläger länger als ein Jahr lang, mithin dauerhaft, begrenzt dienstfähig sein werde. Der Amtsarzt habe dem Kläger mehrere Maßnahmen empfohlen und angeregt, nach Ablauf eines Jahres zu überprüfen, ob eine Erhöhung des Stundenumfangs in Betracht komme. Er habe damit gerade nicht die Wiederherstellung der vollen Verwendungsfähigkeit des Klägers nach einem Jahr in Aussicht gestellt. Der Ausgangsbescheid sei im Lichte des Widerspruchsbescheides auszulegen, der die erforderliche Bestimmtheit des Ausgangsbescheides herstelle. Dort heiße es, es sei von einer dauerhaften Beeinträchtigung des Klägers auszugehen. Demnach bedeute die Befristung lediglich, dass nach Ablauf der im Ausgangsbescheid genannten Frist der Umfang der begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers überprüft, nicht aber, dass der Kläger nach Fristablauf wieder in vollem Umfang beschäftigt werden sollte.

5

2. Der Rechtssache kommt nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

a) Kann ein Widerspruchsbescheid den Ausgangsbescheid auch dann umgestalten, wenn die Behörde den Widerspruch wegen gesetzlichen Ausschlusses des Vorverfahrens (hier: § 68 Abs. 1 Satz 2 erste Alt. VwGO i.V.m. § 192 Abs. 4 NBG) als unzulässig zurückweist und nur zusätzlich als obiter dictum Ausführungen zu dessen Unbegründetheit macht?

Oder bleibt die Behörde in diesem Fall an den Wortlaut des Ausgangsbescheids gebunden, ohne diesen nachträglich mit dem Widerspruchsbescheid inhaltlich ändern oder ergänzen zu können?

b) Ist die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit einer Befristung zugänglich?

Falls nein: Bewirkt eine unstatthafte Befristung die Rechtswidrigkeit des Feststellungs-Verwaltungsakts?

Oder fällt dann bloß der Ausspruch über die Befristung weg und bleibt der Feststellungsverwaltungsakt im Übrigen als unbefristet rechtmäßig?

c) Darf ein Gericht bei einem seinem Wortlaut nach objektiv mehrdeutigen ärztlichen Sachverständigengutachten sich selbst für eine Auslegung entscheiden und diese seinem Urteil zu Grunde legen?

Oder ist es nach dem Amtsermittlungsgrundsatz bzw. auf Anregung oder Antrag einer Partei gehalten, diese Mehrdeutigkeit durch Zeugenvernehmung des Sachverständigen aufzuklären?

Wie weit gehen in einem solchen Falle die Hinweis- und Dokumentationspflichten des Gerichts im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung?

6

Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfordert die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts sowie die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Rechtsfrage bestehen soll (vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328 m.w.N.).

7

Diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würden oder bereits anhand des Gesetzes und auf der Grundlage vorhandener Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden können.

8

a) Dies gilt zunächst für die Fragen zu a). Dabei geht der Senat - insoweit in Übereinstimmung mit beiden Beteiligten - davon aus, dass der vom Kläger eingelegte und so bezeichnete "Widerspruch" wegen des partiellen Ausschlusses des Vorverfahrens unzulässig war (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 erste Alt. VwGO, § 54 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG, § 192 Abs. 4 NBG). Aus diesem Grund ist der -als solcher bezeichnete - "Widerspruchsbescheid" nicht geeignet, den Inhalt des ursprünglichen Bescheides, soweit Zweifel bestehen, klarzustellen oder den durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt zu bestätigen.

9

Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagte habe den Ausgangsbescheid ergänzen können, erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig. Angesichts der insoweit klaren Rechtslage macht der Senat von der Möglichkeit, § 144 Abs. 4 VwGO entsprechend anzuwenden, aus prozessökonomischen Gründen Gebrauch (vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 1977 - BVerwG 4 B 13.77 - BVerwGE 54, 99 <100> und vom 10. Juni 2009 - BVerwG 2 B 26.09 - Rn. 8).

10

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Behörde - auch wenn die in § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (hier: i.V.m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) normierten Voraussetzungen nicht vorliegen - ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen wiederaufgreifen und eine neue - der gerichtlichen Überprüfung zugängliche - Sachentscheidung treffen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). Diese Möglichkeit findet ihre Rechtsgrundlage in § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48 und 49 VwVfG (vgl. Urteile vom 7. September 1999 - BVerwG 1 C 6.99 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 20 S. 16, vom 21. März 2000 - BVerwG 9 C 41.99 - BVerwGE 111, 77 <82> und vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 24; vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 47 Abs. 5 VwVfG-E§ 51 abs. 5 vwvfg> BTDrucks 7/910 S. 75). Die dort verankerte Ermächtigung der Behörden zum Erlass eines Zweitbescheides, der an die Stelle des ersten Bescheides tritt oder diesen inhaltlich ergänzt, ermöglicht die nachträgliche Korrektur inhaltlich unrichtiger Entscheidungen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. September 2007 - 2 BvR 1613/07 - NVwZ 2008, 418 <419>; BVerwG, Urteile vom 28. April 2009 - BVerwG 2 A 8.08 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 55 Rn. 16 ff. und vom 18. April 1996 - BVerwG 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <69 ff.>).

11

Dies ist jedenfalls in der hier gegebenen Fallkonstellation nicht zu beanstanden, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde identisch sind (nämlich das Justizministerium als oberste Landesbehörde), also keine Einschränkung der Prüfungs- oder Sachkompetenz der Behörde in Rede steht. Hiernach hat der Beklagte den Ausgangsbescheid dahingehend geändert, dass er die unbefristete Geltung der begrenzten Dienstfähigkeit klargestellt hat. Dies ist auch zum Streitgegenstand des Verfahrens geworden, da der Kläger ausweislich seines Antrags vor dem Berufungsgericht begehrt hat, den Ausgangsbescheid in der Fassung des Bescheides vom 1. November 2006 aufzuheben.

12

b) Die Fragen zu b) sind nicht entscheidungserheblich. Sie gehen an der tragenden Begründung des Berufungsurteils vorbei, wonach der Beklagte gerade keine Befristung der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit ausgesprochen hat. Daran wäre der Senat, da sie nicht mit erfolgreichen Verfahrensrügen angegriffen ist (siehe dazu unter 3.), in dem angestrebten Revisionsverfahren gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).

13

c) Die von der Beschwerde mit den Fragen zu c) angesprochene Pflicht der Tatsachengerichte zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen, in diesem Rahmen ein vorhandenes Sachverständigengutachten zu würdigen, ggf. dieses durch den Sachverständigen erläutern zu lassen oder ein weiteres Gutachten einzuholen, ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 98, § 125 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO) und ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in weiteren Einzelheiten geklärt (vgl. etwa Beschlüsse vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 f., vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - Rn. 4 ff., zuletzt vom 25. Februar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - Rn. 4 f. m.w.N.). Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. In Wahrheit zielt die Beschwerde mit den Fragen zu c) darauf, das Berufungsgericht habe die im Streitfall vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen fehlerhaft gewürdigt. Mit einer solchen Rüge (vermeintlich) fehlerhafter Rechtsanwendung im Einzelfall kann eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreicht werden.

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Die weiter angesprochenen gerichtlichen Hinweis- und Dokumentationspflichten ergeben sich ebenfalls aus dem Gesetz, zum einen aus § 86 Abs. 3 und § 104 Abs. 1 VwGO, zum anderen aus § 105 VwGO i.V.m. § 159 bis § 165 ZPO. Dabei bestimmt § 160 ZPO, welche Angaben das Protokoll über die mündliche Verhandlung zwingend enthalten muss bzw. in ihm festzustellen sind (Abs. 1 und Abs. 3). Darüber hinaus sind nach § 160 Abs. 2 ZPO die „wesentlichen Vorgänge" der Verhandlung aufzunehmen. Auch dieser Begriff ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. Beschlüsse vom 7. April 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - Buchholz 310 § 105 VwGO Nr. 58 Rn. 2, vom 28. November 2011 - BVerwG 9 B 53.11 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 70 Rn. 6 und zuletzt vom 24. September 2013 - BVerwG 2 B 42.13 - juris Rn. 6 m.w.N.). Die Beschwerde ist der Auffassung, wie sich aus ihren Ausführungen zur Verfahrensrüge ergibt, das Berufungsgericht hätte den Kläger darauf hinweisen (und im Protokoll dokumentieren) müssen, dass es beabsichtige, die erwähnten ärztlichen Stellungnahmen und die angefochtenen Bescheide in der Weise zu verstehen, wie dies im Berufungsurteil im Einzelnen dargelegt wird. Eine solche Pflicht, den Beteiligten vorab die (mögliche) Rechtsauffassung des Gerichts mitzuteilen, besteht indes nicht.

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3. Der von der Beschwerde gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2, § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 138 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.

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Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht hätte, nachdem es zuvor im Beschluss über die Zulassung der Berufung Zweifel an der Richtigkeit der im erstinstanzlichen Urteil vertretenen Deutung des Ausgangsbescheides geäußert hatte, den Kläger darauf hinweisen müssen, dass es von dieser Ansicht wieder abrücken wolle; da ein solcher Hinweis weder vor noch in der mündlichen Verhandlung erfolgt sei, liege ein Gehörsverstoß in Gestalt einer Überraschungsentscheidung vor. Dieser Vorwurf ist unberechtigt.

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Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 und § 104 Abs. 1 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zur umfassenden Erörterung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte. Insbesondere muss das Gericht die Beteiligten nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst auf Grund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1 Orientierungssatz 6 und S. 16; Beschluss vom 28. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 S. 2 m.w.N.). Etwas anders gilt allerdings dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf Anforderungen an den Sachvortrag oder auf sonstige rechtliche Gesichtspunkte stützen will, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>).

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Hieran gemessen liegt eine gehörsverletzende Überraschungsentscheidung nicht vor. Mit den von der Beschwerde angeführten Passagen aus dem Beschluss über die Zulassung der Berufung hatte das Berufungsgericht (lediglich) ernstliche Zweifel i.S.v. § 124a Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Deutung der angefochtenen Bescheide geäußert. Eine Festlegung dahingehend, dass auch die Berufungsentscheidung so ausfallen würde, ist damit regelmäßig nicht verbunden. Den vom Berufungsgericht im Zulassungsbeschluss thematisierten Gesichtspunkt hat der Beklagte sodann in der Berufungserwiderung aufgegriffen und vorgetragen, er sei in den angefochtenen Bescheiden - auf der Grundlage der eingeholten amtsärztlichen Stellungnahmen - von einer dauerhaften begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers ausgegangen; mit der (vermeintlichen) "Befristung" habe er allein zum Ausdruck bringen wollen, dass die Festsetzung des Arbeitsumfangs (nach den angefochtenen Bescheiden auf 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit) nach Ablauf dieser Zeit der Überprüfung bedürfe (Schriftsatz vom 26. Januar 2010, S. 4, 1. Absatz a.E.). Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat darauf erwidert und diese Ansicht explizit zurückgewiesen (Schriftsatz vom 16. Februar 2010). Damit war dieser Gesichtspunkt in einer Weise zum Prozessgegenstand gemacht worden, dass der Kläger bzw. sein neuer (wenige Wochen vor der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bestellter) Prozessbevollmächtigte im Sinne der vorstehend wiedergegebenen Maßstäbe damit rechnen musste, dass dies ein möglicher, entscheidungserheblicher Gesichtspunkt für die Berufungsentscheidung sein könnte. Darauf hatte er sich einzustellen.

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4. Keiner weiteren Erörterung bedürfen die weiteren, mit Schriftsatz vom 11. Mai 2012 erhobenen Rügen, und zwar ungeachtet dessen, dass sie erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) angebracht wurden. Für die darin geäußerte Vermutung, das Berufungsgericht habe vor seiner Nichtabhilfeentscheidung den Inhalt der (zwei Tage zuvor) eingegangenen Beschwerdebegründung nicht zur Kenntnis genommen und daher gegen § 133 Abs. 5 Satz 1 VwGO verstoßen, fehlt ebenso jeder Anhaltspunkt wie für die weitere Vermutung der Beschwerde, der Beklagte habe gezielten Einfluss auf die Besetzung des Senats des Berufungsgerichts genommen.

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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.