Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 22. Jan. 2019 - RN 5 S 19.34

bei uns veröffentlicht am22.01.2019

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 14.11.2018 des Antragsgegner wird hinsichtlich der Ziffern 1. und 2. des Bescheids wiederhergestellt und hinsichtlich Ziffer 4. des Bescheids angeordnet.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 7.500.- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen den Widerruf ihrer Gaststättenerlaubnis.

Der Antragstellerin wurde mit Bescheid vom 02.02.2015 die gaststättenrechtliche Erlaubnis zur Fortführung des Betriebs der Schank- und Speisewirtschaft „Vereinsheim … e.V.“ in …, …, …, erteilt.

Mit Schreiben vom 05.04.2018 teilte das Finanzamt Dingolfing dem Landratsamt Dingolfing-Landau mit, dass die Antragstellerin seit der Anmeldung des Gewerbes keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht habe. Es fehlen die Umsatzsteuervoranmeldungen 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018. Die Besteuerungsgrundlagen seien gemäß § 162 AO für die Zeiträume 2014 bis 2016 geschätzt worden. Weiter führt das Schreiben aus, dass keine freiwillige Zahlung erfolgt und die Vollstreckung im Wesentlichen erfolglos verlaufen sei. Die Zahlungen der Rückstände sei nur durch Zwangsmaßnahmen erreicht worden.

Auf telefonische Nachfrage erklärte das Finanzamt Dingolfing am 14.05.2018, dass aktuell keine Steuerrückstände bestünden, Steuererklärungen seien aber nicht eingereicht worden.

Mit Schreiben vom 18.05.2018 wurde der Antragstellerin im Rahmen einer Anhörung Gelegenheit gegeben, sich zum Sachstand zu äußern. Daraufhin sprach die Antragstellerin beim Landratsamt Dingolfing-Landau vor und erklärte, dass ein Steuerberater beauftragt werde, um die fehlenden Erklärungen anzufertigen und vorzulegen. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, mit dem Finanzamt abzuklären, welche Erklärungen noch fehlen und einen Vorlagetermin zu vereinbaren.

Mit Schreiben vom 11.07.2018 wurde der Antragstellerin letztmalig eine Frist bis 01.08.2018 gegeben, um die fehlenden Erklärungen dem Finanzamt Dingolfing vorzulegen und drohte für den Fall der Nichterfüllung den Widerruf der Gaststättenerlaubnis und die Anordnung der Schließung des Lokals an. Mit Schreiben vom 24.10.2018 teilte das Landratsamt Dingolfing-Landau der Antragstellerin mit, dass ihre Steuerrückstände derzeit (Stand 26.09.2018) 2309,43 € betragen würden und dass ein entsprechender Bescheid zum Widerruf der Gaststättenerlaubnis und Anordnung der Schließung des Lokals in Vorbereitung sei.

Mit Schreiben vom 24.10.2018 teilte das Finanzamt Dingolfing mit, dass weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Umsatzsteuer- und Einkommenssteuerjahreserklärungen abgegeben worden seien und sich die momentanen Steuerrückstände auf 2.694,43 € belaufen.

Mit Schreiben vom 05.11.2018 teilte die AOK Bayern mit, dass der Arbeitgeber … e.V. derzeit keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer gemeldet hat und deshalb keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Mit Schreiben vom 06.11.2018 teilte die IHK Niederbayern mit, dass keine Beitrags- oder sonstigen Zahlungsrückstände bestehen und auch sonst keine Informationen vorhanden sind, die auf eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit der Antragstellerin schließen lassen.

Mit Bescheid 14.11.2018 widerrief das Landratsamt Dingolfing-Landau die der Antragstellerin mit Bescheid vom 02.02.2015 erteilte Gaststättenerlaubnis (Ziffer 1). Weiterhin wurde der Antragstellerin für die Abwicklung der laufenden Geschäfte eine Frist bis zum 15.12.2018 eingeräumt. Nach Ablauf dieser Frist seien alle Tätigkeiten zu unterlassen, die den Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft darstellen und das Gewerbe sei bei der zuständigen Gemeinde abzumelden (Ziffer 2). Zudem wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 angeordnet (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Gewerbebetrieb nicht innerhalb der vorgenannten Frist eingestellt und bei der Gemeinde abgemeldet wird, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 € angedroht (Ziffer 4).

Der Bescheid wurde der Antragstellerin laut Postzustellungsurkunde am 22.11.2018 zugestellt. Der Bescheid wurde im Wesentlichen mit der Nichterfüllung steuerlicher Mitwirkungspflichten ab Beginn der gewerblichen Tätigkeit der Antragstellerin begründet. Die Antragstellerin habe nachhaltig folgende Verpflichtungen vernachlässigt: Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen, Abgabe der Umsatzsteuererklärungen, Abgabe der Einkommenssteuererklärungen und Entrichtung der fällig gewordenen Steuern. Zahlungen seien jeweils nur im Wege von Vollstreckungen erfolgt, wobei diese teilweise auch erfolglos verlaufen seien. Die Hartnäckigkeit, mit der die Antragstellerin ihre steuerlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten seit Aufnahme ihrer selbständigen gewerblichen Tätigkeit nicht erfülle, lasse darauf schließen, dass es ihr an dem für die Ausübung ihres Berufes erforderlichen Willen fehlt, die einer Gewerbetreibenden obliegenden öffentlich-rechtlichen Berufspflichten zu erfüllen.

Mit Schriftsatz vom 19.12.2018, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ die Antragstellerin Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben und begehrte zugleich einstweiligen Rechtsschutz.

Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, dass es zwar zutreffend sei, dass eine gewisse Nachlässigkeit bei der Erstellung von Voranmeldungen und Steuererklärungen gegeben gewesen sei. Festzustellen sei jedoch, dass die Rückstände in Höhe von ca. 2300 € beim Finanzamt Dingolfing nicht sonderlich hoch seien. Dies liege insbesondere daran, dass das Finanzamt Vorauszahlungen und Nachzahlungen jeweils geschätzt habe und die auf Basis der Schätzung ermittelten Beträge jeweils beigetrieben worden seien. Weitere Verbindlichkeiten bestünden nicht. Insbesondere seien sämtliche Beiträge zur Berufsgenossenschaft bezahlt. Die Antragstellerin habe unmittelbar nach Erhalt des Bescheides eine Steuerkanzlei beauftragt, sämtliche rückständige Voranmeldungen und Steuererklärungen zu erstellen und beim Finanzamt Dingolfing einzureichen. Die Angelegenheit werde deshalb in steuerlicher Hinsicht zu Beginn des Jahres 2019 in geordneten Bahnen verlaufen. Bis dorthin werden auch offene Beträge weggefertigt werden. Es liege zudem keine Hartnäckigkeit der Antragstellerin vor, steuerlichen Verpflichtungen nicht nachzukommen. Vielmehr sei die Antragstellerin neben ihrer beruflichen Tätigkeit und neben der Tätigkeit im Vereinsheim … mit der Pflege des körperlich gebrechlichen und demenzkranken Vaters beschäftigt gewesen. Seit dem Jahr 2015 habe die Antragstellerin ihn pflegen müssen. Dieses Situation habe sich durch den Tod des Vaters am 14. April 2018 bereinigt. Die Mutter der Antragstellerin müsste ebenso gepflegt werden, es bestehe Pflegestufe zwei. Der Antragstellerin habe aber eingesehen, dass sie diese Pflegeleistungen nicht erbringen können wird und habe deshalb einen Pflegeheim Platz für die Mutter beantragt, der voraussichtlich im Januar 2019 zur Verfügung stehen wird. Bis dorthin will der Sohn der Antragstellerin die Pflege der Mutter übernehmen. Die Nachlässigkeit der Antragstellerin sei aufgrund temporärer Überlastung entstanden. Da die Belastungssituation beseitigt sei, könne die Antragstellerin ihren Verpflichtungen als Gewerbetreibende uneingeschränkt nachkommen. Die Antragstellerin ziehe einen wesentlichen Bestandteil des Unterhalts für beide Kinder aus der Tätigkeit in der Gastwirtschaft. Eine Untersagung der Tätigkeit im Vereinsheim sei deshalb existenzvernichtend. Die Antragstellerin habe sich ansonsten seit Beginn des Gewerbes am 31.07.2014 beanstandungsfrei verhalten, insbesondere die Gaststätte ohne jegliche gewerberechtliche Vergehen geführt. Vor diesem Hintergrund könne es verantwortet werden, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Antragstellerin beantragt,

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 14.11.2018 des Beklagten wird angeordnet.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner trägt vor, dass der Antragstellerin wiederholt rechtliches Gehör in schriftlicher Form gewährt worden sei. Die Antragstellerin habe sich trotz Fristsetzungen und wiederholten Fristverlängerungen bis heute in schriftlicher Form nicht geäußert und die mündlich zugesagten Vorlagetermine für die fehlenden Steuererklärungen bzw. Begleichung der offenen Steuern nicht eingehalten. Zusätzlich sei die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.10.2018 vorsorglich auf den bevorstehenden Erlaubniswiderruf hingewiesen und aufgefordert worden, ihren Verpächter entsprechend zu unterrichten und keine Terminvereinbarungen für Weihnachtsfeiern, etc. zu treffen. Auch dieses Schreiben sei von der Antragstellerin unbeachtet geblieben. Sie habe weder ihren Verpächter über die bevorstehende Lokalschließung benachrichtigt, noch habe sie diese letzte Möglichkeit wahrgenommen, ihren Verpflichtungen nachzukommen und den Erlaubniswiderruf noch abzuwenden. Es stehe nachweislich fest, dass die Antragstellerin nicht nur vereinzelt Steuererklärungen nicht oder verspätet abgegeben habe, sondern konsequent seit Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit am 01.07.2014 keine einzige Umsatzsteuervoranmeldung, keine Umsatzsteuererklärung und auch keine Einkommensteuererklärung abgegeben habe. Sämtliche Aufforderungen und Fristsetzungen des Finanzamts seien ignoriert worden. Letztendlich haben seit 01.07.2014 sämtliche Einnahmen der Antragstellerin geschätzt werden müssen. Ebenso wenig sei die Antragstellerin während des gesamten Zeitraumes ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt nachgekommen. Es seien nie freiwillige Zahlungen erfolgt, die fälligen Steuern haben stets im Rahmen aufwändiger Vollstreckungsmaßnahmen beigetrieben werden müssen. Insofern müsse von einer hartnäckigen Verletzung der steuerlichen Zahlungs- und Mitwirkungspflicht gesprochen werden. Dieses Verhalten könne nicht mehr nur als „gewisse Nachlässigkeit“ eingestuft werden. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass die dauernde Verletzung steuerrechtlicher Verpflichtungen die Unzuverlässigkeit nach § 35 Gewerbeordnung begründe. Die Entrichtung von Steuern gehöre ebenso wie die Abgabe von Steuererklärungen zu den vordringlichsten Pflicht eines jeden selbständigen Gewerbetreibenden. Von besonderer Bedeutung sei hierbei, dass es sich bei den Rückständen von der Antragstellerin auch um nicht abgeführte Umsatzsteuer handele. Die Nichtabführung der offen ausgewiesenen und für den Staat vereinnahmten Umsatzsteuer wiege besonders schwer, denn hierbei handele es sich um Beiträge, die treuhänderisch nur bis zum jeweiligen Fälligkeitstermin einbehalten und nicht für andere Zwecke verwendet werden dürfen. Öffentliche Vermögensträger seien auf den pünktlichen Eingang der Beiträge und Steuern angewiesen, um den ihnen vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit genügen zu können. Sie können nicht darauf verwiesen werden, ihre Forderungen ständig im Wege meist langwieriger Vollstreckungsmaßnahmen beizutreiben, wobei jedes Mal ungewiss sei, ob die Beitreibungsmaßnahmen zum Erfolg führen werden. Die mangelnde Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Betriebsführung zeige sich weiter schon zu Beginn der gewerblichen Tätigkeit der Antragstellerin, als diese den Betrieb des Lokales erst am 24.07.2014 rückwirkend zum 01.07.2014 bei der Stadt Dingolfing angemeldet habe und der dortigen Aufforderung zur unverzüglichen Beantragung der Gaststättenerlaubnis nicht nachgekommen sei. Dies sei erst nach Einleitung eines Bußgeldverfahrens am 31.07.2014 geschehen. Von einem zuverlässigen Gewerbetreibenden werde aber erwartet, dass er sich rechtzeitig vor Beginn einer gewerblichen Tätigkeit um die erforderlichen Anmeldungen und Erlaubnisse kümmere. Zwar habe es sich zum Zeitpunkt des Erlaubniswiderrufs um einen vergleichsweise niedrigen offenen Betrag von ca. 2300 € gehandelt. Jedoch habe dieser Betrag immer je nach Stand der jeweils erforderlichen Schätzungen und Erfolg der Vollstreckungsmaßnahmen durch das Finanzamt erheblich geschwankt und sei zwischendurch auch höher gelegen. Mittlerweile sei der Betrag wieder auf 3000 € angewachsen, nachdem zwischenzeitlich weitere Vollstreckungen durchgeführt worden seien, gleichzeitig jedoch die Umsatzsteuer für das 4. Quartal 2018 fällig geworden sei. In diesem Zusammenhang stelle sich zudem die Frage, warum die Antragstellerin diesen „niedrigen Betrag“ nicht zumindest bei Einleitung des Widerrufsverfahrens freiwillig beglichen habe, um den drohenden Erlaubniswiderruf noch abzuwenden. Genauso wenig erkläre sich, warum die für Jahresbeginn 2019 angekündigte Zahlung des Steuerrückstandes bislang immer noch nicht erfolgt sei, zumal das Lokal seit 15.12.2018 geschlossen sei und die Antragstellerin auch die Pflege ihrer Mutter dem Sohn übertragen habe. Damit sollte sie so viel zeitlichen Spielraum gewonnen haben, um sich um ihre steuerlichen Verpflichtungen zu kümmern und zumindest eine Überweisung tätigen zu können. Laut Auskunft des Finanzamts habe sich die Antragstellerin oder das Steuerbüro jedoch bis dato noch nicht einmal mit dem Finanzamt in Verbindung gesetzt, um die Höhe des aktuellen Rückstandes zumindest zu erfragen. Allein dieses Verhalten zeige, dass die Antragstellerin an der Entrichtung der offenen Steuerbeträge und künftig ordnungsgemäßen Betriebsführung nicht ernsthaft interessiert sei. Gerade im Hinblick auf das anhängige Klageverfahren wäre ein kooperativeres Verhalten von der Antragstellerin spätestens jetzt zu erwarten gewesen. Allein aufgrund dieser Tatsachen könne die Aufhebung des Sofortvollzugs nicht befürwortet werden, da sich bereits jetzt deutlich abzeichne, dass die Antragstellerin auch weiterhin nicht ernsthaft bemüht sei, ihren steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen und diese bei einem eventuellen Weiterbetrieb wie bisher vernachlässigen wird. Inwieweit die Antragstellerin mit der Pflege ihres Vaters tatsächlich belastet gewesen sei, vermöge von Antragsgegnerseite nicht beurteilt werden, erscheine aber in diesem Zusammenhang auch nicht relevant. Denn es erkläre nicht, warum die Antragstellerin keinen Steuerberater mit der Wahrnehmung der steuerlichen Verpflichtungen zur eigenen Entlastung beauftragt habe und auch keine freiwilligen Zahlungen an das Finanzamt geleistet habe. Trotz der genannten Überlastung habe die Antragstellerin schließlich alle übrigen Zahlungen offenbar leisten können, nachdem laut des Bevollmächtigten der Antragstellerin keine weiteren offenen Forderungen bestehen sollen. In der Rechtsprechung sei zudem anerkannt, dass selbst von einem Gewerbetreibenden nicht zu vertretende Umstände diesen nicht von seinen gesetzlichen Verpflichtungen, wozu auch die steuerlichen Verpflichtungen eines Gewerbetreibenden gehören, befreien. Die Tatsache, dass der Betrieb des Vereinslokals für die Antragstellerin von existenzieller Bedeutung sei, sei bei der Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nachrangig. Vielmehr stelle sich die Frage, warum die Antragstellerin trotz der existenziellen Bedeutung des Lokales ihre steuerlichen Verpflichtungen so nachhaltig verletzt habe. Der Behauptung, die Antragstellerin habe den Gewerbebetrieb beanstandungsfrei geführt, widerspreche allein schon die Tatsache, dass sie seit Betriebsbeginn ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei und somit grundlegende unternehmerische Verpflichtungen grob vernachlässigt habe.

Nach gerichtlicher Anfrage teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 17.01.2019 mit, dass Anfang Januar 2019 die Umsatzsteuer für das 4. Quartal 2018 fällig gewesen sei und sich die Rückstände dadurch aktuell auf rund 3.000 € erhöht haben. Eine von der Antragstellerin angekündigte Zahlung sei bislang nicht erfolgt. Seit der Zustellung des Erlaubniswiderrufs habe sich weder die Antragstellerin noch ihr Steuerberater mit dem Finanzamt bezüglich der aktuellen Rückstandshöhe und evtl. Zahlungsvereinbarungen in Verbindung gesetzt. Die Kontaktaufnahme mit der Antragstellerin habe jeweils über Außendienstmitarbeiter des Finanzamtes erfolgen müssen, Zahlungen seien grundsätzlich nur über den Vollstreckungsbeamten des Finanzamtes in Form von Pfändungen erfolgt, wobei die Antragstellerin jeweils schwer anzutreffen gewesen sei und damit mehrere Ortstermine erforderlich gewesen seien. Deshalb seien viele der Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos verlaufen. Mit E-Mail vom 17.01.2019 teilte der Antragsgegner zudem mit, dass die erste Vollstreckungsmaßnahme gegen die Antragstellerin am 26.11.2015 eingeleitet worden sei. Nachdem insgesamt fünf Vollstreckungsmaßnahmen durch den Vollziehungsbeamten des Finanzamtes erfolglos verlaufen seien, sei man zu Lohn- und Kontopfändungen übergegangen, wobei immer wieder Beträge in unterschiedlicher Höhe gepfändet werden konnten. Zudem habe im April 2018 eine Durchsuchung der Wohnräume stattgefunden, wobei allerdings keine verwertbaren Gegenstände vorgefunden worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag hat Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Ein solcher Antrag ist begründet, wenn das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, die Vollziehung bis zu einer Entscheidung über seinen Rechtsbehelf hinauszuschieben, nicht überwiegt. Im Rahmen dieser Abwägung kommt den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs, wie sie sich aufgrund der im Eilverfahren gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung der Aktenlage darstellen, maßgebliches Gewicht zu, soweit ein Obsiegen eines der Beteiligten wahrscheinlicher ist als sein Unterliegen. Dem Antrag ist daher statt zu geben, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes kann kein vorrangiges öffentliches Interesse bestehen. Umgekehrt ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig und seine Vollziehung eilbedürftig ist.

Vorliegend müssen die Erfolgsaussichten der Klage bei summarischer Prüfung sowohl hinsichtlich des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis nach § 15 Abs. 2 GastG als auch - davon abhängig - der Untersagung gemäß § 31 GastG i.Vm. § 15 Abs. 2 GewO als offen angesehen werden. Die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts gegenüber dem privaten Interesse der Antragstellerin, die Vollziehung bis zu einer Entscheidung über ihren Rechtsbehelf in der Hauptsache hinauszuschieben, geht - insbesondere unter Beachtung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG - zu Lasten des Antragsgegners aus.

1. Zu beachten ist vorliegend, dass die Höhe der Steuerschulden im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. März 1973 - I C 36.71 -, BVerwGE 42, 68-71 RN. 25) des Bescheidserlasses am 14.11.2018 mit 2694,43 € sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung der Antragstellerin als noch nicht so erheblich angesehen werden kann, um die Annahme einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit allein aufgrund der Höhe Steuerschuld rechtfertigen zu können. Weitere Zahlungsrückstände etwa bei der AOK Bayern oder bei der IHK Niederbayern bestanden nicht.

Zwar kann auch allein die Nichtabgabe von Steuererklärungen bereits für sich eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit begründen, jedoch nur, wenn die Erklärungen trotz Erinnerung hartnäckig über längere Zeit nicht abgegeben werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 05. Oktober 2018 - 22 CS 18.1795 -, Rn. 21, juris). Dies bedarf der näheren Klärung im Hauptsacheverfahren, insbesondere stellt sich diesbezüglich die Frage, ob und wenn ja, wie oft das Finanzamt die Antragstellerin zur Abgabe der Steuererklärungen aufgefordert hat und ob ggf. bereits Zwangsmaßnahmen wegen der Nichtabgabe der Steuererklärungen gegen die Antragstellerin verhängt worden sind.

2. Unabhängig von der Frage der Erfolgsaussichten der Hauptsache und damit der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheids setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis nach § 15 Abs. 2 GastG sowie der Untersagung gem. § 31 GastG i.Vm. § 15 Abs. 2 GewO im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG zudem voraus, dass eine weitere Berufstätigkeit während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (BayVGH, B.v. 28.04.2014 - 22 CS 14.182 -, Rn. 19, juris; BayVGH, B.v. 3.5.2013 - 22 CS 13.594 - juris, m.w.N.; BVerfG, B.v. 12.8.2003 - 1 BvR 1594/03 - NJW 2003, 3617).

Hierzu ist zwar auch die Erfüllung wesentlicher steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten zu rechnen (vgl. BayVGH, B.v. 25.11.2009 - 22 CS 09.2360 -, Rn. 6, juris). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof betonte in seiner Entscheidung vom 05.10.2018 (Az.: 22 CS 18.1795, Rn. 24, juris) jedoch nochmals ausdrücklich den Ausnahmecharakter der Anordnung der sofortigen Vollziehung und bejahte eine solche „konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter“ dann, wenn sich der Schuldenstand binnen weniger Monaten sehr deutlich erhöht hat; im konkreten Fall ging es um eine anfängliche Steuerschuld in Höhe von 38.640,30 €, die sich innerhalb eines halben Jahres auf 58.469,29 € und damit um fast 20.000 € erhöht hat. Hierzu führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wie folgt aus:

„In einer solchen Konstellation erscheint es ausnahmsweise gerechtfertigt, die weitere Ausübung des Gaststättengewerbes bereits während des laufenden Hauptsacheverfahrens zu unterbinden, um voraussichtliche massive Zahlungsausfälle bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern abzuwenden.“

Eine „solche Konstellation“ ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Mitteilung des Finanzamtes Dingolfing vom 05.04.2018 bestanden gar keine Steuerrückstände der Antragstellerin. Im September 2018 betrugen die Zahlungsrückstände der Antragstellerin 2309,43 €, im Oktober 2018 2694,43 €. Nachdem zwischenzeitlich wohl weitere Vollstreckungen durchgeführt wurden, jedoch gleichzeitig die Umsatzsteuer für das 4. Quartal fällig wurde, beläuft sich die Steuerschuld der Antragstellerin derzeit auf ca. 3.000 €. Der vorliegende Fall weicht damit sowohl in der absoluten Höhe der Steuerschuld als auch in der Spanne der Erhöhung deutlich von dem soeben zitieren Fall ab.

Darüber hinaus konnten durch Lohn- und Kontopfändungen in der Vergangenheit, zuletzt augenscheinlich auch nach Erlass des Bescheides Ende 2018, immer wieder Geldbeträge von der Antragstellerin zur (zumindest teilweisen) Begleichung der Steuerschuld eingezogen werden. Dies kann der Antragstellerin zwar nicht im Rahmen der (Un-)Zuverlässigkeitsprognose zugutekommen, da von einem zuverlässigen Gewerbetreibenden erwartet werden kann und muss, dass er seine Steuerforderungen freiwillig begleicht. Die jedoch zumindest zum Teil erfolgreich verlaufenden Lohn- und Kontopfändungen tragen aber - neben der eher geringen Höhe der Steuerschulden und deren bereits dargestellten Entwicklung - dazu bei, dass eine konkrete Gefahr im Hinblick auf „voraussichtliche massive Zahlungsausfälle bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern“ wie in dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fall vorliegend nicht angenommen werden kann.

Eine „konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter“ kann sich vorliegend auch nicht allein aus der Nichtabgabe von Steuervoranmeldungen und Steuererklärungen mit der Folge der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO ergeben, da es in diesen Fällen in der Regel ermessensgerecht ist, wenn sich das Finanzamt bei steuererhöhenden Besteuerungsgrundlagen an der oberen, bei steuermindernden Besteuerungsgrundlagen an der unteren Grenze des Schätzungsrahmens ausrichtet (vgl. BFH, Urt. v. 18.12.1984 - VIII R 195/82, BStBl II 1986, 226; v. 20.12.2000 - I R 50/00, BStBl II 2001, 381). Zwar dürfen vom Finanzamt keine „Strafschätzungen“ durchgeführt werden, in aller Regel wird die im Rahmen einer Schätzung nach § 162 AO festgesetzte Steuerschuld bei Anwendung des soeben genannten Ermessensspielraums aber zumindest nicht geringer sein als die nach Abgabe von Steuererklärungen ermittelte tatsächliche Steuerschuld.

Da nach alledem im vorliegenden Fall keine „konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter“ im Sinne der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof angenommen werden kann, gebietet jedenfalls die Berufsfreiheit der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Ziffern 1. und 2. des Bescheids des Antragsgegners vom 14.11.2018.

3. Da damit seitens des Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Grundverwaltungsakt wiederhergestellt wird, fehlt die Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG, sodass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes nach Art. 21a Satz 1 VwZVG sofort vollziehbare Androhung des Zwangsgelds in Ziffer 4. des Bescheids anzuordnen war.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, da der Antragsgegner unterlegen ist.

5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Nach Nr. 54.2.1 beträgt der Streitwert 15.000 Euro. Im Eilverfahren war dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Okt. 2018 - 22 CS 18.1795

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt. Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Apr. 2014 - 22 CS 14.182

bei uns veröffentlicht am 28.04.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt. Gründe

Referenzen

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes ist zurückzunehmen, wenn bekannt wird, daß bei ihrer Erteilung Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 vorlagen.

(2) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 rechtfertigen würden.

(3) Sie kann widerrufen werden, wenn

1.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt ändert, andere als die zugelassenen Räume zum Betrieb verwendet oder nicht zugelassene Getränke oder Speisen verabreicht oder sonstige inhaltliche Beschränkungen der Erlaubnis nicht beachtet,
2.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Auflagen nach § 5 Abs. 1 nicht innerhalb einer gesetzten Frist erfüllt,
3.
der Gewerbetreibende seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter betreiben läßt,
4.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Personen entgegen einem nach § 21 ergangenen Verbot beschäftigt,
5.
der Gewerbetreibende im Fall des § 4 Abs. 2 nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Berufung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
6.
der Gewerbetreibende im Fall des § 9 Satz 3 nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Stellvertreters den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
7.
die in § 10 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Weiterführung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringen.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 Nr. 1, 2 und 4 gelten entsprechend für die Rücknahme und den Widerruf der Stellvertretungserlaubnis.

Auf die den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegenden Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetz besondere Bestimmungen getroffen worden sind; die Vorschriften über den Arbeitsschutz werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

(1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige.

(2) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben, so kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden. Das gleiche gilt, wenn ein Gewerbe von einer ausländischen juristischen Person begonnen wird, deren Rechtsfähigkeit im Inland nicht anerkannt wird.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des vom Antragsgegner verfügten Widerrufs einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis und der Untersagung der Fortführung des Gaststättenbetriebs.

Mit Bescheid vom 17. Mai 2018 widerrief das Landratsamt C … eine der Antragstellerin unter dem 8. April 2016 erteilte gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft (Nr. 1 des Bescheides). Weiter wurde ihr unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 1.000 Euro (Nr. 4) die Fortführung dieses Betriebs ab dem 30. Juni 2018 untersagt (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3).

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, das Finanzamt C… habe erstmals mit Schreiben vom 30. Januar 2018 mitgeteilt, dass die Antragstellerin seit der Anmeldung des Gewerbes „Schank- und Speisewirtschaft mit Freisitzfläche“ am 15. Januar 2016 bereits hohe Steuerrückstände angesammelt habe und dass mindestens seit dem Jahr 2015 keine Steuererklärungen abgegeben würden. Der Rückstand zum 4. Mai 2018 habe 47.285,79 Euro betragen, die letzte Zahlung habe sie am 16. November 2017 in Höhe von 119 Euro geleistet. Bei der AOK C… hätten zum 8. März 2018 Zahlungsrückstände in Höhe von 21.640,04 Euro bestanden, die letzte Zahlung sei am 22. Januar 2018 in Höhe von 99,82 Euro erfolgt. Bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See habe sie laut Schreiben vom 7. März 2018 Rückstände in Höhe von 9.220,56 Euro gehabt. Am 21. Januar 2017 habe das Amtsgericht Regensburg zwei Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren der AOK C… und der Deutschen Rentenversicherung mangels Masse abgelehnt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 GastG für einen Widerruf der gaststättenrechtlichen Erlaubnis seien erfüllt. Die Antragstellerin schulde dem Antragsgegner 47.285,79 Euro (Stand 4.5.2018) an Abgaben, die aus dem Betrieb ihres Gewerbebetriebs herrührten. Zu den Pflichten eines zuverlässigen Gewerbetreibenden gehöre die vollständige und pünktliche Zahlung von Steuern. Umsatzsteuer-Voranmeldungen seien für die Monate Januar 2016 bis November 2017 nicht fristgerecht eingereicht worden. Für das Jahr 2016 seien die Umsatzsteuer-Voranmeldungen erst nach erfolgter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen eingereicht worden. Für den Zeitraum Januar 2017 bis November 2017 lägen bis heute noch keine Umsatzsteuer-Voranmeldungen vor. Lohnsteueranmeldungen seien seit Oktober 2017 nicht mehr eingereicht worden. Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2015 und 2016 seien trotz mehrmaliger Aufforderung nicht eingereicht worden, sodass auch hier die Besteuerungsgrundlagen hätten geschätzt werden müssen. Beitreibungsversuche des Finanzamtes C… hätten im Wesentlichen keinen Erfolg gebracht. Die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen lasse nicht nur auf wirtschaftliche Schwierigkeiten schließen, sondern auch auf die Neigung, diese Schwierigkeiten unter Verletzung der Rechtsordnung zu lösen. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens habe die Antragstellerin keinen Weg zur Begleichung ihrer Schulden und auch kein sinnvolles und erfolgversprechendes Sanierungskonzept nachgewiesen. Das Verbot der Fortführung des Gaststättenbetriebs stützte sich auf § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung solle verhindern, dass die Antragstellerin die bei der Ausübung des Gewerbes entstehenden Verbindlichkeiten weiterhin unberücksichtigt lasse und dadurch sich selbst und die Allgemeinheit in unzumutbarer Weise schädige. Des Weiteren könne nicht zugewartet werden, bis dieser Bescheid Rechtskraft erlangt habe. Das Landratsamt müsse in die Lage versetzt werden, selbst bei Einlegung eines Rechtsbehelfs behördliche Maßnahmen zu ergreifen. Ansonsten würde dieser Widerruf der Erlaubnis nach § 2 GastG unterlaufen. Bei der Interessenabwägung sei dem öffentlichen Interesse ein weit höherer Stellenwert zuzuordnen als dem rein wirtschaftlichen Interesse des Betreibers. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis erscheine im vorliegenden Fall unter Sofortvollzug als das einzig wirksame Mittel, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Allgemeinheit in Zukunft wirksam zu verhindern.

Die Antragstellerin erhob am 18. Juni 2018 Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 17. Mai 2018 (Az. RO K 18.916) und beantragte am 29. Juni 2018 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Mit Beschluss vom 9. August 2017 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg diesen Antrag ab. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei nicht bereits formell rechtswidrig, weil die Antragstellerin zur Vollzugsanordnung nicht angehört worden sei. Des Weiteren erfülle die Begründung des Sofortvollzugs die notwendigen Voraussetzungen aus § 80 Abs. 3 VwGO. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis und die Untersagung der Fortführung des weiteren Betriebs der Gaststätte stellten sich nach summarischer Prüfung als materiell rechtmäßig dar. Auch die besondere Bedeutung der Berufsfreiheit führe im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis setze im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraus, dass eine weitere Fortführung des Gaststättenbetriebs während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lasse. Hierzu sei auch die Erfüllung wesentlicher steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten zu rechnen. Die Feststellung solcher Gefahren auch für die Dauer des Rechtsstreits sei den Geschehnissen nach Erlass des Bescheides zu entnehmen. Die Lage der Antragstellerin habe sich seit der Anhörung bzw. seit Erlass des Bescheides in keiner Weise geändert. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sei kein tragfähiges Sanierungskonzept vorgelegt wurden. Nicht nachvollziehbar sei, warum dies bisher immer noch nicht geglückt sei. Die Antragstellerin habe selbst vorgetragen, dass sie nach ihrer Genesung wieder in den Betrieb habe zurückkehren und dadurch seit November 2017 alleine durch diesen Effekt eine sukzessive Kosteneinsparung von monatlich ca. 5.000 Euro erreichen können. Daher hätte die Antragstellerin bereits Ende des Jahres 2017 auf die Behörden zugehen, einen Steuerberater einschalten und insofern ein Sanierungskonzept erarbeiten und Tilgungsvereinbarungen treffen können. Die Zahlungsrückstände hätten sich seit Erlass des Bescheides noch weiter erhöht. So seien nach Auskunft des Antragsgegners die Steuerrückstände mittlerweile auf 58.469,29 Euro angewachsen. Auch bei der Knappschaft Bahn-See hätten sich die Zahlungsrückstände zwischenzeitlich auf 12.179,88 Euro erhöht.

Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt und beantragt,

den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und dem Eilantrag stattzugeben.

Das öffentliche Interesse überwiege ganz offensichtlich nicht das private Interesse der Antragstellerin am Erhalt der eigenen beruflichen und wirtschaftlichen Existenz, das Verfassungsrang genieße. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei bereits formell rechtswidrig, da jedenfalls die Begründung der Anordnung nicht trage und die Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO nicht erfüllt seien. Die Begründung führe nicht den Ausnahmecharakter vor Augen, sondern beschränke sich nahezu auf formelhafte Erwägungen. Der Antragsgegner habe nicht darlegen können, dass die Antragstellerin auch ganz aktuell Zahlungsaufforderungen nicht nachkomme, sondern habe sich auf die Vergangenheit beschränkt, mithin die Phase der Krankheit der Antragstellerin. Auch werde im Vergleich mit dem Sofortvollzug an überhaupt keine milderen Mittel gedacht, um in Zukunft die Allgemeinheit zu schützen. Hier sei etwa die Vorlage eines monatlichen Zahlungsnachweises ohne weiteres denkbar und effektiv zur Zielerreichung. Der Hinweis in der Beschlussbegründung auf die „Gruppentypisiertheit“ der Begründung der Vollzugsanordnung gehe vorliegend ganz offensichtlich fehl, da die typische Vergleichsgruppe Gastronomiebetriebe seien, die nach und nach zahlungsunfähig würden, dies auch aktuell seien und in der typischen Situation nicht darlegen könnten, dass sie Auslastung hätten und der Betrieb (wieder) gut laufe, wie vorliegend erfolgt. Das Verwaltungsgericht habe auch nicht gewürdigt, dass der Antragsgegner außen vor gelassen habe, dass eine Besserung der Situation bereits ersichtlich gewesen sei und ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorgelegt werden könnte. Die Antragstellerin habe ausdrücklich auf die noch nötige Suche nach einem Steuerberater hingewiesen, was nach der Rechtsprechung hätte gewürdigt werden müssen. Auch seien zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung nachvollziehbar keine laufenden, weiteren Steuerschulden aufgebaut worden, was zu einer zwingenden „Besserungsprognose“ hätte führen müssen. Dies, die nachvollziehbaren Auslastungszahlen des Hotels und die bei der Behörde bekannten auszurichtenden Großveranstaltungen und in Zusammenhang damit die Kenntnis von der Krankheit der Antragstellerin in der Vergangenheit - aber nicht mehr aktuell - hätten zu diesem Schluss führen müssen, nicht die typisierende Annahme einer insolvent werdenden Gastronomie, die an sich schlecht laufe. Das Verwaltungsgericht habe auch die besondere Bedeutung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verkannt. Nur bei ganz konkret bestehenden Gefahren für die Allgemeinheit hätte sich das Verwaltungsgericht mit einer „Negativprognose“ über diese verfassungsrechtliche Hürde hinwegsetzen können. Vorliegend werde zu einer konkreten Gefahr für die Zukunft jedoch nicht ausgeführt. Eine aktuelle Erhöhung der Steuerrückstände der Antragstellerin sei nur zu verzeichnen gewesen, weil diese auf Steuerschätzungen beruht habe, die aber nicht zu halten sein würden, wenn der neu beauftragte Steuerberater nun die konkreten nachbereiteten Zahlen für die Vergangenheit, die aktuellen Zahlen für die Gegenwart und künftige anstehende Vorauszahlungen nachreiche. Für die Vorlage eines umfangreichen Sanierungskonzepts sei im Eilverfahren auch nicht die seitens des Steuerberaters benötigte Zeit gelassen worden. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die eine Existenzvernichtung bedeuten würde, könne daher keinen Bestand haben.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die von der Antragstellerin angeführten Gründe würden keinen Anlass für eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses geben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Aus den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründen, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts.

1. Die Antragstellerin meint zunächst, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer ausreichenden Begründung des Sofortvollzugs ausgegangen. Sie macht geltend, es sei zu berücksichtigen gewesen, dass sie nur in der Vergangenheit Zahlungsaufforderungen nicht nachgekommen sei, mildere Mittel gegenüber der Betriebsschließung zur Verfügung stünden und ihr Betrieb nicht wie andere Gastronomiebetriebe zahlungsunfähig werde.

Das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck S. 9) ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Begründung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 3 VwGO grundsätzlich auf den konkreten Einzelfall abstellen muss und sich nicht mit „formelhaften“ Erwägungen begnügen darf. Es hat weiter (Beschlussabdruck S. 10) auf die Erwägung des Antragsgegners hingewiesen, wonach durch die Anordnung des Sofortvollzugs verhindert werden solle, dass die Antragstellerin die bei der Ausübung des Gewerbes entstehenden Verbindlichkeiten weiterhin unberücksichtigt lasse und dadurch sich selbst und die Allgemeinheit in unzumutbarer Weise schädige. Zwar enthalte die Begründung auch „formelhafte“ Passagen; diese seien aber deshalb unschädlich, weil der Widerruf der Gaststättenerlaubnis wegen steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Rückstände ein typisierter Fall sei, der in der Verwaltungspraxis oft auftrete und deshalb auch eine „gruppentypisierte“ Begründung ausreichend sei.

Aus den Darlegungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, inwieweit die vom Verwaltungsgericht wiedergegebenen einzelfallbezogenen Begründungselemente nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügen sollten und eine Begründung nicht auch typisiert erfolgen kann, wenn wie hier eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit wegen erheblichen Zahlungsrückständen bei dem Finanzamt und bei Sozialversicherungsträgern (bei gleichzeitigem Fehlen eines Sanierungskonzeptes) angenommen wird. Der Hinweis der Antragstellerin auf derzeit vorhandene „Auslastung“ ist demgegenüber schon mangels eines Sanierungskonzeptes (dazu unten 2.) und entsprechender Belege unbehelflich und legt gerade nicht ein Herausfallen aus der Typisierung nahe. Ob die zur Begründung der Vollzugsanordnung angeführten Umstände im vorliegenden Fall zutreffen, ist keine Frage der formellen Begründungspflicht nach § 80 Abs. 3 VwGO, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist.

2. Die Antragstellerin wendet weiter gegen die Bewertung als gewerberechtlich unzuverlässig im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG sinngemäß ein, die Prognose, sie würde derzeit und in Zukunft ihren öffentlich-rechtlichen Steuer- und Beitragspflichten nicht nachkommen, sei nicht gerechtfertigt. Sie stellt allerdings die Bewertung des Verwaltungsgerichts (Beschlussabdruck S. 12) nicht in Frage, wonach zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses allein die Steuerschulden der Antragstellerin mit über 40.000 Euro bereits so hoch gewesen sind, dass sie sowohl nach der absoluten Höhe, als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung der Antragstellerin von enormem Gewicht sind. Gleichermaßen zieht sie die verwaltungsgerichtliche Feststellung nicht in Zweifel, dass die Zahlungsrückstände nach Auskunft des Finanzamtes C… seit Anmeldung des Gewerbes stetig anstiegen, da alle Steuern geschätzt und fast keine freiwilligen Zahlungen geleistet wurden.

Die Antragstellerin macht vielmehr sinngemäß geltend, die Sachlage habe sich seit ihrer Wiedergenesung maßgeblich geändert; sie erfülle nunmehr die öffentlich-rechtlichen Zahlungspflichten, was die jetzige Auftragslage ihres Betriebs auch erlaube. Ihr Steuerberater könne dies auch im Sinne eines Sanierungskonzepts aufzeigen, wenn hierfür ausreichend Zeit eingeräumt werde. Das Verwaltungsgericht hat insoweit richtigerweise darauf hingewiesen (Beschlussabdruck S. 14), dass die von der Antragstellerin im Rahmen ihrer Anhörung vorgetragene Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse lediglich behauptet und nicht belegt wurde. Hinzu komme, dass die Antragstellerin auch nach nochmaliger Aufforderung und Fristsetzung bis zum 9. April 2018 untätig geblieben sei. Damit sei es der Antragstellerin selbst unter dem Druck des Widerrufsverfahrens nicht gelungen, ihren laufenden steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen, Tilgungsvereinbarungen abzuschließen oder ein tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen. Die seit längerer Zeit fortlaufende und für die Antragstellerin erkennbare Erhöhung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Zahlungsrückstände habe sie damit ohne weiteres in Kauf genommen. Nach dem bisher von der Antragstellerin gezeigten Verhalten sei daher davon auszugehen, dass sie auch in Zukunft ihren öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen, insbesondere den fälligen Steuerzahlungen, nicht nachkommen werde und somit keine Gewähr dafür biete, dass sie ein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben werde.

Die Antragstellerin hat auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren insbesondere kein derartiges erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorgelegt und auch nicht schlüssig erklärt, weshalb dies bislang nicht möglich gewesen sein sollte. Spätestens durch das Anhörungsschreiben des Landratsamts vom 8. März 2018 musste der Antragstellerin bewusst sein, dass derartige belastbare Unterlagen erforderlich sein würden, um unter Umständen die Annahme ihrer fehlenden Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit auszuräumen zu können. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin nach ihrer Genesung seit spätestens November 2017 (vgl. S. 4, 3. Absatz der Antragsschrift vom 29.6.2018) keinen Steuerberater entsprechend beauftragen konnte.

Im Übrigen kommt hinzu, dass das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin mangels Masse abgewiesen hat (vgl. Beschluss vom 21.6.2017, Bl. 47 f. der Behördenakte) und die Vollstreckungsbemühungen des Finanzamtes C… im Wesentlichen erfolglos verlaufen sind (vgl. Mitteilung vom 30.1.2018, Bl. 2 der Behördenakte). Aus den Darlegungen der Antragstellerin ergibt sich nicht, was dennoch für ihre Zahlungsfähigkeit sprechen würde.

Unabhängig davon ist das Verwaltungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen (Beschlussabdruck S. 13), dass die Nichtabgabe von Steuererklärungen bereits für sich allein eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit begründen kann, wenn die Erklärungen wie vorliegend trotz Erinnerung hartnäckig über längere Zeit nicht abgegeben werden. Die Antragstellerin ist dieser Bewertung nicht substantiiert entgegen getreten.

3. Schließlich meint die Antragstellerin im Wesentlichen, das Verwaltungsgericht habe der Bedeutung des Art. 12 Abs. 1 GG dadurch nicht hinreichend Rechnung getragen, dass ihrem Interesse an einer Fortsetzung des ausgeübten Gaststättengewerbes nicht das ihm zukommende Gewicht zugemessen worden sei. Vorliegend werde nicht wie erforderlich eine konkrete Gefahr für die Zukunft aufgezeigt.

Das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck S. 16 f.) ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 2.7.2014 - 22 CS 14.1186 - juris Rn. 11; B.v. 3.5.2013 - 22 CS 13.594 - juris Rn. 27; B.v. 25.11.2009 - 22 CS 09.2360 - juris Rn. 6) davon ausgegangen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraussetzt, dass eine weitere Fortsetzung des Gaststättenbetriebs während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Es hat weiter angenommen, dass eine positive Entwicklung hinsichtlich der Zahlungsrückstände nicht erkennbar sei; insbesondere sei bis jetzt ohne nachvollziehbaren Grund noch kein tragfähiges Sanierungskonzept vorgelegt worden. Die Zahlungsrückstände hätten sich seit Erlass des angefochtenen Bescheides noch weiter erhöht.

Die Antragstellerin hat keine konkreten, nachprüfbaren Argumente gegen die vom Verwaltungsgericht angestellte negative Prognose hinsichtlich der weiteren Entwicklung ihres Schuldenstands vorgebracht (vgl. oben unter 2.). Aus ihren Darlegungen ergibt sich weiter nicht, inwieweit die Bewertung des Verwaltungsgerichts unrichtig ist, dass ein voraussichtlicher weiterer Anstieg der Zahlungsrückstände während des anhängigen Hauptsacheverfahrens eine konkrete Gefahr für wichtige Gemeinschaftsgüter im vorgenannten Sinne darstellt. Unabhängig davon spricht für die Annahme einer solchen Gefahr, dass sich der Schuldenstand der Antragstellerin binnen weniger Monate sehr deutlich erhöht hat. Allein die Steuerschulden sind innerhalb eines halben Jahres von 38.640,30 Euro (Stand 30.1.2018) über 47.285,79 Euro kurz vor Erlass des angefochtenen Bescheides (Stand 4.5.2018) auf 58.469,29 Euro (Stand 24.7.2018) angewachsen. Dazu kommen die oben genannten stichhaltigen Gründe für die Annahme ihrer Zahlungsunfähigkeit. In einer solchen Konstellation erscheint es ausnahmsweise gerechtfertigt, die weitere Ausübung des Gaststättengewerbes bereits während des laufenden Hauptsacheverfahrens zu unterbinden, um voraussichtliche massive Zahlungsausfälle bei öffentlich-rechtlichen Gläubigern abzuwenden.

Hinsichtlich der privaten Belange der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht (Beschlussabdruck S. 17) zudem darauf hingewiesen, dass nach Auskunft des Antragsgegners der Betrieb des Hotel- bzw. Beherbergungsbetriebs inklusive Bewirtung der Übernachtungsgäste vom Widerruf der Gaststättenerlaubnis nicht betroffen sei und ihr zudem eine abhängige Beschäftigung möglich bleibe. Dem ist die Antragstellerin nicht mit konkreten Argumenten entgegengetreten.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nrn. 1.5, 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 18.7.2013.

(1) Die Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbes ist zurückzunehmen, wenn bekannt wird, daß bei ihrer Erteilung Versagungsgründe nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 vorlagen.

(2) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 rechtfertigen würden.

(3) Sie kann widerrufen werden, wenn

1.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter die Betriebsart, für welche die Erlaubnis erteilt worden ist, unbefugt ändert, andere als die zugelassenen Räume zum Betrieb verwendet oder nicht zugelassene Getränke oder Speisen verabreicht oder sonstige inhaltliche Beschränkungen der Erlaubnis nicht beachtet,
2.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Auflagen nach § 5 Abs. 1 nicht innerhalb einer gesetzten Frist erfüllt,
3.
der Gewerbetreibende seinen Betrieb ohne Erlaubnis durch einen Stellvertreter betreiben läßt,
4.
der Gewerbetreibende oder sein Stellvertreter Personen entgegen einem nach § 21 ergangenen Verbot beschäftigt,
5.
der Gewerbetreibende im Fall des § 4 Abs. 2 nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Berufung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
6.
der Gewerbetreibende im Fall des § 9 Satz 3 nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Ausscheiden des Stellvertreters den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringt,
7.
die in § 10 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Weiterführung den Nachweis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 erbringen.

(4) Die Absätze 1, 2 und 3 Nr. 1, 2 und 4 gelten entsprechend für die Rücknahme und den Widerruf der Stellvertretungserlaubnis.

Auf die den Vorschriften dieses Gesetzes unterliegenden Gewerbebetriebe finden die Vorschriften der Gewerbeordnung soweit Anwendung, als nicht in diesem Gesetz besondere Bestimmungen getroffen worden sind; die Vorschriften über den Arbeitsschutz werden durch dieses Gesetz nicht berührt.

(1) Die Behörde bescheinigt innerhalb dreier Tage den Empfang der Anzeige.

(2) Wird ein Gewerbe, zu dessen Ausübung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne diese Zulassung betrieben, so kann die Fortsetzung des Betriebes von der zuständigen Behörde verhindert werden. Das gleiche gilt, wenn ein Gewerbe von einer ausländischen juristischen Person begonnen wird, deren Rechtsfähigkeit im Inland nicht anerkannt wird.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin betreibt auf der Grundlage einer Gaststättenerlaubnis vom 28. Oktober 2005 in F. eine Schank- und Speisewirtschaft; sie wehrt sich gegen den sofortigen Vollzug des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis und die zwangsgeldbewerte Anordnung des Landratsamts D., die Gaststätte sofort zu schließen. In den Jahren 2006 bis 2013 führten Kontrollen der Lebensmittelüberwachungsbehörde wiederholt zu Beanstandungen des Gaststättenbetriebs. Sie betrafen Hygienemängel (Betriebskontrollen am 22.12.2006, 9.9.2008, 5.7.2010, 4.8.2010 [Nachkontrolle], 3.12.2013, und 5.12.2013 [Nachkontrolle]), einen Verstoß gegen die Preisangabeverordnung (8.2.2007) und weitere, zusammen mit den Hygienemängeln festgestellte Beanstandungsgründe. Mit Schreiben vom 31. August 2012 wurde die Antragstellerin ermahnt, dass ihre gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit einen „kritischen Zustand“ erreicht habe und dass sie bei weiteren Verfehlungen eine Untersagung der Ausübung des Gewerbes zu erwarten habe. Das Landratsamt führte zur Begründung der Mahnung mehrere Verstöße an, die jeweils mit einem Bußgeld geahndet worden waren (Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz: Bußgeldbescheid vom 14.5.2012; Verstoß gegen das Gesundheitsschutzgesetz: Bußgeldbescheid vom 25.4.2012; Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Hygienevorschriften: Bußgeldbescheid vom 16.2.2012; Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz: Bußgeldbescheid vom 16.2.2012; Verstoß gegen das Alkoholabgabeverbot an erkennbar Betrunkene: Bußgeldbescheid vom 16.2.2012).

Die bei der planmäßigen Kontrolle am 3. Dezember 2013 festgestellten Mängel nahm das Landratsamt zum Anlass, die Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 wegen des beabsichtigten Widerrufs der Gaststättenerlaubnis anzuhören und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 13.12.2013 zu gewähren; dieses Anhörungsschreiben wurde der Antragstellerin bei der Nachkontrolle am 5. Dezember 2013 ausgehändigt. Da indes die zwei Tage zuvor beanstandeten Mängel größtenteils noch nicht behoben sowie zwei weitere Beanstandungen auszusprechen waren, wurde am Nachmittag desselben Tags (5.12.2013) telefonisch gegenüber der Antragstellerin die sofortige Schließung des Lokals angeordnet. Bei einer Vorsprache der Antragstellerin im Landratsamt am 6. Dezember 2013 wurde die Anordnung der Lokalschließung - gegen Unterschrift der Antragstellerin - schriftlich bestätigt und insoweit ein förmlicher Bescheid angekündigt. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 6. Dezember 2013 (zugestellt am 10.12.2013) widerrief das Landratsamt die der Antragstellerin erteilte gaststättenrechtliche Erlaubnis (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgelds (2.000 €) - die sofortige Schließung des Gaststättenbetriebs an (Nrn. 2, 3 und 4). Zur Begründung listete das Landratsamt die am 3. Dezember 2013 festgestellten Mängel im Einzelnen auf und führte weiter aus, die vorgefundenen Hygienemängel, vor allem im Hinblick auf verdorbene Lebensmittel, gefährdeten die Gesundheit der Verbraucher. Die Anordnung des Lebensmittelüberwachungsbeamten am 3. Dezember 2013, sofort eine Grundreinigung des Betriebs vorzunehmen und unverzüglich alle nicht verkehrsfähigen Lebensmittel zu entfernen, sei bis zur angekündigten Nachkontrolle am 5. Dezember 2013 nicht befolgt worden; der Betrieb sei genauso verunreinigt gewesen wie am 3. Dezember 2013. Statt dass die Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum entsorgt gewesen seien, habe der Kontrolleur weitere Lebensmittel mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum bzw. Verbrauchsdatum im Kühlraum gefunden.

Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid vom 6. Dezember 2013 Anfechtungsklage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde. Außerdem beantragte sie, die aufschiebende Wirkung der Klage wieder herzustellen. Mit Beschluss vom 3. Januar 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag ab.

Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, entgegen der Annahme des Landratsamts und des Verwaltungsgerichts habe die Antragstellerin nicht jahrelang massiv gegen Vorschriften des Gesundheits- und des Lebensmittelrechts verstoßen, so dass sie als unzuverlässig angesehen werden könne. Die bei verschiedenen Betriebskontrollen festgestellten Verstöße seien nur von geringer Zahl und nicht schwerwiegend, sondern wegen außergewöhnlicher Umstände nur als „Augenblicksversagen“ zu werten. Bei der Routinekontrolle am 3. Dezember 2013 sei der Antragstellerin keine Nachkontrolle am 5. Dezember 2013 angekündigt worden; allenfalls habe es bei dieser Kontrolle ein Missverständnis zwischen der Antragstellerin und dem Kontrolleur über den Zeitpunkt der Nachkontrolle gegeben.

Außerdem habe die Antragstellerin bei der Kontrolle am 3. Dezember 2013 dem Bediensteten des Landratsamts ausführlich geschildert, weshalb sie wegen terminlicher und familiärer Schwierigkeiten mehr Zeit für die angeordneten Maßnahmen benötige. Es treffe auch nicht zu, dass die Antragstellerin am 5. Dezember 2013 noch nicht mit der Reinigung begonnen habe. Sie habe lediglich „falsche Prioritäten gesetzt“ und die Entsorgung überlagerter Lebensmittel nicht als vordringliche Maßnahme zuerst erledigt. Die Antragstellerin habe bereits am 2. Dezember 2013 mit ihrer Tochter vereinbart gehabt, dass am 6. Dezember 2013 nachmittags ein Großputz in der Gaststätte sein solle; nach dieser Aktion hätte die Tochter künftig regelmäßig zweimal wöchentlich zum Saubermachen kommen sollen (hierzu legt die Antragstellerin eine schriftliche Erklärung ihrer Tochter vor).

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und sowohl der rechtlichen Würdigung der Antragstellerin als auch Teilen ihrer Sachverhaltsdarstellung widersprochen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Darlegungen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss zu ändern. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit von Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 6. Dezember 2013 überwiegt das Aufschubinteresse der Antragstellerin.

1. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis nach § 15 Abs. 2 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG hält einer gerichtlichen Nachprüfung voraussichtlich stand. Die gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit der Antragstellerin im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG ergibt sich aus ihren zahlreichen, unter Nr. II der Gründe im angefochtenen Bescheid des Landratsamts vom 6. Dezember 2013 genannten Verstößen und aus der berechtigten Sorge, dass solche Verfehlungen auch künftig zu erwarten sind. Die festgestellten Mängel vom Dezember 2006 bis zu den jüngsten streitgegenständlichen Kontrollen im Dezember 2013 sind in der Akte des Landratsamts dokumentiert (im Einzelnen: Kontrollen am 22.12.2006, 8.2.2007, 9.9.2008, 5.7.2010, 4.8.2010 [Nachkontrolle], 9.11.2011, 3.12.2013, 5.12.2013 [Nachkontrolle]). Keine der Kontrollen verlief ohne Beanstandungen. Zu den im angefochtenen Bescheid aufgelisteten Verstößen kommen noch zwei weitere Verstöße hinzu, die mit Bußgeldbescheiden vom 25. April 2012 und 14. Mai 2012 geahndet wurden. Sie betrafen Ordnungswidrigkeiten nach dem Gesundheitsschutzgesetz (die Antragstellerin hatte das Rauchen in ihrer Gaststätte nicht unterbunden, Bußgeldbescheid vom 25.4.2012) bzw. gegen das Jugendschutzgesetz (die Antragstellerin hatte bei einer öffentlichen Tanzveranstaltung in ihrer Gaststätte die Anwesenheit von Jugendlichen unter 18 Jahren ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten oder Personensorgeberechtigten nicht wirksam unterbunden, Bußgeldbescheid vom 14.5.2012). Zwar hat es einerseits zwischen der Betriebskontrolle vom 9. November 2011, die den streitgegenständlichen Kontrollen am 3. und 5. Dezember 2013 vorangegangen ist, keine aktenkundigen Mängel in Bezug auf lebensmittelrechtliche Vorschriften und Hygieneanforderungen gegeben. Doch existiert andererseits kein Ergebnisprotokoll über eine Kontrolle, bei der es keine Beanstandungen gegeben hätte; auch die Antragstellerin hat Gegenteiliges nicht geltend gemacht.

Die geltend gemachten Beschwerdegründe erschöpfen sich nahezu darin, die von der Antragstellerin begangenen Verstöße gegen ihre gaststättenrechtlichen Pflichten als weniger schwerwiegend darzustellen, als vom Landratsamt und - ihm folgend - dem Verwaltungsgericht angenommen. Dem kann nicht gefolgt werden. Insgesamt ist der Beschwerdevortrag der Antragstellerin, wonach bei den Betriebskontrollen seit dem Jahr 2006 nur wenige Verstöße festgestellt worden seien, die außerdem alle eher unbedeutend und nur aufgrund außergewöhnlicher, sich wahrscheinlich nicht wiederholender Umstände eingetreten seien, aus den Akten nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil lässt sich anhand der Unterlagen wie ein „roter Faden“ erkennen, dass die Antragstellerin mindestens seit der - etwa ein Jahr nach der Erteilung der Gaststättenerlaubnis stattgefundenen - Kontrolle am 22. Dezember 2006 in vielerlei Hinsicht zur Erfüllung ihrer gaststättenrechtlichen Pflichten unfähig und/oder unwillig gewesen ist, wobei Schwerpunkte der Mängel die Sauberkeit des Betriebs insgesamt und der Umgang mit lebensmittelrechtlichen Vorschriften sind, die dem Gesundheitsschutz dienen. So fanden sich bei der planmäßigen Routinekontrolle am 3. Dezember 2013 in der Küche Schäden am Mauerwerk, Spinnweben unter den Arbeitstischen und ein allgemein unsauberer Zustand; die Spülküche war verschmutzt; in der Kühlzelle hatte der Verdampfer rostige Stellen, das Ventilatorgitter war schimmlig; im Schankraum fanden sich den Hygienevorschriften nicht entsprechende, weil schadhafte oder aus rohem Holz gefertigte Möbelstücke. Schon die Art der - allein bei dieser Kontrolle festgestellten - Mängel widerlegt die Entschuldigung der Antragstellerin, es handle sich um ein „Augenblicksversagen“ wegen ungewöhnlicher, nicht wiederholbarer Umstände. Zwar kann der Vortrag der Antragstellerin zutreffen, wonach man ihr zu Unrecht vorwerfe, sie habe bei der - von ihr unerwarteten - Nachkontrolle am 5. Dezember 2013 mit den am 3. Dezember 2013 angeordneten Reinigungsarbeiten noch nicht einmal begonnen gehabt. Denn die am 3. Dezember 2013 beanstandeten Mängel „Ventilatorgitter schimmlig“ und „rostige Stellen an der Decke vor dem Verdampfer“ (vgl. Nrn. 3.2 und 3.3 der Detailfeststellungen vom 3.12.2013) sind im Protokoll vom 5. Dezember 2013 nicht mehr aufgeführt. Allerdings betrifft die Schimmelbildung am Ventilatorgitter - verglichen mit den übrigen, bei der Nachkontrolle unverändert vorhandenen, mit Fotos dokumentierten und die Sauberkeit der Räume betreffenden Mängeln - nur einen kleinen, für den Gesamteindruck der Gaststätte nicht entscheidenden Teil.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdevortrag der Antragstellerin größtenteils sich nicht von dem unterscheidet, was bereits Gegenstand des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts gewesen ist, kann dieses Vorbringen die Antragstellerin auch nicht entlasten. Namentlich der Erklärung der Antragstellerin, sie sei von einer erst am Donnerstag, 12. Dezember 2013 (anstatt am 5.12.2013) stattfindenden Nachkontrolle ausgegangen, hat das Landratsamt in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 2014 widersprochen und substantiiert ausgeführt, die Ankündigung einer Nachkontrolle bereits zwei Tage später sei unmissverständlich gewesen, zumal der Beamte gegenüber der Antragstellerin noch angemerkt habe, dass sie dann bei der von der Antragstellerin gewünschten Vorverlegung der Nachkontrolle, die der Beamte eigentlich am Montag, 9. Dezember 2013, vornehmen wollte, recht wenig Zeit zur Behebung der Mängel habe. Dem ist die Antragstellerin auch in ihren weiteren Schriftsätzen vom 3. März 2014 und 23. April 2014 nicht mehr entgegen getreten. Selbst wenn aber tatsächlich ein Missverständnis über den Zeitpunkt der zu erwartenden Nachkontrolle vorgelegen hätte, so würden die aktenkundigen Tatsachen das Verhalten der Antragstellerin nicht in einem wesentlich milderen Licht erscheinen lassen. Denn in der Gesamtschau zusammen mit den früheren, stets ähnlich gelagerten hygiene- und lebensmittelrechtlichen Mängeln läge dann der Verdacht nahe, dass unhygienische und teils sogar gesundheitsgefährdende Zustände in der Gaststätte der Antragstellerin über weite Zeiträume geradezu der „Normalzustand“ gewesen sind und jeweils nur nach entsprechender Aufforderung und gerade noch so „rechtzeitig“ behoben wurden, um bei einer angekündigten Nachkontrolle nicht nochmals „negativ aufzufallen“. Allein die am 3. Dezember 2013 festgestellten Verunreinigungen unter den Arbeitstischen hätten - auch ohne ausdrückliche Anordnung des Kontrolleurs und unabhängig von dem (nach erstmaligem Vortrag im Beschwerdeverfahren) am 6. Dezember 2013 beabsichtigten „Großputz“ - Anlass zur sofortigen Reinigung sein müssen.

Abgesehen davon erscheint die Aussage, dass die Antragstellerin diesen „Großputz“ mit ihrer Tochter schon am 2. Dezember 2013 vereinbart haben will, trotz der zur Glaubhaftmachung vorgelegten schriftlichen Erklärung der Tochter nicht nur dem Antragsgegner (Stellungnahme des Landratsamts vom 4.2.2014), sondern auch dem Verwaltungsgerichtshof als Schutzbehauptung. Die Antragstellerin hat insoweit dem Vortrag des Landratsamts nicht widersprochen, wonach sie von diesem „Großputz“ vor dem Erlass des angefochtenen Bescheids bei allen Gelegenheiten (bei Kontrollen am 3. und 5.12.2013, telefonisch am 5.12.2013 und bei der Vorsprache im Landratsamt am 6.12.2013 vormittags) nicht das Geringste erwähnt habe. Die Antragstellerin will dies und den Umstand, dass sie selbst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hiervon nichts erwähnt hat, damit erklären, dass sich die Antragstellerin der Wichtigkeit des Umstands (vereinbarter „Großputz“) nicht bewusst gewesen sei und dass ihre Bevollmächtigte wegen der Eilbedürftigkeit der Schriftsatzanfertigung insoweit nicht näher nachgefragt und zuvor auch keine Akteneinsicht genommen habe. Im Übrigen sei die Antragstellerin wegen der getroffenen oder angekündigten harten Entscheidungen des Landratsamts (Betriebsschließung, Widerruf der Gaststättenerlaubnis) verwirrt, schockiert und verzweifelt und zu einem sachgerechten und vollständigen Vortrag unfähig gewesen (Schriftsatz vom 3.3.2014). Dies überzeugt nicht, weil jedenfalls bei der Unterredung im Landratsamt am 6. Dezember 2013, die schwerpunktmäßig die Reinlichkeit in der Gaststätte der Antragstellerin betraf, sich ein Hinweis der Antragstellerin auf einen am Nachmittag desselben Tages eigentlich beabsichtigten Großputz ganz besonders aufgedrängt hätte und weil die Antragstellerin - nach unwidersprochenem Vortrag des Antragsgegners - sogar auf die Vorhaltungen im Landratsamt hin die Gegenfrage gestellt hat, was denn wäre, wenn sie jetzt zu putzen anfange (Stellungnahme des Landratsamts vom 4.2.2014, S. 2 oben). Die Antragstellerin hat sich auch nicht zu dem - insoweit berechtigten - Hinweis des Landratsamts in der Stellungnahme vom 8. April 2014 geäußert, wonach der von ihr als Erklärung für das Unterlassen der nötigen Reinigungsarbeiten angeführte „Schockzustand“ jedenfalls nicht vor Aushändigung des Anhörungsschreibens am 5. Dezember 2013 eingetreten sein könne und die Antragstellerin überdies bei der Vorsprache im Landratsamt am 6. Dezember 2013 nicht alleine gewesen sei, sondern in Begleitung eines Mannes, den sie als Schwiegersohn oder Freund ihrer Tochter bezeichnet habe.

Auch der weitere Beschwerdevortrag begegnet Glaubhaftigkeitszweifeln, demzufolge die Antragstellerin dem Landratsamt die bereits getroffenen Vorkehrungen für eine künftige beanstandungsfreie Betriebsführung (nämlich die Anstellung ihrer Tochter zur regelmäßigen Mithilfe im Betrieb) geschildert habe, was der Antragsgegner aber noch nicht einmal zur Kenntnis genommen habe (Schriftsatz vom 24.1.2014, S. 5, Abschn. 2). Das Landratsamt hat dieser Behauptung ausdrücklich widersprochen und hinzugefügt, von der Existenz der weiteren Tochter A. (neben der von der Antragstellerin früher erwähnten Tochter B.) habe man bislang überhaupt keine Kenntnis gehabt (Stellungnahme vom 4.2.2014, S. 2 Mitte). Es ist auch nicht plausibel, dass die Antragstellerin bei einer der Gelegenheiten zwischen dem 3. Dezember 2013 und dem Zugang des Bescheids vom 6. Dezember 2013 zwar das - nach dem Vortrag der Antragstellerin schon abgeschlossene - Beschäftigungsverhältnis mit der Tochter A. zur Sprache gebracht haben will, den in einem solchen Fall aber besonders naheliegenden Hinweis auf den vereinbarten „Großputz“ mit eben dieser Tochter als eher unwichtig unterlassen haben soll; folgerichtig erscheint es deshalb, dass sich die Antragstellerin zu diesem Gesichtspunkt auch in ihrem Schriftsatz vom 23. April 2014 nicht mehr geäußert hat.

Auch bezüglich weiterer Punkte überzeugt das Vorbringen der Antragstellerin nicht:

So versucht sie, die vom Landratsamt in der Verwendung überlagerter Lebensmittel gesehene Gesundheitsgefahr und somit auch die Schwere ihres eigenen Versagens mit der Behauptung zu relativieren, die Lebensmittel seien originalverpackt gewesen (Schriftsatz vom 24.1.2014). Unabhängig von der Frage, ob eine unversehrte Originalverpackung überhaupt die versehentliche Verwendung eines ungeeigneten Lebensmittels im Gaststättenbetrieb zuverlässig verhindern könnte (die absichtliche Verwendung kann dadurch offensichtlich nicht ausgeschlossen werden), erscheint die Behauptung der Antragstellerin ebenfalls als Schutzbehauptung. Das Landratsamt hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bei den Kontrollen am 3. und 5. Dezember 2013 ein Block Käse mit dem - gut drei Wochen zurück liegenden - Mindesthaltbarkeitsdatum „09.11.2013“ in geöffneter Packung, bereits angeschnitten und zum Abschneiden weiterer Stücke bereit lag; die angeschnittene Schmalseite dieses Käseblocks ist auf dem Foto auf Bl. 4 des Aktengehefts IV zu erkennen. Damit kann sich die Antragstellerin auch nicht mehr auf ein Mindesthaltbarkeitsdatum berufen. Das „Mindesthaltbarkeitsdatum“, auf das die Antragstellerin im Schriftsatz vom 23. April 2014 mit Nachdruck rekurriert, bezieht sich - wie allgemein bekannt ist - nur auf ungeöffnete Verpackungen (vgl. dazu z. B. die Internetseite des Niedersächs. Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: http://www.l...de/p...). Das Öffnen der Verpackung führt dazu, dass Sauerstoff, Feuchtigkeit oder Mikroorganismen Zugang zum Lebensmittel haben und damit seinen Verderb verursachen bzw. beschleunigen. Noch kritischer ist das „Verbrauchsdatum“, das bei sehr leicht verderblichen, aufgrund ihrer mikrobiologischen Beschaffenheit nach kurzer Zeit für die menschliche Gesundheit potentiell gefährlichen Lebensmitteln anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums anzubringen ist. Bei abgelaufenem Verbrauchsdatum dürfen Lebensmittel nicht mehr in Verkehr gebracht werden, unabhängig davon, ob das Lebensmittel tatsächlich nicht mehr zum Verzehr geeignet ist oder die menschliche Gesundheit schädigen kann (§ 7 a Abs. 4 der Verordnung über die Kennzeichnung von Lebensmitteln - Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung - BGBl. I 1999, 2464); das Lebensmittel sollte auch nicht mehr verzehrt werden (vgl. hierzu z. B. die Internetseite des Bayer. Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit:

http://www.l...de/l...htm).

Die Antragstellerin lässt mit Schriftsatz vom 23. April 2014 vortragen, die am 3. Dezember 2013 vom Kontrolleur gefundene Packung Lachs mit dem abgelaufenen Verbrauchsdatum „26.08.2013“ (auf die auch im angegriffenen Bescheid vom 6.12.2013 eingegangen wird) habe sie nur zum Eigenverzehr gekauft und Lachs gehöre gar nicht zu ihrem Speisenangebot für Gäste, so dass Gäste insofern zu keiner Zeit gefährdet gewesen seien; dies habe sie auch dem Kontrolleur gesagt. Dieser neuartige Vortrag liegt jedenfalls außerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO für die Darlegung der Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 S. 3 und 6 VwGO), er ist daher nicht beachtlich. Abgesehen davon offenbart der Umstand, dass die Antragstellerin den Ablauf des Verbrauchsdatums anscheinend mehr als drei Monate nicht bemerkt hat, eine ganz erstaunliche Nachlässigkeit der Antragstellerin beim „Hygienemanagement“, die völlig unabhängig davon besteht, ob der - nach Ablauf des Verbrauchsdatums gesundheitlich bedenkliche - Lachs ursprünglich nur zum Eigenverbrauch gekauft worden war. Vollständig unbeachtet lässt die Antragstellerin im Schriftsatz vom 23. April 2014, dass bei der Kontrolle am 5. Dezember 2013 nicht nur Lachs, sondern auch Geflügelfleisch mit abgelaufenem Verbrauchsdatum („Hähnchen-Ministeaks“, Verbrauchsdatum 15.11.2013) gefunden wurde (Foto auf Bl. 20 des Aktengehefts IV).

2. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis ist bei gaststättenrechtlicher Unzuverlässigkeit nach dem Gesetz zwingend geboten; die Gaststättenbehörde hat insofern kein Ermessen. Unverhältnismäßig kann ein solcher Widerruf allenfalls in besonderen Ausnahmefällen sein; dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.

3. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis nach § 15 Abs. 2 GastG setzt im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraus, dass eine weitere Berufstätigkeit während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (BayVGH, B.v. 3.5.2013 - 22 CS 13.594 - juris, m. w. N.; BVerfG, B.v. 12.8.2003 - 1 BvR 1594/03 - NJW 2003, 3617). Die menschliche Gesundheit gehört zu den besonders wichtigen Gemeinschaftsgütern (vgl. z. B. BayVerfGH, E.v. 5.3.2013 - Vf. 123-VI-11 - BayVBl 2013, 463, Rn. 34); ihrem Schutz dienen die lebensmittelrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf Hygiene und Sauberkeit im Umgang mit Lebensmitteln und in Bezug auf die Räumlichkeiten, in denen Lebensmittel gelagert und verarbeitet werden. Die geschilderten bisherigen jahrelangen Erfahrungen mit der Gaststättenführung durch die Antragstellerin zeigen, dass der Antragstellerin die Einsicht in die Notwendigkeit solcher Anforderungen oder/und die Fähigkeit fehlt, entsprechend zu handeln und die gebotene Hygiene und Reinlichkeit in ihrer Gaststätte zu gewährleisten. Der hieraus folgenden konkreten Gefährdung der menschlichen Gesundheit kann nur durch den sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung wirksam begegnet werden.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG; Nrn. 1.5 und 54.1 des Streitwertkatalogs 2013.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.