Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 10. Sept. 2015 - RN 5 S 15.1263

bei uns veröffentlicht am10.09.2015

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid, mit dem der Antragstellerin untersagt wurde, von ihr produzierte Eier als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen.

Am 7.8.2015 übermittelte die Staatsanwaltschaft R. dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) verschiedene Zeugenaussagen, die in einem Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Geschäftsführer der Antragstellerin, ... P., getätigt wurden. Aus diesen Zeugenaussagen ergibt sich, dass in den Betrieben der Antragstellerin in den letzten Jahren das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), der in den Betrieben der Antragstellerin produzierten Eier erheblich manipuliert worden sein soll. Das MHD belaufe sich nach den gesetzlichen Vorgaben auf 28 Tage, gerechnet ab dem Legedatum. In den Betrieben der Antragstellerin sei das MHD häufig so manipuliert worden, dass es ab dem Tag des Versands berechnet worden sei. Dieser Tag habe jedoch häufig drei oder mehr Tage nach dem Legedatum gelegen. Bei sogenannten „B-Eiern“ seien die Manipulationen noch gravierender gewesen. So sei es vorgekommen, dass Eier, die von den Abnehmern nicht akzeptiert worden seien, wieder an die Antragstellerin zurückgeschickt worden seien. Diese Eier, die häufig bereits mit Maden besetzt, zum Teil verschimmelt gewesen seien und bereits gestunken hätten, seien dann umverpackt und mit neuem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen worden. Die Eier seien dann an die Lebensmittelindustrie geliefert worden. So sei es vorgekommen, dass das MHD ein Datum ausgewiesen habe, das ca. 50 Tage nach dem Legedatum gelegen habe. Die Anordnungen für das geschilderte Vorgehen seien meist von der Geschäftsleitung, also von Herrn P., gekommen und dann über den Farmleiter an die Mitarbeiter weitergegeben worden.

Aufgrund der Mitteilung der Staatsanwaltschaft wies das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) die Landratsämter S. und D. an, jeweils ein Verbot des Inverkehrbringens von Eiern als Lebensmittel für die Betriebsstandorte in N. (Landkreis S.) und T. (Landkreis D.) anzuordnen und dieses Verbot für sofort vollziehbar zu erklären.

Die vom Landratsamt D. ausgesprochenen Maßnahmen sind Gegenstand der Verfahren Az. RN 5 S 15.1565 und RN 5RN 5 K 15.1566.

Das Landratsamt S. sprach aufgrund der Weisung noch am 7.8.2015 mündlich ein entsprechendes Verbot aus. Dieses Verbot wurde mit Bescheid vom 10.8.2015 schriftlich bestätigt. Der Bescheid lautet wie folgt:

1. Der Firma ... GmbH & Co. KG wird untersagt, vorhandene Eier und ab dem 7.8.2015 erzeugte Eier aus der Farm N., ... als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen.

Die durch den Amtstierarzt der Veterinärabteilung des Landratsamtes S. bereits am 07.08.2015 gegenüber dem verantwortlichen Geschäftsführer Herrn P. ... erteilten mündlichen Anordnungen werden hiermit schriftlich bestätigt.

2. Soweit die Eier als Nicht-Lebensmittel abgegeben bzw. entsorgt werden, ist dies dem Landratsamt S. unter Vorlage geeigneter Lieferscheine/Nachweise zu belegen.

3. a) Falls die Firma ... GmbH & Co. KG der in Ziffer 1 genannten Untersa-

gung zuwiderhandelt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 € zur Zahlung

fällig.

b) Falls die Firma ... GmbH & Co. KG der in Ziffer 2 genannten Untersa-

gung zuwiderhandelt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 € zur Zahlung fällig.

Das Zwangsgeld kann im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden. Sollte das Zwangsgeld uneinbringlich sein, so kann Ersatzzwangshaft angeordnet werden.

4. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 und 2 dieses Bescheides wird angeordnet.

5. Die Firma ... GmbH & Co. KG hat die Kosten des Bescheids zu tragen.

Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 50,00 € festgesetzt.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft würden befürchten lassen, dass die Antragstellerin unter der Geschäftsführung von Herrn ... P. keine Gewähr dafür biete, nur sichere Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Deshalb sei ein Verbot des Inverkehrbringens von A- und B-Eiern notwendig. Daneben würden die Vorwürfe auch nahelegen, dass durch den Lebensmittelunternehmer der Fokus auf Gewinnmaximierung um jeden Preis gelegt worden sei und hierbei auch billigend in Kauf genommen worden sei, dass nicht sichere Lebensmittel abgegeben werden. Es sei nach den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft nicht auszuschließen, dass die den Zeugenaussagen entnehmbaren Praktiken auch gegenwärtig noch zu Verstößen führen würden. Die Aufgabe der Lebensmittelüberwachung sei unter anderem auf präventiven Verbraucherschutz gerichtet. § 39 LFGB erlaube ein Tätigwerden der Behörden bei hinreichendem Verdacht, um die Verbraucher vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung zu schützen.

Daneben bestehe im gesamten Betrieb der Antragstellerin ein strukturelles Defizit, was die wiederholten Salmonellenfunde (unterschiedliche Salmonellentypen an unterschiedlichen Stellen) belegen. Dies lasse befürchten, dass immer wieder salmonellenbehaftete Eier in den Verkehr gelangen (Erkenntnisse aus den umfangreichen bisherigen Untersuchungsergebnissen). Es liege kein Konzept der Antragstellerin vor, wie die Salmonellenproblematik im Betrieb dauerhaft in den Griff zu bekommen sei. Das Landratsamt halte den Erlass des Bescheids in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens für geboten, weil die Gefahr bestehe, dass nicht sichere Lebensmittel durch die Antragstellerin in den Verkehr gebracht würden und somit die Belange der Öffentlichkeit, insbesondere die Gesundheit der Verbraucher, das Interesse der Betroffenen überwiege. Von einer vorherigen Anhörung der Antragstellerin sei abgesehen worden, da eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug bzw. im öffentlichen Interesse notwendig gewesen sei.

Am 19.8.2015 ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Az: RN 5 K 15.1264 geführt wird. Zugleich ließ sie um vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nachsuchen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Anordnung des Landratsamts sei schon in formeller Hinsicht fehlerhaft. Die Antragstellerin sei vor Bescheidserlass nicht angehört worden. Darüber hinaus sei auch die Anordnung des Sofortvollzugs nicht hinreichend begründet worden.

In materieller Hinsicht sei festzustellen, dass die Untersagungsverfügung lediglich auf den von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Zeugenaussagen beruhen würde, die zum Teil weit zurückliegende Zeiträume betreffen würden. Außerdem seien die Zeugenaussagen unglaubwürdig, da es sich um ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Antragstellerin handle, die in der Farm E. tätig gewesen seien und die nicht mehr im Betrieb beschäftigt seien. Diese wollten die Firma der Antragstellerin in ein schlechtes Licht rücken. Eine Betriebskontrolle vor der Anordnung habe überhaupt nicht stattgefunden.

Soweit der Bescheid darauf gestützt werde, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin „unzuverlässig“ sei, so müsse berücksichtigt werden, dass Herr ... P. am 11.8.2015 als Geschäftsführer abberufen worden sei. Der Geschäftsführerwechsel sei bereits beim Handelsregister angemeldet und befinde sich im Vollzug. Neuer Geschäftsführer sei Herr ... M.

Bereits am 10.8.2015 sei eine ausdrückliche schriftliche Anweisung an die Farmleiter des Unternehmens erfolgt, wonach ausschließlich Eier mit dem am Produktionstag gültigen MHD versehen werden dürfen, und wonach das MHD bei returnierten noch verkehrsfähigen Eiern nicht nachträglich geändert werden dürfe und nicht verkehrsfähige Ware sofort entsorgt werden müsse. Die Umsetzung dieser Weisungen werde durch den Produktionsleiter und nunmehrigen Geschäftsführer Herrn ... M. in allen Farmen der Antragstellerin persönlich überwacht.

Soweit der Bescheid auf ein „strukturelles Defizit“ in der Salmonellenbekämpfung gestützt werde, so sei diesbezüglich auszuführen, dass in den Betrieben der Antragstellerin seit November 2006 umfangreiche Maßnahmen umgesetzt worden seien. Die Antragstellerin verfüge über ein HACCP-System, welches in allen Farmen zur Anwendung komme. Danach würden zielgerecht und risikoorientiert in allen Farmen alle potentiellen Schwachstellen entlang der Produktionskette verfolgt. Dies gelte insbesondere für die Ermittlung möglicher Eintragsquellen und Verbreitungswege von Salmonellen. Aus dem umfangreichen HACCP-Konzept mit Risikomatrix HACCP, Besucherbelehrung, Betriebsordnung, Mitarbeitermerkblatt, Schulungsplanung für 2015 sowie aus den Reinigungsplänen und -protokollen aus 2015 ergebe sich, dass die Antragstellerin umfangreiche Maßnahmen und Kontrollen zur Vorbeugung und Bekämpfung der Salmonellen durchführe. Dies gelte insbesondere für das Umfeld der Haltungseinrichtungen, die Gebäude, die Vorräume, die Reinigung und Desinfektion, Futter- und Futterlagerung, Herdenmanagement, Betreuungspersonal und die Dokumentation. Die regelmäßigen Eigenkontrollen auf Salmonellen würden umfassend und zeitgerecht durchgeführt. Zudem würde die Antragstellerin durch den Tierarzt, Herrn Dr. S., unterstützt. Herr Dr. S. befasse sich in allen Farmen der Antragstellerin mit der Salmonellenproblematik und überprüfe und kontrolliere die Farmen. Von diesem Tierarzt sei zusätzlich ein Konzept zur Risikominimierung und nachhaltiger Reduzierung eines möglichen Salmonelleneintrags in die Lebensmittelgewinnung aus der Legehennenhaltung für die Farmen der Antragstellerin aufgestellt worden. Dieses Konzept sei erst am 14.8.2015 aktualisiert worden.

Nach alledem würden die Voraussetzungen für das vom Antragsgegner ausgesprochene Verkaufsverbot nicht vorliegen.

Im Übrigen enthalte der streitgegenständliche Bescheid keine tragfähigen Ermessensgesichtspunkte. Die Interessen der Antragstellerin seien überhaupt nicht berücksichtigt worden. Die Untersagung des Inverkehrbringens von Eiern als Lebensmittel sei ferner unverhältnismäßig. Ein solches Verbot sei nicht erforderlich, da mildere Mittel denkbar seien, um künftige Verstöße zu vermeiden. So hätten etwa Dokumentationsverpflichtungen gegenüber der Antragstellerin ausgesprochen werden können, durch die vermieden werden könne, dass ein fehlerhaftes MHD angebracht werde.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügung des Landratsamts S. vom 7.8.2015 in Gestalt des Bescheids vom 10.8.2015 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Einer Anhörung habe es wegen Gefahr im Verzug nicht bedurft. Von den entsprechenden Zeugenaussagen habe das StUMV erst am 7.8.2015 Kenntnis erlangt.

Der Bescheid sei auf § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB gestützt. Danach sei dem Lebensmittelunternehmer zum Schutz der Verbraucher vor Gefahren für die Gesundheit und vor Täuschung das weitere Inverkehrbringen von Eiern als Lebensmittel zu untersagen. Dies betreffe sowohl ein Inverkehrbringen als Eier der Handelsklasse A als auch der Handelsklasse B. Die Voraussetzungen für ein Verkehrsverbot würden auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich vorgenommenen Maßnahmen weiterhin vorliegen. Die in den Zeugenaussagen geschilderten Vorgänge und Tatsachen würden den hinreichenden Verdacht begründen, dass durch den Lebensmittelunternehmer bei dem Betrieb des Unternehmens billigend in Kauf genommen werde, dass nicht sichere Lebensmittel abgegeben werden. Bei einer Verlängerung des MHD bis auf 50 Tage könne nicht ausgeschlossen werden, dass die betreffenden Eier am Ende des MHD gesundheitsgefährdend im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 178/2002 seien. Jedenfalls werde durch die Verlängerung des MHD in Bezug auf die tatsächliche Frische und damit eine wertgebende Eigenschaft der betroffenen Eier eine falsche Aussage getroffen. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verbiete das Inverkehrbringen von Lebensmitteln unter irreführender Aufmachung.

Weiterhin sei den Zeugenaussagen zu entnehmen, dass in der Vergangenheit Eier auch unter Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) VO (EG) Nr. 178/2002 bzw. § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB in Verkehr gebracht worden seien. Unabhängig davon, ob durch Weiterverarbeitungsschritte Keime sicher abgetötet werden, stellten schlecht riechende, teilweile schimmlige Eier mit teilweisem Madenbefall ekelerregende bzw. kontaminierte Lebensmittel im dort genannten Sinne dar. Hieran ändere auch eine spätere Weiterverarbeitung nichts.

Die geschilderten Vorgänge würden Einblick in das Verhalten als Lebensmittelunternehmerin im Hinblick auf Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften geben, die zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefahren und vor Täuschung bestehen. Der erfolgte Wechsel in der Geschäftsführung ändere hieran nichts. Insoweit müsse festgestellt werden, dass auch der aktuelle Geschäftsführer nicht die Gewähr dafür biete, dass künftig keine Verstöße mehr erfolgen würden. Laut Bundeszentralregisterauszug vom 18.8.2015 sei Herr ... M. vom Amtsgericht I. am 4.9.2014 rechtskräftig seit 23.10.2014 wegen Verstoßes gegen das LFGB (Herstellung und Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel) strafrechtlich verurteilt worden. Unter diesen Umständen sei der Austausch der Geschäftsführung nicht geeignet, sicherzustellen, dass künftige Verstöße gegen das Lebensmittelrecht unterbleiben. Im Übrigen ergebe sich aus den der Lebensmittelüberwachung vorliegenden Zeugenaussagen, dass die Anweisung der Mitarbeiter zu rechtswidrigem Verhalten durch weitere weisungsbefugte Personen (insbesondere Farmleiter) erfolgt sei.

Da mit Ausnahme des bisherigen Geschäftsführers der komplette Personalstab der Antragstellerin gleich geblieben sei, sei keine Gewähr dafür gegeben, dass die Antragstellerin künftig die lebensmittelrechtlichen Vorschriften einhalten werde.

Aufgrund der massiven und regelmäßig stattfindenden Verstöße, von denen nach den staatsanwaltschaftlichen Erkenntnissen mit hinreichendem Verdacht auszugehen sei, müsse seitens der Lebensmittelüberwachung davon ausgegangen werden, dass der Lebensmittelunternehmer vorliegend nicht dazu bereit sei, seinen lebensmittelrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes sei daher gegenwärtig ein Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmitteln sowohl geeignet als auch erforderlich und verhältnismäßig. Schließlich sei keine Betriebsstilllegung angeordnet worden, denn die in der Farm produzierten Eier könnten nach wie vor als sogenannte Industrieeier vermarktet werden. Aufgrund der Vielzahl an Verstößen und Mängeln seien Dokumentationen nicht das geeignete Mittel, um sicherzustellen, dass künftig in den Betrieben der Antrag-stellerin ordnungsgemäß produziert werde.

Hinzukomme, dass im gesamten Betrieb der Antragstellerin strukturelle Defizite bestünden, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass nur sichere Lebensmittel in den Verkehr gelangen würden. Für den Standort N. würden Salmonellennachweise für den 4.8.2014 und den 26.8.2014 (jeweils Salmonelle Enteritidis auf Eischale) sowie für den 22.5.2015 und den 21.7.2015 (jeweils Salmonelle Indiana auf Eischale) vorliegen. Die behördlich festgestellten Mängel im Betrieb würden aufzeigen, dass eine Bekämpfung des Salmonellengeschehens durch den Lebensmittelunternehmer nicht mit Erfolg durchgeführt werden könne. Zwischen den einzelnen positiven Testergebnissen sei es zu behördlichen Anordnungen (Reinigung und Desinfektion) gekommen, die aber letztendlich keinen Erfolg gezeigt hätten. Diese Maßnahmen hätten jeweils nur vorübergehend Erfolg gehabt. Im Ergebnis sei die Eintragsquelle für die Salmonellen unklar. Zusammenfassend müsse daher festgestellt werden, dass trotz negativer Testergebnisse immer wieder salmonellenbehaftete Eier in den Verkehr gelangen könnten. Da es in jüngster Vergangenheit wegen salmonellenbelasteter Eier aus dem Unternehmen der Antragstellerin bereits zu Todesfällen gekommen sei, sei hier offensichtlich eine Gefährdung für Leib und Leben der Verbraucher gegeben, welche nur durch das Verbot des Inverkehrbringens von unsicheren Lebensmitteln abgewendet werden könne. Wirtschaftliche Interessen der Antragstellerin müssten hier zurückstehen. Auf andere Weise habe der Gefahr nicht begegnet werden können.

Zu den vom Antragsgegner im gerichtlichen Eilverfahren gemachten Ausführungen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8.9.2015 noch wie folgt Stellung genommen:

Bezüglich des MHD unterscheide das Landratsamt nicht zwischen A- und B-Eiern. Nur bei der A-Ware müsse das MHD gemäß Art. 12 Abs. 1 Buchst. d) VO (EG) Nr. 589/2008 zwingend angegeben werden. Bei der B-Ware sei die Angabe des MHD nicht zwingend vorgeschrieben, weshalb die Angabe eines falschen MHD völlig irrelevant sei. Es sei gesetzlich zulässig, retournierte A-Ware als B-Ware in den Verkehr zu bringen. Bei retournierter Ware werde das MHD nachträglich entfernt und das Verpackungsdatum werde im Einklang mit Art. 12 Abs. 4 Buchst. c) VO (EG) Nr. 589/2008 auf die neue Verpackung aufgebracht. Deshalb sei es keine Seltenheit, dass das Verpackungsdatum bei retournierter umgepackter Ware einige Wochen nach dem MHD liege. Sollten die Zeugen bewusst oder unbewusst zwischen dem MHD und dem Verpackungsdatum nicht unterschieden haben, so sei jedenfalls eine Untersagung des Inverkehrbringens von Eiern der Güteklasse A nicht gerechtfertigt.

Ferner sei darauf hinzuweisen, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft R. nicht auf die Änderung des MHD beziehen würden. Vielmehr werfe man Herrn P. vor, vorsätzlich salmonellenbehaftete Eier in den Verkehr gebracht zu haben. Diesbezüglich sei festzustellen, dass die Antragstellerin die Eier stets stichprobenartig habe beproben lassen und bei eventuellen Salmonellenfunden seien die betroffenen Eier unverzüglich aus dem Verkehr gezogen worden. Ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln des ehemaligen Geschäftsführers liege daher nicht vor.

Der jetzige Geschäftsführer, Herr ... M., sei entgegen den Ausführungen des Antragsgegners auch nicht wegen lebensmittelrechtlicher Verstöße verurteilt worden. Vielmehr liege eine Verwarnung mit Strafvorbehalt vor, die gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 BZRG nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen sei und somit dem jetzigen Geschäftsführer auch nicht entgegen gehalten werden dürfe.

Im Hinblick auf die Salmonellenproblematik sei festzustellen, dass auch bei optimalen Produktionsbedingungen Salmonelleneinträge niemals völlig auszuschließen seien. Trotz umfangreicher Schädlingsbekämpfungs-, Reinigungs- und Hygienemaßnahmen ließen sich Fremdeinträge niemals vollständig ausschließen. Beim Vorliegen vereinzelter Befunde in längeren Zeiträumen könne daher nicht von einem grundlegenden Salmonellenproblem gesprochen werden. Im vorliegenden Verfahren versuche das Landratsamt den Eindruck zu erwecken, als seien Salmonellen ein fester Bestandteil des Produktionsprozesses bei der Antragstellerin.

Es sei zutreffend, dass in den Eiproben vom 4. und 26.8.2014 jeweils Salmonella Enteritidis nachgewiesen worden seien. Die Befunde hätten sich allerdings nur auf die Eischale und nicht auf den Eiinhalt bezogen, was für einen Fremdeintrag gesprochen habe. Die Antragstellerin habe damals die Rücknahme der am 4. und 5.8.2014 produzierten Eier der Klasse A veranlasst und Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt. Aufgrund des zweiten positiven Befunds am 26.8.2014 habe man sich entschieden, die Herde vorzeitig auszustallen. Daran angeschlossen habe sich ein Leerstand der Ställe sowie umfangreiche Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durch eine Spezialfirma. Die neue Herde sei in der Zeit vom 17. bis zum 29.11.2014 eingestallt worden. Die daraufhin erfolgten Proben seien unauffällig gewesen.

Die Probe vom 22.5.2015, bei der Salmonella Indiana nachgewiesen worden sei, habe dagegen B-Eier betroffen, die nicht an die Verbraucher ausgeliefert würden, sondern zur Verwendung in der Nahrungsmittelindustrie bestimmt seien. Man habe heraus gefunden, dass der Eintrag durch einen Mitarbeiter (symptomloser Ausscheider) stattgefunden habe, der sofort freigestellt worden sei.

Bei der am 21.7.2015 gezogenen Probe seien ebenfalls Salmonella Indiana auf Eischalen nachgewiesen worden. Hier habe die Eintragsquelle nicht ermittelt werden können. Die im Zeitraum vom 21.7. bis zum 27.7.2015 produzierten Eier seien daraufhin zurückgeholt worden und es seien wiederum umfangreiche Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt worden.

Im Ergebnis würden jedenfalls nur vereinzelte Befunde vorliegen, die kein vollumfängliches Verkaufsverbot rechtfertigen würden. Eine Gefahr für die Verbraucher habe somit nicht bestanden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Akten des Antragsgegners, die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Die vom Gericht im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen, wenn ein Verwaltungsakt kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist. Wurde der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts seitens der Behörde im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet, so kann es die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen. Im letzteren Fall muss die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründen und das Gericht hat zu prüfen, ob die Begründung in formeller Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht.

Im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Entscheidung hat das Gericht eine Inte-ressenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Antragstellerin an der Wiederher-stellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorzunehmen. Diese Abwägung orientiert sich regelmäßig an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Diese sind im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu beurteilen. Ergibt diese Prüfung, dass die Erfolgsaussichten offen sind, so ist die Interessenabwägung erfolgsunabhängig zu treffen.

1. Die auf § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB gestützten Anordnungen in den

Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides sollen nach der Begründung des Bescheides in erster Linie sicher stellen, dass keine gesundheitsschädlichen Lebensmittel aus der Farm in N. in den Verkehr gebracht werden. Deshalb sind diese Anordnungen kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Werden nämlich Maßnahmen getroffen, die verhindern sollen, dass nicht sichere Lebensmittel im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 (gesundheitsschädliche Lebensmittel) in den Verkehr gebracht werden, so haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnungen keine aufschiebende Wirkung, was aus § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB folgt.

Für das Eintreten der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob die vom Verkehrsverbot betroffenen Eier tatsächlich - aus objektiver Sicht - gesundheitsschädlich im Sinn von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 sind, die anordnende Behörde somit zu Recht von einer (möglichen) Gesundheitsschädlichkeit ausgeht. Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Sofortvollzug nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB bereits dann ausgelöst wird, wenn die Behörde eine Anordnung erlassen hat, die dem Schutz der Gesundheit zu dienen bestimmt ist, wenn die Behörde also die Anordnung mit Blickrichtung auf eine von ihr angenommene Gesundheitsschädlichkeit erlassen hat. Diese Auffassung wird zum einen durch den Wortlaut des § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB ("Anordnung, die der Durchführung von Verboten nach Art. 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dienen") nahe gelegt. Zum anderen dürfte sie der Zielsetzung der Norm entsprechen, indem sie verhindert, dass die Frage, ob eine konkrete Klage aufschiebende Wirkung hat, einer unter Umständen schwierigen Rechtmäßigkeitsprüfung unterzogen wird. Die Frage der Gesundheitsschädlichkeit lässt sich im Einzelfall möglicherweise erst aufgrund umfang-reicher Ermittlungen mit Hilfe von Sachverständigen klären. So lange kann aber die Frage, ob die Anordnung kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, nicht offen bleiben (so OVG Hamburg vom 5.9.2011, GewArch 2011, 500).

Bei diesem Verständnis des § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB muss sich allerdings aus dem Bescheid ggf. in Verbindung mit weiteren Umständen (z. B. bisherige Korrespondenz, Besprechungen etc.) ergeben, dass die Behörde mit ihrer Anordnung das Verbot des Inverkehrbringens gerade gesundheitsschädlicher (und nicht nur: für den Verzehr ungeeigneter) Lebensmittel umsetzen will (OVG Hamburg vom 5.9.2011, GewArch 2011, 500). Diesem Erfordernis wird der schriftlich bestätigte Bescheid gerecht; denn in der Begründung wird ausdrücklich auf den Schutz der Gesundheit der Verbraucher und auf Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 Bezug genommen.

Einer Anordnung des Sofortvollzugs - wie dies in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheides geschehen ist - bedurfte es somit nicht. Deshalb braucht das Gericht auch nicht zu prüfen, ob die vom Landratsamt gegebene Begründung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer wird § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB im vorliegenden Fall auch nicht durch Art. 54 Abs. 1 und 2 der VO (EG) Nr. 882/2004 verdrängt. Letztere Vorschrift gilt wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unmittelbar und verdrängt die nationale Vorschrift des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 mit ausführlicher Begründung; Streinz in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, B Einführung, Rn. 38b). Deshalb ist § 39 nicht anwendbar, soweit Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 eine Regelung für bestimmte Maßnahmen enthält. Allerdings ist der Anwendungsbereich des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 enger als der Anwendungsbereich des § 39 LFGB. Art. 54 setzt nämlich voraus, dass die zuständige Behörde einen Verstoß festgestellt hat. Das ist nur der Fall, wenn sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale einer Verbotsvorschrift des Lebensmittelrechts erfüllt sind. Demgegenüber treffen nach § 39 Abs. 2 die zuständigen Behörden notwendige Anordnungen und Maßnahmen bereits zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes sowie neben der Beseitigung festgestellter Verstöße auch zur Verhütung künftiger Verstöße. Zumindest die Ermächtigung für Anordnungen und Maßnahmen bei einem hinreichenden Verdacht geht über die Ermächtigung gemäß Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 hinaus, weshalb in derartigen Fällen auf § 39 LFGB zurückgegriffen werden kann (OVG Hamburg vom 5.9.2011, GewArch 2011, 500; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 102, § 39 LFGB Rn. 10; Preuß, ZLR 2011, 47; a.A. Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 248).

Die Zwangsgeldandrohungen in der Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids sind dagegen nach Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar, da es sich insoweit um Maßnahmen handelt, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen wurden.

2. Der Bescheid des Antragsgegners vom 10.8.2015 leidet nicht an formellen Mängeln, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage rechtfertigen könnten.

a) Das Landratsamt S. war sachlich und örtlich zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig. Die sachliche Zuständigkeit des Landratsamts ergibt sich aus Art. 1 Abs. 3 Nr. 4, Art. 21 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG). Danach gehört die Lebensmittelüberwachung zur Zuständigkeit der Landratsämter als Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG.

b) Zwar hat vor Erlass der streitgegenständlichen Verfügung eine den Anforderungen des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG genügende Anhörung der Antragstellerin nicht stattgefunden. Allerdings ist dies unerheblich.

Gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist einem Beteiligten, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Anhörung muss grundsätzlich die beabsichtigte behördliche Maßnahme konkret benennen (BVerfG vom 20.12.2013, DVBl. 2014, 303, 305). Zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen gehören auch die (bisherigen) Ermittlungsergebnisse der Behörde (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 28 Rn. 29 m. w. N.), wobei es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Entscheidungserheblichkeit auf die rechtliche Einschätzung der Behörde ankommt (BVerfG vom 14.10.1982, BVerfGE 66, 184, 190). Gemessen daran lässt sich eine ordnungsgemäße Anhörung der Antragstellerin vor Erlass der Anordnung vom 10.8.2015 nicht feststellen.

Allerdings kann gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Diese Voraussetzungen waren jedenfalls aus Sicht des Antragsgegners gegeben. Über die möglichen Manipulationen des MHD im Betrieb der Antragstellerin erhielt das StMUV erst am 7.8.2015 Kenntnis. Aus dieser Kenntnis heraus sah sich der Antragsgegner veranlasst, sofortige Maßnahmen zu treffen, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Eine vorherige Anhörung der Antragstellerin hätte dazu geführt, dass die Anordnung nicht mehr am gleichen Tag mündlich hätte verfügt werden können. Deshalb waren die Voraussetzungen für einen Verzicht auf eine Anhörung gegeben.

Selbst wenn man aber vorliegend eine Anhörung für erforderlich halten wollte, so wäre dieser Verfahrensmangel hier in entsprechender Anwendung des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG im Eilverfahren geheilt worden (BayVGHvom 28.4.2015, Az: 9 ZB 15.714 sowie vom 26.10.2012, Az: 22 CS 11.1989 m. w. N.).

3. Die zur Entscheidung berufene Kammer sieht sich allerdings nicht in der Lage, bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage eine Aussage darüber zu treffen, ob die Anfechtungsklage in der Hauptsache voraussichtlich erfolgreich sein wird oder nicht. Insoweit sind weitere Ermittlungen und gegebenenfalls sogar Beweiserhebungen erforderlich, die im Rahmen eines Eilrechtsschutzverfahrens nicht durchzuführen sind.

a) Rechtsgrundlage für die Anordnungen in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist § 39 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 3 LFGB. Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie können insbesondere das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken.

Die Verbotsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet der Antragstellerin generell für die Zukunft die Abgabe von in der Farm N. produzierten Eiern als Lebensmittel und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Dauerverwaltungsakte sind als sich ständig aktualisierende Verwaltungsakte anzusehen, für die eine geänderte Sach- und Rechtslage zu beachten ist (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 43 f.). Dies gilt nicht nur für das Gericht, sondern auch für die zuständige Behörde, die stets prüfen muss, ob die den Verwaltungsakt rechtfertigende Sach- und Rechtslage noch besteht. Entfällt eine den Dauerverwaltungsakt rechtfertigende Tatbestandsvoraussetzung, so ist die Behörde zur Aufhebung des Verwaltungsaktes verpflichtet.

Das Gericht hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG vom 22.01.1998, BVerwGE 106, 141).

aa) In Bezug auf Manipulationen hinsichtlich des MHD besteht aufgrund der seitens der Staatsanwaltschaft R. am 7.8.2015 dem Antragsgegner mitgeteilten Zeugenaussagen jedenfalls ein hinreichender Verdacht eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum eines Lebensmittels ist das Datum, bis zu dem dieses Lebensmittel unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezi-fischen Eigenschaften behält (vgl. § 7 Abs. 1 LmKV). Grundsätzlich obliegt es dem Lebensmittelunternehmer, dieses Datum festzusetzen. Etwas anderes gilt jedoch für Eier. Nach Art. 13 Satz 1 VO (EG) Nr. 589/2008 ist das Mindesthaltbarkeitsdatum auf höchstens 28 Tage nach dem Legedatum festzusetzen. Der Unternehmer hat somit keinen Spielraum, über dieses maximale Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus zu gehen.

Allerdings trägt die Antragstellerin zutreffend vor, dass das MHD gemäß Art. 12 Abs. 1 Buchst. d) VO (EG) Nr. 589/2008 nur bei Eiern der Güteklasse A zwingend anzugeben ist. Bei Eiern der Klasse B müssen dagegen gemäß Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 589/2008 auf der Verpackung lediglich die Nummer der Packstelle, die Güteklasse (entweder durch die Worte „Klasse B“ oder durch den Buchstaben „B“) sowie das Verpackungsdatum angegeben werden. Die Antragstellerin hat diesbezüglich ausgeführt, retournierte A-Eier würden im Betrieb umverpackt und als B-Eier mit dem Umverpackungsdatum in den Verkehr gebracht. Aufgrund der Kennzeichnungsvorschriften in der VO (EG) Nr. 589/2008 liegt es nahe, dass dies tatsächlich so geschehen ist und die Zeugen bezüglich der Kennzeichnung von B-Eiern das MHD und das Verpackungsdatum fälschlicherweise gleich gesetzt haben.

Die entscheidende Kammer hat jedoch erhebliche Bedenken, ob das von der Antragstellerin im Schriftsatz vom 8.9.2015 geschilderte Prozedere beim Umdeklarieren von retournierten A- in B-Eier mit der VO (EG) Nr. 589/2008 in Einklang zu bringen ist. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass gemäß Art. 2 Abs. 4 Satz 2 der genannten Verordnung eine Herabstufung von Eiern der Klasse A, die nicht mehr die erforderlichen Gütemerkmale des Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 589/2008 aufweisen, in solche der Klasse B zulässig ist. Nach Auffassung des Gerichts darf dann aber als Verpackungsdatum im Sinne des Art. 12 Abs. 4 Buchst. c) VO (EG) Nr. 589/2008 nicht das Datum des Umverpackens angegeben werden, sondern das erste Verpackungsdatum, d. h. das Datum, an dem die Eier als A-Ware verpackt worden sind. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die VO (EG) Nr. 589/2008 ausdrücklich zwischen dem „Verpacken“ und dem „Umpacken“ unterscheidet. So schreibt nämlich Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 589/2008 vor, dass Eier innerhalb von zehn Tagen nach dem Legen sortiert, gekennzeichnet und verpackt werden müssen. Unter dem „Umpacken“ ist dagegen nach Art. 1 Buchst. j) VO (EG) Nr. 589/2008 die physische Übertragung von Eiern in eine andere Verpackung oder neue Kennzeichnung einer Verpackung mit Eiern zu verstehen. Wäre unter dem Verpackungsdatum im Sinne des Art. 12 Abs. 4 Buchst. c) VO (EG) Nr. 589/2008 auch das Umpackungsdatum zu verstehen, so hätte der Abnehmer der Eier keinerlei Angaben auf der Verpackung zur Verfügung, die einen Rückschluss auf das Alter der Eier zulassen. Aus Sicht des Gerichts macht die gesetz-liche Regelung, wonach bei B-Eiern auf die Angabe des MHD verzichtet wird und nur das Verpackungsdatum anzugeben ist, nur dann Sinn, wenn damit das Datum des ersten Verpackens im Sinne des Art. 6 Abs. 1 VO (EG) 589/2008 gemeint ist. In diesem Fall kann sich der Abnehmer der Eier nämlich darauf verlassen, dass die B-Eier maximal 10 Tage vor dem angegebenen Datum gelegt worden sind. Da ein Umpacken auch nach diesem Zeitpunkt möglich ist, wäre die Angabe des Umpackungsdatums praktisch wertlos. Hätte der Verordnungsgeber im Übrigen auch das Datum des Umpackens für die Kennzeichnung von B-Eiern als ausreichend erachtet, so hätte er dies konkret in Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 589/2008 regeln können, zumal die Verordnung ja in Art. 1 Buchst. j) den Begriff des Umpackens ausdrücklich definiert.

Deshalb ist das von der Antragstellerin in der Vergangenheit praktizierte und im Schriftsatz vom 8.9.2015 geschilderte Vorgehen in Bezug auf die Kennzeichnung retournierter Eier nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht mit der VO (EG) Nr. 589/2008 in Einklang zu bringen.

Nach alledem begründen die von der Staatsanwaltschaft R. übermittelten Zeugenaussagen nach Auffassung der Kammer einen hinreichenden Verdacht, dass gegen Kennzeichnungsvorschriften verstoßen worden ist. Dabei ist zu bedenken, dass mehrere Aussagen vorliegen, die in ihrem Kern übereinstimmen. Inwieweit sich dieser Verdacht realisiert, wird sich wohl erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft zeigen. Allerdings genügt nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bereits ein hinreichender Verdacht eines Verstoßes, um die zuständige Behörde zum Einschreiten zu verpflichten. Ein Entschließungsermessen sieht die Norm insoweit nicht vor. Wird der zuständigen Behörde der Verdacht eines lebensmittelrechtlichen Verstoßes bekannt, so muss sie einschreiten. Nur hinsichtlich der im Einzelfall konkret zu treffenden Maßnahmen kann sie unter verschiedenen möglichen Maßnahmen auswählen, wobei sie insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss (vgl. Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 102, § 39 LFGB, Rn. 17).

Das Gericht sieht sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allerdings nicht in der Lage, festzustellen, ob dieser begründete Verdacht bereits ein Verbot des Inverkehrbringens der bis zum 7.8.2015 in der Farm N. produzierten Eier und aller ab diesem Zeitpunkt noch produzierten Eier rechtfertigt. Gegebenenfalls sind hier auch mildere Mittel denkbar, die eine korrekte Kennzeichnung der produzierten Eier sicher stellen. Denkbar wäre etwa sowohl bei der Kennzeichnung von A-Eiern als auch bei der Kennzeichnung von herabgestuften B-Eiern - worauf die Antragstellerin hingewiesen hat - die Anordnung von besonderen Dokumentationspflichten, durch die ein Bezug zwischen dem angebrachten MHD bzw. Verpackungsdatum und dem Legedatum hergestellt werden kann. Dadurch könnten gegebenenfalls künftige Unregelmäßigkeiten verhindert werden. Allerdings würden derartige Maßnahmen auch voraussetzen, dass die Geschäftsführung und die leitenden Mitarbeiter der Antragstellerin eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass diese Dokumentationspflichten auch eingehalten werden. Da nach den vorliegenden Zeugenaussagen ein hinreichender Verdacht dafür besteht, dass Manipulationen zielgerichtet und auf Anordnung des ehemaligen Geschäftsführers erfolgten und nicht nur versehentlich, müssen hier jedoch gewisse Bedenken angemeldet werden. Zwar wurde der Geschäftsführer zwischenzeitlich ausgetauscht. Allerdings bestehen gewisse Anhaltspunkte dafür, dass auch der neue Geschäftsführer keine Gewähr dafür bietet, dass er die lebensmittelrechtlichen Vorschriften zuverlässig einhält. Dies zu überprüfen, muss allerdings dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Sehr fraglich ist es allerdings, ob möglicherweise vorliegende Verstöße gegen das Kennzeichnungsrecht dazu führen können, dass falsch gekennzeichnete Eier gesundheitsschädlich im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 sind. Hier liegt die Annahme nahe, dass dies von der Dauer der Überschreitung des MHD abhängig ist bzw. von der Zeitspanne der Abweichung des als Ver-packungsdatum angegebenen Umverpackungsdatums vom tatsächlichen Ver-packungsdatum.

Aus Sicht des Gerichts erscheint es jedenfalls sehr zweifelhaft, ob allein der Verdacht der Anbringung unrichtiger MHD bzw. Verpackungsdaten ein umfassendes Verbot des Verkaufs von Eiern als Lebensmittel rechtfertigen kann. Vielmehr dürfte es hier mildere Mittel geben, um mögliche künftige Verstöße zu verhindern.

bb) Ferner besteht aufgrund der nicht unerheblichen Salmonellennachweise in den Betrieben der Antragstellerin nach Auffassung des Gerichts ein hinreichender Verdacht von Verstößen gegen Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002, wonach gesundheitsschädliche Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen.

In der Farm in N. wurden seit dem 4.8.2014 vier Mal Salmonellen auf den Eierschalen festgestellt. Der letzte positive Befund stammt erst vom 22.7.2015 (Salmonella Indiana). Zwischen den einzelnen positiven Testergebnissen wurden wiederholt behördliche Anordnungen zur Reinigung und Desinfektion getroffen, um das Salmonellengeschehen abzustellen. Diese Anordnungen hatten jedoch jeweils nur vorübergehend Erfolg. Die Eintragsquelle für die Salmonellen ist offenbar nach wie vor unklar.

Hinzu kommt, dass auch in anderen Farmen der Antragstellerin ein Salmonellenproblem besteht. So wurden etwa am Standort T. am 25.2.2015 Salmonella Agona in den Kotproben festgestellt. Auch nachdem im März 2015 die gesamte Herde in T. ausgestallt wurde und es zu einer Neueinstallung von Junghennen kam, konnten am 22.5.2015 sowie am 8.6.2015 erneut Salmonella Agona im Kot und Staub an diesem Betriebsstandort festgestellt werden. Darüber hinaus hat das LGL zum Standort T. mitgeteilt, dass derzeit erneut Proben aus dem dortigen Stall auf Salmonella spp. im Tierkot und Umgebungsproben untersucht würden. Mit Schreiben vom 2.9.2015 an das Landratsamt D. hat das LGL mitgeteilt, dass im Stall II in T. erneut Salmonella Agona im Staub nachgewiesen worden seien (vgl. dazu das Eilrechtsschutzverfahren Az: RN 5 S 15.1265). Ferner hat die Regierung ... im gerichtlichen Verfahren diverse Untersuchungsbefunde vorgelegt, welche die Legefarm E. der Antragstellerin betreffen, in welcher derzeit allerdings nicht produziert wird. Danach wurden dort im August 2015 sowohl Salmonellen der Gr. B/S Indiana sowie der Gr. D/S Enteritidis (Feldstamm) nachgewiesen.

Aufgrund dieser Befunde und auch aufgrund der von der Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Geschäftsführer geführten Ermittlungen wegen des Inverkehrbringens von mit Salmonellen behafteten Eiern besteht aus Sicht der entscheidenden Kammer jedenfalls ein hinreichender konkreter Verdacht, dass in allen Betriebsstandorten der Antragstellerin derzeit ein Salmonellenproblem besteht, welches seitens der Antragstellerin bislang nicht abgestellt werden konnte. Bislang angeordnete Desinfektionsmaßnahmen führten jedenfalls noch nicht zum Erfolg, weshalb einiges dafür spricht, dass die Anordnung des Verbots, Eier als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, ermessensgerecht und insbesondere auch verhältnismäßig ist. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass andernfalls mit Salmonellen behaftete Eier zum Endverbraucher oder in die Lebensmittelindustrie gelangen, so dass ein hinreichender Verdacht besteht, dass gesundheitsschädliche Eier in den Verkehr gelangen können. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass Salmonellen beim Menschen Durchfallerkrankungen hervorrufen und insbesondere bei Risikogruppen wie Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen, HIV-Patienten und immungeschwächten Patienten schwere Erkrankungen hervorrufen und sogar zum Tode führen können (vgl. Wikipedia), spricht einiges dafür, dass die vom Landratsamt getroffenen Anordnungen ermessensgerecht und insbesondere verhältnismäßig sind. Zwar sind die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Antragstellerin immens. Andererseits muss hier dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher ein ganz hohes Gewicht beigemessen werden, was unter Umständen sogar zu einer Ermessensreduzierung auf Null zulasten der Antragstellerin führen kann. Dies gilt umso mehr, als der Vorwurf im Raum steht, dass salmonellenbelastete Eier der Antragstellerin bereits zu Todesfällen geführt haben sollen.

Gleichwohl lässt sich aus Sicht der entscheidenden Kammer nicht mit abschließender Sicherheit beurteilen, ob das in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnete Verkehrsverbot tatsächlich erforderlich war oder ob gegebenenfalls mildere Maßnahmen denkbar sind, die ein Inverkehrbringen von mit Salmonellen behafteten Eiern wirksam verhindern. Denkbar wäre gegebenenfalls auch die Anordnung von stetigen Untersuchungen vor dem Inverkehrbringen der Eier, wobei diesbezüglich auch zu prüfen wäre, in welchem Zeitrahmen diese in der Praxis erfolgen könnten, welche Kosten sie verursachen und ob diese im Hinblick auf die eingeschränkte Haltbarkeit von Eiern praktisch durchführbar und zielführend wären. Diese Fragen vermag das Gericht mangels entsprechender Sachkunde nicht selbst zu beantworten. Auch vermag das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu beurteilen, ob - wie dies die Antragstellerin sinngemäß ausführt - „gelegentliche Salmonellennachweise“ in Hühnerhaltungsbetrieben nicht zu vermeiden sind und ab welcher Nachweishäufigkeit ein „strukturelles Salmonellenproblem“ anzunehmen ist.

Ferner ist wohl auch zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit bereits umfangreiche Verbesserungsmaßnahmen in den Betrieben der Antragstellerin umgesetzt worden sind, um die Problematik in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin ein umfangreiches HACCP-Konzept vorgelegt, das ein Inverkehrbringen von mit Salmonellen behafteten Eiern unterbinden soll. Des Weiteren ist auch der von der Antragstellerin eingesetzte Tierarzt Dr. S. bemüht, das Salmonellenproblem einzudämmen. Hinzu kommt, dass offenbar auch das Landratsamt in der Vergangenheit die Anordnung von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen für ausreichend erachtet hat.

Andererseits hat das LGL das HACCP-Konzept der Antragstellerin im Verlauf des gerichtlichen Eilverfahrens eingehend überprüft und im Rahmen einer Stellungnahme vom 27.8.2015 mitgeteilt, dass die Konzeption der Antragstellerin zwar eine Grundlage für eine zukünftige Betriebsführung darstellen könnte, in der vorliegenden Form aber nach wie vor lückenhaft sei und etliche Unstimmigkeiten aufweise. Diese wurden im Rahmen der fünfzehn Seiten umfassenden Stellungnahme des LGL eingehend dargestellt.

Gegen die Wirksamkeit der von der Antragstellerin bislang durchgeführten Maßnahmen sprechen darüber hinaus die jüngsten Salmonellennachweise in den verschiedenen Betrieben der Antragstellerin, die nur kurze Zeit zurück liegen.

Im Ergebnis sind damit zahlreiche Fragen offen, die erst im Hauptsacheverfahren beantwortet werden können.

b) Die Anordnung unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids dient der Überwachung und Durchsetzung der Anordnung unter Ziffer 1. Sie lässt sich auf § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB stützen und setzt voraus, dass die Anordnung unter Ziffer 1 rechtmäßig erfolgt ist. Somit gelten hier die obigen Ausführungen entsprechend.

c) Die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 3 des Bescheides stützen sich auf die Art. 18, 19, 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Selbstständige rechtliche Einwendungen gegen das angedrohte Zwangsgeld sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung hängt somit ebenso ausschließlich von der Rechtmäßigkeit des unter Ziffer 1 angeordneten Verbots ab.

4. Nach alledem sind die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage derzeit als offen anzusehen, so dass die Kammer eine reine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs und dem Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorzunehmen hat. Diese Abwägung geht zulasten der Antragstellerin aus. Das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ergibt sich daraus, dass dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes im Hinblick auf die gegebenenfalls bestehenden Gesundheitsgefahren durch ein mögliches Inverkehrbringen salmonellenbehafteter Eier ein höheres Gewicht einzuräumen ist als den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin. Zwar erleidet die Antragstellerin erhebliche wirtschaftliche Nachteile, wenn die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Untersagungsverfügung nicht wiederhergestellt wird, die Anfechtungsklage in der Hauptsache dann aber doch Erfolg haben sollte. Auf der anderen Seite würde aber ein hohes Verbraucherschutzniveau nicht gewährleistet werden, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet werden würde, sich die Untersagungsverfügung aber letztlich als rechtmäßig erweisen würde, weil nicht auszuschließen ist, dass gesundheitsschädliche Lebensmittel in den Verkehr gelangen. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf die von Salmonellen ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefahren. Im Übrigen ist zu bedenken, dass die von der Antragstellerin hergestellten Eier nicht absolut verkehrsunfähig sind und vernichtet werden müssen. Die Eier können vielmehr noch als Industrieeier im Sinne des Art. 1 Satz 2 Buchst. h) VO (EG) Nr. 589/2008 (nicht zum Verzehr bestimmte Eier) in den Verkehr gebracht werden. Hierdurch werden die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Antragstellerin nicht unerheblich abgemildert.

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Nach Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs richtet sich der Streitwert im Hauptsacheverfahren bei lebensmittelrechtlichen Maßnahmen nach dem Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkung. Nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin entsteht ihr durch die streitgegenständliche Anordnung ein wirtschaftlicher Gesamtschaden in Höhe von 68.752,- € pro Kalendertag. Dabei geht die Kammer davon aus, dass sich die von der Antragstellerin mitgeteilte Schadenssumme auf den Gesamtschaden - also unter Einschluss auch der Auswirkungen des für die Farm in T. vom Landratsamt D. ausgesprochenen Verbots, Eier als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen - bezieht. Betrachtet man sich die Betriebsgrößen beider Farmen, so geht das Gericht davon aus, dass 40% des Gesamtschadens auf die Farm in T. (Produktion von 230.000 Eiern täglich) entfallen und 60% des Gesamtschadens auf die Farm in N. (Produktion von 340.000 Eiern täglich).

Von dem auf ein Jahr hochgerechneten Gesamtschaden in Höhe von 25.000.000,- € ent-fallen somit 15.000.000,- € auf die Farm in N. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1 Der
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(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Es ist verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben.

(2) Es ist ferner verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel mit Informationen über Lebensmittel, die den Anforderungen

1.
des Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011,
2.
des Artikels 7 Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 oder
3.
des Artikels 36 Absatz 2 Buchstabe a in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 oder Absatz 3, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
nicht entsprechen, an andere Lebensmittelunternehmer zu liefern.

(3) Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 gelten nicht für nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9; L 12 vom 18.1.2007, S. 3, L 86 vom 28.3.2008, S. 34, L 198 vom 30.7.2009, S. 87; L 160 vom 12.6.2013, S. 15), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1047/2012 (ABl. L 310 vom 9.11.2012, S. 36) geändert worden ist, zugelassene Angaben.

(1) In das Führungszeugnis werden die in den §§ 4 bis 16 bezeichneten Eintragungen aufgenommen. Soweit in Absatz 2 Nr. 3 bis 9 hiervon Ausnahmen zugelassen werden, gelten diese nicht bei Verurteilungen wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches.

(2) Nicht aufgenommen werden

1.
die Verwarnung mit Strafvorbehalt nach § 59 des Strafgesetzbuchs,
2.
der Schuldspruch nach § 27 des Jugendgerichtsgesetzes,
3.
Verurteilungen, durch die auf Jugendstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes gerichtlich oder im Gnadenweg zur Bewährung ausgesetzt oder nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes zurückgestellt und diese Entscheidung nicht widerrufen worden ist,
4.
Verurteilungen, durch die auf Jugendstrafe erkannt worden ist, wenn der Strafmakel gerichtlich oder im Gnadenweg als beseitigt erklärt und die Beseitigung nicht widerrufen worden ist,
5.
Verurteilungen, durch die auf
a)
Geldstrafe von nicht mehr als neunzig Tagessätzen,
b)
Freiheitsstrafe oder Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten
erkannt worden ist, wenn im Register keine weitere Strafe eingetragen ist,
6.
Verurteilungen, durch die auf Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt worden ist, wenn die Vollstreckung der Strafe oder eines Strafrestes
a)
nach § 35 oder § 36 des Betäubungsmittelgesetzes zurückgestellt oder zur Bewährung ausgesetzt oder
b)
nach § 56 oder § 57 des Strafgesetzbuchs zur Bewährung ausgesetzt worden ist und sich aus dem Register ergibt, daß der Verurteilte die Tat oder bei Gesamtstrafen alle oder den ihrer Bedeutung nach überwiegenden Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat,
diese Entscheidungen nicht widerrufen worden sind und im Register keine weitere Strafe eingetragen ist,
7.
Verurteilungen, durch die neben Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist, wenn die Vollstreckung der Strafe, des Strafrestes oder der Maßregel nach § 35 des Betäubungsmittelgesetzes zurückgestellt worden ist und im übrigen die Voraussetzungen der Nummer 3 oder 6 erfüllt sind,
8.
Verurteilungen, durch die Maßregeln der Besserung und Sicherung, Nebenstrafen oder Nebenfolgen allein oder in Verbindung miteinander oder in Verbindung mit Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln angeordnet worden sind,
9.
Verurteilungen, bei denen die Wiederaufnahme des gesamten Verfahrens vermerkt ist; ist die Wiederaufnahme nur eines Teils des Verfahrens angeordnet, so ist im Führungszeugnis darauf hinzuweisen,
10.
abweichende Personendaten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 und die Angabe nach § 5 Absatz 1 Nummer 8,
11.
Eintragungen nach den §§ 10 und 11,
12.
die vorbehaltene Sicherungsverwahrung, falls von der Anordnung der Sicherungsverwahrung rechtskräftig abgesehen worden ist.

(3) In ein Führungszeugnis für Behörden (§ 30 Abs. 5, § 31) sind entgegen Absatz 2 auch aufzunehmen

1.
Verurteilungen, durch die eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
2.
Eintragungen nach § 10, wenn die Entscheidung oder der Verzicht nicht länger als zehn Jahre zurückliegt,
3.
Eintragungen nach § 11, wenn die Entscheidung oder Verfügung nicht länger als fünf Jahre zurückliegt,
4.
abweichende Personendaten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1, sofern unter diesen Daten Eintragungen erfolgt sind, die in ein Führungszeugnis für Behörden aufzunehmen sind.

(4) In ein Führungszeugnis für Behörden (§ 30 Abs. 5, § 31) sind ferner die in Absatz 2 Nr. 5 bis 9 bezeichneten Verurteilungen wegen Straftaten aufzunehmen, die

1.
bei oder in Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung oder
2.
bei der Tätigkeit in einem Gewerbe oder einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung
a)
von einem Vertreter oder Beauftragten im Sinne des § 14 des Strafgesetzbuchs oder
b)
von einer Person, die in einer Rechtsvorschrift ausdrücklich als verantwortlich bezeichnet ist,
begangen worden sind, wenn das Führungszeugnis für die in § 149 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung bezeichneten Entscheidungen bestimmt ist.

(5) Soweit in Absatz 2 Nummer 3 bis 9 Ausnahmen für die Aufnahme von Eintragungen zugelassen werden, gelten diese nicht bei einer Verurteilung wegen einer Straftat nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184g, 184i bis 184l, 201a Absatz 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder § 236 des Strafgesetzbuchs, wenn ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a oder § 31 Absatz 2 erteilt wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Abgabe von Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... ...
Der Kläger führt zusammen mit seiner Ehefrau einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit dem Schwerpunkt Milcherzeugung. Der Stammbetrieb befindet sich in der Hauptstraße ... und umfasst die Betriebswohnung der Familie, das landwirtschaftliche Büro, den Notstall, mehrere Maschinenhallen, ein Getreidelager, die Werkstatt für Landtechnik sowie das Spritzmittellager. Dort hat der Kläger auch einen Milchautomaten zur Abgabe von Rohmilch an Kunden aufgestellt. Die in ca. zwei Kilometern Entfernung hiervon im Gewann „W...“ im Jahr 1996 errichtete weitere Betriebsstätte umfasst im Wesentlichen den neuen Stall für die Unterbringung von ca. 50 Milchkühen mit Nachzucht sowie die Melk-Technik.
Mit Verfügung vom 15.01.2010 untersagte das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis dem Kläger, Rohmilch aus dem Milchautomaten (Standort: ..., Hauptstr. ...) abzugeben und in Verkehr zu bringen. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet. Da die Abgabe der Rohmilch nicht im Milcherzeugungsbetrieb erfolge, liege ein Verstoß gegen § 17 der Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tier-LMHV) vor.
Am 20.01.2010 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Am 05.02.2010 beantragte er beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 29.03.2010 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab (10 K 312/10). Der Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 06.07.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers zurück: Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV sei es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an den Verbraucher abzugeben. Das Verbot bestehe aus Gründen des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Eine Ausnahme vom Verbot sei in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für die Abgabevon Milcherzeugungsbetrieben unter den strengen Bedingungen der Ziffern 1 bis 5 dieses Absatzes möglich. Nach Ziffer 1 der Vorschrift müsse die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgen. Dies sei auch in der Vorgängerregelung, § 8 der Milchverordnung, im sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe"-Paragrafen so geregelt gewesen. Der Verordnungsgeber habe schon durch die Wortwahl Abgabe „von Milcherzeugungsbetrieben“ nur „im Milcherzeugungsbetrieb“ in Halbsatz 1 und 2 von § 17 Abs. 4 Tier-LMHV die spezifische Regelungsabsicht deutlich gemacht. Der Milcherzeugungsbetrieb sei in Anhang I Nr. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 definiert als Betrieb, in dem ein oder mehrere Nutztiere zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden. Diese rechtliche Vorgabe erfülle der Kläger nicht, da die Abgabe der Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... und nicht in der zwei Kilometer entfernten Betriebsstätte, in welchem die Rohmilch gewonnen werde, stattfinde. Außerhalb des Erzeugerbetriebes liegende Räumlichkeiten dürften zur Milch-ab-Hof-Abgabe nicht verwendet werden, selbst wenn sie in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers lägen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, sein Milcherzeugungsbetrieb bestehe aus zwei Betriebsstätten. Im Hygienerecht sei es unabdingbar, jede Betriebsstätte unabhängig voneinander zu betrachten. Eine enge und einheitliche rechtliche Auslegung der Vorschrift sei auch deshalb geboten, da der Verbraucher so durch den unmittelbaren Kontakt mit dem Erzeugungsbetrieb eine eigene Beurteilung der Hygiene bei der Milchviehhaltung und der Milchgewinnung treffen könne. In der Vergangenheit seien mehrere Fälle mit zum Teil tödlichem Verlauf des HUS-Syndroms (hämolytisch-urämisches Syndrom) aufgetreten, das auf Enterohämorrhagische E-Coli (EHEC) in Rohmilch zurückzuführen gewesen sei. Dies sei zwar ein seltenes, aber mitunter sehr gravierendes Erkrankungsrisiko beim Verzehr von Rohmilch oder nach einer Kontamination von Küchengegenständen und anderen Speisen beim Umgang im privaten Bereich. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 09.07.2010 zugestellt.
Der Kläger hat am 03.08.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und die Aufhebung der Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 beantragt.
Mit Urteil vom 16.11.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen der auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützten Untersagungsverfügung lägen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den Rohmilchautomaten am Standort ..., Hauptstraße ... verstoße gegen § 17 Tier-LMHV. Der Anwendung der Bestimmung stehe nicht der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 entgegen. Denn Art. 10 Abs. 8a dieser Verordnung überlasse es ausdrücklich dem einzelnen Mitgliedstaat, insoweit aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. Aufgrund dieser Öffnungsklausel könne der Kläger sich auch nicht mit Erfolg auf die unterschiedliche Handhabung der Abgabe von Rohmilch oder Rohrahm in anderen Mitgliedstaaten berufen. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV lägen nicht vor. Bei der Abgabe von Rohmilch aus einem Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... handele es sich nicht um eine Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" im Sinne der Vorschrift. § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb, somit auf den Ort, an dem die Milch gewonnen wird. Bei der in der Nr. 1 aufgestellten Anforderung, der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb", handele es sich um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Aus der Systematik folge, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV als Ausnahmetatbestand zu dem grundsätzlichen Rohmilchabgabeverbot in Absatz 1 eng auszulegen seien. Auch die Verwendung des unter Nr. 4.1. des Anhang I der Verordnung (EG) 853/2004 definierten Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs" stehe einem engen Verständnis des Begriffs „im Milcherzeugungsbetrieb" nicht entgegen. Sinn und Zweck der Regelung sei der Schutz der Verbraucher vor den gesundheitlichen Risiken durch den Verzehr von Rohmilch. Rohmilch könne Krankheitserreger wie EHEC-Bakterien oder Campylobacter enthalten, die insbesondere bei kleinen Kindern zu Infektionen mit schweren gesundheitlichen Schäden führen könnten. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe dementsprechend räumlich auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb als den Ort, wo die Milch gewonnen werde. Die Existenz der Strafbestimmung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 6 Tier-LMHV i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 18, Abs. 4 bis 6 LFGB und die Höhe der Strafandrohung verdeutlichten die hohe Wertigkeit, die der Gesetzgeber dem Rechtsgut der Gesundheit des Verbrauchers beimesse. Auf die Erfüllung der sonstigen - insbesondere der hygienerechtlichen - Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger komme es nicht an.
Gegen das Urteil hat der Kläger die durch Senatsbeschluss vom 17.06.2013 (9 S 347/12) zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er insbesondere vor:
Das Verwaltungsgericht habe ausgehend von dem Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“ in Anhang I Ziff. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2004 die Einengung des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in der vorgenannten Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in europarechtswidriger Weise vorgenommen. Der nationale Gesetzgeber dürfe entsprechend Art. 10 Abs. 8 der EG-Verordnung einschränkende Regelungen treffen, die jedoch eines Sachgrunds bedürften, der zwingend mit den Zielvorstellungen der zugrundeliegenden Normen, nämlich mit hygienerechtlichen Bestimmungen, in Einklang zu bringen sein müsse. Hygienerechtliche Belange spielten indes für das Merkmal der „Örtlichkeit“ keine Rolle. Europarechtlich sei kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass die Tiere nicht an einer anderen Stelle gehalten werden könnten als am Ort der Milchabgabe. Ansonsten hätte der Verordnungsgeber sinngemäß regeln können, dass der „Milcherzeugungsbetrieb“ nur dahin zu verstehen sei, dass der Ort des Betriebs gemeint sei, an dem gleichzeitig die Milch in den Verkehr gebracht werden soll. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV habe keinerlei hygienerechtliche Komponente, aber eine Schutzfunktion zu Gunsten der landwirtschaftlichen bzw. milcherzeugenden Betriebe. Die hygiene- und gesundheitsrechtlichen Aspekte würden in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV abgedeckt, jedoch gerade nicht in Nr. 1 dieser Regelung. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den primärrechtlichen Grundlagen nicht auseinandergesetzt (Zielsetzungen des Binnenmarkts, Vorschriften der Landwirtschaft in Art. 38 Abs. 1 AEUV, Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, Art. 39 Abs. 1b AEUV, Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen, Art. 39 Abs. 1e AEUV, Wettbewerbsfreiheit, Art. 40 Abs. 1a AEUV, Berufsfreiheit des Klägers, Art. 15 der Europäischen Grundrechtscharta sowie Gleichheitsgrundsatz, Art. 20 der Europäischen Grundrechtscharta). Jedenfalls sei § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV nicht verfassungskonform und auch nicht europarechtskonform. Wäre gesetzgeberisches Ziel die Einhaltung von Hygienebestimmungen, so wäre die Regelung in der Ziff. 1 hierfür untauglich. Die Einhaltung von Hygienebestimmungen bzw. die Vermeidung von Gefährdungslagen werde nicht dadurch gefördert bzw. beseitigt, dass die Milch unmittelbar an der „Stalltür“ abzugeben sei. Somit sei kein legitimer verfassungsrechtlicher Zweck erkennbar. Bis heute seien seitens der zuständigen Behörden keine hygienerechtlichen Bedenken erhoben worden und lägen auch keinerlei negative Kontrollergebnisse vor. Die Einhaltung hygienerechtlicher Bestimmungen und damit die Gewährleistung von Gesundheits- und Lebensmittelschutz werde auch dann nicht garantiert, wenn die Milch an der Stalltüre abgegeben werde, in dem Betrieb aber zum Beispiel unsachgemäß gearbeitet werde oder eine hohe Keimzahl vorhanden sei. Die Einhaltung der hygienerechtlichen Bestimmungen und nicht der Standort der Abgabe sei der entscheidende Ansatz. Der Kläger halte indes alle diesbezüglichen Vorschriften an seinem Hof ein. Dies belege der konkrete Ablauf der Milchproduktion (wird im Einzelnen unter Vorlage einer Foto-Dokumentation dargelegt). Wäre gesetzgeberische Intention die Möglichkeit einer besseren Kontrolle durch den Betriebsinhaber bzw. Milcherzeuger, wäre dies an dem Standort des Milchautomaten am Stammbetrieb gerade gewährleistet. Nach alledem sei die Beschränkung des Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs“ im Sinne der unmittelbaren Verbindung zwischen Kuhstall und Abgabeort gemessen am Maßstab der normgeberischen Zielsetzung hygienerechtlicher Anforderungen nicht nur verfehlt, sondern auch untauglich. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums könne ein Verbraucher auch in einer vermeintlich sauberen Umgebung gerade nicht abschätzen bzw. erkennen, ob die von ihm abgeholte Rohmilch hygienerechtlich beanstandungsfrei sei oder nicht. Auch die Formulierung in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Tier-LMHV bezüglich des Hinweises auf das Abkochen der Rohmilch und auf die Anbringung des Schildes an der „Abgabestelle“ spreche dafür, dass der nationale Verordnungsgeber die hier gegenständliche restriktive Handhabung nicht gewollt habe. Der Begriff der „Abgabestelle“ sei nämlich ein anderer als der Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“. Im Übrigen verstoße die Regelung gegen den verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Aus der Norm könnte weder der jeweils betroffene Landwirt noch die rechtsanwendende Behörde ableiten, wie weit die konkrete Abgabestelle vom Stallgebäude entfernt sein dürfe. Auch die Ermessensausübung der Behörde sei zu beanstanden. Der Zweck der Ermächtigung sei in der Überwachung und Einhaltung der Vorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefahren für Verbraucher zu sehen. Der Bereich sei im weitesten Sinne der Gefahrenabwehr und dem Gesundheitsschutz zuzuordnen. In dem gesamten Verfahren sei jedoch verkannt worden, dass die Hygienebestimmungen überhaupt nicht verletzt seien. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in der Form der vom Beklagten vorgenommenen engen Auslegung sei vor dem Hintergrund der hygienerechtlichen Bestimmungen zur Zweckerreichung schlechthin ungeeignet und verletze ihn deshalb in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege vor, weil zwei gleichgelagerte Sachverhalte in W. und in N. anders behandelt würden als sein Fall. Auch Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liege vor. Die Regelung sei ungeeignet, weil mit der Abgabe von Rohmilch am Stallgebäude keine Verbesserung der hygienerechtlichen Situation einhergehe. Außerdem gebe es mildere Mittel gegenüber der vollständigen Untersagung der Milchabgabe. Jedenfalls falle eine Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse des Gesundheits- und Lebensmittelschutzes und den Rechtsgütern des Klägers zu dessen Gunsten aus. Es sei nicht ersichtlich, dass irgendein Fall der Rohmilchabgabe zu ernsthaften Problemen geführt habe. Es werde nicht ausreichen, lediglich auf abstrakte/potentielle Gefahren hinzuweisen, die sich in keinem einzigen Fall realisiert hätten. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen sei gegebenenfalls eine Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und eine Vorlage an den EuGH geboten.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 aufzuheben.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Bei der näheren Bestimmung der Bedeutung der Formulierung „Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb“ sei zunächst auf Sinn und Zweck der Vorschriften abzustellen. Regelungsziel der Tier-LMHV sei es, durch Hygienevorschriften die Gefahren, die im Umgang mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs für die öffentliche Gesundheit ausgingen, auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die unmittelbare Rohmilchabgabe vom Erzeuger an den Endverbraucher seien allesamt in diesem Sinnzusammenhang zu sehen. Es handele sich hierbei ausschließlich um Hygieneanforderungen im Umgang mit Rohmilch, die dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienten. Dies gelte ausdrücklich auch für die Voraussetzung der Milchabgabe im Milcherzeugungsbetrieb. Dies könne unter Berücksichtigung des hygienerechtlichen Hintergrundes nur als dahingehendes Verbot verstanden werden, Rohmilch weg vom Milcherzeugungsbetrieb an einen anderen Abgabeort zu transportieren. Mit dem Transport der Rohmilch steige das Risiko einer Belastung der Milch mit Krankheitserregern und damit auch die Infektionsgefahr für den Menschen. Rohmilch als solche berge immer die potentielle Gefahr, mit Krankheitserregern belastet zu sein. Ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, könne sich aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Milch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Bearbeitungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhten die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Außerdem könnte die damit einhergehenden Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen. Der Verordnungsgeber habe in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV deshalb diese durch zusätzliche Bearbeitungsschritte bedingten Risiken von vornherein ausgeschlossen. Er habe den Transport als abstrakt risikoerhöhenden Umstand gänzlich verboten. Die Auslegung, dass die Regelung keine hygienerechtliche Komponente enthalte, sondern nur bezwecke, einen Ankauf von Rohmilch durch Dritte zu verhindern, sei mit dem hygienerechtlichen Schutzzweck der Tier-LMHV nicht zu vereinbaren. Auch das Verbot des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Tier-LMHV, andere als im eigenen Betrieb gewonnene Rohmilch zu verkaufen, bezwecke nicht, die landwirtschaftlichen milcherzeugenden Betriebe vor Konkurrenz durch Zwischenhändler zu schützen. Im Rahmen der Wortauslegung werde der Ortsbezug deutlich, wenn man die vollständige Formulierung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV „die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt“, betrachtet. Die Örtlichkeit müsse mit der Milcherzeugung in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ein rein betriebswirtschaftlicher Zusammenhang reiche nicht aus. Festzuhalten sei, dass eine Wortlautauslegung ergebe, dass die Milchabgabe an dem Ort zu erfolgen habe, an dem ein Betrieb - bestehend aus einem oder mehreren Nutztieren, die vom Erzeuger zum Zweck der Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden - tatsächlich Milch erzeuge. Auch eine systematische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegensatz zu der unmittelbaren Abgabe von Rohmilch sei die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher nicht örtlich auf den Erzeugerbetrieb beschränkt. Vorzugsmilch könne vielmehr gehandelt werden; der Verbraucher könne Vorzugsmilch auch im Einzelhandel erwerben. Im Unterschied zur Rohmilchabgabe unterliege die Vorzugsmilchabgabe jedoch deutlich strengeren Hygieneanforderungen. Mit § 17 Abs. 4 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber den früher gängigen Vorgang - das Abholen frischer Milch direkt vom Bauernhof regelmäßig mit eigens mitgebrachten Flaschen und Kannen - weiterhin zugelassen. Mit § 17 Abs. 2 und Abs. 3 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber hingegen dem Verbraucher den Zugang zu dem Produkt „(nahezu) unbehandelte Milch“ ermöglichen wollen. Außerdem sei zu beachten, dass die den Ausnahmetatbestand begründenden Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen seien. Ausweislich der Begründung habe der deutsche Verordnungsgeber die in der Milchverordnung in § 8 ehemals geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ inhaltsgleich in den neuen § 17 Tier-LMHV übernehmen wollen. Eindeutig in der Begründung nachzulesen sei, dass ausschließlicher Zweck der nur als Ausnahme zugelassenen direkten Rohmilchabgabe sei, die Gesundheit der Verbraucher vor potentiellen Risiken, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden seien, zu schützen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei § 17 Tier-LMHV in jeglicher Hinsicht verfassungsgemäß. Insbesondere werde nicht in rechtswidriger Weise in Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Die Vorgabe der Abgabe von Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sei. Da der Transport der Rohmilch das Risiko erhöhe, dass diese mit Krankheitserregern kontaminiert sei, sei das Transportverbot geeignet, den angestrebten Zweck zu erfüllen. Die klägerseits vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 17 Tier-LMHV mit Europarecht könnten nicht geteilt werden. Bei § 17 Tier-LMHV handele es sich um eine nationale Regelung, die - neben europarechtlichen Vorschriften - den Umgang mit Rohmilch regele. In Art. 10 Abs. 3, Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 ermächtige der europäische Gesetzgeber die Mitgliedstaaten dazu, weitergehende einzelstaatliche Vorschriften zu erlassen, die das Inverkehrbringen von Rohmilch, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sei, in seinem Hoheitsgebiet untersagen oder einschränken. In Absatz 11 der Präambel heiße es darüber hinaus, dass es bei der direkten Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher angezeigt sei, die öffentliche Gesundheit durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu schützen. Dadurch werde deutlich, dass der europäische Gesetzgeber die Thematik der Rohmilchabgabe nicht abschließend habe regeln wollen. Der europäische Gesetzgeber räume seinen Mitgliedstaaten dabei einen gewissen Spielraum ein. Durch die hier in Rede stehende Anforderung, Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb abzugeben, habe der deutsche Gesetzgeber eine solche - im Vergleich zum Europarecht - weitergehende Hygieneanforderung geschaffen und hierbei im Rahmen des ihm zuerkannten Spielraums gehandelt. Die Abgabestelle ... ..., Hauptstraße ... könne nicht als Milcherzeugungsbetrieb qualifiziert werden. Der Abgabeort stehe in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Erzeugungsort. Auch der seitens des Klägers beschriebene Vorgang der Rohmilcherzeugung und Abgabe zeige deutlich, dass es hier - nach Ende des Melkvorgangs bis zur Abgabe an den Verbraucher - zu weiteren Behandlungsschritten der Milch komme. Der Transport gehöre aber nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV nicht mehr zum Milcherzeugungsprozess und solle nach dieser Vorschrift aufgrund der damit einhergehenden Risikoerhöhung der abstrakten Gesundheitsgefahr gerade verhindert werden. Diese abstrakte Gefahr sei nach dem Willen des Verordnungsgebers maßgebliches Untersagungskriterium. Der Kläger könne die abstrakte Gefahr, die der Transport als solches mit sich bringe, nicht dadurch beseitigen, dass er die gesetzlichen Hygienevorgaben genauestens einhalte. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung habe sie zu berücksichtigen gehabt, dass es sich bei § 17 Abs. 1 Tier-LMHV um ein Verbot zum vorbeugenden Schutz der öffentlichen Gesundheit handele. Die Untersagungsverfügung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermessensfehlerhaft. Insbesondere seien dem Kläger alternative Möglichkeiten, seine erzeugte Milch zu vermarkten, aufgezeigt worden. Ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV bei den angeführten, im...-Kreis gelegenen Höfen eingehalten würden, könne offenbleiben. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung zu bejahen wäre, könne sich der Kläger auf eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht berufen.
15 
Die am 15.05.2014 durchgeführte mündliche Verhandlung ist mit Beschluss vom 27.05.2014 wiedereröffnet worden, um die Beteiligten zur Frage der maßgeblichen Rechtsgrundlage der gegenständlichen Verfügung anzuhören.
16 
Dem Senat liegen die Akten des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis (1 Band, 1 Aktenvermerk), des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Band) und des Verwaltungsgerichts vor. Darauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid, mit dem der Antragstellerin untersagt wurde, von ihr produzierte Eier als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen.

Am 7.8.2015 übermittelte die Staatsanwaltschaft R. dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) verschiedene Zeugenaussagen, die in einem Ermittlungsverfahren gegen den damaligen Geschäftsführer der Antragstellerin, ... P., getätigt wurden. Aus diesen Zeugenaussagen ergibt sich, dass in den Betrieben der Antragstellerin in den letzten Jahren das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), der in den Betrieben der Antragstellerin produzierten Eier erheblich manipuliert worden sein soll. Das MHD belaufe sich nach den gesetzlichen Vorgaben auf 28 Tage, gerechnet ab dem Legedatum. In den Betrieben der Antragstellerin sei das MHD häufig so manipuliert worden, dass es ab dem Tag des Versands berechnet worden sei. Dieser Tag habe jedoch häufig drei oder mehr Tage nach dem Legedatum gelegen. Bei sogenannten „B-Eiern“ seien die Manipulationen noch gravierender gewesen. So sei es vorgekommen, dass Eier, die von den Abnehmern nicht akzeptiert worden seien, wieder an die Antragstellerin zurückgeschickt worden seien. Diese Eier, die häufig bereits mit Maden besetzt, zum Teil verschimmelt gewesen seien und bereits gestunken hätten, seien dann umverpackt und mit neuem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen worden. Die Eier seien dann an die Lebensmittelindustrie geliefert worden. So sei es vorgekommen, dass das MHD ein Datum ausgewiesen habe, das ca. 50 Tage nach dem Legedatum gelegen habe. Die Anordnungen für das geschilderte Vorgehen seien meist von der Geschäftsleitung, also von Herrn P., gekommen und dann über den Farmleiter an die Mitarbeiter weitergegeben worden.

Aufgrund der Mitteilung der Staatsanwaltschaft wies das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) die Landratsämter D. und S. an, jeweils ein Verbot des Inverkehrbringens von Eiern als Lebensmittel für die Betriebsstandorte in T. (Landkreis D.) und N. (Landkreis S.) anzuordnen und dieses Verbot für sofort vollziehbar zu erklären.

Die vom Landratsamt S. ausgesprochenen Maßnahmen sind Gegenstand der Verfahren Az. RN 5 S 15.1663 und RN 5RN 5 K 15.1564.

Das Landratsamt D. sprach aufgrund der Weisung noch am 7.8.2015 mündlich ein entsprechendes Verbot aus. Dieses Verbot wurde mit Bescheid vom 10.8.2015 schriftlich bestätigt. Der Bescheid lautet wie folgt:

1. Der Firma ... GmbH & Co. KG wird untersagt, vorhandene Eier und ab dem 7.8.2015 erzeugte Eier aus der Farm T., ..., ... als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Dies wurde bereits am 7.8.2015 gegenüber dem Produktionsleiter Herrn M. ... mündlich angeordnet und wird hiermit schriftlich bestätigt.

2. Soweit die Eier als Nicht-Lebensmittel abgegeben bzw. entsorgt werden, ist dies dem Landratsamt D. unter Vorlage geeigneter Lieferscheine/Nachweise zu belegen.

3. Falls die Firma ... GmbH & Co. KG der in Ziffer 1 genannten Untersagung zuwiderhandelt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 € zur Zahlung fällig.

Falls die Firma ... GmbH & Co. KG der in Ziffer 2 genannten Untersagung zuwiderhandelt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 € zur Zahlung fällig.

Das Zwangsgeld kann im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden. Sollte das Zwangsgeld uneinbringlich sein, so kann Ersatzzwangshaft angeordnet werden.

4. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 dieses Bescheides wird angeordnet.

5. Die Firma ... GmbH & Co. KG hat die Kosten des Bescheids zu tragen.

Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 50 € festgesetzt.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft würden befürchten lassen, dass die Antragstellerin unter der Geschäftsführung von Herrn ... P. keine Gewähr dafür biete, nur sichere Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Deshalb sei ein Verbot des Inverkehrbringens von A- und B-Eiern notwendig. Daneben würden die Vorwürfe auch nahelegen, dass durch den Lebensmittelunternehmer der Fokus auf Gewinnmaximierung um jeden Preis gelegt worden sei und hierbei auch billigend in Kauf genommen worden sei, dass nicht sichere Lebensmittel abgegeben werden. Es sei nach den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft nicht auszuschließen, dass die den Zeugenaussagen entnehmbaren Praktiken auch gegenwärtig noch zu Verstößen führen würden. Die Aufgabe der Lebensmittelüberwachung sei unter anderem auf präventiven Verbraucherschutz gerichtet. § 39 LFGB erlaube ein Tätigwerden der Behörden bei hinreichendem Verdacht, um die Verbraucher vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung zu schützen.

Daneben bestehe im gesamten Betrieb der Antragstellerin ein strukturelles Defizit, was die wiederholten Salmonellenfunde (unterschiedliche Salmonellentypen an unterschiedlichen Stellen) belegen. Dies lasse befürchten, dass immer wieder salmonellenbehaftete Eier in den Verkehr gelangen (Erkenntnisse aus den umfangreichen bisherigen Untersuchungsergebnissen). Es liege kein Konzept der Antragstellerin vor, wie die Salmonellenproblematik im Betrieb dauerhaft in den Griff zu bekommen sei. Das Landratsamt halte den Erlass des Bescheids in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens für geboten, weil die Gefahr bestehe, dass nicht sichere Lebensmittel durch die Antragstellerin in den Verkehr gebracht würden und somit die Belange der Öffentlichkeit, insbesondere die Gesundheit der Verbraucher, das Interesse der Betroffenen überwiege. Von einer vorherigen Anhörung der Antragstellerin sei abgesehen worden, da eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug bzw. im öffentlichen Interesse notwendig gewesen sei.

Am 19.8.2015 ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Az: RN 5 K 15.1266 geführt wird. Zugleich ließ sie um vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nachsuchen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Anordnung des Landratsamts sei schon in formeller Hinsicht fehlerhaft. So sei das Landratsamt D. nicht zum Erlass der Verfügung zuständig gewesen. Der Betriebssitz der Antragstellerin befinde sich in A. im Landkreis S. Deshalb hätte der Bescheid von diesem Landratsamt erlassen werden müssen. Hinzu komme, dass die Antragstellerin vor Bescheidserlass nicht angehört worden sei. Darüber hinaus sei auch die Anordnung des Sofortvollzugs nicht hinreichend begründet worden.

In materieller Hinsicht sei festzustellen, dass die Untersagungsverfügung lediglich auf den von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Zeugenaussagen beruhen würde, die zum Teil weit zurückliegende Zeiträume betreffen würden. Außerdem seien die Zeugenaussagen unglaubwürdig, da es sich um ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Antragstellerin handle, die in der Farm E. tätig gewesen seien und die nicht mehr im Betrieb beschäftigt seien. Diese wollten die Firma der Antragstellerin in ein schlechtes Licht rücken. Eine Betriebskontrolle vor der Anordnung habe überhaupt nicht stattgefunden.

Soweit der Bescheid darauf gestützt werde, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin „unzuverlässig“ sei, so müsse berücksichtigt werden, dass Herr ... P. am 11.8.2015 als Geschäftsführer abberufen worden sei. Der Geschäftsführerwechsel sei bereits beim Handelsregister angemeldet und befinde sich im Vollzug. Neuer Geschäftsführer sei Herr ... M.

Bereits am 10.8.2015 sei eine ausdrückliche schriftliche Anweisung an die Farmleiter des Unternehmens erfolgt, wonach ausschließlich Eier mit dem am Produktionstag gültigen MHD versehen werden dürfen, und wonach das MHD bei returnierten noch verkehrsfähigen Eiern nicht nachträglich geändert werden dürfe und nicht verkehrsfähige Ware sofort entsorgt werden müsse. Die Umsetzung dieser Weisungen werde durch den Produktionsleiter und nunmehrigen Geschäftsführer Herrn ... M. in allen Farmen der Antragstellerin persönlich überwacht.

Soweit der Bescheid auf ein „strukturelles Defizit“ in der Salmonellenbekämpfung gestützt werde, so sei diesbezüglich auszuführen, dass in den Betrieben der Antragstellerin seit November 2006 umfangreiche Maßnahmen umgesetzt worden seien. Die Antragstellerin verfüge über ein HACCP-System, welches in allen Farmen zur Anwendung komme. Danach würden zielgerecht und risikoorientiert in allen Farmen alle potentiellen Schwachstellen entlang der Produktionskette verfolgt. Dies gelte insbesondere für die Ermittlung möglicher Eintragsquellen und Verbreitungswege von Salmonellen. Aus dem umfangreichen HACCP-Konzept mit Risikomatrix HACCP, Besucherbelehrung, Betriebsordnung, Mitarbeitermerkblatt, Schulungsplanung für 2015 sowie aus den Reinigungsplänen und -protokollen aus 2015 ergebe sich, dass die Antragstellerin umfangreiche Maßnahmen und Kontrollen zur Vorbeugung und Bekämpfung der Salmonellen durchführe. Dies gelte insbesondere für das Umfeld der Haltungseinrichtungen, die Gebäude, die Vorräume, die Reinigung und Desinfektion, Futter- und Futterlagerung, Herdenmanagement, Betreuungspersonal und die Dokumentation. Die regelmäßigen Eigenkontrollen auf Salmonellen würden umfassend und zeitgerecht durchgeführt. Zudem würde die Antragstellerin durch den Tierarzt, Herrn Dr. S., unterstützt. Herr Dr. S. befasse sich in allen Farmen der Antragstellerin mit der Salmonellenproblematik und überprüfe und kontrolliere die Farmen. Von diesem Tierarzt sei zusätzlich ein Konzept zur Risikominimierung und nachhaltiger Reduzierung eines möglichen Salmonelleneintrags in die Lebensmittelgewinnung aus der Legehennenhaltung für die Farmen der Antragstellerin aufgestellt worden. Dieses Konzept sei erst am 14.8.2015 aktualisiert worden.

Nach alledem würden die Voraussetzungen für das vom Antragsgegner ausgesprochene Verkaufsverbot nicht vorliegen.

Im Übrigen enthalte der streitgegenständliche Bescheid keine tragfähigen Ermessensgesichtspunkte. Die Interessen der Antragstellerin seien überhaupt nicht berücksichtigt worden. Die Untersagung des Inverkehrbringens von Eiern als Lebensmittel sei ferner unverhältnismäßig. Ein solches Verbot sei nicht erforderlich, da mildere Mittel denkbar seien, um künftige Verstöße zu vermeiden. So hätten etwa Dokumentationsverpflichtungen gegenüber der Antragstellerin ausgesprochen werden können, durch die vermieden werden könne, dass ein fehlerhaftes MHD angebracht werde.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verfügung des Landratsamts

D. vom 7.8.2015 in Gestalt des Bescheids vom 10.8.2015 wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Das Landratsamt D. sei gemäß Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG für die Angelegenheiten der Betriebsstätte in T. örtlich zuständig. Es handle sich hier um eine selbstständige Betriebsstätte, welche einen eigenen zuständigen Farmleiter habe. Jede einzelne Farm der Antragstellerin unterliege der Kontrollpflicht der jeweils örtlich zuständigen Kontrollbehörde.

Einer Anhörung habe es wegen Gefahr im Verzug nicht bedurft. Von den entsprechenden Zeugenaussagen habe das StUMV erst am 7.8.2015 Kenntnis erlangt.

Der Bescheid sei auf § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB gestützt. Danach sei dem Lebensmittelunternehmer zum Schutz der Verbraucher vor Gefahren für die Gesundheit und vor Täuschung das weitere Inverkehrbringen von Eiern als Lebensmittel zu untersagen. Dies betreffe sowohl ein Inverkehrbringen als Eier der Handelsklasse A als auch der Handelsklasse B. Die Voraussetzungen für ein Verkehrsverbot würden auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich vorgenommenen Maßnahmen weiterhin vorliegen. Die in den Zeugenaussagen geschilderten Vorgänge und Tatsachen würden den hinreichenden Verdacht begründen, dass durch den Lebensmittelunternehmer bei dem Betrieb des Unternehmens billigend in Kauf genommen werde, dass nicht sichere Lebensmittel abgegeben werden. Bei einer Verlängerung des MHD bis auf 50 Tage könne nicht ausgeschlossen werden, dass die betreffenden Eier am Ende des MHD gesundheitsgefährdend im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) der VO (EG) Nr. 178/2002 seien. Jedenfalls werde durch die Verlängerung des MHD in Bezug auf die tatsächliche Frische und damit eine wertgebende Eigenschaft der betroffenen Eier eine falsche Aussage getroffen. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verbiete das Inverkehrbringen von Lebensmitteln unter irreführender Aufmachung.

Weiterhin sei den Zeugenaussagen zu entnehmen, dass in der Vergangenheit Eier auch unter Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 Buchst. b) VO (EG) Nr. 178/2002 bzw. § 11 Abs. 2 Nr. 1 LFGB in Verkehr gebracht worden seien. Unabhängig davon, ob durch Weiterverarbeitungsschritte Keime sicher abgetötet werden, stellten schlecht riechende, teilweile schimmlige Eier mit teilweisem Madenbefall ekelerregende bzw. kontaminierte Lebensmittel im dort genannten Sinne dar. Hieran ändere auch eine spätere Weiterverarbeitung nichts.

Die geschilderten Vorgänge würden Einblick in das Verhalten als Lebensmittelunternehmerin im Hinblick auf Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften geben, die zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefahren und vor Täuschung bestehen. Der erfolgte Wechsel in der Geschäftsführung ändere hieran nichts. Insoweit müsse festgestellt werden, dass auch der aktuelle Geschäftsführer nicht die Gewähr dafür biete, dass künftig keine Verstöße mehr erfolgen würden. Laut Bundeszentralregisterauszug vom 18.8.2015 sei Herr ... M. vom Amtsgericht I. am 4.9.2014 rechtskräftig seit 23.10.2014 wegen Verstoßes gegen das LFGB (Herstellung und Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel) strafrechtlich verurteilt worden. Unter diesen Umständen sei der Austausch der Geschäftsführung nicht geeignet, sicherzustellen, dass künftige Verstöße gegen das Lebensmittelrecht unterbleiben. Im Übrigen ergebe sich aus den der Lebensmittelüberwachung vorliegenden Zeugenaussagen, dass die Anweisung der Mitarbeiter zu rechtswidrigem Verhalten durch weitere weisungsbefugte Personen (insbesondere Farmleiter) erfolgt sei.

Da mit Ausnahme des bisherigen Geschäftsführers der komplette Personalstab der Antragstellerin gleich geblieben sei, sei keine Gewähr dafür gegeben, dass die Antragstellerin künftig die lebensmittelrechtlichen Vorschriften einhalten werde.

Aufgrund der massiven und regelmäßig stattfindenden Verstöße, von denen nach den staatsanwaltschaftlichen Erkenntnissen mit hinreichendem Verdacht auszugehen sei, müsse seitens der Lebensmittelüberwachung davon ausgegangen werden, dass der Lebensmittelunternehmer vorliegend nicht dazu bereit sei, seinen lebensmittelrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes sei daher gegenwärtig ein Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmitteln sowohl geeignet als auch erforderlich und verhältnismäßig. Schließlich sei keine Betriebsstilllegung angeordnet worden, denn die in der Farm produzierten Eier könnten nach wie vor als sogenannte Industrieeier vermarktet werden. Aufgrund der Vielzahl an Verstößen und Mängeln seien Dokumentationen nicht das geeignete Mittel, um sicherzustellen, dass künftig in den Betrieben der Antragstellerin ordnungsgemäß produziert werde.

Hinzukomme, dass im gesamten Betrieb der Antragstellerin strukturelle Defizite bestünden, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass nur sichere Lebensmittel in den Verkehr gelangen würden. In der Vergangenheit seien immer wieder Salmonellen im Standort T. festgestellt worden. So seien am 25.2.2015, am 22.5.2015 sowie am 8.6.2015 Salmonella Agona im Bestand nachgewiesen worden, und zwar im Kot und Staub. Die behördlich festgestellten Mängel im Betrieb würden aufzeigen, dass eine Bekämpfung des Salmonellengeschehens durch den Lebensmittelunternehmer nicht mit Erfolg durchgeführt werden könne. Zwischen den einzelnen positiven Testergebnissen sei es zu behördlichen Anordnungen (Reinigung und Desinfektion) gekommen, die aber letztendlich keinen Erfolg gezeigt hätten. Diese Maßnahmen hätten jeweils nur vorübergehend Erfolg gehabt. Im Ergebnis sei die Eintragsquelle für die Salmonellen unklar und auch die Überprüfung und Begleitung der Antragstellerin durch den Betreuungstierarzt Herrn Dr. S. habe bislang keine Verbesserung gebracht. Zusammenfassend müsse daher festgestellt werden, dass trotz negativer Testergebnisse immer wieder salmonellenbehaftete Eier in den Verkehr gelangen könnten. Da es in jüngster Vergangenheit wegen salmonellenbelasteter Eier aus dem Unternehmen der Antragstellerin bereits zu Todesfällen gekommen sei, sei hier offensichtlich eine Gefährdung für Leib und Leben der Verbraucher gegeben, welche nur durch das Verbot des Inverkehrbringens von unsicheren Lebensmitteln abgewendet werden könne. Wirtschaftliche Interessen der Antragstellerin müssten hier zurückstehen. Auf andere Weise habe der Gefahr nicht begegnet werden können.

Zu den vom Antragsgegner im gerichtlichen Eilverfahren gemachten Ausführungen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8.9.2015 noch wie folgt Stellung genommen:

Bezüglich des MHD unterscheide das Landratsamt nicht zwischen A- und B-Eiern. Nur bei der A-Ware müsse das MHD gemäß Art. 12 Abs. 1 Buchst. d) VO (EG) Nr. 589/2008 zwingend angegeben werden. Bei der B-Ware sei die Angabe des MHD nicht zwingend vorgeschrieben, weshalb die Angabe eines falschen MHD völlig irrelevant sei. Es sei gesetzlich zulässig, retournierte A-Ware als B-Ware in den Verkehr zu bringen. Bei retournierter Ware werde das MHD nachträglich entfernt und das Verpackungsdatum werde im Einklang mit Art. 12 Abs. 4 Buchst. c) VO (EG) Nr. 589/2008 auf die neue Verpackung aufgebracht. Deshalb sei es keine Seltenheit, dass das Verpackungsdatum bei retournierter umgepackter Ware einige Wochen nach dem MHD liege. Sollten die Zeugen bewusst oder unbewusst zwischen dem MHD und dem Verpackungsdatum nicht unterschieden haben, so sei jedenfalls eine Untersagung des Inverkehrbringens von Eiern der Güteklasse A nicht gerechtfertigt.

Ferner sei darauf hinzuweisen, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft R. nicht auf die Änderung des MHD beziehen würden. Vielmehr werfe man Herrn P. vor, vorsätzlich salmonellenbehaftete Eier in den Verkehr gebracht zu haben. Diesbezüglich sei festzustellen, dass die Antragstellerin die Eier stets stichprobenartig habe beproben

lassen und bei eventuellen Salmonellenfunden seien die betroffenen Eier unverzüglich aus dem Verkehr gezogen worden.

Der jetzige Geschäftsführer, Herr ... M., sei entgegen den Ausführungen des Antragsgegners auch nicht wegen lebensmittelrechtlicher Verstöße verurteilt worden. Vielmehr liege eine Verwarnung mit Strafvorbehalt vor, die gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 1 BZRG nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen sei und somit dem jetzigen Geschäftsführer auch nicht entgegen gehalten werden dürfe.

Im Hinblick auf die Salmonellenproblematik sei festzustellen, dass auch bei optimalen Produktionsbedingungen Salmonelleneinträge niemals völlig auszuschließen seien. Trotz umfangreicher Schädlingsbekämpfungs-, Reinigungs- und Hygienemaßnahmen ließen sich Fremdeinträge niemals vollständig ausschließen. Beim Vorliegen vereinzelter Befunde in längeren Zeiträumen könne daher nicht von einem grundlegenden Salmonellenproblem gesprochen werden. Im vorliegenden Verfahren versuche das Landratsamt den Eindruck zu erwecken, als seien Salmonellen ein fester Bestandteil des Produktionsprozesses bei der Antragstellerin. Die vom Landratsamt dargestellten positiven Salmonellenbefunde würden ausschließlich Kot- und Staubproben betreffen und böten keine ausreichende Tatsachengrundlage dafür, dass auch die Eier mit Salmonellen behaftet seien. Eine Gefahr für die Verbraucher habe daher nicht bestanden. Gleichwohl hätten aufgrund der Befunde umfangreiche Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen in den Ställen stattgefunden.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Akten des Antragsgegners, die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet. Die vom Gericht im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nrn. 3 und 4 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen, wenn ein Verwaltungsakt kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist. Wurde der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts seitens der Behörde im öffentlichen oder überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet, so kann es die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen. Im letzteren Fall muss die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründen und das Gericht hat zu prüfen, ob die Begründung in formeller Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht.

Im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Entscheidung hat das Gericht eine Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung vorzunehmen. Diese Abwägung orientiert sich regelmäßig an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Diese sind im Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu beurteilen. Ergibt diese Prüfung, dass die Erfolgsaussichten offen sind, so ist die Interessenabwägung erfolgsunabhängig zu treffen.

1. Die auf § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB gestützten Anordnungen in den

Ziffern 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides sollen nach der Begründung des Bescheides in erster Linie sicher stellen, dass keine gesundheitsschädlichen Lebensmittel aus der Farm in T. in den Verkehr gebracht werden. Deshalb sind diese Anordnungen kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Werden nämlich Maßnahmen getroffen, die verhindern sollen, dass nicht sichere Lebensmittel im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 (gesundheitsschädliche Lebensmittel) in den Verkehr gebracht werden, so haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnungen keine aufschiebende Wirkung, was aus § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB folgt.

Für das Eintreten der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob die vom Verkehrsverbot betroffenen Eier tatsächlich - aus objektiver Sicht - gesundheitsschädlich im Sinn von Art. 14 Abs. 2 Buchstabe a) VO (EG) Nr. 178/2002 sind, die anordnende Behörde somit zu Recht von einer (möglichen) Gesundheitsschädlichkeit ausgeht. Es spricht vielmehr alles dafür, dass der Sofortvollzug nach § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB bereits dann ausgelöst wird, wenn die Behörde eine Anordnung erlassen hat, die dem Schutz der Gesundheit zu dienen bestimmt ist, wenn die Behörde also die Anordnung mit Blickrichtung auf eine von ihr angenommene Gesundheitsschädlichkeit erlassen hat. Diese Auffassung wird zum einen durch den Wortlaut des § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB ("Anordnung, die der Durchführung von Verboten nach Art. 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 dienen") nahe gelegt. Zum anderen dürfte sie der Zielsetzung der Norm entsprechen, indem sie verhindert, dass die Frage, ob eine konkrete Klage aufschiebende Wirkung hat, einer unter Umständen schwierigen Rechtmäßigkeitsprüfung unterzogen wird. Die Frage der Gesundheitsschädlichkeit lässt sich im Einzelfall möglicherweise erst aufgrund umfangreicher Ermittlungen mit Hilfe von Sachverständigen klären. So lange kann aber die Frage, ob die Anordnung kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, nicht offen bleiben (so OVG Hamburg vom 5.9.2011, GewArch 2011, 500).

Bei diesem Verständnis des § 39 Abs. 7 Nr. 1 LFGB muss sich allerdings aus dem Bescheid ggf. in Verbindung mit weiteren Umständen (z. B. bisherige Korrespondenz, Besprechungen etc.) ergeben, dass die Behörde mit ihrer Anordnung das Verbot des Inverkehrbringens gerade gesundheitsschädlicher (und nicht nur: für den Verzehr ungeeigneter) Lebensmittel umsetzen will (OVG Hamburg vom 5.9.2011, GewArch 2011, 500). Diesem Erfordernis wird der schriftlich bestätigte Bescheid gerecht; denn in der Begründung wird ausdrücklich auf den Schutz der Gesundheit der Verbraucher und auf Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 Bezug genommen.

Einer Anordnung des Sofortvollzugs - wie dies in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheides geschehen ist - bedurfte es somit nicht. Deshalb braucht das Gericht auch nicht zu prüfen, ob die vom Landratsamt gegebene Begründung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt.

Nach Auffassung der entscheidenden Kammer wird § 39 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 LFGB im vorliegenden Fall auch nicht durch Art. 54 Abs. 1 und 2 der VO (EG) Nr. 882/2004 verdrängt. Letztere Vorschrift gilt wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts unmittelbar und verdrängt die nationale Vorschrift des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. VGH BW vom 16.6.2014, Az. 9 S 1273/13 mit ausführlicher Begründung; Streinz in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, B Einführung, Rn. 38b). Deshalb ist § 39 nicht anwendbar, soweit Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 eine Regelung für bestimmte Maßnahmen enthält. Allerdings ist der Anwendungsbereich des Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 enger als der Anwendungsbereich des § 39 LFGB. Art. 54 setzt nämlich voraus, dass die zuständige Behörde einen Verstoß festgestellt hat. Das ist nur der Fall, wenn sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale einer Verbotsvorschrift des Lebensmittelrechts erfüllt sind. Demgegenüber treffen nach § 39 Abs. 2 die zuständigen Behörden notwendige Anordnungen und Maßnahmen bereits zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes sowie neben der Beseitigung festgestellter Verstöße auch zur Verhütung künftiger Verstöße. Zumindest die Ermächtigung für Anordnungen und Maßnahmen bei einem hinreichenden Verdacht geht über die Ermächtigung gemäß Art. 54 VO (EG) Nr. 882/2004 hinaus, weshalb in derartigen Fällen auf § 39 LFGB zurückgegriffen werden kann (OVG Hamburg vom 5.9.2011, GewArch 2011, 500; Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 102, § 39 LFGB Rn. 10; Preuß, ZLR 2011, 47; a.A. Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 248).

Die Zwangsgeldandrohungen in der Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids sind dagegen nach Art. 21a Satz 1 VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar, da es sich insoweit um Maßnahmen handelt, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen wurden.

2. Der Bescheid des Antragsgegners vom 10.8.2015 leidet nicht an formellen Mängeln, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage rechtfertigen könnten.

a) Das Landratsamt D. war sachlich und - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - auch örtlich zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids zuständig.

Die sachliche Zuständigkeit des Landratsamts ergibt sich aus Art. 1 Abs. 3 Nr. 4, Art. 21 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG). Danach gehört die Lebensmittelüberwachung zur Zuständigkeit der Landratsämter als Behörden für Gesundheit, Veterinärwesen, Ernährung und Verbraucherschutz. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG. Örtlich zuständig ist danach in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben wird oder werden soll. Betreibt somit ein Unternehmen mit Betriebssitz außerhalb des Zuständigkeitsbereichs eines Landratsamts im Zuständigkeitsbereich dieses Landratsamts eine Betriebsstätte, so ist für die Überwachung dieser Betriebsstätte das Landratsamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich sich diese Betriebsstätte befindet. Eine Betriebsstätte im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG ist die organisatorisch mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestattete, räumlich vom Hauptbetrieb oder von anderen Betriebsstätten getrennte Teileinheit, das heißt der „Teilbetrieb“, in dem zumindest ein Teil der Leistungen erbracht bzw. der Güter erzeugt wird, auf deren Erbringung bzw. Erzeugung der Zweck eines Unternehmens gerichtet ist, oder die doch damit in einem inneren funktionellen Zusammenhang steht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 3 Rn. 24).

Bei der von der Antragstellerin in T. betriebenen Hühnerfarm handelt es sich um eine organisatorisch selbstständige Betriebseinheit, die über einen eigenen Farmleiter verfügt und in der ein Teil der vom Gesamtunternehmen in den Verkehr gebrachten Eier produziert wird. Dementsprechend bestehen keine Zweifel darüber, dass es sich bei der Farm in T. um eine Betriebsstätte im obigen Sinn handelt, so dass für die Überwachung dieser Farm das Landratsamt D. örtlich zuständig ist.

b) Zwar hat vor Erlass der streitgegenständlichen Verfügung eine den Anforderungen des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG genügende Anhörung der Antragstellerin nicht stattgefunden. Allerdings ist dies unerheblich.

Gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist einem Beteiligten, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Anhörung muss grundsätzlich die beabsichtigte behördliche Maßnahme konkret benennen (BVerfG vom 20.12.2013, DVBl. 2014, 303, 305). Zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen gehören auch die (bisherigen) Ermittlungsergebnisse der Behörde (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 28 Rn. 29 m. w. N.), wobei es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Entscheidungserheblichkeit auf die rechtliche Einschätzung der Behörde ankommt (BVerfG vom 14.10.1982, BVerfGE 66, 184, 190). Gemessen daran lässt sich eine ordnungsgemäße Anhörung der Antragstellerin vor Erlass der Anordnung vom 10.8.2015 nicht feststellen.

Allerdings kann gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG von der Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Diese Voraussetzungen waren jedenfalls aus Sicht des Antragsgegners gegeben. Über die möglichen Manipulationen des MHD im Betrieb der Antragstellerin erhielt das StMUV erst am 7.8.2015 Kenntnis. Aus dieser Kenntnis heraus sah sich der Antragsgegner veranlasst, sofortige Maßnahmen zu treffen, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen. Eine vorherige Anhörung der Antragstellerin hätte dazu geführt, dass die Anordnung nicht mehr am gleichen Tag mündlich hätte verfügt werden können. Deshalb waren die Voraussetzungen für einen Verzicht auf eine Anhörung gegeben.

Selbst wenn man aber vorliegend eine Anhörung für erforderlich halten wollte, so wäre dieser Verfahrensmangel hier in entsprechender Anwendung des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG im Eilverfahren geheilt worden (BayVGHvom 28.4.2015, Az: 9 ZB 15.714 sowie vom 26.10.2012, Az: 22 CS 11.1989 m. w. N.).

3. Die zur Entscheidung berufene Kammer sieht sich allerdings nicht in der Lage, bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage eine Aussage darüber zu treffen, ob die Anfechtungsklage in der Hauptsache voraussichtlich erfolgreich sein wird oder nicht. Insoweit sind weitere Ermittlungen und gegebenenfalls sogar Beweiserhebungen erforderlich, die im Rahmen eines Eilrechtsschutzverfahrens nicht durchzuführen sind.

a) Rechtsgrundlage für die Anordnungen in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist § 39 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 3 LFGB. Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie können insbesondere das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken

Die Verbotsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet der Antragstellerin generell für die Zukunft die Abgabe von in der Farm T. produzierten Eiern als Lebensmittel und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Dauerverwaltungsakte sind als sich ständig aktualisierende Verwaltungsakte anzusehen, für die eine geänderte Sach- und Rechtslage zu beachten ist (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 43 f.). Dies gilt nicht nur für das Gericht, sondern auch für die zuständige Behörde, die stets prüfen muss, ob die den Verwaltungsakt rechtfertigende Sach- und Rechtslage noch besteht. Entfällt eine den Dauerverwaltungsakt rechtfertigende Tatbestandsvoraussetzung, so ist die Behörde zur Aufhebung des Verwaltungsaktes verpflichtet.

Das Gericht hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG vom 22.01.1998, BVerwGE 106, 141).

aa) In Bezug auf mögliche Manipulationen hinsichtlich des MHD besteht aufgrund der seitens der Staatsanwaltschaft R. am 7.8.2015 dem Antragsgegner mitgeteilten Zeugenaussagen jedenfalls ein hinreichender Verdacht eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB.

Das Mindesthaltbarkeitsdatum eines Lebensmittels ist das Datum, bis zu dem dieses Lebensmittel unter angemessenen Aufbewahrungsbedingungen seine spezifischen Eigenschaften behält (vgl. § 7 Abs. 1 LmKV sowie Entscheidungsgrund 19 VO (EG) Nr. 589/2008). Grundsätzlich obliegt es dem Lebensmittelunternehmer, dieses Datum festzusetzen. Etwas anderes gilt jedoch für Eier. Nach Art. 13 Satz 1 VO (EG) Nr. 589/2008 ist das Mindesthaltbarkeitsdatum auf höchstens 28 Tage nach dem Legedatum festzusetzen. Der Unternehmer hat somit keinen Spielraum, über dieses maximale Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus zu gehen.

Allerdings trägt die Antragstellerin zutreffend vor, dass das MHD gemäß Art. 12 Abs. 1 Buchst. d) VO (EG) Nr. 589/2008 nur bei Eiern der Güteklasse A zwingend anzugeben ist. Bei Eiern der Klasse B müssen dagegen gemäß Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 589/2008 auf der Verpackung lediglich die Nummer der Packstelle, die Güteklasse (entweder durch die Worte „Klasse B“ oder durch den Buchstaben „B“) sowie das Verpackungsdatum angegeben werden. Die Antragstellerin hat diesbezüglich ausgeführt, retournierte A-Eier würden im Betrieb umverpackt und als B-Eier mit dem Umverpackungsdatum in den Verkehr gebracht. Aufgrund der Kennzeichnungsvorschriften in der VO (EG) Nr. 589/2008 liegt es nahe, dass dies tatsächlich so geschehen ist und die Zeugen bezüglich der Kennzeichnung von B-Eiern das MHD und das Verpackungsdatum fälschlicherweise gleich gesetzt haben.

Die entscheidende Kammer hat jedoch erhebliche Bedenken, ob das von der Antragstellerin im Schriftsatz vom 8.9.2015 geschilderte Prozedere beim Umdeklarieren von retournierten A- in B-Eier mit der VO (EG) Nr. 589/2008 in Einklang zu bringen ist. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass gemäß Art. 2 Abs. 4 Satz 2 der genannten Verordnung eine Herabstufung von Eiern der Klasse A, die nicht mehr die erforderlichen Gütemerkmale des Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 589/2008 aufweisen, in solche der Klasse B zulässig ist. Nach Auffassung des Gerichts darf dann aber als Verpackungsdatum im Sinne des Art. 12 Abs. 4 Buchst. c) VO (EG) Nr. 589/2008 nicht das Datum des Umverpackens angegeben werden, sondern das erste Verpackungsdatum, d. h. das Datum, an dem die Eier als A-Ware verpackt worden sind. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die VO (EG) Nr. 589/2008 ausdrücklich zwischen dem „Verpacken“ und dem „Umpacken“ unterscheidet. So schreibt nämlich Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 589/2008 vor, dass Eier innerhalb von zehn Tagen nach dem Legen sortiert, gekennzeichnet und verpackt werden müssen. Unter dem „Umpacken“ ist dagegen nach Art. 1 Buchst. j) VO (EG) Nr. 589/2008 die physische Übertragung von Eiern in eine andere Verpackung oder neue Kennzeichnung einer Verpackung mit Eiern zu verstehen. Wäre unter dem Verpackungsdatum im Sinne des Art. 12 Abs. 4 Buchst. c) VO (EG) Nr. 589/2008 auch das Umpackungsdatum zu verstehen, so hätte der Abnehmer der Eier keinerlei Angaben auf der Verpackung zur Verfügung, die einen Rückschluss auf das Alter der Eier zulassen. Aus Sicht des Gerichts macht die gesetzliche Regelung, wonach bei B-Eiern auf die Angabe des MHD verzichtet wird und nur das Verpackungsdatum anzugeben ist, nur dann Sinn, wenn damit das Datum des ersten Verpackens im Sinne des Art. 6 Abs. 1 VO (EG) 589/2008 gemeint ist. In diesem Fall kann sich der Abnehmer der Eier nämlich darauf verlassen, dass die B-Eier maximal 10 Tage vor dem angegebenen Datum gelegt worden sind. Da ein Umpacken auch nach diesem Zeitpunkt möglich ist, wäre die Angabe des Umpackungsdatums praktisch wertlos. Hätte der Verordnungsgeber im Übrigen auch das Datum des Umpackens für die Kennzeichnung von B-Eiern als ausreichend erachtet, so hätte er dies konkret in Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 589/2008 regeln können, zumal die Verordnung ja in Art. 1 Buchst. j) den Begriff des Umpackens ausdrücklich definiert.

Deshalb ist das von der Antragstellerin in der Vergangenheit praktizierte und im Schriftsatz vom 8.9.2015 geschilderte Vorgehen in Bezug auf die Kennzeichnung retournierter Eier nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht mit der VO (EG) Nr. 589/2008 in Einklang zu bringen.

Nach alledem begründen die von der Staatsanwaltschaft R. übermittelten Zeugenaussagen nach Auffassung der Kammer einen hinreichenden Verdacht, dass gegen Kennzeichnungsvorschriften verstoßen worden ist. Dabei ist zu bedenken, dass mehrere Aussagen vorliegen, die in ihrem Kern übereinstimmen. Inwieweit sich dieser Verdacht realisiert, wird sich wohl erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft zeigen. Allerdings genügt nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bereits ein hinreichender Verdacht eines Verstoßes, um die zuständige Behörde zum Einschreiten zu verpflichten. Ein Entschließungsermessen sieht die Norm insoweit nicht vor. Wird der zuständigen Behörde der Verdacht eines lebensmittelrechtlichen Verstoßes bekannt, so muss sie einschreiten. Nur hinsichtlich der im Einzelfall konkret zu treffenden Maßnahmen kann sie unter verschiedenen möglichen Maßnahmen auswählen, wobei sie insoweit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss (vgl. Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, C 102, § 39 LFGB, Rn. 17).

Das Gericht sieht sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allerdings nicht in der Lage, festzustellen, ob dieser begründete Verdacht bereits ein Verbot des Inverkehrbringens der bis zum 7.8.2015 in der Farm T. produzierten Eier und aller ab diesem Zeitpunkt noch produzierten Eier rechtfertigt. Gegebenenfalls sind hier auch mildere Mittel denkbar, die eine korrekte Kennzeichnung der produzierten Eier sicher stellen. Denkbar wäre etwa sowohl bei der Kennzeichnung von A-Eiern als auch bei der Kennzeichnung von herabgestuften B-Eiern - worauf die Antragstellerin hingewiesen hat - die Anordnung von besonderen Dokumentationspflichten, durch die ein Bezug zwischen dem angebrachten MHD bzw. Verpackungsdatum und dem Legedatum hergestellt werden kann. Dadurch könnten gegebenenfalls künftige Unregelmäßigkeiten verhindert werden. Allerdings würden derartige Maßnahmen auch voraussetzen, dass die Geschäftsführung und die leitenden Mitarbeiter der Antragstellerin eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass diese Dokumentationspflichten auch eingehalten werden. Da nach den vorliegenden Zeugenaussagen ein hinreichender Verdacht dafür besteht, dass Manipulationen zielgerichtet und auf Anordnung des ehemaligen Geschäftsführers erfolgten und nicht nur versehentlich, müssen hier jedoch gewisse Bedenken angemeldet werden. Zwar wurde der Geschäftsführer zwischenzeitlich ausgetauscht. Allerdings bestehen gewisse Anhaltspunkte dafür, dass auch der neue Geschäftsführer keine Gewähr dafür bietet, dass er die lebensmittelrechtlichen Vorschriften zuverlässig einhält. Dies zu überprüfen, muss allerdings dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Sehr fraglich ist es allerdings, ob möglicherweise vorliegende Verstöße gegen das Kennzeichnungsrecht dazu führen können, dass falsch gekennzeichnete Eier gesundheitsschädlich im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002 sind. Hier liegt die Annahme nahe, dass dies von der Dauer der Überschreitung des MHD abhängig ist bzw. von der Zeitspanne der Abweichung des als Verpackungsdatum angegebenen Umverpackungsdatums vom tatsächlichen Verpackungsdatum.

Aus Sicht des Gerichts erscheint es jedenfalls sehr zweifelhaft, ob allein der Verdacht der Anbringung unrichtiger MHD bzw. Verpackungsdaten ein umfassendes Verbot des Verkaufs von Eiern als Lebensmittel rechtfertigen kann. Vielmehr dürfte es hier mildere Mittel geben, um mögliche künftige Verstöße zu verhindern.

bb) Ferner besteht aufgrund der nicht unerheblichen Salmonellennachweise in den Betrieben der Antragstellerin nach Auffassung des Gerichts ein hinreichender Verdacht von Verstößen gegen Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a) VO (EG) Nr. 178/2002, wonach gesundheitsschädliche Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen.

In der Farm in T. wurden am 25.2.2015 Salmonella Agona in den Kotproben festgestellt. Auch nachdem im März 2015 die gesamte Herde ausgestallt wurde und es zu einer Neueinstallung von Junghennen kam, konnten am 22.5.2015 sowie am 8.6.2015 erneut Salmonella Agona im Kot und Staub festgestellt werden. Zwischen den einzelnen positiven Testergebnissen wurden wiederholt behördliche Anordnungen zur Reinigung und Desinfektion getroffen, um das Salmonellengeschehen abzustellen. Diese Anordnungen hatten jedoch jeweils nur vorübergehend Erfolg. Die Eintragsquelle für die Salmonellen ist offenbar nach wie vor unklar. Darüber hinaus hat das LGL im Verfahren mitgeteilt, dass derzeit erneut Proben aus dem Standort T. auf Salmonella spp. im Tierkot und Umgebungsproben untersucht würden. Mit Schreiben vom 2.9.2015 an das Landratsamt D. hat das LGL mitgeteilt, dass im Stall II erneut Salmonella Agona im Staub nachgewiesen worden seien.

Hinzu kommt, dass auch in anderen Farmen der Antragstellerin ein Salmonellenproblem besteht. So wurden etwa am Standort in N. (vgl. dazu auch das Eilrechtsschutzverfahren Az: RN 5 S 15.1263) am 4.8.2014 sowie am 26.8.2014 Salmonella Enteritidis auf Ei-Schalen festgestellt. Am 22.5.2015 sowie am 21.7.2015 konnte Salmonella Indiana auf Ei-Schalen festgestellt werden. Ferner hat die Regierung ... im gerichtlichen Verfahren diverse Untersuchungsbefunde vorgelegt, welche die Legefarm E. der Antragstellerin betreffen, in welcher derzeit allerdings nicht produziert wird. Danach wurden dort im August 2015 sowohl Salmonellen der Gr. B/S Indiana sowie der Gr. D/S Enteritidis (Feldstamm) nachgewiesen.

Aufgrund dieser Befunde und auch aufgrund der von der Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Geschäftsführer geführten Ermittlungen wegen des Inverkehrbringens von mit Salmonellen behafteten Eiern besteht aus Sicht der entscheidenden Kammer jedenfalls ein hinreichend konkreter Verdacht, dass in allen Betriebsstandorten der Antragstellerin derzeit ein Salmonellenproblem besteht, welches seitens der Antragstellerin bislang nicht abgestellt werden konnte. Bislang angeordnete Desinfektionsmaßnahmen führten jedenfalls noch nicht zum Erfolg, weshalb einiges dafür spricht, dass die Anordnung des Verbots, Eier als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, ermessensgerecht und insbesondere auch verhältnismäßig ist. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass andernfalls mit Salmonellen behaftete Eier zum Endverbraucher oder in die Lebensmittelindustrie gelangen, so dass ein hinreichender Verdacht besteht, dass gesundheitsschädliche Eier in den Verkehr gelangen können. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass Salmonellen beim Menschen Durchfallerkrankungen hervorrufen und insbesondere bei Risikogruppen wie Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen, HIV-Patienten und immungeschwächten Patienten schwere Erkrankungen hervorrufen und sogar zum Tode führen können (vgl. Wikipedia), spricht einiges dafür, dass die vom Landratsamt getroffenen Anordnungen ermessensgerecht und insbesondere verhältnismäßig sind. Zwar sind die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Antragstellerin immens. Andererseits muss hier dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher ein ganz hohes Gewicht beigemessen werden, was unter Umständen sogar zu einer Ermessensreduzierung auf Null zulasten der Antragstellerin führen kann. Dies gilt umso mehr, als der Vorwurf im Raum steht, dass salmonellenbelastete Eier der Antragstellerin bereits zu Todesfällen geführt haben sollen.

Gleichwohl lässt sich aus Sicht der entscheidenden Kammer nicht mit abschließender Sicherheit beurteilen, ob das in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnete Verkehrsverbot tatsächlich erforderlich war oder ob gegebenenfalls mildere Maßnahmen denkbar sind, die ein Inverkehrbringen von mit Salmonellen behafteten Eiern wirksam verhindern. Denkbar wäre gegebenenfalls auch die Anordnung von stetigen Untersuchungen vor dem Inverkehrbringen von Eiern, wobei diesbezüglich auch zu prüfen wäre, in welchem Zeitrahmen diese in der Praxis erfolgen könnten, welche Kosten sie verursachen und ob diese im Hinblick auf die eingeschränkte Haltbarkeit von Eiern praktisch durchführbar und zielführend wären. Diese Fragen vermag das Gericht mangels entsprechender Sachkunde nicht selbst zu beantworten. Auch vermag das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zu beurteilen, ob - wie dies die Antragstellerin sinngemäß ausführt - „gelegentliche Salmonellennachweise“ in Hühnerhaltungsbetrieben nicht zu vermeiden sind und ab welcher Nachweishäufigkeit ein „strukturelles Salmonellenproblem“ anzunehmen ist.

Ferner ist wohl auch zu berücksichtigen, dass in der Vergangenheit bereits umfangreiche Verbesserungsmaßnahmen in den Betrieben der Antragstellerin umgesetzt worden sind, um die Problematik in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin ein umfangreiches HACCP-Konzept vorgelegt, das ein Inverkehrbringen von mit Salmonellen behafteten Eiern unterbinden soll. Des Weiteren ist auch der von der Antragstellerin eingesetzte Tierarzt Dr. S. bemüht, das Salmonellenproblem einzudämmen. Hinzu kommt, dass offenbar auch das Landratsamt in der Vergangenheit die Anordnung von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen für ausreichend erachtet hat.

Andererseits hat das LGL das HACCP-Konzept der Antragstellerin im Verlauf des gerichtlichen Eilverfahrens eingehend überprüft und im Rahmen einer Stellungnahme vom 27.8.2015 mitgeteilt, dass die Konzeption der Antragstellerin zwar eine Grundlage für eine zukünftige Betriebsführung darstellen könnte, in der vorliegenden Form aber nach wie vor lückenhaft sei und etliche Unstimmigkeiten aufweise. Diese wurden im Rahmen der fünfzehn Seiten umfassenden Stellungnahme des LGL eingehend dargestellt.

Gegen die Wirksamkeit der von der Antragstellerin bislang durchgeführten Maßnahmen sprechen darüber hinaus die jüngsten Salmonellennachweise in den verschiedenen Betrieben der Antragstellerin, die nur kurze Zeit zurück liegen.

Im Ergebnis sind damit zahlreiche Fragen offen, die erst im Hauptsacheverfahren beantwortet werden können.

b) Die Anordnung unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids dient der Überwachung und Durchsetzung der Anordnung unter Ziffer 1. Sie lässt sich auf § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB stützen und setzt voraus, dass die Anordnung unter Ziffer 1 rechtmäßig erfolgt ist. Somit gelten hier die obigen Ausführungen entsprechend.

c) Die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 3 des Bescheides stützen sich auf die Art. 18, 19, 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Selbstständige rechtliche Einwendungen gegen das angedrohte Zwangsgeld sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung hängt somit ebenso ausschließlich von der Rechtmäßigkeit des unter Ziffer 1 angeordneten Verbots ab.

4. Nach alledem sind die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage derzeit als offen anzusehen, so dass die Kammer eine reine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung des Sofortvollzugs und dem Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorzunehmen hat. Diese Abwägung geht zulasten der Antragstellerin aus. Das Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ergibt sich daraus, dass dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes im Hinblick auf die gegebenenfalls bestehenden Gesundheitsgefahren durch ein mögliches Inverkehrbringen salmonellenbehafteter Eier ein höheres Gewicht einzuräumen ist als den wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin. Zwar erleidet die Antragstellerin erhebliche wirtschaftliche Nachteile, wenn die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Untersagungsverfügung nicht wiederhergestellt wird, die Anfechtungsklage in der Hauptsache dann aber doch Erfolg haben sollte. Auf der anderen Seite würde aber ein hohes Verbraucherschutzniveau nicht gewährleistet werden, wenn die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet werden würde, sich die Untersagungsverfügung aber letztlich als rechtmäßig erweisen würde, weil nicht auszuschließen ist, dass gesundheitsschädliche Lebensmittel in den Verkehr gelangen. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf die von Salmonellen ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefahren. Im Übrigen ist zu bedenken, dass die von der Antragstellerin hergestellten Eier nicht absolut verkehrsunfähig sind und vernichtet werden müssen. Die Eier können vielmehr noch als Industrieeier im Sinne des Art. 1 Satz 2 Buchst. h) VO (EG) Nr. 589/2008 (nicht zum Verzehr bestimmte Eier) in den Verkehr gebracht werden. Hierdurch werden die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Antragstellerin nicht unerheblich abgemildert.

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar auf der Homepage des BVerwG), dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Nach Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs richtet sich der Streitwert im Hauptsacheverfahren bei lebensmittelrechtlichen Maßnahmen nach dem Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkung. Nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin entsteht ihr durch die streitgegenständliche Anordnung ein wirtschaftlicher Gesamtschaden in Höhe von 68.752,- € pro Kalendertag. Dabei geht die Kammer davon aus, dass sich die von der Antragstellerin mitgeteilte Schadenssumme auf den Gesamtschaden - also unter Einschluss auch der Auswirkungen des für die Farm in N. vom Landratsamt S. ausgesprochenen Verbots, Eier als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen - bezieht. Betrachtet man sich die Betriebsgrößen beider Farmen, so geht das Gericht davon aus, dass 40% des Gesamtschadens auf die Farm in T. (Produktion von 230.000 Eiern täglich) entfallen und 60% des Gesamtschadens auf die Farm in N. (Produktion von 340.000 Eiern täglich).

Von dem auf ein Jahr hochgerechneten Gesamtschaden in Höhe von 25.000.000,- € entfallen somit 10.000.000,- € auf die Farm in T. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist dieser Streitwert nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.