Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Okt. 2018 - M 9 K 18.2946

bei uns veröffentlicht am10.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid vom 14. Mai 2018 wird aufgehoben.

II. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben der Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Das Bauvorhaben bezieht sich auf FlNr. 181, Gem. W. (i.F. Vorhabengrundstück), dem örtlichen Festgelände, bebaut mit einer Mehrzweckhalle. Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 227/3, Gemarkung W., das nordwestlich an das Festgelände angrenzt, wenn auch nicht - isoliert betrachtet - an das Bauvorhaben selbst (sog. Bereich A, vgl. Anlage 2, Seite 1 des als Anlage BG 8 vorgelegten Gutachtens Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018). Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Der einen Abweichungsantrag enthaltende Bauantrag vom 12. Januar 2018 bzw. 15. Januar 2018 (Bl. 4ff. d. BA) weist Folgendes als Vorhaben aus: „Tekturantrag: Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Containers - handschriftlich wurde hier mit Kugelschreiber das Wortfragment ‚Getränkekühl-‘ gestrichen und folgender Kommentar eingefügt: ‚Änderung siehe E-Mail vom 9. Mai 2018‘ - bei der bestehenden Mehrzweckhalle, hier: Entfall der Einhausung“.

Unter dem 31. Mai 2017 erteilte das Landratsamt … … (i.F.: Landratsamt) dem Beigeladenen bereits eine (Ursprungs-) Baugenehmigung (Az. 30/602 BV VI 20171157) für den „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke, sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der best. Mehrzweckhalle“, die Streitgegenstand des Parallelverfahrens M 9 K 17.3051 ist.

Der Beigeladene stellte unter dem 31. Januar 2018 im Wege der laufenden Verwaltung das Einvernehmen mit dem hier streitgegenständlichen Bauvorhaben her (Bl. 8ff. d. BA).

Im Behördenakt findet sich auf Bl. 28 die E-Mail vom 9. Mai 2018, auf die im Bauantrag (vermutlich) Bezug genommen wird. Das Landratsamt informiert darin Vertreter des Beigeladenen darüber, dass wegen Nichteinhaltung des notwendigen Brandabstandes von 5 m eine Abstimmung dahingehend erfolgt sei, dass von einem leeren Container mit geschlossener Außenhaut keine Brandgefahr ausgehe - soweit der Prüfungsumfang des Landratsamtes im vereinfachten Genehmigungsverfahren gehe, stelle die Errichtung des Containers („einschließlich der zeitweiligen Lagerung von Getränken“) also kein Problem dar. Der Betrieb des Kühlaggregats zur Volksfestzeit sei aber nicht im Genehmigungsumfang enthalten; mit Einverständnis des Beigeladenen werde deshalb der Betreff in „Errichtung eines Containers“ angepasst, was der überwiegenden Nutzung des Bauvorhabens entspreche. Die Verhütung von Bränden, die von dem Aggregat ausgehen könnten, liege in der Verantwortung des Beigeladenen, hierzu werde eine „klarstellende Auflage“ in den Baugenehmigungsbescheid aufgenommen.

Mit als „Baugenehmigungsbescheid“ überschriebenem streitgegenständlichem Bescheid vom 14. Mai 2018 (Az. 30/602 BV VI 20180171) wurde das Bauvorhaben antragsgemäß und unter Bezugnahme auf die Bauvorlagen vom 14. Mai 2018 genehmigt. Hinsichtlich FlNr. 225, Gemarkung W., wurden Abweichungen von Art. 6 BayBO und von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO bzw. Art. 28 Abs. 2 BayBO erteilt. Die angekündigte „klarstellende Auflage“ findet sich nicht.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 18. Juni 2018 Klage gegen den Bescheid erhoben. Mit Klagebegründung vom 21. September 2018 beantragen sie, den Bescheid aufzuheben.

Die Nachbarklage sei zulässig und begründet. Streitgegenstand sei vorliegend nur die Änderungsgenehmigung; diese beinhalte keine Teile der Ursprungsgenehmigung, die Einhausung sei entfallen und der Nutzungszweck der baulichen Anlage habe sich geändert („Getränkekühlcontainer“ / „Container“). Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil für die Klägerin als Nachbarin schädliche Lärmimmissionen durch den Betrieb der Halle drohten. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen sei auf die Halle als abgeänderte Gesamtanlage und nicht etwa isoliert auf das Änderungsvorhaben („Container“) abzustellen. Das folge aus dem räumlichen Zusammenhang des Containers zur Halle und aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Halle und Container: Durch ihn werde im Ergebnis der Ausschankbereich der Halle vergrößert, da er offenbar der Lagerung von Getränken und als erweiterter Schankbereich bzw. erweiterte Nutzfläche diene. Eine selbstständige Benutzbarkeit sei abwegig und aufgrund dessen, dass eine Betriebsbeschreibung fehle, nicht erkennbar; auf eine unmittelbare bauliche Verbindung - die mit Entfall der Einhausung nicht mehr bestehe - komme es nicht an. In diesem Zusammenhang gelte es weiter zu berücksichtigen, dass die Halle nicht nur um das streitgegenständliche Bauvorhaben, sondern - unter dem Deckmantel der Verfahrensfreiheit - um weitere bauliche Anlagen erweitert werde („Bereiche B und C“); diese Anlagen seien einzubeziehen und die Genehmigungsfrage sei in toto neu aufzuwerfen. Von alledem abgesehen stelle das Bauvorhaben auch eine Nutzungsänderung der bestehenden baulichen Anlage dar. Diese sei darin zu sehen, dass der bislang im Innenbereich der Halle stattfindende (Ausschank-) Betrieb bzw. die dort bestehende Nutzfläche zur Bewirtschaftung auf die Freifläche des Grundstücks ausgedehnt werde. Für eine ähnliche Sachverhaltskonstellation habe der BayVGH bereits entschieden, dass die Erweiterung eines Gaststättenbetriebs von „drinnen“ nach „draußen“ eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Die Variationsbreite der bisherigen Gaststättennutzung des Gebäudes werde durch das Vordringen der gewerblichen Nutzung auf eine Freifläche des Grundstücks verlassen; dadurch seien nach der Entscheidung insbesondere die ausgehenden Lärmemissionen neu zu prüfen (BayVGH, B.v. 31.7.2003 - 2 B 00.3282 - juris). Durch den Verlust der „Pufferfreiflächen“ zu den Nachbarn würden weiter bodenrechtliche Belange tangiert und müssten neu bewertet werden. Gemessen an der notwendigen Gesamtbetrachtung sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme feststellbar bzw. könne ein solcher Verstoß zumindest nicht ausgeschlossen werden. Durch das Ursprungsvorhaben und v.a. durch Entfall der Einhausung habe dem Landratsamt bewusst sein müssen, dass Veränderungen bzw. Verschlechterungen im Bereich der Immissionsverhältnisse zu erwarten seien. Die Behördenakte deute aber darauf hin, dass das Landratsamt die Lärmimmissionen überhaupt nicht neu beurteilt habe, sondern - unzutreffend - davon ausgegangen sei, dass aufgrund der fehlenden Überdachung eine Überprüfung der ganzen Halle nicht notwendig sei. Eine „Überprüfung“ habe ergeben, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Veranstaltungen, die der Beigeladene in den vergangen Jahren durchgeführt habe und die er wohl auch zukünftig durchführen werde, nicht eingehalten würden. „Nach einer vom Beigeladenen unlängst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung“ seien beim Hallenbetrieb während des Volksfestes am Wohnhaus der Klägerin zur Nachtzeit zu erwartende Beurteilungspegel von 67 dB(A) prognostiziert worden, was eine Überschreitung der TA Lärm-Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete bedeute; die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI (i.F.: Freizeitlärm-RL) könne keine Anwendung finden. Weiter sei die Klage hilfsweise auch begründet wegen Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung. Aus ihnen ergebe sich nicht zweifelsfrei, welche Lärmbeeinträchtigungen von dem beantragten Bauvorhaben nach der Erweiterung ausgingen. Vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit der Gesamtanlage hätte es zuvörderst der Vorlage eines detaillierten Betriebskonzeptes/einer Betriebsbeschreibung bedurft, aus der ersichtlich sei, welche Veranstaltungen in der Halle als Gesamtanlage künftig abgehalten werden sollten. Auch sei die Nutzung des „Containers“ unklar, insbesondere, inwiefern durch den Zugang zum „Container“ durch Personal Lärmbeeinträchtigungen einhergingen. Schließlich seien die Eingabepläne widersprüchlich: Die Änderung von „Getränkekühlcontainer“ in „Container“ im als „Tekturplan“ genehmigten Plan sei nicht im Wege eines Roteintrags erfolgt und damit nicht gesichert, im Übrigen werde die Anlage in den genehmigten Plänen („Grundriss“ und „Schnitt A-A/Ansicht“) als „Getränkekühlcontainer“ bezeichnet. Es sei unklar, welches Vorhaben tatsächlich genehmigt worden sei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 wird ausgeführt: Im Zusammenhang mit der Genehmigung des Containers sei keine Gesamtbetrachtung im Verbund mit der Halle vorzunehmen gewesen, insbesondere nicht im Hinblick auf immissionsschutzfachliche Gesichtspunkte. Der Container sei, u.a. aufgrund fehlenden räumlichen Zusammenhangs, funktional unabhängig von der Mehrzweckhalle zu betrachten. Er könne aufgrund der Baugenehmigung ganzjährig für alle möglichen Zwecke benutzt werden, nicht nur in Kombination mit der Mehrzweckhalle. Sofern der Container an elf Tagen während des Volksfestes als Getränkekühlcontainer genutzt werde, sei diese Nutzung untergeordnet und bedeute nicht zwangsweise eine Gesamt- bzw. Neubetrachtung der Mehrzweckhalle in immissionsfachlicher Sicht. Im Übrigen hätte auch eine immissionsschutzfachliche Gesamtbetrachtung keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergeben. Es lägen „mittlerweile“ schalltechnische Untersuchungen vor, die auch bei einer Gesamtbetrachtung die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte am klägerischen Grundstück belegten. Die Bestimmungen der Freizeitlärm-RL seien anwendbar. Auch eine Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Da es sich nicht um eine Gesamtanlage handele, sei weder ein detailliertes Betriebskonzept noch eine Betriebsbeschreibung notwendig gewesen. Durch die Errichtung des Containers vermehrten sich die von der Halle ausgehenden Immissionen jedenfalls nicht.

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen legte mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2018 bzw. 8. Oktober 2018 auf Anforderung des Gerichts u.a. sechs Schallgutachten vor. Daraus wird ersichtlich (vgl. Anlage BG 8), dass sich der vorliegend streitgegenständliche Container an einem als Bereich A definierten Standort befindet; weiter südwestlich gibt es im nördlichen Bereich hinter der Halle noch einen Bereich B („Einhausung Küche“) und einen Bereich C („Grenzgarage“).

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Maßgeblich sei nur der Tekturbescheid; der Ursprungsbescheid habe sich durch den Tekturbescheid geändert. Eine Gesamtbetrachtung des Containers mit der Halle sei abzulehnen. Der Container schaffe eine Unterstellmöglichkeit für die Einhausungselemente, ohne einen funktionalen Zusammenhang zur Halle herzustellen. Auf den Vortrag im Übrigen wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Der Container stellt sich demnach als massiver, ortsfester und aufgeständeter Container dar, dessen Inneres zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme gefüllt war mit Einhausungselementen für die Bereiche A und B. Auf die Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte im hiesigen und im Parallelverfahren M 9 K 17.3051, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung, jeweils vom 10. Oktober 2018, weiter insbesondere auch auf die gerichtsseitig angeforderte Schalltechnische Untersuchung der Fa. abc. vom 30. Mai 2017, Bericht Nr. 1028_4 (Anlage BG 4).

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie ist nachbarrechtsrelevant unbestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, da unklar ist, was „das Vorhaben“ sein soll (1.) und da für den wahrscheinlichsten, aber nicht sicher bestimmbaren Betriebszustand feststünde, dass das Gebot der Rücksichtnahme zulasten der Klägerin verletzt würde (2.).

Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 - juris; B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 - juris; jeweils m.w.N.).

1. Vorliegend ist unklar, was Gegenstand des „Baugenehmigungs-Bescheids“, Az. 30/602 BV VI 20171157, ist.

Wollte man davon ausgehen, dass das Landratsamt tatsächlich gleichsam nur einen „leeren Container“ genehmigen wollte ohne konkrete Funktions- bzw. Nutzungsweise, so ist das bereits deshalb unzulässig, weil Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung und Genehmigung stets eine bauliche Anlage in ihrer durch die Nutzung bestimmten Funktion als Einheit, d.h. ein konkret funktionsbezogenes Vorhaben ist (statt aller Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, Art. 68 Rn. 14 m.w.N.); für die Klägerin ist - dieses Verständnis zugrunde gelegt - unklar, für welche Zwecke der „Container“ in nächster Nähe zu ihrem Grundstück aufgestellt wird, womit ihr die Prüfung, ob und in welchem Umfang sie durch diese bauliche Anlage betroffen ist, d.h. auch, ob Nachbarrechte tatsächlich verletzt sind/werden, unmöglich gemacht wird.

Im Übrigen sind die Bauvorlagen auch widersprüchlich: Zwar wurde die Vorhabenbezeichnung durch Streichung des Wortfragments „Getränkekühl-“ geändert, der Grundriss aber sieht weiterhin einen „Getränkekühlcontainer“ vor. Es ist somit nach Aktenlage unklar, ob nun ein „leerer Container“ oder ein „Getränkekühlcontainer“ genehmigt werden sollte - diese Unschärfe zieht sich bis in die Klageerwiderung, die für bestimmte Zeiten (Volksfest) wiederum von einem Getränkekühlcontainer spricht. Da ein Getränkekühlcontainer, gerade zu Volksfestzeiten, aber gänzlich anders zu beurteilen ist als ein Container, in dem nur und ausschließlich Gegenstände gelagert werden, führt auch die Widersprüchlichkeit zur Aufhebung der Baugenehmigung.

Ergänzend sei angemerkt, dass es in Zusammenschau mit den Genehmigungsunterlagen des Parallelverfahrens M 9 K 17.3051 (Baugenehmigungsbescheid 30/602 BV VI 20171157) zwar im Bereich des Möglichen liegt, dass nur die Aufstellung eines leeren oder mit Einhausungselementen gefüllten Containers „über’s Jahr hinweg“ - d.h. zu Nichtvolksfestzeiten -, legitimiert werden sollte, quasi als eine Art „Kumulativgenehmigung“: Demnach wäre die Einhausung zur Volksfestzeit nach der dortigen Genehmigungslage zulässig, im Übrigen soll dann wohl auf die „Tekturplanung“ zurückgegriffen werden. Auch diese Überlegungen aber zeigen - unabhängig von einer rechtlichen Zulässigkeit dieses Ansatzes -, dass bereits unklar ist, was das Vorhaben i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB sein soll; außerdem wäre die Tekturgenehmigung dann schlicht überflüssig.

2. Die Baugenehmigung würde für den wahrscheinlichsten, aber nicht sicher bestimmbaren Betriebszustand „Getränkekühlcontainer ohne Einhausung“ das im Zweifel aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Gemengelage) herzuleitende Gebot der Rücksichtnahme verletzen. Da beide Grundstücke - das Baugrundstück und das der Klägerin - im unbeplanten Innenbereich liegen, erübrigt sich eine weitere Festlegung, ob ein sog. faktisches Baugebiet besteht und ob das Gebot der Rücksichtnahme dementsprechend an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO festzumachen wäre, da sich die Parameter für die Prüfung - bei Heranziehung von Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-RL - dadurch nicht ändern.

Gegenstand der Prüfung ist der auf den „Tekturantrag“ hin ergangene „Baugenehmigungs-Bescheid“, Az. 30/602 BV VI 20180171. Der vorliegend genehmigte Container oder Getränkekühlcontainer ohne Einhausung stellt ein aliud dar zum im Verfahren M 9 K 17.3051 streitgegenständlichen Getränkekühlcontainer mit Einhausung, was bereits - unabhängig davon, dass Tektur- und Änderungsgenehmigungen die ursprünglichen Grundgenehmigungen rechtlich ohnehin bestehen lassen (Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, BayBO Art. 68 Rn. 117) - aus der völlig unterschiedlich zu beurteilenden Immissionsbelastung folgt. Zugleich ist der Streitgegenstand wenigstens insofern abschließend und hinreichend bestimmt festgelegt, als dass die Bereiche B und C nicht Teil der Baugenehmigung sind. Davon zu unterscheiden ist - worauf die Klägerbevollmächtigten mehrfach hingewiesen wurden - die Frage, ob eine immissionsschutzrechtliche Bewertung diese Bereiche ausklammern könnte (siehe dazu sogleich).

Nach den beigezogenen Schallgutachten ist davon auszugehen, dass eine Erweiterung der Halle durch einen Getränkekühlcontainer ohne Einhausung im sog. Bereich A, der alleine streitgegenständlich ist, zu schädlichen Umwelteinwirkungen für die Klägerin führt, § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG.

Den Klägerbevollmächtigten ist darin zuzustimmen, dass das Bauvorhaben hinsichtlich der Immissionsbelastung nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Halle zu betrachten ist - hier sind auch die Emissionen der Bereiche B und C zu berücksichtigen. Der (Getränkekühl-) Container erweitert die Halle und ist nicht funktional unabhängig von ihr. Wenn das Landratsamt darauf abstellen will, dass der (Getränkekühl-) Container „ganzjährig für alle möglichen Zwecke“ und „nicht nur in Kombination mit der Mehrzweckhalle“ genutzt werden könne, so ergeben sich diese „möglichen Zwecke“ in keiner Weise aus den Genehmigungsunterlagen (siehe auch Ziff. 1) und entsprechen nicht dem Willen des Bauherren (vgl. den Schriftsatz vom 8. Oktober 2018); diese Sichtweise ist im Übrigen realitätsfern. Der Augenschein und die Aussagen in der mündlichen Verhandlung haben die Annahmen der Gutachten und die Stellungnahme des Beigeladenen bestätigt, dass der (Getränkekühl-) Container mit Kühlaggregaten versehen ist, zu Volksfestzeiten als Getränkekühlcontainer betrieben wird und „unter dem Jahr“, d.h. zu Zeiten, in denen kein Volksfest stattfindet, nur zur Lagerung der Einhausungselemente genutzt wird - womit der Container auch vollends „gefüllt“ ist -, die temporär zu Volksfestzeiten u.a. im sog. Bereich A zwischen Halle und Nebenlage angebracht werden. Letzteres entspricht so auch der im Verfahren M 9 K 17.3051 streitgegenständlichen Baugenehmigung. Selbst wenn man der Argumentation des Landratsamts folgen wollte, so kann die Nutzung zu Volksfestzeiten - als Getränkekühlcontainer, vgl. neben den Aussagen des Beigeladenen auch den Grundriss und im Übrigen explizit auch die Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 - nicht als untergeordnet betrachtet werden, da hier gerade die größten Belastungen für die Klägerin zu erwarten sind. Mit der Nutzung als Getränkekühlcontainer aber geht bereits denklogisch eine funktionelle Erweiterung der Halle - Vergrößerung des Ausschankbereichs - einher.

Zur Situation „Getränkekühlcontainer ohne Einhausung“ verhält sich, soweit ersichtlich, nur die Schalltechnische Untersuchung der Fa. abc. vom 30. Mai 2017, Bericht Nr. 1028_4, vom Bevollmächtigten des Beigeladenen vorgelegt als Anlage BG 4 (i.F.: Gutachten BG 4), was sich dadurch erklärt, dass die übrigen Gutachten bzw. Messberichte (fünf weitere Untersuchungen) davon ausgingen, dass der Bereich A eingehaust wird. Im Gutachten BG 4 wird für ein als „Istzustand“ bezeichnetes Szenario (S. 18 i.V.m. S. 28f.) rechnerisch festgestellt, dass bei einem freistehenden Getränkekühlcontainer, verbunden mit der Halle nur über eine kleine Dachfläche - d.h. ohne komplette Überdachung des „Spalts“ zwischen Halle und Container und ohne Seitenwände -, für die Beurteilungssituationen „Volksfest, Showkapelle ab 19 Uhr“ bzw. „Volksfest, Volksmusik“ nachts mit erheblichen Immissionsrichtwertüberschreitungen - 68 db(A) bzw. 73 dB(A) statt nach Freizeitlärm-RL erlaubten 55 dB(A) - zu rechnen ist. Wieso dieses Szenario als „Istzustand“ bezeichnet wird, ergibt sich aus der Bauvorlage, in der als Bestand ein etwas weiter südwestlich aufgestellter Container mit einem kleinen Vordach über dem Hallenrolltor dargestellt ist. Dass die Ergebnisse des Gutachtens BG 4 auf die jetzige Genehmigungslage übertragbar sind, folgt daraus, dass der (Getränkekühl-) Container nur um 2,40 m nach Nordwesten verschoben wird und das Vordach entfällt; an der Situierung des Rolltors (Hallenöffnung) ändert sich nichts. Wollte man dagegen vertreten, dass die Gutachteninhalte BG 4 zur Betriebsweise „Istzustand“ nicht übertragbar sind, so liegt überhaupt keine immissionsschutzrechtliche Bewertung für das Szenario „Getränkekühlcontainer ohne Einhausung“ vor.

Das Gericht ist bei alledem nicht gehalten, weitergehend „herauszusuchen“, welche Emissionen nun tatsächlich vom nicht eingehausten Bereich A ausgehen und welche von den Bereichen B und C. Eine selektive Betrachtung der Lärmemissionen scheidet aus, wenn insgesamt ein lärmrelevanter „Freizeitbereich“ gegeben ist (vgl. nur VGH BW, U.v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 19.11.2002 - 7 B 137/02 - BeckRS 2003, 20110, dort so beurteilt selbst für mehrere unabhängige Gebäude: Jugendhaus, Stadthalle). Bei einer technischen Nebenanlage wie dem Getränkekühlcontainer macht eine gesonderte Bestimmung isoliert „seiner“ Emissionen - und daraus folgend: „seines“ Immissionsbeitrags - keinen Sinn.

Ergänzend ist anzumerken, dass auch angesichts der E-Mail vom 9. Mai 2018 (Bl. 28 d. BA) unter Geltung hiesiger Genehmigungslage klar beabsichtigt ist, die Kühlaggregate während der Volksfestzeiten weiter zu betreiben; der „juristische Winkelzug“, mit dem Letztere im Hinblick auf Brandschutzfragen ausgeklammert werden sollten, spielt für die Immissionsbewertung keine Rolle.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten waren getrennt auszuweisen, da der Beklagte ansonsten teilweise außergerichtliche Kosten des Beigeladenen zu tragen gehabt hätte. Dass sich der Beigeladene billigerweise an der Kostentragung im Übrigen zu beteiligen hat, folgt daraus, dass er sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben hat. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708ff. ZPO.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

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Unter dem 14. Mai 2018 erteilte das Landratsamt Pfaffenhofen a.d.Ilm (i.F.: Landratsamt) dem Beigeladenen eine weitere Baugenehmigung (Az. 30/602 BV VI 20180171) für den „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke, sowie Aufstellung eines Containers bei der bestehenden Mehrzweckhalle, hier: Entfall der Einhausung“, die Streitgegenstand des Parallelverfahrens M 9 K 18.2946 ist.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 Klage gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid erhoben. Mit Klagebegründung vom 21. September 2018 beantragen sie, den Bescheid aufzuheben.

Dem Bauantrag sei keine schalltechnische Untersuchung beigefügt gewesen, aus der sich die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Lärmimmissionsverhältnisse ergeben hätten; auch habe der Beigeladene keine Betriebsbeschreibung bzw. kein Betriebskonzept eingereicht. Neben dem streitgegenständlichen Bauvorhaben habe der Beigeladene im April 2017 weitere Baumaßnahmen auf der bislang freien Fläche nördlich der bestehenden Halle angekündigt. Namentlich seien dies ein als „Einhausung Küche Bereich B“ bezeichneter Bereich von 45 m² und eine als „Grenzgarage Bereich C“ bezeichnete Fläche von ebenfalls etwa 45 m², in der während des Volksfestbetriebs Kühlwägen untergestellt werden sollten. Der diesbezüglich beantragten Baueinstellung sei nicht nachgekommen worden, die Anlagen „als verfahrensfrei“ mittlerweile errichtet. Die Nachbarklage sei zulässig und begründet. Streitgegenstand sei vorliegend nur die nach wie vor eigenständige Ursprungsbaugenehmigung, nicht der Tekturbescheid. Letzterer habe die ursprüngliche Baugenehmigung auch nicht ersetzt - dies schon deswegen (nicht), weil mehr als nur geringfügige Änderungen am Vorhaben vorgenommen worden seien, zum anderen auch, weil sich der Nutzungszweck des Containers geändert habe (von Getränkekühlcontainer schlicht zu Container). Die Ursprungsbaugenehmigung habe sich auch nicht erledigt. Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil für die Klägerin als Nachbarin schädliche Lärmimmissionen durch den Betrieb der Halle drohten. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen sei auf die Halle als abgeänderte Gesamtanlage und nicht etwa isoliert auf das Änderungsvorhaben abzustellen. Das folge aus dem räumlichen Zusammenhang des Containers zur Halle, aus der unmittelbaren räumlichen Verbindung durch die Einhausung - auf die es aber nicht tragend ankomme - und aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Halle und Container. Durch ihn werde im Ergebnis der Ausschankbereich der Halle vergrößert, da er offenbar der Lagerung von Getränken und als erweiterter Schankbereich bzw. erweiterte Nutzfläche diene; eine selbstständige Benutzbarkeit sei abwegig und aufgrund dessen, dass eine Betriebsbeschreibung fehle, nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang gelte es weiter zu berücksichtigen, dass die Halle nicht nur um das streitgegenständliche Bauvorhaben, sondern - unter dem Deckmantel der Verfahrensfreiheit - um weitere bauliche Anlagen erweitert werde („Bereich B und C“); diese Anlagen seien einzubeziehen und die Genehmigungsfrage sei in toto neu auf-zuwerfen. Von alledem abgesehen stelle das Bauvorhaben auch eine Nutzungsänderung der bestehenden baulichen Anlage dar. Diese sei darin zu sehen, dass der bislang im Innenbereich der Halle stattfindende (Ausschank-) Betrieb bzw. die dort bestehende Nutzfläche zur Bewirtschaftung auf die Freifläche des Grundstücks aus-gedehnt werde. Für eine ähnliche Sachverhaltskonstellation habe der BayVGH bereits entschieden, dass die Erweiterung eines Gaststättenbetriebs von „drinnen“ nach „draußen“ eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Die Variationsbreite der bisherigen Gaststättennutzung des Gebäudes werde durch das Vordringen der gewerblichen Nutzung auf eine Freifläche des Grundstücks verlassen. Dadurch seien nach der Entscheidung insbesondere die ausgehenden Lärmemissionen neu zu prüfen (BayVGH, B.v. 31.7.2003 - 2 B 00.3282 - juris). Durch den Verlust der „Pufferfreiflächen“ zu den Nachbarn würden weiter bodenrechtliche Belange tangiert und müssten neu bewertet werden. Gemessen an der notwendigen Gesamtbetrachtung sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme feststellbar bzw. könne ein solcher Verstoß zumindest nicht ausgeschlossen werden. Dem Landratsamt sei vorliegend - wie der Bearbeitungsbogen zeige - durchaus bewusst gewesen, dass Veränderungen im Bereich der Immissionsverhältnisse zu erwarten seien. Es sei aber völlig unklar, anhand welcher Kriterien das Landratsamt die Frage des Vorliegens schädlicher Lärmimmissionen beurteilt habe (TA Lärm, Freizeitlärm-Richtlinie …). Zum anderen sei fraglich, weshalb das Landratsamt überhaupt von einer Verbesserung der Lärmimmissionsschutzsituation ausgehe, da im vorliegenden Verfahren weder ein Schallschutzgutachten vorgelegt worden sei noch eine Betriebsbeschreibung der Halle als Gesamtanlage existiere. Unabhängig davon irre das Landratsamt, wenn es eine Verbesserung der Lärmimmissionssituation als hinreichend erachte, um einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen: Die Verbesserung einer bestehenden Lärmimmissionssituation belege nicht, dass keine unzumutbaren Lärmimmissionen vorlägen. Dazu hätte es der Vorlage einer Betriebsbeschreibung und einer fachgutachterlichen Bewertung bedurft. Abgesehen davon habe eine Überprüfung ergeben, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Veranstaltungen, die der Beigeladene in den vergangen Jahren durchgeführt habe und die er wohl auch zukünftig durchführen werde, nicht eingehalten würden. Nach einer vom Beigeladenen unlängst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung seien beim Hallenbetrieb während des Volksfestes am Wohnhaus der Klägerin zur Nachtzeit zu erwartende Beurteilungspegel von 67 dB(A) prognostiziert worden, was eine Überschreitung der TA Lärm-Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete bedeute. Die Freizeitlärm-Richtlinie könne keine Anwendung finden. Weiter sei die Klage hilfsweise auch begründet wegen Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung. Aus ihnen ergebe sich nicht zweifelsfrei, welche Lärmbeeinträchtigungen von dem beantragten Bauvorhaben nach der Erweiterung ausgingen. Vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit der Gesamtanlage hätte es zuvörderst der Vorlage eines detaillierten Betriebskonzeptes/einer Betriebsbeschreibung bedurft, aus der ersichtlich werde, welche Veranstaltungen in der Halle als Gesamtanlage künftig ab-gehalten werden sollten. Auch sei die geplante Nutzung des „Getränkekühlcontainers“ unklar, insbesondere, ob nicht von ihm selbst (isoliert) erhebliche Lärmbeeinträchtigungen ausgingen, was aufgrund des elektrisch betriebenen Kühlaggregats nicht ausgeschlossen erscheine.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 wird ausgeführt: Die beantragten baulichen Anlagen würden aufgrund der Erweiterung der Mehrzweckhalle durch die Schallschutzeinhausung als Gesamtanlage gesehen. Eine Beteiligung der Fachstelle Immissionsschutz sei nicht erfolgt, da aufgrund der Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke eine Verbesserung der bestehenden Lärmsituation zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen lägen „zwischenzeitlich“ schalltechnische Untersuchungen vor, die die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte am klägerischen Grundstück belegten. Die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien anwendbar. Zudem habe eine Schallmessung beim diesjährigen Volksfest die Berechnungen bestätigt, es seien keine Überschreitungen am Immissionsort Wohnhaus der Klägerin festgestellt worden. Auch eine Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Da sich durch die zusätzlichen Anlagen der von der Halle ausgehende Lärm nicht ändere, sei weder ein Betriebskonzept noch eine Betriebsbeschreibung notwendig gewesen.

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen legte mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2018 bzw. 8. Oktober 2018 auf Anforderung des Gerichts u.a. sechs Schallgutachten vor. Daraus wird ersichtlich (vgl. Anlage BG 8), dass sich der vorliegend streitgegenständliche Container an einem als Bereich A definierten Standort befindet; weiter südwestlich gibt es im nördlichen Bereich hinter der Halle noch einen Bereich B („Einhausung Küche“) und einen Bereich C („Grenzgarage“).

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Nachbarklage sei bereits unzulässig, da sich der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid durch den Folgebescheid vom 14. Mai 2018 erledigt habe. Bei der gegenständlichen baulichen Anlage handele es sich nicht um eine Änderung bzw. Nutzungsänderung der Halle; die Aufstellung des Containers unter Wegfall der Einhausung stelle die Errichtung eines neuen Vorhabens dar und sei zu vergleichen mit der Errichtung einer untergeordneten Nebenanlage, durch die die Hauptanlage nicht in ihrem Bestand geändert werde. Soweit der Container 11 Tage im Jahr als Kühlcontainer für das Volksfest diene, greife die Freizeitlärm-Richtlinie ein, deren Grenzwerte eingehalten seien. Auf den Vortrag im Übrigen wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Der Container stellt sich demnach als massiver, ortsfester und aufgeständeter Container dar, dessen Inneres zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme gefüllt war mit Einhausungselementen für die Bereiche A und B. Auf die Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte im hiesigen und im Parallelverfahren M 9 K 18.2946, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung, jeweils vom 10. Oktober 2018.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als (Dritt-) Anfechtungsklage trotz Ergehens eines weiteren „Baugenehmigungsbescheids“ (vom 14. Mai 2018) zulässig, sie richtet sich nicht gegen einen erledigten Verwaltungsakt, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Der vorliegend genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung stellt ein aliud dar zum im Verfahren M 9 K 18.2946 streitgegenständlichen Container ohne Einhausung, was bereits - unabhängig davon, dass Tektur- und Änderungsgenehmigungen die ursprünglichen Grundgenehmigungen rechtlich ohnehin bestehen lassen (Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, BayBO Art. 68 Rn. 117) - aus der völlig unterschiedlich zu beurteilenden Immissionsbelastung folgt. Der Beigeladene erklärte in der mündlichen Verhandlung zudem, den Getränkekühlcontainer als solchen mit Einhausung auch beim diesjährigen H. Volksfest betrieben zu haben - was nur auf Basis der hiesigen Baugenehmigung überhaupt möglich ist.

Zugleich ist der Streitgegenstand insofern festgelegt, als dass die sog. Bereiche B und C nicht Teil der Baugenehmigung sind. Davon zu unterscheiden ist - worauf die Klägerbevollmächtigten mehrfach hingewiesen wurden - die Frage, ob eine immissionsschutzrechtliche Bewertung diese Bereiche ausklammern könnte.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Weder sind die Bauvorlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt (1.) noch verletzt das Bauvorhaben das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (2.).

1. Die Bauvorlagen sind vorliegend nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 -; B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 -; B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; jeweils zitiert nach juris und m.w.N.).

Vorliegend war den zunächst vorgelegten Genehmigungsunterlagen nicht abschließend zu entnehmen, ob bzw. dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung während des Jahres - d.h. zu Zeiten, an denen überhaupt keine Veranstaltungen bzw. keine sog. seltenen Veranstaltungen nach Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie in der Halle stattfinden - nicht als solcher betrieben wird. Da zu den Zeiten, an denen keine seltenen Veranstaltungen stattfinden, die Regelimmissionsrichtwerte nach Nr. 4.1 Freizeitlärm-Richtlinie (siehe auch Ziff. 2 der hiesigen Entscheidung) gelten und da zu diesen Zeiten keine Lärmbegutachtungen vorlagen, war es zwar fernliegend, aber nicht völlig auszuschließen, dass es im Zusammenhang mit dem Betrieb des Getränkekühlcontainers v.a. aufgrund des Schallleistungspegels der für den Betrieb notwendigen Kühlaggregate von 80 dB(A) - laut Anlage BG 8, Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018, S. 9 und Anlage 4, S. 1 - zu unzumutbaren Lärmimmissionen, § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG, bei der Klägerin kommen könnte. Die Kühlaggregate liegen unterhalb des Getränkekühlcontainers, weswegen die Annahme des Beklagten, aufgrund der - zwischen Container und Halle mobil installierbaren - Einhausung sei nicht mit einer Verschlechterung der Emissions- bzw. Immissionsbelastung zu rechnen, für die Aggregate von vorn herein keinen Sinn macht. Somit war aufgrund des anfänglichen Fehlens einer Betriebsbeschreibung ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht vollends auszuschließen; theoretisch hätte der Getränkekühlcontainer als solcher Tag und Nacht betrieben werden können. Andererseits läuft eine derartige Suche nach möglichen Quellen schädlicher Umwelteinwirkungen - unabhängig von den folgenden Ausführungen - Gefahr, in Richtung der Annahme fiktiver Belastungen abzudriften, was nicht Sinn und Zweck der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme ist (BVerwG, U.v. 27.2.1992 - 4 C 50/89 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 83. Lfg., Juli 2012, § 15 Rn. 79); das dargestellte Szenario war auch nach „anfänglicher“ Aktenlage völlig unrealistisch.

Spätestens mit der als Anlage BG 10 nachgereichten Betriebsbeschreibung vom 3. August 2018 und mit den zu Protokoll abgegebenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung haben sich diese Bedenken aber vollumfänglich erledigt. Demnach wird der Getränkekühlcontainer nur während des H. Volksfestes genutzt und steht nicht zur Nutzung als Kühlcontainer für andere in der Mehrzweckhalle stattfindende Veranstaltungen oder unabhängig von einem Betrieb der Mehrzweckhalle zur Verfügung. Während des Jahres werden die Einhausungselemente in dem Container gelagert, die Kühlaggregate sind ausgesteckt. Diese Praxis wurde so auch von der Klägerin bestätigt.

Wenngleich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bei der Drittanfechtungsklage zwar grundsätzlich die Behördenentscheidung ist, so sind dem Bauherren günstige Veränderungen oder Umstände aber dennoch in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40/98 -; B.v. 22.4.1996 - 4 B 54/96 - jeweils juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 53; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 5290). Auch eine bis zur bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klarstellung in Bezug auf die Bauvorlagen ist demnach zu berücksichtigen, schon allein aus prozessökonomischen Gründen (z.B. BVerwG, B.v. 21.6.2006 - 4 B 32/06 - juris; OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris; U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; OVG Rh-Pf, U.v. 29.6.2012 - 1 A 10878/11.OVG - juris). Die Situation gleicht dem Fall, dass ein Tekturbescheid mit den entsprechenden Unterlagen „nachgeschoben“ wird; außerdem wäre es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar, eine zur Zeit des Erlasses etwaig rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach dem genehmigten Eingabeplan vom 12. Mai 2017 Grundlage für die Ausführung des Getränkekühlcontainers „das schalltechnische Gutachten der a. GmbH“ ist. In den bis zum 12. Mai 2017 gefertigten Schalltechnischen Untersuchungen der a. GmbH vom 6. April 2017 (Anlage BG 1), vom 30. April 2017 (Anlage BG 2) und vom 9. Mai 2017 (Anlage BG 3) wurde aber stets nur ein Betrieb zu Volksfestzeiten zugrunde gelegt, weswegen bei lebensnaher und nicht formaljuristischer Betrachtungsweise schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses hinreichend bestimmt war, dass der Getränkekühlcontainer nur zu Volksfestzeiten betrieben werden sollte.

Da somit nach alledem für „Nichtvolksfestzeiten“ feststeht, dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung überhaupt nicht betrieben wird, war der Betriebszeitraum „Nichtvolksfestzeit“ auch nicht etwa unabhängig von einem Betrieb des Getränkekühlcontainers zu untersuchen, da vorliegend nur über den Streitgegenstand zu befinden ist, der nichts mit dem Mehrzweckhallenbetrieb im Übrigen zu tun hat.

2. Das Bauvorhaben verletzt nicht das der Klägerin gegenüber zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme.

Das Gebot der Rücksichtnahme ist vorliegend angesichts der Umgebungsstruktur im Zweifel aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Gemengelage) herzuleiten. Da beide Grundstücke - das Baugrundstück und das der Klägerin - im unbeplanten Innenbereich liegen, erübrigt sich aber eine weitere Festlegung, ob ein sog. faktisches Baugebiet besteht und ob das Gebot der Rücksichtnahme dementsprechend an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO festzumachen wäre, da sich die Parameter für die Prüfung - bei Heranziehung von Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie - dadurch nicht ändern.

Inhaltlich kommt dem Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vorliegend ist eine Einzelfallbewertung der Emissionen bzw. Immissionen unumgänglich (a). Der Rahmen für die Prüfung, ob dem Gebot der Rücksichtnahme Genüge getan ist, ist in erster Linie der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI zu entnehmen (b); abzustellen war dabei auf die Mehrzweckhalle im Ganzen (c). Da die maßgeblichen (d) Immissionsrichtwerte aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie vollumfänglich eingehalten sind (e), ist das Gebot der Rücksichtnahme vorliegend nicht verletzt, auch nicht deshalb, weil die Baugenehmigung keine sog. zielorientierte Festlegung der Immissionsrichtwerte enthält (f).

a) Dass der Beklagte nach Aktenlage zunächst davon ausging, keine Einzelfallbewertung der Immissionsbelastung vornehmen zu müssen, ist nicht nachvollziehbar. Mit dem Vermerk auf dem Bearbeitungsbogen „nur Einhausung, wird immsch.r. besser“ sollte wohl auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen werden, wonach Immissionen im Umfang einer Vorbelastung zumutbar sind, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet und in einer vergleichbaren Situation nicht (mehr) hinzunehmen wären (bspw. bei BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - juris; U.v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - juris; auch: OVG SH, U.v. 26.7.2012 - 1 LC 130/09 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Ohne eine Aussage oder Prüfung dazu aber, ob bereits gegenwärtig auf Basis einer entsprechenden Genehmigung ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten - aber: ohne Einhausung - betrieben wird, ist diese Überlegung haltlos, denn nur legale Anlagen können u.a. bei der Festlegung einer etwaigen Vorbelastung angesetzt werden (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 11.7.1994 - 4 B 134/94 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Nach dem Grundrissplan gibt es zwar wohl faktisch einen „Container“ (nicht: „Getränkekühlcontainer“) ohne Einhausung und mit einem kleinen Vordach, der gegenwärtig weiter südwestlich steht. Die vom Klägerbevollmächtigten auszugsweise vorgelegte Baugenehmigung der Mehrzweckhalle von 1979 enthält aber keine Aussagen zu diesem Container.

Aus der Vorhabenbezeichnung („Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“) wird vielmehr ersichtlich, dass bis dato kein derartiger Getränkekühlcontainer betrieben wurde. Allein der Umstand, dass wohl das Rolltor in der Halle - und damit eine Öffnung nach Norden - schon im Bestand vorhanden ist, sagt noch nichts darüber aus, dass sich die Immissionsbelastung für die Nachbarschaft nicht ändert, wenn ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten und einer mobilen Einhausung vor dieses Rolltor gesetzt wird, das dann durchgehend geöffnet ist.

Unabhängig von alledem wird aus dem mit Genehmigungsstempel versehenen Eingabeplan vom 12. Mai 2017 ersichtlich, dass das Landratsamt diesen rechtlichen Ansatz selbst auch nicht konsequent verfolgte, legte es doch offensichtlich „das schalltechnische Gutachten vom Ing. Büro a. GmbH“ zugrunde. Auch im Rahmen der Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung stellte es maßgeblich auf die vorliegenden schalltechnischen Untersuchungen und damit auf eine Einzelfallbewertung ab.

b) Als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung für die Klägerin ist vorliegend in erster Linie die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI heranzuziehen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die von Sachverständigen ausgearbeitete Freizeitlärm-Richtlinie den Gerichten als Entscheidungshilfe dienen kann (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - juris; U.v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - juris). Diese enthält besondere Maßgaben für die Ermittlung und Bewertung der von Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche, ist zugleich aber, anders als die 18. BImSchV, nicht abschließend und erlaubte theoretisch auch einen Rückgriff auf die TA Lärm, vgl. Nr. 3 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie: „Bei der Ermittlung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen kann auf die allgemein anerkannten akustischen Grundregeln, wie sie in der TA Lärm und der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) festgehalten sind, zurückgegriffen werden“ (ebenso z.B. OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; B.v. 6.10.2010 - 2 A 1503/09 - juris; BayVGH, B.v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3415 - NJW 1997, 1181; Städtebauliche Lärmfibel des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg 2013, S. 116).

Ob die Genehmigungsbehörde explizit die Freizeitlärm-Richtlinie „positiv“ für anwendbar erklärt oder nicht, ist irrelevant. Entweder das Bauvorhaben ist hinsichtlich seiner Emissionen bzw. Immissionen nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie, v.a.: nach den dort festgelegten Immissionsrichtwerten, zu beurteilen - und erfüllt diese - oder nicht. Wenn sich die Klägerbevollmächtigten mit ihrer diesbezüglich geäußerten Rechtsansicht auf Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie beziehen wollten (Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie lautet: „Nebenbestimmungen. In so definierten Sonderfällen können Veranstaltungen von der zuständigen Behörde nach Maßgabe folgender, ggf. als Nebenbestimmung festzulegender Maßnahmen zugelassen werden“), so ist dem entgegenzuhalten, dass mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht die Freizeitanlage Volksfest - unabhängig von der Notwendigkeit/Möglichkeit einer Festsetzung nach § 69 Satz 1, Satz 2, § 60b GewO - bzw. die Freizeitanlage Mehrzweckhalle - bestandskräftige Baugenehmigung aus dem Jahr 1979 - genehmigt wurde. Eine ggf. mit Nebenbestimmungen zu versehende „Zulassung“ des Betriebs an sich ist nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits. Der Beigeladene hat im Übrigen, worauf nur ergänzend hinzuweisen ist, mit Schreiben vom 28. Juni 2018 Nebenbestimmungen für das H. Volksfest festgelegt und mit Verordnung vom 17. Juni 2000, vorgelegt als Anlage BG 13, u.a. die Betriebszeiten der Festhalle (10:00 Uhr bis 24:00 Uhr) festgesetzt.

Da vorliegend angesichts des hiesigen Genehmigungsgegenstands (siehe Ziff. 1), aber auch generell nach Aktenlage nur der Betriebszustand Getränkekühlcontainer mit Einhausung, betrieben während des H. Volksfestes, überhaupt die Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen für die Klägerin erwarten ließ, kann dahinstehen, ob für die Anwendung der Freizeitlärm-Richtlinie auf „das Volksfest“ (so wohl OVG NW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris) oder auf „die Mehrzweckhalle“ abzustellen ist (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris). Zu betrachten waren und sind die zu erwartenden Immissionen durch den Betrieb des Getränkekühlcontainers zu Zeiten des in der Mehrzweckhalle stattfindenden Volksfests. Deshalb ist auch irrelevant, ob andere Veranstaltungen wie ein Faschingsball von der Anwendung auszunehmen wären (vgl. die als Anlage BG 7 vorgelegte Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017).

Dass die von Volksfesten ausgehenden Emissionen bzw. Immissionen auch in Bayern nicht mehr anhand der 18. BImSchV, sondern unter Zuhilfenahme der Freizeitlärm-Richtlinie beurteilt werden, entspricht mittlerweile nicht nur der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris; B.v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230), sondern auch der Praxis der Verwaltung (vgl. das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015, Gz. 33-4100/751/2).

c) Dass dabei hinsichtlich der Immissionen nicht nur der Getränkekühlcontainer an sich zu betrachten ist, sondern die Mehrzweckhalle im Ganzen (einschließlich der Bereiche B und C), folgt bereits aus dem Vorliegen eines lärmrelevanten Freizeitbereichs insgesamt (vgl. nur VGH BW, U.v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 19.11.2002 - 7 B 137/02 - BeckRS 2003, 20110, dort so beurteilt selbst für mehrere unabhängige Gebäude: Jugendhaus, Stadthalle), bei dem Veränderungen notwendigerweise in eine Gesamtbewertung einzustellen sind. Nachdem eine segmentierende Betrachtung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16/00 - juris; auch: OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris) den tatsächlichen Verhältnissen sogar dann nicht (mehr) gerecht werden soll, wenn mehrere in räumlichem Zusammenhang stehende Anlagen trotz ihrer organisatorischen Trennung vom Betreiber im Sinne eines integrativen Konzepts zu einer Einheit zusammengefasst worden sind, gilt dies naturgemäß umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits keine derartige organisatorische (oder sonstige) Trennung auszumachen ist. Bei einer Nebenanlage wie dem Getränkekühlcontainer macht eine gesonderte Bestimmung isoliert „seiner“ Emissionen - und daraus folgend: „seines“ Immissionsbeitrags - zudem dann keinen Sinn, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die bauliche (Ver-) Änderung im Vergleich zur bestandskräftigen Ursprungsgenehmigung lärmerhöhend auf die Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken kann (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17/91 - juris; BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris). Dies ist vorliegend der Fall, da eine bis dato nach Genehmigungslage geschlossene Halle - das Rolltor nach Norden dürfte im normalen Betrieb nicht geöffnet gewesen sein - ohne (Getränkekühl-) Container (s.o.) nicht nur konstruktiv, sondern auch funktional eine Erweiterung/Vergrößerung in Richtung des klägerischen Grundstücks erfährt, die auch die Geräusche des Ausschankbereichs und des Volksfestbetriebs näher zur Klägerin trägt. Weiter werden nun erstmals Kühlaggregate mit einem nicht unerheblichen Schallleistungspegel installiert, die ebenso Bestandteil der Mehrzweckhalle werden. Bei einer derartigen Konstellation („qualitative Änderung“) ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgend auch immissionstechnisch vom Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt auszugehen (vgl. VG München, U.v. 14.6.2017 - M 9 K 17.341 - juris m.w.N. für einen anders gelagerten Fall).

d) Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sich aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie - 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts -, wobei unter Inanspruchnahme von Nr. 4.4.2 lit. c Freizeitlärm-Richtlinie während der Nachtzeit ohnehin kein Betrieb mehr stattfindet (vgl. die Festlegungen der Verordnung des Beigeladenen über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während des Volksfestes, vorgelegt als Anlage BG 13 - i.F.: Volksfestverordnung). Die Maßgeblichkeit dieser Werte für den Betrieb des Getränkekühlcontainers folgt aus den spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Grundlage der Baugenehmigung gewordenen Schalltechnischen Untersuchungen, auf die sich der Beklagte u.a. im Rahmen seiner Klageerwiderung tragend gestützt hat.

Die Voraussetzungen von Nr. 4.4.1 und Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie sind nach Ansicht des Gerichts erfüllt, das sich dabei vollumfänglich auf die Stellungnahme des Beigeladenen vom 28. Juni 2018, vorgelegt als Anlage BG 6, auf den Schriftsatz des Beigeladenenbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 und auf die befürwortende Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017, vorgelegt als Anlage BG 7, bezieht. Beim H. Volksfest handelt es sich um ein Fest von mehr als nur kommunaler Bedeutung (Wahl der H. Hopfenkönigin etc.), das sich im Laufe seines 70-jährigen Bestehens eine hohe Standortgebundenheit und eine hohe soziale Akzeptanz (u.a. Seniorennachmittag mit ca. 1.600 Teilnehmern, „Kinder- und Familientag“) erworben hat. Aufgrund der Umgebungsbedingungen sowie fehlender Ersatzstandorte - die P. Halle und die S. Halle weisen keine vergleichbare Kapazität auf, ihnen fehlt es weiter an entsprechenden Erschließungsanlagen - ist eine Überschreitung der Regelimmissionsrichtwerte unvermeidbar. Bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG ist diesbezüglich zum einen darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie nicht schematisch anzuwenden sind (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris), zum anderen müssen die Seltenheit des Anlasses (11 Tage) und seine Bedeutung in die Würdigung des Einzelfalles einbezogen werden. Aus der herausragenden Bedeutung des H. Volksfestes für die Region und darüber hinaus rechtfertigt sich auch die Verschiebung der Nachtzeit um 2 Stunden.

Dass Nr. 4.4 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie nominell von „Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten“ spricht, schadet nicht, wie der VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 74 ausführlich erörtert hat. Das Gericht schließt sich der im Folgenden wiedergegebenen Begründung an:

Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärm-Richtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärm-Richtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6. März 2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9).

e) Sowohl durch die Prognoseberechnungen der a. GmbH vom 30. Mai 2017 (Bericht Nr. 1028_4, vorgelegt als Anlage BG 4) und der I. KG vom 17. Juli 2018 (Bericht Nr. 4919.a3, vorgelegt als Anlage BG 8) als auch durch den Messbericht 4919.b1 der I. KG vom 22. August 2018 (Anlage BG 9) über eine während des Volksfestbetriebs 2018 durchgeführte Messung - zudem beim Worst-Case-Szenario „Showband“ inklusive vollen Festbetriebs und laufender Kühlaggregate am Getränkekühlcontainer - steht fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Klägerin, von denen abzuweichen das Gericht vorliegend keinen Anlass sieht, bei weitem eingehalten werden können. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Messung vom 14. August 2018 an einem Ersatzimmissionsort durchgeführt wurde, der 8,50 m näher an der Mehrzweckhalle bzw. am Getränkekühlcontainer situiert war, und dass selbst dabei nur ein Beurteilungspegel von 66 dB(A) erreicht wurde. Bei alledem ist zu bedenken, dass die Musikdarbietung bzw. der Festbetrieb auch an den beiden Festtagen mit der größten Belastung (Showbands) nach § 1 Abs. 2 der Volksfestverordnung („Die Sperrstunde in der Festhalle wird auf 24:00 Uhr festgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt dürfen sich keine Gäste mehr in der Festhalle aufhalten. Der Bierausschank und die Musikveranstaltungen sind bereits um 23:30 Uhr einzustellen. […]“) gesichert um 23:30 Uhr bzw. um Mitternacht enden. Der Schutz der Nachtruhe ist damit gewährleistet.

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden von Klägerseite nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen.

Da die Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie somit bei weitem eingehalten werden, kann dahinstehen, dass bei Veranstaltungen wie dem H. Volksfest, das angesichts der Ausführungen des Beigeladenen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung ist und das bei vielen Bewohnern einen hohen Stellenwert besitzt, von einem verständigen Durchschnittsmenschen die mit ihnen verbundenen Lärm- und Geräuschentwicklungen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden (sollten) als sonstige Immissionen (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris); d.h., dass bei derartigen Veranstaltungen selbst eine deutliche Überschreitung der in der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar wäre (vgl. HessVGH, U.v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - juris; VGH BW, U.v. 13.12.1993 - 8 S 1800/93 - juris).

f) Dass der Bescheid schließlich eine sog. zielorientierte Festlegung von Immissionsrichtwerten vermissen lässt, ist ein Folgefehler (vgl. lit. a), aber angesichts dessen, dass spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung umfangreiche Gutachten und v.a. eine Messung in der Worst-Case-Situation dazu vorlagen, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten werden, unschädlich. Die Festlegung von Immissionsrichtwerten ist kein Selbstzweck, sondern eine präventive Regelungsmöglichkeit für den Lärmschutz, wenn voraussichtlich gewährleistet werden kann, dass die festgelegten Immissionsrichtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 18.10.2017 - 9 CS 16.883 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 -; B.v. 10.2.2012 - 15 ZB 10.97 -; B.v. 17.8.2010 - 15 CS 10.981 -; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 -; jeweils zitiert nach juris). Vorliegend steht selbst für das Worst-Case-Szenario „Showbandauftritt bei vollem Festbetrieb“ - und damit für eine Situation, die über den Regelbetrieb weit hinausgeht - aufgrund einer Schallmessung (Retrospektive) unter Einbeziehung aller Lärmquellen fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte um mindestens 4 dB(A) unterschritten werden. Damit ist den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots Genüge getan. Da der Beigeladene ohnehin die unmittelbar aus § 22 Abs. 1 BImSchG folgende Pflicht hat, seine nach Immissionsschutzrecht nicht genehmigungspflichtige Anlage so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden (vgl. auch Nr. 2 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie), ist es in erster Linie seine Sache, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen und dauerhaft einzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2006 - 15 ZB 04.2453 - juris). Das gewählte Mittel - die durch die Baugenehmigung bei Betrieb verbindlich vorgegebene Einhausung - ist vollumfänglich geeignet, den Schutz der Klägerin sicherzustellen. Letztere wird in einer derartigen Situation allein durch die formal fehlende Festlegung von Immissionsgrenzwerten nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. z.B. auch OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris).

Solange bestimmbar ist, was der „regelmäßige Betrieb“ ist (dazu Ziff. 1), folgt aus der fehlenden Festschreibung im Übrigen auch kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene hat sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, der Klägerin auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke (FlNr. ... und ... der Gemarkung Z...) gegen eine dem Beigeladenen unter dem 30. Mai 2017 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau Wohn- und Geschäftshaus mit Mittelgarage“ auf dem (getrennt durch die öffentliche Verkehrsfläche FlNr. ...) südlich benachbarten Baugrundstück (FlNr. ... und FlNr. ...2 sowie südlicher Teil der FlNr. ...).

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 27. Juni 2016 bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. ... „Wohn- und Geschäftshaus B...“ der Stadt Z... Gegen diesen hat der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gestellt (15 N 17.1175), über den noch nicht entschieden wurde. Nachdem der Beigeladene ursprünglich die Bauunterlagen der Stadt im Genehmigungsfreistellungsverfahren am 25. Mai 2016 vorgelegt hatte, hat das Landratsamt R... auf Antrag der Stadt vom 30. Mai 2016 das (vereinfachte) Genehmigungsverfahren durchgeführt. Die streitgegenständliche Baugenehmigung erging unter (maßgeblich den südlichen Gebäudeteil betreffenden) Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans sowie unter diversen zugelassenen Abweichungen von brandschutzbezogenen Regelungen des Bauordnungsrechts. Nach den genehmigten Plänen sind eine offene Parkgarage im Erdgeschoss, Ladennutzung im 1. Obergeschoss, ein Bürokomplex sowie ein „Fitness“-Bereich im 2. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss eine Wohnnutzung mit Dachterrasse vorgesehen.

Den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 30. Juni 2017 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 30. Mai 2017 anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 22. November 2017 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung – unabhängig davon, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan gültig sei oder nicht – mangels Rechtsverletzung voraussichtlich keinen Erfolg habe.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Zusammengefasst trägt er im Beschwerdeverfahren vor, es sei aufgrund der beengten örtlichen Situation offen, wie die Stellplätze im Erdgeschossbereich des geplanten Neubaus angefahren werden könnten. Für größere Fahrzeuge (Müllabfuhr, Winterdienst, Lastkraftwagen, An- und Ablieferungen größeren Ausmaßes) fehle eine Wendemöglichkeit, sodass es auch insoweit erhebliche Lärmbelästigungen der Anwohner geben werde. An Ort und Stelle drohe ein Chaos. Das genehmigte Bauvorhaben verletze zudem die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften und wahre deshalb auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Die Baugenehmigung sei wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans zudem unbestimmt.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2017 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 30. Mai 2017 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus seiner Sicht habe sich das Erstgericht mit allen in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Gesichtspunkten bereits erschöpfend und zutreffend auseinandergesetzt. Die Erwägungen zur Zulässigkeit des Vorhabens für den Fall, dass der Bebauungsplan unwirksam sein sollte, seien erkennbar hilfsweise angestellt worden. Die vom Antragsteller angesprochenen abstandsflächenrechtlichen Fragen seien von vornherein nicht geeignet, die Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, weil im vereinfachten Verfahren keine Abstandsflächen zu prüfen seien.

Der Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

und führt hierzu aus, aus den in den Akten befindlichen Plänen sei erkennbar, dass durch die Verringerung der Größe des geplanten Vorhabens die öffentlich nutzbaren Flächen größer geworden seien. Eine Verschlechterung des ursprünglichen Zustands sei somit nicht gegeben. Der Antragsteller habe seine Behauptungen zu beengten Verhältnissen hinsichtlich des an- und abfahrenden Verkehrs nicht durch stichhaltige Argumente untermauert. Die Befürchtung eines Chaos wegen fehlender Wendemöglichkeit sei abwegig, zumal es bereits mit den alten engeren Wegen nicht zu Beschwerden hinsichtlich der Versorgungsfahrzeuge gekommen sei. Das Verwaltungsgericht habe schlüssig und widerspruchsfrei sowohl eine Verletzung des Abstandsflächenrechts als auch des Rücksichtnahmegebots verneint. Auch sei der notwendige Abstand zu dem westlich gelegenen Gebäude eingehalten. Dieses stehe in seinem Eigentum und solle bei nächster Gelegenheit ohnehin abgebrochen werden. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass sich das geplante Vorhaben auch ohne einen neuen Bebauungsplan in die nähere Umgebung einfüge.

Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Antragsgegner ergänzend mit, dass Baugenehmigungen und sonstige Bauakten für den Altbestand (B... 3 und 5) weder beim Landratsamt noch bei der Stadt Z... existieren. Zur Verdeutlichung des zwischenzeitlich bereits abgebrochenen Altbestands legte der Antragsgegner Lichtbilder vor, auf die verwiesen wird. Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich des anhängigen Normenkontrollverfahrens 15 N 17.1175) und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache hat keinen Erfolg.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Nachbarn – wie hier der Antragsteller – können sich als Dritte auch im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auch auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Aus den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachten Beschwerdegründen‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ ist nicht ersichtlich, dass die Klage in der Hauptsache Erfolg hätte (im Folgenden 1. und 2.). Selbst wenn über die vom Antragsteller ausdrücklich vorgebrachten Argumente und damit über den engen Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hinaus von Seiten des Senats weitere Aspekte des Park- und Anlieferlärms in die Beschwerdeprüfung einbezogen werden und ein Erfolg der Anfechtungsklage dann als offen zu bewerten wäre, fällt eine dann vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung dennoch zu Lasten des Antragstellers aus (unten 3.).

1. Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots setzt voraus, dass ein einschlägiger Bebauungsplan für eine solche noch offen ist. Daran fehlt es, wenn der in Frage stehende Nutzungskonflikt bereits auf der Ebene des Bebauungsplans abgewogen worden ist; in diesem Fall ist das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrunde liegenden Abwägung aufgegangen, es ist von der planerischen Abwägung gleichsam „aufgezehrt“ (BVerwG, U.v. 12.9.2013 – BVerwGE 147, 379 = juris Rn. 20).

Der ein Mischgebiet ausweisende vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. ... „Wohn- und Geschäftshaus B...“ wurde speziell für das Vorhaben des Beigeladenen erlassen. In den textlichen Festsetzungen finden sich zum Maß der baulichen Nutzung Regelungen zur Wand- und zur Firsthöhe. Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche sind geschossweise differenzierte Baugrenzen festgesetzt. In Absatz 9 der textlichen Festsetzungen werden Unterschreitungen der nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen gem. Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO für zulässig erklärt. In der Schlussabwägung zum Bebauungsplan am 20. Juni 2016 hat sich der Grundstücks- und Bauausschuss der Stadt Z... in Reaktion auf die im Verfahren der Bauleitplanung erhobenen Einwendungen des Antragstellers auch mit den beengten Straßenverhältnissen (Wendemöglichkeit für Müllfahrzeuge), den Abstandsflächen, der Verschattungsproblematik sowie der Frage der Lärmbelastung durch Ziel- und Quellverkehr auseinandergesetzt. In der Begründung des Bebauungsplans werden sowohl die Platzverhältnisse mit Blick auf die Abfallentsorgung und den Winterräumungsdienst (Nr. 4.2.4) als auch die Abstandsflächenfrage (Nr. 5.5) thematisiert.

Sollte der vorhabenbezogene Bebauungsplan, der vorbehaltlich einzelner im Rahmen der Baugenehmigung erteilter Befreiungen auf das genehmigte Neubauvorhaben des Beigeladenen zugeschnitten wurde, wirksam sein, wäre mithin zu hinterfragen, ob die angefochtene Baugenehmigung das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aufgrund einzelner oder aller vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen (erdrückende Wirkung, Verschattung, chaotische Park- und Verkehrsverhältnisse aufgrund beengten Raums im Bereich des B...) womöglich deshalb nicht verletzen kann, weil diese Fragen im Rahmen der Abwägung womöglich einer endgültigen Konfliktbewältigung zugeführt worden sind. Diese Frage bedarf im vorliegenden Eilverfahren keiner Klärung, weil der Eilantrag des Antragstellers auch dann unbegründet ist, wenn im Baugenehmigungsverfahren Raum für die Prüfung der im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen am Maßstab des Rücksichtnahmegebots verbleiben sollte (vgl. im Folgenden 2. und 3.). Insofern kann hier auch dahingestellt bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan als wirksam anzusehen ist oder nicht. Dies bleibt der Prüfung des Senats im Normenkontrollverfahren 15 N 17.1175 vorbehalten.

2. Geht man davon aus, dass trotz des vorhabenbezogenen Bebauungsplans eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich der im vorliegenden Beschwerdeverfahren geltend gemachten Einwendungen durch die Baugenehmigung möglich bleibt – wie in der folgenden Prüfung (auch unten 3.) unterstellt wird – und legt man gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein den Vortrag des Antragstellers zugrunde, ist nicht ersichtlich, dass die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung Erfolg haben kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Soweit der Antragsteller in Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts vorträgt, dass die angefochtene Baugenehmigung die Abstandsflächenvorgaben des Art. 6 BayBO verletze bzw. mangels Abstandsflächenplans als Bestandteil der Bauunterlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt sei, vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

aa) Der Einwand des Antragstellers, das Vorhaben widerspreche Art. 6 BayBO, ist für die Frage des Erfolgs des Eilantrags und damit auch der vorliegenden Beschwerde irrelevant. Damit kann auch in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan wirksam ist (und ob sich die Vorgaben des Abstandsflächenrechts daher aufgrund abweichender Bauleitplanung nach Art. 6 Abs. 5 Satz 3 und / oder Abs. 1 Satz 3 BayBO richtet) oder ob das Verwaltungsgericht unter der alternativen Prämisse der Unwirksamkeit des Bebauungsplans die abstandsflächenrechtliche Rechtsanwendung am Maßstab von Art. 6 BayBO im Einzelnen korrekt oder falsch durchgeführt hat.

Der Antragsteller kann sich zur Begründung eines Genehmigungsabwehranspruchs nicht unmittelbar auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften berufen. Denn die Feststellungswirkung der im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 Satz 1 BayBO erteilten Baugenehmigung umfasst Art. 6 BayBO nicht, weil im Genehmigungsverfahren eine Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO nicht beantragt wurde. Da Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO, wonach die Genehmigungsbehörde den Bauantrag im Falle eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften außerhalb des Prüfprogramms des Genehmigungsverfahrens ablehnen darf, nicht dazu bestimmt ist, nachbarlichen Interessen zu dienen, kann sich auch hieraus kein erweiterter Nachbarschutz ergeben (zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn. 16; B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 4; B.v. 12.12.2013 – 2 ZB 12.1513 – juris Rn. 3; B.v. 17.8.2015 – 2 ZB 13.2522 – juris Rn. 10 f.; B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 17; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 17; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht).

Der Antragsteller kann einen voraussichtlichen Erfolg seiner Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung auch nicht mit der Einwendung begründen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO auf die Einhaltung des (drittschützenden) bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme geschlossen. Auch für das Verwaltungsgericht war die von ihm angenommene Einhaltung der Vorgaben des Abstandsflächenrechts nur eine von mehreren Erwägungen, die aus seiner Sicht dafür sprachen, dass dem Vorhaben keine erdrückende Wirkung zukomme. Es hat darüberhinausgehend ausgeführt, es sei nicht erkennbar, dass von dem geplanten Vorhaben derart gravierende Auswirkungen, wie sie in der Rechtsprechung für die Annahme einer im Einzelfall erdrückenden Wirkung diskutiert würden, ausgingen, und dabei darauf hingewiesen, dass die Gebäude des Antragstellers – getrennt durch eine Straße – (teilweise) schräg gegenüber dem Vorhaben des Beigeladenen situiert und von diesem insgesamt mindestens 15 m entfernt seien.

Dem Gebot der Rücksichtnahme, das vorliegend über § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Fall der Wirksamkeit der Baugenehmigung), über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Fall eines sog. „faktischen Baugebiets“ bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans) oder über den Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB (im Falle einer sog. „Gemengelage“ bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans) Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet, kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Allein aus einer (behaupteten) Verletzung des Abstandsflächenrechts und aus den speziell vom Abstandsflächenrecht anvisierten Schutzzielen (insbesondere bezüglich der Belichtung) kann nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden. Auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme darstellen, kann hieraus im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass jede Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach sich zieht. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch) rechtswidrigen Veränderung auf dem Nachbargrundstück verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich unzumutbar beeinträchtigt wird. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht). Hierzu hat die Antragstellerseite in der Beschwerdebegründung allerdings nichts vorgetragen und sich insbesondere nicht substanziiert mit den einzelfallbezogenen Wertungen des Erstgerichts auseinandergesetzt.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht) kann eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung als unzumutbare Beeinträchtigung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin – neben der bloßen Distanz – insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271 = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn 13; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – BauR 2014, 810 = juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 16.2.2016 – 3 S 2167/15 – juris Rn. 38; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 16.6.2015 – 1 A 556/14 – juris Rn. 15 f.; B.v. 25.7.2016 – 1 B 91/16 – juris Rn. 13 ff.). Nach dem mit Genehmigungsstempel versehenen Lageplan sind die nördlich gelegenen Gebäude des Antragstellers mindestens 15 m vom Baukörper des streitgegenständlichen Vorhabens entfernt. Das geplante Wohn- und Geschäftshaus des Beigeladenen lässt an seinen Längsseiten nach Osten und nach Westen hin Freiräume nach Süden in Richtung des Schwarzen Regen. Nach Aktenlage und summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist nicht ersichtlich, wie das Gebäude mit Blick auf die tatsächlichen Abstände zu den nördlich gelegenen Gebäuden des Antragstellers und mit Blick auf seine Situierung trotz seiner Höhe zu Lasten des Antragstellers in der ohnehin dicht besiedelten Innenstadtlage einen unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Effekt haben könnte. Jedenfalls wurde im Beschwerdeverfahren nichts Gegenteiliges in substanziierter Weise vorgetragen, woraus konkret geschlossen werden könnte, dass die streitgegenständliche bauliche Anlage des Beigeladenen den nördlich angrenzenden Gebäuden förmlich „die Luft nehme“, weil es derartig übermächtig wäre, dass die Gebäude auf den Antragstellergrundstücken nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würden (vgl. OVG NRW, U.v. 19.7.2010 – 7 A 3199/08 – BauR 2011, 248 = juris Rn. 58; B.v. 14.6.2016 – 7 A 1251/15 – juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 – 8 B 10304/15 – juris Rn. 6).

Ähnliches gilt für die Verschattungsproblematik, zumal der Antragsteller diese nicht konkret zum Gegenstand seines Beschwerdevortrags gemacht hat. Mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung sind in aller Regel und insbesondere – wie hier – in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 31; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 16; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 15; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch nicht veröffentlicht). Dies gilt auch, soweit es zu finanziellen Einbußen hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen des Nachbarn kommen sollte (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2013 – 15 CS 13.1561 – juris Rn. 15; VG Köln, B.v. 5.10.2017 – 23 L 3346/17 – juris Rn. 22 m.w.N.). Auch das Verwaltungsgericht hat auf diese Erwägungen jedenfalls ergänzend abgestellt. Diesbezüglich hat der Antragsteller Besonderheiten, aus denen sich im vorliegenden Fall für ihn unter diesem Blickwinkel eine besondere Belastungswirkung ergeben könnten, im Beschwerdeverfahren nicht näher dargelegt, sodass schon wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hierauf nicht vertieft eingegangen werden muss. Zudem ist zu berücksichtigen, dass im Verfahren der Bauleitplanung für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan von einem Architektenbüro eine „Studie zu den Auswirkungen der Planung auf die Verschattung der angrenzenden Gebäude des Plangebietes“ vom 20. August 2015 erstellt wurde. Auch mit dieser Studie, nach der jedenfalls für einen Zwischenstand der Bauleitplanung eine erhebliche Zusatzverschattung im Vergleich zum Altbestand nicht konstatiert wurde, hat sich der Antragsteller nicht auseinandergesetzt (zur Heranziehung der DIN 5034-1 als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit von Verschattungen durch neue Baukörper vgl. OVG LSA, U.v. 21.10.2015 – 2 K 194/12 – BauR 2016, 626 = Rn. 176 m.w.N.).

bb) Die Baugenehmigung verletzt auch nicht deswegen Nachbarrechte des Antragstellers, weil sie wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans zu unbestimmt wäre.

Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4 m.w.N.). Selbst in den Fällen, in denen das nachbarschützende Abstandsflächenrecht zum Prüfprogramm im Genehmigungsverfahren gehört, mag zwar ein fehlender Abstandsflächenplan die Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO erschweren, allerdings dürften – wenn auch mit Mehraufwand – im Regelfall über die in den Bauvorlagen im Übrigen angegebenen Maße des Bauvorhabens die gem. Art. 6 BayBO einzuhaltenden Abstandsflächen ermittelt werden können. Jedenfalls soweit – wie vorliegend – im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht zum Prüfprogramm gehört und der Baugenehmigung mithin diesbezüglich keine Feststellungswirkung zukommt, kann die Baugenehmigung wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans am Maßstab von Art. 6 BayBO nicht unbestimmt sein.

b) Eine Verletzung seiner Nachbarrechte wegen Verstoßes gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme hinsichtlich zu prognostizierender Belastungen durch den künftigen, dem Neubauvorhaben zuzurechnenden Parkverkehr sowie durch An- und Ablieferungsverkehr (auch durch Lkw), Müllabfuhr und Räumungsfahrzeuge (Winterdienst) ergibt sich aus den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Einwendungen – auf die der Senat nach dem Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein abzustellen hat – nicht.

Das Gebot der Rücksichtnahme schützt Nachbarn nur vor unzumutbaren Beeinträchtigungen (s.o.). Die mit einer Bebauung verbundenen Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr sind demgegenüber grundsätzlich – jedenfalls bei Einhaltung der maßgeblichen Immissionswerte, die vom Antragsteller im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht thematisiert worden sind (hierzu unten 3.) – im Regelfall hinzunehmen. Das gilt auch dann, wenn sich die verkehrliche Situation gegenüber dem bisherigen Zustand merklich verschlechtert. Die Grenze zur Rücksichtslosigkeit ist allerdings dann überschritten, wenn die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse das vorgenannte Maß handgreiflich überschreiten und sich in der Umgebung des Baugrundstücks als unzumutbar darstellen. Das kann in Einzelfällen – unabhängig von konkreten Lärmwerten und Lärmmessungen – auch dann der Fall sein, wenn es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks kommen wird (vgl. NdsOVG, B.v. 20.12.2013 – 1 ME 214/13 – NVwZ-RR 2014, 296 = juris Rn. 12 – An- und Abfahrtverkehr einer Kindertagesstätte in einer beengten Sackgasse).

Das Verwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot mit der Erwägung verneint, dass auch in einem Mischgebiet Stellplätze nach § 12 Abs. 1 BauNVO ohne weitere Einschränkungen durch § 12 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO zulässig seien. Die Vorschrift begründe für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen, wie z.B. die An- und Abfahrt sowie das Öffnen und Schließen der Autotüren, eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Für eine abweichende Beurteilung bestünden vorliegend angesichts der geringen Zahl von lediglich 10 Stellplätzen keine Anhaltspunkte, zumal sich die Zufahrten zu den Stellplätzen ausweislich der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan an den beiden Längsseiten des geplanten Bauvorhabens und damit nicht direkt gegenüber den Grundstücken des Antragstellers befänden. Der vom Antragsteller befürchtete Parksuchverkehr dürfte sich auf den Erdgeschossbereich des Bauvorhabens beschränken, da dort neun der zehn Parkplätze angesiedelt seien. Aufgrund der überschaubaren Anzahl von Parkplätzen und der übersichtlichen Anlage dürfte jedoch schnell und ohne weitere Wendemanöver ein freier Parkplatz gefunden werden. Die Befürchtung von Lärmimmissionen durch größere Rangiermanöver werde nicht geteilt. Die mit einem Geh- und Leitungsrecht zugunsten der Allgemeinheit belastete Fläche diene ausweislich Ziffer 5.10 der Begründung zum Bebauungsplan vordringlich der Sicherung der städtischen Abwasserleitung. Auch wenn daneben die fußläufige Erschließung zwischen dem Uferweg und dem B... für die Öffentlichkeit gesichert werde, sei nicht ersichtlich, wieso im Bereich zwischen dem streitgegenständlichen Bauvorhaben und dem Anwesen „B... 1“ überhaupt ein erhebliches Verkehrsaufkommen gegeben sein soll. Die dortige Verkehrsfläche führe zum Ufer hin und diene wohl hauptsächlich der Zufahrt zu den Parkplätzen im Erdgeschoss des Bauvorhabens. Sollten in diesem Bereich Fußgänger unterwegs sein, seien keine größeren Ausweichmanöver nötig. Es reiche ein bloßes Abwarten und Passierenlassen der Fußgänger vor der Einfahrt zu den Stellplätzen oder der Ausfahrt aus dem Parkplatzbereich. Aus den Plänen sei auch nicht ersichtlich, dass die Verkehrsfläche des B... verkleinert worden wäre. Insbesondere scheine neben dem streitgegenständlichen Vorhaben nunmehr mehr Platz zur Verfügung zu stehen. Auch Ziffer 4.2.4 der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan führe aus, dass für Fahrzeuge des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Donau-Wald eine gleichgroße Wendefläche zur Verfügung stehe und auch der Winterdienst die Flächen problemlos von Schnee befreien könne. Die Befürchtung, dass aufgrund einer Verschärfung der Verkehrssituation erhebliche Lärmimmissionen zu erwarten seien, werde daher nicht geteilt.

Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung hat der Senat im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur auf hier vorgebrachten Argumente des Antragstellers einzugehen, wonach unzumutbare Belastungen mit Blick auf die Beengtheit der Platzverhältnisse sowie aufgrund zu erwartender „Rangiermanöver“ o.ä. verursacht würden. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerdebegründung ausgeführt, es sei ihm nicht um Einhaltung der – nach Ansicht des Erstgerichts nicht nachbarschützenden – Pflicht gem. Art. 47 Abs. 1 BayBO zur Herstellung einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen gegangen, sondern um die Lage und Anfahrbarkeit dieser Stellplätze. Das Verwaltungsgericht verweise insoweit unzutreffend auf § 12 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO und beschränke sich auf spekulative Annahmen. Die Situation sei durch die bereits vorhandenen öffentlichen Stellplätze (ringsum) gekennzeichnet, sodass umfangreiche Rangiermanöver die Folge seien. Es sei offen, wie die Stellplätze angefahren werden sollen. Zudem fehle für Lkw, Müllabfuhr, An- und Ablieferungen größeren Ausmaßes, Räumungsfahrzeuge etc. eine Wendemöglichkeit. Insofern werde es erhebliche Lärmbelastungen zulasten der Anwohner einschließlich des Antragstellers geben. An Ort und Stelle drohe ein Chaos. Aufgrund eines auf der Ostseite des Baugrundstücks bestehenden Geh- und Leitungsrechts zugunsten der Allgemeinheit und des hieraus resultierenden Fußgängerverkehrs werde umso mehr Rangierverkehr verursacht. Das Verwaltungsgericht hätte weitere Aufklärung vornehmen müssen. Die Stellplätze genügten nicht den Vorgaben der Stellplatz- und Garagenverordnung. So müssten zwischen den Stellplätzen tragende Wände oder zumindest Säulen vorhanden sei, welche die lichte Breite zusätzlich einengten. Grundriss und Ansicht (von Osten) gäben insoweit kein einheitliches Bild ab.

Der Senat teilt anhand der vorliegenden Akten resp. anhand der Planzeichnungen zur Baugenehmigung und zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht die Einschätzung des Antragstellers, dass es zu chaotischen Verkehrsverhältnissen und deswegen zu außergewöhnlichem und unzumutbarem „Rangierlärm“ aufgrund der Lage und der Anfahrbarkeit der dem streitgegenständlichen Vorhaben zugeordneten Stellplätze sowie aufgrund unzureichender Wendemöglichkeiten kommt. Der Senat folgt insoweit den Gründen des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:

Soweit der Antragsteller moniert, der Beschluss des Verwaltungsgerichts beruhe aufgrund diverser Formulierungen („dürfte“, „scheint“) auf spekulativen Annahmen, ist daran zu erinnern, dass im Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage geboten und demnach auch ausreichend ist. Insbesondere nach den vorliegenden Planzeichnungen zur Baugenehmigung ermöglichen die örtlichen Verhältnisse problemlos Ein- und Ausparkvorgänge im geplanten Neubau. Für die in einem Einfahrtswinkel von 90˚ zu den westlich und östlich des Bauvorhabens gelegenen Fahrgassen angeordneten Stellplätze im Erdgeschossbereich des Neubaus des Beigeladenen genügt nach § 4 Abs. 2 GaStellV eine Fahrgassenbreite ab 6,50 m, bei Stellplätzen der vorliegenden Art mit einer Breite von 2,50 m ist hiernach sogar eine Fahrgassenbreite im unmittelbaren Zu- bzw. Abfahrtsbereich von 6 m ausreichend. Diese Anforderungen sind nach den vorliegenden Plänen erfüllt. Östlich des Neubaus hält das streitgegenständliche Gebäude zum bestehenden Gebäude B... 1 Abstände von 6,50 m (Norden) bis 10,30 m (Süden) sowie im Westen zum bestehenden Gebäude B... 7 zwischen 11 und 12 m ein. Soweit die öffentlichen Parkplätze westlich des Gebäudes belegt sind, verbleibt immer noch eine mehr als ausreichende Fahrgassenbreite von etwa 9 m. Ferner sehen die rechtlich nicht verbindlichen „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen – RASt 06“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Ausgabe 2006), die – soweit ihre Vorgaben eingehalten sind – als sachverständig entwickelter, sachgerechter Orientierungsmaßstab für den Raumbedarf und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herangezogen werden können (vgl. VGH BW, U.v. 4.11.2013 – 8 S 1694/11 – BauR 2014, 1120 = juris Rn. 22 m.w.N.; VGH BW, B.v. 9.8.2016 – 5 S 437/16 – BauR 2016, 2073 = juris Rn. 37), in Nr. 6.1.1.2 i.V. mit Tabelle 7 für die Errichtung von schlichten zweistreifigen Erschließungsstraßen eine Fahrbahnbreite ab 4,50 m als ausreichend an. Diese Breite weist der Zu- und Abfahrtsbereich des B... im Bereich des Platzes zwischen den Anwesen des Antragstellers und dem Baugrundstück sowie im Verbindungsbereich nach Osten zur Dr.-S...-Straße durchgehend auf, sodass auch insofern besondere Probleme bei der Abwicklung des Parkverkehrs nicht erkennbar sind. Aus der Einhaltung der Anforderungen des für sich nicht nachbarschützenden § 4 Abs. 2 GaStellV sowie der nicht rechtsverbindlichen Vorgaben der Nr. 6.1.1.2 RASt 06 kann abgeleitet werden, dass besondere Probleme für die Nutzung der Parkflächen aufgrund ihrer Lage und ihrer Anfahrbarkeit nicht bestehen. Dasselbe gilt – ohne dass dies gesondert im Beschwerdeverfahren gerügt wurde – im Übrigen auch für das zu prognostizierende Parkverkehrsaufkommen. Der Bedarf an 10 Stellplätzen für das streitgegenständliche Vorhaben, von denen sich 9 Stellplätze im Erdgeschossbereich des streitgegenständlichen Neubaus und ein Stellplatz in der unmittelbaren Nachbarschaft auf FlNr. ... (B... 1) befinden, wurde anhand der im Internet abrufbaren Satzung der Stadt Z... über die Herstellung und Ablösung von Stellplätzen (Stellplatzsatzung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 2002 ermittelt (Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO, vgl. Bl. 92 der Baugenehmigungsakte des Landratsamts Az. 00315-Z16). Unabhängig davon, dass diese Berechnung vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht infrage gestellt wurde, und unabhängig davon, dass bauordnungsrechtliche Regelungen über die erforderliche Anzahl von Stellplätzen als solche nicht drittschützend sind (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; B.v. 9.5.2016 – 2 AS 16.420 – juris Rn. 7; B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 17; OVG NRW, U.v. 10.7.1998 – 11 A 7238/95 – NVwZ-RR 1999, 365 = juris Rn. 8 ff.), sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der zugrunde gelegte Bedarf zu niedrig sein könnte und dass es wegen eines tatsächlich zu prognostizierenden höheren Parkverkehrsaufkommens zu einem erheblichen Park- und Parksuchverkehr mit der Folge einer für den Antragsteller möglicherweise unzumutbaren Lärmbelastung oder Verschlechterung der Erschließungssituation, die die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigen würde, kommen könnte (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 25.8.2009 a.a.O.; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 19; VGH BW, B.v. 10.1.2008 – 3 S 2773/07 – NVwZ-RR 2008, 600 = juris Rn. 13; OVG LSA, B.v. 5.9.2016 – 2 M 49/16 – NVwZ-RR 2017, 283 = juris Rn. 25 f.; VG München, B.v. 7.2.2017 – M 8 SN 16.4986 – juris Rn. 82; VG Augsburg, B.v. 22.2.2017 – Au 4 K 16.816 – juris Rn. 35; U.v. 13.12.2017 – Au 4 K 17.1431 – juris Rn. 73). Inwiefern der im Beschwerdeverfahren erneut vorgebrachte Einwand, die genehmigten Stellplätze genügten nicht den Vorgaben der Stellplatz- und Garagenverordnung, eine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers bewirken könnte, ist nicht ersichtlich und in der Beschwerdebegründung auch nicht substanziiert dargetan.

Ebenso wenig vermag der Senat im Eilverfahren zu erkennen, dass es bei Umsetzung der Baugenehmigung zu einer unzumutbaren Belastung der Nachbarschaft durch Rangiervorgänge von Großfahrzeugen (Anlieferungsverkehr, Müllabfuhr, Winterdienst / Räumungsfahrzeuge) kommen wird. Allein der Umstand, dass bestimmte Sonderfahrzeuge sporadisch (die Müllabfuhr typischerweise wiederkehrend in bestimmten Zeitabständen, der Winterdienst nur in besonderen Bedarfslagen) innerhalb des B... – wie für eng besiedelte Innenstadtlagen nicht unüblich – ggf. rangieren oder notfalls rückwärts fahren müssen, um diesen wieder zu verlassen, bedeutet für die Anwohner keine unzumutbare Belastung. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind gerade deswegen auch keine besonderen Lärmbelastungen erkennbar, zumal der Antragsteller mit seiner Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt hat, warum es insofern überhaupt zu einer verschärften Situation im Vergleich zum Altbestand kommt. Auf die Anlage von Wendemöglichkeiten in Stichstraßen für Großfahrzeuge (z.B. für Müllfahrzeuge) nach Maßgabe der rechtlich nicht verbindlichen RASt 06 (vgl. etwa deren Nr. 6.1.2.2) besteht kein Anspruch. Soweit eine solche im Bereich einer ohnehin eng besiedelten Innenstadtlage fehlt, bedeutet dies nicht, dass wegen beengter Verhältnisse automatisch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vorläge. Warum herkömmliche Warenanlieferungen für die im Neubau des Beigeladenen vorgesehenen Läden vom Mündungsbereich der Dr.-S...-Straße über den östlichen, durchgehend 5 m breiten Bereich des B... zu einem „Chaos“, das unzumutbaren Lärm verursache, führen sollen, wird vom Antragsteller nicht nachvollziehbar dargelegt. Auch wenn Anlieferfahrzeuge möglicherweise nicht in einem Zug wenden können, lassen der ca. 25 m x 15 m breite Platz im Bereich des B... zwischen den Grundstücken des Antragstellers und dem südlich davon gelegenen Baugrundstück sowie die hinreichend breiten Fahrgassen östlich und westlich des geplanten Neubaus (s.o.) auch unter Berücksichtigung der in den Plänen verzeichneten öffentlichen Parkplätze erfahrungsgemäß Möglichkeiten, um das Anlieferfahrzeug in drei Zügen zu wenden. Sollte dies bei einem besonders großen Transportfahrzeug tatsächlich scheitern, müsste im Einzelfall eine Rückwärtsfahrt über den östlichen Teil des B... zurück auf die Dr.-S...-Straße erfolgen. Da es sich beim B... zudem um eine öffentliche Straße handelt, ist davon auszugehen, dass die Straßenverkehrsbehörde durch verkehrsrechtliche Beschilderung dafür Sorge trägt, dass die Einfahrt in diesen Erschließungsbereich nur für solche Fahrzeuge erlaubt wird, die diesen unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der öffentlichen Parkplätzte tatsächlich gefahrlos und ohne Blockierung des sonstigen Verkehrs auch wieder verlassen können.

3. Der Senat weist darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht vertretene Ausgangsthese, wonach aus Art. 12 Abs. 1 – 3 BauNVO eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit der durch Parkvorgänge im Erdgeschossbereich des Neubauvorhabens ausgelösten Lärmbelastung für die Nachbarschaft abzuleiten sei, nicht unproblematisch ist. Unabhängig von der Begrenzung der Prüfbefugnis des Beschwerdegerichts durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO [vgl. im Folgenden a) ], wären hierauf abstellend – auch soweit eine diesbezügliche Konfliktbewältigung nicht im Rahmen der Bauleitplanung abschließend erfolgt ist bzw. soweit der Bebauungsplan unwirksam sein sollte (vgl. oben 1.) – die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers allenfalls als offen zu bezeichnen [vgl. b) ]. Die dann durchzuführende allgemeine Interessenabwägung führte ebenfalls zum Ergebnis der Unbegründetheit des Eilantrags, sodass die Entscheidung des Verwaltungsgericht jedenfalls im Ergebnis richtig ist.

a) Der Senat hat sich bei der Prüfung der „dargelegten Gründe“ auf den Beschwerdevortrag des Antragstellers zu beschränken, der zur Lärmproblematik ausschließlich auf vermeintlich chaotische Verkehrsverhältnisse abgestellt hat und in diesem Zusammenhang die Lage und die Anfahrbarkeit der Stellplätze sowie die Wendemöglichkeiten für größere Fahrzeuge thematisiert hat (s.o.). Der Antragsteller hat sich hingegen in seiner Beschwerdebegründung nicht konkret gegen die vom Verwaltungsgericht aus Art. 12 BauNVO abgeleitete Vermutung der Nachbarverträglichkeit des Parkverkehrs gewandt, sondern die Richtigkeit dieser These vielmehr ohne kritische, substanziierte Auseinandersetzung dahinstehen lassen. Steht man demgegenüber auf dem Standpunkt, das Beschwerdegericht könne oder müsse bei einer zulässig erhobenen Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO (hier i.V. mit § 80a Abs. 3 VwGO) über den für eine strikte Prüfbeschränkung sprechenden Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hinaus die Erfolgsaussichten einer eigenen umfassenden Sachprüfung unterziehen, wäre – ohne dass der diesbezügliche Streitstand (vgl. Mayer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 146 Rn. 13f - 15) geklärt werden müsste – im Ergebnis die Beschwerde ebenfalls unbegründet. Denn in diesem Fall führte bei dann offenen Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage eine nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende allgemeine Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass den Interessen des Beigeladenen als Vorhabenträger gegenüber den Interessen des Antragstellers der Vorrang einzuräumen ist.

b) (Lärm-) Immissionen sind grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30). Bei der Erteilung einer Baugenehmigung ist sicherzustellen, dass bei der Nutzung des genehmigten Vorhabens keine derartigen Belästigungen entstehen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt auch in Bezug auf Lärmauswirkungen von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist (exemplarisch BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 24 m.w.N.).

Es ist vorliegend nicht auszumachen, dass die Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich der Lärmbelastung ohne Weiteres hinreichend gesichert ist. Die Lärmauswirkungen des genehmigten Vorhabens sind im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich nicht überprüft worden. Weder hat der Beigeladene ein Lärmgutachten vorgelegt, noch wurde ein solches von ihm seitens des Antragsgegners eingefordert. Hierfür hätte aber nach den gegebenen Umständen Anlass bestanden. Demgemäß finden sich in der streitgegenständlichen Baugenehmigung auch keine Nebenbestimmung zum Lärmschutz, die geeignet wären, unzumutbare Lärmimmissionen für den Antragsteller durch die genehmigte Nutzung auszuschließen (BayVGH, B.v. 18.10.2017 a.a.O. Rn. 30; vgl. auch BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – noch unveröffentlicht).

Der Antragsgegner und der Beigeladene dürften sich bei einer Prüfung der Zumutbarkeit des zu prognostizierenden Park- und Anlieferverkehrs entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts wohl nicht darauf berufen können, dass für die Zumutbarkeit des aufgrund der dem Neubauvorhaben zuzurechnenden Park- und Anlieferlärm wegen § 12 BauNVO eine tatsächliche Vermutung bestehe.

§ 12Abs. 2 BauNVO, wonach in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie in Sondergebieten, die der Erholung dienen, Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig sind, begründet für den Regelfall eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit der Nutzung von Stellplätzen in von Wohnbebauung geprägten Bereichen. Der Grundstücksnachbar hat hiernach die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen (insbes. Lärm-) Belastungen durch zu- und abfahrende Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich, d.h. im Regelfall, als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 20.3.2003 – 4 B 59.02 – NVwZ 2003, 1516 = juris 6, 7; BayVGH, B.v. 9.2.2004 – 14 CS 03.2977 – juris Rn. 16; B.v. 12.7.2007 – 15 ZB 06.3088 – juris Rn. 7; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 14; B.v. 4.7.2016 – 15 ZB 14.891 – juris Rn. 15; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 – NVwZ-RR 1996, 254 = juris Rn. 8; B.v. 11.12.2013 – 3 S 1964/13 – VBlBW 2014, 275 = juris Rn. 10; vgl. Seite 103 der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, 6. Aufl. 2007). In diesen Fällen besteht also nur in besonderen Ausnahmefällen ein Bedürfnis, die zu prognostizierende Lärmbelastung in der Nachbarschaft durch Parkvorgänge zu untersuchen und ggf. am Maßstab des Rücksichtnahmegebots gesondert zu beurteilen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts dürfte diese Vermutung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden können. Die o.g. Rechtsprechung betrifft bislang nur Stellplätze in Wohngebieten nach § 12 Abs. 2 BauNVO (vgl. auch VG Hamburg B.v. 13.11.2015 – 9 E 2858/15 – juris Rn. 44). Soweit die o.g. Vermutung überhaupt auf Mischgebiete Anwendung finden kann, dürfte dies allenfalls auf Parklärm begrenzt sein, der auf Wohnnutzung bezogen ist. Denn der Grund für die Privilegierung von notwendigen Stellplätzen in Wohngebieten ist die Tatsache, dass es ansonsten aufgrund der strengen Immissionsrichtwerte der TA Lärm zu weitreichenden Beschränkungen der Zulässigkeit offener Stellplätze im Wohngebiet kommen würde. Beispielsweise wäre in allgemeinen Wohngebieten nachts ein Parkverkehr in einem Abstand von rd. 25 m zu bestehenden Wohnhäusern nicht zulässig, weil bei jedem einzelnen Zu- bzw. Abfahrtsvorgang der Spitzenpegel überschritten würde. Ein solches Ergebnis ließe sich aber mit der vom Verordnungsgeber in § 12 Abs. 2 BauNVO anerkannten Sozialadäquanz des Parkverkehrs im Wohngebiet nicht vereinbaren (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 – NVwZ-RR 1996, 254 = juris Rn. 8; VG Hamburg B.v. 13.11.2015 a.a.O.). Diese Betrachtung passt jedoch auf eine Parkanlage (hier im Erdgeschossbereich des Neubaus des Beigeladenen), die auch gewerblichen Zwecken dient (Kunden und Mitarbeiter von Ladengeschäften im 1. OG, Mitarbeiter der Bürobereiche im 2. OG), sowie auf gewerblichen Warenanlieferverkehr (für die Ladengeschäfte) nicht, zumal die diesbezügliche Anzahl der Fahrbewegungen pro Zeiteinheit sich nach gänzlich anderen Kriterien als bei bloßer Wohnnutzung richtet.

Es kann nach Aktenlage auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass eine konkrete Ermittlung der Lärmbelastung entbehrlich war, weil es dem streitgegenständlichen Vorhaben hinsichtlich des Park- und Anlieferlärms an einer Steigerung im Vergleich zur Vorbelastung durch den Altbestand fehlte (vgl. hierzu OVG NRW, U.v. 10.7.1998 – 11 A 7238/95 – NVwZ-RR 1999, 365 = juris Rn. 37, 38). Der Senat kann nicht anhand von Baugenehmigungen des Altbestandes feststellen, dass es insofern zu keiner Verschärfung der bisherigen bestandsgeschützten Situation kommen wird. Der Antragsgegner war – auch nach Rücksprache mit der Stadt Z... – nicht imstande, Baugenehmigungen und Bauakten über den Altbestand vorzulegen. Die vorgelegten Lichtbilder des zwischenzeitlich abgebrochenen Altbestandes lassen eher darauf schließen, dass hier (neben einer ggf. eher untergeordneten gewerblichen Nutzung) Wohnnutzung dominant gewesen sei dürfte. Jedenfalls lassen weder die Lichtbilder noch sonstige konkrete Hinweise in den Akten erkennen, dass schon im Rahmen des Altbestandes eine gewerbliche Nutzung mit einem identischen oder sogar höheren Park- und Anlieferverkehr stattfand.

c) Bei hier erfolgter Unterstellung, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan keine umfassende Konfliktbewältigung zur Park- und Anlieferverkehrsfrage enthält bzw. dass dieser unwirksam ist (s.o. 1), wäre daher eine konkrete Lärmermittlung durch Sachverständigengutachten schon im Baugenehmigungsverfahren geboten gewesen, die hier unterblieben ist. Soweit wegen unterlassener Vorlage einer entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der auf das Neubauvorhaben bezogene Park- und Anlieferlärm gegenüber dem Antragsteller zumutbar oder rücksichtslos sein wird, ist der Beschwerde dennoch der Erfolg zu versagen. Denn dann wären die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs offen, weil gegenwärtig mangels Vorlage einer konkreten (gutachterlichen) Immissionsermittlung nicht feststeht, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung rechtswidrig und nachbarrechtsverletzend ist. Sind die Erfolgsaussichten der Klage aber offen, ist über den Antrag aufgrund einer (reinen) Interessenabwägung zu entscheiden. Diese fällt zu Lasten des Antragstellers aus.

Bei der Interessenabwägung muss zu Gunsten des Bauherrn berücksichtigt werden, dass die Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. auch OVG NRW, B.v. 22.3.2016 – 7 B 1083/15 – juris Rn. 12). Auch wenn § 212a Abs. 1 BauGB die Gewichte bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn verschiebt, bedeutet dies nicht, dass sich in den von § 212 a Abs. 1 BauGB erfassten Fällen das Vollzugsinteresse des Bauherrn gegenüber dem Aufschubinteresse des Rechtsmittelführers regelmäßig durchsetzt. Die Vorschrift soll Investitionen und das Entstehen von Arbeitsplätzen fördern (vgl. BT-Drs. 13/7589, S. 30). Ein gesetzgeberischer Wille, dass dem Vollzugsinteresse gegenüber den Interessen Dritter (insbesondere von Nachbarn oder einer ihre Planungshoheit verteidigenden Gemeinde) generell der Vorrang einzuräumen ist, lässt sich § 212a BauGB hingegen nicht entnehmen. Die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Abwägung wird deshalb von § 212a Abs. 1 BauGB zwar in der Weise vorstrukturiert, dass dem Vollzugsinteresse ein erhebliches Gewicht beizumessen ist; die Abwägung wird aber nicht präjudiziert. Die Belange eines Dritten haben bei der Abwägung umso mehr Gewicht, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt (zum Ganzen BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 76 ff. m.w.N.)

Im vorliegenden Fall fällt die Interessenabwägung zugunsten des Beigeladenen bzw. des Antragsgegners und zu Lasten des Antragstellers aus. Hierfür spricht neben der Gewichtungsvorgabe durch § 212a Abs. 1 BauGB zunächst die Erwägung, dass es sich vorliegend um ein im Bau befindliches, später auch gewerblich zu nutzendes Projekt handelt, bei dem ein Baustopp im Hinblick auf eine verzögerte Inbetriebnahme sowie mit Blick auf Baustellensicherungsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringen wird. In (überplanten oder faktischen) Mischgebieten in eng besiedelten städtischen Lagen sind gewerbliche Nutzungen mit Park- und Anlieferverkehr von Objekten mittlerer Größe nichts Ungewöhnliches, sodass nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung eine Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein derartiges Projekt ohne Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme betrieben werden kann, auch wenn ggf. beschränkende Regelungen über Nutzungs- und Anlieferungszeiten, eventuell auch über Anlieferungszonen notwendig sein könnten, um die Lärmbelastung für die Nachbarschaft auf ein zumutbares, mit dem Rücksichtnahmegebot zu vereinbarendes Maß zu reduzieren (zu den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots im Falle eines Mischgebiets unter Heranziehung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 10; zur Berücksichtigung von Nr. 7.4 der TA Lärm bei Parklärm vgl. BVerwG, B.v. 8.1.2013 – 4 B 23.12 – ZfBR 2013, 265 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 23; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 29; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 28). Soweit m.a.W. ein ggf. noch zu erstellendes Lärmgutachten zum Ergebnis käme, dass Zumutbarkeitsgrenzen überschritten sind, dürfte in einem ergänzenden Bescheid die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung über eine nachträglich zum Inhalt der Baugenehmigung erklärte Betriebsbeschreibung und / oder über Auflagen hergestellt werden können. Kann aber im noch nicht entschiedenen Hauptsachverfahren geklärt werden, ob und welche weiteren Ergänzungsregelungen in der Baugenehmigung notwendig sind, um eine ggf. verbleibende unzumutbare Lärmbelastung des Nachbarn auf ein verträgliches Maß zu begrenzen, wäre eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung und ein damit einhergehender Baustopp auf unbestimmte Zeit, die insbesondere für den Beigeladenen gravierende Nachteile mit sich bringen würde, inopportun (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2011 – 2 CS 11.1418 – juris Rn. 4; B.v. 24.10.2000 – 26 ZS 99.3637 – juris Rn. 23; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 80; vgl. mit etwas anderer Nuancierung auch BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 CS 16.1348 – juris Rn. 45; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 21).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil dieser im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2014 ist wirkungslos geworden.

III.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Beigeladene trägt seine in beiden Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

1. Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigterklärungen der Parteien (Schriftsätze vom 26. September 2016 und vom 4. Oktober 2016) beendet und in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2014 ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entsprechend).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht bei Erledigung der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die hierbei maßgebliche Beurteilung der Erfolgsaussichten bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses kommen wegen des kursorischen Charakters der Kostenentscheidung etwa erforderliche weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts nicht in Betracht; auch schwierige Rechtsfragen sind nicht mehr zu entscheiden (BayVGH, B. v. 25.09.2007 - 26 N 05.1670 - juris Rn. 2; B. v. 5.2.2015 - 15 N 12.1518 - juris Rn. 2).

a) In Orientierung an §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO entspricht es der Billigkeit, die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren jeweils hälftig zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen aufzuteilen, weil die Klage - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - vom Berufungsgericht wegen Unbestimmtheit der angefochtenen Baugenehmigung bis zum erledigenden Ereignis (Erlass des Änderungsbescheids vom 31. August 2016) voraussichtlich als begründet erachtet worden wäre.

Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten - im vorliegenden Fall des Rücksichtnahmegebots zulasten des Klägers hinsichtlich der Geruchsbelastung - nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt mithin vor, wenn eine Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (vgl. BayVGH, B. v. 28.6.1999 - 1 B 97.3174 - juris Rn. 16; B. v. 27.5.2011 - 14 B 10.773 - juris Rn. 24 ff.; B. v. 5.10.2011 - 15 CS 11.1858 - juris Rn. 14; OVG NW, B. v. 30.5.2005 - 10 A 2017/03 - BauR 2005, 1495 = juris Rn. 4 ff.; ThürOVG, U. v. 24.11.2005 - 1 KO 531/02 - juris Rn. 31 ff. - jeweils m. w. N.).

Die ursprüngliche Baugenehmigung vom 27. März 2013 genügte den Bestimmtheitsanforderungen hinsichtlich des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf die zu prognostizierende Geruchsbelastung nicht. Ihr ließ sich nicht entnehmen, von welchem Tierbestand in dem streitgegenständlichen Stallanbau des Beigeladenen genau auszugehen sein sollte. Eine nähere von der erteilten Baugenehmigung umfasste Betriebsbeschreibung i. S. von § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) hinsichtlich der Art und Anzahl der unterzubringenden Tiere war dem Bauantrag nicht beigefügt. Der in der genehmigten Planzeichnung erfolgten Bezeichnung als „Kälberstall“ ließ sich - unabhängig von der fehlenden eindeutigen Festlegung der Anzahl der unterzubringenden Tiere - schon nicht hinreichend entnehmen, ob es hier um Kälberaufzucht oder um Kälbermast ging, was aber für die Geruchsbelastung relevant sein kann. Zum genauen Tierbestand finden sich in der ursprünglichen Baugenehmigung auch keine Inhalts- oder Nebenbestimmungen. Auch dem genehmigten Eingabeplan - laut dem auf der westlichen und der östlichen Stallhälfte jeweils 10 Einzelboxen eingezeichnet sind, wobei die Restfläche der westlichen Stallhälfte als „Lager“ und die Restfläche der östlichen Stallhälfte als „Kälberstall“ bezeichnet wird - ließen sich hinsichtlich des zu besetzenden Tierbestandes keine eindeutigen Aussagen entnehmen. Die vom Verwaltungsgericht aus den schriftsätzlichen Angaben des Beigeladenen übernommenen Angaben zur Rinderhaltung, wonach von einem Besatz von 25 Kälbern und damit von 7,5 GV auszugehen sei, ergab sich mithin (zunächst) nicht aus Bauvorlagen bzw. aus der ursprünglichen Baugenehmigung. War somit mangels eines der angefochtenen Baugenehmigung zugrunde liegenden feststellbaren Tierbestands die Baugenehmigung unbestimmt, betraf dies Parameter zur Regelung der Geruchsbelastung und damit mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot eine nachbarrechtsrelevante Frage.

b) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt hingegen der Beklagte als - vgl. oben a) - voraussichtlich im Berufungsverfahren Unterlegener allein, weil der Beigeladene im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hat und deshalb gem. § 154 Abs. 3 VwGO insofern nicht an der Kostenlast zu beteiligen ist (vgl. BayVGH, B. v. 18.8.2015 - 15 B 13.1951 - juris Rn. 11).

c) Schon weil der Beigeladene mit seinem in erster Instanz gestellten Sachantrag auf Klageabweisung im Falle einer streitigen Berufungsentscheidung voraussichtlich unterlegen gewesen wäre (vgl. Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 162 Rn. 69 m. w. N.), entspricht es billigem Ermessen, dass dieser seine außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen selbst trägt (§ 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO).

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie orientiert sich an der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die keine Einwände erhoben worden sind. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung durch das Landratsamt … für die Errichtung einer Überdachung eines bestehenden Lagerplatzes an den Beigeladenen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … Gemarkung … Im südwestlichen Bereich ihres ca. 15.000 m2 großen Anwesens betreibt sie neben einem Wohnhaus einen Hof für therapeutisches Reiten. Nördlich angrenzend befindet sich das ca. 5.000 m2 große Grundstück FlNr. … Gemarkung … an das - getrennt durch einen in Ost-West-Richtung verlaufenden Weg - nördlich das Grundstück des Beigeladenen, FlNr. … Gemarkung …, anschließt. Der Beigeladene führt hier auf dessen südlichem Teil einen Zimmereibetrieb. Sämtliche Grundstücke grenzen im Westen an die R* …, auf deren westlicher Seite gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin ein Wohngebiet anschließt.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2016 erteilte das Landratsamt … dem Beigeladenen die Baugenehmigung für eine Überdachung einer 958,88 m2 großen Teilfläche des sich im südöstlichen Grundstücksteil befindlichen Lagerplatzes. Der insgesamt 2.670 m2 große Lager- und Abbund Platz wurde vom Landratsamt mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Juni 2013 genehmigt.

Gegen die am 6. Februar 2017 der Bevollmächtigten der Antragstellerin zugestellte Baugenehmigung vom 7. Dezember 2016 für die Überdachung erhob die Antragstellerin Klage (Az. AN 9 K 17.00243), über die noch nicht entschieden ist. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. Februar 2017 abgelehnt, weil die angefochtene Baugenehmigung voraussichtlich keine nachbarschützenden Rechte der Antragstellerin verletzt.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 7. Dezember 2016 anzuordnen und 7 unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach dem Beigeladenen einstweilen aufzugeben, die Bauarbeiten sofort einzustellen und alle Maßnahmen zum Ausführen des Bauvorhabens zu unterlassen.

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen jeweils,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt, weil die Klage der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung vom 7. Dezember 2016 verstößt - worauf es allein ankommt - nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass sich hier - unabhängig von der konkreten Gebietseinstufung mangels Vorliegen eines Gebietserhaltungsanspruchs - ein Drittschutz nur aus dem Gebot der Rücksichtnahme ergeben kann (BayVGH, B.v. 3.2.2017 - 9 CS 16.2477 - juris Rn. 14) und einen Verstoß dagegen verneint. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ergibt sich nichts anderes.

1. Die angefochtene Baugenehmigung ist nicht wegen einer nachbarrechtswidrigen Verletzung des Bestimmtheitsgebots aufzuheben.

Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss eine Baugenehmigung inhaltlich hinreichend bestimmt sein, so dass die getroffene Regelung für jeden Beteiligten - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Maßgeblich für den Rechtsschutz des Nachbarn ist dabei, dass er feststellen kann, ob und mit welchem Umfang er betroffen ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2016 - 9 ZB 14.1496 - juris Rn. 10 m.w.N.). Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich hierbei nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2015 - 9 CS 15.1633 - juris Rn. 18).

Danach ist hier zunächst - anders als die Antragstellerin vorträgt - ein Zusammenhang des Bauvorhabens mit dem bestehenden Zimmereibetrieb des Beigeladenen und der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 (Bl. 1 der Bauakte 13/0208) nicht zweifelhaft, weil die angefochtene Baugenehmigung einen ausdrücklichen Hinweis auf die Betriebsbeschreibung des Zimmereibetriebs vom 17. April 2015 als Grundlage der Genehmigungserteilung enthält. Zudem stellt der genehmigte Eingabeplan den räumlichen Bezug zu dem mit Bescheid vom 5. Juni 2013 genehmigten Lager- und Abbund Platz dar. Aufgrund der beiden Genehmigungen zugrundeliegenden identischen Betriebsbeschreibungen (Betriebsbeschreibung vom 26.2.2013 (Bl. 14 der Bauakte 13/0208) und vom 17.4.2015 (Bl. 64 der Bauakte 15/0399)) ergeben sich im Betriebsablauf und hinsichtlich der zu Grunde gelegten Parameter nach der immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 22. Juni 2015 (Bl. 1 der Bauakte 15/0399) keine Änderungen gegenüber dem mit Bescheid vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbund Platz sowie der dieser Genehmigung zugrundeliegenden immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 9. April 2013 (Bl. 4 der Bauakte 13/0208). Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, weshalb - worauf auch das Verwaltungsgericht abstellt - die Stellungahme der unteren Immissionsschutzbehörde vom 22. Juni 2015, wonach für die Errichtung und den Betrieb der Überdachung keine spezifischen lärmschutztechnischen Anforderungen gestellt werden und die Stellungnahme der unteren Immissionsschutzbehörde vom 21. Februar 2017 (Bl. 62 der Verwaltungsgerichtsakte), wonach die Überdachung auf die immissionsschutzfachlichen Anforderungen an den Betrieb des Lager- und Abbundplatzes keinen Einfluss hat, unzutreffend sein sollten. Eine von dem mit Bescheid vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbund Platz funktional unabhängige oder isolierte Nutzung der Überdachung kommt gerade aufgrund der räumlichen Deckung mit diesem nicht in Betracht. Aufgrund der identischen Betriebsbeschreibungen ist hier nicht dargelegt, dass durch die angefochtene Genehmigung die zuvor bestandskräftig genehmigte Nutzung in irgendeiner Weise betroffen ist bzw. dass sich die Errichtung der Überdachung im Vergleich zur bestandskräftigen Genehmigung vom 5. Juni 2013 lärmerhöhend und damit auf die diesbezüglichen Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken kann (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 11).

Ferner ist der Nutzungsumfang aus diesem Zusammenhang ohne weiteres erkennbar und entspricht der bisher mit Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Nutzung des Lager- und Abbundplatzes. Die dem Bauantrag und der Baugenehmigung vom 7. Dezember 2016 zugrundeliegende Betriebsbeschreibung vom 17. April 2015 enthält Angaben zur Nutzung, zu Arbeitsabläufen, zu eingesetzten Maschinen sowie Nutzungs- und Betriebszeiten (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris Rn. 8) und geht hierbei - wie sich aus der Betriebsbeschreibung ergibt - nicht über die bestandskräftige Genehmigung vom 5. Juni 2013 hinaus. Es ist weder ersichtlich noch dargelegt, dass den Stellungnahmen der unteren Immissionsschutzbehörde - unabhängig von den konkreten Maschinenfabrikaten - nicht die auf Regelwerken, Typisierungen und Erfahrungswerten basierenden Emissionsdaten zugrundeliegen.

Der Vortrag der Antragstellerin, die Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 könne nicht als Grundlage der Genehmigung der Überdachung vom 7. Dezember 2016 dienen, weil diese ihrerseits zu unbestimmt und rechtswidrig sei, führt nicht zum Erfolg. Sollte diese Prämisse richtig sein, sind die lärmverursachend gerügten Tätigkeiten bzw. Nutzungen nicht durch die angefochtene Genehmigung der Errichtung einer Überdachung bedingt, sondern Ausfluss der vorliegenden bestandskräftigen Genehmigungen des Zimmereibetriebs. Einwendungen hiergegen sind der Antragstellerin aber aufgrund deren Bestandskraft, auch hinsichtlich deren Bestimmtheit, abgeschnitten (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 14). Insbesondere der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 kommt - solange ihre formelle Wirksamkeit (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) gegeben ist auch im Falle einer möglichen Rechtswidrigkeit - eine Legalisierungswirkung zu (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 a.a.O. juris Rn. 11; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand August 2016, Art. 68 Rn. 88 f.). Da nicht dargelegt oder ersichtlich ist, wie die Nutzung der Überdachung hier die Nutzung des bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbundplatzes in nachbarrelevanter Weise übersteigen könnte (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 13), kommt auch eine Aufhebung der angefochtenen Genehmigung wegen einer Neubewertung des Rücksichtnahmegebots in diesem Verfahren nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 12).

2. Die Errichtung der Überdachung lässt auch keine für die Antragstellerin unzumutbaren Immissionen erwarten.

Wie bereits ausgeführt, ist Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung die (teilweise) Überdachung des mit Bescheid vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbundplatzes. Nach der Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts führt die bloße Errichtung der Überdachung nicht zu einer Verletzung drittschützender Rechte der Antragstellerin, weil sich die Nutzung der Fläche nicht ändert und mit dem Vorhaben keine Ausweitung des Betriebs in zeitlicher, räumlicher oder sonstiger Hinsicht ersichtlich ist (UA S. 9 f.). Dementsprechend kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass eine Nichteinhaltung des im Bescheid vom 5. Juni 2013 für das Wohngebäude auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung … festgesetzten Immissionswertes an dem deutlich entfernteren Anwesen der Klägerin nicht ersichtlich ist (UA S. 10). Dem setzt das Beschwerdevorbringen nichts entgegen. Soweit die Antragstellerin der Ansicht ist, maßgeblicher Immissionsort sei nicht nur ihr Wohngebäude, sondern auch das Betriebsgelände, auf dem sie therapeutisches Reiten im Freien durchführe, kann die Beschwerde keinen Erfolg haben. Abgesehen davon, dass eine Nutzung im Freien nicht in gleicher Weise schutzwürdig ist wie ein Wohngebäude (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 - 9 N 14.404 - juris Rn. 91; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 - juris Rn. 28), begründet auch das Angebot therapeutischen Reitens an der Grenze zum Außenbereich oder im Außenbereich keine höhere Schutzpflicht (vgl. VG Augsburg, B.v. 10.12.2008 - Au 4 S. 08.1606 - juris Rn. 19). Denn an der Grenze zum Außenbereich ist regelmäßig mit erhöhten Immissionen zu rechnen; zudem gibt es über das nach dem Immissionsschutzrecht Gebotene hinaus keinen Anspruch auf Bewahrung einer Situation mit einer bestimmten, für den Betrieb günstigen Lage (vgl. BayVGH, B.v. 23.12.2016 - 9 CS 16.1672 - juris Rn. 31). Soweit die Antragstellerin vorträgt, der genehmigte Betrieb und die Betriebsbeschreibung entsprächen nicht dem tatsächlich ausgeführten Betrieb, ist die Antragstellerin gegebenenfalls auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen. Streitgegenstand ist hier allein das genehmigte Vorhaben und Betriebskonzept (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2013 - 9 B 09.952 - juris Rn. 51; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 - juris Rn. 22).

3. Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf eine unzureichende Erschließung des Bauvorhabens berufen.

Das Erfordernis der gesicherten Erschließung eines Bauvorhabens ist regelmäßig nicht drittschützend (BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 66; B.v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1916 - juris Rn. 14). Selbst wenn bei einer erheblichen Verschlechterung der Erschließungssituation durch eine vorhabenbedingte Überlastung der das Grundstück der Antragstellerin erschließenden Straße das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Einzelfall betroffen sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 29), ist hier jedenfalls nicht dargelegt, dass durch die mit der angefochtenen Baugenehmigung genehmigte Errichtung einer Überdachung die bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin beeinträchtigt wird. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit die Überdachung zu einer Nutzungsänderung des bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbundplatzes oder einem mehr an Verkehr in der Rosengasse führt. Die Ausführungen der Antragstellerin beziehen sich insoweit sämtlich auf den bestehenden Zimmereibetrieb des Beigeladenen. Insoweit sind ihre Einwendungen jedoch - wie bereits ausgeführt - durch die bestandskräftigen Genehmigungen ausgeschlossen und sie gegebenfalls auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Das Bauvorhaben bezieht sich auf FlNr. 181, Gem. W. (i.F.. Vorhabengrundstück), dem örtlichen Festgelände, bebaut mit einer Mehrzweckhalle. Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 227/3, Gemarkung W., das nordwestlich an das Festgelände angrenzt, wenn auch nicht - isoliert betrachtet - an das Bauvorhaben selbst (sog. Bereich A, vgl. Anlage 2, Seite 1 des als Anlage BG 8 vorgelegten Gutachtens Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018). Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Der keinen Abweichungsantrag enthaltende (Bl. 6 d. Behördenakts - i.F.: BA -) Änderungsbauantrag vom 12. Mai 2017 (Bl. 5ff. d. BA) weist als Vorhaben aus: „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“.

Der Beigeladene stellte unter dem 15. Mai 2017 im Wege der laufenden Verwaltung das Einvernehmen mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben her (Bl. 10ff. d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31. Mai 2017 (Az. 30/602 BV VI 20171157) wurde das Bauvorhaben antragsgemäß und unter Bezugnahme auf die Bauvorlagen vom 31. Mai 2017 unter Einschluss einer sanierungsrechtlichen Genehmigung und diverser Auflagen genehmigt. Hinsichtlich FlNr. 225, Gemarkung W., wurden Abweichungen von Art. 6 BayBO und von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO erteilt.

Unter dem 14. Mai 2018 erteilte das Landratsamt Pfaffenhofen a.d.Ilm (i.F.: Landratsamt) dem Beigeladenen eine weitere Baugenehmigung (Az. 30/602 BV VI 20180171) für den „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke, sowie Aufstellung eines Containers bei der bestehenden Mehrzweckhalle, hier: Entfall der Einhausung“, die Streitgegenstand des Parallelverfahrens M 9 K 18.2946 ist.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 Klage gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid erhoben. Mit Klagebegründung vom 21. September 2018 beantragen sie, den Bescheid aufzuheben.

Dem Bauantrag sei keine schalltechnische Untersuchung beigefügt gewesen, aus der sich die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Lärmimmissionsverhältnisse ergeben hätten; auch habe der Beigeladene keine Betriebsbeschreibung bzw. kein Betriebskonzept eingereicht. Neben dem streitgegenständlichen Bauvorhaben habe der Beigeladene im April 2017 weitere Baumaßnahmen auf der bislang freien Fläche nördlich der bestehenden Halle angekündigt. Namentlich seien dies ein als „Einhausung Küche Bereich B“ bezeichneter Bereich von 45 m² und eine als „Grenzgarage Bereich C“ bezeichnete Fläche von ebenfalls etwa 45 m², in der während des Volksfestbetriebs Kühlwägen untergestellt werden sollten. Der diesbezüglich beantragten Baueinstellung sei nicht nachgekommen worden, die Anlagen „als verfahrensfrei“ mittlerweile errichtet. Die Nachbarklage sei zulässig und begründet. Streitgegenstand sei vorliegend nur die nach wie vor eigenständige Ursprungsbaugenehmigung, nicht der Tekturbescheid. Letzterer habe die ursprüngliche Baugenehmigung auch nicht ersetzt - dies schon deswegen (nicht), weil mehr als nur geringfügige Änderungen am Vorhaben vorgenommen worden seien, zum anderen auch, weil sich der Nutzungszweck des Containers geändert habe (von Getränkekühlcontainer schlicht zu Container). Die Ursprungsbaugenehmigung habe sich auch nicht erledigt. Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil für die Klägerin als Nachbarin schädliche Lärmimmissionen durch den Betrieb der Halle drohten. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen sei auf die Halle als abgeänderte Gesamtanlage und nicht etwa isoliert auf das Änderungsvorhaben abzustellen. Das folge aus dem räumlichen Zusammenhang des Containers zur Halle, aus der unmittelbaren räumlichen Verbindung durch die Einhausung - auf die es aber nicht tragend ankomme - und aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Halle und Container. Durch ihn werde im Ergebnis der Ausschankbereich der Halle vergrößert, da er offenbar der Lagerung von Getränken und als erweiterter Schankbereich bzw. erweiterte Nutzfläche diene; eine selbstständige Benutzbarkeit sei abwegig und aufgrund dessen, dass eine Betriebsbeschreibung fehle, nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang gelte es weiter zu berücksichtigen, dass die Halle nicht nur um das streitgegenständliche Bauvorhaben, sondern - unter dem Deckmantel der Verfahrensfreiheit - um weitere bauliche Anlagen erweitert werde („Bereich B und C“); diese Anlagen seien einzubeziehen und die Genehmigungsfrage sei in toto neu auf-zuwerfen. Von alledem abgesehen stelle das Bauvorhaben auch eine Nutzungsänderung der bestehenden baulichen Anlage dar. Diese sei darin zu sehen, dass der bislang im Innenbereich der Halle stattfindende (Ausschank-) Betrieb bzw. die dort bestehende Nutzfläche zur Bewirtschaftung auf die Freifläche des Grundstücks aus-gedehnt werde. Für eine ähnliche Sachverhaltskonstellation habe der BayVGH bereits entschieden, dass die Erweiterung eines Gaststättenbetriebs von „drinnen“ nach „draußen“ eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Die Variationsbreite der bisherigen Gaststättennutzung des Gebäudes werde durch das Vordringen der gewerblichen Nutzung auf eine Freifläche des Grundstücks verlassen. Dadurch seien nach der Entscheidung insbesondere die ausgehenden Lärmemissionen neu zu prüfen (BayVGH, B.v. 31.7.2003 - 2 B 00.3282 - juris). Durch den Verlust der „Pufferfreiflächen“ zu den Nachbarn würden weiter bodenrechtliche Belange tangiert und müssten neu bewertet werden. Gemessen an der notwendigen Gesamtbetrachtung sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme feststellbar bzw. könne ein solcher Verstoß zumindest nicht ausgeschlossen werden. Dem Landratsamt sei vorliegend - wie der Bearbeitungsbogen zeige - durchaus bewusst gewesen, dass Veränderungen im Bereich der Immissionsverhältnisse zu erwarten seien. Es sei aber völlig unklar, anhand welcher Kriterien das Landratsamt die Frage des Vorliegens schädlicher Lärmimmissionen beurteilt habe (TA Lärm, Freizeitlärm-Richtlinie …). Zum anderen sei fraglich, weshalb das Landratsamt überhaupt von einer Verbesserung der Lärmimmissionsschutzsituation ausgehe, da im vorliegenden Verfahren weder ein Schallschutzgutachten vorgelegt worden sei noch eine Betriebsbeschreibung der Halle als Gesamtanlage existiere. Unabhängig davon irre das Landratsamt, wenn es eine Verbesserung der Lärmimmissionssituation als hinreichend erachte, um einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen: Die Verbesserung einer bestehenden Lärmimmissionssituation belege nicht, dass keine unzumutbaren Lärmimmissionen vorlägen. Dazu hätte es der Vorlage einer Betriebsbeschreibung und einer fachgutachterlichen Bewertung bedurft. Abgesehen davon habe eine Überprüfung ergeben, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Veranstaltungen, die der Beigeladene in den vergangen Jahren durchgeführt habe und die er wohl auch zukünftig durchführen werde, nicht eingehalten würden. Nach einer vom Beigeladenen unlängst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung seien beim Hallenbetrieb während des Volksfestes am Wohnhaus der Klägerin zur Nachtzeit zu erwartende Beurteilungspegel von 67 dB(A) prognostiziert worden, was eine Überschreitung der TA Lärm-Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete bedeute. Die Freizeitlärm-Richtlinie könne keine Anwendung finden. Weiter sei die Klage hilfsweise auch begründet wegen Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung. Aus ihnen ergebe sich nicht zweifelsfrei, welche Lärmbeeinträchtigungen von dem beantragten Bauvorhaben nach der Erweiterung ausgingen. Vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit der Gesamtanlage hätte es zuvörderst der Vorlage eines detaillierten Betriebskonzeptes/einer Betriebsbeschreibung bedurft, aus der ersichtlich werde, welche Veranstaltungen in der Halle als Gesamtanlage künftig ab-gehalten werden sollten. Auch sei die geplante Nutzung des „Getränkekühlcontainers“ unklar, insbesondere, ob nicht von ihm selbst (isoliert) erhebliche Lärmbeeinträchtigungen ausgingen, was aufgrund des elektrisch betriebenen Kühlaggregats nicht ausgeschlossen erscheine.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 wird ausgeführt: Die beantragten baulichen Anlagen würden aufgrund der Erweiterung der Mehrzweckhalle durch die Schallschutzeinhausung als Gesamtanlage gesehen. Eine Beteiligung der Fachstelle Immissionsschutz sei nicht erfolgt, da aufgrund der Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke eine Verbesserung der bestehenden Lärmsituation zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen lägen „zwischenzeitlich“ schalltechnische Untersuchungen vor, die die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte am klägerischen Grundstück belegten. Die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien anwendbar. Zudem habe eine Schallmessung beim diesjährigen Volksfest die Berechnungen bestätigt, es seien keine Überschreitungen am Immissionsort Wohnhaus der Klägerin festgestellt worden. Auch eine Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Da sich durch die zusätzlichen Anlagen der von der Halle ausgehende Lärm nicht ändere, sei weder ein Betriebskonzept noch eine Betriebsbeschreibung notwendig gewesen.

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen legte mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2018 bzw. 8. Oktober 2018 auf Anforderung des Gerichts u.a. sechs Schallgutachten vor. Daraus wird ersichtlich (vgl. Anlage BG 8), dass sich der vorliegend streitgegenständliche Container an einem als Bereich A definierten Standort befindet; weiter südwestlich gibt es im nördlichen Bereich hinter der Halle noch einen Bereich B („Einhausung Küche“) und einen Bereich C („Grenzgarage“).

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Nachbarklage sei bereits unzulässig, da sich der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid durch den Folgebescheid vom 14. Mai 2018 erledigt habe. Bei der gegenständlichen baulichen Anlage handele es sich nicht um eine Änderung bzw. Nutzungsänderung der Halle; die Aufstellung des Containers unter Wegfall der Einhausung stelle die Errichtung eines neuen Vorhabens dar und sei zu vergleichen mit der Errichtung einer untergeordneten Nebenanlage, durch die die Hauptanlage nicht in ihrem Bestand geändert werde. Soweit der Container 11 Tage im Jahr als Kühlcontainer für das Volksfest diene, greife die Freizeitlärm-Richtlinie ein, deren Grenzwerte eingehalten seien. Auf den Vortrag im Übrigen wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Der Container stellt sich demnach als massiver, ortsfester und aufgeständeter Container dar, dessen Inneres zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme gefüllt war mit Einhausungselementen für die Bereiche A und B. Auf die Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte im hiesigen und im Parallelverfahren M 9 K 18.2946, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung, jeweils vom 10. Oktober 2018.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als (Dritt-) Anfechtungsklage trotz Ergehens eines weiteren „Baugenehmigungsbescheids“ (vom 14. Mai 2018) zulässig, sie richtet sich nicht gegen einen erledigten Verwaltungsakt, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Der vorliegend genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung stellt ein aliud dar zum im Verfahren M 9 K 18.2946 streitgegenständlichen Container ohne Einhausung, was bereits - unabhängig davon, dass Tektur- und Änderungsgenehmigungen die ursprünglichen Grundgenehmigungen rechtlich ohnehin bestehen lassen (Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, BayBO Art. 68 Rn. 117) - aus der völlig unterschiedlich zu beurteilenden Immissionsbelastung folgt. Der Beigeladene erklärte in der mündlichen Verhandlung zudem, den Getränkekühlcontainer als solchen mit Einhausung auch beim diesjährigen H. Volksfest betrieben zu haben - was nur auf Basis der hiesigen Baugenehmigung überhaupt möglich ist.

Zugleich ist der Streitgegenstand insofern festgelegt, als dass die sog. Bereiche B und C nicht Teil der Baugenehmigung sind. Davon zu unterscheiden ist - worauf die Klägerbevollmächtigten mehrfach hingewiesen wurden - die Frage, ob eine immissionsschutzrechtliche Bewertung diese Bereiche ausklammern könnte.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Weder sind die Bauvorlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt (1.) noch verletzt das Bauvorhaben das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (2.).

1. Die Bauvorlagen sind vorliegend nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 -; B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 -; B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; jeweils zitiert nach juris und m.w.N.).

Vorliegend war den zunächst vorgelegten Genehmigungsunterlagen nicht abschließend zu entnehmen, ob bzw. dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung während des Jahres - d.h. zu Zeiten, an denen überhaupt keine Veranstaltungen bzw. keine sog. seltenen Veranstaltungen nach Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie in der Halle stattfinden - nicht als solcher betrieben wird. Da zu den Zeiten, an denen keine seltenen Veranstaltungen stattfinden, die Regelimmissionsrichtwerte nach Nr. 4.1 Freizeitlärm-Richtlinie (siehe auch Ziff. 2 der hiesigen Entscheidung) gelten und da zu diesen Zeiten keine Lärmbegutachtungen vorlagen, war es zwar fernliegend, aber nicht völlig auszuschließen, dass es im Zusammenhang mit dem Betrieb des Getränkekühlcontainers v.a. aufgrund des Schallleistungspegels der für den Betrieb notwendigen Kühlaggregate von 80 dB(A) - laut Anlage BG 8, Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018, S. 9 und Anlage 4, S. 1 - zu unzumutbaren Lärmimmissionen, § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG, bei der Klägerin kommen könnte. Die Kühlaggregate liegen unterhalb des Getränkekühlcontainers, weswegen die Annahme des Beklagten, aufgrund der - zwischen Container und Halle mobil installierbaren - Einhausung sei nicht mit einer Verschlechterung der Emissions- bzw. Immissionsbelastung zu rechnen, für die Aggregate von vorn herein keinen Sinn macht. Somit war aufgrund des anfänglichen Fehlens einer Betriebsbeschreibung ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht vollends auszuschließen; theoretisch hätte der Getränkekühlcontainer als solcher Tag und Nacht betrieben werden können. Andererseits läuft eine derartige Suche nach möglichen Quellen schädlicher Umwelteinwirkungen - unabhängig von den folgenden Ausführungen - Gefahr, in Richtung der Annahme fiktiver Belastungen abzudriften, was nicht Sinn und Zweck der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme ist (BVerwG, U.v. 27.2.1992 - 4 C 50/89 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 83. Lfg., Juli 2012, § 15 Rn. 79); das dargestellte Szenario war auch nach „anfänglicher“ Aktenlage völlig unrealistisch.

Spätestens mit der als Anlage BG 10 nachgereichten Betriebsbeschreibung vom 3. August 2018 und mit den zu Protokoll abgegebenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung haben sich diese Bedenken aber vollumfänglich erledigt. Demnach wird der Getränkekühlcontainer nur während des H. Volksfestes genutzt und steht nicht zur Nutzung als Kühlcontainer für andere in der Mehrzweckhalle stattfindende Veranstaltungen oder unabhängig von einem Betrieb der Mehrzweckhalle zur Verfügung. Während des Jahres werden die Einhausungselemente in dem Container gelagert, die Kühlaggregate sind ausgesteckt. Diese Praxis wurde so auch von der Klägerin bestätigt.

Wenngleich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bei der Drittanfechtungsklage zwar grundsätzlich die Behördenentscheidung ist, so sind dem Bauherren günstige Veränderungen oder Umstände aber dennoch in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40/98 -; B.v. 22.4.1996 - 4 B 54/96 - jeweils juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 53; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 5290). Auch eine bis zur bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klarstellung in Bezug auf die Bauvorlagen ist demnach zu berücksichtigen, schon allein aus prozessökonomischen Gründen (z.B. BVerwG, B.v. 21.6.2006 - 4 B 32/06 - juris; OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris; U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; OVG Rh-Pf, U.v. 29.6.2012 - 1 A 10878/11.OVG - juris). Die Situation gleicht dem Fall, dass ein Tekturbescheid mit den entsprechenden Unterlagen „nachgeschoben“ wird; außerdem wäre es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar, eine zur Zeit des Erlasses etwaig rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach dem genehmigten Eingabeplan vom 12. Mai 2017 Grundlage für die Ausführung des Getränkekühlcontainers „das schalltechnische Gutachten der a. GmbH“ ist. In den bis zum 12. Mai 2017 gefertigten Schalltechnischen Untersuchungen der a. GmbH vom 6. April 2017 (Anlage BG 1), vom 30. April 2017 (Anlage BG 2) und vom 9. Mai 2017 (Anlage BG 3) wurde aber stets nur ein Betrieb zu Volksfestzeiten zugrunde gelegt, weswegen bei lebensnaher und nicht formaljuristischer Betrachtungsweise schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses hinreichend bestimmt war, dass der Getränkekühlcontainer nur zu Volksfestzeiten betrieben werden sollte.

Da somit nach alledem für „Nichtvolksfestzeiten“ feststeht, dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung überhaupt nicht betrieben wird, war der Betriebszeitraum „Nichtvolksfestzeit“ auch nicht etwa unabhängig von einem Betrieb des Getränkekühlcontainers zu untersuchen, da vorliegend nur über den Streitgegenstand zu befinden ist, der nichts mit dem Mehrzweckhallenbetrieb im Übrigen zu tun hat.

2. Das Bauvorhaben verletzt nicht das der Klägerin gegenüber zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme.

Das Gebot der Rücksichtnahme ist vorliegend angesichts der Umgebungsstruktur im Zweifel aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Gemengelage) herzuleiten. Da beide Grundstücke - das Baugrundstück und das der Klägerin - im unbeplanten Innenbereich liegen, erübrigt sich aber eine weitere Festlegung, ob ein sog. faktisches Baugebiet besteht und ob das Gebot der Rücksichtnahme dementsprechend an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO festzumachen wäre, da sich die Parameter für die Prüfung - bei Heranziehung von Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie - dadurch nicht ändern.

Inhaltlich kommt dem Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vorliegend ist eine Einzelfallbewertung der Emissionen bzw. Immissionen unumgänglich (a). Der Rahmen für die Prüfung, ob dem Gebot der Rücksichtnahme Genüge getan ist, ist in erster Linie der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI zu entnehmen (b); abzustellen war dabei auf die Mehrzweckhalle im Ganzen (c). Da die maßgeblichen (d) Immissionsrichtwerte aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie vollumfänglich eingehalten sind (e), ist das Gebot der Rücksichtnahme vorliegend nicht verletzt, auch nicht deshalb, weil die Baugenehmigung keine sog. zielorientierte Festlegung der Immissionsrichtwerte enthält (f).

a) Dass der Beklagte nach Aktenlage zunächst davon ausging, keine Einzelfallbewertung der Immissionsbelastung vornehmen zu müssen, ist nicht nachvollziehbar. Mit dem Vermerk auf dem Bearbeitungsbogen „nur Einhausung, wird immsch.r. besser“ sollte wohl auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen werden, wonach Immissionen im Umfang einer Vorbelastung zumutbar sind, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet und in einer vergleichbaren Situation nicht (mehr) hinzunehmen wären (bspw. bei BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - juris; U.v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - juris; auch: OVG SH, U.v. 26.7.2012 - 1 LC 130/09 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Ohne eine Aussage oder Prüfung dazu aber, ob bereits gegenwärtig auf Basis einer entsprechenden Genehmigung ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten - aber: ohne Einhausung - betrieben wird, ist diese Überlegung haltlos, denn nur legale Anlagen können u.a. bei der Festlegung einer etwaigen Vorbelastung angesetzt werden (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 11.7.1994 - 4 B 134/94 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Nach dem Grundrissplan gibt es zwar wohl faktisch einen „Container“ (nicht: „Getränkekühlcontainer“) ohne Einhausung und mit einem kleinen Vordach, der gegenwärtig weiter südwestlich steht. Die vom Klägerbevollmächtigten auszugsweise vorgelegte Baugenehmigung der Mehrzweckhalle von 1979 enthält aber keine Aussagen zu diesem Container.

Aus der Vorhabenbezeichnung („Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“) wird vielmehr ersichtlich, dass bis dato kein derartiger Getränkekühlcontainer betrieben wurde. Allein der Umstand, dass wohl das Rolltor in der Halle - und damit eine Öffnung nach Norden - schon im Bestand vorhanden ist, sagt noch nichts darüber aus, dass sich die Immissionsbelastung für die Nachbarschaft nicht ändert, wenn ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten und einer mobilen Einhausung vor dieses Rolltor gesetzt wird, das dann durchgehend geöffnet ist.

Unabhängig von alledem wird aus dem mit Genehmigungsstempel versehenen Eingabeplan vom 12. Mai 2017 ersichtlich, dass das Landratsamt diesen rechtlichen Ansatz selbst auch nicht konsequent verfolgte, legte es doch offensichtlich „das schalltechnische Gutachten vom Ing. Büro a. GmbH“ zugrunde. Auch im Rahmen der Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung stellte es maßgeblich auf die vorliegenden schalltechnischen Untersuchungen und damit auf eine Einzelfallbewertung ab.

b) Als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung für die Klägerin ist vorliegend in erster Linie die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI heranzuziehen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die von Sachverständigen ausgearbeitete Freizeitlärm-Richtlinie den Gerichten als Entscheidungshilfe dienen kann (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - juris; U.v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - juris). Diese enthält besondere Maßgaben für die Ermittlung und Bewertung der von Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche, ist zugleich aber, anders als die 18. BImSchV, nicht abschließend und erlaubte theoretisch auch einen Rückgriff auf die TA Lärm, vgl. Nr. 3 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie: „Bei der Ermittlung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen kann auf die allgemein anerkannten akustischen Grundregeln, wie sie in der TA Lärm und der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) festgehalten sind, zurückgegriffen werden“ (ebenso z.B. OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; B.v. 6.10.2010 - 2 A 1503/09 - juris; BayVGH, B.v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3415 - NJW 1997, 1181; Städtebauliche Lärmfibel des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg 2013, S. 116).

Ob die Genehmigungsbehörde explizit die Freizeitlärm-Richtlinie „positiv“ für anwendbar erklärt oder nicht, ist irrelevant. Entweder das Bauvorhaben ist hinsichtlich seiner Emissionen bzw. Immissionen nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie, v.a.: nach den dort festgelegten Immissionsrichtwerten, zu beurteilen - und erfüllt diese - oder nicht. Wenn sich die Klägerbevollmächtigten mit ihrer diesbezüglich geäußerten Rechtsansicht auf Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie beziehen wollten (Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie lautet: „Nebenbestimmungen. In so definierten Sonderfällen können Veranstaltungen von der zuständigen Behörde nach Maßgabe folgender, ggf. als Nebenbestimmung festzulegender Maßnahmen zugelassen werden“), so ist dem entgegenzuhalten, dass mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht die Freizeitanlage Volksfest - unabhängig von der Notwendigkeit/Möglichkeit einer Festsetzung nach § 69 Satz 1, Satz 2, § 60b GewO - bzw. die Freizeitanlage Mehrzweckhalle - bestandskräftige Baugenehmigung aus dem Jahr 1979 - genehmigt wurde. Eine ggf. mit Nebenbestimmungen zu versehende „Zulassung“ des Betriebs an sich ist nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits. Der Beigeladene hat im Übrigen, worauf nur ergänzend hinzuweisen ist, mit Schreiben vom 28. Juni 2018 Nebenbestimmungen für das H. Volksfest festgelegt und mit Verordnung vom 17. Juni 2000, vorgelegt als Anlage BG 13, u.a. die Betriebszeiten der Festhalle (10:00 Uhr bis 24:00 Uhr) festgesetzt.

Da vorliegend angesichts des hiesigen Genehmigungsgegenstands (siehe Ziff. 1), aber auch generell nach Aktenlage nur der Betriebszustand Getränkekühlcontainer mit Einhausung, betrieben während des H. Volksfestes, überhaupt die Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen für die Klägerin erwarten ließ, kann dahinstehen, ob für die Anwendung der Freizeitlärm-Richtlinie auf „das Volksfest“ (so wohl OVG NW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris) oder auf „die Mehrzweckhalle“ abzustellen ist (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris). Zu betrachten waren und sind die zu erwartenden Immissionen durch den Betrieb des Getränkekühlcontainers zu Zeiten des in der Mehrzweckhalle stattfindenden Volksfests. Deshalb ist auch irrelevant, ob andere Veranstaltungen wie ein Faschingsball von der Anwendung auszunehmen wären (vgl. die als Anlage BG 7 vorgelegte Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017).

Dass die von Volksfesten ausgehenden Emissionen bzw. Immissionen auch in Bayern nicht mehr anhand der 18. BImSchV, sondern unter Zuhilfenahme der Freizeitlärm-Richtlinie beurteilt werden, entspricht mittlerweile nicht nur der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris; B.v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230), sondern auch der Praxis der Verwaltung (vgl. das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015, Gz. 33-4100/751/2).

c) Dass dabei hinsichtlich der Immissionen nicht nur der Getränkekühlcontainer an sich zu betrachten ist, sondern die Mehrzweckhalle im Ganzen (einschließlich der Bereiche B und C), folgt bereits aus dem Vorliegen eines lärmrelevanten Freizeitbereichs insgesamt (vgl. nur VGH BW, U.v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 19.11.2002 - 7 B 137/02 - BeckRS 2003, 20110, dort so beurteilt selbst für mehrere unabhängige Gebäude: Jugendhaus, Stadthalle), bei dem Veränderungen notwendigerweise in eine Gesamtbewertung einzustellen sind. Nachdem eine segmentierende Betrachtung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16/00 - juris; auch: OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris) den tatsächlichen Verhältnissen sogar dann nicht (mehr) gerecht werden soll, wenn mehrere in räumlichem Zusammenhang stehende Anlagen trotz ihrer organisatorischen Trennung vom Betreiber im Sinne eines integrativen Konzepts zu einer Einheit zusammengefasst worden sind, gilt dies naturgemäß umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits keine derartige organisatorische (oder sonstige) Trennung auszumachen ist. Bei einer Nebenanlage wie dem Getränkekühlcontainer macht eine gesonderte Bestimmung isoliert „seiner“ Emissionen - und daraus folgend: „seines“ Immissionsbeitrags - zudem dann keinen Sinn, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die bauliche (Ver-) Änderung im Vergleich zur bestandskräftigen Ursprungsgenehmigung lärmerhöhend auf die Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken kann (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17/91 - juris; BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris). Dies ist vorliegend der Fall, da eine bis dato nach Genehmigungslage geschlossene Halle - das Rolltor nach Norden dürfte im normalen Betrieb nicht geöffnet gewesen sein - ohne (Getränkekühl-) Container (s.o.) nicht nur konstruktiv, sondern auch funktional eine Erweiterung/Vergrößerung in Richtung des klägerischen Grundstücks erfährt, die auch die Geräusche des Ausschankbereichs und des Volksfestbetriebs näher zur Klägerin trägt. Weiter werden nun erstmals Kühlaggregate mit einem nicht unerheblichen Schallleistungspegel installiert, die ebenso Bestandteil der Mehrzweckhalle werden. Bei einer derartigen Konstellation („qualitative Änderung“) ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgend auch immissionstechnisch vom Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt auszugehen (vgl. VG München, U.v. 14.6.2017 - M 9 K 17.341 - juris m.w.N. für einen anders gelagerten Fall).

d) Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sich aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie - 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts -, wobei unter Inanspruchnahme von Nr. 4.4.2 lit. c Freizeitlärm-Richtlinie während der Nachtzeit ohnehin kein Betrieb mehr stattfindet (vgl. die Festlegungen der Verordnung des Beigeladenen über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während des Volksfestes, vorgelegt als Anlage BG 13 - i.F.: Volksfestverordnung). Die Maßgeblichkeit dieser Werte für den Betrieb des Getränkekühlcontainers folgt aus den spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Grundlage der Baugenehmigung gewordenen Schalltechnischen Untersuchungen, auf die sich der Beklagte u.a. im Rahmen seiner Klageerwiderung tragend gestützt hat.

Die Voraussetzungen von Nr. 4.4.1 und Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie sind nach Ansicht des Gerichts erfüllt, das sich dabei vollumfänglich auf die Stellungnahme des Beigeladenen vom 28. Juni 2018, vorgelegt als Anlage BG 6, auf den Schriftsatz des Beigeladenenbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 und auf die befürwortende Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017, vorgelegt als Anlage BG 7, bezieht. Beim H. Volksfest handelt es sich um ein Fest von mehr als nur kommunaler Bedeutung (Wahl der H. Hopfenkönigin etc.), das sich im Laufe seines 70-jährigen Bestehens eine hohe Standortgebundenheit und eine hohe soziale Akzeptanz (u.a. Seniorennachmittag mit ca. 1.600 Teilnehmern, „Kinder- und Familientag“) erworben hat. Aufgrund der Umgebungsbedingungen sowie fehlender Ersatzstandorte - die P. Halle und die S. Halle weisen keine vergleichbare Kapazität auf, ihnen fehlt es weiter an entsprechenden Erschließungsanlagen - ist eine Überschreitung der Regelimmissionsrichtwerte unvermeidbar. Bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG ist diesbezüglich zum einen darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie nicht schematisch anzuwenden sind (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris), zum anderen müssen die Seltenheit des Anlasses (11 Tage) und seine Bedeutung in die Würdigung des Einzelfalles einbezogen werden. Aus der herausragenden Bedeutung des H. Volksfestes für die Region und darüber hinaus rechtfertigt sich auch die Verschiebung der Nachtzeit um 2 Stunden.

Dass Nr. 4.4 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie nominell von „Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten“ spricht, schadet nicht, wie der VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 74 ausführlich erörtert hat. Das Gericht schließt sich der im Folgenden wiedergegebenen Begründung an:

Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärm-Richtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärm-Richtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6. März 2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9).

e) Sowohl durch die Prognoseberechnungen der a. GmbH vom 30. Mai 2017 (Bericht Nr. 1028_4, vorgelegt als Anlage BG 4) und der I. KG vom 17. Juli 2018 (Bericht Nr. 4919.a3, vorgelegt als Anlage BG 8) als auch durch den Messbericht 4919.b1 der I. KG vom 22. August 2018 (Anlage BG 9) über eine während des Volksfestbetriebs 2018 durchgeführte Messung - zudem beim Worst-Case-Szenario „Showband“ inklusive vollen Festbetriebs und laufender Kühlaggregate am Getränkekühlcontainer - steht fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Klägerin, von denen abzuweichen das Gericht vorliegend keinen Anlass sieht, bei weitem eingehalten werden können. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Messung vom 14. August 2018 an einem Ersatzimmissionsort durchgeführt wurde, der 8,50 m näher an der Mehrzweckhalle bzw. am Getränkekühlcontainer situiert war, und dass selbst dabei nur ein Beurteilungspegel von 66 dB(A) erreicht wurde. Bei alledem ist zu bedenken, dass die Musikdarbietung bzw. der Festbetrieb auch an den beiden Festtagen mit der größten Belastung (Showbands) nach § 1 Abs. 2 der Volksfestverordnung („Die Sperrstunde in der Festhalle wird auf 24:00 Uhr festgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt dürfen sich keine Gäste mehr in der Festhalle aufhalten. Der Bierausschank und die Musikveranstaltungen sind bereits um 23:30 Uhr einzustellen. […]“) gesichert um 23:30 Uhr bzw. um Mitternacht enden. Der Schutz der Nachtruhe ist damit gewährleistet.

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden von Klägerseite nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen.

Da die Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie somit bei weitem eingehalten werden, kann dahinstehen, dass bei Veranstaltungen wie dem H. Volksfest, das angesichts der Ausführungen des Beigeladenen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung ist und das bei vielen Bewohnern einen hohen Stellenwert besitzt, von einem verständigen Durchschnittsmenschen die mit ihnen verbundenen Lärm- und Geräuschentwicklungen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden (sollten) als sonstige Immissionen (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris); d.h., dass bei derartigen Veranstaltungen selbst eine deutliche Überschreitung der in der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar wäre (vgl. HessVGH, U.v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - juris; VGH BW, U.v. 13.12.1993 - 8 S 1800/93 - juris).

f) Dass der Bescheid schließlich eine sog. zielorientierte Festlegung von Immissionsrichtwerten vermissen lässt, ist ein Folgefehler (vgl. lit. a), aber angesichts dessen, dass spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung umfangreiche Gutachten und v.a. eine Messung in der Worst-Case-Situation dazu vorlagen, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten werden, unschädlich. Die Festlegung von Immissionsrichtwerten ist kein Selbstzweck, sondern eine präventive Regelungsmöglichkeit für den Lärmschutz, wenn voraussichtlich gewährleistet werden kann, dass die festgelegten Immissionsrichtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 18.10.2017 - 9 CS 16.883 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 -; B.v. 10.2.2012 - 15 ZB 10.97 -; B.v. 17.8.2010 - 15 CS 10.981 -; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 -; jeweils zitiert nach juris). Vorliegend steht selbst für das Worst-Case-Szenario „Showbandauftritt bei vollem Festbetrieb“ - und damit für eine Situation, die über den Regelbetrieb weit hinausgeht - aufgrund einer Schallmessung (Retrospektive) unter Einbeziehung aller Lärmquellen fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte um mindestens 4 dB(A) unterschritten werden. Damit ist den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots Genüge getan. Da der Beigeladene ohnehin die unmittelbar aus § 22 Abs. 1 BImSchG folgende Pflicht hat, seine nach Immissionsschutzrecht nicht genehmigungspflichtige Anlage so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden (vgl. auch Nr. 2 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie), ist es in erster Linie seine Sache, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen und dauerhaft einzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2006 - 15 ZB 04.2453 - juris). Das gewählte Mittel - die durch die Baugenehmigung bei Betrieb verbindlich vorgegebene Einhausung - ist vollumfänglich geeignet, den Schutz der Klägerin sicherzustellen. Letztere wird in einer derartigen Situation allein durch die formal fehlende Festlegung von Immissionsgrenzwerten nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. z.B. auch OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris).

Solange bestimmbar ist, was der „regelmäßige Betrieb“ ist (dazu Ziff. 1), folgt aus der fehlenden Festschreibung im Übrigen auch kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene hat sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, der Klägerin auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Das Bauvorhaben bezieht sich auf FlNr. 181, Gem. W. (i.F.. Vorhabengrundstück), dem örtlichen Festgelände, bebaut mit einer Mehrzweckhalle. Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 227/3, Gemarkung W., das nordwestlich an das Festgelände angrenzt, wenn auch nicht - isoliert betrachtet - an das Bauvorhaben selbst (sog. Bereich A, vgl. Anlage 2, Seite 1 des als Anlage BG 8 vorgelegten Gutachtens Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018). Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Der keinen Abweichungsantrag enthaltende (Bl. 6 d. Behördenakts - i.F.: BA -) Änderungsbauantrag vom 12. Mai 2017 (Bl. 5ff. d. BA) weist als Vorhaben aus: „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“.

Der Beigeladene stellte unter dem 15. Mai 2017 im Wege der laufenden Verwaltung das Einvernehmen mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben her (Bl. 10ff. d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31. Mai 2017 (Az. 30/602 BV VI 20171157) wurde das Bauvorhaben antragsgemäß und unter Bezugnahme auf die Bauvorlagen vom 31. Mai 2017 unter Einschluss einer sanierungsrechtlichen Genehmigung und diverser Auflagen genehmigt. Hinsichtlich FlNr. 225, Gemarkung W., wurden Abweichungen von Art. 6 BayBO und von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO erteilt.

Unter dem 14. Mai 2018 erteilte das Landratsamt Pfaffenhofen a.d.Ilm (i.F.: Landratsamt) dem Beigeladenen eine weitere Baugenehmigung (Az. 30/602 BV VI 20180171) für den „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke, sowie Aufstellung eines Containers bei der bestehenden Mehrzweckhalle, hier: Entfall der Einhausung“, die Streitgegenstand des Parallelverfahrens M 9 K 18.2946 ist.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 Klage gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid erhoben. Mit Klagebegründung vom 21. September 2018 beantragen sie, den Bescheid aufzuheben.

Dem Bauantrag sei keine schalltechnische Untersuchung beigefügt gewesen, aus der sich die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Lärmimmissionsverhältnisse ergeben hätten; auch habe der Beigeladene keine Betriebsbeschreibung bzw. kein Betriebskonzept eingereicht. Neben dem streitgegenständlichen Bauvorhaben habe der Beigeladene im April 2017 weitere Baumaßnahmen auf der bislang freien Fläche nördlich der bestehenden Halle angekündigt. Namentlich seien dies ein als „Einhausung Küche Bereich B“ bezeichneter Bereich von 45 m² und eine als „Grenzgarage Bereich C“ bezeichnete Fläche von ebenfalls etwa 45 m², in der während des Volksfestbetriebs Kühlwägen untergestellt werden sollten. Der diesbezüglich beantragten Baueinstellung sei nicht nachgekommen worden, die Anlagen „als verfahrensfrei“ mittlerweile errichtet. Die Nachbarklage sei zulässig und begründet. Streitgegenstand sei vorliegend nur die nach wie vor eigenständige Ursprungsbaugenehmigung, nicht der Tekturbescheid. Letzterer habe die ursprüngliche Baugenehmigung auch nicht ersetzt - dies schon deswegen (nicht), weil mehr als nur geringfügige Änderungen am Vorhaben vorgenommen worden seien, zum anderen auch, weil sich der Nutzungszweck des Containers geändert habe (von Getränkekühlcontainer schlicht zu Container). Die Ursprungsbaugenehmigung habe sich auch nicht erledigt. Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil für die Klägerin als Nachbarin schädliche Lärmimmissionen durch den Betrieb der Halle drohten. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen sei auf die Halle als abgeänderte Gesamtanlage und nicht etwa isoliert auf das Änderungsvorhaben abzustellen. Das folge aus dem räumlichen Zusammenhang des Containers zur Halle, aus der unmittelbaren räumlichen Verbindung durch die Einhausung - auf die es aber nicht tragend ankomme - und aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Halle und Container. Durch ihn werde im Ergebnis der Ausschankbereich der Halle vergrößert, da er offenbar der Lagerung von Getränken und als erweiterter Schankbereich bzw. erweiterte Nutzfläche diene; eine selbstständige Benutzbarkeit sei abwegig und aufgrund dessen, dass eine Betriebsbeschreibung fehle, nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang gelte es weiter zu berücksichtigen, dass die Halle nicht nur um das streitgegenständliche Bauvorhaben, sondern - unter dem Deckmantel der Verfahrensfreiheit - um weitere bauliche Anlagen erweitert werde („Bereich B und C“); diese Anlagen seien einzubeziehen und die Genehmigungsfrage sei in toto neu auf-zuwerfen. Von alledem abgesehen stelle das Bauvorhaben auch eine Nutzungsänderung der bestehenden baulichen Anlage dar. Diese sei darin zu sehen, dass der bislang im Innenbereich der Halle stattfindende (Ausschank-) Betrieb bzw. die dort bestehende Nutzfläche zur Bewirtschaftung auf die Freifläche des Grundstücks aus-gedehnt werde. Für eine ähnliche Sachverhaltskonstellation habe der BayVGH bereits entschieden, dass die Erweiterung eines Gaststättenbetriebs von „drinnen“ nach „draußen“ eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Die Variationsbreite der bisherigen Gaststättennutzung des Gebäudes werde durch das Vordringen der gewerblichen Nutzung auf eine Freifläche des Grundstücks verlassen. Dadurch seien nach der Entscheidung insbesondere die ausgehenden Lärmemissionen neu zu prüfen (BayVGH, B.v. 31.7.2003 - 2 B 00.3282 - juris). Durch den Verlust der „Pufferfreiflächen“ zu den Nachbarn würden weiter bodenrechtliche Belange tangiert und müssten neu bewertet werden. Gemessen an der notwendigen Gesamtbetrachtung sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme feststellbar bzw. könne ein solcher Verstoß zumindest nicht ausgeschlossen werden. Dem Landratsamt sei vorliegend - wie der Bearbeitungsbogen zeige - durchaus bewusst gewesen, dass Veränderungen im Bereich der Immissionsverhältnisse zu erwarten seien. Es sei aber völlig unklar, anhand welcher Kriterien das Landratsamt die Frage des Vorliegens schädlicher Lärmimmissionen beurteilt habe (TA Lärm, Freizeitlärm-Richtlinie …). Zum anderen sei fraglich, weshalb das Landratsamt überhaupt von einer Verbesserung der Lärmimmissionsschutzsituation ausgehe, da im vorliegenden Verfahren weder ein Schallschutzgutachten vorgelegt worden sei noch eine Betriebsbeschreibung der Halle als Gesamtanlage existiere. Unabhängig davon irre das Landratsamt, wenn es eine Verbesserung der Lärmimmissionssituation als hinreichend erachte, um einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen: Die Verbesserung einer bestehenden Lärmimmissionssituation belege nicht, dass keine unzumutbaren Lärmimmissionen vorlägen. Dazu hätte es der Vorlage einer Betriebsbeschreibung und einer fachgutachterlichen Bewertung bedurft. Abgesehen davon habe eine Überprüfung ergeben, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Veranstaltungen, die der Beigeladene in den vergangen Jahren durchgeführt habe und die er wohl auch zukünftig durchführen werde, nicht eingehalten würden. Nach einer vom Beigeladenen unlängst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung seien beim Hallenbetrieb während des Volksfestes am Wohnhaus der Klägerin zur Nachtzeit zu erwartende Beurteilungspegel von 67 dB(A) prognostiziert worden, was eine Überschreitung der TA Lärm-Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete bedeute. Die Freizeitlärm-Richtlinie könne keine Anwendung finden. Weiter sei die Klage hilfsweise auch begründet wegen Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung. Aus ihnen ergebe sich nicht zweifelsfrei, welche Lärmbeeinträchtigungen von dem beantragten Bauvorhaben nach der Erweiterung ausgingen. Vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit der Gesamtanlage hätte es zuvörderst der Vorlage eines detaillierten Betriebskonzeptes/einer Betriebsbeschreibung bedurft, aus der ersichtlich werde, welche Veranstaltungen in der Halle als Gesamtanlage künftig ab-gehalten werden sollten. Auch sei die geplante Nutzung des „Getränkekühlcontainers“ unklar, insbesondere, ob nicht von ihm selbst (isoliert) erhebliche Lärmbeeinträchtigungen ausgingen, was aufgrund des elektrisch betriebenen Kühlaggregats nicht ausgeschlossen erscheine.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 wird ausgeführt: Die beantragten baulichen Anlagen würden aufgrund der Erweiterung der Mehrzweckhalle durch die Schallschutzeinhausung als Gesamtanlage gesehen. Eine Beteiligung der Fachstelle Immissionsschutz sei nicht erfolgt, da aufgrund der Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke eine Verbesserung der bestehenden Lärmsituation zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen lägen „zwischenzeitlich“ schalltechnische Untersuchungen vor, die die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte am klägerischen Grundstück belegten. Die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien anwendbar. Zudem habe eine Schallmessung beim diesjährigen Volksfest die Berechnungen bestätigt, es seien keine Überschreitungen am Immissionsort Wohnhaus der Klägerin festgestellt worden. Auch eine Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Da sich durch die zusätzlichen Anlagen der von der Halle ausgehende Lärm nicht ändere, sei weder ein Betriebskonzept noch eine Betriebsbeschreibung notwendig gewesen.

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen legte mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2018 bzw. 8. Oktober 2018 auf Anforderung des Gerichts u.a. sechs Schallgutachten vor. Daraus wird ersichtlich (vgl. Anlage BG 8), dass sich der vorliegend streitgegenständliche Container an einem als Bereich A definierten Standort befindet; weiter südwestlich gibt es im nördlichen Bereich hinter der Halle noch einen Bereich B („Einhausung Küche“) und einen Bereich C („Grenzgarage“).

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Nachbarklage sei bereits unzulässig, da sich der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid durch den Folgebescheid vom 14. Mai 2018 erledigt habe. Bei der gegenständlichen baulichen Anlage handele es sich nicht um eine Änderung bzw. Nutzungsänderung der Halle; die Aufstellung des Containers unter Wegfall der Einhausung stelle die Errichtung eines neuen Vorhabens dar und sei zu vergleichen mit der Errichtung einer untergeordneten Nebenanlage, durch die die Hauptanlage nicht in ihrem Bestand geändert werde. Soweit der Container 11 Tage im Jahr als Kühlcontainer für das Volksfest diene, greife die Freizeitlärm-Richtlinie ein, deren Grenzwerte eingehalten seien. Auf den Vortrag im Übrigen wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Der Container stellt sich demnach als massiver, ortsfester und aufgeständeter Container dar, dessen Inneres zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme gefüllt war mit Einhausungselementen für die Bereiche A und B. Auf die Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte im hiesigen und im Parallelverfahren M 9 K 18.2946, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung, jeweils vom 10. Oktober 2018.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als (Dritt-) Anfechtungsklage trotz Ergehens eines weiteren „Baugenehmigungsbescheids“ (vom 14. Mai 2018) zulässig, sie richtet sich nicht gegen einen erledigten Verwaltungsakt, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Der vorliegend genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung stellt ein aliud dar zum im Verfahren M 9 K 18.2946 streitgegenständlichen Container ohne Einhausung, was bereits - unabhängig davon, dass Tektur- und Änderungsgenehmigungen die ursprünglichen Grundgenehmigungen rechtlich ohnehin bestehen lassen (Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, BayBO Art. 68 Rn. 117) - aus der völlig unterschiedlich zu beurteilenden Immissionsbelastung folgt. Der Beigeladene erklärte in der mündlichen Verhandlung zudem, den Getränkekühlcontainer als solchen mit Einhausung auch beim diesjährigen H. Volksfest betrieben zu haben - was nur auf Basis der hiesigen Baugenehmigung überhaupt möglich ist.

Zugleich ist der Streitgegenstand insofern festgelegt, als dass die sog. Bereiche B und C nicht Teil der Baugenehmigung sind. Davon zu unterscheiden ist - worauf die Klägerbevollmächtigten mehrfach hingewiesen wurden - die Frage, ob eine immissionsschutzrechtliche Bewertung diese Bereiche ausklammern könnte.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Weder sind die Bauvorlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt (1.) noch verletzt das Bauvorhaben das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (2.).

1. Die Bauvorlagen sind vorliegend nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 -; B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 -; B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; jeweils zitiert nach juris und m.w.N.).

Vorliegend war den zunächst vorgelegten Genehmigungsunterlagen nicht abschließend zu entnehmen, ob bzw. dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung während des Jahres - d.h. zu Zeiten, an denen überhaupt keine Veranstaltungen bzw. keine sog. seltenen Veranstaltungen nach Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie in der Halle stattfinden - nicht als solcher betrieben wird. Da zu den Zeiten, an denen keine seltenen Veranstaltungen stattfinden, die Regelimmissionsrichtwerte nach Nr. 4.1 Freizeitlärm-Richtlinie (siehe auch Ziff. 2 der hiesigen Entscheidung) gelten und da zu diesen Zeiten keine Lärmbegutachtungen vorlagen, war es zwar fernliegend, aber nicht völlig auszuschließen, dass es im Zusammenhang mit dem Betrieb des Getränkekühlcontainers v.a. aufgrund des Schallleistungspegels der für den Betrieb notwendigen Kühlaggregate von 80 dB(A) - laut Anlage BG 8, Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018, S. 9 und Anlage 4, S. 1 - zu unzumutbaren Lärmimmissionen, § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG, bei der Klägerin kommen könnte. Die Kühlaggregate liegen unterhalb des Getränkekühlcontainers, weswegen die Annahme des Beklagten, aufgrund der - zwischen Container und Halle mobil installierbaren - Einhausung sei nicht mit einer Verschlechterung der Emissions- bzw. Immissionsbelastung zu rechnen, für die Aggregate von vorn herein keinen Sinn macht. Somit war aufgrund des anfänglichen Fehlens einer Betriebsbeschreibung ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht vollends auszuschließen; theoretisch hätte der Getränkekühlcontainer als solcher Tag und Nacht betrieben werden können. Andererseits läuft eine derartige Suche nach möglichen Quellen schädlicher Umwelteinwirkungen - unabhängig von den folgenden Ausführungen - Gefahr, in Richtung der Annahme fiktiver Belastungen abzudriften, was nicht Sinn und Zweck der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme ist (BVerwG, U.v. 27.2.1992 - 4 C 50/89 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 83. Lfg., Juli 2012, § 15 Rn. 79); das dargestellte Szenario war auch nach „anfänglicher“ Aktenlage völlig unrealistisch.

Spätestens mit der als Anlage BG 10 nachgereichten Betriebsbeschreibung vom 3. August 2018 und mit den zu Protokoll abgegebenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung haben sich diese Bedenken aber vollumfänglich erledigt. Demnach wird der Getränkekühlcontainer nur während des H. Volksfestes genutzt und steht nicht zur Nutzung als Kühlcontainer für andere in der Mehrzweckhalle stattfindende Veranstaltungen oder unabhängig von einem Betrieb der Mehrzweckhalle zur Verfügung. Während des Jahres werden die Einhausungselemente in dem Container gelagert, die Kühlaggregate sind ausgesteckt. Diese Praxis wurde so auch von der Klägerin bestätigt.

Wenngleich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bei der Drittanfechtungsklage zwar grundsätzlich die Behördenentscheidung ist, so sind dem Bauherren günstige Veränderungen oder Umstände aber dennoch in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40/98 -; B.v. 22.4.1996 - 4 B 54/96 - jeweils juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 53; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 5290). Auch eine bis zur bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klarstellung in Bezug auf die Bauvorlagen ist demnach zu berücksichtigen, schon allein aus prozessökonomischen Gründen (z.B. BVerwG, B.v. 21.6.2006 - 4 B 32/06 - juris; OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris; U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; OVG Rh-Pf, U.v. 29.6.2012 - 1 A 10878/11.OVG - juris). Die Situation gleicht dem Fall, dass ein Tekturbescheid mit den entsprechenden Unterlagen „nachgeschoben“ wird; außerdem wäre es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar, eine zur Zeit des Erlasses etwaig rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach dem genehmigten Eingabeplan vom 12. Mai 2017 Grundlage für die Ausführung des Getränkekühlcontainers „das schalltechnische Gutachten der a. GmbH“ ist. In den bis zum 12. Mai 2017 gefertigten Schalltechnischen Untersuchungen der a. GmbH vom 6. April 2017 (Anlage BG 1), vom 30. April 2017 (Anlage BG 2) und vom 9. Mai 2017 (Anlage BG 3) wurde aber stets nur ein Betrieb zu Volksfestzeiten zugrunde gelegt, weswegen bei lebensnaher und nicht formaljuristischer Betrachtungsweise schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses hinreichend bestimmt war, dass der Getränkekühlcontainer nur zu Volksfestzeiten betrieben werden sollte.

Da somit nach alledem für „Nichtvolksfestzeiten“ feststeht, dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung überhaupt nicht betrieben wird, war der Betriebszeitraum „Nichtvolksfestzeit“ auch nicht etwa unabhängig von einem Betrieb des Getränkekühlcontainers zu untersuchen, da vorliegend nur über den Streitgegenstand zu befinden ist, der nichts mit dem Mehrzweckhallenbetrieb im Übrigen zu tun hat.

2. Das Bauvorhaben verletzt nicht das der Klägerin gegenüber zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme.

Das Gebot der Rücksichtnahme ist vorliegend angesichts der Umgebungsstruktur im Zweifel aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Gemengelage) herzuleiten. Da beide Grundstücke - das Baugrundstück und das der Klägerin - im unbeplanten Innenbereich liegen, erübrigt sich aber eine weitere Festlegung, ob ein sog. faktisches Baugebiet besteht und ob das Gebot der Rücksichtnahme dementsprechend an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO festzumachen wäre, da sich die Parameter für die Prüfung - bei Heranziehung von Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie - dadurch nicht ändern.

Inhaltlich kommt dem Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vorliegend ist eine Einzelfallbewertung der Emissionen bzw. Immissionen unumgänglich (a). Der Rahmen für die Prüfung, ob dem Gebot der Rücksichtnahme Genüge getan ist, ist in erster Linie der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI zu entnehmen (b); abzustellen war dabei auf die Mehrzweckhalle im Ganzen (c). Da die maßgeblichen (d) Immissionsrichtwerte aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie vollumfänglich eingehalten sind (e), ist das Gebot der Rücksichtnahme vorliegend nicht verletzt, auch nicht deshalb, weil die Baugenehmigung keine sog. zielorientierte Festlegung der Immissionsrichtwerte enthält (f).

a) Dass der Beklagte nach Aktenlage zunächst davon ausging, keine Einzelfallbewertung der Immissionsbelastung vornehmen zu müssen, ist nicht nachvollziehbar. Mit dem Vermerk auf dem Bearbeitungsbogen „nur Einhausung, wird immsch.r. besser“ sollte wohl auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen werden, wonach Immissionen im Umfang einer Vorbelastung zumutbar sind, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet und in einer vergleichbaren Situation nicht (mehr) hinzunehmen wären (bspw. bei BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - juris; U.v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - juris; auch: OVG SH, U.v. 26.7.2012 - 1 LC 130/09 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Ohne eine Aussage oder Prüfung dazu aber, ob bereits gegenwärtig auf Basis einer entsprechenden Genehmigung ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten - aber: ohne Einhausung - betrieben wird, ist diese Überlegung haltlos, denn nur legale Anlagen können u.a. bei der Festlegung einer etwaigen Vorbelastung angesetzt werden (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 11.7.1994 - 4 B 134/94 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Nach dem Grundrissplan gibt es zwar wohl faktisch einen „Container“ (nicht: „Getränkekühlcontainer“) ohne Einhausung und mit einem kleinen Vordach, der gegenwärtig weiter südwestlich steht. Die vom Klägerbevollmächtigten auszugsweise vorgelegte Baugenehmigung der Mehrzweckhalle von 1979 enthält aber keine Aussagen zu diesem Container.

Aus der Vorhabenbezeichnung („Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“) wird vielmehr ersichtlich, dass bis dato kein derartiger Getränkekühlcontainer betrieben wurde. Allein der Umstand, dass wohl das Rolltor in der Halle - und damit eine Öffnung nach Norden - schon im Bestand vorhanden ist, sagt noch nichts darüber aus, dass sich die Immissionsbelastung für die Nachbarschaft nicht ändert, wenn ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten und einer mobilen Einhausung vor dieses Rolltor gesetzt wird, das dann durchgehend geöffnet ist.

Unabhängig von alledem wird aus dem mit Genehmigungsstempel versehenen Eingabeplan vom 12. Mai 2017 ersichtlich, dass das Landratsamt diesen rechtlichen Ansatz selbst auch nicht konsequent verfolgte, legte es doch offensichtlich „das schalltechnische Gutachten vom Ing. Büro a. GmbH“ zugrunde. Auch im Rahmen der Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung stellte es maßgeblich auf die vorliegenden schalltechnischen Untersuchungen und damit auf eine Einzelfallbewertung ab.

b) Als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung für die Klägerin ist vorliegend in erster Linie die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI heranzuziehen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die von Sachverständigen ausgearbeitete Freizeitlärm-Richtlinie den Gerichten als Entscheidungshilfe dienen kann (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - juris; U.v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - juris). Diese enthält besondere Maßgaben für die Ermittlung und Bewertung der von Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche, ist zugleich aber, anders als die 18. BImSchV, nicht abschließend und erlaubte theoretisch auch einen Rückgriff auf die TA Lärm, vgl. Nr. 3 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie: „Bei der Ermittlung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen kann auf die allgemein anerkannten akustischen Grundregeln, wie sie in der TA Lärm und der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) festgehalten sind, zurückgegriffen werden“ (ebenso z.B. OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; B.v. 6.10.2010 - 2 A 1503/09 - juris; BayVGH, B.v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3415 - NJW 1997, 1181; Städtebauliche Lärmfibel des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg 2013, S. 116).

Ob die Genehmigungsbehörde explizit die Freizeitlärm-Richtlinie „positiv“ für anwendbar erklärt oder nicht, ist irrelevant. Entweder das Bauvorhaben ist hinsichtlich seiner Emissionen bzw. Immissionen nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie, v.a.: nach den dort festgelegten Immissionsrichtwerten, zu beurteilen - und erfüllt diese - oder nicht. Wenn sich die Klägerbevollmächtigten mit ihrer diesbezüglich geäußerten Rechtsansicht auf Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie beziehen wollten (Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie lautet: „Nebenbestimmungen. In so definierten Sonderfällen können Veranstaltungen von der zuständigen Behörde nach Maßgabe folgender, ggf. als Nebenbestimmung festzulegender Maßnahmen zugelassen werden“), so ist dem entgegenzuhalten, dass mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht die Freizeitanlage Volksfest - unabhängig von der Notwendigkeit/Möglichkeit einer Festsetzung nach § 69 Satz 1, Satz 2, § 60b GewO - bzw. die Freizeitanlage Mehrzweckhalle - bestandskräftige Baugenehmigung aus dem Jahr 1979 - genehmigt wurde. Eine ggf. mit Nebenbestimmungen zu versehende „Zulassung“ des Betriebs an sich ist nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits. Der Beigeladene hat im Übrigen, worauf nur ergänzend hinzuweisen ist, mit Schreiben vom 28. Juni 2018 Nebenbestimmungen für das H. Volksfest festgelegt und mit Verordnung vom 17. Juni 2000, vorgelegt als Anlage BG 13, u.a. die Betriebszeiten der Festhalle (10:00 Uhr bis 24:00 Uhr) festgesetzt.

Da vorliegend angesichts des hiesigen Genehmigungsgegenstands (siehe Ziff. 1), aber auch generell nach Aktenlage nur der Betriebszustand Getränkekühlcontainer mit Einhausung, betrieben während des H. Volksfestes, überhaupt die Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen für die Klägerin erwarten ließ, kann dahinstehen, ob für die Anwendung der Freizeitlärm-Richtlinie auf „das Volksfest“ (so wohl OVG NW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris) oder auf „die Mehrzweckhalle“ abzustellen ist (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris). Zu betrachten waren und sind die zu erwartenden Immissionen durch den Betrieb des Getränkekühlcontainers zu Zeiten des in der Mehrzweckhalle stattfindenden Volksfests. Deshalb ist auch irrelevant, ob andere Veranstaltungen wie ein Faschingsball von der Anwendung auszunehmen wären (vgl. die als Anlage BG 7 vorgelegte Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017).

Dass die von Volksfesten ausgehenden Emissionen bzw. Immissionen auch in Bayern nicht mehr anhand der 18. BImSchV, sondern unter Zuhilfenahme der Freizeitlärm-Richtlinie beurteilt werden, entspricht mittlerweile nicht nur der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris; B.v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230), sondern auch der Praxis der Verwaltung (vgl. das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015, Gz. 33-4100/751/2).

c) Dass dabei hinsichtlich der Immissionen nicht nur der Getränkekühlcontainer an sich zu betrachten ist, sondern die Mehrzweckhalle im Ganzen (einschließlich der Bereiche B und C), folgt bereits aus dem Vorliegen eines lärmrelevanten Freizeitbereichs insgesamt (vgl. nur VGH BW, U.v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 19.11.2002 - 7 B 137/02 - BeckRS 2003, 20110, dort so beurteilt selbst für mehrere unabhängige Gebäude: Jugendhaus, Stadthalle), bei dem Veränderungen notwendigerweise in eine Gesamtbewertung einzustellen sind. Nachdem eine segmentierende Betrachtung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16/00 - juris; auch: OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris) den tatsächlichen Verhältnissen sogar dann nicht (mehr) gerecht werden soll, wenn mehrere in räumlichem Zusammenhang stehende Anlagen trotz ihrer organisatorischen Trennung vom Betreiber im Sinne eines integrativen Konzepts zu einer Einheit zusammengefasst worden sind, gilt dies naturgemäß umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits keine derartige organisatorische (oder sonstige) Trennung auszumachen ist. Bei einer Nebenanlage wie dem Getränkekühlcontainer macht eine gesonderte Bestimmung isoliert „seiner“ Emissionen - und daraus folgend: „seines“ Immissionsbeitrags - zudem dann keinen Sinn, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die bauliche (Ver-) Änderung im Vergleich zur bestandskräftigen Ursprungsgenehmigung lärmerhöhend auf die Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken kann (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17/91 - juris; BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris). Dies ist vorliegend der Fall, da eine bis dato nach Genehmigungslage geschlossene Halle - das Rolltor nach Norden dürfte im normalen Betrieb nicht geöffnet gewesen sein - ohne (Getränkekühl-) Container (s.o.) nicht nur konstruktiv, sondern auch funktional eine Erweiterung/Vergrößerung in Richtung des klägerischen Grundstücks erfährt, die auch die Geräusche des Ausschankbereichs und des Volksfestbetriebs näher zur Klägerin trägt. Weiter werden nun erstmals Kühlaggregate mit einem nicht unerheblichen Schallleistungspegel installiert, die ebenso Bestandteil der Mehrzweckhalle werden. Bei einer derartigen Konstellation („qualitative Änderung“) ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgend auch immissionstechnisch vom Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt auszugehen (vgl. VG München, U.v. 14.6.2017 - M 9 K 17.341 - juris m.w.N. für einen anders gelagerten Fall).

d) Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sich aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie - 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts -, wobei unter Inanspruchnahme von Nr. 4.4.2 lit. c Freizeitlärm-Richtlinie während der Nachtzeit ohnehin kein Betrieb mehr stattfindet (vgl. die Festlegungen der Verordnung des Beigeladenen über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während des Volksfestes, vorgelegt als Anlage BG 13 - i.F.: Volksfestverordnung). Die Maßgeblichkeit dieser Werte für den Betrieb des Getränkekühlcontainers folgt aus den spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Grundlage der Baugenehmigung gewordenen Schalltechnischen Untersuchungen, auf die sich der Beklagte u.a. im Rahmen seiner Klageerwiderung tragend gestützt hat.

Die Voraussetzungen von Nr. 4.4.1 und Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie sind nach Ansicht des Gerichts erfüllt, das sich dabei vollumfänglich auf die Stellungnahme des Beigeladenen vom 28. Juni 2018, vorgelegt als Anlage BG 6, auf den Schriftsatz des Beigeladenenbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 und auf die befürwortende Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017, vorgelegt als Anlage BG 7, bezieht. Beim H. Volksfest handelt es sich um ein Fest von mehr als nur kommunaler Bedeutung (Wahl der H. Hopfenkönigin etc.), das sich im Laufe seines 70-jährigen Bestehens eine hohe Standortgebundenheit und eine hohe soziale Akzeptanz (u.a. Seniorennachmittag mit ca. 1.600 Teilnehmern, „Kinder- und Familientag“) erworben hat. Aufgrund der Umgebungsbedingungen sowie fehlender Ersatzstandorte - die P. Halle und die S. Halle weisen keine vergleichbare Kapazität auf, ihnen fehlt es weiter an entsprechenden Erschließungsanlagen - ist eine Überschreitung der Regelimmissionsrichtwerte unvermeidbar. Bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG ist diesbezüglich zum einen darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie nicht schematisch anzuwenden sind (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris), zum anderen müssen die Seltenheit des Anlasses (11 Tage) und seine Bedeutung in die Würdigung des Einzelfalles einbezogen werden. Aus der herausragenden Bedeutung des H. Volksfestes für die Region und darüber hinaus rechtfertigt sich auch die Verschiebung der Nachtzeit um 2 Stunden.

Dass Nr. 4.4 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie nominell von „Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten“ spricht, schadet nicht, wie der VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 74 ausführlich erörtert hat. Das Gericht schließt sich der im Folgenden wiedergegebenen Begründung an:

Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärm-Richtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärm-Richtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6. März 2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9).

e) Sowohl durch die Prognoseberechnungen der a. GmbH vom 30. Mai 2017 (Bericht Nr. 1028_4, vorgelegt als Anlage BG 4) und der I. KG vom 17. Juli 2018 (Bericht Nr. 4919.a3, vorgelegt als Anlage BG 8) als auch durch den Messbericht 4919.b1 der I. KG vom 22. August 2018 (Anlage BG 9) über eine während des Volksfestbetriebs 2018 durchgeführte Messung - zudem beim Worst-Case-Szenario „Showband“ inklusive vollen Festbetriebs und laufender Kühlaggregate am Getränkekühlcontainer - steht fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Klägerin, von denen abzuweichen das Gericht vorliegend keinen Anlass sieht, bei weitem eingehalten werden können. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Messung vom 14. August 2018 an einem Ersatzimmissionsort durchgeführt wurde, der 8,50 m näher an der Mehrzweckhalle bzw. am Getränkekühlcontainer situiert war, und dass selbst dabei nur ein Beurteilungspegel von 66 dB(A) erreicht wurde. Bei alledem ist zu bedenken, dass die Musikdarbietung bzw. der Festbetrieb auch an den beiden Festtagen mit der größten Belastung (Showbands) nach § 1 Abs. 2 der Volksfestverordnung („Die Sperrstunde in der Festhalle wird auf 24:00 Uhr festgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt dürfen sich keine Gäste mehr in der Festhalle aufhalten. Der Bierausschank und die Musikveranstaltungen sind bereits um 23:30 Uhr einzustellen. […]“) gesichert um 23:30 Uhr bzw. um Mitternacht enden. Der Schutz der Nachtruhe ist damit gewährleistet.

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden von Klägerseite nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen.

Da die Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie somit bei weitem eingehalten werden, kann dahinstehen, dass bei Veranstaltungen wie dem H. Volksfest, das angesichts der Ausführungen des Beigeladenen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung ist und das bei vielen Bewohnern einen hohen Stellenwert besitzt, von einem verständigen Durchschnittsmenschen die mit ihnen verbundenen Lärm- und Geräuschentwicklungen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden (sollten) als sonstige Immissionen (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris); d.h., dass bei derartigen Veranstaltungen selbst eine deutliche Überschreitung der in der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar wäre (vgl. HessVGH, U.v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - juris; VGH BW, U.v. 13.12.1993 - 8 S 1800/93 - juris).

f) Dass der Bescheid schließlich eine sog. zielorientierte Festlegung von Immissionsrichtwerten vermissen lässt, ist ein Folgefehler (vgl. lit. a), aber angesichts dessen, dass spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung umfangreiche Gutachten und v.a. eine Messung in der Worst-Case-Situation dazu vorlagen, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten werden, unschädlich. Die Festlegung von Immissionsrichtwerten ist kein Selbstzweck, sondern eine präventive Regelungsmöglichkeit für den Lärmschutz, wenn voraussichtlich gewährleistet werden kann, dass die festgelegten Immissionsrichtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 18.10.2017 - 9 CS 16.883 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 -; B.v. 10.2.2012 - 15 ZB 10.97 -; B.v. 17.8.2010 - 15 CS 10.981 -; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 -; jeweils zitiert nach juris). Vorliegend steht selbst für das Worst-Case-Szenario „Showbandauftritt bei vollem Festbetrieb“ - und damit für eine Situation, die über den Regelbetrieb weit hinausgeht - aufgrund einer Schallmessung (Retrospektive) unter Einbeziehung aller Lärmquellen fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte um mindestens 4 dB(A) unterschritten werden. Damit ist den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots Genüge getan. Da der Beigeladene ohnehin die unmittelbar aus § 22 Abs. 1 BImSchG folgende Pflicht hat, seine nach Immissionsschutzrecht nicht genehmigungspflichtige Anlage so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden (vgl. auch Nr. 2 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie), ist es in erster Linie seine Sache, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen und dauerhaft einzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2006 - 15 ZB 04.2453 - juris). Das gewählte Mittel - die durch die Baugenehmigung bei Betrieb verbindlich vorgegebene Einhausung - ist vollumfänglich geeignet, den Schutz der Klägerin sicherzustellen. Letztere wird in einer derartigen Situation allein durch die formal fehlende Festlegung von Immissionsgrenzwerten nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. z.B. auch OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris).

Solange bestimmbar ist, was der „regelmäßige Betrieb“ ist (dazu Ziff. 1), folgt aus der fehlenden Festschreibung im Übrigen auch kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene hat sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, der Klägerin auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Das Bauvorhaben bezieht sich auf FlNr. 181, Gem. W. (i.F.. Vorhabengrundstück), dem örtlichen Festgelände, bebaut mit einer Mehrzweckhalle. Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 227/3, Gemarkung W., das nordwestlich an das Festgelände angrenzt, wenn auch nicht - isoliert betrachtet - an das Bauvorhaben selbst (sog. Bereich A, vgl. Anlage 2, Seite 1 des als Anlage BG 8 vorgelegten Gutachtens Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018). Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Der keinen Abweichungsantrag enthaltende (Bl. 6 d. Behördenakts - i.F.: BA -) Änderungsbauantrag vom 12. Mai 2017 (Bl. 5ff. d. BA) weist als Vorhaben aus: „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“.

Der Beigeladene stellte unter dem 15. Mai 2017 im Wege der laufenden Verwaltung das Einvernehmen mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben her (Bl. 10ff. d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31. Mai 2017 (Az. 30/602 BV VI 20171157) wurde das Bauvorhaben antragsgemäß und unter Bezugnahme auf die Bauvorlagen vom 31. Mai 2017 unter Einschluss einer sanierungsrechtlichen Genehmigung und diverser Auflagen genehmigt. Hinsichtlich FlNr. 225, Gemarkung W., wurden Abweichungen von Art. 6 BayBO und von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO erteilt.

Unter dem 14. Mai 2018 erteilte das Landratsamt Pfaffenhofen a.d.Ilm (i.F.: Landratsamt) dem Beigeladenen eine weitere Baugenehmigung (Az. 30/602 BV VI 20180171) für den „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke, sowie Aufstellung eines Containers bei der bestehenden Mehrzweckhalle, hier: Entfall der Einhausung“, die Streitgegenstand des Parallelverfahrens M 9 K 18.2946 ist.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 Klage gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid erhoben. Mit Klagebegründung vom 21. September 2018 beantragen sie, den Bescheid aufzuheben.

Dem Bauantrag sei keine schalltechnische Untersuchung beigefügt gewesen, aus der sich die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Lärmimmissionsverhältnisse ergeben hätten; auch habe der Beigeladene keine Betriebsbeschreibung bzw. kein Betriebskonzept eingereicht. Neben dem streitgegenständlichen Bauvorhaben habe der Beigeladene im April 2017 weitere Baumaßnahmen auf der bislang freien Fläche nördlich der bestehenden Halle angekündigt. Namentlich seien dies ein als „Einhausung Küche Bereich B“ bezeichneter Bereich von 45 m² und eine als „Grenzgarage Bereich C“ bezeichnete Fläche von ebenfalls etwa 45 m², in der während des Volksfestbetriebs Kühlwägen untergestellt werden sollten. Der diesbezüglich beantragten Baueinstellung sei nicht nachgekommen worden, die Anlagen „als verfahrensfrei“ mittlerweile errichtet. Die Nachbarklage sei zulässig und begründet. Streitgegenstand sei vorliegend nur die nach wie vor eigenständige Ursprungsbaugenehmigung, nicht der Tekturbescheid. Letzterer habe die ursprüngliche Baugenehmigung auch nicht ersetzt - dies schon deswegen (nicht), weil mehr als nur geringfügige Änderungen am Vorhaben vorgenommen worden seien, zum anderen auch, weil sich der Nutzungszweck des Containers geändert habe (von Getränkekühlcontainer schlicht zu Container). Die Ursprungsbaugenehmigung habe sich auch nicht erledigt. Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil für die Klägerin als Nachbarin schädliche Lärmimmissionen durch den Betrieb der Halle drohten. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen sei auf die Halle als abgeänderte Gesamtanlage und nicht etwa isoliert auf das Änderungsvorhaben abzustellen. Das folge aus dem räumlichen Zusammenhang des Containers zur Halle, aus der unmittelbaren räumlichen Verbindung durch die Einhausung - auf die es aber nicht tragend ankomme - und aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Halle und Container. Durch ihn werde im Ergebnis der Ausschankbereich der Halle vergrößert, da er offenbar der Lagerung von Getränken und als erweiterter Schankbereich bzw. erweiterte Nutzfläche diene; eine selbstständige Benutzbarkeit sei abwegig und aufgrund dessen, dass eine Betriebsbeschreibung fehle, nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang gelte es weiter zu berücksichtigen, dass die Halle nicht nur um das streitgegenständliche Bauvorhaben, sondern - unter dem Deckmantel der Verfahrensfreiheit - um weitere bauliche Anlagen erweitert werde („Bereich B und C“); diese Anlagen seien einzubeziehen und die Genehmigungsfrage sei in toto neu auf-zuwerfen. Von alledem abgesehen stelle das Bauvorhaben auch eine Nutzungsänderung der bestehenden baulichen Anlage dar. Diese sei darin zu sehen, dass der bislang im Innenbereich der Halle stattfindende (Ausschank-) Betrieb bzw. die dort bestehende Nutzfläche zur Bewirtschaftung auf die Freifläche des Grundstücks aus-gedehnt werde. Für eine ähnliche Sachverhaltskonstellation habe der BayVGH bereits entschieden, dass die Erweiterung eines Gaststättenbetriebs von „drinnen“ nach „draußen“ eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Die Variationsbreite der bisherigen Gaststättennutzung des Gebäudes werde durch das Vordringen der gewerblichen Nutzung auf eine Freifläche des Grundstücks verlassen. Dadurch seien nach der Entscheidung insbesondere die ausgehenden Lärmemissionen neu zu prüfen (BayVGH, B.v. 31.7.2003 - 2 B 00.3282 - juris). Durch den Verlust der „Pufferfreiflächen“ zu den Nachbarn würden weiter bodenrechtliche Belange tangiert und müssten neu bewertet werden. Gemessen an der notwendigen Gesamtbetrachtung sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme feststellbar bzw. könne ein solcher Verstoß zumindest nicht ausgeschlossen werden. Dem Landratsamt sei vorliegend - wie der Bearbeitungsbogen zeige - durchaus bewusst gewesen, dass Veränderungen im Bereich der Immissionsverhältnisse zu erwarten seien. Es sei aber völlig unklar, anhand welcher Kriterien das Landratsamt die Frage des Vorliegens schädlicher Lärmimmissionen beurteilt habe (TA Lärm, Freizeitlärm-Richtlinie …). Zum anderen sei fraglich, weshalb das Landratsamt überhaupt von einer Verbesserung der Lärmimmissionsschutzsituation ausgehe, da im vorliegenden Verfahren weder ein Schallschutzgutachten vorgelegt worden sei noch eine Betriebsbeschreibung der Halle als Gesamtanlage existiere. Unabhängig davon irre das Landratsamt, wenn es eine Verbesserung der Lärmimmissionssituation als hinreichend erachte, um einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen: Die Verbesserung einer bestehenden Lärmimmissionssituation belege nicht, dass keine unzumutbaren Lärmimmissionen vorlägen. Dazu hätte es der Vorlage einer Betriebsbeschreibung und einer fachgutachterlichen Bewertung bedurft. Abgesehen davon habe eine Überprüfung ergeben, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Veranstaltungen, die der Beigeladene in den vergangen Jahren durchgeführt habe und die er wohl auch zukünftig durchführen werde, nicht eingehalten würden. Nach einer vom Beigeladenen unlängst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung seien beim Hallenbetrieb während des Volksfestes am Wohnhaus der Klägerin zur Nachtzeit zu erwartende Beurteilungspegel von 67 dB(A) prognostiziert worden, was eine Überschreitung der TA Lärm-Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete bedeute. Die Freizeitlärm-Richtlinie könne keine Anwendung finden. Weiter sei die Klage hilfsweise auch begründet wegen Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung. Aus ihnen ergebe sich nicht zweifelsfrei, welche Lärmbeeinträchtigungen von dem beantragten Bauvorhaben nach der Erweiterung ausgingen. Vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit der Gesamtanlage hätte es zuvörderst der Vorlage eines detaillierten Betriebskonzeptes/einer Betriebsbeschreibung bedurft, aus der ersichtlich werde, welche Veranstaltungen in der Halle als Gesamtanlage künftig ab-gehalten werden sollten. Auch sei die geplante Nutzung des „Getränkekühlcontainers“ unklar, insbesondere, ob nicht von ihm selbst (isoliert) erhebliche Lärmbeeinträchtigungen ausgingen, was aufgrund des elektrisch betriebenen Kühlaggregats nicht ausgeschlossen erscheine.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 wird ausgeführt: Die beantragten baulichen Anlagen würden aufgrund der Erweiterung der Mehrzweckhalle durch die Schallschutzeinhausung als Gesamtanlage gesehen. Eine Beteiligung der Fachstelle Immissionsschutz sei nicht erfolgt, da aufgrund der Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke eine Verbesserung der bestehenden Lärmsituation zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen lägen „zwischenzeitlich“ schalltechnische Untersuchungen vor, die die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte am klägerischen Grundstück belegten. Die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien anwendbar. Zudem habe eine Schallmessung beim diesjährigen Volksfest die Berechnungen bestätigt, es seien keine Überschreitungen am Immissionsort Wohnhaus der Klägerin festgestellt worden. Auch eine Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Da sich durch die zusätzlichen Anlagen der von der Halle ausgehende Lärm nicht ändere, sei weder ein Betriebskonzept noch eine Betriebsbeschreibung notwendig gewesen.

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen legte mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2018 bzw. 8. Oktober 2018 auf Anforderung des Gerichts u.a. sechs Schallgutachten vor. Daraus wird ersichtlich (vgl. Anlage BG 8), dass sich der vorliegend streitgegenständliche Container an einem als Bereich A definierten Standort befindet; weiter südwestlich gibt es im nördlichen Bereich hinter der Halle noch einen Bereich B („Einhausung Küche“) und einen Bereich C („Grenzgarage“).

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Nachbarklage sei bereits unzulässig, da sich der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid durch den Folgebescheid vom 14. Mai 2018 erledigt habe. Bei der gegenständlichen baulichen Anlage handele es sich nicht um eine Änderung bzw. Nutzungsänderung der Halle; die Aufstellung des Containers unter Wegfall der Einhausung stelle die Errichtung eines neuen Vorhabens dar und sei zu vergleichen mit der Errichtung einer untergeordneten Nebenanlage, durch die die Hauptanlage nicht in ihrem Bestand geändert werde. Soweit der Container 11 Tage im Jahr als Kühlcontainer für das Volksfest diene, greife die Freizeitlärm-Richtlinie ein, deren Grenzwerte eingehalten seien. Auf den Vortrag im Übrigen wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Der Container stellt sich demnach als massiver, ortsfester und aufgeständeter Container dar, dessen Inneres zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme gefüllt war mit Einhausungselementen für die Bereiche A und B. Auf die Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte im hiesigen und im Parallelverfahren M 9 K 18.2946, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung, jeweils vom 10. Oktober 2018.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als (Dritt-) Anfechtungsklage trotz Ergehens eines weiteren „Baugenehmigungsbescheids“ (vom 14. Mai 2018) zulässig, sie richtet sich nicht gegen einen erledigten Verwaltungsakt, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Der vorliegend genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung stellt ein aliud dar zum im Verfahren M 9 K 18.2946 streitgegenständlichen Container ohne Einhausung, was bereits - unabhängig davon, dass Tektur- und Änderungsgenehmigungen die ursprünglichen Grundgenehmigungen rechtlich ohnehin bestehen lassen (Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, BayBO Art. 68 Rn. 117) - aus der völlig unterschiedlich zu beurteilenden Immissionsbelastung folgt. Der Beigeladene erklärte in der mündlichen Verhandlung zudem, den Getränkekühlcontainer als solchen mit Einhausung auch beim diesjährigen H. Volksfest betrieben zu haben - was nur auf Basis der hiesigen Baugenehmigung überhaupt möglich ist.

Zugleich ist der Streitgegenstand insofern festgelegt, als dass die sog. Bereiche B und C nicht Teil der Baugenehmigung sind. Davon zu unterscheiden ist - worauf die Klägerbevollmächtigten mehrfach hingewiesen wurden - die Frage, ob eine immissionsschutzrechtliche Bewertung diese Bereiche ausklammern könnte.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Weder sind die Bauvorlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt (1.) noch verletzt das Bauvorhaben das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (2.).

1. Die Bauvorlagen sind vorliegend nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 -; B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 -; B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; jeweils zitiert nach juris und m.w.N.).

Vorliegend war den zunächst vorgelegten Genehmigungsunterlagen nicht abschließend zu entnehmen, ob bzw. dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung während des Jahres - d.h. zu Zeiten, an denen überhaupt keine Veranstaltungen bzw. keine sog. seltenen Veranstaltungen nach Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie in der Halle stattfinden - nicht als solcher betrieben wird. Da zu den Zeiten, an denen keine seltenen Veranstaltungen stattfinden, die Regelimmissionsrichtwerte nach Nr. 4.1 Freizeitlärm-Richtlinie (siehe auch Ziff. 2 der hiesigen Entscheidung) gelten und da zu diesen Zeiten keine Lärmbegutachtungen vorlagen, war es zwar fernliegend, aber nicht völlig auszuschließen, dass es im Zusammenhang mit dem Betrieb des Getränkekühlcontainers v.a. aufgrund des Schallleistungspegels der für den Betrieb notwendigen Kühlaggregate von 80 dB(A) - laut Anlage BG 8, Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018, S. 9 und Anlage 4, S. 1 - zu unzumutbaren Lärmimmissionen, § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG, bei der Klägerin kommen könnte. Die Kühlaggregate liegen unterhalb des Getränkekühlcontainers, weswegen die Annahme des Beklagten, aufgrund der - zwischen Container und Halle mobil installierbaren - Einhausung sei nicht mit einer Verschlechterung der Emissions- bzw. Immissionsbelastung zu rechnen, für die Aggregate von vorn herein keinen Sinn macht. Somit war aufgrund des anfänglichen Fehlens einer Betriebsbeschreibung ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht vollends auszuschließen; theoretisch hätte der Getränkekühlcontainer als solcher Tag und Nacht betrieben werden können. Andererseits läuft eine derartige Suche nach möglichen Quellen schädlicher Umwelteinwirkungen - unabhängig von den folgenden Ausführungen - Gefahr, in Richtung der Annahme fiktiver Belastungen abzudriften, was nicht Sinn und Zweck der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme ist (BVerwG, U.v. 27.2.1992 - 4 C 50/89 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 83. Lfg., Juli 2012, § 15 Rn. 79); das dargestellte Szenario war auch nach „anfänglicher“ Aktenlage völlig unrealistisch.

Spätestens mit der als Anlage BG 10 nachgereichten Betriebsbeschreibung vom 3. August 2018 und mit den zu Protokoll abgegebenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung haben sich diese Bedenken aber vollumfänglich erledigt. Demnach wird der Getränkekühlcontainer nur während des H. Volksfestes genutzt und steht nicht zur Nutzung als Kühlcontainer für andere in der Mehrzweckhalle stattfindende Veranstaltungen oder unabhängig von einem Betrieb der Mehrzweckhalle zur Verfügung. Während des Jahres werden die Einhausungselemente in dem Container gelagert, die Kühlaggregate sind ausgesteckt. Diese Praxis wurde so auch von der Klägerin bestätigt.

Wenngleich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bei der Drittanfechtungsklage zwar grundsätzlich die Behördenentscheidung ist, so sind dem Bauherren günstige Veränderungen oder Umstände aber dennoch in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40/98 -; B.v. 22.4.1996 - 4 B 54/96 - jeweils juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 53; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 5290). Auch eine bis zur bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klarstellung in Bezug auf die Bauvorlagen ist demnach zu berücksichtigen, schon allein aus prozessökonomischen Gründen (z.B. BVerwG, B.v. 21.6.2006 - 4 B 32/06 - juris; OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris; U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; OVG Rh-Pf, U.v. 29.6.2012 - 1 A 10878/11.OVG - juris). Die Situation gleicht dem Fall, dass ein Tekturbescheid mit den entsprechenden Unterlagen „nachgeschoben“ wird; außerdem wäre es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar, eine zur Zeit des Erlasses etwaig rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach dem genehmigten Eingabeplan vom 12. Mai 2017 Grundlage für die Ausführung des Getränkekühlcontainers „das schalltechnische Gutachten der a. GmbH“ ist. In den bis zum 12. Mai 2017 gefertigten Schalltechnischen Untersuchungen der a. GmbH vom 6. April 2017 (Anlage BG 1), vom 30. April 2017 (Anlage BG 2) und vom 9. Mai 2017 (Anlage BG 3) wurde aber stets nur ein Betrieb zu Volksfestzeiten zugrunde gelegt, weswegen bei lebensnaher und nicht formaljuristischer Betrachtungsweise schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses hinreichend bestimmt war, dass der Getränkekühlcontainer nur zu Volksfestzeiten betrieben werden sollte.

Da somit nach alledem für „Nichtvolksfestzeiten“ feststeht, dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung überhaupt nicht betrieben wird, war der Betriebszeitraum „Nichtvolksfestzeit“ auch nicht etwa unabhängig von einem Betrieb des Getränkekühlcontainers zu untersuchen, da vorliegend nur über den Streitgegenstand zu befinden ist, der nichts mit dem Mehrzweckhallenbetrieb im Übrigen zu tun hat.

2. Das Bauvorhaben verletzt nicht das der Klägerin gegenüber zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme.

Das Gebot der Rücksichtnahme ist vorliegend angesichts der Umgebungsstruktur im Zweifel aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Gemengelage) herzuleiten. Da beide Grundstücke - das Baugrundstück und das der Klägerin - im unbeplanten Innenbereich liegen, erübrigt sich aber eine weitere Festlegung, ob ein sog. faktisches Baugebiet besteht und ob das Gebot der Rücksichtnahme dementsprechend an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO festzumachen wäre, da sich die Parameter für die Prüfung - bei Heranziehung von Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie - dadurch nicht ändern.

Inhaltlich kommt dem Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vorliegend ist eine Einzelfallbewertung der Emissionen bzw. Immissionen unumgänglich (a). Der Rahmen für die Prüfung, ob dem Gebot der Rücksichtnahme Genüge getan ist, ist in erster Linie der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI zu entnehmen (b); abzustellen war dabei auf die Mehrzweckhalle im Ganzen (c). Da die maßgeblichen (d) Immissionsrichtwerte aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie vollumfänglich eingehalten sind (e), ist das Gebot der Rücksichtnahme vorliegend nicht verletzt, auch nicht deshalb, weil die Baugenehmigung keine sog. zielorientierte Festlegung der Immissionsrichtwerte enthält (f).

a) Dass der Beklagte nach Aktenlage zunächst davon ausging, keine Einzelfallbewertung der Immissionsbelastung vornehmen zu müssen, ist nicht nachvollziehbar. Mit dem Vermerk auf dem Bearbeitungsbogen „nur Einhausung, wird immsch.r. besser“ sollte wohl auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen werden, wonach Immissionen im Umfang einer Vorbelastung zumutbar sind, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet und in einer vergleichbaren Situation nicht (mehr) hinzunehmen wären (bspw. bei BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - juris; U.v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - juris; auch: OVG SH, U.v. 26.7.2012 - 1 LC 130/09 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Ohne eine Aussage oder Prüfung dazu aber, ob bereits gegenwärtig auf Basis einer entsprechenden Genehmigung ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten - aber: ohne Einhausung - betrieben wird, ist diese Überlegung haltlos, denn nur legale Anlagen können u.a. bei der Festlegung einer etwaigen Vorbelastung angesetzt werden (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 11.7.1994 - 4 B 134/94 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Nach dem Grundrissplan gibt es zwar wohl faktisch einen „Container“ (nicht: „Getränkekühlcontainer“) ohne Einhausung und mit einem kleinen Vordach, der gegenwärtig weiter südwestlich steht. Die vom Klägerbevollmächtigten auszugsweise vorgelegte Baugenehmigung der Mehrzweckhalle von 1979 enthält aber keine Aussagen zu diesem Container.

Aus der Vorhabenbezeichnung („Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“) wird vielmehr ersichtlich, dass bis dato kein derartiger Getränkekühlcontainer betrieben wurde. Allein der Umstand, dass wohl das Rolltor in der Halle - und damit eine Öffnung nach Norden - schon im Bestand vorhanden ist, sagt noch nichts darüber aus, dass sich die Immissionsbelastung für die Nachbarschaft nicht ändert, wenn ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten und einer mobilen Einhausung vor dieses Rolltor gesetzt wird, das dann durchgehend geöffnet ist.

Unabhängig von alledem wird aus dem mit Genehmigungsstempel versehenen Eingabeplan vom 12. Mai 2017 ersichtlich, dass das Landratsamt diesen rechtlichen Ansatz selbst auch nicht konsequent verfolgte, legte es doch offensichtlich „das schalltechnische Gutachten vom Ing. Büro a. GmbH“ zugrunde. Auch im Rahmen der Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung stellte es maßgeblich auf die vorliegenden schalltechnischen Untersuchungen und damit auf eine Einzelfallbewertung ab.

b) Als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung für die Klägerin ist vorliegend in erster Linie die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI heranzuziehen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die von Sachverständigen ausgearbeitete Freizeitlärm-Richtlinie den Gerichten als Entscheidungshilfe dienen kann (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - juris; U.v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - juris). Diese enthält besondere Maßgaben für die Ermittlung und Bewertung der von Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche, ist zugleich aber, anders als die 18. BImSchV, nicht abschließend und erlaubte theoretisch auch einen Rückgriff auf die TA Lärm, vgl. Nr. 3 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie: „Bei der Ermittlung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen kann auf die allgemein anerkannten akustischen Grundregeln, wie sie in der TA Lärm und der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) festgehalten sind, zurückgegriffen werden“ (ebenso z.B. OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; B.v. 6.10.2010 - 2 A 1503/09 - juris; BayVGH, B.v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3415 - NJW 1997, 1181; Städtebauliche Lärmfibel des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg 2013, S. 116).

Ob die Genehmigungsbehörde explizit die Freizeitlärm-Richtlinie „positiv“ für anwendbar erklärt oder nicht, ist irrelevant. Entweder das Bauvorhaben ist hinsichtlich seiner Emissionen bzw. Immissionen nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie, v.a.: nach den dort festgelegten Immissionsrichtwerten, zu beurteilen - und erfüllt diese - oder nicht. Wenn sich die Klägerbevollmächtigten mit ihrer diesbezüglich geäußerten Rechtsansicht auf Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie beziehen wollten (Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie lautet: „Nebenbestimmungen. In so definierten Sonderfällen können Veranstaltungen von der zuständigen Behörde nach Maßgabe folgender, ggf. als Nebenbestimmung festzulegender Maßnahmen zugelassen werden“), so ist dem entgegenzuhalten, dass mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht die Freizeitanlage Volksfest - unabhängig von der Notwendigkeit/Möglichkeit einer Festsetzung nach § 69 Satz 1, Satz 2, § 60b GewO - bzw. die Freizeitanlage Mehrzweckhalle - bestandskräftige Baugenehmigung aus dem Jahr 1979 - genehmigt wurde. Eine ggf. mit Nebenbestimmungen zu versehende „Zulassung“ des Betriebs an sich ist nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits. Der Beigeladene hat im Übrigen, worauf nur ergänzend hinzuweisen ist, mit Schreiben vom 28. Juni 2018 Nebenbestimmungen für das H. Volksfest festgelegt und mit Verordnung vom 17. Juni 2000, vorgelegt als Anlage BG 13, u.a. die Betriebszeiten der Festhalle (10:00 Uhr bis 24:00 Uhr) festgesetzt.

Da vorliegend angesichts des hiesigen Genehmigungsgegenstands (siehe Ziff. 1), aber auch generell nach Aktenlage nur der Betriebszustand Getränkekühlcontainer mit Einhausung, betrieben während des H. Volksfestes, überhaupt die Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen für die Klägerin erwarten ließ, kann dahinstehen, ob für die Anwendung der Freizeitlärm-Richtlinie auf „das Volksfest“ (so wohl OVG NW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris) oder auf „die Mehrzweckhalle“ abzustellen ist (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris). Zu betrachten waren und sind die zu erwartenden Immissionen durch den Betrieb des Getränkekühlcontainers zu Zeiten des in der Mehrzweckhalle stattfindenden Volksfests. Deshalb ist auch irrelevant, ob andere Veranstaltungen wie ein Faschingsball von der Anwendung auszunehmen wären (vgl. die als Anlage BG 7 vorgelegte Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017).

Dass die von Volksfesten ausgehenden Emissionen bzw. Immissionen auch in Bayern nicht mehr anhand der 18. BImSchV, sondern unter Zuhilfenahme der Freizeitlärm-Richtlinie beurteilt werden, entspricht mittlerweile nicht nur der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris; B.v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230), sondern auch der Praxis der Verwaltung (vgl. das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015, Gz. 33-4100/751/2).

c) Dass dabei hinsichtlich der Immissionen nicht nur der Getränkekühlcontainer an sich zu betrachten ist, sondern die Mehrzweckhalle im Ganzen (einschließlich der Bereiche B und C), folgt bereits aus dem Vorliegen eines lärmrelevanten Freizeitbereichs insgesamt (vgl. nur VGH BW, U.v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 19.11.2002 - 7 B 137/02 - BeckRS 2003, 20110, dort so beurteilt selbst für mehrere unabhängige Gebäude: Jugendhaus, Stadthalle), bei dem Veränderungen notwendigerweise in eine Gesamtbewertung einzustellen sind. Nachdem eine segmentierende Betrachtung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16/00 - juris; auch: OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris) den tatsächlichen Verhältnissen sogar dann nicht (mehr) gerecht werden soll, wenn mehrere in räumlichem Zusammenhang stehende Anlagen trotz ihrer organisatorischen Trennung vom Betreiber im Sinne eines integrativen Konzepts zu einer Einheit zusammengefasst worden sind, gilt dies naturgemäß umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits keine derartige organisatorische (oder sonstige) Trennung auszumachen ist. Bei einer Nebenanlage wie dem Getränkekühlcontainer macht eine gesonderte Bestimmung isoliert „seiner“ Emissionen - und daraus folgend: „seines“ Immissionsbeitrags - zudem dann keinen Sinn, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die bauliche (Ver-) Änderung im Vergleich zur bestandskräftigen Ursprungsgenehmigung lärmerhöhend auf die Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken kann (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17/91 - juris; BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris). Dies ist vorliegend der Fall, da eine bis dato nach Genehmigungslage geschlossene Halle - das Rolltor nach Norden dürfte im normalen Betrieb nicht geöffnet gewesen sein - ohne (Getränkekühl-) Container (s.o.) nicht nur konstruktiv, sondern auch funktional eine Erweiterung/Vergrößerung in Richtung des klägerischen Grundstücks erfährt, die auch die Geräusche des Ausschankbereichs und des Volksfestbetriebs näher zur Klägerin trägt. Weiter werden nun erstmals Kühlaggregate mit einem nicht unerheblichen Schallleistungspegel installiert, die ebenso Bestandteil der Mehrzweckhalle werden. Bei einer derartigen Konstellation („qualitative Änderung“) ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgend auch immissionstechnisch vom Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt auszugehen (vgl. VG München, U.v. 14.6.2017 - M 9 K 17.341 - juris m.w.N. für einen anders gelagerten Fall).

d) Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sich aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie - 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts -, wobei unter Inanspruchnahme von Nr. 4.4.2 lit. c Freizeitlärm-Richtlinie während der Nachtzeit ohnehin kein Betrieb mehr stattfindet (vgl. die Festlegungen der Verordnung des Beigeladenen über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während des Volksfestes, vorgelegt als Anlage BG 13 - i.F.: Volksfestverordnung). Die Maßgeblichkeit dieser Werte für den Betrieb des Getränkekühlcontainers folgt aus den spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Grundlage der Baugenehmigung gewordenen Schalltechnischen Untersuchungen, auf die sich der Beklagte u.a. im Rahmen seiner Klageerwiderung tragend gestützt hat.

Die Voraussetzungen von Nr. 4.4.1 und Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie sind nach Ansicht des Gerichts erfüllt, das sich dabei vollumfänglich auf die Stellungnahme des Beigeladenen vom 28. Juni 2018, vorgelegt als Anlage BG 6, auf den Schriftsatz des Beigeladenenbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 und auf die befürwortende Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017, vorgelegt als Anlage BG 7, bezieht. Beim H. Volksfest handelt es sich um ein Fest von mehr als nur kommunaler Bedeutung (Wahl der H. Hopfenkönigin etc.), das sich im Laufe seines 70-jährigen Bestehens eine hohe Standortgebundenheit und eine hohe soziale Akzeptanz (u.a. Seniorennachmittag mit ca. 1.600 Teilnehmern, „Kinder- und Familientag“) erworben hat. Aufgrund der Umgebungsbedingungen sowie fehlender Ersatzstandorte - die P. Halle und die S. Halle weisen keine vergleichbare Kapazität auf, ihnen fehlt es weiter an entsprechenden Erschließungsanlagen - ist eine Überschreitung der Regelimmissionsrichtwerte unvermeidbar. Bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG ist diesbezüglich zum einen darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie nicht schematisch anzuwenden sind (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris), zum anderen müssen die Seltenheit des Anlasses (11 Tage) und seine Bedeutung in die Würdigung des Einzelfalles einbezogen werden. Aus der herausragenden Bedeutung des H. Volksfestes für die Region und darüber hinaus rechtfertigt sich auch die Verschiebung der Nachtzeit um 2 Stunden.

Dass Nr. 4.4 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie nominell von „Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten“ spricht, schadet nicht, wie der VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 74 ausführlich erörtert hat. Das Gericht schließt sich der im Folgenden wiedergegebenen Begründung an:

Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärm-Richtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärm-Richtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6. März 2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9).

e) Sowohl durch die Prognoseberechnungen der a. GmbH vom 30. Mai 2017 (Bericht Nr. 1028_4, vorgelegt als Anlage BG 4) und der I. KG vom 17. Juli 2018 (Bericht Nr. 4919.a3, vorgelegt als Anlage BG 8) als auch durch den Messbericht 4919.b1 der I. KG vom 22. August 2018 (Anlage BG 9) über eine während des Volksfestbetriebs 2018 durchgeführte Messung - zudem beim Worst-Case-Szenario „Showband“ inklusive vollen Festbetriebs und laufender Kühlaggregate am Getränkekühlcontainer - steht fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Klägerin, von denen abzuweichen das Gericht vorliegend keinen Anlass sieht, bei weitem eingehalten werden können. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Messung vom 14. August 2018 an einem Ersatzimmissionsort durchgeführt wurde, der 8,50 m näher an der Mehrzweckhalle bzw. am Getränkekühlcontainer situiert war, und dass selbst dabei nur ein Beurteilungspegel von 66 dB(A) erreicht wurde. Bei alledem ist zu bedenken, dass die Musikdarbietung bzw. der Festbetrieb auch an den beiden Festtagen mit der größten Belastung (Showbands) nach § 1 Abs. 2 der Volksfestverordnung („Die Sperrstunde in der Festhalle wird auf 24:00 Uhr festgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt dürfen sich keine Gäste mehr in der Festhalle aufhalten. Der Bierausschank und die Musikveranstaltungen sind bereits um 23:30 Uhr einzustellen. […]“) gesichert um 23:30 Uhr bzw. um Mitternacht enden. Der Schutz der Nachtruhe ist damit gewährleistet.

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden von Klägerseite nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen.

Da die Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie somit bei weitem eingehalten werden, kann dahinstehen, dass bei Veranstaltungen wie dem H. Volksfest, das angesichts der Ausführungen des Beigeladenen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung ist und das bei vielen Bewohnern einen hohen Stellenwert besitzt, von einem verständigen Durchschnittsmenschen die mit ihnen verbundenen Lärm- und Geräuschentwicklungen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden (sollten) als sonstige Immissionen (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris); d.h., dass bei derartigen Veranstaltungen selbst eine deutliche Überschreitung der in der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar wäre (vgl. HessVGH, U.v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - juris; VGH BW, U.v. 13.12.1993 - 8 S 1800/93 - juris).

f) Dass der Bescheid schließlich eine sog. zielorientierte Festlegung von Immissionsrichtwerten vermissen lässt, ist ein Folgefehler (vgl. lit. a), aber angesichts dessen, dass spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung umfangreiche Gutachten und v.a. eine Messung in der Worst-Case-Situation dazu vorlagen, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten werden, unschädlich. Die Festlegung von Immissionsrichtwerten ist kein Selbstzweck, sondern eine präventive Regelungsmöglichkeit für den Lärmschutz, wenn voraussichtlich gewährleistet werden kann, dass die festgelegten Immissionsrichtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 18.10.2017 - 9 CS 16.883 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 -; B.v. 10.2.2012 - 15 ZB 10.97 -; B.v. 17.8.2010 - 15 CS 10.981 -; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 -; jeweils zitiert nach juris). Vorliegend steht selbst für das Worst-Case-Szenario „Showbandauftritt bei vollem Festbetrieb“ - und damit für eine Situation, die über den Regelbetrieb weit hinausgeht - aufgrund einer Schallmessung (Retrospektive) unter Einbeziehung aller Lärmquellen fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte um mindestens 4 dB(A) unterschritten werden. Damit ist den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots Genüge getan. Da der Beigeladene ohnehin die unmittelbar aus § 22 Abs. 1 BImSchG folgende Pflicht hat, seine nach Immissionsschutzrecht nicht genehmigungspflichtige Anlage so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden (vgl. auch Nr. 2 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie), ist es in erster Linie seine Sache, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen und dauerhaft einzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2006 - 15 ZB 04.2453 - juris). Das gewählte Mittel - die durch die Baugenehmigung bei Betrieb verbindlich vorgegebene Einhausung - ist vollumfänglich geeignet, den Schutz der Klägerin sicherzustellen. Letztere wird in einer derartigen Situation allein durch die formal fehlende Festlegung von Immissionsgrenzwerten nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. z.B. auch OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris).

Solange bestimmbar ist, was der „regelmäßige Betrieb“ ist (dazu Ziff. 1), folgt aus der fehlenden Festschreibung im Übrigen auch kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene hat sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, der Klägerin auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.