Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Okt. 2018 - M 9 K 17.3051

bei uns veröffentlicht am10.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Das Bauvorhaben bezieht sich auf FlNr. 181, Gem. W. (i.F.. Vorhabengrundstück), dem örtlichen Festgelände, bebaut mit einer Mehrzweckhalle. Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 227/3, Gemarkung W., das nordwestlich an das Festgelände angrenzt, wenn auch nicht - isoliert betrachtet - an das Bauvorhaben selbst (sog. Bereich A, vgl. Anlage 2, Seite 1 des als Anlage BG 8 vorgelegten Gutachtens Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018). Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Der keinen Abweichungsantrag enthaltende (Bl. 6 d. Behördenakts - i.F.: BA -) Änderungsbauantrag vom 12. Mai 2017 (Bl. 5ff. d. BA) weist als Vorhaben aus: „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“.

Der Beigeladene stellte unter dem 15. Mai 2017 im Wege der laufenden Verwaltung das Einvernehmen mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben her (Bl. 10ff. d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31. Mai 2017 (Az. 30/602 BV VI 20171157) wurde das Bauvorhaben antragsgemäß und unter Bezugnahme auf die Bauvorlagen vom 31. Mai 2017 unter Einschluss einer sanierungsrechtlichen Genehmigung und diverser Auflagen genehmigt. Hinsichtlich FlNr. 225, Gemarkung W., wurden Abweichungen von Art. 6 BayBO und von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO erteilt.

Unter dem 14. Mai 2018 erteilte das Landratsamt Pfaffenhofen a.d.Ilm (i.F.: Landratsamt) dem Beigeladenen eine weitere Baugenehmigung (Az. 30/602 BV VI 20180171) für den „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke, sowie Aufstellung eines Containers bei der bestehenden Mehrzweckhalle, hier: Entfall der Einhausung“, die Streitgegenstand des Parallelverfahrens M 9 K 18.2946 ist.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 3. Juli 2017 Klage gegen den hier streitgegenständlichen Bescheid erhoben. Mit Klagebegründung vom 21. September 2018 beantragen sie, den Bescheid aufzuheben.

Dem Bauantrag sei keine schalltechnische Untersuchung beigefügt gewesen, aus der sich die Auswirkungen des Bauvorhabens auf die Lärmimmissionsverhältnisse ergeben hätten; auch habe der Beigeladene keine Betriebsbeschreibung bzw. kein Betriebskonzept eingereicht. Neben dem streitgegenständlichen Bauvorhaben habe der Beigeladene im April 2017 weitere Baumaßnahmen auf der bislang freien Fläche nördlich der bestehenden Halle angekündigt. Namentlich seien dies ein als „Einhausung Küche Bereich B“ bezeichneter Bereich von 45 m² und eine als „Grenzgarage Bereich C“ bezeichnete Fläche von ebenfalls etwa 45 m², in der während des Volksfestbetriebs Kühlwägen untergestellt werden sollten. Der diesbezüglich beantragten Baueinstellung sei nicht nachgekommen worden, die Anlagen „als verfahrensfrei“ mittlerweile errichtet. Die Nachbarklage sei zulässig und begründet. Streitgegenstand sei vorliegend nur die nach wie vor eigenständige Ursprungsbaugenehmigung, nicht der Tekturbescheid. Letzterer habe die ursprüngliche Baugenehmigung auch nicht ersetzt - dies schon deswegen (nicht), weil mehr als nur geringfügige Änderungen am Vorhaben vorgenommen worden seien, zum anderen auch, weil sich der Nutzungszweck des Containers geändert habe (von Getränkekühlcontainer schlicht zu Container). Die Ursprungsbaugenehmigung habe sich auch nicht erledigt. Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil für die Klägerin als Nachbarin schädliche Lärmimmissionen durch den Betrieb der Halle drohten. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen sei auf die Halle als abgeänderte Gesamtanlage und nicht etwa isoliert auf das Änderungsvorhaben abzustellen. Das folge aus dem räumlichen Zusammenhang des Containers zur Halle, aus der unmittelbaren räumlichen Verbindung durch die Einhausung - auf die es aber nicht tragend ankomme - und aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Halle und Container. Durch ihn werde im Ergebnis der Ausschankbereich der Halle vergrößert, da er offenbar der Lagerung von Getränken und als erweiterter Schankbereich bzw. erweiterte Nutzfläche diene; eine selbstständige Benutzbarkeit sei abwegig und aufgrund dessen, dass eine Betriebsbeschreibung fehle, nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang gelte es weiter zu berücksichtigen, dass die Halle nicht nur um das streitgegenständliche Bauvorhaben, sondern - unter dem Deckmantel der Verfahrensfreiheit - um weitere bauliche Anlagen erweitert werde („Bereich B und C“); diese Anlagen seien einzubeziehen und die Genehmigungsfrage sei in toto neu auf-zuwerfen. Von alledem abgesehen stelle das Bauvorhaben auch eine Nutzungsänderung der bestehenden baulichen Anlage dar. Diese sei darin zu sehen, dass der bislang im Innenbereich der Halle stattfindende (Ausschank-) Betrieb bzw. die dort bestehende Nutzfläche zur Bewirtschaftung auf die Freifläche des Grundstücks aus-gedehnt werde. Für eine ähnliche Sachverhaltskonstellation habe der BayVGH bereits entschieden, dass die Erweiterung eines Gaststättenbetriebs von „drinnen“ nach „draußen“ eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Die Variationsbreite der bisherigen Gaststättennutzung des Gebäudes werde durch das Vordringen der gewerblichen Nutzung auf eine Freifläche des Grundstücks verlassen. Dadurch seien nach der Entscheidung insbesondere die ausgehenden Lärmemissionen neu zu prüfen (BayVGH, B.v. 31.7.2003 - 2 B 00.3282 - juris). Durch den Verlust der „Pufferfreiflächen“ zu den Nachbarn würden weiter bodenrechtliche Belange tangiert und müssten neu bewertet werden. Gemessen an der notwendigen Gesamtbetrachtung sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme feststellbar bzw. könne ein solcher Verstoß zumindest nicht ausgeschlossen werden. Dem Landratsamt sei vorliegend - wie der Bearbeitungsbogen zeige - durchaus bewusst gewesen, dass Veränderungen im Bereich der Immissionsverhältnisse zu erwarten seien. Es sei aber völlig unklar, anhand welcher Kriterien das Landratsamt die Frage des Vorliegens schädlicher Lärmimmissionen beurteilt habe (TA Lärm, Freizeitlärm-Richtlinie …). Zum anderen sei fraglich, weshalb das Landratsamt überhaupt von einer Verbesserung der Lärmimmissionsschutzsituation ausgehe, da im vorliegenden Verfahren weder ein Schallschutzgutachten vorgelegt worden sei noch eine Betriebsbeschreibung der Halle als Gesamtanlage existiere. Unabhängig davon irre das Landratsamt, wenn es eine Verbesserung der Lärmimmissionssituation als hinreichend erachte, um einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen: Die Verbesserung einer bestehenden Lärmimmissionssituation belege nicht, dass keine unzumutbaren Lärmimmissionen vorlägen. Dazu hätte es der Vorlage einer Betriebsbeschreibung und einer fachgutachterlichen Bewertung bedurft. Abgesehen davon habe eine Überprüfung ergeben, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Veranstaltungen, die der Beigeladene in den vergangen Jahren durchgeführt habe und die er wohl auch zukünftig durchführen werde, nicht eingehalten würden. Nach einer vom Beigeladenen unlängst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung seien beim Hallenbetrieb während des Volksfestes am Wohnhaus der Klägerin zur Nachtzeit zu erwartende Beurteilungspegel von 67 dB(A) prognostiziert worden, was eine Überschreitung der TA Lärm-Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete bedeute. Die Freizeitlärm-Richtlinie könne keine Anwendung finden. Weiter sei die Klage hilfsweise auch begründet wegen Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung. Aus ihnen ergebe sich nicht zweifelsfrei, welche Lärmbeeinträchtigungen von dem beantragten Bauvorhaben nach der Erweiterung ausgingen. Vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit der Gesamtanlage hätte es zuvörderst der Vorlage eines detaillierten Betriebskonzeptes/einer Betriebsbeschreibung bedurft, aus der ersichtlich werde, welche Veranstaltungen in der Halle als Gesamtanlage künftig ab-gehalten werden sollten. Auch sei die geplante Nutzung des „Getränkekühlcontainers“ unklar, insbesondere, ob nicht von ihm selbst (isoliert) erhebliche Lärmbeeinträchtigungen ausgingen, was aufgrund des elektrisch betriebenen Kühlaggregats nicht ausgeschlossen erscheine.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 wird ausgeführt: Die beantragten baulichen Anlagen würden aufgrund der Erweiterung der Mehrzweckhalle durch die Schallschutzeinhausung als Gesamtanlage gesehen. Eine Beteiligung der Fachstelle Immissionsschutz sei nicht erfolgt, da aufgrund der Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke eine Verbesserung der bestehenden Lärmsituation zu erwarten gewesen sei. Im Übrigen lägen „zwischenzeitlich“ schalltechnische Untersuchungen vor, die die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte am klägerischen Grundstück belegten. Die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien anwendbar. Zudem habe eine Schallmessung beim diesjährigen Volksfest die Berechnungen bestätigt, es seien keine Überschreitungen am Immissionsort Wohnhaus der Klägerin festgestellt worden. Auch eine Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Da sich durch die zusätzlichen Anlagen der von der Halle ausgehende Lärm nicht ändere, sei weder ein Betriebskonzept noch eine Betriebsbeschreibung notwendig gewesen.

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen legte mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2018 bzw. 8. Oktober 2018 auf Anforderung des Gerichts u.a. sechs Schallgutachten vor. Daraus wird ersichtlich (vgl. Anlage BG 8), dass sich der vorliegend streitgegenständliche Container an einem als Bereich A definierten Standort befindet; weiter südwestlich gibt es im nördlichen Bereich hinter der Halle noch einen Bereich B („Einhausung Küche“) und einen Bereich C („Grenzgarage“).

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Nachbarklage sei bereits unzulässig, da sich der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid durch den Folgebescheid vom 14. Mai 2018 erledigt habe. Bei der gegenständlichen baulichen Anlage handele es sich nicht um eine Änderung bzw. Nutzungsänderung der Halle; die Aufstellung des Containers unter Wegfall der Einhausung stelle die Errichtung eines neuen Vorhabens dar und sei zu vergleichen mit der Errichtung einer untergeordneten Nebenanlage, durch die die Hauptanlage nicht in ihrem Bestand geändert werde. Soweit der Container 11 Tage im Jahr als Kühlcontainer für das Volksfest diene, greife die Freizeitlärm-Richtlinie ein, deren Grenzwerte eingehalten seien. Auf den Vortrag im Übrigen wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Der Container stellt sich demnach als massiver, ortsfester und aufgeständeter Container dar, dessen Inneres zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme gefüllt war mit Einhausungselementen für die Bereiche A und B. Auf die Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte im hiesigen und im Parallelverfahren M 9 K 18.2946, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung, jeweils vom 10. Oktober 2018.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klage ist als (Dritt-) Anfechtungsklage trotz Ergehens eines weiteren „Baugenehmigungsbescheids“ (vom 14. Mai 2018) zulässig, sie richtet sich nicht gegen einen erledigten Verwaltungsakt, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Der vorliegend genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung stellt ein aliud dar zum im Verfahren M 9 K 18.2946 streitgegenständlichen Container ohne Einhausung, was bereits - unabhängig davon, dass Tektur- und Änderungsgenehmigungen die ursprünglichen Grundgenehmigungen rechtlich ohnehin bestehen lassen (Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, BayBO Art. 68 Rn. 117) - aus der völlig unterschiedlich zu beurteilenden Immissionsbelastung folgt. Der Beigeladene erklärte in der mündlichen Verhandlung zudem, den Getränkekühlcontainer als solchen mit Einhausung auch beim diesjährigen H. Volksfest betrieben zu haben - was nur auf Basis der hiesigen Baugenehmigung überhaupt möglich ist.

Zugleich ist der Streitgegenstand insofern festgelegt, als dass die sog. Bereiche B und C nicht Teil der Baugenehmigung sind. Davon zu unterscheiden ist - worauf die Klägerbevollmächtigten mehrfach hingewiesen wurden - die Frage, ob eine immissionsschutzrechtliche Bewertung diese Bereiche ausklammern könnte.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Weder sind die Bauvorlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt (1.) noch verletzt das Bauvorhaben das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (2.).

1. Die Bauvorlagen sind vorliegend nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 -; B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 -; B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; jeweils zitiert nach juris und m.w.N.).

Vorliegend war den zunächst vorgelegten Genehmigungsunterlagen nicht abschließend zu entnehmen, ob bzw. dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung während des Jahres - d.h. zu Zeiten, an denen überhaupt keine Veranstaltungen bzw. keine sog. seltenen Veranstaltungen nach Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie in der Halle stattfinden - nicht als solcher betrieben wird. Da zu den Zeiten, an denen keine seltenen Veranstaltungen stattfinden, die Regelimmissionsrichtwerte nach Nr. 4.1 Freizeitlärm-Richtlinie (siehe auch Ziff. 2 der hiesigen Entscheidung) gelten und da zu diesen Zeiten keine Lärmbegutachtungen vorlagen, war es zwar fernliegend, aber nicht völlig auszuschließen, dass es im Zusammenhang mit dem Betrieb des Getränkekühlcontainers v.a. aufgrund des Schallleistungspegels der für den Betrieb notwendigen Kühlaggregate von 80 dB(A) - laut Anlage BG 8, Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018, S. 9 und Anlage 4, S. 1 - zu unzumutbaren Lärmimmissionen, § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG, bei der Klägerin kommen könnte. Die Kühlaggregate liegen unterhalb des Getränkekühlcontainers, weswegen die Annahme des Beklagten, aufgrund der - zwischen Container und Halle mobil installierbaren - Einhausung sei nicht mit einer Verschlechterung der Emissions- bzw. Immissionsbelastung zu rechnen, für die Aggregate von vorn herein keinen Sinn macht. Somit war aufgrund des anfänglichen Fehlens einer Betriebsbeschreibung ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme nicht vollends auszuschließen; theoretisch hätte der Getränkekühlcontainer als solcher Tag und Nacht betrieben werden können. Andererseits läuft eine derartige Suche nach möglichen Quellen schädlicher Umwelteinwirkungen - unabhängig von den folgenden Ausführungen - Gefahr, in Richtung der Annahme fiktiver Belastungen abzudriften, was nicht Sinn und Zweck der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme ist (BVerwG, U.v. 27.2.1992 - 4 C 50/89 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 83. Lfg., Juli 2012, § 15 Rn. 79); das dargestellte Szenario war auch nach „anfänglicher“ Aktenlage völlig unrealistisch.

Spätestens mit der als Anlage BG 10 nachgereichten Betriebsbeschreibung vom 3. August 2018 und mit den zu Protokoll abgegebenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung haben sich diese Bedenken aber vollumfänglich erledigt. Demnach wird der Getränkekühlcontainer nur während des H. Volksfestes genutzt und steht nicht zur Nutzung als Kühlcontainer für andere in der Mehrzweckhalle stattfindende Veranstaltungen oder unabhängig von einem Betrieb der Mehrzweckhalle zur Verfügung. Während des Jahres werden die Einhausungselemente in dem Container gelagert, die Kühlaggregate sind ausgesteckt. Diese Praxis wurde so auch von der Klägerin bestätigt.

Wenngleich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt bei der Drittanfechtungsklage zwar grundsätzlich die Behördenentscheidung ist, so sind dem Bauherren günstige Veränderungen oder Umstände aber dennoch in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. BVerwG, B.v. 23.4.1998 - 4 B 40/98 -; B.v. 22.4.1996 - 4 B 54/96 - jeweils juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 53; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 5290). Auch eine bis zur bzw. in der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klarstellung in Bezug auf die Bauvorlagen ist demnach zu berücksichtigen, schon allein aus prozessökonomischen Gründen (z.B. BVerwG, B.v. 21.6.2006 - 4 B 32/06 - juris; OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris; U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; OVG Rh-Pf, U.v. 29.6.2012 - 1 A 10878/11.OVG - juris). Die Situation gleicht dem Fall, dass ein Tekturbescheid mit den entsprechenden Unterlagen „nachgeschoben“ wird; außerdem wäre es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar, eine zur Zeit des Erlasses etwaig rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste.

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach dem genehmigten Eingabeplan vom 12. Mai 2017 Grundlage für die Ausführung des Getränkekühlcontainers „das schalltechnische Gutachten der a. GmbH“ ist. In den bis zum 12. Mai 2017 gefertigten Schalltechnischen Untersuchungen der a. GmbH vom 6. April 2017 (Anlage BG 1), vom 30. April 2017 (Anlage BG 2) und vom 9. Mai 2017 (Anlage BG 3) wurde aber stets nur ein Betrieb zu Volksfestzeiten zugrunde gelegt, weswegen bei lebensnaher und nicht formaljuristischer Betrachtungsweise schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses hinreichend bestimmt war, dass der Getränkekühlcontainer nur zu Volksfestzeiten betrieben werden sollte.

Da somit nach alledem für „Nichtvolksfestzeiten“ feststeht, dass der genehmigte Getränkekühlcontainer mit Einhausung überhaupt nicht betrieben wird, war der Betriebszeitraum „Nichtvolksfestzeit“ auch nicht etwa unabhängig von einem Betrieb des Getränkekühlcontainers zu untersuchen, da vorliegend nur über den Streitgegenstand zu befinden ist, der nichts mit dem Mehrzweckhallenbetrieb im Übrigen zu tun hat.

2. Das Bauvorhaben verletzt nicht das der Klägerin gegenüber zu beachtende Gebot der Rücksichtnahme.

Das Gebot der Rücksichtnahme ist vorliegend angesichts der Umgebungsstruktur im Zweifel aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Gemengelage) herzuleiten. Da beide Grundstücke - das Baugrundstück und das der Klägerin - im unbeplanten Innenbereich liegen, erübrigt sich aber eine weitere Festlegung, ob ein sog. faktisches Baugebiet besteht und ob das Gebot der Rücksichtnahme dementsprechend an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO festzumachen wäre, da sich die Parameter für die Prüfung - bei Heranziehung von Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie - dadurch nicht ändern.

Inhaltlich kommt dem Gebot der Rücksichtnahme drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen dabei wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist.

Vorliegend ist eine Einzelfallbewertung der Emissionen bzw. Immissionen unumgänglich (a). Der Rahmen für die Prüfung, ob dem Gebot der Rücksichtnahme Genüge getan ist, ist in erster Linie der Freizeitlärm-Richtlinie der LAI zu entnehmen (b); abzustellen war dabei auf die Mehrzweckhalle im Ganzen (c). Da die maßgeblichen (d) Immissionsrichtwerte aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie vollumfänglich eingehalten sind (e), ist das Gebot der Rücksichtnahme vorliegend nicht verletzt, auch nicht deshalb, weil die Baugenehmigung keine sog. zielorientierte Festlegung der Immissionsrichtwerte enthält (f).

a) Dass der Beklagte nach Aktenlage zunächst davon ausging, keine Einzelfallbewertung der Immissionsbelastung vornehmen zu müssen, ist nicht nachvollziehbar. Mit dem Vermerk auf dem Bearbeitungsbogen „nur Einhausung, wird immsch.r. besser“ sollte wohl auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug genommen werden, wonach Immissionen im Umfang einer Vorbelastung zumutbar sind, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet und in einer vergleichbaren Situation nicht (mehr) hinzunehmen wären (bspw. bei BVerwG, U.v. 27.6.2017 - 4 C 3.16 - juris; U.v. 27.8.1998 - 4 C 5.98 - juris; auch: OVG SH, U.v. 26.7.2012 - 1 LC 130/09 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Ohne eine Aussage oder Prüfung dazu aber, ob bereits gegenwärtig auf Basis einer entsprechenden Genehmigung ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten - aber: ohne Einhausung - betrieben wird, ist diese Überlegung haltlos, denn nur legale Anlagen können u.a. bei der Festlegung einer etwaigen Vorbelastung angesetzt werden (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 11.7.1994 - 4 B 134/94 - juris; Brügelmann, BauNVO, Stand: 81. Lfg., Februar 2012, § 15 Rn. 164). Nach dem Grundrissplan gibt es zwar wohl faktisch einen „Container“ (nicht: „Getränkekühlcontainer“) ohne Einhausung und mit einem kleinen Vordach, der gegenwärtig weiter südwestlich steht. Die vom Klägerbevollmächtigten auszugsweise vorgelegte Baugenehmigung der Mehrzweckhalle von 1979 enthält aber keine Aussagen zu diesem Container.

Aus der Vorhabenbezeichnung („Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der bestehenden Mehrzweckhalle“) wird vielmehr ersichtlich, dass bis dato kein derartiger Getränkekühlcontainer betrieben wurde. Allein der Umstand, dass wohl das Rolltor in der Halle - und damit eine Öffnung nach Norden - schon im Bestand vorhanden ist, sagt noch nichts darüber aus, dass sich die Immissionsbelastung für die Nachbarschaft nicht ändert, wenn ein Getränkekühlcontainer mit zwei Kühlaggregaten und einer mobilen Einhausung vor dieses Rolltor gesetzt wird, das dann durchgehend geöffnet ist.

Unabhängig von alledem wird aus dem mit Genehmigungsstempel versehenen Eingabeplan vom 12. Mai 2017 ersichtlich, dass das Landratsamt diesen rechtlichen Ansatz selbst auch nicht konsequent verfolgte, legte es doch offensichtlich „das schalltechnische Gutachten vom Ing. Büro a. GmbH“ zugrunde. Auch im Rahmen der Klageerwiderung und in der mündlichen Verhandlung stellte es maßgeblich auf die vorliegenden schalltechnischen Untersuchungen und damit auf eine Einzelfallbewertung ab.

b) Als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Störung für die Klägerin ist vorliegend in erster Linie die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI heranzuziehen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die von Sachverständigen ausgearbeitete Freizeitlärm-Richtlinie den Gerichten als Entscheidungshilfe dienen kann (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2003 - 4 B 55/03 - juris; U.v. 16.5.2001 - 7 C 16.00 - juris). Diese enthält besondere Maßgaben für die Ermittlung und Bewertung der von Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche, ist zugleich aber, anders als die 18. BImSchV, nicht abschließend und erlaubte theoretisch auch einen Rückgriff auf die TA Lärm, vgl. Nr. 3 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie: „Bei der Ermittlung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräuschimmissionen kann auf die allgemein anerkannten akustischen Grundregeln, wie sie in der TA Lärm und der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) festgehalten sind, zurückgegriffen werden“ (ebenso z.B. OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris; B.v. 6.10.2010 - 2 A 1503/09 - juris; BayVGH, B.v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3415 - NJW 1997, 1181; Städtebauliche Lärmfibel des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur des Landes Baden-Württemberg 2013, S. 116).

Ob die Genehmigungsbehörde explizit die Freizeitlärm-Richtlinie „positiv“ für anwendbar erklärt oder nicht, ist irrelevant. Entweder das Bauvorhaben ist hinsichtlich seiner Emissionen bzw. Immissionen nach den Vorgaben der Freizeitlärm-Richtlinie, v.a.: nach den dort festgelegten Immissionsrichtwerten, zu beurteilen - und erfüllt diese - oder nicht. Wenn sich die Klägerbevollmächtigten mit ihrer diesbezüglich geäußerten Rechtsansicht auf Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie beziehen wollten (Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie lautet: „Nebenbestimmungen. In so definierten Sonderfällen können Veranstaltungen von der zuständigen Behörde nach Maßgabe folgender, ggf. als Nebenbestimmung festzulegender Maßnahmen zugelassen werden“), so ist dem entgegenzuhalten, dass mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht die Freizeitanlage Volksfest - unabhängig von der Notwendigkeit/Möglichkeit einer Festsetzung nach § 69 Satz 1, Satz 2, § 60b GewO - bzw. die Freizeitanlage Mehrzweckhalle - bestandskräftige Baugenehmigung aus dem Jahr 1979 - genehmigt wurde. Eine ggf. mit Nebenbestimmungen zu versehende „Zulassung“ des Betriebs an sich ist nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits. Der Beigeladene hat im Übrigen, worauf nur ergänzend hinzuweisen ist, mit Schreiben vom 28. Juni 2018 Nebenbestimmungen für das H. Volksfest festgelegt und mit Verordnung vom 17. Juni 2000, vorgelegt als Anlage BG 13, u.a. die Betriebszeiten der Festhalle (10:00 Uhr bis 24:00 Uhr) festgesetzt.

Da vorliegend angesichts des hiesigen Genehmigungsgegenstands (siehe Ziff. 1), aber auch generell nach Aktenlage nur der Betriebszustand Getränkekühlcontainer mit Einhausung, betrieben während des H. Volksfestes, überhaupt die Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen für die Klägerin erwarten ließ, kann dahinstehen, ob für die Anwendung der Freizeitlärm-Richtlinie auf „das Volksfest“ (so wohl OVG NW, B.v. 25.5.2016 - 4 B 581/16 - juris) oder auf „die Mehrzweckhalle“ abzustellen ist (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris). Zu betrachten waren und sind die zu erwartenden Immissionen durch den Betrieb des Getränkekühlcontainers zu Zeiten des in der Mehrzweckhalle stattfindenden Volksfests. Deshalb ist auch irrelevant, ob andere Veranstaltungen wie ein Faschingsball von der Anwendung auszunehmen wären (vgl. die als Anlage BG 7 vorgelegte Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017).

Dass die von Volksfesten ausgehenden Emissionen bzw. Immissionen auch in Bayern nicht mehr anhand der 18. BImSchV, sondern unter Zuhilfenahme der Freizeitlärm-Richtlinie beurteilt werden, entspricht mittlerweile nicht nur der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris; B.v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230), sondern auch der Praxis der Verwaltung (vgl. das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015, Gz. 33-4100/751/2).

c) Dass dabei hinsichtlich der Immissionen nicht nur der Getränkekühlcontainer an sich zu betrachten ist, sondern die Mehrzweckhalle im Ganzen (einschließlich der Bereiche B und C), folgt bereits aus dem Vorliegen eines lärmrelevanten Freizeitbereichs insgesamt (vgl. nur VGH BW, U.v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 19.11.2002 - 7 B 137/02 - BeckRS 2003, 20110, dort so beurteilt selbst für mehrere unabhängige Gebäude: Jugendhaus, Stadthalle), bei dem Veränderungen notwendigerweise in eine Gesamtbewertung einzustellen sind. Nachdem eine segmentierende Betrachtung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 16.5.2001 - 7 C 16/00 - juris; auch: OVG NW, U.v. 6.9.2011 - 2 A 2249/09 - juris) den tatsächlichen Verhältnissen sogar dann nicht (mehr) gerecht werden soll, wenn mehrere in räumlichem Zusammenhang stehende Anlagen trotz ihrer organisatorischen Trennung vom Betreiber im Sinne eines integrativen Konzepts zu einer Einheit zusammengefasst worden sind, gilt dies naturgemäß umso mehr, wenn - wie vorliegend - bereits keine derartige organisatorische (oder sonstige) Trennung auszumachen ist. Bei einer Nebenanlage wie dem Getränkekühlcontainer macht eine gesonderte Bestimmung isoliert „seiner“ Emissionen - und daraus folgend: „seines“ Immissionsbeitrags - zudem dann keinen Sinn, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die bauliche (Ver-) Änderung im Vergleich zur bestandskräftigen Ursprungsgenehmigung lärmerhöhend auf die Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken kann (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17/91 - juris; BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris). Dies ist vorliegend der Fall, da eine bis dato nach Genehmigungslage geschlossene Halle - das Rolltor nach Norden dürfte im normalen Betrieb nicht geöffnet gewesen sein - ohne (Getränkekühl-) Container (s.o.) nicht nur konstruktiv, sondern auch funktional eine Erweiterung/Vergrößerung in Richtung des klägerischen Grundstücks erfährt, die auch die Geräusche des Ausschankbereichs und des Volksfestbetriebs näher zur Klägerin trägt. Weiter werden nun erstmals Kühlaggregate mit einem nicht unerheblichen Schallleistungspegel installiert, die ebenso Bestandteil der Mehrzweckhalle werden. Bei einer derartigen Konstellation („qualitative Änderung“) ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgend auch immissionstechnisch vom Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt auszugehen (vgl. VG München, U.v. 14.6.2017 - M 9 K 17.341 - juris m.w.N. für einen anders gelagerten Fall).

d) Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte ergeben sich aus Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie - 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts -, wobei unter Inanspruchnahme von Nr. 4.4.2 lit. c Freizeitlärm-Richtlinie während der Nachtzeit ohnehin kein Betrieb mehr stattfindet (vgl. die Festlegungen der Verordnung des Beigeladenen über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während des Volksfestes, vorgelegt als Anlage BG 13 - i.F.: Volksfestverordnung). Die Maßgeblichkeit dieser Werte für den Betrieb des Getränkekühlcontainers folgt aus den spätestens im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zur Grundlage der Baugenehmigung gewordenen Schalltechnischen Untersuchungen, auf die sich der Beklagte u.a. im Rahmen seiner Klageerwiderung tragend gestützt hat.

Die Voraussetzungen von Nr. 4.4.1 und Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie sind nach Ansicht des Gerichts erfüllt, das sich dabei vollumfänglich auf die Stellungnahme des Beigeladenen vom 28. Juni 2018, vorgelegt als Anlage BG 6, auf den Schriftsatz des Beigeladenenbevollmächtigten vom 8. Oktober 2018 und auf die befürwortende Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Umwelt vom 13. Juni 2017, vorgelegt als Anlage BG 7, bezieht. Beim H. Volksfest handelt es sich um ein Fest von mehr als nur kommunaler Bedeutung (Wahl der H. Hopfenkönigin etc.), das sich im Laufe seines 70-jährigen Bestehens eine hohe Standortgebundenheit und eine hohe soziale Akzeptanz (u.a. Seniorennachmittag mit ca. 1.600 Teilnehmern, „Kinder- und Familientag“) erworben hat. Aufgrund der Umgebungsbedingungen sowie fehlender Ersatzstandorte - die P. Halle und die S. Halle weisen keine vergleichbare Kapazität auf, ihnen fehlt es weiter an entsprechenden Erschließungsanlagen - ist eine Überschreitung der Regelimmissionsrichtwerte unvermeidbar. Bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG ist diesbezüglich zum einen darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Freizeitlärm-Richtlinie nicht schematisch anzuwenden sind (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris), zum anderen müssen die Seltenheit des Anlasses (11 Tage) und seine Bedeutung in die Würdigung des Einzelfalles einbezogen werden. Aus der herausragenden Bedeutung des H. Volksfestes für die Region und darüber hinaus rechtfertigt sich auch die Verschiebung der Nachtzeit um 2 Stunden.

Dass Nr. 4.4 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie nominell von „Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten“ spricht, schadet nicht, wie der VGH BW, U.v. 4.8.2016 - 8 S 136/14 - juris Rn. 74 ausführlich erörtert hat. Das Gericht schließt sich der im Folgenden wiedergegebenen Begründung an:

Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärm-Richtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärm-Richtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6. März 2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9).

e) Sowohl durch die Prognoseberechnungen der a. GmbH vom 30. Mai 2017 (Bericht Nr. 1028_4, vorgelegt als Anlage BG 4) und der I. KG vom 17. Juli 2018 (Bericht Nr. 4919.a3, vorgelegt als Anlage BG 8) als auch durch den Messbericht 4919.b1 der I. KG vom 22. August 2018 (Anlage BG 9) über eine während des Volksfestbetriebs 2018 durchgeführte Messung - zudem beim Worst-Case-Szenario „Showband“ inklusive vollen Festbetriebs und laufender Kühlaggregate am Getränkekühlcontainer - steht fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte am Grundstück der Klägerin, von denen abzuweichen das Gericht vorliegend keinen Anlass sieht, bei weitem eingehalten werden können. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Messung vom 14. August 2018 an einem Ersatzimmissionsort durchgeführt wurde, der 8,50 m näher an der Mehrzweckhalle bzw. am Getränkekühlcontainer situiert war, und dass selbst dabei nur ein Beurteilungspegel von 66 dB(A) erreicht wurde. Bei alledem ist zu bedenken, dass die Musikdarbietung bzw. der Festbetrieb auch an den beiden Festtagen mit der größten Belastung (Showbands) nach § 1 Abs. 2 der Volksfestverordnung („Die Sperrstunde in der Festhalle wird auf 24:00 Uhr festgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt dürfen sich keine Gäste mehr in der Festhalle aufhalten. Der Bierausschank und die Musikveranstaltungen sind bereits um 23:30 Uhr einzustellen. […]“) gesichert um 23:30 Uhr bzw. um Mitternacht enden. Der Schutz der Nachtruhe ist damit gewährleistet.

Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden von Klägerseite nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen.

Da die Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie somit bei weitem eingehalten werden, kann dahinstehen, dass bei Veranstaltungen wie dem H. Volksfest, das angesichts der Ausführungen des Beigeladenen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung ist und das bei vielen Bewohnern einen hohen Stellenwert besitzt, von einem verständigen Durchschnittsmenschen die mit ihnen verbundenen Lärm- und Geräuschentwicklungen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden (sollten) als sonstige Immissionen (z.B. BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 - juris); d.h., dass bei derartigen Veranstaltungen selbst eine deutliche Überschreitung der in der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar wäre (vgl. HessVGH, U.v. 25.2.2005 - 2 UE 2890/04 - juris; VGH BW, U.v. 13.12.1993 - 8 S 1800/93 - juris).

f) Dass der Bescheid schließlich eine sog. zielorientierte Festlegung von Immissionsrichtwerten vermissen lässt, ist ein Folgefehler (vgl. lit. a), aber angesichts dessen, dass spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung umfangreiche Gutachten und v.a. eine Messung in der Worst-Case-Situation dazu vorlagen, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte deutlich unterschritten werden, unschädlich. Die Festlegung von Immissionsrichtwerten ist kein Selbstzweck, sondern eine präventive Regelungsmöglichkeit für den Lärmschutz, wenn voraussichtlich gewährleistet werden kann, dass die festgelegten Immissionsrichtwerte im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden (vgl. u.a. BayVGH, B.v. 18.10.2017 - 9 CS 16.883 -; U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 -; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 -; B.v. 10.2.2012 - 15 ZB 10.97 -; B.v. 17.8.2010 - 15 CS 10.981 -; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945 -; jeweils zitiert nach juris). Vorliegend steht selbst für das Worst-Case-Szenario „Showbandauftritt bei vollem Festbetrieb“ - und damit für eine Situation, die über den Regelbetrieb weit hinausgeht - aufgrund einer Schallmessung (Retrospektive) unter Einbeziehung aller Lärmquellen fest, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte um mindestens 4 dB(A) unterschritten werden. Damit ist den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots Genüge getan. Da der Beigeladene ohnehin die unmittelbar aus § 22 Abs. 1 BImSchG folgende Pflicht hat, seine nach Immissionsschutzrecht nicht genehmigungspflichtige Anlage so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden (vgl. auch Nr. 2 Abs. 1 Freizeitlärm-Richtlinie), ist es in erster Linie seine Sache, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen und dauerhaft einzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2006 - 15 ZB 04.2453 - juris). Das gewählte Mittel - die durch die Baugenehmigung bei Betrieb verbindlich vorgegebene Einhausung - ist vollumfänglich geeignet, den Schutz der Klägerin sicherzustellen. Letztere wird in einer derartigen Situation allein durch die formal fehlende Festlegung von Immissionsgrenzwerten nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. z.B. auch OVG NW, U.v. 18.2.2013 - 2 A 2135/11 - juris).

Solange bestimmbar ist, was der „regelmäßige Betrieb“ ist (dazu Ziff. 1), folgt aus der fehlenden Festschreibung im Übrigen auch kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (vgl. BayVGH, U.v. 16.10.2013 - 15 B 12.1808 - juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene hat sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, der Klägerin auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 22 Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwi

Gewerbeordnung - GewO | § 69 Festsetzung


(1) Die zuständige Behörde hat auf Antrag des Veranstalters eine Veranstaltung, die die Voraussetzungen der §§ 64, 65, 66, 67 oder 68 erfüllt, nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz für jeden Fall der Durchführung festzusetzen. Auf Antrag kö

Gewerbeordnung - GewO | § 60b Volksfest


(1) Ein Volksfest ist eine im allgemeinen regelmäßig wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern unterhaltende Tätigkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 ausübt und Waren feilbietet, die üblicherweise auf Ver

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Tenor

I. Der Bescheid vom 14. Mai 2018 wird aufgehoben.

II. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben der Beklagte und der Beigeladene je zur Hälfte zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.

Das Bauvorhaben bezieht sich auf FlNr. 181, Gem. W. (i.F. Vorhabengrundstück), dem örtlichen Festgelände, bebaut mit einer Mehrzweckhalle. Die Klägerin ist Eigentümerin des Flurstücks 227/3, Gemarkung W., das nordwestlich an das Festgelände angrenzt, wenn auch nicht - isoliert betrachtet - an das Bauvorhaben selbst (sog. Bereich A, vgl. Anlage 2, Seite 1 des als Anlage BG 8 vorgelegten Gutachtens Bericht 4919.a3 der I. KG vom 17. Juli 2018). Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.

Der einen Abweichungsantrag enthaltende Bauantrag vom 12. Januar 2018 bzw. 15. Januar 2018 (Bl. 4ff. d. BA) weist Folgendes als Vorhaben aus: „Tekturantrag: Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke sowie Aufstellung eines Containers - handschriftlich wurde hier mit Kugelschreiber das Wortfragment ‚Getränkekühl-‘ gestrichen und folgender Kommentar eingefügt: ‚Änderung siehe E-Mail vom 9. Mai 2018‘ - bei der bestehenden Mehrzweckhalle, hier: Entfall der Einhausung“.

Unter dem 31. Mai 2017 erteilte das Landratsamt … … (i.F.: Landratsamt) dem Beigeladenen bereits eine (Ursprungs-) Baugenehmigung (Az. 30/602 BV VI 20171157) für den „Anbau einer Schallschutzeinhausung im Bereich der Schänke, sowie Aufstellung eines Getränkekühlcontainers bei der best. Mehrzweckhalle“, die Streitgegenstand des Parallelverfahrens M 9 K 17.3051 ist.

Der Beigeladene stellte unter dem 31. Januar 2018 im Wege der laufenden Verwaltung das Einvernehmen mit dem hier streitgegenständlichen Bauvorhaben her (Bl. 8ff. d. BA).

Im Behördenakt findet sich auf Bl. 28 die E-Mail vom 9. Mai 2018, auf die im Bauantrag (vermutlich) Bezug genommen wird. Das Landratsamt informiert darin Vertreter des Beigeladenen darüber, dass wegen Nichteinhaltung des notwendigen Brandabstandes von 5 m eine Abstimmung dahingehend erfolgt sei, dass von einem leeren Container mit geschlossener Außenhaut keine Brandgefahr ausgehe - soweit der Prüfungsumfang des Landratsamtes im vereinfachten Genehmigungsverfahren gehe, stelle die Errichtung des Containers („einschließlich der zeitweiligen Lagerung von Getränken“) also kein Problem dar. Der Betrieb des Kühlaggregats zur Volksfestzeit sei aber nicht im Genehmigungsumfang enthalten; mit Einverständnis des Beigeladenen werde deshalb der Betreff in „Errichtung eines Containers“ angepasst, was der überwiegenden Nutzung des Bauvorhabens entspreche. Die Verhütung von Bränden, die von dem Aggregat ausgehen könnten, liege in der Verantwortung des Beigeladenen, hierzu werde eine „klarstellende Auflage“ in den Baugenehmigungsbescheid aufgenommen.

Mit als „Baugenehmigungsbescheid“ überschriebenem streitgegenständlichem Bescheid vom 14. Mai 2018 (Az. 30/602 BV VI 20180171) wurde das Bauvorhaben antragsgemäß und unter Bezugnahme auf die Bauvorlagen vom 14. Mai 2018 genehmigt. Hinsichtlich FlNr. 225, Gemarkung W., wurden Abweichungen von Art. 6 BayBO und von Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO bzw. Art. 28 Abs. 2 BayBO erteilt. Die angekündigte „klarstellende Auflage“ findet sich nicht.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben mit Schriftsatz vom 18. Juni 2018 Klage gegen den Bescheid erhoben. Mit Klagebegründung vom 21. September 2018 beantragen sie, den Bescheid aufzuheben.

Die Nachbarklage sei zulässig und begründet. Streitgegenstand sei vorliegend nur die Änderungsgenehmigung; diese beinhalte keine Teile der Ursprungsgenehmigung, die Einhausung sei entfallen und der Nutzungszweck der baulichen Anlage habe sich geändert („Getränkekühlcontainer“ / „Container“). Das Bauvorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme, weil für die Klägerin als Nachbarin schädliche Lärmimmissionen durch den Betrieb der Halle drohten. Hinsichtlich der Frage des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen sei auf die Halle als abgeänderte Gesamtanlage und nicht etwa isoliert auf das Änderungsvorhaben („Container“) abzustellen. Das folge aus dem räumlichen Zusammenhang des Containers zur Halle und aus dem funktionalen Zusammenhang zwischen Halle und Container: Durch ihn werde im Ergebnis der Ausschankbereich der Halle vergrößert, da er offenbar der Lagerung von Getränken und als erweiterter Schankbereich bzw. erweiterte Nutzfläche diene. Eine selbstständige Benutzbarkeit sei abwegig und aufgrund dessen, dass eine Betriebsbeschreibung fehle, nicht erkennbar; auf eine unmittelbare bauliche Verbindung - die mit Entfall der Einhausung nicht mehr bestehe - komme es nicht an. In diesem Zusammenhang gelte es weiter zu berücksichtigen, dass die Halle nicht nur um das streitgegenständliche Bauvorhaben, sondern - unter dem Deckmantel der Verfahrensfreiheit - um weitere bauliche Anlagen erweitert werde („Bereiche B und C“); diese Anlagen seien einzubeziehen und die Genehmigungsfrage sei in toto neu aufzuwerfen. Von alledem abgesehen stelle das Bauvorhaben auch eine Nutzungsänderung der bestehenden baulichen Anlage dar. Diese sei darin zu sehen, dass der bislang im Innenbereich der Halle stattfindende (Ausschank-) Betrieb bzw. die dort bestehende Nutzfläche zur Bewirtschaftung auf die Freifläche des Grundstücks ausgedehnt werde. Für eine ähnliche Sachverhaltskonstellation habe der BayVGH bereits entschieden, dass die Erweiterung eines Gaststättenbetriebs von „drinnen“ nach „draußen“ eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstelle. Die Variationsbreite der bisherigen Gaststättennutzung des Gebäudes werde durch das Vordringen der gewerblichen Nutzung auf eine Freifläche des Grundstücks verlassen; dadurch seien nach der Entscheidung insbesondere die ausgehenden Lärmemissionen neu zu prüfen (BayVGH, B.v. 31.7.2003 - 2 B 00.3282 - juris). Durch den Verlust der „Pufferfreiflächen“ zu den Nachbarn würden weiter bodenrechtliche Belange tangiert und müssten neu bewertet werden. Gemessen an der notwendigen Gesamtbetrachtung sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme feststellbar bzw. könne ein solcher Verstoß zumindest nicht ausgeschlossen werden. Durch das Ursprungsvorhaben und v.a. durch Entfall der Einhausung habe dem Landratsamt bewusst sein müssen, dass Veränderungen bzw. Verschlechterungen im Bereich der Immissionsverhältnisse zu erwarten seien. Die Behördenakte deute aber darauf hin, dass das Landratsamt die Lärmimmissionen überhaupt nicht neu beurteilt habe, sondern - unzutreffend - davon ausgegangen sei, dass aufgrund der fehlenden Überdachung eine Überprüfung der ganzen Halle nicht notwendig sei. Eine „Überprüfung“ habe ergeben, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte bei Veranstaltungen, die der Beigeladene in den vergangen Jahren durchgeführt habe und die er wohl auch zukünftig durchführen werde, nicht eingehalten würden. „Nach einer vom Beigeladenen unlängst in Auftrag gegebenen schalltechnischen Untersuchung“ seien beim Hallenbetrieb während des Volksfestes am Wohnhaus der Klägerin zur Nachtzeit zu erwartende Beurteilungspegel von 67 dB(A) prognostiziert worden, was eine Überschreitung der TA Lärm-Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete bedeute; die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI (i.F.: Freizeitlärm-RL) könne keine Anwendung finden. Weiter sei die Klage hilfsweise auch begründet wegen Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung. Aus ihnen ergebe sich nicht zweifelsfrei, welche Lärmbeeinträchtigungen von dem beantragten Bauvorhaben nach der Erweiterung ausgingen. Vor dem Hintergrund der Maßgeblichkeit der Gesamtanlage hätte es zuvörderst der Vorlage eines detaillierten Betriebskonzeptes/einer Betriebsbeschreibung bedurft, aus der ersichtlich sei, welche Veranstaltungen in der Halle als Gesamtanlage künftig abgehalten werden sollten. Auch sei die Nutzung des „Containers“ unklar, insbesondere, inwiefern durch den Zugang zum „Container“ durch Personal Lärmbeeinträchtigungen einhergingen. Schließlich seien die Eingabepläne widersprüchlich: Die Änderung von „Getränkekühlcontainer“ in „Container“ im als „Tekturplan“ genehmigten Plan sei nicht im Wege eines Roteintrags erfolgt und damit nicht gesichert, im Übrigen werde die Anlage in den genehmigten Plänen („Grundriss“ und „Schnitt A-A/Ansicht“) als „Getränkekühlcontainer“ bezeichnet. Es sei unklar, welches Vorhaben tatsächlich genehmigt worden sei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 wird ausgeführt: Im Zusammenhang mit der Genehmigung des Containers sei keine Gesamtbetrachtung im Verbund mit der Halle vorzunehmen gewesen, insbesondere nicht im Hinblick auf immissionsschutzfachliche Gesichtspunkte. Der Container sei, u.a. aufgrund fehlenden räumlichen Zusammenhangs, funktional unabhängig von der Mehrzweckhalle zu betrachten. Er könne aufgrund der Baugenehmigung ganzjährig für alle möglichen Zwecke benutzt werden, nicht nur in Kombination mit der Mehrzweckhalle. Sofern der Container an elf Tagen während des Volksfestes als Getränkekühlcontainer genutzt werde, sei diese Nutzung untergeordnet und bedeute nicht zwangsweise eine Gesamt- bzw. Neubetrachtung der Mehrzweckhalle in immissionsfachlicher Sicht. Im Übrigen hätte auch eine immissionsschutzfachliche Gesamtbetrachtung keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ergeben. Es lägen „mittlerweile“ schalltechnische Untersuchungen vor, die auch bei einer Gesamtbetrachtung die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte am klägerischen Grundstück belegten. Die Bestimmungen der Freizeitlärm-RL seien anwendbar. Auch eine Unbestimmtheit der Bauvorlagen und der Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Da es sich nicht um eine Gesamtanlage handele, sei weder ein detailliertes Betriebskonzept noch eine Betriebsbeschreibung notwendig gewesen. Durch die Errichtung des Containers vermehrten sich die von der Halle ausgehenden Immissionen jedenfalls nicht.

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen legte mit Schriftsätzen vom 1. Oktober 2018 bzw. 8. Oktober 2018 auf Anforderung des Gerichts u.a. sechs Schallgutachten vor. Daraus wird ersichtlich (vgl. Anlage BG 8), dass sich der vorliegend streitgegenständliche Container an einem als Bereich A definierten Standort befindet; weiter südwestlich gibt es im nördlichen Bereich hinter der Halle noch einen Bereich B („Einhausung Küche“) und einen Bereich C („Grenzgarage“).

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Maßgeblich sei nur der Tekturbescheid; der Ursprungsbescheid habe sich durch den Tekturbescheid geändert. Eine Gesamtbetrachtung des Containers mit der Halle sei abzulehnen. Der Container schaffe eine Unterstellmöglichkeit für die Einhausungselemente, ohne einen funktionalen Zusammenhang zur Halle herzustellen. Auf den Vortrag im Übrigen wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins. Der Container stellt sich demnach als massiver, ortsfester und aufgeständeter Container dar, dessen Inneres zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme gefüllt war mit Einhausungselementen für die Bereiche A und B. Auf die Feststellungen im Übrigen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte im hiesigen und im Parallelverfahren M 9 K 17.3051, insbesondere auf die Niederschrift zum Augenschein und zur mündlichen Verhandlung, jeweils vom 10. Oktober 2018, weiter insbesondere auch auf die gerichtsseitig angeforderte Schalltechnische Untersuchung der Fa. abc. vom 30. Mai 2017, Bericht Nr. 1028_4 (Anlage BG 4).

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie ist nachbarrechtsrelevant unbestimmt, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, da unklar ist, was „das Vorhaben“ sein soll (1.) und da für den wahrscheinlichsten, aber nicht sicher bestimmbaren Betriebszustand feststünde, dass das Gebot der Rücksichtnahme zulasten der Klägerin verletzt würde (2.).

Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein, d.h. sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 - 15 CS 17.2523 - juris). Dies betrifft insbesondere die mit dem Baugenehmigungsbescheid genehmigten Bauvorlagen. Ein Nachbar hat zwar keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie und vollständige Bauvorlagen einreicht. Nachbarrechte können aber dann verletzt sein, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte verstößt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 - 15 B 16.1001 - juris; B.v. 5.7.2017 - 9 CS 17.603 - juris; jeweils m.w.N.).

1. Vorliegend ist unklar, was Gegenstand des „Baugenehmigungs-Bescheids“, Az. 30/602 BV VI 20171157, ist.

Wollte man davon ausgehen, dass das Landratsamt tatsächlich gleichsam nur einen „leeren Container“ genehmigen wollte ohne konkrete Funktions- bzw. Nutzungsweise, so ist das bereits deshalb unzulässig, weil Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung und Genehmigung stets eine bauliche Anlage in ihrer durch die Nutzung bestimmten Funktion als Einheit, d.h. ein konkret funktionsbezogenes Vorhaben ist (statt aller Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, Art. 68 Rn. 14 m.w.N.); für die Klägerin ist - dieses Verständnis zugrunde gelegt - unklar, für welche Zwecke der „Container“ in nächster Nähe zu ihrem Grundstück aufgestellt wird, womit ihr die Prüfung, ob und in welchem Umfang sie durch diese bauliche Anlage betroffen ist, d.h. auch, ob Nachbarrechte tatsächlich verletzt sind/werden, unmöglich gemacht wird.

Im Übrigen sind die Bauvorlagen auch widersprüchlich: Zwar wurde die Vorhabenbezeichnung durch Streichung des Wortfragments „Getränkekühl-“ geändert, der Grundriss aber sieht weiterhin einen „Getränkekühlcontainer“ vor. Es ist somit nach Aktenlage unklar, ob nun ein „leerer Container“ oder ein „Getränkekühlcontainer“ genehmigt werden sollte - diese Unschärfe zieht sich bis in die Klageerwiderung, die für bestimmte Zeiten (Volksfest) wiederum von einem Getränkekühlcontainer spricht. Da ein Getränkekühlcontainer, gerade zu Volksfestzeiten, aber gänzlich anders zu beurteilen ist als ein Container, in dem nur und ausschließlich Gegenstände gelagert werden, führt auch die Widersprüchlichkeit zur Aufhebung der Baugenehmigung.

Ergänzend sei angemerkt, dass es in Zusammenschau mit den Genehmigungsunterlagen des Parallelverfahrens M 9 K 17.3051 (Baugenehmigungsbescheid 30/602 BV VI 20171157) zwar im Bereich des Möglichen liegt, dass nur die Aufstellung eines leeren oder mit Einhausungselementen gefüllten Containers „über’s Jahr hinweg“ - d.h. zu Nichtvolksfestzeiten -, legitimiert werden sollte, quasi als eine Art „Kumulativgenehmigung“: Demnach wäre die Einhausung zur Volksfestzeit nach der dortigen Genehmigungslage zulässig, im Übrigen soll dann wohl auf die „Tekturplanung“ zurückgegriffen werden. Auch diese Überlegungen aber zeigen - unabhängig von einer rechtlichen Zulässigkeit dieses Ansatzes -, dass bereits unklar ist, was das Vorhaben i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB sein soll; außerdem wäre die Tekturgenehmigung dann schlicht überflüssig.

2. Die Baugenehmigung würde für den wahrscheinlichsten, aber nicht sicher bestimmbaren Betriebszustand „Getränkekühlcontainer ohne Einhausung“ das im Zweifel aus § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB (Gemengelage) herzuleitende Gebot der Rücksichtnahme verletzen. Da beide Grundstücke - das Baugrundstück und das der Klägerin - im unbeplanten Innenbereich liegen, erübrigt sich eine weitere Festlegung, ob ein sog. faktisches Baugebiet besteht und ob das Gebot der Rücksichtnahme dementsprechend an § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO festzumachen wäre, da sich die Parameter für die Prüfung - bei Heranziehung von Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-RL - dadurch nicht ändern.

Gegenstand der Prüfung ist der auf den „Tekturantrag“ hin ergangene „Baugenehmigungs-Bescheid“, Az. 30/602 BV VI 20180171. Der vorliegend genehmigte Container oder Getränkekühlcontainer ohne Einhausung stellt ein aliud dar zum im Verfahren M 9 K 17.3051 streitgegenständlichen Getränkekühlcontainer mit Einhausung, was bereits - unabhängig davon, dass Tektur- und Änderungsgenehmigungen die ursprünglichen Grundgenehmigungen rechtlich ohnehin bestehen lassen (Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, BayBO Art. 68 Rn. 117) - aus der völlig unterschiedlich zu beurteilenden Immissionsbelastung folgt. Zugleich ist der Streitgegenstand wenigstens insofern abschließend und hinreichend bestimmt festgelegt, als dass die Bereiche B und C nicht Teil der Baugenehmigung sind. Davon zu unterscheiden ist - worauf die Klägerbevollmächtigten mehrfach hingewiesen wurden - die Frage, ob eine immissionsschutzrechtliche Bewertung diese Bereiche ausklammern könnte (siehe dazu sogleich).

Nach den beigezogenen Schallgutachten ist davon auszugehen, dass eine Erweiterung der Halle durch einen Getränkekühlcontainer ohne Einhausung im sog. Bereich A, der alleine streitgegenständlich ist, zu schädlichen Umwelteinwirkungen für die Klägerin führt, § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG.

Den Klägerbevollmächtigten ist darin zuzustimmen, dass das Bauvorhaben hinsichtlich der Immissionsbelastung nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Halle zu betrachten ist - hier sind auch die Emissionen der Bereiche B und C zu berücksichtigen. Der (Getränkekühl-) Container erweitert die Halle und ist nicht funktional unabhängig von ihr. Wenn das Landratsamt darauf abstellen will, dass der (Getränkekühl-) Container „ganzjährig für alle möglichen Zwecke“ und „nicht nur in Kombination mit der Mehrzweckhalle“ genutzt werden könne, so ergeben sich diese „möglichen Zwecke“ in keiner Weise aus den Genehmigungsunterlagen (siehe auch Ziff. 1) und entsprechen nicht dem Willen des Bauherren (vgl. den Schriftsatz vom 8. Oktober 2018); diese Sichtweise ist im Übrigen realitätsfern. Der Augenschein und die Aussagen in der mündlichen Verhandlung haben die Annahmen der Gutachten und die Stellungnahme des Beigeladenen bestätigt, dass der (Getränkekühl-) Container mit Kühlaggregaten versehen ist, zu Volksfestzeiten als Getränkekühlcontainer betrieben wird und „unter dem Jahr“, d.h. zu Zeiten, in denen kein Volksfest stattfindet, nur zur Lagerung der Einhausungselemente genutzt wird - womit der Container auch vollends „gefüllt“ ist -, die temporär zu Volksfestzeiten u.a. im sog. Bereich A zwischen Halle und Nebenlage angebracht werden. Letzteres entspricht so auch der im Verfahren M 9 K 17.3051 streitgegenständlichen Baugenehmigung. Selbst wenn man der Argumentation des Landratsamts folgen wollte, so kann die Nutzung zu Volksfestzeiten - als Getränkekühlcontainer, vgl. neben den Aussagen des Beigeladenen auch den Grundriss und im Übrigen explizit auch die Klageerwiderung vom 5. Oktober 2018 - nicht als untergeordnet betrachtet werden, da hier gerade die größten Belastungen für die Klägerin zu erwarten sind. Mit der Nutzung als Getränkekühlcontainer aber geht bereits denklogisch eine funktionelle Erweiterung der Halle - Vergrößerung des Ausschankbereichs - einher.

Zur Situation „Getränkekühlcontainer ohne Einhausung“ verhält sich, soweit ersichtlich, nur die Schalltechnische Untersuchung der Fa. abc. vom 30. Mai 2017, Bericht Nr. 1028_4, vom Bevollmächtigten des Beigeladenen vorgelegt als Anlage BG 4 (i.F.: Gutachten BG 4), was sich dadurch erklärt, dass die übrigen Gutachten bzw. Messberichte (fünf weitere Untersuchungen) davon ausgingen, dass der Bereich A eingehaust wird. Im Gutachten BG 4 wird für ein als „Istzustand“ bezeichnetes Szenario (S. 18 i.V.m. S. 28f.) rechnerisch festgestellt, dass bei einem freistehenden Getränkekühlcontainer, verbunden mit der Halle nur über eine kleine Dachfläche - d.h. ohne komplette Überdachung des „Spalts“ zwischen Halle und Container und ohne Seitenwände -, für die Beurteilungssituationen „Volksfest, Showkapelle ab 19 Uhr“ bzw. „Volksfest, Volksmusik“ nachts mit erheblichen Immissionsrichtwertüberschreitungen - 68 db(A) bzw. 73 dB(A) statt nach Freizeitlärm-RL erlaubten 55 dB(A) - zu rechnen ist. Wieso dieses Szenario als „Istzustand“ bezeichnet wird, ergibt sich aus der Bauvorlage, in der als Bestand ein etwas weiter südwestlich aufgestellter Container mit einem kleinen Vordach über dem Hallenrolltor dargestellt ist. Dass die Ergebnisse des Gutachtens BG 4 auf die jetzige Genehmigungslage übertragbar sind, folgt daraus, dass der (Getränkekühl-) Container nur um 2,40 m nach Nordwesten verschoben wird und das Vordach entfällt; an der Situierung des Rolltors (Hallenöffnung) ändert sich nichts. Wollte man dagegen vertreten, dass die Gutachteninhalte BG 4 zur Betriebsweise „Istzustand“ nicht übertragbar sind, so liegt überhaupt keine immissionsschutzrechtliche Bewertung für das Szenario „Getränkekühlcontainer ohne Einhausung“ vor.

Das Gericht ist bei alledem nicht gehalten, weitergehend „herauszusuchen“, welche Emissionen nun tatsächlich vom nicht eingehausten Bereich A ausgehen und welche von den Bereichen B und C. Eine selektive Betrachtung der Lärmemissionen scheidet aus, wenn insgesamt ein lärmrelevanter „Freizeitbereich“ gegeben ist (vgl. nur VGH BW, U.v. 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 19.11.2002 - 7 B 137/02 - BeckRS 2003, 20110, dort so beurteilt selbst für mehrere unabhängige Gebäude: Jugendhaus, Stadthalle). Bei einer technischen Nebenanlage wie dem Getränkekühlcontainer macht eine gesonderte Bestimmung isoliert „seiner“ Emissionen - und daraus folgend: „seines“ Immissionsbeitrags - keinen Sinn.

Ergänzend ist anzumerken, dass auch angesichts der E-Mail vom 9. Mai 2018 (Bl. 28 d. BA) unter Geltung hiesiger Genehmigungslage klar beabsichtigt ist, die Kühlaggregate während der Volksfestzeiten weiter zu betreiben; der „juristische Winkelzug“, mit dem Letztere im Hinblick auf Brandschutzfragen ausgeklammert werden sollten, spielt für die Immissionsbewertung keine Rolle.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten waren getrennt auszuweisen, da der Beklagte ansonsten teilweise außergerichtliche Kosten des Beigeladenen zu tragen gehabt hätte. Dass sich der Beigeladene billigerweise an der Kostentragung im Übrigen zu beteiligen hat, folgt daraus, dass er sich durch Antragstellung in ein Kostenrisiko begeben hat. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708ff. ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke (FlNr. ... und ... der Gemarkung Z...) gegen eine dem Beigeladenen unter dem 30. Mai 2017 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Neubau Wohn- und Geschäftshaus mit Mittelgarage“ auf dem (getrennt durch die öffentliche Verkehrsfläche FlNr. ...) südlich benachbarten Baugrundstück (FlNr. ... und FlNr. ...2 sowie südlicher Teil der FlNr. ...).

Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des am 27. Juni 2016 bekannt gemachten vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. ... „Wohn- und Geschäftshaus B...“ der Stadt Z... Gegen diesen hat der Antragsteller beim Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gestellt (15 N 17.1175), über den noch nicht entschieden wurde. Nachdem der Beigeladene ursprünglich die Bauunterlagen der Stadt im Genehmigungsfreistellungsverfahren am 25. Mai 2016 vorgelegt hatte, hat das Landratsamt R... auf Antrag der Stadt vom 30. Mai 2016 das (vereinfachte) Genehmigungsverfahren durchgeführt. Die streitgegenständliche Baugenehmigung erging unter (maßgeblich den südlichen Gebäudeteil betreffenden) Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans sowie unter diversen zugelassenen Abweichungen von brandschutzbezogenen Regelungen des Bauordnungsrechts. Nach den genehmigten Plänen sind eine offene Parkgarage im Erdgeschoss, Ladennutzung im 1. Obergeschoss, ein Bürokomplex sowie ein „Fitness“-Bereich im 2. Obergeschoss sowie im Dachgeschoss eine Wohnnutzung mit Dachterrasse vorgesehen.

Den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner am 30. Juni 2017 erhobenen Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 30. Mai 2017 anzuordnen, hat das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 22. November 2017 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung – unabhängig davon, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan gültig sei oder nicht – mangels Rechtsverletzung voraussichtlich keinen Erfolg habe.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren weiter. Zusammengefasst trägt er im Beschwerdeverfahren vor, es sei aufgrund der beengten örtlichen Situation offen, wie die Stellplätze im Erdgeschossbereich des geplanten Neubaus angefahren werden könnten. Für größere Fahrzeuge (Müllabfuhr, Winterdienst, Lastkraftwagen, An- und Ablieferungen größeren Ausmaßes) fehle eine Wendemöglichkeit, sodass es auch insoweit erhebliche Lärmbelästigungen der Anwohner geben werde. An Ort und Stelle drohe ein Chaos. Das genehmigte Bauvorhaben verletze zudem die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften und wahre deshalb auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Die Baugenehmigung sei wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans zudem unbestimmt.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. November 2017 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 30. Mai 2017 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Aus seiner Sicht habe sich das Erstgericht mit allen in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Gesichtspunkten bereits erschöpfend und zutreffend auseinandergesetzt. Die Erwägungen zur Zulässigkeit des Vorhabens für den Fall, dass der Bebauungsplan unwirksam sein sollte, seien erkennbar hilfsweise angestellt worden. Die vom Antragsteller angesprochenen abstandsflächenrechtlichen Fragen seien von vornherein nicht geeignet, die Richtigkeit des Beschlusses des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen, weil im vereinfachten Verfahren keine Abstandsflächen zu prüfen seien.

Der Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen,

und führt hierzu aus, aus den in den Akten befindlichen Plänen sei erkennbar, dass durch die Verringerung der Größe des geplanten Vorhabens die öffentlich nutzbaren Flächen größer geworden seien. Eine Verschlechterung des ursprünglichen Zustands sei somit nicht gegeben. Der Antragsteller habe seine Behauptungen zu beengten Verhältnissen hinsichtlich des an- und abfahrenden Verkehrs nicht durch stichhaltige Argumente untermauert. Die Befürchtung eines Chaos wegen fehlender Wendemöglichkeit sei abwegig, zumal es bereits mit den alten engeren Wegen nicht zu Beschwerden hinsichtlich der Versorgungsfahrzeuge gekommen sei. Das Verwaltungsgericht habe schlüssig und widerspruchsfrei sowohl eine Verletzung des Abstandsflächenrechts als auch des Rücksichtnahmegebots verneint. Auch sei der notwendige Abstand zu dem westlich gelegenen Gebäude eingehalten. Dieses stehe in seinem Eigentum und solle bei nächster Gelegenheit ohnehin abgebrochen werden. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend ausgeführt, dass sich das geplante Vorhaben auch ohne einen neuen Bebauungsplan in die nähere Umgebung einfüge.

Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Antragsgegner ergänzend mit, dass Baugenehmigungen und sonstige Bauakten für den Altbestand (B... 3 und 5) weder beim Landratsamt noch bei der Stadt Z... existieren. Zur Verdeutlichung des zwischenzeitlich bereits abgebrochenen Altbestands legte der Antragsgegner Lichtbilder vor, auf die verwiesen wird. Hinsichtlich des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich des anhängigen Normenkontrollverfahrens 15 N 17.1175) und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache hat keinen Erfolg.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Nachbarn – wie hier der Antragsteller – können sich als Dritte auch im Verfahren gem. § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auch auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt ist (sog. Schutznormtheorie, vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 86 m.w.N.). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Aus den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist geltend gemachten Beschwerdegründen‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ ist nicht ersichtlich, dass die Klage in der Hauptsache Erfolg hätte (im Folgenden 1. und 2.). Selbst wenn über die vom Antragsteller ausdrücklich vorgebrachten Argumente und damit über den engen Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hinaus von Seiten des Senats weitere Aspekte des Park- und Anlieferlärms in die Beschwerdeprüfung einbezogen werden und ein Erfolg der Anfechtungsklage dann als offen zu bewerten wäre, fällt eine dann vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung dennoch zu Lasten des Antragstellers aus (unten 3.).

1. Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots setzt voraus, dass ein einschlägiger Bebauungsplan für eine solche noch offen ist. Daran fehlt es, wenn der in Frage stehende Nutzungskonflikt bereits auf der Ebene des Bebauungsplans abgewogen worden ist; in diesem Fall ist das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrunde liegenden Abwägung aufgegangen, es ist von der planerischen Abwägung gleichsam „aufgezehrt“ (BVerwG, U.v. 12.9.2013 – BVerwGE 147, 379 = juris Rn. 20).

Der ein Mischgebiet ausweisende vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. ... „Wohn- und Geschäftshaus B...“ wurde speziell für das Vorhaben des Beigeladenen erlassen. In den textlichen Festsetzungen finden sich zum Maß der baulichen Nutzung Regelungen zur Wand- und zur Firsthöhe. Hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche sind geschossweise differenzierte Baugrenzen festgesetzt. In Absatz 9 der textlichen Festsetzungen werden Unterschreitungen der nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderlichen Abstandsflächen gem. Art. 6 Abs. 5 Satz 3 BayBO für zulässig erklärt. In der Schlussabwägung zum Bebauungsplan am 20. Juni 2016 hat sich der Grundstücks- und Bauausschuss der Stadt Z... in Reaktion auf die im Verfahren der Bauleitplanung erhobenen Einwendungen des Antragstellers auch mit den beengten Straßenverhältnissen (Wendemöglichkeit für Müllfahrzeuge), den Abstandsflächen, der Verschattungsproblematik sowie der Frage der Lärmbelastung durch Ziel- und Quellverkehr auseinandergesetzt. In der Begründung des Bebauungsplans werden sowohl die Platzverhältnisse mit Blick auf die Abfallentsorgung und den Winterräumungsdienst (Nr. 4.2.4) als auch die Abstandsflächenfrage (Nr. 5.5) thematisiert.

Sollte der vorhabenbezogene Bebauungsplan, der vorbehaltlich einzelner im Rahmen der Baugenehmigung erteilter Befreiungen auf das genehmigte Neubauvorhaben des Beigeladenen zugeschnitten wurde, wirksam sein, wäre mithin zu hinterfragen, ob die angefochtene Baugenehmigung das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot aufgrund einzelner oder aller vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen (erdrückende Wirkung, Verschattung, chaotische Park- und Verkehrsverhältnisse aufgrund beengten Raums im Bereich des B...) womöglich deshalb nicht verletzen kann, weil diese Fragen im Rahmen der Abwägung womöglich einer endgültigen Konfliktbewältigung zugeführt worden sind. Diese Frage bedarf im vorliegenden Eilverfahren keiner Klärung, weil der Eilantrag des Antragstellers auch dann unbegründet ist, wenn im Baugenehmigungsverfahren Raum für die Prüfung der im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwendungen am Maßstab des Rücksichtnahmegebots verbleiben sollte (vgl. im Folgenden 2. und 3.). Insofern kann hier auch dahingestellt bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan als wirksam anzusehen ist oder nicht. Dies bleibt der Prüfung des Senats im Normenkontrollverfahren 15 N 17.1175 vorbehalten.

2. Geht man davon aus, dass trotz des vorhabenbezogenen Bebauungsplans eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich der im vorliegenden Beschwerdeverfahren geltend gemachten Einwendungen durch die Baugenehmigung möglich bleibt – wie in der folgenden Prüfung (auch unten 3.) unterstellt wird – und legt man gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein den Vortrag des Antragstellers zugrunde, ist nicht ersichtlich, dass die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung Erfolg haben kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Soweit der Antragsteller in Auseinandersetzung mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts vorträgt, dass die angefochtene Baugenehmigung die Abstandsflächenvorgaben des Art. 6 BayBO verletze bzw. mangels Abstandsflächenplans als Bestandteil der Bauunterlagen in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt sei, vermag dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

aa) Der Einwand des Antragstellers, das Vorhaben widerspreche Art. 6 BayBO, ist für die Frage des Erfolgs des Eilantrags und damit auch der vorliegenden Beschwerde irrelevant. Damit kann auch in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der vorhabenbezogene Bebauungsplan wirksam ist (und ob sich die Vorgaben des Abstandsflächenrechts daher aufgrund abweichender Bauleitplanung nach Art. 6 Abs. 5 Satz 3 und / oder Abs. 1 Satz 3 BayBO richtet) oder ob das Verwaltungsgericht unter der alternativen Prämisse der Unwirksamkeit des Bebauungsplans die abstandsflächenrechtliche Rechtsanwendung am Maßstab von Art. 6 BayBO im Einzelnen korrekt oder falsch durchgeführt hat.

Der Antragsteller kann sich zur Begründung eines Genehmigungsabwehranspruchs nicht unmittelbar auf eine Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften berufen. Denn die Feststellungswirkung der im vereinfachten Genehmigungsverfahren gem. Art. 59 Satz 1 BayBO erteilten Baugenehmigung umfasst Art. 6 BayBO nicht, weil im Genehmigungsverfahren eine Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO nicht beantragt wurde. Da Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO, wonach die Genehmigungsbehörde den Bauantrag im Falle eines Verstoßes gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften außerhalb des Prüfprogramms des Genehmigungsverfahrens ablehnen darf, nicht dazu bestimmt ist, nachbarlichen Interessen zu dienen, kann sich auch hieraus kein erweiterter Nachbarschutz ergeben (zum Ganzen vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn. 16; B.v. 16.10.2012 – 15 ZB 11.1016 – juris Rn. 4; B.v. 12.12.2013 – 2 ZB 12.1513 – juris Rn. 3; B.v. 17.8.2015 – 2 ZB 13.2522 – juris Rn. 10 f.; B.v. 18.7.2016 – 15 ZB 15.12 – juris Rn. 17; B.v. 7.12.2016 – 9 CS 16.1822 – juris Rn. 17; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht).

Der Antragsteller kann einen voraussichtlichen Erfolg seiner Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung auch nicht mit der Einwendung begründen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO auf die Einhaltung des (drittschützenden) bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme geschlossen. Auch für das Verwaltungsgericht war die von ihm angenommene Einhaltung der Vorgaben des Abstandsflächenrechts nur eine von mehreren Erwägungen, die aus seiner Sicht dafür sprachen, dass dem Vorhaben keine erdrückende Wirkung zukomme. Es hat darüberhinausgehend ausgeführt, es sei nicht erkennbar, dass von dem geplanten Vorhaben derart gravierende Auswirkungen, wie sie in der Rechtsprechung für die Annahme einer im Einzelfall erdrückenden Wirkung diskutiert würden, ausgingen, und dabei darauf hingewiesen, dass die Gebäude des Antragstellers – getrennt durch eine Straße – (teilweise) schräg gegenüber dem Vorhaben des Beigeladenen situiert und von diesem insgesamt mindestens 15 m entfernt seien.

Dem Gebot der Rücksichtnahme, das vorliegend über § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Fall der Wirksamkeit der Baugenehmigung), über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Fall eines sog. „faktischen Baugebiets“ bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans) oder über den Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB (im Falle einer sog. „Gemengelage“ bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans) Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet, kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).

Allein aus einer (behaupteten) Verletzung des Abstandsflächenrechts und aus den speziell vom Abstandsflächenrecht anvisierten Schutzzielen (insbesondere bezüglich der Belichtung) kann nicht automatisch auf die Verletzung des Rücksichtnahmegebots geschlossen werden. Auch wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften grundsätzlich eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme darstellen, kann hieraus im Umkehrschluss nicht gefolgert werden, dass jede Verletzung der Abstandsflächenvorschriften auch eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nach sich zieht. Denn das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Grundstückseigentümer nicht das Recht, von jeder (auch) rechtswidrigen Veränderung auf dem Nachbargrundstück verschont zu bleiben. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit durch die Nichteinhaltung des erforderlichen Grenzabstands die Nutzung des Nachbargrundstücks tatsächlich unzumutbar beeinträchtigt wird. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht). Hierzu hat die Antragstellerseite in der Beschwerdebegründung allerdings nichts vorgetragen und sich insbesondere nicht substanziiert mit den einzelfallbezogenen Wertungen des Erstgerichts auseinandergesetzt.

Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch unveröffentlicht) kann eine abriegelnde oder erdrückende Wirkung in Folge des Nutzungsmaßes eines Bauvorhabens ungeachtet des grundsätzlich fehlenden Nachbarschutzes bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung als unzumutbare Beeinträchtigung nur bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht kommen. Hauptkriterien bei der Beurteilung einer erdrückenden oder abriegelnden Wirkung sind mithin – neben der bloßen Distanz – insbesondere die besonderen Belastungswirkungen aufgrund der Höhe und der Länge des Bauvorhabens auf das benachbarte Wohngebäude (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – DVBl. 1981, 928 = juris Rn. 32 ff.: elf- bzw. zwölfgeschossiges Gebäude in naher Entfernung zu zweieinhalb geschossigem Wohnhaus; BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – DVBl. 1986, 1271 = juris Rn. 15: grenznahe 11,5 m hohe und 13,31 m lange, wie eine „riesenhafte metallische Mauer“ wirkende Siloanlage bei einem sieben Meter breiten Nachbargrundstück; vgl. auch BayVGH, B.v. 3.5.2011 – 15 ZB 11.286 – juris Rn 13; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – BauR 2014, 810 = juris Rn. 14; B.v. 30.9.2015 – 9 CS 15.1115 – juris Rn. 13; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 5; VGH BW, B.v. 16.2.2016 – 3 S 2167/15 – juris Rn. 38; Sächs.OVG, B.v. 4.8.2014 – 1 B 56/14 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 16.6.2015 – 1 A 556/14 – juris Rn. 15 f.; B.v. 25.7.2016 – 1 B 91/16 – juris Rn. 13 ff.). Nach dem mit Genehmigungsstempel versehenen Lageplan sind die nördlich gelegenen Gebäude des Antragstellers mindestens 15 m vom Baukörper des streitgegenständlichen Vorhabens entfernt. Das geplante Wohn- und Geschäftshaus des Beigeladenen lässt an seinen Längsseiten nach Osten und nach Westen hin Freiräume nach Süden in Richtung des Schwarzen Regen. Nach Aktenlage und summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ist nicht ersichtlich, wie das Gebäude mit Blick auf die tatsächlichen Abstände zu den nördlich gelegenen Gebäuden des Antragstellers und mit Blick auf seine Situierung trotz seiner Höhe zu Lasten des Antragstellers in der ohnehin dicht besiedelten Innenstadtlage einen unzumutbaren einmauernden oder erdrückenden Effekt haben könnte. Jedenfalls wurde im Beschwerdeverfahren nichts Gegenteiliges in substanziierter Weise vorgetragen, woraus konkret geschlossen werden könnte, dass die streitgegenständliche bauliche Anlage des Beigeladenen den nördlich angrenzenden Gebäuden förmlich „die Luft nehme“, weil es derartig übermächtig wäre, dass die Gebäude auf den Antragstellergrundstücken nur noch oder überwiegend wie von einem „herrschenden“ Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen würden (vgl. OVG NRW, U.v. 19.7.2010 – 7 A 3199/08 – BauR 2011, 248 = juris Rn. 58; B.v. 14.6.2016 – 7 A 1251/15 – juris Rn. 7; OVG RhPf, B.v. 27.4.2015 – 8 B 10304/15 – juris Rn. 6).

Ähnliches gilt für die Verschattungsproblematik, zumal der Antragsteller diese nicht konkret zum Gegenstand seines Beschwerdevortrags gemacht hat. Mögliche Verringerungen des Lichteinfalls bzw. eine weiter zunehmende Verschattung sind in aller Regel und insbesondere – wie hier – in dicht bebauten innerstädtischen Bereichen grundsätzlich nicht rücksichtslos und daher hinzunehmen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris Rn. 31; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 16; B.v. 15.12.2016 – 9 ZB 15.376 – juris Rn. 15; B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – noch nicht veröffentlicht). Dies gilt auch, soweit es zu finanziellen Einbußen hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaikanlagen des Nachbarn kommen sollte (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2013 – 15 CS 13.1561 – juris Rn. 15; VG Köln, B.v. 5.10.2017 – 23 L 3346/17 – juris Rn. 22 m.w.N.). Auch das Verwaltungsgericht hat auf diese Erwägungen jedenfalls ergänzend abgestellt. Diesbezüglich hat der Antragsteller Besonderheiten, aus denen sich im vorliegenden Fall für ihn unter diesem Blickwinkel eine besondere Belastungswirkung ergeben könnten, im Beschwerdeverfahren nicht näher dargelegt, sodass schon wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hierauf nicht vertieft eingegangen werden muss. Zudem ist zu berücksichtigen, dass im Verfahren der Bauleitplanung für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan von einem Architektenbüro eine „Studie zu den Auswirkungen der Planung auf die Verschattung der angrenzenden Gebäude des Plangebietes“ vom 20. August 2015 erstellt wurde. Auch mit dieser Studie, nach der jedenfalls für einen Zwischenstand der Bauleitplanung eine erhebliche Zusatzverschattung im Vergleich zum Altbestand nicht konstatiert wurde, hat sich der Antragsteller nicht auseinandergesetzt (zur Heranziehung der DIN 5034-1 als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit von Verschattungen durch neue Baukörper vgl. OVG LSA, U.v. 21.10.2015 – 2 K 194/12 – BauR 2016, 626 = Rn. 176 m.w.N.).

bb) Die Baugenehmigung verletzt auch nicht deswegen Nachbarrechte des Antragstellers, weil sie wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans zu unbestimmt wäre.

Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Missachtung von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4 m.w.N.). Selbst in den Fällen, in denen das nachbarschützende Abstandsflächenrecht zum Prüfprogramm im Genehmigungsverfahren gehört, mag zwar ein fehlender Abstandsflächenplan die Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO erschweren, allerdings dürften – wenn auch mit Mehraufwand – im Regelfall über die in den Bauvorlagen im Übrigen angegebenen Maße des Bauvorhabens die gem. Art. 6 BayBO einzuhaltenden Abstandsflächen ermittelt werden können. Jedenfalls soweit – wie vorliegend – im vereinfachten Genehmigungsverfahren (Art. 59 BayBO) das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht zum Prüfprogramm gehört und der Baugenehmigung mithin diesbezüglich keine Feststellungswirkung zukommt, kann die Baugenehmigung wegen Fehlens eines Abstandsflächenplans am Maßstab von Art. 6 BayBO nicht unbestimmt sein.

b) Eine Verletzung seiner Nachbarrechte wegen Verstoßes gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme hinsichtlich zu prognostizierender Belastungen durch den künftigen, dem Neubauvorhaben zuzurechnenden Parkverkehr sowie durch An- und Ablieferungsverkehr (auch durch Lkw), Müllabfuhr und Räumungsfahrzeuge (Winterdienst) ergibt sich aus den im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Einwendungen – auf die der Senat nach dem Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein abzustellen hat – nicht.

Das Gebot der Rücksichtnahme schützt Nachbarn nur vor unzumutbaren Beeinträchtigungen (s.o.). Die mit einer Bebauung verbundenen Beeinträchtigungen und Unannehmlichkeiten durch den dadurch verursachten An- und Abfahrtsverkehr sind demgegenüber grundsätzlich – jedenfalls bei Einhaltung der maßgeblichen Immissionswerte, die vom Antragsteller im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht thematisiert worden sind (hierzu unten 3.) – im Regelfall hinzunehmen. Das gilt auch dann, wenn sich die verkehrliche Situation gegenüber dem bisherigen Zustand merklich verschlechtert. Die Grenze zur Rücksichtslosigkeit ist allerdings dann überschritten, wenn die Beeinträchtigungen und Störungen aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse das vorgenannte Maß handgreiflich überschreiten und sich in der Umgebung des Baugrundstücks als unzumutbar darstellen. Das kann in Einzelfällen – unabhängig von konkreten Lärmwerten und Lärmmessungen – auch dann der Fall sein, wenn es aufgrund der örtlichen Verhältnisse zu chaotischen Verkehrsverhältnissen im unmittelbaren Umgriff des Nachbargrundstücks kommen wird (vgl. NdsOVG, B.v. 20.12.2013 – 1 ME 214/13 – NVwZ-RR 2014, 296 = juris Rn. 12 – An- und Abfahrtverkehr einer Kindertagesstätte in einer beengten Sackgasse).

Das Verwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot mit der Erwägung verneint, dass auch in einem Mischgebiet Stellplätze nach § 12 Abs. 1 BauNVO ohne weitere Einschränkungen durch § 12 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO zulässig seien. Die Vorschrift begründe für den Regelfall auch hinsichtlich der durch die Nutzung verursachten Lärmimmissionen, wie z.B. die An- und Abfahrt sowie das Öffnen und Schließen der Autotüren, eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit. Für eine abweichende Beurteilung bestünden vorliegend angesichts der geringen Zahl von lediglich 10 Stellplätzen keine Anhaltspunkte, zumal sich die Zufahrten zu den Stellplätzen ausweislich der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan an den beiden Längsseiten des geplanten Bauvorhabens und damit nicht direkt gegenüber den Grundstücken des Antragstellers befänden. Der vom Antragsteller befürchtete Parksuchverkehr dürfte sich auf den Erdgeschossbereich des Bauvorhabens beschränken, da dort neun der zehn Parkplätze angesiedelt seien. Aufgrund der überschaubaren Anzahl von Parkplätzen und der übersichtlichen Anlage dürfte jedoch schnell und ohne weitere Wendemanöver ein freier Parkplatz gefunden werden. Die Befürchtung von Lärmimmissionen durch größere Rangiermanöver werde nicht geteilt. Die mit einem Geh- und Leitungsrecht zugunsten der Allgemeinheit belastete Fläche diene ausweislich Ziffer 5.10 der Begründung zum Bebauungsplan vordringlich der Sicherung der städtischen Abwasserleitung. Auch wenn daneben die fußläufige Erschließung zwischen dem Uferweg und dem B... für die Öffentlichkeit gesichert werde, sei nicht ersichtlich, wieso im Bereich zwischen dem streitgegenständlichen Bauvorhaben und dem Anwesen „B... 1“ überhaupt ein erhebliches Verkehrsaufkommen gegeben sein soll. Die dortige Verkehrsfläche führe zum Ufer hin und diene wohl hauptsächlich der Zufahrt zu den Parkplätzen im Erdgeschoss des Bauvorhabens. Sollten in diesem Bereich Fußgänger unterwegs sein, seien keine größeren Ausweichmanöver nötig. Es reiche ein bloßes Abwarten und Passierenlassen der Fußgänger vor der Einfahrt zu den Stellplätzen oder der Ausfahrt aus dem Parkplatzbereich. Aus den Plänen sei auch nicht ersichtlich, dass die Verkehrsfläche des B... verkleinert worden wäre. Insbesondere scheine neben dem streitgegenständlichen Vorhaben nunmehr mehr Platz zur Verfügung zu stehen. Auch Ziffer 4.2.4 der Begründung zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan führe aus, dass für Fahrzeuge des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Donau-Wald eine gleichgroße Wendefläche zur Verfügung stehe und auch der Winterdienst die Flächen problemlos von Schnee befreien könne. Die Befürchtung, dass aufgrund einer Verschärfung der Verkehrssituation erhebliche Lärmimmissionen zu erwarten seien, werde daher nicht geteilt.

Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage gegen die streitgegenständliche Baugenehmigung hat der Senat im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nur auf hier vorgebrachten Argumente des Antragstellers einzugehen, wonach unzumutbare Belastungen mit Blick auf die Beengtheit der Platzverhältnisse sowie aufgrund zu erwartender „Rangiermanöver“ o.ä. verursacht würden. Der Antragsteller hat in seiner Beschwerdebegründung ausgeführt, es sei ihm nicht um Einhaltung der – nach Ansicht des Erstgerichts nicht nachbarschützenden – Pflicht gem. Art. 47 Abs. 1 BayBO zur Herstellung einer ausreichenden Zahl von Stellplätzen gegangen, sondern um die Lage und Anfahrbarkeit dieser Stellplätze. Das Verwaltungsgericht verweise insoweit unzutreffend auf § 12 Abs. 2 und Abs. 3 BauNVO und beschränke sich auf spekulative Annahmen. Die Situation sei durch die bereits vorhandenen öffentlichen Stellplätze (ringsum) gekennzeichnet, sodass umfangreiche Rangiermanöver die Folge seien. Es sei offen, wie die Stellplätze angefahren werden sollen. Zudem fehle für Lkw, Müllabfuhr, An- und Ablieferungen größeren Ausmaßes, Räumungsfahrzeuge etc. eine Wendemöglichkeit. Insofern werde es erhebliche Lärmbelastungen zulasten der Anwohner einschließlich des Antragstellers geben. An Ort und Stelle drohe ein Chaos. Aufgrund eines auf der Ostseite des Baugrundstücks bestehenden Geh- und Leitungsrechts zugunsten der Allgemeinheit und des hieraus resultierenden Fußgängerverkehrs werde umso mehr Rangierverkehr verursacht. Das Verwaltungsgericht hätte weitere Aufklärung vornehmen müssen. Die Stellplätze genügten nicht den Vorgaben der Stellplatz- und Garagenverordnung. So müssten zwischen den Stellplätzen tragende Wände oder zumindest Säulen vorhanden sei, welche die lichte Breite zusätzlich einengten. Grundriss und Ansicht (von Osten) gäben insoweit kein einheitliches Bild ab.

Der Senat teilt anhand der vorliegenden Akten resp. anhand der Planzeichnungen zur Baugenehmigung und zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan nicht die Einschätzung des Antragstellers, dass es zu chaotischen Verkehrsverhältnissen und deswegen zu außergewöhnlichem und unzumutbarem „Rangierlärm“ aufgrund der Lage und der Anfahrbarkeit der dem streitgegenständlichen Vorhaben zugeordneten Stellplätze sowie aufgrund unzureichender Wendemöglichkeiten kommt. Der Senat folgt insoweit den Gründen des mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:

Soweit der Antragsteller moniert, der Beschluss des Verwaltungsgerichts beruhe aufgrund diverser Formulierungen („dürfte“, „scheint“) auf spekulativen Annahmen, ist daran zu erinnern, dass im Verfahren nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage geboten und demnach auch ausreichend ist. Insbesondere nach den vorliegenden Planzeichnungen zur Baugenehmigung ermöglichen die örtlichen Verhältnisse problemlos Ein- und Ausparkvorgänge im geplanten Neubau. Für die in einem Einfahrtswinkel von 90˚ zu den westlich und östlich des Bauvorhabens gelegenen Fahrgassen angeordneten Stellplätze im Erdgeschossbereich des Neubaus des Beigeladenen genügt nach § 4 Abs. 2 GaStellV eine Fahrgassenbreite ab 6,50 m, bei Stellplätzen der vorliegenden Art mit einer Breite von 2,50 m ist hiernach sogar eine Fahrgassenbreite im unmittelbaren Zu- bzw. Abfahrtsbereich von 6 m ausreichend. Diese Anforderungen sind nach den vorliegenden Plänen erfüllt. Östlich des Neubaus hält das streitgegenständliche Gebäude zum bestehenden Gebäude B... 1 Abstände von 6,50 m (Norden) bis 10,30 m (Süden) sowie im Westen zum bestehenden Gebäude B... 7 zwischen 11 und 12 m ein. Soweit die öffentlichen Parkplätze westlich des Gebäudes belegt sind, verbleibt immer noch eine mehr als ausreichende Fahrgassenbreite von etwa 9 m. Ferner sehen die rechtlich nicht verbindlichen „Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen – RASt 06“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Ausgabe 2006), die – soweit ihre Vorgaben eingehalten sind – als sachverständig entwickelter, sachgerechter Orientierungsmaßstab für den Raumbedarf und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs herangezogen werden können (vgl. VGH BW, U.v. 4.11.2013 – 8 S 1694/11 – BauR 2014, 1120 = juris Rn. 22 m.w.N.; VGH BW, B.v. 9.8.2016 – 5 S 437/16 – BauR 2016, 2073 = juris Rn. 37), in Nr. 6.1.1.2 i.V. mit Tabelle 7 für die Errichtung von schlichten zweistreifigen Erschließungsstraßen eine Fahrbahnbreite ab 4,50 m als ausreichend an. Diese Breite weist der Zu- und Abfahrtsbereich des B... im Bereich des Platzes zwischen den Anwesen des Antragstellers und dem Baugrundstück sowie im Verbindungsbereich nach Osten zur Dr.-S...-Straße durchgehend auf, sodass auch insofern besondere Probleme bei der Abwicklung des Parkverkehrs nicht erkennbar sind. Aus der Einhaltung der Anforderungen des für sich nicht nachbarschützenden § 4 Abs. 2 GaStellV sowie der nicht rechtsverbindlichen Vorgaben der Nr. 6.1.1.2 RASt 06 kann abgeleitet werden, dass besondere Probleme für die Nutzung der Parkflächen aufgrund ihrer Lage und ihrer Anfahrbarkeit nicht bestehen. Dasselbe gilt – ohne dass dies gesondert im Beschwerdeverfahren gerügt wurde – im Übrigen auch für das zu prognostizierende Parkverkehrsaufkommen. Der Bedarf an 10 Stellplätzen für das streitgegenständliche Vorhaben, von denen sich 9 Stellplätze im Erdgeschossbereich des streitgegenständlichen Neubaus und ein Stellplatz in der unmittelbaren Nachbarschaft auf FlNr. ... (B... 1) befinden, wurde anhand der im Internet abrufbaren Satzung der Stadt Z... über die Herstellung und Ablösung von Stellplätzen (Stellplatzsatzung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 2002 ermittelt (Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO, vgl. Bl. 92 der Baugenehmigungsakte des Landratsamts Az. 00315-Z16). Unabhängig davon, dass diese Berechnung vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht infrage gestellt wurde, und unabhängig davon, dass bauordnungsrechtliche Regelungen über die erforderliche Anzahl von Stellplätzen als solche nicht drittschützend sind (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2009 – 1 CS 09.287 – juris Rn. 39; B.v. 9.5.2016 – 2 AS 16.420 – juris Rn. 7; B.v. 8.2.2017 – 15 NE 16.2226 – juris Rn. 17; OVG NRW, U.v. 10.7.1998 – 11 A 7238/95 – NVwZ-RR 1999, 365 = juris Rn. 8 ff.), sieht der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass der zugrunde gelegte Bedarf zu niedrig sein könnte und dass es wegen eines tatsächlich zu prognostizierenden höheren Parkverkehrsaufkommens zu einem erheblichen Park- und Parksuchverkehr mit der Folge einer für den Antragsteller möglicherweise unzumutbaren Lärmbelastung oder Verschlechterung der Erschließungssituation, die die bestimmungsgemäße Nutzung seines Grundstücks beeinträchtigen würde, kommen könnte (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 25.8.2009 a.a.O.; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 19; VGH BW, B.v. 10.1.2008 – 3 S 2773/07 – NVwZ-RR 2008, 600 = juris Rn. 13; OVG LSA, B.v. 5.9.2016 – 2 M 49/16 – NVwZ-RR 2017, 283 = juris Rn. 25 f.; VG München, B.v. 7.2.2017 – M 8 SN 16.4986 – juris Rn. 82; VG Augsburg, B.v. 22.2.2017 – Au 4 K 16.816 – juris Rn. 35; U.v. 13.12.2017 – Au 4 K 17.1431 – juris Rn. 73). Inwiefern der im Beschwerdeverfahren erneut vorgebrachte Einwand, die genehmigten Stellplätze genügten nicht den Vorgaben der Stellplatz- und Garagenverordnung, eine subjektive Rechtsverletzung des Antragstellers bewirken könnte, ist nicht ersichtlich und in der Beschwerdebegründung auch nicht substanziiert dargetan.

Ebenso wenig vermag der Senat im Eilverfahren zu erkennen, dass es bei Umsetzung der Baugenehmigung zu einer unzumutbaren Belastung der Nachbarschaft durch Rangiervorgänge von Großfahrzeugen (Anlieferungsverkehr, Müllabfuhr, Winterdienst / Räumungsfahrzeuge) kommen wird. Allein der Umstand, dass bestimmte Sonderfahrzeuge sporadisch (die Müllabfuhr typischerweise wiederkehrend in bestimmten Zeitabständen, der Winterdienst nur in besonderen Bedarfslagen) innerhalb des B... – wie für eng besiedelte Innenstadtlagen nicht unüblich – ggf. rangieren oder notfalls rückwärts fahren müssen, um diesen wieder zu verlassen, bedeutet für die Anwohner keine unzumutbare Belastung. Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind gerade deswegen auch keine besonderen Lärmbelastungen erkennbar, zumal der Antragsteller mit seiner Beschwerdebegründung auch nicht dargelegt hat, warum es insofern überhaupt zu einer verschärften Situation im Vergleich zum Altbestand kommt. Auf die Anlage von Wendemöglichkeiten in Stichstraßen für Großfahrzeuge (z.B. für Müllfahrzeuge) nach Maßgabe der rechtlich nicht verbindlichen RASt 06 (vgl. etwa deren Nr. 6.1.2.2) besteht kein Anspruch. Soweit eine solche im Bereich einer ohnehin eng besiedelten Innenstadtlage fehlt, bedeutet dies nicht, dass wegen beengter Verhältnisse automatisch ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vorläge. Warum herkömmliche Warenanlieferungen für die im Neubau des Beigeladenen vorgesehenen Läden vom Mündungsbereich der Dr.-S...-Straße über den östlichen, durchgehend 5 m breiten Bereich des B... zu einem „Chaos“, das unzumutbaren Lärm verursache, führen sollen, wird vom Antragsteller nicht nachvollziehbar dargelegt. Auch wenn Anlieferfahrzeuge möglicherweise nicht in einem Zug wenden können, lassen der ca. 25 m x 15 m breite Platz im Bereich des B... zwischen den Grundstücken des Antragstellers und dem südlich davon gelegenen Baugrundstück sowie die hinreichend breiten Fahrgassen östlich und westlich des geplanten Neubaus (s.o.) auch unter Berücksichtigung der in den Plänen verzeichneten öffentlichen Parkplätze erfahrungsgemäß Möglichkeiten, um das Anlieferfahrzeug in drei Zügen zu wenden. Sollte dies bei einem besonders großen Transportfahrzeug tatsächlich scheitern, müsste im Einzelfall eine Rückwärtsfahrt über den östlichen Teil des B... zurück auf die Dr.-S...-Straße erfolgen. Da es sich beim B... zudem um eine öffentliche Straße handelt, ist davon auszugehen, dass die Straßenverkehrsbehörde durch verkehrsrechtliche Beschilderung dafür Sorge trägt, dass die Einfahrt in diesen Erschließungsbereich nur für solche Fahrzeuge erlaubt wird, die diesen unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der öffentlichen Parkplätzte tatsächlich gefahrlos und ohne Blockierung des sonstigen Verkehrs auch wieder verlassen können.

3. Der Senat weist darauf hin, dass die vom Verwaltungsgericht vertretene Ausgangsthese, wonach aus Art. 12 Abs. 1 – 3 BauNVO eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit der durch Parkvorgänge im Erdgeschossbereich des Neubauvorhabens ausgelösten Lärmbelastung für die Nachbarschaft abzuleiten sei, nicht unproblematisch ist. Unabhängig von der Begrenzung der Prüfbefugnis des Beschwerdegerichts durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO [vgl. im Folgenden a) ], wären hierauf abstellend – auch soweit eine diesbezügliche Konfliktbewältigung nicht im Rahmen der Bauleitplanung abschließend erfolgt ist bzw. soweit der Bebauungsplan unwirksam sein sollte (vgl. oben 1.) – die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage des Antragstellers allenfalls als offen zu bezeichnen [vgl. b) ]. Die dann durchzuführende allgemeine Interessenabwägung führte ebenfalls zum Ergebnis der Unbegründetheit des Eilantrags, sodass die Entscheidung des Verwaltungsgericht jedenfalls im Ergebnis richtig ist.

a) Der Senat hat sich bei der Prüfung der „dargelegten Gründe“ auf den Beschwerdevortrag des Antragstellers zu beschränken, der zur Lärmproblematik ausschließlich auf vermeintlich chaotische Verkehrsverhältnisse abgestellt hat und in diesem Zusammenhang die Lage und die Anfahrbarkeit der Stellplätze sowie die Wendemöglichkeiten für größere Fahrzeuge thematisiert hat (s.o.). Der Antragsteller hat sich hingegen in seiner Beschwerdebegründung nicht konkret gegen die vom Verwaltungsgericht aus Art. 12 BauNVO abgeleitete Vermutung der Nachbarverträglichkeit des Parkverkehrs gewandt, sondern die Richtigkeit dieser These vielmehr ohne kritische, substanziierte Auseinandersetzung dahinstehen lassen. Steht man demgegenüber auf dem Standpunkt, das Beschwerdegericht könne oder müsse bei einer zulässig erhobenen Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO (hier i.V. mit § 80a Abs. 3 VwGO) über den für eine strikte Prüfbeschränkung sprechenden Wortlaut des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO hinaus die Erfolgsaussichten einer eigenen umfassenden Sachprüfung unterziehen, wäre – ohne dass der diesbezügliche Streitstand (vgl. Mayer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 146 Rn. 13f - 15) geklärt werden müsste – im Ergebnis die Beschwerde ebenfalls unbegründet. Denn in diesem Fall führte bei dann offenen Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage eine nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO durchzuführende allgemeine Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass den Interessen des Beigeladenen als Vorhabenträger gegenüber den Interessen des Antragstellers der Vorrang einzuräumen ist.

b) (Lärm-) Immissionen sind grundsätzlich unzumutbar und verletzen das Rücksichtnahmegebot, wenn sie im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30). Bei der Erteilung einer Baugenehmigung ist sicherzustellen, dass bei der Nutzung des genehmigten Vorhabens keine derartigen Belästigungen entstehen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme hängt auch in Bezug auf Lärmauswirkungen von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist (exemplarisch BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 24 m.w.N.).

Es ist vorliegend nicht auszumachen, dass die Einhaltung des Gebots der Rücksichtnahme hinsichtlich der Lärmbelastung ohne Weiteres hinreichend gesichert ist. Die Lärmauswirkungen des genehmigten Vorhabens sind im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich nicht überprüft worden. Weder hat der Beigeladene ein Lärmgutachten vorgelegt, noch wurde ein solches von ihm seitens des Antragsgegners eingefordert. Hierfür hätte aber nach den gegebenen Umständen Anlass bestanden. Demgemäß finden sich in der streitgegenständlichen Baugenehmigung auch keine Nebenbestimmung zum Lärmschutz, die geeignet wären, unzumutbare Lärmimmissionen für den Antragsteller durch die genehmigte Nutzung auszuschließen (BayVGH, B.v. 18.10.2017 a.a.O. Rn. 30; vgl. auch BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – noch unveröffentlicht).

Der Antragsgegner und der Beigeladene dürften sich bei einer Prüfung der Zumutbarkeit des zu prognostizierenden Park- und Anlieferverkehrs entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts wohl nicht darauf berufen können, dass für die Zumutbarkeit des aufgrund der dem Neubauvorhaben zuzurechnenden Park- und Anlieferlärm wegen § 12 BauNVO eine tatsächliche Vermutung bestehe.

§ 12Abs. 2 BauNVO, wonach in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie in Sondergebieten, die der Erholung dienen, Stellplätze und Garagen für den durch die zugelassene Nutzung notwendigen Bedarf zulässig sind, begründet für den Regelfall eine Vermutung der Nachbarverträglichkeit der Nutzung von Stellplätzen in von Wohnbebauung geprägten Bereichen. Der Grundstücksnachbar hat hiernach die Errichtung notwendiger Garagen und Stellplätze für ein Wohnbauvorhaben und die mit ihrem Betrieb üblicherweise verbundenen (insbes. Lärm-) Belastungen durch zu- und abfahrende Kraftfahrzeuge des Anwohnerverkehrs grundsätzlich, d.h. im Regelfall, als sozialadäquat hinzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 20.3.2003 – 4 B 59.02 – NVwZ 2003, 1516 = juris 6, 7; BayVGH, B.v. 9.2.2004 – 14 CS 03.2977 – juris Rn. 16; B.v. 12.7.2007 – 15 ZB 06.3088 – juris Rn. 7; B.v. 13.3.2014 – 15 ZB 13.1017 – juris Rn. 14; B.v. 4.7.2016 – 15 ZB 14.891 – juris Rn. 15; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 – NVwZ-RR 1996, 254 = juris Rn. 8; B.v. 11.12.2013 – 3 S 1964/13 – VBlBW 2014, 275 = juris Rn. 10; vgl. Seite 103 der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, 6. Aufl. 2007). In diesen Fällen besteht also nur in besonderen Ausnahmefällen ein Bedürfnis, die zu prognostizierende Lärmbelastung in der Nachbarschaft durch Parkvorgänge zu untersuchen und ggf. am Maßstab des Rücksichtnahmegebots gesondert zu beurteilen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts dürfte diese Vermutung nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden können. Die o.g. Rechtsprechung betrifft bislang nur Stellplätze in Wohngebieten nach § 12 Abs. 2 BauNVO (vgl. auch VG Hamburg B.v. 13.11.2015 – 9 E 2858/15 – juris Rn. 44). Soweit die o.g. Vermutung überhaupt auf Mischgebiete Anwendung finden kann, dürfte dies allenfalls auf Parklärm begrenzt sein, der auf Wohnnutzung bezogen ist. Denn der Grund für die Privilegierung von notwendigen Stellplätzen in Wohngebieten ist die Tatsache, dass es ansonsten aufgrund der strengen Immissionsrichtwerte der TA Lärm zu weitreichenden Beschränkungen der Zulässigkeit offener Stellplätze im Wohngebiet kommen würde. Beispielsweise wäre in allgemeinen Wohngebieten nachts ein Parkverkehr in einem Abstand von rd. 25 m zu bestehenden Wohnhäusern nicht zulässig, weil bei jedem einzelnen Zu- bzw. Abfahrtsvorgang der Spitzenpegel überschritten würde. Ein solches Ergebnis ließe sich aber mit der vom Verordnungsgeber in § 12 Abs. 2 BauNVO anerkannten Sozialadäquanz des Parkverkehrs im Wohngebiet nicht vereinbaren (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 20.7.1995 – 3 S 3538/94 – NVwZ-RR 1996, 254 = juris Rn. 8; VG Hamburg B.v. 13.11.2015 a.a.O.). Diese Betrachtung passt jedoch auf eine Parkanlage (hier im Erdgeschossbereich des Neubaus des Beigeladenen), die auch gewerblichen Zwecken dient (Kunden und Mitarbeiter von Ladengeschäften im 1. OG, Mitarbeiter der Bürobereiche im 2. OG), sowie auf gewerblichen Warenanlieferverkehr (für die Ladengeschäfte) nicht, zumal die diesbezügliche Anzahl der Fahrbewegungen pro Zeiteinheit sich nach gänzlich anderen Kriterien als bei bloßer Wohnnutzung richtet.

Es kann nach Aktenlage auch nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass eine konkrete Ermittlung der Lärmbelastung entbehrlich war, weil es dem streitgegenständlichen Vorhaben hinsichtlich des Park- und Anlieferlärms an einer Steigerung im Vergleich zur Vorbelastung durch den Altbestand fehlte (vgl. hierzu OVG NRW, U.v. 10.7.1998 – 11 A 7238/95 – NVwZ-RR 1999, 365 = juris Rn. 37, 38). Der Senat kann nicht anhand von Baugenehmigungen des Altbestandes feststellen, dass es insofern zu keiner Verschärfung der bisherigen bestandsgeschützten Situation kommen wird. Der Antragsgegner war – auch nach Rücksprache mit der Stadt Z... – nicht imstande, Baugenehmigungen und Bauakten über den Altbestand vorzulegen. Die vorgelegten Lichtbilder des zwischenzeitlich abgebrochenen Altbestandes lassen eher darauf schließen, dass hier (neben einer ggf. eher untergeordneten gewerblichen Nutzung) Wohnnutzung dominant gewesen sei dürfte. Jedenfalls lassen weder die Lichtbilder noch sonstige konkrete Hinweise in den Akten erkennen, dass schon im Rahmen des Altbestandes eine gewerbliche Nutzung mit einem identischen oder sogar höheren Park- und Anlieferverkehr stattfand.

c) Bei hier erfolgter Unterstellung, dass der vorhabenbezogene Bebauungsplan keine umfassende Konfliktbewältigung zur Park- und Anlieferverkehrsfrage enthält bzw. dass dieser unwirksam ist (s.o. 1), wäre daher eine konkrete Lärmermittlung durch Sachverständigengutachten schon im Baugenehmigungsverfahren geboten gewesen, die hier unterblieben ist. Soweit wegen unterlassener Vorlage einer entsprechenden gutachterlichen Stellungnahme im Baugenehmigungsverfahren tatsächlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der auf das Neubauvorhaben bezogene Park- und Anlieferlärm gegenüber dem Antragsteller zumutbar oder rücksichtslos sein wird, ist der Beschwerde dennoch der Erfolg zu versagen. Denn dann wären die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs offen, weil gegenwärtig mangels Vorlage einer konkreten (gutachterlichen) Immissionsermittlung nicht feststeht, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung rechtswidrig und nachbarrechtsverletzend ist. Sind die Erfolgsaussichten der Klage aber offen, ist über den Antrag aufgrund einer (reinen) Interessenabwägung zu entscheiden. Diese fällt zu Lasten des Antragstellers aus.

Bei der Interessenabwägung muss zu Gunsten des Bauherrn berücksichtigt werden, dass die Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. auch OVG NRW, B.v. 22.3.2016 – 7 B 1083/15 – juris Rn. 12). Auch wenn § 212a Abs. 1 BauGB die Gewichte bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn verschiebt, bedeutet dies nicht, dass sich in den von § 212 a Abs. 1 BauGB erfassten Fällen das Vollzugsinteresse des Bauherrn gegenüber dem Aufschubinteresse des Rechtsmittelführers regelmäßig durchsetzt. Die Vorschrift soll Investitionen und das Entstehen von Arbeitsplätzen fördern (vgl. BT-Drs. 13/7589, S. 30). Ein gesetzgeberischer Wille, dass dem Vollzugsinteresse gegenüber den Interessen Dritter (insbesondere von Nachbarn oder einer ihre Planungshoheit verteidigenden Gemeinde) generell der Vorrang einzuräumen ist, lässt sich § 212a BauGB hingegen nicht entnehmen. Die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Abwägung wird deshalb von § 212a Abs. 1 BauGB zwar in der Weise vorstrukturiert, dass dem Vollzugsinteresse ein erhebliches Gewicht beizumessen ist; die Abwägung wird aber nicht präjudiziert. Die Belange eines Dritten haben bei der Abwägung umso mehr Gewicht, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt (zum Ganzen BayVGH, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 76 ff. m.w.N.)

Im vorliegenden Fall fällt die Interessenabwägung zugunsten des Beigeladenen bzw. des Antragsgegners und zu Lasten des Antragstellers aus. Hierfür spricht neben der Gewichtungsvorgabe durch § 212a Abs. 1 BauGB zunächst die Erwägung, dass es sich vorliegend um ein im Bau befindliches, später auch gewerblich zu nutzendes Projekt handelt, bei dem ein Baustopp im Hinblick auf eine verzögerte Inbetriebnahme sowie mit Blick auf Baustellensicherungsmaßnahmen über einen längeren Zeitraum erhebliche finanzielle Belastungen mit sich bringen wird. In (überplanten oder faktischen) Mischgebieten in eng besiedelten städtischen Lagen sind gewerbliche Nutzungen mit Park- und Anlieferverkehr von Objekten mittlerer Größe nichts Ungewöhnliches, sodass nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung eine Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein derartiges Projekt ohne Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme betrieben werden kann, auch wenn ggf. beschränkende Regelungen über Nutzungs- und Anlieferungszeiten, eventuell auch über Anlieferungszonen notwendig sein könnten, um die Lärmbelastung für die Nachbarschaft auf ein zumutbares, mit dem Rücksichtnahmegebot zu vereinbarendes Maß zu reduzieren (zu den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots im Falle eines Mischgebiets unter Heranziehung der TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 10; zur Berücksichtigung von Nr. 7.4 der TA Lärm bei Parklärm vgl. BVerwG, B.v. 8.1.2013 – 4 B 23.12 – ZfBR 2013, 265 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 23; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 29; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 28). Soweit m.a.W. ein ggf. noch zu erstellendes Lärmgutachten zum Ergebnis käme, dass Zumutbarkeitsgrenzen überschritten sind, dürfte in einem ergänzenden Bescheid die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung über eine nachträglich zum Inhalt der Baugenehmigung erklärte Betriebsbeschreibung und / oder über Auflagen hergestellt werden können. Kann aber im noch nicht entschiedenen Hauptsachverfahren geklärt werden, ob und welche weiteren Ergänzungsregelungen in der Baugenehmigung notwendig sind, um eine ggf. verbleibende unzumutbare Lärmbelastung des Nachbarn auf ein verträgliches Maß zu begrenzen, wäre eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung und ein damit einhergehender Baustopp auf unbestimmte Zeit, die insbesondere für den Beigeladenen gravierende Nachteile mit sich bringen würde, inopportun (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2011 – 2 CS 11.1418 – juris Rn. 4; B.v. 24.10.2000 – 26 ZS 99.3637 – juris Rn. 23; B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 80; vgl. mit etwas anderer Nuancierung auch BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 CS 16.1348 – juris Rn. 45; B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris Rn. 21).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil dieser im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung durch das Landratsamt … für die Errichtung einer Überdachung eines bestehenden Lagerplatzes an den Beigeladenen.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. … Gemarkung … Im südwestlichen Bereich ihres ca. 15.000 m2 großen Anwesens betreibt sie neben einem Wohnhaus einen Hof für therapeutisches Reiten. Nördlich angrenzend befindet sich das ca. 5.000 m2 große Grundstück FlNr. … Gemarkung … an das - getrennt durch einen in Ost-West-Richtung verlaufenden Weg - nördlich das Grundstück des Beigeladenen, FlNr. … Gemarkung …, anschließt. Der Beigeladene führt hier auf dessen südlichem Teil einen Zimmereibetrieb. Sämtliche Grundstücke grenzen im Westen an die R* …, auf deren westlicher Seite gegenüber dem Grundstück der Antragstellerin ein Wohngebiet anschließt.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2016 erteilte das Landratsamt … dem Beigeladenen die Baugenehmigung für eine Überdachung einer 958,88 m2 großen Teilfläche des sich im südöstlichen Grundstücksteil befindlichen Lagerplatzes. Der insgesamt 2.670 m2 große Lager- und Abbund Platz wurde vom Landratsamt mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Juni 2013 genehmigt.

Gegen die am 6. Februar 2017 der Bevollmächtigten der Antragstellerin zugestellte Baugenehmigung vom 7. Dezember 2016 für die Überdachung erhob die Antragstellerin Klage (Az. AN 9 K 17.00243), über die noch nicht entschieden ist. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. Februar 2017 abgelehnt, weil die angefochtene Baugenehmigung voraussichtlich keine nachbarschützenden Rechte der Antragstellerin verletzt.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.

Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 7. Dezember 2016 anzuordnen und 7 unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach dem Beigeladenen einstweilen aufzugeben, die Bauarbeiten sofort einzustellen und alle Maßnahmen zum Ausführen des Bauvorhabens zu unterlassen.

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen jeweils,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt, weil die Klage der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Die angefochtene Baugenehmigung vom 7. Dezember 2016 verstößt - worauf es allein ankommt - nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass sich hier - unabhängig von der konkreten Gebietseinstufung mangels Vorliegen eines Gebietserhaltungsanspruchs - ein Drittschutz nur aus dem Gebot der Rücksichtnahme ergeben kann (BayVGH, B.v. 3.2.2017 - 9 CS 16.2477 - juris Rn. 14) und einen Verstoß dagegen verneint. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ergibt sich nichts anderes.

1. Die angefochtene Baugenehmigung ist nicht wegen einer nachbarrechtswidrigen Verletzung des Bestimmtheitsgebots aufzuheben.

Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss eine Baugenehmigung inhaltlich hinreichend bestimmt sein, so dass die getroffene Regelung für jeden Beteiligten - gegebenenfalls nach Auslegung - eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Maßgeblich für den Rechtsschutz des Nachbarn ist dabei, dass er feststellen kann, ob und mit welchem Umfang er betroffen ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2016 - 9 ZB 14.1496 - juris Rn. 10 m.w.N.). Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich hierbei nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2015 - 9 CS 15.1633 - juris Rn. 18).

Danach ist hier zunächst - anders als die Antragstellerin vorträgt - ein Zusammenhang des Bauvorhabens mit dem bestehenden Zimmereibetrieb des Beigeladenen und der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 (Bl. 1 der Bauakte 13/0208) nicht zweifelhaft, weil die angefochtene Baugenehmigung einen ausdrücklichen Hinweis auf die Betriebsbeschreibung des Zimmereibetriebs vom 17. April 2015 als Grundlage der Genehmigungserteilung enthält. Zudem stellt der genehmigte Eingabeplan den räumlichen Bezug zu dem mit Bescheid vom 5. Juni 2013 genehmigten Lager- und Abbund Platz dar. Aufgrund der beiden Genehmigungen zugrundeliegenden identischen Betriebsbeschreibungen (Betriebsbeschreibung vom 26.2.2013 (Bl. 14 der Bauakte 13/0208) und vom 17.4.2015 (Bl. 64 der Bauakte 15/0399)) ergeben sich im Betriebsablauf und hinsichtlich der zu Grunde gelegten Parameter nach der immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 22. Juni 2015 (Bl. 1 der Bauakte 15/0399) keine Änderungen gegenüber dem mit Bescheid vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbund Platz sowie der dieser Genehmigung zugrundeliegenden immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 9. April 2013 (Bl. 4 der Bauakte 13/0208). Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, weshalb - worauf auch das Verwaltungsgericht abstellt - die Stellungahme der unteren Immissionsschutzbehörde vom 22. Juni 2015, wonach für die Errichtung und den Betrieb der Überdachung keine spezifischen lärmschutztechnischen Anforderungen gestellt werden und die Stellungnahme der unteren Immissionsschutzbehörde vom 21. Februar 2017 (Bl. 62 der Verwaltungsgerichtsakte), wonach die Überdachung auf die immissionsschutzfachlichen Anforderungen an den Betrieb des Lager- und Abbundplatzes keinen Einfluss hat, unzutreffend sein sollten. Eine von dem mit Bescheid vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbund Platz funktional unabhängige oder isolierte Nutzung der Überdachung kommt gerade aufgrund der räumlichen Deckung mit diesem nicht in Betracht. Aufgrund der identischen Betriebsbeschreibungen ist hier nicht dargelegt, dass durch die angefochtene Genehmigung die zuvor bestandskräftig genehmigte Nutzung in irgendeiner Weise betroffen ist bzw. dass sich die Errichtung der Überdachung im Vergleich zur bestandskräftigen Genehmigung vom 5. Juni 2013 lärmerhöhend und damit auf die diesbezüglichen Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken kann (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 11).

Ferner ist der Nutzungsumfang aus diesem Zusammenhang ohne weiteres erkennbar und entspricht der bisher mit Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Nutzung des Lager- und Abbundplatzes. Die dem Bauantrag und der Baugenehmigung vom 7. Dezember 2016 zugrundeliegende Betriebsbeschreibung vom 17. April 2015 enthält Angaben zur Nutzung, zu Arbeitsabläufen, zu eingesetzten Maschinen sowie Nutzungs- und Betriebszeiten (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 - 9 ZB 12.205 - juris Rn. 8) und geht hierbei - wie sich aus der Betriebsbeschreibung ergibt - nicht über die bestandskräftige Genehmigung vom 5. Juni 2013 hinaus. Es ist weder ersichtlich noch dargelegt, dass den Stellungnahmen der unteren Immissionsschutzbehörde - unabhängig von den konkreten Maschinenfabrikaten - nicht die auf Regelwerken, Typisierungen und Erfahrungswerten basierenden Emissionsdaten zugrundeliegen.

Der Vortrag der Antragstellerin, die Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 könne nicht als Grundlage der Genehmigung der Überdachung vom 7. Dezember 2016 dienen, weil diese ihrerseits zu unbestimmt und rechtswidrig sei, führt nicht zum Erfolg. Sollte diese Prämisse richtig sein, sind die lärmverursachend gerügten Tätigkeiten bzw. Nutzungen nicht durch die angefochtene Genehmigung der Errichtung einer Überdachung bedingt, sondern Ausfluss der vorliegenden bestandskräftigen Genehmigungen des Zimmereibetriebs. Einwendungen hiergegen sind der Antragstellerin aber aufgrund deren Bestandskraft, auch hinsichtlich deren Bestimmtheit, abgeschnitten (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 14). Insbesondere der bestandskräftigen Baugenehmigung vom 5. Juni 2013 kommt - solange ihre formelle Wirksamkeit (Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) gegeben ist auch im Falle einer möglichen Rechtswidrigkeit - eine Legalisierungswirkung zu (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 a.a.O. juris Rn. 11; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand August 2016, Art. 68 Rn. 88 f.). Da nicht dargelegt oder ersichtlich ist, wie die Nutzung der Überdachung hier die Nutzung des bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbundplatzes in nachbarrelevanter Weise übersteigen könnte (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 - 15 ZB 16.1365 - juris Rn. 13), kommt auch eine Aufhebung der angefochtenen Genehmigung wegen einer Neubewertung des Rücksichtnahmegebots in diesem Verfahren nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris Rn. 12).

2. Die Errichtung der Überdachung lässt auch keine für die Antragstellerin unzumutbaren Immissionen erwarten.

Wie bereits ausgeführt, ist Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung die (teilweise) Überdachung des mit Bescheid vom 5. Juni 2013 bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbundplatzes. Nach der Sachverhaltswürdigung des Verwaltungsgerichts führt die bloße Errichtung der Überdachung nicht zu einer Verletzung drittschützender Rechte der Antragstellerin, weil sich die Nutzung der Fläche nicht ändert und mit dem Vorhaben keine Ausweitung des Betriebs in zeitlicher, räumlicher oder sonstiger Hinsicht ersichtlich ist (UA S. 9 f.). Dementsprechend kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass eine Nichteinhaltung des im Bescheid vom 5. Juni 2013 für das Wohngebäude auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung … festgesetzten Immissionswertes an dem deutlich entfernteren Anwesen der Klägerin nicht ersichtlich ist (UA S. 10). Dem setzt das Beschwerdevorbringen nichts entgegen. Soweit die Antragstellerin der Ansicht ist, maßgeblicher Immissionsort sei nicht nur ihr Wohngebäude, sondern auch das Betriebsgelände, auf dem sie therapeutisches Reiten im Freien durchführe, kann die Beschwerde keinen Erfolg haben. Abgesehen davon, dass eine Nutzung im Freien nicht in gleicher Weise schutzwürdig ist wie ein Wohngebäude (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 - 9 N 14.404 - juris Rn. 91; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 - juris Rn. 28), begründet auch das Angebot therapeutischen Reitens an der Grenze zum Außenbereich oder im Außenbereich keine höhere Schutzpflicht (vgl. VG Augsburg, B.v. 10.12.2008 - Au 4 S. 08.1606 - juris Rn. 19). Denn an der Grenze zum Außenbereich ist regelmäßig mit erhöhten Immissionen zu rechnen; zudem gibt es über das nach dem Immissionsschutzrecht Gebotene hinaus keinen Anspruch auf Bewahrung einer Situation mit einer bestimmten, für den Betrieb günstigen Lage (vgl. BayVGH, B.v. 23.12.2016 - 9 CS 16.1672 - juris Rn. 31). Soweit die Antragstellerin vorträgt, der genehmigte Betrieb und die Betriebsbeschreibung entsprächen nicht dem tatsächlich ausgeführten Betrieb, ist die Antragstellerin gegebenenfalls auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen. Streitgegenstand ist hier allein das genehmigte Vorhaben und Betriebskonzept (vgl. BayVGH, U.v. 25.11.2013 - 9 B 09.952 - juris Rn. 51; B.v. 7.2.2013 - 15 CS 12.743 - juris Rn. 22).

3. Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf eine unzureichende Erschließung des Bauvorhabens berufen.

Das Erfordernis der gesicherten Erschließung eines Bauvorhabens ist regelmäßig nicht drittschützend (BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 66; B.v. 3.2.2014 - 9 CS 13.1916 - juris Rn. 14). Selbst wenn bei einer erheblichen Verschlechterung der Erschließungssituation durch eine vorhabenbedingte Überlastung der das Grundstück der Antragstellerin erschließenden Straße das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Einzelfall betroffen sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2016 - 15 CS 16.244 - juris Rn. 29), ist hier jedenfalls nicht dargelegt, dass durch die mit der angefochtenen Baugenehmigung genehmigte Errichtung einer Überdachung die bestimmungsgemäße Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin beeinträchtigt wird. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit die Überdachung zu einer Nutzungsänderung des bestandskräftig genehmigten Lager- und Abbundplatzes oder einem mehr an Verkehr in der Rosengasse führt. Die Ausführungen der Antragstellerin beziehen sich insoweit sämtlich auf den bestehenden Zimmereibetrieb des Beigeladenen. Insoweit sind ihre Einwendungen jedoch - wie bereits ausgeführt - durch die bestandskräftigen Genehmigungen ausgeschlossen und sie gegebenfalls auf bauaufsichtliches Einschreiten zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Das Verfahren wird eingestellt.

II.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2014 ist wirkungslos geworden.

III.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Beigeladene trägt seine in beiden Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

1. Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigterklärungen der Parteien (Schriftsätze vom 26. September 2016 und vom 4. Oktober 2016) beendet und in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. Dezember 2014 ist wirkungslos geworden (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO entsprechend).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht bei Erledigung der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die hierbei maßgebliche Beurteilung der Erfolgsaussichten bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses kommen wegen des kursorischen Charakters der Kostenentscheidung etwa erforderliche weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts nicht in Betracht; auch schwierige Rechtsfragen sind nicht mehr zu entscheiden (BayVGH, B. v. 25.09.2007 - 26 N 05.1670 - juris Rn. 2; B. v. 5.2.2015 - 15 N 12.1518 - juris Rn. 2).

a) In Orientierung an §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO entspricht es der Billigkeit, die Kosten für das erstinstanzliche Verfahren jeweils hälftig zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen aufzuteilen, weil die Klage - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - vom Berufungsgericht wegen Unbestimmtheit der angefochtenen Baugenehmigung bis zum erledigenden Ereignis (Erlass des Änderungsbescheids vom 31. August 2016) voraussichtlich als begründet erachtet worden wäre.

Eine Baugenehmigung verletzt Rechte des Nachbarn, wenn sie hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unbestimmt ist und infolge dessen im Falle der Umsetzung des Bauvorhabens eine Verletzung von Nachbarrechten - im vorliegenden Fall des Rücksichtnahmegebots zulasten des Klägers hinsichtlich der Geruchsbelastung - nicht auszuschließen ist. Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist. Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt mithin vor, wenn eine Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (vgl. BayVGH, B. v. 28.6.1999 - 1 B 97.3174 - juris Rn. 16; B. v. 27.5.2011 - 14 B 10.773 - juris Rn. 24 ff.; B. v. 5.10.2011 - 15 CS 11.1858 - juris Rn. 14; OVG NW, B. v. 30.5.2005 - 10 A 2017/03 - BauR 2005, 1495 = juris Rn. 4 ff.; ThürOVG, U. v. 24.11.2005 - 1 KO 531/02 - juris Rn. 31 ff. - jeweils m. w. N.).

Die ursprüngliche Baugenehmigung vom 27. März 2013 genügte den Bestimmtheitsanforderungen hinsichtlich des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf die zu prognostizierende Geruchsbelastung nicht. Ihr ließ sich nicht entnehmen, von welchem Tierbestand in dem streitgegenständlichen Stallanbau des Beigeladenen genau auszugehen sein sollte. Eine nähere von der erteilten Baugenehmigung umfasste Betriebsbeschreibung i. S. von § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) hinsichtlich der Art und Anzahl der unterzubringenden Tiere war dem Bauantrag nicht beigefügt. Der in der genehmigten Planzeichnung erfolgten Bezeichnung als „Kälberstall“ ließ sich - unabhängig von der fehlenden eindeutigen Festlegung der Anzahl der unterzubringenden Tiere - schon nicht hinreichend entnehmen, ob es hier um Kälberaufzucht oder um Kälbermast ging, was aber für die Geruchsbelastung relevant sein kann. Zum genauen Tierbestand finden sich in der ursprünglichen Baugenehmigung auch keine Inhalts- oder Nebenbestimmungen. Auch dem genehmigten Eingabeplan - laut dem auf der westlichen und der östlichen Stallhälfte jeweils 10 Einzelboxen eingezeichnet sind, wobei die Restfläche der westlichen Stallhälfte als „Lager“ und die Restfläche der östlichen Stallhälfte als „Kälberstall“ bezeichnet wird - ließen sich hinsichtlich des zu besetzenden Tierbestandes keine eindeutigen Aussagen entnehmen. Die vom Verwaltungsgericht aus den schriftsätzlichen Angaben des Beigeladenen übernommenen Angaben zur Rinderhaltung, wonach von einem Besatz von 25 Kälbern und damit von 7,5 GV auszugehen sei, ergab sich mithin (zunächst) nicht aus Bauvorlagen bzw. aus der ursprünglichen Baugenehmigung. War somit mangels eines der angefochtenen Baugenehmigung zugrunde liegenden feststellbaren Tierbestands die Baugenehmigung unbestimmt, betraf dies Parameter zur Regelung der Geruchsbelastung und damit mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot eine nachbarrechtsrelevante Frage.

b) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt hingegen der Beklagte als - vgl. oben a) - voraussichtlich im Berufungsverfahren Unterlegener allein, weil der Beigeladene im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hat und deshalb gem. § 154 Abs. 3 VwGO insofern nicht an der Kostenlast zu beteiligen ist (vgl. BayVGH, B. v. 18.8.2015 - 15 B 13.1951 - juris Rn. 11).

c) Schon weil der Beigeladene mit seinem in erster Instanz gestellten Sachantrag auf Klageabweisung im Falle einer streitigen Berufungsentscheidung voraussichtlich unterlegen gewesen wäre (vgl. Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 162 Rn. 69 m. w. N.), entspricht es billigem Ermessen, dass dieser seine außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen selbst trägt (§ 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO).

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie orientiert sich an der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die keine Einwände erhoben worden sind. Hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500‚- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts Würzburg vom 25. März 2010 erteilte abgrabungsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Steinbruchs „Mittenhölzlein“ auf den Grundstücken FlNr. 790‚ 791‚ 1239 bis 1247‚ 1249‚ 1335 und 1336 Gemarkung Kirchheim. Das geplante Steinbruchgelände liegt im unbeplanten Außenbereich und grenzt nordwestlich unmittelbar an Wohnbebauung an. Dort befindet sich das im Eigentum des Klägers stehende‚ mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück FlNr. 1235/2. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Landratsamts vom 25. März 2010 mit Urteil vom 8. Dezember 2011 aufgehoben. Hiergegen wendet sich die Beigeladene mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Beigeladene beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen‚ ist im Wesentlichen an Hand dessen zu beurteilen‚ was die Beigeladene innerhalb offener Frist zur Begründung ihres Zulassungsantrags hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen‚ dass die angefochtene Abgrabungsgenehmigung aus zwei Gründen Nachbarrechte des Klägers verletzt. Es hat zum einen angenommen‚ dass die Abgrabungsgenehmigung nicht hinreichend bestimmt im Sinn des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist. Zum anderen hat es darauf abgestellt‚ das die Genehmigung gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt‚ weil sie nicht sicher stellt‚ das der Kläger keinen schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Geräuschen und Erschütterungen ausgesetzt wird.

Ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt (kumulative Mehrfachbegründung)‚ kann die Berufung nur zugelassen werden‚ wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (vgl. z.B. BayVGH‚ B.v. 21.1.2013 – 8 ZB 11.2030 – juris Rn. 15; siehe auch Happ in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 124a Rn. 61; Kopp/Schenke‚ VwGO‚ 20. Aufl. 2014‚ § 124 Rn. 5).

Hier kann der Zulassungsantrag der Beigeladenen schon deshalb keinen Erfolg haben‚ weil sich aus ihrem Vorbringen der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht ergibt‚ soweit das Verwaltungsgericht die Abgrabungsgenehmigung als nicht hinreichend bestimmt angesehen hat. Damit kann dahinstehen‚ ob auch im Hinblick auf den vom Verwaltungsgericht angenommenen Verstoß der Genehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen‚ dass die angefochtene Abgrabungsgenehmigung in nachbarrechtsrelevanter Weise zu unbestimmt ist und damit gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG verstößt. Nach dieser Vorschrift muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieser Anforderung entspricht eine Genehmigung‚ wenn die mit dem Bescheid getroffene Regelung (Art. 35 BayVwVfG) für die Beteiligten des Verfahrens (Art. 13 BayVwVfG) – ggf. nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG‚ U.v. 22.1.1993 – 8 C 57/91 – NJW 1993‚ 1667 m.w.N.). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können‚ ob und in welchem Umfang sie betroffen sind. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor‚ wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (vgl. BayVGH‚ B.v. 22.4.2009 – 1 C 09.221 – juris Rn. 20; BayVGH‚ B.v. 15.2.2011 – 14 B 10.806 – juris Rn. 21). Insoweit ist anerkannt‚ dass eine Baugenehmigung aufzuheben ist‚ wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH‚ U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris Rn. 13 m.w.N.). Der Nachbar muss aus der Baugenehmigung in Verbindung mit den ihr zugrunde liegenden Unterlagen die Reichweite des genehmigten Vorhabens und seine Nutzung erkennen können.

Nach der zutreffenden Einschätzung des Verwaltungsgerichts wird die angefochtene Abgrabungsgenehmigung diesen Anforderungen nicht gerecht. Zwar lässt sich dem Bescheid vom 25. März 2010 in Verbindung mit dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 14. Juli 2008 und dem dort beigefügten Erläuterungsbericht im Allgemeinen entnehmen‚ was Gegenstand der Genehmigung ist und welchen Umfang das genehmigte Vorhaben hat. Insbesondere werden dort die geplante Abbaufläche‚ die Abbauabschnitte‚ die Abbaumenge sowie das Abbauverfahren dargestellt. Der Inhalt der Abgrabungsgenehmigung und das genehmigte Vorhaben werden konkretisiert durch die in Bezug genommenen‚ mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen (vgl. Lechner in Simon/Busse‚ Bayerische Bauordnung, Stand: November 2014‚ Art. 68 Rn. 466). Es fehlen dort aber – worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat – genaue Angaben zu den Arbeitsabläufen‚ den eingesetzten Maschinen sowie den vorgesehenen Nutzungs- und Betriebszeiten. Nach § 9 Satz 1 BauVorlV sind in der als Bauvorlage vorzulegenden Baubeschreibung (§ 3 Nr. 3 BauVorlV) das Bauvorhaben und seine Nutzung zu erläutern‚ soweit dies zur Beurteilung erforderlich ist und die notwendigen Angaben nicht im Lageplan und in den Bauzeichnungen enthalten sind. Für den im abgrabungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorzulegenden Abgrabungsplan (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayAbgrG) gilt diese Vorschrift entsprechend (§ 14 Satz 1 BauVorlV). Dass die genannten fehlenden Angaben hier für die Beurteilung des Vorhabens der Beigeladenen hinsichtlich des notwendigen Lärm- und Erschütterungsschutzes erforderlich sind, unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln.

Soweit die Beigeladene in ihrem Zulassungsvorbringen auf die Schallimmissionsprognose des Büros W... vom 14. Dezember 2009 verweist‚ ist dieses Gutachten zwar Bestandteil der Abgrabungsgenehmigung geworden (Nebenbestimmung Nr. 750.2 zum angefochtenen Bescheid), wobei allerdings zweifelhaft sein mag‚ ob eine solche pauschale Bezugnahme auf die Schallprognose in der Abgrabungsgenehmigung regelmäßig zu einem eindeutig bestimmbaren Inhalt dieser Genehmigung führen kann (vgl. OVG NW‚ B.v. 20.9.2007 – 10 A 4372/05 – juris Rn. 8). Dies bedarf aber keiner Entscheidung. Denn jedenfalls bleibt nach dem Inhalt der Schallprognose unklar‚ ob die dort genannten Eingangsdaten als verbindliche Vorgaben für die Abgrabungsgenehmigung gelten sollen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat‚ werden in der Prognose zwar verschiedene Maschinen und Geräte aufgeführt‚ die aber lediglich „nach derzeitigem Kenntnisstand im Abbaubetrieb eingesetzt werden sollen“. Dies gilt auch für die in der Prognose des Weiteren enthaltenen Angaben über die angesetzten Betriebszeiten dieser Maschinen und Geräte. Es kommt hinzu‚ dass in der Nebenbestimmung Nr. 750.11 der Abgrabungsgenehmigung zwar einige „Auflagen“ ausdrücklich festgelegt werden‚ die sich aus der Prognose ergeben‚ wie z.B. die Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal acht Stunden sowie der Betriebszeit des Steinbohrgeräts auf vier Stunden pro Werktag. Allerdings geht diese Nebenbestimmung nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut davon aus‚ dass sich aus der Prognose noch weitere Auflagen bezüglich des Abbauabschnitts I ergeben. Welche weiteren Auflagen dies sein sollen‚ bleibt jedoch unklar.

Auch der Hinweis im Zulassungsantrag auf die Angaben unter Nr. 7 der Baubeschreibung vom 4. Juli 2008 (Anlage 2 zum Bauantrag) vermag nicht die hinreichende Bestimmtheit der Abgrabungsgenehmigung bezüglich der eingesetzten Maschinen zu begründen. Denn diese Angaben stehen im Widerspruch zu den Eingangsdaten der oben genannten Schallprognose. Während dort als eingesetzte Maschinen und Geräte ein Kettenbagger‚ zwei Radlader‚ ein hydraulisch selbstfahrendes Bohrgerät und ein Hydraulikspaltkeil mit separatem Pumpenmotor genannt werden‚ ist in der Nr. 7 der Baubeschreibung nur von einem Radlader und Kleingeräten die Rede.

Nachdem sich bereits aus den bisher genannten Gründen die Unbestimmtheit der angefochtenen Abgrabungsgenehmigung ergibt‚ ist nicht entscheidungserheblich‚ ob auch die Nebenbestimmung Nr. 750.6 des Genehmigungsbescheids dem Bestimmtheitsgebot genügt.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3‚ § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Die zuständige Behörde hat auf Antrag des Veranstalters eine Veranstaltung, die die Voraussetzungen der §§ 64, 65, 66, 67 oder 68 erfüllt, nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz für jeden Fall der Durchführung festzusetzen. Auf Antrag können, sofern Gründe des öffentlichen Interesses nicht entgegenstehen, Volksfeste, Großmärkte, Wochenmärkte, Spezialmärkte und Jahrmärkte für einen längeren Zeitraum oder auf Dauer, Messen und Ausstellungen für die innerhalb von zwei Jahren vorgesehenen Veranstaltungen festgesetzt werden.

(2) Die Festsetzung eines Wochenmarktes, eines Jahrmarktes oder eines Spezialmarktes verpflichtet den Veranstalter zur Durchführung der Veranstaltung.

(3) Wird eine festgesetzte Messe oder Ausstellung oder ein festgesetzter Großmarkt nicht oder nicht mehr durchgeführt, so hat der Veranstalter dies der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(1) Ein Volksfest ist eine im allgemeinen regelmäßig wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern unterhaltende Tätigkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 2 ausübt und Waren feilbietet, die üblicherweise auf Veranstaltungen dieser Art angeboten werden.

(2) § 68a Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2, § 69 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 69a bis 71a finden entsprechende Anwendung; jedoch bleiben die §§ 55 bis 60a und 60c bis 61a sowie 71b unberührt.

(3) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2016 sowie des hiergegen vorsorglich eingelegten Widerspruchs wird unter den folgenden Auflagen nur insoweit wiederhergestellt, als die Genehmigung die Durchführung der Jugendtanzveranstaltung am Mittwoch/Donnerstag, den 25./26.5.2016, für die Zeit ab dem 26.5.2016, 2:00 Uhr, betrifft:

a)   Soweit es möglich ist, ist am 26.5.2016 ab 0:00 Uhr durch Reduzierung der Lautstärke an der Musikanlage sicherzustellen, dass ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) – ermittelt nach den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie der LAI vom 6.3.2015 – vor dem Wohnhaus der Antragsteller nicht überschritten wird; sofern hierfür erforderlich, ist der Verstärker so einzustellen, dass in einem Abstand von drei Metern vor den Lautsprechern ein äquivalenter Dauerschallpegel auch unter 80 dB(A) erzeugt wird.

b)   Die musikalischen Darbietungen sind ab 1:45 Uhr einzustellen, damit die Veranstaltung um 2:00 Uhr beendet werden kann.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller als Gesamtschuldner, die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Drittel der Kosten des nicht durch Vergleich erledigten Teils des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und die Antragsgegnerin je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.


G r ü n d e :

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - geändert.

Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst: Die Kläger zu 1, zu 2, zu 3 und zu 6 tragen jeweils ein Fünftel, die Kläger zu 4 und zu 5 als Gesamtschuldner ebenfalls ein Fünftel der Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens beim Verwaltungsgericht, jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Nutzung einer historischen Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen.
Die beigeladene Gemeinde ist Eigentümerin des im Ortsteil Stetten gelegenen Grundstücks xxx, das mit einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kelter („Glockenkelter“) bebaut ist. Die Kläger sind Eigentümer von mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken, die sich in einem Abstand von 15 m bis ca. 80 m zur Glockenkelter befinden. Das 55 m entfernt gelegene Grundstück des Klägers zu 6 liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „An der Weinstraße“ der Beigeladenen, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Grundstücke der übrigen Kläger befinden sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Das Grundstück xxx und die Glockenkelter wurden von der Beigeladenen zuletzt für den kommunalen Bau- und Wertstoffhof genutzt. Am 7.4.2009 beantragte sie beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Kelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen. Die Kläger zu 1 bis 6 wurden als Angrenzer benachrichtigt und erhoben Einwendungen u.a. wegen der Lärmbelästigung durch Veranstaltungen und den Parkverkehr.
Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 20.7.2010 eine Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Glockenkelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich einer Außenbewirtschaftung und der Anlage von zwei Behindertenparkplätzen. Zum Lärmschutz enthielt die Baugenehmigung u.a. folgende besondere Auflagen:
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt. Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf längstens bis 22:00 Uhr betrieben werden. An Sonn- und Feiertagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. An Werktagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftungsfläche bis zu 200 Personen zulässig.
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu zehn Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung ohne die in Nr. 1 und 2 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Hierbei dürfen für die Immissionsorte IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
10 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
11 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig. (…)
12 
Bei Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen, die von deutlich hervortretender Musik begleitet werden, sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten; ab 20:00 Uhr bei allen Veranstaltungen.
13 
Die Kläger legten am 9.8.2010 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und brachten zur Begründung u.a. vor, es sei nicht berücksichtigt worden, dass während und nach den Veranstaltungen mit einem verstärkten Geräuschpegel durch alkoholisierte Besucher zu rechnen sei, die sich im Freien aufhielten. Die festgelegten Auflagen zum Lärmschutz seien nicht durchsetzbar und ungeeignet. Bei den Veranstaltungen sei von einem Festcharakter auszugehen, so dass der Geräuschpegel schon von vornherein höher sein werde. Außerdem müssten Lärmbelastungen durch Park- und Parksuchverkehr mit berücksichtigt werden, weil die zur Glockenkelter gehörigen Stellplätze recht weit entfernt seien.
14 
Während des Widerspruchsverfahrens änderte das Landratsamt mit Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 die besonderen Auflagen zum Lärmschutz dahingehend, dass in Ziff. 01 ein Hinweis auf die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie eingefügt und auf die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 verwiesen wurde. Außerdem wurde eine Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht, nach der folgende Veranstaltungen zulassen werden sollen:
15 
-Weinverköstigungen und Degustationen
16 
-Sonderveranstaltungen von örtlichen Weingärtnern, Gastronomen und ortsansässigen Firmen,
17 
-Kommunale Veranstaltungen, insbesondere Informationsveranstaltungen für Bürger, Bürgerempfänge, Gemeinderatssitzungen
18 
-Ausstellungen
19 
-Seminare und Schulungen
20 
-Vortragsangebote
21 
-Altennachmittage
22 
-Lesungen
23 
-Vereinsveranstaltungen und -versammlungen
24 
-Jubiläen und Weihnachtsfeiern
25 
-Geburtstage und Familienfeiern
26 
-standesamtliche Trauungen - nicht Hochzeiten
27 
-kulturelle Veranstaltungen
28 
Die Glockenkelter werde für Veranstaltungen der Gemeinde, der örtlichen Schulen, der örtlichen Musikschule, der örtlichen Kunstschule und der Volkshochschule xxx sowie der ortsansässigen Vereine zur Verfügung gestellt. Daneben seien weitere Nutzungen im gewerblichen Bereich, insbesondere durch ortsansässige Weinbetriebe und Gastronomie sowie durch ortsansässige Firmen möglich. Private Nutzungen durch Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde würden nur eingeschränkt (maximal 15 im Jahr) zugelassen, Nutzungen durch nicht Ortsansässige nur in Ausnahmefällen (maximal 5 im Jahr).
29 
Die Kläger legten gegen die Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 am 14.2.2011 Widerspruch ein, ebenso gegen Nachtragsgenehmigungen des Landratsamts vom 28.6.2011 für eine veränderte Ausführung des Windfangs und vom 21.7.2011 für eine abweichende Ausführung der Rauchableitungsöffnungen an der hangseitigen Dachfläche der Glockenkelter. Über die Widersprüche wurde bisher nicht entschieden.
30 
Am 8.7.2013 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und geltend gemacht, die Umgebung der Glockenkelter sei als reines Wohngebiet einzustufen. Die Baugenehmigung sei den Nachbarn gegenüber rücksichtslos. Das Sachverständigengutachten xxx vom April 2009 berücksichtige nur den reinen Veranstaltungslärm aus der Kelter, aber weder Fahrzeuge noch Besucherbewegungen außerhalb des Gebäudes. Die Festsetzung von Obergrenzen für die Schallbelastung sei ungeeignet, weil während der laufenden Veranstaltung keine Begrenzung mehr möglich sei. Ebenso seien die Auflagen zur maximalen Personenzahl und zum Geschlossen halten der Türen und Fenster nicht kontrollierbar. Es sei auch nicht zu erwarten, dass diese befolgt würden, weil die Kelter keine Klimaanlage habe. Außerdem sei es rücksichtslos, die maximale Obergrenze von zehn seltenen Ereignissen nach der Freizeitlärm-Richtlinie voll auszuschöpfen. Mit der Zulassung einer Außenbewirtschaftung mit bis zu 200 Sitzplätzen sonntags außerhalb der Ruhezeit bewege sich die Genehmigung außerhalb der Vorgaben der schalltechnischen Untersuchung; dies müsse auf höchstens fünf Stunden, werktags innerhalb der Ruhezeiten sowie sonn- und feiertags auf eine Stunde begrenzt bleiben.
31 
Das beklagte Land hat sich darauf berufen, dass dem Schutzbedürfnis der Kläger mit den geänderten Nebenbestimmungen im ergänzenden Bescheid vom 9.2.2011 ausreichend Rechnung getragen sei. Die Beigeladene hat geltend gemacht, bei der Umgebung der Glockenkelter sei weder von einem reinen noch von einem allgemeinen Wohngebiet auszugehen, außerdem sei die bisherige Nutzung der Kelter als Bau- und Wertstoffhof als Vorbelastung zu berücksichtigen. Es sei davon auszugehen, dass die Nebenbestimmungen eingehalten würden, weil ein danach nicht erlaubtes Verhalten durch die Baugenehmigung nicht legalisiert werde.
32 
In der mündlichen Verhandlung am 29.6.2012 sind die Nebenbestimmungen zum Lärmschutz vom Vertreter des Beklagten mit Zustimmung der Beigeladenen in mehreren Punkten geändert worden, so dass sie wie folgt gelautet haben:
33 
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte nach LAI-Freizeitlärmrichtlinie (NVwZ 1997, 469ff) außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
34 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
35 
Auf die schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 wird verwiesen.
36 
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt (…). Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
37 
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf bis längstens 22:00 Uhr betrieben werden. In der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. Musikveranstaltungen und Veranstaltungen mit Musik sind nicht zulässig. Ausnahmen ergeben sich aus Ziffer 03. An Sonn- und Feiertagen ist eine Außenbewirtschaftung in der Zeit außerhalb der Ruhezeiten (9 - 13 Uhr, 15 - 20 Uhr) längstens für 7 Stunden zulässig.
38 
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik ohne die in Nr. 01 und 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) dürfen davon an bis zu 5 Tagen im Jahr - unter Anrechnung auf die insgesamt 10 seltenen Ereignisse ohne die in Nr. 2 genannten Einschränkungen bis zu maximal 200 Personen tags zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden. Hierbei dürfen an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
39 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
40 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig.
41 
06  Bei lauten Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik (Blasmusik, Musikvereinskonzert, elektrisch verstärkte Musikinstrumente und ähnliche Veranstaltungen, Innenraumpegel L = 63 dB(A) bis L= 88 dB(A)) sind während der Veranstaltungen Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türe nördlich zum Hofbereich geöffnet werden. Bei allen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster nach 20:00 Uhr generell geschlossen zu halten.
42 
06 a)  Die Gemeinde Kernen hat in den jeweiligen Nutzungsverträgen mit den Veranstaltern durch Vereinbarung sicherzustellen, dass die Nebenbestimmungen / Besonderen Auflagen eingehalten werden.
43 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29.6.2012 die Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsbescheids vom 9.2.2011 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Baugenehmigung sei in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9.2.2011 und den Änderungen in der mündlichen Verhandlung bis auf die Nebenbestimmung Ziff. 03 für seltene Ereignisse rechtlich nicht zu beanstanden. Die Lärmeinwirkungen durch die Kelter auf die Grundstücke der Kläger seien insgesamt nicht unzumutbar und begründeten keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die aufgehobene Nebenbestimmung zu den „seltenen Ereignissen“ sei aber zu unbestimmt und zu weit formuliert. Ihrem Sinn und Zweck nach sei sie immer dann anzuwenden, wenn Veranstaltungen die Voraussetzungen nach Ziff. 01 und 02 nicht einhielten. Damit seien diese Ereignisse aber weder vom Zeitpunkt her bekannt noch vorhersehbar. Ob eine Veranstaltung als seltenes Ereignis auf das Kontingent der zehn zulässigen seltenen Ereignisse anzurechnen sei, lasse sich dann aber erst durch eine Messung des Schalldruckpegels während der jeweiligen Veranstaltung feststellen. Das führe zu Unsicherheit bei den Anwohnern, ob jetzt ein seltenes Ereignis vorliege und ob dafür die vorgegebenen höheren Lärmwerte jeweils noch eingehalten oder bereits überschritten würden. Das sei nicht zumutbar. Wenn die zehn zugelassenen seltenen Ereignisse nicht hinreichend charakterisiert seien und es keine nachprüfbaren Kriterien für die Einordnung als seltenes Ereignis im Voraus gebe, sei ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht mehr gewährleistet.
44 
Die Beigeladene hat am 28.8.2012, das beklagte Land am 30.8.2012 die Zulassung der Berufung gegen das jeweils am 8.8.2012 zugestellte Urteil beantragt, soweit darin die Nebenbestimmung Ziff. 03 zur Zulässigkeit seltener Ereignisse aufgehoben worden ist. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 16.1.2014 verfolgen sie ihr Anliegen weiter.
45 
In der Berufungsverhandlung am 29.6.2016 und nochmals am 28.7.2016 hat das beklagte Land die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung vom 20.7.2010 erneut geändert, so dass sie nunmehr wie folgt lautet:
46 
03  (a) Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Kalenderjahr seltene Veranstaltungen (insbesondere Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit musikalischer Umrahmung) ohne die unter Ziff. 01 oder 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Seltene Veranstaltungen sind solche mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem und regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum).
47 
(b) Die Nachbarschaft im Einwirkungsbereich ist rechtzeitig, d.h. in der Regel mindestens 14 Tage vorher über Art, Dauer und Ende der Veranstaltung zu unterrichten - und zwar durch Bekanntgabe im Gemeinde-Mitteilungsblatt. Dabei ist vom Veranstalter ein Ansprechpartner samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und der für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss.
48 
(c) Seltene Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Hintergrundmusik mit Emissionspegel der Musik bis LWA=75 dB(A)) dürfen an maximal 5 Tagen im Jahr unter Anrechnung auf insgesamt maximal 10 Veranstaltungen (auch in der Glockenkelter) ohne die Ziff. 01 und Ziff. 02 genannten Einschränkungen mit maximal 200 Personen tagsüber zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden.
49 
Bei sämtlichen seltenen Veranstaltungen dürfen an den Immissionsorten IO1 bis IO5 vor den Fenstern im Freien folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
50 
- tags: 70 dB(A)
- nachts: 55 dB(A)
51 
Geräuschspitzen dürfen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts nicht überschreiten (vgl. Freizeitlärmrichtlinie vom 6.3.2015).
52 
(d) Diese Veranstaltungen dürfen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden.
53 
(e) In der Glockenkelter wird bei den seltenen Veranstaltungen zwischen lauten Musikveranstaltungen/lauten Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI von 83 bis 88 dB(A) einerseits und sehr lauten Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI = 89dB(A) bis 105 dB(A) andererseits unterschieden.
54 
Sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik müssen als solche bis 22:00 Uhr beendet sein. Eine Fortsetzung dieser Veranstaltungen nach 22:00 Uhr ohne sehr laute Musik ist möglich. Während diesen seltenen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türen nördlich zum Hofbereich geöffnet werden (vgl. Ziff. 06 des Ergänzungsbescheides vom 09.02.2011).
55 
(f) Die Gemeinde ist verpflichtet, bei elektronisch verstärkter Musik durch den Einsatz eines Pegelbegrenzers die Einhaltung der unter (e) genannten Innenraumpegel sicherzustellen.
56 
Die Kläger haben daraufhin ihre Klageanträge, soweit über diese noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, dahingehend geändert, dass sie die Aufhebung der der Baugenehmigung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 20.7.2010 beigefügten Nebenbestimmung Ziff. 03 nunmehr in der Fassung der Bescheide des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 29.6.2016 und 28.7.2016 begehren.
57 
Der Beklagte und die Beigeladene berufen sich darauf, dass die Freizeitlärmrichtlinie zwischenzeitlich zum 6.3.2015 geändert worden sei und die neue Fassung durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlen werde. Die Freizeitlärmrichtlinie sei auch in der aktuellen Fassung nach wie vor als Orientierungshilfe dafür heranzuziehen, was den Anwohnern zumutbar sei. Mit den am 29.6. und 28.7.2016 vorgenommenen Änderungen der Nebenbestimmungen sei den neuen Anforderungen der Richtlinie Rechnung getragen. Sie sei auch bei Veranstaltungen in Gebäuden heranzuziehen. Soweit die Kläger forderten, dass nur seltene Veranstaltungen über 22:00 Uhr hinaus dauern dürften, betreffe dies letztlich den Regelbetrieb; insoweit sei bereits rechtskräftig über die Zumutbarkeit entschieden.
58 
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
59 
das Urteil des Veraltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - abzuändern und die Klagen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge insgesamt abzuweisen.
60 
Die Kläger beantragen,
61 
die Berufungen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge zurückzuweisen.
62 
Sie sind der Ansicht, die Freizeitlärmrichtlinie sei auf Veranstaltungsgebäude wie die Glockenkelter nicht anwendbar. Das ergebe sich sowohl aus der Beschreibung des Anwendungsbereichs in Ziff. 1 der Richtlinie als auch aus dem Wortlaut der Ziff. 4.4 für seltene Veranstaltungen. In beiden Formulierungen werde auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten und ähnliche Freizeitveranstaltungen abgehoben. Dennoch enthalte die Freizeitlärmrichtlinie hinsichtlich der Zumutbarkeit seltener Ereignisse Aspekte, die auch hier zu berücksichtigten seien, wie etwa die vorherige Ankündigung und die Benennung eines Ansprechpartners für Beschwerden. Die Erfahrung im vorliegenden Fall habe aber gezeigt, dass ein Ansprechpartner des Veranstalters nicht ausreiche, sondern dass es sich dabei um einen mit ortspolizeilichen Kompetenzen ausgestatteten und damit handlungsfähigen Mitarbeiter der Gemeinde handeln müsse. Außerdem sei zu fordern, dass grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22:00 Uhr hinausgehen dürfe, als seltenes Ereignis gelten müsse. In diesem Fall müssten dann bis 24:00 Uhr alle Stellplätze geräumt und alle Aufräum- und Abbauarbeiten abgeschlossen sein. Pro Jahr dürften nur zehn solcher seltener Ereignisse zulässig sein. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) über 50 bis maximal 200 Personen dürften nur an fünf Tagen im Jahr unter Anrechnung auf die zehn seltenen Ereignisse durchgeführt werden. Dabei müsse die Veranstaltung dann um 20:00 Uhr beendet und bis 22:00 Uhr die Parkplätze geräumt sowie Aufräum- und Abbauarbeiten beendet sein. Außerdem müsse der ruhende Verkehr rund um die Glockenkelter regelmäßig überwacht werden, bei den seltenen Ereignissen in jedem Einzelfall. Schließlich müsse die Gemeinde dreimal jährlich bei einem seltenen Ereignis Überwachungsmessungen durchführen, deren Ergebnisse dem Landrat übermitteln und unmittelbar nach Vorliegen veröffentlichen.
63 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Baugenehmigungsverfahrens, des Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht und des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (Az. 8 S 920/11) vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ebenso Bezug genommen wird wie auf die vorliegende Prozessakte.

Entscheidungsgründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger wenden sich als Eigentümer des Grundstücks FlNr. .../... der Gemarkung K..., auf dem sie ein Hotel betreiben, gegen eine Tekturgenehmigung für den Umbau eines Feuerwehrgerätehauses auf dem benachbarten Grundstück FlNr. .../....

Mit Urteil vom 5. Juli 2011 (RN 6 K 09.1343) wies das Verwaltungsgericht Regensburg die Klage des Klägers zu 1. gegen die der Beigeladenen mit Bescheid vom 14. Juli 2009 in der Fassung des Tekturbescheids vom 19. Januar 2011 erteilte Baugenehmigung zur „Erweiterung des bestehenden Feuerwehrgerätehauses“ auf dem Grundstück FlNr. .../... ab. Mit Beschluss vom 25. September 2013 (15 ZB 11.2302) lehnte der Senat die beantragte Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil ab.

Die Kläger wenden sich nunmehr gegen einen weiteren, als „(Tektur)-Genehmigung“ bezeichneten baurechtlichen Bescheid des Beklagten vom 12. Dezember 2014 für das o.g. Vorhaben. In den diesbezüglich genehmigten Plänen ist im Vergleich zu den mit den Bescheiden vom 14. Juli 2009 und 19. Januar 2011 genehmigten Bauvorlagen die südlichste Außenwand des vorgesehenen Anbaus im Erdgeschoss kürzer dargestellt, so dass im Erdgeschoss - bei gleichbleibender Größe und Lage der nördlicheren Räume „Ankleide Damen“ (19,09 m²) und „Ankleide Herren“ (18,49 m²) - der südlich gelegene Raum für „Instandhaltung“ von 18,81 m² auf 12,55 m² verkleinert wurde. Im Obergeschoss kam es im Vergleich zu den vorherigen genehmigten Plänen (abgesehen von der Darstellung einer Brandwand) zu keinen Veränderungen der Räumlichkeiten.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 25. August 2015 ab. U. a. führte das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen aus, dass die streitgegenständliche Genehmigung vom 12. Dezember 2014 im Hinblick auf die nunmehr vorgesehenen baulichen Änderungen im Vergleich zum bereits genehmigten Vorhaben kein „aliud“ betreffe und damit keine Änderungsgenehmigung, sondern eine echte Tekturgenehmigung sei. Hinsichtlich der planungsrechtlichen Zulässigkeit hätten sich aber durch die streitgegenständliche Tekturgenehmigung keinerlei Änderungen ergeben. Dass das Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei, sei bereits im rechtskräftig gewordenen Urteil des Verwaltungsgerichts vom 5. Juli 2011 entschieden worden.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Aus dem in offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bei Gericht eingegangenen Vorbringen der Kläger ergeben sich keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sonstige Zulassungsgründe i. S. von § 124 Abs. 2 VwGO sind von den Klägern nicht geltend gemacht worden.

1. Mit ihrem Einwand, das Rücksichtnahmegebot sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts Prüfmaßstab im Verfahren gewesen, das zur Erteilung der Tekturgenehmigung vom 12. Dezember 2014 geführt habe, können die Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts nicht begründen.

Der diesbezügliche Vortrag der Kläger genügt schon formal nicht den Anforderungen an das Gebot der Darlegung gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Dieses erfordert auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Schon wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe im Zulassungsverfahren einerseits und im nachfolgenden Berufungsverfahren andererseits genügt es in der Regel nicht, etwa unter Bezugnahme auf das bisherige Vorbringen und unter schlichter Wiederholung der eigenen Ansichten die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (zum Ganzen BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 - juris Rn. 22 ff. m. w. N.). Diesen Anforderungen entspricht die Zulassungsbegründung hinsichtlich des erhobenen Einwands nicht:

Die vom Verwaltungsgericht vertretene rechtliche Ausgangsthese, wonach sich bei bestandskräftig gewordener Ausgangsgenehmigung die Anfechtbarkeit einer Baugenehmigung durch den Nachbarn (hier die Kläger) auf die Tekturgenehmigung beschränke (Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: Januar 2016, Art. 68 Rn. 116) - mit der Folge, dass allenfalls solche Belastungen bzw. (behaupteten, potenziellen) Rechtsverletzungen der gegen die Tekturgenehmigung erhobenen Nachbarklage zum Erfolg verhelfen können, die über die ursprünglichen (bestandskräftig gewordenen) Baugenehmigungen hinausgehen (vgl. auch VG München, U.v. 25.2.2014 - M 1 K 13.4195 - juris Rn. 17; Kerkmann/Sattler, BauR 2005, 47/49) -, wird von den Klägern mit der Zulassungsbegründung nicht angegriffen. Ebenso wird von den Klägern die diesbezüglich tragende Subsumtion des Verwaltungsgerichts, wonach sich hinsichtlich der planungsrechtlichen Situation - und damit auch hinsichtlich der Beurteilungsparameter des Rücksichtnahmegebots (zur dogmatischen Verortung in § 31, § 34, § 35 BauGB und § 15 Abs. 1 BauNVO z. B. BVerwG, U.v. 26.9.1991 - 4 C 5.87 - juris Rn. 36) - durch die Genehmigung vom 12. Dezember 2014 im Vergleich zur bestandskräftigen Genehmigungslage 14. Juli 2009 /19. Januar 2011 keinerlei Änderungen ergeben hätten, im Zulassungsverfahren nicht grundsätzlich in Frage gestellt.

Ob lediglich eine Tekturgenehmigung oder eine Genehmigungsneuerteilung („aliud“) vorliegt, hängt von der Art und dem Umfang der Änderungen ab. Entscheidend ist, ob die Identität des Vorhabens trotz der Änderungen im Wesentlichen gewahrt bleibt oder nicht (BayVGH, B.v. 2.8.2007 - 1 CS 07.801 - BayVBl. 2007, 758 ff. = juris Rn. 33; U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - juris Rn. 27; OVG BB, U.v. 14.11.2012 - 2 B 3.11 - juris Rn. 57; B.v. 24.6.2014 - OVG 10 S 29.13 - juris Rn. 6; zur Abgrenzungsfrage auch Struzina/Lindner, ZfBR 2015, 750 ff.; Kerkmann/Sattler, BauR 2005, 47/50 ff. m. w. N.). Die Abgrenzung hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Wegen der Situationsbezogenheit der für die Zulassung von Bauvorhaben entscheidenden Umstände lässt sich die Erheblichkeitsschwelle nicht abstrakt mit allgemeinen Kriterien bestimmen. Maßgebend ist vielmehr, ob die oder einige der Belange, die bei der Genehmigung zu berücksichtigen gewesen wären, neuerlich oder ob andere oder zusätzliche Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt (BayVGH, U.v. 26.7.1991 - 20 CS 89.1224 - BayVBl.1992, 88 f. = juris Rn. 15; B.v. 26.3.2008 - 15 ZB 07.3194 - juris Rn. 9; OVG Lüneburg, B.v. 16.6.2014 - 1 ME 70/14 - NVwZ-RR 2014, 802 f. = juris Rn. 11; OVG BB, B.v. 24.6.2014 a. a. O. juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 13.12.2012 - 2 B 1250/12 - NVwZ-RR 2013, 500 ff. = juris Rn. 15; in der Sache ebenso Struzina/Lindner, ZfBR 2015, 750 ff.). Der Vortrag der Kläger im Berufungszulassungsverfahren, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts im Vergleich zur bestandskräftigen Genehmigungslage eine wesentliche Änderung des bisher beantragten Vorhabens vorliege, weil sich die Länge der südlichen Außenwand verkürze, sich deswegen im Hinblick auf die Grundfläche wesentliche Änderungen ergäben und damit ein Merkmal betroffen sei, das wesentlich zur Identität des Vorhabens beitrage, ist insofern unbehelflich. Das Verwaltungsgericht hat zwar zur Begründung der Annahme einer bloßen Tekturgenehmigung ausgeführt, die Grenze zur „Aliud“- bzw. Änderungsgenehmigung sei überschritten, wenn das Vorhaben hinsichtlich seiner Identität und seiner Wesensmerkmale - insbesondere Standort, Grundfläche, Geschossfläche, Bauvolumen, Nutzung, Höhe, Dachform und Erscheinungsbild (vgl. auch BayVGH, U.v. 26.7.1991 - 20 CS 89.1224 - BayVBl.1992, 88 f. = juris Rn. 15) - so wesentlich von der Baugenehmigung abweiche, dass es nicht das genehmigte, sondern ein anderes Bauvorhaben - nämlich ein „aliud“ darstelle. Damit hat das Erstgericht aber keinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt (und gleichzeitig in widersprüchlicher Weise gegen diesen verstoßen), dass bei jeglicher Abweichung von den vorgenannten Eigenschaften (und damit auch bei jeglicher Veränderung der Grundfläche) in jedem Falle die Grenze zu einem „aliud“ überschritten sei. Es hat vielmehr - unter Einbeziehung der Verkürzung der dem klägerischen Grundstück zugewandten Außenwand und damit unter Berücksichtigung von Veränderungen bezüglich überbauter Grundfläche und Bauvolumen - die Wertung getroffen, es lägen nur geringfügige, nicht wesensverändernde Änderungen vor. Die Zulassungsbegründung legt aber im Einzelnen nicht gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO substanziiert dar, inwiefern diese Bewertung nach den oben dargestellten Maßstäben rechtlich falsch sei. Es liegt nicht ohne weiteres auf der Hand, dass die bloße Verkleinerung des Raumes für „Instandhaltung“ im Untergeschoss ein baurechtlich relevantes Genehmigungskriterium im (Änderungs- bzw. Tektur-) Verfahren sein könnte (vgl. OVG BB, B.v. 24.6.2014 a. a. O. juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 13.12.2012 a. a. O. juris Rn. 15).

Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einer Änderung einer bestandskräftig genehmigten baulichen Anlage Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Prüfung zwar das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt (BVerwG, U.v. 15.5.1997 - 4 C 23.95 - NVwZ 1998, 58 ff. = juris Rn. 15); dies bedeutet jedoch nicht, dass eine zuvor erteilte Baugenehmigung ohne weiteres gegenstandslos geworden ist und dass eine die Änderung gestattende Baugenehmigung sich stets auf alle zu prüfenden (bauplanungsrechtlichen) Voraussetzungen der Zulässigkeit des Gesamtvorhabens erstrecken muss (BVerwG, B.v. 4.2.2000 - 4 B 106.99 - NVwZ 2000, 1047 f. = juris Rn. 2; vgl. Kerkmann/Sattler, BauR 2005, 47/49). Im vorliegenden Fall ist aber gerade nicht ersichtlich, dass durch die streitgegenständliche Genehmigung der baulichen Änderungen die zuvor genehmigten Nutzungen in irgendeiner Weise betroffen sein (vgl. BayVGH, U.v. 21.10.2010 - 14 B 08.1267 - juris Rn. 28) bzw. dass sich diese Änderungen im Vergleich zu den bestandskräftigen Genehmigungen vom 14. Juli 2009 und 19. Januar 2011 lärmerhöhend und damit auf die diesbezüglichen Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken können (vgl. auch BayVGH, B.v. 18.2.2013 - 15 ZB 11.1351 [nicht veröffentlicht]). Vor diesem Hintergrund ist auch nicht verständlich, warum - wie in der Zulassungsbegründung vorgebracht wird - für eine neue Gesamtbewertung der Lärmsituation § 3 Abs. 5 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV sprechen könnten, zumal es hier nicht um eine nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlage geht.

Da mithin das Rücksichtnahmegebot unter Lärmschutzgesichtspunkten nach Maßgabe des Änderungsantrags der Beigeladenen vom 5. Mai 2014 im Genehmigungsverfahren nicht neu zu prüfen war, kommt es auf den weiteren Vortrag der Kläger zur Unzumutbarkeit der Lärmbelastung durch die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses nicht an. Insbesondere ist daher auch der klägerische Vortrag, dass in dem Gutachten des Ingenieurbüros ...-... vom 19. August 2015 erstmals festgestellt werde, dass bereits durch die ursprünglich genehmigte Nutzung des Gebäudes die zulässigen Lärmwerte überschritten würden, irrelevant.

2. Worauf die Kläger mit dem weiteren Einwand, dass „auch der geringe Abstand des Feuerwehrgerätehauses zum Anwesen der Antragsteller für eine Rücksichtslosigkeit“ spreche, die auch einmal dann gegeben sein könne, wenn das Vorhaben im Übrigen planungsrechtlich zulässig sei, genau abzielen, wird nicht wirklich klar. Insofern erfüllen die Kläger daher ebenfalls nicht die Anforderungen, die das Prozessrecht gem. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO an die Darlegung eines Berufungszulassungsgrundes (hier hinsichtlich § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) stellt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf das Rücksichtnahmegebot lässt den Schluss zu, dass die Kläger ihre Rüge nicht auf die Rechtsausführungen des Verwaltungsgerichts bzgl. Art. 6 BayBO beziehen, zumal auch jegliche Ausführung dazu fehlt, inwiefern das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht überhaupt zum Prüfprogramm des Genehmigungsverfahrens zählte. Sollte der diesbezügliche Vortrag in der Sache auf eine sog. „erdrückende Wirkung“ als Fallgruppe eines Rücksichtnahmeverstoßes abzielen, fehlt auch hierzu jegliche substanziierte Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil sowie mit den entsprechenden Voraussetzungen, die hierzu von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelt worden sind (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl. 1981, 928 ff. = juris Rn. 32 ff.; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl. 1986, 1271 f. = juris Rn. 15; aus der Rspr. des Senats z. B. BayVGH, B.v. 13.3.2014 - 15 ZB 13.1017 - juris Rn. 8 f.; B.v. 30.5.2016 - 15 ZB 16.630 - juris Rn. 10 ff.; B.v. 4.7.2016 - 15 ZB 14.891 - juris Rn. 9; B.v. 1.8.2016 - 15 CS 16.1106- juris Rn. 23). Zudem gilt auch insofern, dass das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot wegen der Bestandskraft der vorherigen Genehmigungen nicht mehr zu prüfen war und insofern auch nicht zu einem Nachbarrechtsverstoß führen konnte (s.o. 1.). Im Übrigen dürfte bei der hier eher geringen Höhe des Anbaus eine Rücksichtslosigkeit wegen erdrückender Wirkung nicht ernsthaft zur Debatte stehen. Schließlich wird in der Zulassungsbegründung nichts dazu ausgeführt, warum und in welcher Hinsicht sich eine Rücksichtslosigkeit des Anbauvorhabens aus der von den Klägern zitierten Entscheidung des 9. Senats des Verwaltungsgerichtshofs (die Kläger berufen sich auf BayVGH, U.v. 16.1.2014 - 9 B 10.2528) ergeben könnte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene, die weder einen Antrag gestellt noch sich substanziell zur Sache geäußert hat, ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Nachbarin gegen eine Baugenehmigung, die die Erweiterung eines bestandskräftig genehmigten Werkstattgebäudes zum Inhalt hat.

Die Baugenehmigung bezieht sich auf die im Eigentum der Beigeladenen zu 1. stehende FlNr. 1051/10. Östlich davon liegt das dem Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. gehörende Flurstück 1051/2, das mit dessen Wohnhaus bebaut ist. Die Klägerin ist Eigentümerin der nördlich gelegenen - teils unmittelbar angrenzenden - Grundstücke FlNrn. 1051, 1052/1, 1052/2 und 1052. Die Flurstücke 1051 und 1052/1 sind unbebaut, für sie läuft ein - noch offenes - Vorbscheidsverfahren zur Verwirklichung eines Senioren- und Kongresszentrums. Auf dem vom Vorhaben aus gesehen zurückgesetzten und nicht mehr direkt angrenzenden Grundstück FlNr. 1052/2 befindet sich ein Mehrparteienhaus. Alle Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 23 „… West“, der als Nutzungsart ein Mischgebiet festsetzt. Westlich und südlich der Grundstücke liegen durch Bebauungsplan ausgewiesene bzw. faktische große Gewerbegebiete.

Unter dem 14. Juni 2002 wurde der Beigeladenen zu 1. eine - zwischenzeitlich bestandskräftig gewordene - Baugenehmigung für eine erste Erweiterung des schon damals bestehenden Werkstattgebäudes erteilt. Unter 4.2 des Auflagenkatalogs („Immissionsschutzrechtliche Auflagen“) wurden folgende Regelungen aufgenommen:

4.2.15 Die beim Spritzen, Lackieren und Trocknen frei werdenden Lösemitteldämpfe sind durch eine ausreichend dimensionierte Absaugung möglichst vollständig zu erfassen und einer Entstaubungsanlage (z.B. Partikelfilter) zuzuführen und durch einen Kamin senkrecht nach oben in die freie Luftströmung so abzuleiten, dass keine Belästigung der Nachbarschaft hervorgerufen werden kann.

4.2.16 Für die Ableitung der Abgase der Spritzkabine sind die Anforderungen der VDI 2280 […] einzuhalten. Eine Ableitung der Abgase hat 5 m über First-höhe der Wohngebäude im Umkreis von 50 m sowie 5 m über Flachdach, aber mindestens 10 m über Erdboden zu erfolgen. […] Unter dem 13. Oktober 2016 beantragte die Beigeladene zu 1. die streitgegenständliche Baugenehmigung. Beigegeben ist dem Bauantrag ein expliziter Antrag auf Befreiung, da die östliche Baugrenze um 65 m² überschritten werde, aus betriebstechnischen Gründen aber ein anderer Standort für die Erweiterung (Unterbringung eines Reparaturarbeitsplatzes für Nutzfahrzeuge) nicht möglich sei Am 25. Oktober 2016 erteilte der Beigeladene zu 2. durch Beschluss des Gemeinderats das Einvernehmen (Beschlussausfertigung vom 27. Oktober 2016). Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB seien erfüllt, die Erteilung der sich nur auf ein Grundstück beziehenden Befreiung berühre die Grundzüge der Planung nicht und ziehe auch keine automatische Änderung des Bebauungsplans nach sich.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 3. Januar 2017 (Az. 30/602 BV II 20162365) erteilte der Beklagte die Baugenehmigung (Ziff. 1 und 2 des Bescheids) unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 23 „An der A. Straße“ wegen Baugrenzüberschreitung (Ziff. 3 des Bescheids) und unter Festschreibung diverser Auflagen (Ziff. 4 des Bescheids). Nach Ziff. 4.3 behalten danach die immissionsschutzfachlichen Auflagen des bestehenden Bescheids Az. 30/602 BV II 20011539 weiterhin ihre Gültigkeit.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat unter dem 25. Januar 2017 Klage gegen den Bescheid erhoben. Er beantragt,

die Baugenehmigung aufzuheben.

Die Baugenehmigung sei rechtswidrig und aufzuheben. Die Klägerin führe seit Ende 2013 ein Vorbescheidsverfahren zum Neubau eines Senioren- und Kongresszentrums auf den Grundstücken FlNr. 1051 und 1052/1. Dafür sei zunächst ein Bebauungsplan-Verfahren eingeleitet, zwischenzeitlich aber ohne Satzungsbeschluss eingestellt worden. Hintergrund dafür sei gewesen, dass das Landratsamt eine Stellungnahme abgegeben habe, wonach der Abluftkamin der seit 2002 auf dem Grundstück des Beigeladenen zu 1. genehmigten Lackieranlage mindestens 5 m höher sein müsse als die Traufhöhe des geplanten Gebäudes auf dem Grundstück der Klägerin. Die Klägerin habe im Bebauungsplan-Verfahren eingewandt, dass der Kamin diese Vorgaben hinsichtlich des ebenfalls in ihrem Eigentum stehenden (Bestands-) Gebäudes P.-Straße 42a, das innerhalb eines 50 m-Radius um den Ablaufkamin liege, im Jahr 1998 genehmigt und vor 2002 erbaut worden sei und eine vergleichbare Firsthöhe aufweise, ebenfalls nicht einhalte. Ebenso sei versucht worden, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen, die Klägerin habe u.a. angeboten, die Kosten für die Erhöhung des Kamins zu übernehmen, die Beigeladene zu 1. sei darauf aber nicht weiter eingegangen. Das Vorbescheidsverfahren sei noch nicht abgeschlossen, auch hier habe das Landratsamt die fehelende Höhe des Abluftkamins eingewandt. Die Lackieranlage sei im Jahr 2002 unter der Auflage erteilt worden, dass die Kaminmündung den Gebäudefirst des höchsten Gebäudes im Umkreis von 50 m um 5 m überragen müsse; diese Auflage werde bis zum heutigen Tag nicht erfüllt, worauf die Klägerin beim Landratsamt mehrmals hingewiesen habe. Die streitgegenständliche Baugenehmigung habe als Änderung der bestehenden baulichen Anlage zur Folge, dass das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt geprüft werden müsse. Da der Bauherr keinerlei Anstalten zeige und gezeigt habe, die rechtmäßige und auf § 1 Abs. 1 i.V.m. Anhang I Nr. 5 der 31. BImSchV i.V.m. § 7 Abs. 1 der 31. BImSchV gestützte Auflage aus dem Jahr 2002 zu erfüllen, habe im streitgegenständlichen Bescheid nicht einfach schlicht auf diese Bezug genommen werden können; es hätte eine Erfüllungsfrist gesetzt und diese mit entspre-chenden Zwangsmaßnahmen belegt werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Genehmigungslage gewährleiste einen ausreichenden Schutz für die Bewohner der bestehenden Bebauung. Die Baugenehmigung werde nicht dadurch rechtswidrig, dass Auflagen nicht eingehalten würden. Das stelle lediglich ein Vollzugsproblem dar. Dem Landratsamt sei die Nichteinhaltung erst im Herbst 2016 bekannt geworden. Die Beigeladene zu 1. sei daraufhin zwischenzeitlich aufgefordert worden, die Abluftanlage entsprechend anzupassen. Die Abluftanlage werde deswegen momentan so versetzt, dass ein ausreichender Abstand zur bestehenden Bebauung gewährleistet sei. Ein bauaufsichtliches Einschreiten sei anlässlich des streitgegenständlichen Bauvorhabens im Übrigen nicht veranlasst gewesen, die Erweiterung des Werkstattgebäudes stehe in keinem Zusammenhang mit der Lackierkabine, für die der Abluftkamin zu errichten gewesen sei.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 14. Juni 2017.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogenen Behördenakten zur Baugenehmigung vom 14. Juni 2002 und zur streitgegenständlichen Baugenehmigung, insbesondere auch auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung und zum Augenschein vom 14. Juni 2017 und auf die in der mündlichen Verhandlung übergebene Planzeichnung zur Versetzung der Abluftanlage.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig.

Der trotz Hinweises in der mündlichen Verhandlung auch zuletzt als Drittanfechtungsklage geführte Rechtsbehelf ist nicht das richtige Mittel zur Verfolgung des klägerischen Begehrs; für eine Drittanfechtungsklage fehlt es bereits an der Möglichkeit einer Verletzung drittschützender Vorschriften, § 42 Abs. 2 VwGO.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die den Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris).

Die Klägerin hat nichts dargelegt, was die Möglichkeit dafür begründen könnte, dass die Baugenehmigung gegen drittschützende Vorschriften verstößt; auch unabhängig vom klägerischen Vorbringen ist nichts hierfür ersichtlich. Der klägerische Vortrag zeigt, dass die Klägerin (nur) die gegenwärtige Ausführung des Vorhabens stört, weil diese - so ihre Ansicht - von den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen, die die Baugenehmigung vom 14. Juni 2002 und - durch Bezug hierauf - die streitgegenständliche Baugenehmigung aufstellen, abweicht. Eine Baugenehmigung kann aber nicht unter der Prämisse angegriffen werden, dass eine hierin festgeschriebene bzw. in Bezug genommene - und auch aus Sicht des Bevollmächtigten der Klägerin „rechtmäßige“ - Auflage nicht vollzogen werde. Anders läge es, wenn die immissionsschutzrechtlichen Regelungen als nicht ausreichend angesehen würden (vgl. VG München, U.v. 23.11.2016 - M 9 K 15.4614 - juris), was vorliegend angesichts des umfangreichen Auflagenkatalogs offensichtlich ausscheidet. Eine (zusätzliche) Bewehrung mit Zwangsmitteln hat damit nichts zu tun. Fernziele wie die Erlangung eines Vorbescheids können bei alledem vielleicht Motiv einer (Dritt-) Anfechtungsklage sein, sind aber bei der Prüfung des erhobenen Rechtsbehelfs irrelevant.

Konsequent wäre gewesen, eine auf Art. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayBO i.V.m. § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG i.V.m. 4.2.15ff. der Auflagen gestützte Verpflichtungsklage zu erheben mit dem Ziel, den Beklagten anzuhalten, die bestehenden und als ausreichend anzusehenden Auflagen durchzusetzen (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 25.1.1993 - 6 L 195/90 - juris; Simon/Busse, BayBO, Stand: 123. EL August 2016, Art. 68 Rn. 395; allgemeiner z.B. auch VG Ansbach, U.v. 2.3.2016 - AN 9 K 14.02026 - juris). Die gewählte Anfechtungsklage ist deshalb schlicht nicht der korrekte Rechtsbehelf. Dass die bestehenden Auflagen durchgesetzt werden, ist ein reines Vollzugsproblem und macht die Baugenehmigung nicht rechtswidrig (vgl. statt aller VG München, U.v. 23.11.2016 - M 9 K 15.4561 - juris).

Eine Umdeutung oder Auslegung des klägerischen Begehrs scheidet bei einem von einem Rechtsanwalt gestellten und bis zuletzt aufrechterhaltenen Antrag aus.

Unabhängig davon, dass die Inhalte der Baugenehmigung(en) demnach ohnehin nicht gegen nachbarschützende Vorschriften verstoßen, wurde bei alledem bisher zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die in der Klagebegründung apodiktisch geäußerte Rechtsauffassung zutrifft, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung als Änderung der bestehenden baulichen Anlage zur Folge habe, dass das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt geprüft werden müsse. Dafür, dass diese Ansicht die obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung nur verkürzt wiedergibt und die Folgen aus dem Blick verliert, sei beispielsweise auf BayVGH, B.v. 29.8.2016 - 15 ZB 15.2442 - juris m.w.N. verwiesen:

„Im Übrigen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einer Änderung einer bestandskräftig genehmigten baulichen Anlage Gegenstand der bauplanungsrechtlichen Prüfung zwar das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt; dies bedeutet jedoch nicht, dass eine zuvor erteilte Baugenehmigung ohne weiteres gegenstandslos geworden ist und dass eine die Änderung gestattende Baugenehmigung sich stets auf alle zu prüfenden (bauplanungsrechtlichen) Voraussetzungen der Zulässigkeit des Gesamtvorhabens erstrecken muss. Im vorliegenden Fall ist aber gerade nicht ersichtlich, dass durch die streitgegenständliche Genehmigung der baulichen Änderungen die zuvor genehmigten Nutzungen in irgendeiner Weise betroffen sein bzw. dass sich diese Änderungen im Vergleich zu den bestandskräftigen Genehmigungen vom 14. Juli 2009 und 19. Januar 2011 lärmerhöhend und damit auf die diesbezüglichen Bewertungsparameter des Rücksichtnahmegebots auswirken können. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht verständlich, warum für eine neue Gesamtbewertung der Lärmsituation § 3 Abs. 5 BImSchG und § 1 Abs. 2 der 4. BImSchV sprechen könnten, zumal es hier nicht um eine nach BImSchG genehmigungsbedürftige Anlage geht.“

So liegt der Fall auch hier, worauf die Vertreterinnen des Landratsamtes in der mündlichen Verhandlung zu Recht hingewiesen haben. Der - nicht zu den Grundstücken der Klägerin orientierte - Anbau, der Streitgegenstand der hiesigen Baugenehmigung ist, hat mit der Lackiereinheit und mit der zu ihr gehörenden Abluftanlage, die Gegenstand der Auflagen aus 2002 und Anlass der Klage sind, nichts zu tun. Eine diesbezügliche Neubewertung der bereits seit 2002 bestehenden Genehmigungslage ist nach Ansicht des Gerichts durch nichts veranlasst. Es sind auch auf Basis der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht etwa „stets“ alle Prüfungsaspekte - wie beispielsweise die Verletzung des Rücksichtnahmegebots - zwangsläufig „neu aufzurollen“: Bereits 1993 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass eine isolierte Beurteilung der Erweiterung nur dann nicht (mehr) möglich sei, wenn die Erweiterung gewissermaßen eine „qualitative“ Änderung der Anlage mit sich bringe; als ausdrückliches Beispiel wurde eine Änderung der Immissionslage aufgeführt (BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17/91 - juris), die hier nicht gegeben ist. Später wurde überdies klargestellt, dass selbst die Auffassung, eine Änderung einer baulichen Anlage nötige stets zur Prüfung des Gesamtvorhabens in seiner geänderten Gestalt, nicht bedeute, dass sich die der Erteilung der Änderungsgenehmigung vorausgehende Prüfung auf alle Voraussetzungen der bebauungsrechtlichen Zulässigkeit des Gebäudes erstrecken müsse; sie müsse sich stattdessen nur auf die Voraussetzungen erstrecken, die durch sie berührt werden (BVerwG, B.v. 4.2.2000 - 4 B 106/99 - juris). Welches Prüfprogramm bei der Entscheidung über eine Änderungsgenehmigung abzuarbeiten sei, werde durch den Genehmigungsgegenstand bestimmt; seien für ihn nur einzelne bebauungsrechtliche Anforderungen einschlägig, so sei die Prüfung darauf zu beschränken (BVerwG, a.a.O.). Da die östliche Erweiterung des bestehenden Werkstattgebäudes, wie bereits erwähnt, hinsichtlich der monierten Abluftproblematik keinerlei Veränderung mit sich bringt, ist eine Neubewertung der Immissionsschutzanforderungen als Determinanten der Prüfung auch des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots nicht veranlasst.

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach den Erkenntnissen in der mündlichen Verhandlung mittlerweile auch ein Antrag auf Vollzug der Auflagen samt Verpflichtungsklage erfolglos bleiben müsste. Das bis dato vom Nichtvollzug der Regelung in 4.2.16 - Erhöhung des Kamins - (wegen seiner Firsthöhe) allein betroffene Gebäude auf FlNr. 1052/2 liegt durch eine bereits realisierte Versetzung des Kamins nicht mehr im 50 m-Radius, wie aus der in der mündlichen Verhandlung übergebenen und klägerseitig nicht in Zweifel gezogenen Planzeichnung hervorgeht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - geändert.

Die Klagen werden insgesamt abgewiesen.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt neu gefasst: Die Kläger zu 1, zu 2, zu 3 und zu 6 tragen jeweils ein Fünftel, die Kläger zu 4 und zu 5 als Gesamtschuldner ebenfalls ein Fünftel der Kosten des Berufungsverfahrens und des Verfahrens beim Verwaltungsgericht, jeweils einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Nutzung einer historischen Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen.
Die beigeladene Gemeinde ist Eigentümerin des im Ortsteil Stetten gelegenen Grundstücks xxx, das mit einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kelter („Glockenkelter“) bebaut ist. Die Kläger sind Eigentümer von mit Wohnhäusern bebauten Grundstücken, die sich in einem Abstand von 15 m bis ca. 80 m zur Glockenkelter befinden. Das 55 m entfernt gelegene Grundstück des Klägers zu 6 liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „An der Weinstraße“ der Beigeladenen, der ein allgemeines Wohngebiet ausweist. Die Grundstücke der übrigen Kläger befinden sich nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Das Grundstück xxx und die Glockenkelter wurden von der Beigeladenen zuletzt für den kommunalen Bau- und Wertstoffhof genutzt. Am 7.4.2009 beantragte sie beim Landratsamt Rems-Murr-Kreis die Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Kelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen. Die Kläger zu 1 bis 6 wurden als Angrenzer benachrichtigt und erhoben Einwendungen u.a. wegen der Lärmbelästigung durch Veranstaltungen und den Parkverkehr.
Das Landratsamt Rems-Murr-Kreis erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 20.7.2010 eine Baugenehmigung für den Umbau und die Sanierung der Glockenkelter sowie für deren Nutzung als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich einer Außenbewirtschaftung und der Anlage von zwei Behindertenparkplätzen. Zum Lärmschutz enthielt die Baugenehmigung u.a. folgende besondere Auflagen:
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt. Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf längstens bis 22:00 Uhr betrieben werden. An Sonn- und Feiertagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. An Werktagen ist eine Belegung der Außenbewirtschaftungsfläche bis zu 200 Personen zulässig.
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu zehn Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung ohne die in Nr. 1 und 2 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Hierbei dürfen für die Immissionsorte IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
10 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
11 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht mehr als zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig. (…)
12 
Bei Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen, die von deutlich hervortretender Musik begleitet werden, sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten; ab 20:00 Uhr bei allen Veranstaltungen.
13 
Die Kläger legten am 9.8.2010 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein und brachten zur Begründung u.a. vor, es sei nicht berücksichtigt worden, dass während und nach den Veranstaltungen mit einem verstärkten Geräuschpegel durch alkoholisierte Besucher zu rechnen sei, die sich im Freien aufhielten. Die festgelegten Auflagen zum Lärmschutz seien nicht durchsetzbar und ungeeignet. Bei den Veranstaltungen sei von einem Festcharakter auszugehen, so dass der Geräuschpegel schon von vornherein höher sein werde. Außerdem müssten Lärmbelastungen durch Park- und Parksuchverkehr mit berücksichtigt werden, weil die zur Glockenkelter gehörigen Stellplätze recht weit entfernt seien.
14 
Während des Widerspruchsverfahrens änderte das Landratsamt mit Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 die besonderen Auflagen zum Lärmschutz dahingehend, dass in Ziff. 01 ein Hinweis auf die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie eingefügt und auf die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 verwiesen wurde. Außerdem wurde eine Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht, nach der folgende Veranstaltungen zulassen werden sollen:
15 
-Weinverköstigungen und Degustationen
16 
-Sonderveranstaltungen von örtlichen Weingärtnern, Gastronomen und ortsansässigen Firmen,
17 
-Kommunale Veranstaltungen, insbesondere Informationsveranstaltungen für Bürger, Bürgerempfänge, Gemeinderatssitzungen
18 
-Ausstellungen
19 
-Seminare und Schulungen
20 
-Vortragsangebote
21 
-Altennachmittage
22 
-Lesungen
23 
-Vereinsveranstaltungen und -versammlungen
24 
-Jubiläen und Weihnachtsfeiern
25 
-Geburtstage und Familienfeiern
26 
-standesamtliche Trauungen - nicht Hochzeiten
27 
-kulturelle Veranstaltungen
28 
Die Glockenkelter werde für Veranstaltungen der Gemeinde, der örtlichen Schulen, der örtlichen Musikschule, der örtlichen Kunstschule und der Volkshochschule xxx sowie der ortsansässigen Vereine zur Verfügung gestellt. Daneben seien weitere Nutzungen im gewerblichen Bereich, insbesondere durch ortsansässige Weinbetriebe und Gastronomie sowie durch ortsansässige Firmen möglich. Private Nutzungen durch Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde würden nur eingeschränkt (maximal 15 im Jahr) zugelassen, Nutzungen durch nicht Ortsansässige nur in Ausnahmefällen (maximal 5 im Jahr).
29 
Die Kläger legten gegen die Änderungsbaugenehmigung vom 9.2.2011 am 14.2.2011 Widerspruch ein, ebenso gegen Nachtragsgenehmigungen des Landratsamts vom 28.6.2011 für eine veränderte Ausführung des Windfangs und vom 21.7.2011 für eine abweichende Ausführung der Rauchableitungsöffnungen an der hangseitigen Dachfläche der Glockenkelter. Über die Widersprüche wurde bisher nicht entschieden.
30 
Am 8.7.2013 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und geltend gemacht, die Umgebung der Glockenkelter sei als reines Wohngebiet einzustufen. Die Baugenehmigung sei den Nachbarn gegenüber rücksichtslos. Das Sachverständigengutachten xxx vom April 2009 berücksichtige nur den reinen Veranstaltungslärm aus der Kelter, aber weder Fahrzeuge noch Besucherbewegungen außerhalb des Gebäudes. Die Festsetzung von Obergrenzen für die Schallbelastung sei ungeeignet, weil während der laufenden Veranstaltung keine Begrenzung mehr möglich sei. Ebenso seien die Auflagen zur maximalen Personenzahl und zum Geschlossen halten der Türen und Fenster nicht kontrollierbar. Es sei auch nicht zu erwarten, dass diese befolgt würden, weil die Kelter keine Klimaanlage habe. Außerdem sei es rücksichtslos, die maximale Obergrenze von zehn seltenen Ereignissen nach der Freizeitlärm-Richtlinie voll auszuschöpfen. Mit der Zulassung einer Außenbewirtschaftung mit bis zu 200 Sitzplätzen sonntags außerhalb der Ruhezeit bewege sich die Genehmigung außerhalb der Vorgaben der schalltechnischen Untersuchung; dies müsse auf höchstens fünf Stunden, werktags innerhalb der Ruhezeiten sowie sonn- und feiertags auf eine Stunde begrenzt bleiben.
31 
Das beklagte Land hat sich darauf berufen, dass dem Schutzbedürfnis der Kläger mit den geänderten Nebenbestimmungen im ergänzenden Bescheid vom 9.2.2011 ausreichend Rechnung getragen sei. Die Beigeladene hat geltend gemacht, bei der Umgebung der Glockenkelter sei weder von einem reinen noch von einem allgemeinen Wohngebiet auszugehen, außerdem sei die bisherige Nutzung der Kelter als Bau- und Wertstoffhof als Vorbelastung zu berücksichtigen. Es sei davon auszugehen, dass die Nebenbestimmungen eingehalten würden, weil ein danach nicht erlaubtes Verhalten durch die Baugenehmigung nicht legalisiert werde.
32 
In der mündlichen Verhandlung am 29.6.2012 sind die Nebenbestimmungen zum Lärmschutz vom Vertreter des Beklagten mit Zustimmung der Beigeladenen in mehreren Punkten geändert worden, so dass sie wie folgt gelautet haben:
33 
01  Beim Betrieb der Glockenkelter dürfen folgende Immissionsrichtwerte nach LAI-Freizeitlärmrichtlinie (NVwZ 1997, 469ff) außerhalb von Gebäuden an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 xxx xxx unter Berücksichtigung der Vorbelastung nicht unterschritten werden:
34 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
55 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
50 dB(A)
nachts
        
40 dB(A).
35 
Auf die schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 wird verwiesen.
36 
Der Nachweis über die Einhaltung der Lärmrichtwerte wird zunächst ausgesetzt (…). Immissionsmessungen sind bei Anforderung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis von einer anerkannten Messstelle (…) durchführen zu lassen.
37 
02  Die Außenbewirtschaftungsfläche darf bis längstens 22:00 Uhr betrieben werden. In der Zeit zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr ist eine Belegung der Außenbewirtschaftung bis maximal 50 Personen zulässig. Musikveranstaltungen und Veranstaltungen mit Musik sind nicht zulässig. Ausnahmen ergeben sich aus Ziffer 03. An Sonn- und Feiertagen ist eine Außenbewirtschaftung in der Zeit außerhalb der Ruhezeiten (9 - 13 Uhr, 15 - 20 Uhr) längstens für 7 Stunden zulässig.
38 
03  Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Jahr („seltene Ereignisse“) Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik ohne die in Nr. 01 und 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) dürfen davon an bis zu 5 Tagen im Jahr - unter Anrechnung auf die insgesamt 10 seltenen Ereignisse ohne die in Nr. 2 genannten Einschränkungen bis zu maximal 200 Personen tags zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden. Hierbei dürfen an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
39 
werktags außerhalb der Ruhezeit
        
70 dB(A)
werktags innerhalb der Ruhezeit und sonn- und feiertags
        
65 dB(A)
nachts
        
55 dB(A).
40 
Diese Veranstaltungen dürfen an nicht jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden. Es ist davon auszugehen, dass bei sehr lauten Veranstaltungen (z.B. Rockmusik, Disco- und ähnlichen Veranstaltungen) die Werte in der Nacht nicht eingehalten werden können. Sie sind daher auch als „seltene Ereignisse“ bis längstens 22:00 Uhr zulässig.
41 
06  Bei lauten Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit Musik (Blasmusik, Musikvereinskonzert, elektrisch verstärkte Musikinstrumente und ähnliche Veranstaltungen, Innenraumpegel L = 63 dB(A) bis L= 88 dB(A)) sind während der Veranstaltungen Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türe nördlich zum Hofbereich geöffnet werden. Bei allen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster nach 20:00 Uhr generell geschlossen zu halten.
42 
06 a)  Die Gemeinde Kernen hat in den jeweiligen Nutzungsverträgen mit den Veranstaltern durch Vereinbarung sicherzustellen, dass die Nebenbestimmungen / Besonderen Auflagen eingehalten werden.
43 
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29.6.2012 die Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsbescheids vom 9.2.2011 aufgehoben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Baugenehmigung sei in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9.2.2011 und den Änderungen in der mündlichen Verhandlung bis auf die Nebenbestimmung Ziff. 03 für seltene Ereignisse rechtlich nicht zu beanstanden. Die Lärmeinwirkungen durch die Kelter auf die Grundstücke der Kläger seien insgesamt nicht unzumutbar und begründeten keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die aufgehobene Nebenbestimmung zu den „seltenen Ereignissen“ sei aber zu unbestimmt und zu weit formuliert. Ihrem Sinn und Zweck nach sei sie immer dann anzuwenden, wenn Veranstaltungen die Voraussetzungen nach Ziff. 01 und 02 nicht einhielten. Damit seien diese Ereignisse aber weder vom Zeitpunkt her bekannt noch vorhersehbar. Ob eine Veranstaltung als seltenes Ereignis auf das Kontingent der zehn zulässigen seltenen Ereignisse anzurechnen sei, lasse sich dann aber erst durch eine Messung des Schalldruckpegels während der jeweiligen Veranstaltung feststellen. Das führe zu Unsicherheit bei den Anwohnern, ob jetzt ein seltenes Ereignis vorliege und ob dafür die vorgegebenen höheren Lärmwerte jeweils noch eingehalten oder bereits überschritten würden. Das sei nicht zumutbar. Wenn die zehn zugelassenen seltenen Ereignisse nicht hinreichend charakterisiert seien und es keine nachprüfbaren Kriterien für die Einordnung als seltenes Ereignis im Voraus gebe, sei ein effektiver und zuverlässiger Schutz der nachbarlichen Belange nicht mehr gewährleistet.
44 
Die Beigeladene hat am 28.8.2012, das beklagte Land am 30.8.2012 die Zulassung der Berufung gegen das jeweils am 8.8.2012 zugestellte Urteil beantragt, soweit darin die Nebenbestimmung Ziff. 03 zur Zulässigkeit seltener Ereignisse aufgehoben worden ist. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 16.1.2014 verfolgen sie ihr Anliegen weiter.
45 
In der Berufungsverhandlung am 29.6.2016 und nochmals am 28.7.2016 hat das beklagte Land die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung vom 20.7.2010 erneut geändert, so dass sie nunmehr wie folgt lautet:
46 
03  (a) Ausnahmsweise dürfen an bis zu 10 Tagen im Kalenderjahr seltene Veranstaltungen (insbesondere Musikveranstaltungen oder Veranstaltungen mit musikalischer Umrahmung) ohne die unter Ziff. 01 oder 02 genannten Einschränkungen durchgeführt werden. Seltene Veranstaltungen sind solche mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem und regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum).
47 
(b) Die Nachbarschaft im Einwirkungsbereich ist rechtzeitig, d.h. in der Regel mindestens 14 Tage vorher über Art, Dauer und Ende der Veranstaltung zu unterrichten - und zwar durch Bekanntgabe im Gemeinde-Mitteilungsblatt. Dabei ist vom Veranstalter ein Ansprechpartner samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und der für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss.
48 
(c) Seltene Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Hintergrundmusik mit Emissionspegel der Musik bis LWA=75 dB(A)) dürfen an maximal 5 Tagen im Jahr unter Anrechnung auf insgesamt maximal 10 Veranstaltungen (auch in der Glockenkelter) ohne die Ziff. 01 und Ziff. 02 genannten Einschränkungen mit maximal 200 Personen tagsüber zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr durchgeführt werden.
49 
Bei sämtlichen seltenen Veranstaltungen dürfen an den Immissionsorten IO1 bis IO5 vor den Fenstern im Freien folgende Immissionswerte nicht überschritten werden:
50 
- tags: 70 dB(A)
- nachts: 55 dB(A)
51 
Geräuschspitzen dürfen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts nicht überschreiten (vgl. Freizeitlärmrichtlinie vom 6.3.2015).
52 
(d) Diese Veranstaltungen dürfen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden.
53 
(e) In der Glockenkelter wird bei den seltenen Veranstaltungen zwischen lauten Musikveranstaltungen/lauten Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI von 83 bis 88 dB(A) einerseits und sehr lauten Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik = Innenraumpegel LI = 89dB(A) bis 105 dB(A) andererseits unterschieden.
54 
Sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik müssen als solche bis 22:00 Uhr beendet sein. Eine Fortsetzung dieser Veranstaltungen nach 22:00 Uhr ohne sehr laute Musik ist möglich. Während diesen seltenen Veranstaltungen sind Türen, Tore und Fenster geschlossen zu halten. In den Spielpausen dürfen die Türen östlich und die Türen nördlich zum Hofbereich geöffnet werden (vgl. Ziff. 06 des Ergänzungsbescheides vom 09.02.2011).
55 
(f) Die Gemeinde ist verpflichtet, bei elektronisch verstärkter Musik durch den Einsatz eines Pegelbegrenzers die Einhaltung der unter (e) genannten Innenraumpegel sicherzustellen.
56 
Die Kläger haben daraufhin ihre Klageanträge, soweit über diese noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, dahingehend geändert, dass sie die Aufhebung der der Baugenehmigung des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 20.7.2010 beigefügten Nebenbestimmung Ziff. 03 nunmehr in der Fassung der Bescheide des Landratsamts Rems-Murr-Kreis vom 29.6.2016 und 28.7.2016 begehren.
57 
Der Beklagte und die Beigeladene berufen sich darauf, dass die Freizeitlärmrichtlinie zwischenzeitlich zum 6.3.2015 geändert worden sei und die neue Fassung durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlen werde. Die Freizeitlärmrichtlinie sei auch in der aktuellen Fassung nach wie vor als Orientierungshilfe dafür heranzuziehen, was den Anwohnern zumutbar sei. Mit den am 29.6. und 28.7.2016 vorgenommenen Änderungen der Nebenbestimmungen sei den neuen Anforderungen der Richtlinie Rechnung getragen. Sie sei auch bei Veranstaltungen in Gebäuden heranzuziehen. Soweit die Kläger forderten, dass nur seltene Veranstaltungen über 22:00 Uhr hinaus dauern dürften, betreffe dies letztlich den Regelbetrieb; insoweit sei bereits rechtskräftig über die Zumutbarkeit entschieden.
58 
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
59 
das Urteil des Veraltungsgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2012 - 11 K 2502/11 - abzuändern und die Klagen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge insgesamt abzuweisen.
60 
Die Kläger beantragen,
61 
die Berufungen nach Maßgabe der geänderten Klageanträge zurückzuweisen.
62 
Sie sind der Ansicht, die Freizeitlärmrichtlinie sei auf Veranstaltungsgebäude wie die Glockenkelter nicht anwendbar. Das ergebe sich sowohl aus der Beschreibung des Anwendungsbereichs in Ziff. 1 der Richtlinie als auch aus dem Wortlaut der Ziff. 4.4 für seltene Veranstaltungen. In beiden Formulierungen werde auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten und ähnliche Freizeitveranstaltungen abgehoben. Dennoch enthalte die Freizeitlärmrichtlinie hinsichtlich der Zumutbarkeit seltener Ereignisse Aspekte, die auch hier zu berücksichtigten seien, wie etwa die vorherige Ankündigung und die Benennung eines Ansprechpartners für Beschwerden. Die Erfahrung im vorliegenden Fall habe aber gezeigt, dass ein Ansprechpartner des Veranstalters nicht ausreiche, sondern dass es sich dabei um einen mit ortspolizeilichen Kompetenzen ausgestatteten und damit handlungsfähigen Mitarbeiter der Gemeinde handeln müsse. Außerdem sei zu fordern, dass grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22:00 Uhr hinausgehen dürfe, als seltenes Ereignis gelten müsse. In diesem Fall müssten dann bis 24:00 Uhr alle Stellplätze geräumt und alle Aufräum- und Abbauarbeiten abgeschlossen sein. Pro Jahr dürften nur zehn solcher seltener Ereignisse zulässig sein. Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung (auch mit Musik) über 50 bis maximal 200 Personen dürften nur an fünf Tagen im Jahr unter Anrechnung auf die zehn seltenen Ereignisse durchgeführt werden. Dabei müsse die Veranstaltung dann um 20:00 Uhr beendet und bis 22:00 Uhr die Parkplätze geräumt sowie Aufräum- und Abbauarbeiten beendet sein. Außerdem müsse der ruhende Verkehr rund um die Glockenkelter regelmäßig überwacht werden, bei den seltenen Ereignissen in jedem Einzelfall. Schließlich müsse die Gemeinde dreimal jährlich bei einem seltenen Ereignis Überwachungsmessungen durchführen, deren Ergebnisse dem Landrat übermitteln und unmittelbar nach Vorliegen veröffentlichen.
63 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Baugenehmigungsverfahrens, des Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht und des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz (Az. 8 S 920/11) vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten ebenso Bezug genommen wird wie auf die vorliegende Prozessakte.

Entscheidungsgründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

64 
Die Berufungen sind zulässig und begründet.
65 
I. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen sind nach der Zulassung durch den Senat zulässig. Insbesondere sind beide Berufungen innerhalb der Berufungsbegründungsfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO begründet worden.
66 
II. Die Berufungen haben auch in der Sache Erfolg.
67 
1. Gegenstand der Berufungen ist ausschließlich die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, nach der ausnahmsweise an bis zu zehn Tagen im Kalenderjahr Veranstaltungen ohne die in Ziff. 01 und 02 der besonderen Auflagen genannten Einschränkungen durchgeführt werden dürfen, sofern die dafür genannten Bedingungen eingehalten werden. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klagen gegen die Baugenehmigung für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter als kommunale Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen einschließlich des Außenbewirtschaftungsbereichs und der Behindertenparkplätze abgewiesen, was von den Klägern nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angegriffen worden ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher insoweit rechtskräftig.
68 
2. Auf die Berufungen sind die Klagen unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts insgesamt abzuweisen. Denn die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung ist in der vorliegenden Fassung der Änderungsbescheide vom 29.6.2016 und 28.7.2016 nicht zu beanstanden und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Baugenehmigung des Beklagten für den Umbau und die Umnutzung der Glockenkelter gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltende Gebot der Rücksichtnahme verstößt, das zugunsten der Kläger nachbarschützende Wirkung hat. Bei Beachtung der in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen sind mit den zugelassenen bis zu zehn seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen verbunden.
69 
a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für Nachbarn und damit auch für das Maß der gebotenen Rücksichtnahme als Orientierungshilfe auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden kann, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. Solange für die Ermittlung und Bewertung der auf Wohngrundstücke einwirkenden Geräusche rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, bleibt es zwar der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) und ihres Zusammenwirkens die Erheblichkeit der Lärmbelästigung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang können jedoch auch technische Regelwerke zur Beurteilung von Lärmimmissionen herangezogen werden, wenn sie für die Beurteilung der Erheblichkeit der Lärmbelästigung im konkreten Streitfall brauchbare Anhaltspunkte liefern. Zu den Regelwerken, die als Orientierungshilfe in Betracht kommen, gehören neben der - aufgrund von § 48 BImSchG erlassenen - Technischen Anleitung gegen Lärm vom 26.8.1998 (TA-Lärm) auch die vom Länderausschuss für Immissionsschutz 1995 verabschiedeten und inzwischen mehrfach fortgeschriebenen „Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche“ oder kurz: Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.7.2003 - 4 B 55.03 - BauR 2004, 657).
70 
Freizeitanlagen im Sinne der Freizeitlärmrichtlinie sind nach ihrer Ziff. 1 Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nrn. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Dass diese Einrichtungen im Freien liegen müssen, ist dieser Definition nicht zu entnehmen. Für die in Ziff. 1 aufgeführten Beispiele gilt das Gleiche, da danach zu den Freizeitanlagen auch „Spielhallen“ gezählt werden. Gegen die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie auf die Nutzung der Glockenkelter für kulturelle Veranstaltungen bestehen daher keine Bedenken, zumal das genehmigte Vorhaben jedenfalls mit seinem Außenbewirtschaftungsbereich für bis zu 200 Personen, sich im Freien aufhaltenden Gästen und dem Park- und Abfahrtsverkehr keine grundlegend anderen Problemlagen aufweist als eine Veranstaltung im Freien oder in einem Zelt. Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger durch die Anwendung der Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe in den Genuss von im Vergleich zu Nr. 6.1 der TA Lärm günstigeren Immissionsrichtwerten gemäß deren Ziff. 4.1 kommen. Das gilt insbesondere für die gegenüber der TA Lärm herabgesetzten Richtwerte in den Ruhezeiten werktags zwischen 06:00 Uhr und 08:00 Uhr sowie von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen für den Regelbetrieb.
71 
Heranzuziehen ist dabei die von der Länderarbeitsgruppe Immissionsschutz am 6.3.2015 verabschiedete und durch Erlass des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg vom 3.9.2015 zur Anwendung empfohlene aktuelle Fassung dieser Richtlinie.
72 
b) Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie enthält eine Sonderregelung für „seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, nach der solche Veranstaltungen trotz Überschreitung der in Nr. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte zulässig sein können, wenn sie zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden und eine Reihe von weiteren Bedingungen beachtet werden. Diese Regelung sowie die vergleichbaren Regelungen in Nr. 7.2 TA Lärm sowie § 5 Abs. 5 18. BImSchV sind das Ergebnis einer dem Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme entsprechenden Abwägung zwischen den Interessen der störenden und der gestörten Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2002 - 10 S 1559/01 - VBlBW 2002, 483).
73 
Der Senat sieht in dieser Abwägung einen sachgerechten Kompromiss zwischen den betroffenen Interessen. Die den in Nr. 4.4 der Richtlinie genannten Bedingungen Rechnung tragende Ausgestaltung der Nebenbestimmung Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung stellt daher nach seiner Ansicht sicher, dass durch die zugelassenen seltenen Veranstaltungen keine den Klägern unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.
74 
Der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie sich - im Unterschied zu den früheren Fassungen der Richtlinie - nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht dem nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, nämlich dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden. Aus der Regelung kann daher nicht gefolgert werden, dass bei Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden auch dann keine Überschreitungen der Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb nach Ziff. 4.1 zulässig sein sollen, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden. Damit würde zudem die bislang bestehende Parallelität der Freizeitlärmrichtlinie zu Nr. 7.2 der TA Lärm und § 5 Abs. 5 der 18. BImSchV (Sportanlagenlärmschutzverordnung) entfallen. Dass dies beabsichtigt gewesen wäre, lässt sich weder der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer aktuellen Fassung vom 6.3.2015 selbst noch den Verlautbarungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz zu ihrer Weiterentwicklung entnehmen (vgl. den Jahresbericht 2015 der LAI unter Punkt 3.6, S. 9 ).
75 
Im Übrigen kommt jedenfalls der Betrieb des Außenbewirtschaftungsbereichs der Kelter einer Veranstaltung im Freien gleich. Der Senat geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Außenbewirtschaftungsbereich um eine zusätzliche Veranstaltungsfläche der Mehrzweckhalle handelt und nicht um eine davon getrennt zu betrachtende Gaststätteneinrichtung, die ggf. nach Nrn. 6.3 und 7.2 der TA Lärm mit ähnlichen Anforderungen zu beurteilen wäre. Darüber hinaus machen die Kläger vor allem Lärmimmissionen durch laute Gespräche von Besuchern außerhalb der Kelter sowie den Parkplatz- und Abholverkehr nach Veranstaltungsende geltend, die sich bei Veranstaltungen im Freien oder in Zelten nicht wesentlich anders darstellen würden.
76 
c) Die in die Nebenbestimmung Ziff. 03 aufgenommenen Bedingungen für die Durchführung der als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen genügt den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie. Die Zulassung dieser Veranstaltungen begründet daher keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
77 
aa) Als seltene Veranstaltungen sind nach Ziff. 03 Buchst. a) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nur „Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz, insbesondere bei örtlichem oder regionalem Bezug (zum Beispiel kommunale, kulturelle und Vereins-Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung, Kunstmarkt, Weinfest, Vereinsjubiläum)“ zulässig. Das entspricht den an die Zulassung seltener Veranstaltungen gestellten qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015, mit denen Anforderungen aus der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte aufgegriffen werden, wonach seltene Ereignisse der Nachbarschaft nur dann zugemutet werden können, wenn sie sich auch qualitativ vom „Normalbetrieb“ einer Anlage unterscheiden (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 24.8.2007 - 22 B 05.2870 - BayVBl 2008, 405; OVG NRW, Beschluss vom 7.8. 2012 - 2 A 2973/11 - NVwZ-RR 2012, 797) und dabei in der Abwägung mit den Interessen der Nachbarschaft auch wertende Kriterien wie etwa die Herkömmlichkeit, die soziale Adäquanz und die allgemeinen Akzeptanz der jeweiligen Veranstaltung berücksichtigt werden müssen (vgl. BayVGH, Urteil vom 19.3.1997 - 22 B 96.951 - juris; Beschluss vom 18.1.2008 - 22 ZB 07.15 - NVwZ-RR 2008, 524).
78 
In Ziff. 03 Buchst. a) Satz 2 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung werden die qualitativen Anforderungen der Freizeitlärmrichtlinie wiederholt und mit Beispielen versehen. Damit ist bereits deutlich, dass Veranstaltungen von Privatpersonen, die in der Glockenkelter nach der Nutzungsbeschreibung der Beigeladenen bis zu 15 Mal im Jahr möglich sind, wohl kaum zum Kreis der möglichen seltenen Veranstaltungen gerechnet werden können. Die von den Klägern befürchteten Hochzeitsfeiern sind - in Abgrenzung zu standesamtlichen Trauungen - bereits in der Nutzungsbeschreibung ausdrücklich ausgeschlossen, können also auch nicht als seltenes Ereignis durchgeführt werden. Den Anforderungen, die an die Qualität einer seltenen Veranstaltung zu stellen sind, ist damit genügt, auch wenn die Aufzählung der Kriterien abstrakt bleibt. Bereits in der Baugenehmigung für eine kommunale Veranstaltungshalle alle dort zulässigen seltenen Veranstaltungen konkret zu beschreiben, ist nach der Überzeugung des Senats nicht möglich noch mit Rücksicht auf die Interessen der betroffenen Nachbarn erforderlich.
79 
bb) Die Nebenbestimmung Ziff. 03 bezieht sich auf Veranstaltungen, bei denen die Anforderungen der besonderen Auflagen Ziff. 01 oder Ziff. 02 für den Regelbetrieb nicht eingehalten werden können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um laute und sehr laute Musikveranstaltungen/Veranstaltungen mit Musik, die unter Ziff. 03 Buchst. e) anhand ihres Innenraumpegels definiert sind, sowie um Veranstaltungen mit Außenbewirtschaftung für mehr als 50 bis maximal 200 Personen, ggf. auch mit Hintergrundmusik. Für diese Szenarien ergibt sich schon aus dem von der Beigeladenen beigebrachten Sachverständigengutachten xxx vom April 2009, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 01 wiedergegeben Immissionsrichtwerte nach Ziff. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie für den Regelbetrieb ganz oder teilweise nicht eingehalten werden können, so dass solche Veranstaltungen allenfalls als seltene Veranstaltungen stattfinden können.
80 
Das Begehren der Kläger, grundsätzlich jede Veranstaltung, die über 22 Uhr hinaus durchgeführt werden darf, als „seltenes Ereignis“ zu behandeln, würde dagegen auf eine Beschränkung des Regelbetriebs hinauslaufen, vergleichbar mit einer allgemeinen Begrenzung der Betriebszeit auf 22 Uhr in Ziff. 01 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung. Damit würden auch solche Veranstaltungen in den Regelungsbereich der Nebenbestimmung Ziff. 03 einbezogen, die ansonsten auch nach 22 Uhr ohne zahlenmäßige Beschränkung möglich und zumutbar sind, wenn die Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit nach Nr. 4.1. der Freizeitlärmrichtlinie eingehalten werden. Dem steht schon entgegen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit rechtskräftig ist, weil die Kläger es nicht mit Berufung oder Anschlussberufung angefochten haben. Gegenstand der Berufungen ist, wie bereits ausgeführt, ausschließlich die Nebenbestimmung in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung betreffend die Zulassung einer begrenzten Zahl von Veranstaltungen als seltene Ereignisse, welche die einschlägigen Immissionsrichtwerte für den Regelbetrieb in gewissen Grenzen überschreiten dürfen. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass Veranstaltungen nach 22 Uhr - insbesondere wegen der Geräuschentwicklung beim Abfahrtsverkehr nach Veranstaltungsende - in aller Regel den Immissionsrichtwert von 40 dB(A) in der lautesten Nachtstunde nicht einhalten könnten, sind sie deshalb auf die der Baurechtsbehörde obliegende Kontrolle zu verweisen, ob die der Baugenehmigung beigefügten Nebenbestimmungen bei der Nutzung der Kelter als Mehrzweckhalle für kulturelle Veranstaltungen eingehalten werden. Wenn sich ihr Vorbringen bestätigen sollte, könnten solche Veranstaltungen auch nach der vorliegenden Fassung der Nebenbestimmungen nur als seltene Ereignisse in begrenzter Zahl durchgeführt werden.
81 
cc) Die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen soll nach Ziff. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. In der streitigen Nebenbestimmung Ziff. 03 Buchst. a) dürfen dagegen die als seltene Ereignisse zulässigen Veranstaltungen - entsprechend der früheren Fassung der Freizeitlärmrichtlinie - weiterhin nur an maximal zehn Tagen pro Kalenderjahr durchgeführt werden, von denen nach Buchst. c) höchstens fünf auf den Betrieb der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 bis maximal 200 Personen entfallen dürfen. Damit wird der Forderung der Kläger nach einer Reduzierung des Betriebs der Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen auf maximal fünf Veranstaltungen Rechnung getragen. Insgesamt stellt die Nebenbestimmung in diesem Punkt zugunsten der Anwohner der Glockenkelter strengere Anforderungen, als sie sich aus der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 ergeben.
82 
dd) Die weitere Anforderung in Ziff. 03 Buchst. d) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung, dass die seltenen Veranstaltungen nicht an jeweils zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden dürfen, ist ebenfalls zugunsten der Anwohner enger formuliert als die Vorgabe in Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie, wonach die seltenen Veranstaltungen auf einen längeren Zeitraum verteilt werden und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden sollen. Denn mit der konkreten Nebenbestimmung ist sichergestellt, dass zwischen zwei seltenen Veranstaltungen an Wochenenden stets ein Wochenende ohne seltene Veranstaltung verbleibt.
83 
ee) Die für eine Vereinbarkeit mit dem Gebot der Rücksichtnahme entscheidende Vorhersehbarkeit der seltenen Veranstaltungen und der damit verbundenen stärkeren Lärmbelastung für die betroffenen Anwohner (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 18.7.2002, a.a.O.; OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2012, a.a.O.) wird dadurch erreicht, dass nach Ziff. 03 Buchst. b) der streitigen Nebenbestimmung die konkreten seltenen Veranstaltungen 14 Tage vorher durch Veröffentlichung von Art, Dauer und Ende der Veranstaltung im Mitteilungsblatt der Gemeinde angekündigt werden müssen. Das entspricht den Anforderungen an die vorherige Information der Nachbarschaft in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie. Die betreffende Regelung ist dabei so zu verstehen, dass die Ankündigung der Veranstaltung auch den ausdrücklichen Hinweis enthalten muss, dass es sich um eine seltene Veranstaltung im Sinne von Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt, damit dies nicht in der Fülle der Veranstaltungshinweise im Mitteilungsblatt der Gemeinde „untergeht“ und sich die betroffenen Anwohner auf die mit der Veranstaltung verbundenen besonderen Lärmbelästigungen einstellen können.
84 
ff) Im Zusammenhang mit der vorherigen Ankündigung der seltenen Veranstaltungen ist in Ziff. 03 Buchst. b) der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung nunmehr auch geregelt, dass ein Ansprechpartner des jeweiligen Veranstalters samt Telefonnummer öffentlich bekanntzugeben ist, der für Anfragen, Beschwerden u.ä. zuständig ist und für die gesamte Dauer des Veranstaltungszeitraums erreichbar sein muss. Dies entspricht der Vorgabe in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie für die Benennung eines Ansprechpartners oder die Einrichtung eines Beschwerdetelefons.
85 
Soweit die Kläger statt dessen für den gesamten Veranstaltungszeitraum die Benennung eines Ansprechpartners der beigeladenen Gemeinde mit polizeirechtlicher Anordnungsbefugnis und Weisungsbefugnis aus dem jeweiligen Mietverhältnis fordern, findet dies in der Freizeitlärmrichtlinie keine Grundlage. Die Auflage, einen Ansprechpartner des Veranstalters zu benennen, beruht ersichtlich auf der Überlegung, dass dieser unmittelbar vor Ort ist und die Veranstaltung überblickt, so dass Beschwerden der Anwohner gezielt nachgegangen sowie ggf. schnell und effektiv für Abhilfe gesorgt werden kann. Das funktioniert am besten, wenn die Beschwerden unmittelbar an einen von dem Veranstalter selbst benannten Ansprechpartner herangetragen werden. Die Beigeladene ist aber nicht in jedem Fall Veranstalter der seltenen Ereignisse. Nach der in erster Instanz vorgelegten Benutzungsordnung betreibt sie die Glockenkelter als öffentliche Einrichtung gem. § 10 Abs. 2 GemO und schließt mit den einzelnen Veranstaltern Mietverträge ab. Darin wird sie den jeweiligen Mieter zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte und der besonderen Schutzmaßnahme entsprechend der jetzt vorliegenden Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung (etwa das Geschlossen halten von Toren, Türen und Fenstern und den Einsatz von Pegelbegrenzern) verpflichten. Bei Überschreitungen der Immissionswerte oder Nichtbeachtung der besonderen Schutzmaßnahmen werden mit Verstößen gegen den Mietvertrag begründete Beanstandungen der Beigeladenen oder eine polizeirechtliche Anordnung aber immer erst der zweite Schritt sein können, der dann zu vollziehen ist, wenn der Veranstalter einen Missstand trotz Aufforderung nicht von sich aus beseitigt. Würden die Beschwerden der Anwohner nicht unmittelbar gegenüber dem Veranstalter, sondern zunächst gegenüber einem Ansprechpartner der Gemeinde angebracht, müsste dieser sie zunächst an den Veranstalter weitergeben und dessen Reaktion abwarten, was nicht im Sinne einer schnellen und effektiven Abhilfe ist. Wenn berechtigte Beschwerden dennoch ohne Erfolg bleiben und ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint, hat allerdings auch der Polizeivollzugsdienst die notwendigen polizeirechtlichen Befugnisse (vgl. § 60 Abs. 2 PolG BW).
86 
gg) Die in Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung festgelegten Immissionswerte für die seltenen Veranstaltungen halten sich ebenfalls an die Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie.
87 
(1) Die in Ziff. 03 Buchst. c) als Grenzwerte festgelegten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts sowie 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts für einzelne Geräuschspitzen entsprechen denjenigen in Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie. Sie sind allerdings als strikte Grenzwerte formuliert, die ausdrücklich nicht überschritten werden dürfen. Demgegenüber lässt die Freizeitlärmrichtlinie jedenfalls in der Zeit bis 24 Uhr auch Überschreitungen der Werte für die Mittelungspegel zu, wenn nachvollziehbar begründet wird, dass sie unvermeidbar und der Nachbarschaft zumutbar sind. Überschreitungen des Beurteilungspegels von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) sollen danach jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr zumutbar sein, sofern deren Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit explizit begründet wird (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 28.8.2015 - 9 B 1586/15 - juris; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 9.5.2016 - 4 K 1107/15.NW - juris Rn. 60). Diese Möglichkeit räumt die streitige Nebenbestimmung Ziff. 03 für die als seltene Veranstaltungen zugelassenen Veranstaltungen in der Glockenkelter nicht ein. Die von den Klägern nach der Genehmigung hinzunehmende Lärmbelastung ist daher auch insoweit geringer als nach der Freizeitlärmrichtlinie als zumutbar angesehen werden kann.
88 
(2) Anhaltspunkte dafür, dass die in Ziff. 03 Buchst. b) genannten Immissionswerte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nach 22 Uhr an den Immissionsorten IO 1 bis IO 5 nicht eingehalten werden können, sind nicht ersichtlich. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert haben, dass allein schon die Geräusche beim Zuschlagen von Autotüren auf den zwei Behindertenparkplätzen neben der Glockenkelter die Richtwerte zur Nachtzeit überschritten, bezieht sich dieser Einwand ausdrücklich auf den Wert von 40 dB(A) für den Regelbetrieb in der lautesten Nachtstunde gem. Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie und nicht auf die für die seltenen Ereignisse maßgeblichen Werte. Insoweit hat die von der Beigeladenen beigebrachte schalltechnische Untersuchung xxx vom April 2009 ergeben, dass selbst bei Veranstaltungen mit lauter Musik in der lautesten Nachtstunde am nächstgelegenen Immissionsort nur Mittelungspegel von bis zu 40,4 dB(A) erreicht werden, der für die seltenen Veranstaltungen zur Nachtzeit maßgebliche Wert von 55 dB(A) gemäß Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie also deutlich unterschritten wird. Eine Kombination aus Abfahrtslärm und sehr lauter Musik mit noch höherem Ausgangspegel oder Lärm aus einer Außenbewirtschaftung mit mehr als 50 Personen kann für die Nachtstunden ausgeschlossen werden, weil die Nebenbestimmungen Ziff. 03 Buchst. c) und e) beides nur bis 22 Uhr zulassen. Für das Zuschlagen der Fahrzeugtüren auf den beiden Behindertenparkplätzen als lauteste einzelne Geräuschspitzen hat die schalltechnische Untersuchung am nächstgelegenen Immissionsort Spitzenpegel bis zu 64,1 dB(A) ergeben, die jedenfalls unterhalb des Grenzwertes für die seltenen Ereignisse von 65 dB(A) nachts liegen. Ob diese Geräuschspitze auch für den Regelbetrieb als zumutbar angesehen werden kann, ist hier nicht zu entscheiden.
89 
Substantiierte Einwände gegen die schalltechnische Untersuchung der seltenen Ereignisse haben die Kläger im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht haben, dass der Lärm von angetrunkenen Besuchern auf dem Nachhauseweg und der Abfahrverkehr im öffentlichen Straßenraum nicht berücksichtigt worden seien, betrifft das ebenfalls die Einhaltung der Richtwerte für den Regelbetrieb und nicht die hier allein relevanten seltenen Veranstaltungen. Abgesehen davon ist darauf hinzuwiesen, dass es sich dabei um Lärmquellen auf öffentlichen Straßen handelt, die ohnehin nicht allein nach dem Regelwerk der Freizeitlärmrichtlinie zu erfassen und zu bewerten sind, sondern in Anlehnung an Nr. 7.4 der TA Lärm in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung). Bei dem danach anzuwendenden Berechnungsverfahren ist - anders als nach der Freizeitlärmrichtlinie - nicht die lauteste Nachtstunde maßgeblich, sondern ein Mittelungspegel für die Nachtzeit. Dazu wurde von der Beigeladenen bereits im vorausgegangen Eilverfahren 8 S 920/11 eine ergänzende Stellungnahme xxx vom 19.4.2011 vorgelegt, aus der zu entnehmen ist, dass der Immissionsrichtwert der 16. BImSchV für allgemeine Wohngebiete von 49 dB(A) auch unter ungünstigen Umständen (Ansatz von 40 abfahrenden Pkw im Zusammenhang mit einer Veranstaltung in der Glockenkelter und weiteren 40 Fahrzeugen im allgemeinen Straßenverkehr) an allen relevanten Immissionsorten eingehalten werden könne (vgl. den Beschluss des erkennenden Senats vom 23.5.2011 - 8 S 920/11 -, S. 6). Mit dem Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren werden keine substantiierten Einwände dagegen erhoben.
90 
(3) Die Freizeitlärmrichtlinie empfiehlt in Nr. 4.4.3 Auflagen zur Eigenüberwachung der Lärmimmissionswerte durch den Veranstalter, sei es durch Überwachungsmessungen, Einpegelungen oder den Einsatz von Schallpegelbegrenzern. In Ziff. 03 Buchst. f) der Nebenbestimmung wird diese Empfehlung durch die Verpflichtung der Beigeladenen umgesetzt, bei elektronisch verstärkter Musik einen Pegelbegrenzer einzusetzen. Dieser soll die Einhaltung der unter Buchst. e) definierten Innenraumpegel bei lauter und sehr lauter Musik sicherstellen, auf denen die schalltechnische Untersuchung xxx-xxx vom April 2009 beruht. Bei Einhaltung dieser Pegel ist davon auszugehen, dass - bei Beachtung der übrigen vom Sachverständigen zu Grunde gelegten und zur Auflage gemachten Schutzmaßnahmen - die Werte von 70 dB(A) tagsüber bzw. 55 dB(A) nachts an allen Immissionsorten eingehalten werden können. Der Sachverständige xxx hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2016 nachvollziehbar erläutert, dass zur korrekten Einstellung der Pegelbegrenzer zunächst der Innenraumpegel der jeweiligen Musik im Bereich der Fenster messtechnisch ermittelt werden müsse. Eine zusätzliche Verpflichtung zur Einpegelung der Begrenzungseinrichtungen bei jeder Veranstaltung ist nicht erforderlich.
91 
(4) Entgegen der Ansicht der Kläger ist es nicht erforderlich, für die seltenen Veranstaltungen darüber hinaus die regelmäßige Durchführung von Messungen der Immissionspegel zur Auflage zu machen. Den Empfehlungen zur Eigenüberwachung in Nr. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie ist mit dem vorgeschriebenen Einsatz von Pegelbegrenzern genügt. Darüber hinaus enthalten die besonderen Auflagen zur Baugenehmigung in Ziff. 01 bereits die Verpflichtung, bei Anforderung des Landratsamts Immissionsmessungen von einer anerkannten Messstelle durchführen zu lassen. Der Nachweis über die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist von der Baurechtsbehörde zwar zunächst ausgesetzt worden, ist aber nach pflichtgemäßem Ermessen wieder in Kraft zu setzen, wenn es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Werte nicht eingehalten werden, sei es im Regelbetrieb oder bei seltenen Veranstaltungen.
92 
hh) Die in die Baugenehmigung aufgenommene Nebenbestimmung Ziff. 03 verstößt schließlich auch nicht deswegen gegen das Gebot der Rücksichtnahme, weil die von den Klägern geforderte Überwachung des ruhenden Verkehrs während der seltenen Veranstaltungen nicht mit in die Nebenbestimmung aufgenommen worden ist. Von den Klägern ist dabei an Fahrzeuge gedacht, die nicht auf den nachgewiesenen 25 notwendigen Stellplätzen im Bereich des alten Friedhofs in ca. 250 m Entfernung oder auf dem ca. 100 m westlich gelegenen Parkplatz mit ca. 35 Plätzen xxx abgestellt werden, sondern im öffentlichen Straßenraum im Bereich um die Glockenkelter. Insoweit haben die Kläger mit Anlage KB1 zur Berufungserwiderung vom 1.4.2014 geltend gemacht, dass bei etlichen Veranstaltungen im Jahr 2013 „wild geparkt“ und private Garageneinfahrten zugestellt worden seien. Mit einer Überwachung des ruhenden Verkehrs könnte jedoch nur ein straßenverkehrsrechtliches Halte- oder Parkverbot durchgesetzt werden, das hier nach Aktenlage nicht besteht, da auch die Anwohner weiterhin in der xxx-straße parken können sollen. Sofern doch ein Halte- oder Parkverbot bestehen sollte, wäre das verbotswidriges Abstellen von Fahrzeugen ebenso wie das Zuparken von Garagen und privaten Grundstückseinfahrten ein rechtswidriges Verhalten, welches mit der Baugenehmigung für die Glockenkelter nicht legalisiert wird und der Beigeladenen als Bauherrin grundsätzlich auch nicht zuzurechnen ist. Einem solchen Verhalten ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts sowie der Verfolgung als Ordnungswidrigkeit zu begegnen, ohne dass es dafür einer Auflage zur Baugenehmigung bedarf.
93 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
94 
IV. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Insbesondere besteht keine Divergenz zu den Entscheidungen des OVG Nordrhein-Westfalen vom 3.5.2012 (- 8 B 1458/11 - UPR 2012, 446) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18.7.2002 (- 1 B 98.2945 -BayVBl 2003, 503). Soweit in diesen Entscheidungen davon ausgegangen wird, dass das Gebot der Rücksichtnahme bereits in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. Baugenehmigung eine konkrete Beschreibung der zulässigen betrieblichen Tätigkeiten bzw. der zulässigen Veranstaltungen verlange, dient das der Vorhersehbarkeit für den betroffenen Nachbarn. Diese Forderung ist mittlerweile durch Ziff. 4.4.3 der Freizeitlärmrichtlinie in ihrer Fassung vom 6.3.2015 aufgegriffen worden, da danach die betroffene Nachbarschaft rechtzeitig vorher über Art, Dauer und Ende von seltenen Veranstaltung zu informieren ist. Mit der nachträglich vorgenommenen Änderung der Ziff. 03 der besonderen Auflagen zur Baugenehmigung wird dieser Forderung entsprochen.
95 
Beschluss vom 1. August 2016
96 
Der Streitwert wird - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 29.6.2012 von Amts wegen - für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht auf
97 
60.000,- EUR
98 
und für das Berufungsverfahren auf
99 
15.000.- EUR
100 
festgesetzt.
101 
Gründe
102 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 52 Abs. 1 GKG. Bei der Bemessung des Streitwerts hat sich der Senat an der Empfehlung in Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und für das Verfahren in 1. Instanz, das die Drittanfechtung der gesamten Baugenehmigung für die Glockenkelter zum Gegenstand hatte, einen Betrag von 12.000 EUR je Grundstück der Kläger angesetzt. Für das Berufungsverfahren, in dem es nur noch um die Nebenbestimmungen zur Zulässigkeit seltener Ereignisse geht, sind jeweils nur 3.000 EUR anzusetzen.
103 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.