Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.4360

bei uns veröffentlicht am17.01.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheid.

Bescheidobjekt ist eine Wohneinheit in der L.str. 16, Wohnung Nr. 12 (i.F.: WE). Die Klägerin ist Eigentümerin der WE. Sie hat die WE von der Voreigentümerin Fr. I. M. übernommen, die diese selbst zu (Dauer-) Wohnzwecken nutzte (Bl. 104f., 108 & 210 d. Behördenakts – i.F.: BA –).

Am 12. November 2014 fand hinsichtlich mehrerer anderer Wohneinheiten (1, 2, 3, 9, 10 und 11) im selben Objekt ein Erörterungstermin vor dem damaligen Berichterstatter der Kammer statt (Az. M 9 K 13.3185); die Niederschrift enthielt folgende auszugsweise wiedergegebene Feststellungen: „Der Berichterstatter weist darauf hin, dass der Rechtsstreit erhebliche rechtliche Unsicherheiten beinhaltet. Die Frage der Abgrenzung einer gewerblichen Vermietung zur Wohnnutzung i.S.d. Zweckentfremdung ist für den Fall des Boardinghauses nicht endgültig geklärt. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt der Vertreter der Beklagten zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Einheiten Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 des Anwesen L.str. 16 in (…) München: Die Nutzung der vorgenannten Einheiten in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten verstößt dann nicht gegen die ZeS der Beklagten, wenn die Wohnräume so ausgestattet sind, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist. D.h. sie müssen auch ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen werden. Dies gilt nur, wenn der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft. v.u.g. Der Berichterstatter empfiehlt der Eigentümerin des Anwesens, künftig der Beklagten zur Vermeidung weiterer Ermittlungen jährliche eine Aufstellung über die tatsächlichen Aufenthaltszeiten und die Nutzer der Wohneinheiten vorzulegen.“

Nachdem die Klägerin die WE übernommen hatte, erhielt die Beklagte einen Hinweis auf deren zweckfremde Nutzung. Sie überprüfte daraufhin die Nutzungsweise in einer Vielzahl ausführlich dokumentierter Ortseinsichten, vgl.: Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, Bl. 27 d. BA, vom 1. April 2016, Bl. 28 d. BA, vom 2. Mai 2016, Bl. 30 d. BA, vom 28. Juli 2016, Bl. 40 d. BA, vom 28. September 2016, Bl. 55 d. BA, vom 8. November 2016, Bl. 68 d. BA, vom 20. Dezember 2016, Bl. 80 d. BA, vom 30. März 2017, Bl. 116 d. BA, vom 28. Juli 2017, Bl. 193 d. BA, vom 12. September 2017, Bl. 203 d. BA und vom 11. Dezember 2017, Bl. 221 d. BA.

In der Folge hörte die Beklagte die Klägerin unter dem 3. April 2017 zum beabsichtigen Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG an (Bl. 118 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16. August 2017 (Gz. S-III-W/BS 124) gab die Beklagte der Klägerin auf, die Nutzung der WE zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Ziff. 1) und die WE unverzüglich wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. 2). Der Bescheid enthält weiter Zwangsgeldandrohungen für den Fall der Nichterfüllung von Ziff. 1 binnen 6 Wochen ab Zustellung des Bescheids in Höhe von EUR 7.500 (Ziff. 3) und für den Fall der Nichterfüllung von Ziff. 2 binnen 4 Monaten ab Zustellung des Bescheids ebenfalls in Höhe von EUR 7.500 (Ziff. 4). Mit Ziff. 5 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung von Ziff. 1 und 2 des Bescheides angeordnet.

Nach den Erkenntnissen der Beklagten sei die streitgegenständliche WE seit dem Erwerb durch die Klägerin zu keinem Zeitpunkt dauerhaft bewohnt gewesen. Die Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, vom 1. April 2016, vom 2. Mai 2016, vom 28. Juli 2016, vom 28. September 2016, vom 8. November 2016, vom 20. Dezember 2016, vom 30. März 2017 und vom 28. Juli 2017 hätten ergeben, dass die WE wiederholt und regelmäßig – und keinesfalls nur vorübergehend – an Personen vermietet werde, die sich lediglich vorübergehend zu Zwecken der medizinischen Behandlung in München aufhielten. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Wohnraum anderen als Wohnzwecken zugeführt werde, sei das der Überlassung zugrunde liegende Nutzungskonzept; dieses ergebe sich aus dem mit dem jeweiligen Nutzer abgeschlossenen Mietvertrag und aus der tatsächlichen Nutzung der WE. Vorliegend ziele es darauf ab, den häufig wechselnden Kurzzeitnutzern eine flexible, vorübergehende Unterkunft zu bieten und keinesfalls eine Wohnung als Grundlage einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit. Der Wohnraum werde vollständig möbliert und mit Haushaltsgegenständen vermietet, die tatsächliche Abrechnung der Miete erfolge nach den Angaben der Nutzer in Tagessätzen sowie durch Barzahlung. Soweit Mietverträge abgeschlossen worden seien, wichen die darin aufgeführten Mietbeträge, sofern sie nicht unkenntlich gemacht worden seien, zum Teil erheblich von den Angaben der Nutzer ab. Ebenso sei eine flexible Vermietungsdauer, abgestimmt auf die Bedürfnisse der Kurzzeitnutzer, gegeben, wie die häufigen Nutzerwechsel bestätigten. Es werde davon ausgegangen, dass es das (gewerbliche) Modell der Klägerin sei, Wohnraum systematisch nur denjenigen Personen, insbesondere Personen aus dem arabischsprachigen Raum (sowie deren Begleitpersonen) zur Verfügung zu stellen, die sich jeweils zum Zwecke der medizinischen Behandlung oder zu touristischen Zwecken vorübergehend in München aufhielten. Die Nutzer verlagerten nicht ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland, wie sich auch aus den aufenthaltsrechtlichen Dokumenten ersehen lasse (Visa zu lediglich touristischen Zwecken) bzw. daraus, dass keine Visa vorlägen, da sich die jeweilige Aufenthaltsdauer über einen kurzen und somit visumsfreien Zeitraum erstrecke. Die Klägerin sei richtige Adressatin der Anordnungen; die Endnutzer schieden als Adressaten ebenso aus wie die teils als Ansprechpartner angegebenen Personen Hr. H., Hr. N. oder Hr. A. A., die lediglich als Vermittler oder Erfüllungsgehilfen anzusehen seien. Der Klägerin sei die Beseitigung der zweckfremden Nutzung und die Erfüllung der Wiederbelegungsanordnung am schnellsten möglich. Eine Genehmigungsfähigkeit der ausgeübten Nutzung sei nicht ersichtlich.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 13. September 2017 Klage erhoben.

Er beantragt,

den Bescheid aufzuheben.

Eine Befugnis der Beklagten, im Hinblick auf die WE eine Nutzungsuntersagung wegen angeblicher Fremdenbeherbergung auszusprechen, bestehe schon kraft Gesetzes nicht, weil Wohnraum vorliege, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen worden sei, die anderen als Wohnzwecken dienten. Die Neufassungen des ZwEWG und der ZeS könnten hieran nichts ändern. Hilfsweise und höchstvorsorglich werde ausgeführt, dass die WE nicht zweckfremd i.S.v. Art. 2 ZwEWG bzw. i.S.d. der ZeS genutzt werde, sondern tatsächlich als Wohnraum. Wohnraum sei von Fremdenbeherbergung dahingehend abzugrenzen, dass zur Unterkunftsgewährung weitere Serviceleistungen hinzukommen müssten, um dem Begriff der „Beherbergung“ wenigstens sprachlich Genüge zu tun. Derartige Serviceleistungen wie z.B. Verpflegung, Zimmerservice oder das Vorhalten einer Rezeption aber würden von der Klägerin weder erbracht noch anderweitig zur Verfügung gestellt. Hilfsweise werde ausgeführt, dass sich die Beklagte aus Vertrauensschutzgesichtspunkten an ihrer eigenen Definition des Beurteilungsmaßstabs für das Anwesen L.str. 16 festhalten lassen müsse.

Im Übrigen wird auf den Vortrag Bezug genommen, der sich mit den Inhalten aus der Klagebegründung im Verfahren M 9 K 17.3111 deckt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es werde auf den Bescheid und auf die Ausführungen zum Antrag auf NA, M 9 K 17.3111, und im Schriftsatz zum Verfahren M 9 S. 17.4361 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren und in den Streitsachen M 9 K 17.3111 und M 9 S. 17.4361 sowie auf die beigezogene Behördenakte; insbesondere wird auf die Inhalte der Niederschrift vom 17. Januar 2018 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet; der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig; die Klägerin als Eigentümerin wurde insbesondere unter dem 3. April 2017 zum beabsichtigen Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört (Bl. 118 d. BA).

2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

a) Dass die Hauptverfügungen, Ziff. 1 und Ziff. 2 des Bescheids, auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LStVG i.V.m. Art. 4 ZwEWG n.F. gestützt wurden, ist auch angesichts der neu geschaffenen rein zweckentfremdungsrechtlichen Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 2 ZwEWG n.F. (vgl. auch die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 17/15781, S. 6f.) unschädlich, da die Ermächtigungsgrundlage ausgewechselt werden kann, wenn sich damit die rechtlichen Voraussetzungen nicht ändern (vgl. z.B. OVG SH, U.v. 26.5.2009 – 1 LB 38/08 – juris). Dies ist hier der Fall, da beide Regelungen der Behörde u.a. Ermessen eröffnen. Die Zitate der alten Fassung der Zweckentfremdungssatzung der Beklagten (i.F.: ZeS) sind hingegen ohne Weiteres korrekt, da die Neufassung der ZeS erst im Dezember 2017 bekanntgemacht wurde.

b) Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand des Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG n.F. i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS a.F. ist unzweifelhaft erfüllt, wie die Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, Bl. 27 d. BA, vom 1. April 2016, Bl. 28 d. BA, vom 2. Mai 2016, Bl. 30 d. BA, vom 28. Juli 2016, Bl. 40 d. BA, vom 28. September 2016, Bl. 55 d. BA, vom 8. November 2016, Bl. 68 d. BA, vom 20. Dezember 2016, Bl. 80 d. BA, vom 30. März 2017, Bl. 116 d. BA, vom 28. Juli 2017, Bl. 193 d. BA, vom 12. September 2017, Bl. 203 d. BA und vom 11. Dezember 2017, Bl. 221 d. BA belegen.

Zur Feststellung, dass vor Übernahme der WE durch die Klägerin bereits Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts vorlag, wird auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen.

Die (neue) bescheid- und streitgegenständliche Nutzung der WE durch die Klägerin stellt eine Zweckentfremdung dieses Wohnraums dar. Das maßgebliche Nutzungskonzept (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs) ist nach den im Rahmen der Ortseinsichten gesammelten Erkenntnissen auf eine gewerbliche Fremdenbeherbergung von sog. Medizintouristen und Urlaubstouristen durch tageweise Vermietung (teils unterschreiten die Zeiträume selbst einen Monat deutlich) ausgelegt. Diese Klientel nutzt die WE kurzzeitig und flexibel, entweder für die Dauer einer medizinischen Behandlung oder für die Dauer eines (Kurz-) Urlaubs. Diesen Sachverhalt hat die Geschäftsführerin der Klägerin auch vollumfänglich eingestanden (vgl. Schriftsatz vom 15. April 2017, Bl. 119ff. d. BA).

Ob diese Nutzungsweise als „Boardinghouse“ (vgl. dazu jüngst VG München, U.v. 15.11.2017 – M 9 K 17.557 – juris) bezeichnet wird oder nicht, ändert am Vorliegen einer zweckfremden Nutzung ebenso wenig wie das Vorbringen zu den Inhalten der Niederschrift aus dem Verfahren M 9 K 13.3185: Das damalige Verfahren betraf andere Wohneinheiten, wenn auch im selben Anwesen. Zum Umstand, dass das Zweckentfremdungsrecht nicht etwas „gesamtobjektbezogen“ ist, wird diesbezüglich auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen. Unklar bleibt von vorn herein, wie eine Pflicht zur Gleichbehandlung rechtlich gefasst werden sollte, ob sich diese Verpflichtung bspw. nur auf das „Gesamtanwesen“ L.str. 16 oder bspw. auf alle Objekte in der L.straße oder im entsprechenden Stadtviertel bezöge. Weiter kann sich eine gleichförmige Verwaltungspraxis aus einer in einem einzelnen bestimmten Gerichtsverfahren geschlossenen Vereinbarung nicht ergeben, die wegen „rechtlicher Schwierigkeiten“ bei der Bewertung und ersichtlich auf den Einzelfall bezogen abgeschlossen wurde.

Unabhängig davon erfüllt die streitgegenständliche Nutzung die im Verfahren M 9 K 13.3185 aufgestellten Kriterien ohnehin nicht einmal ansatzweise. Grundlegend für die damalige Vereinbarung war, dass regelmäßig der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreiten durfte. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums war ausnahmsweise dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft.

Vorliegend blieben alle im Rahmen der umfangreichen Ermittlungen der Beklagten geschlossenen Mietverhältnisse, soweit ersichtlich, (teils weit) unter drei Monaten, sodass mehr als 10% der Vermietungen – nämlich 100% – betroffen sind. Außerdem stand jeweils nicht die ausnahmsweise Ausübung eines Sonderkündigungsrechts im Raum, sondern es ist davon auszugehen, dass die Mietverhältnisse entweder ohnehin nur zum Schein geschlossen wurden (teils wurde bspw. kein Mietzins vereinbart, vgl. Bl. 76 d. BA) und/oder automatisch mit Fortfall des Aufenthaltszwecks endeten.

c) Der Ausnahmetatbestand des Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F., § 5 Abs. 4 ZeS a.F. ist in der vorliegenden Anfechtungssituation nicht mehr zu prüfen, da zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zwar § 5 Abs. 4 ZeS a.F. nominell noch in Kraft war, mit Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. aber dessen Rechtsgrundlage bereits entfallen war. Zum Umstand, dass dieser Genehmigungsfreistellungstatbestand zudem ohnehin auch inhaltlich nicht erfüllt ist, wird auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen.

d) Der Bescheid wurde zu Recht an die Klägerin gerichtet, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG. Die Endnutzer und die Wohnungsvermittler – so die genannten Personen Hr. H., Hr. N. bzw. Hr. A. A. existierten – wurden als potentielle (Mit-) Störer erkannt und ausgeschieden, andere Zwischen-(ver-)-mieter gab es nicht.

e) Die Zwangsgeldandrohungen stützen sich richtigerweise auf Art. 29, 31 und 36 VwZVG. Eine – im Eilverfahren M 9 S. 17.4361 vorgetragene – Unmöglichkeit, die Erfüllungsfrist v.a. für die Nutzungsuntersagung, Ziff. 1 des Bescheids, einzuhalten, liegt nicht vor. Die Klägerin hätte einen zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses etwaig bestehenden Endnutzermietvertrag bspw. schlicht auslaufen lassen oder einen Aufhebungsvertrag abschließen können. Im Übrigen wurde bereits nicht dargelegt, dass überhaupt ein gültiger Mietvertrag bestand; mehrfache Aufforderungen der Beklagten diesbezüglich blieben erfolglos.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Ta

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 19. Juli 2018 - M 9 S 17.4322

bei uns veröffentlicht am 19.07.2018

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf EUR 15.000,- festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin wendet si

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen zweckentfremdungsrechtlichen Ablehnungsbescheid.

Streitgegenständlich ist ein Anspruch auf Erteilung eines Negativattests wegen behaupteter zweckentfremdungsrechtlicher Genehmigungsfreiheit der gegenwärtigen Nutzung; hilfsweise wurde Feststellungsklage erhoben dahingehend, dass eine konkret definierte Nutzungsweise (s.u.) nicht gegen die Zweckentfremdungssatzung (i.F.: ZeS) der Beklagten verstößt. Bescheidobjekt ist eine Wohneinheit in der L.str. 16, Wohnung Nr. 12 (i.F.: WE). Die Klägerin ist Eigentümerin der WE. Sie hat die WE von der Voreigentümerin Fr. I. M. übernommen, die diese selbst zu (Dauer-) Wohnzwecken nutzte (Bl. 104f., 108 & 210 d. Behördenakts – i.F.: BA –).

Am 12. November 2014 fand hinsichtlich mehrerer anderer Wohneinheiten (1, 2, 3, 9, 10 und 11) im selben Objekt ein Erörterungstermin vor dem damaligen Berichterstatter der Kammer statt (Az. M 9 K 13.3185); die Niederschrift enthielt folgende auszugsweise wiedergegebene Feststellungen: „Der Berichterstatter weist darauf hin, dass der Rechtsstreit erhebliche rechtliche Unsicherheiten beinhaltet. Die Frage der Abgrenzung einer gewerblichen Vermietung zur Wohnnutzung i.S.d. Zweckentfremdung ist für den Fall des Boardinghauses nicht endgültig geklärt. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt der Vertreter der Beklagten zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Einheiten Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 des Anwesen L.str. 16 in (…) München: Die Nutzung der vorgenannten Einheiten in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten verstößt dann nicht gegen die ZeS der Beklagten, wenn die Wohnräume so ausgestattet sind, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist. D.h. sie müssen auch ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen werden. Dies gilt nur, wenn der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft. v.u.g. Der Berichterstatter empfiehlt der Eigentümerin des Anwesens, künftig der Beklagten zur Vermeidung weiterer Ermittlungen jährlich eine Aufstellung über die tatsächlichen Aufenthaltszeiten und die Nutzer der Wohneinheiten vorzulegen.“

Unter dem 27. Februar 2017 bzw. dem 10. März 2017 stellte die Klägerin Antrag auf Negativattest, alternativ auf Genehmigung, dass die WE entsprechend der „gerichtlichen Vereinbarung“, Niederschrift zu M 9 K 13.3185 ebenso vermietet werden könne (Bl. 91 mit Bl. 101ff. d. BA und Bl. 106f. d. BA). Die WE habe dem allgemeinen Mietmarkt noch nie zur Verfügung gestanden, da sie als Eigentumswohnung von der Vorbesitzerin selbst genutzt worden sei. Hilfsweise werde ausgeführt, dass ein Gleichhandlungsanspruch in Bezug auf die Inhalte dieser gerichtlichen Vereinbarung auch hinsichtlich des Anspruchs auf Negativattest bestehe, die Vereinbarung sei auf die Klägerin mit dem Kauf „übergegangen“.

Unter dem 16. März 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigen Ablehnung des Antrags auf Negativattest an (Bl. 110 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. Juni 2017 (Gz. S-III-W/BS 124) wurde der Antrag auf Erteilung des Negativattest vom 27. Februar 2017 (1.) und der Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Nutzung analog der für die im gleichen Anwesen befindlichen WE Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 geschlossenen „gerichtlichen Vereinbarung“ vom 12. November 2014 (2.) abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ZeS seien nicht erfüllt, da seit August 2009 Wohnraum vorliege.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 7. Juli 2017 Klage erhoben.

Er beantragt,

I. den ablehnenden Bescheid vom 12. Juni 2017 aufzuheben,

II. die Beklagte zu verpflichten, ein Negativattest gemäß § 10 Alt. 2 ZeS i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS auszustellen und

III. hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Nutzung der [streitgegenständlichen WE] in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten dann nicht gegen die ZeS der Beklagten verstößt, wenn der Wohnraum so ausgestattet ist, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist, d.h. ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen wird, wobei der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft.

Die Klägerin habe die streitgegenständliche WE am 20. August 2015 erworben. Zuvor habe die Voreigentümerin selbst seit Fertigstellung im Jahr 2010 in dieser WE gewohnt. Die WE sei im Zuge einer vonseiten eines weiteren Voreigentümers vorgenommenen Aufteilung von Flächen und aufgrund einer Baugenehmigung aus 2008 in den Jahren 2007/2009 entstanden und zwar aus einem alten ungenutzten Speichergeschoss (4. OG) im Rückgebäude. Dies sei durch Komplettabriss des vormaligen im 4. OG Rückgebäude gelegenen Speichers sowie einem Ausbau dieser Fläche zweigeschossig (4. OG und 5. OG) durch Schaffung der Erschließung dieser Flächen vom UG aufwärts mittels Versorgungsschächten und Komplettneubau einschließlich Wänden, Terrassen, Decken, Dach und Sanitär/Heizung/sonstige Haustechnik geschehen. Damit stehe fest, dass es sich bei der WE um Wohnraum handele, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen worden sei, die anderen als Wohnzwecken (vorliegend: ungenutzter Speicher) gedient hätten. Höchstvorsorglich werde vorgetragen, dass die WE nicht zweckfremd, sondern als Wohnraum genutzt werde. Die Beklagte müsse sich diesbezüglich an dem von ihr selbst für das Anwesen L.str. 16 gewählten Beurteilungsmaßstab für „Wohnraumnutzung“ festhalten lassen. Im Verfahren M 9 K 13.3185 sei die Nutzung der WE 1, 2, 3, 9, 10 und 11 im Anwesen L.str. 16 als Boardinghouse streitgegenständliche gewesen; diese Einheiten seien ausnahmslos nicht von § 5 Abs. 4 ZeS erfasst gewesen, da sie bereits zuvor als Wohnraum genutzt worden seien. Dennoch habe der Beklagtenvertreter zu Protokoll die nunmehr als Hilfsantrag unter III. formulierte und übernommene Erklärung abgegeben (Anm.: vgl. den oben, S. 3 der hiesigen Entscheidung, auszugsweise wiedergegebenen Protokollinhalt). Auch die streitgegenständliche WE sei so ausgestattet wie die oben genannten Wohneinheiten; ihre entsprechende Nutzung als Boardinghouse erfülle somit die von der Beklagten selbst gewählte Definition, es handele sich um Wohnraumnutzung.

Mit weiterem im Eilverfahren M 9 S. 17.4361 vorgelegten Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 – und vertieft in der mündlichen Verhandlung – führt der auch in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des Bevollmächtigten aus: Die Ausführungen der Antragsgegnerin seien fehlerhaft. Es sei nicht nach der Baugenehmigung vom 23. Oktober 2007, sondern in Reaktivierung der „alten“ Baugenehmigung vom 23. September 2004 gebaut worden. Es liege keine Aufstockung vor, sondern es sei lediglich eine Modifizierung durch Auflagen erfolgt (Stellplätze, Brandschutzgutachten). Bei dem Ausbau des Speichers handele es sich nicht um einen „zweckentfremdungsrechtlichen Neubau“. Eine zweckentfremdungsrechtliche Definition von Neubau existiere nicht. Nach dem Empfängerhorizont und nach dem allgemeinen Sprachverständnis (Glaubhaftmachung: Auszug aus dem Duden) liege ein Neubau nur dann vor, wenn ein neues Bauwerk errichtet oder ein schon einmal vorhandenes Gebäude wiedererrichtet werde. Beides sei hier nicht gegeben, vielmehr sei aus den Speicherräumen Wohnraum geschaffen worden. Anders als die Antragsgegnerin meine, sei Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. wegen der grundsätzlichen Baufreiheit des Eigentümers weit auszulegen. Der Begriff des „Schaffens“ erlaube neben einer reinen Nutzungsänderung von Räumlichkeiten auch einen kreativen Prozess zur Wohnraumschaffung inklusive Durchführung von baulichen Maßnahmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Rechtsansicht, die WE habe dem Wohnungsmarkt zu keiner Zeit zur Verfügung gestanden, da sie von der seinerzeitigen Eigentümerin selbst bewohnt worden sei, gehe fehl. Im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei auch diese WE schützenswert. Aus diesem Grunde komme das begehrte Negativattest nicht in Betracht. Der Tatbestand des § 5 Abs. 4 ZeS a.F. sei ebenfalls nicht erfüllt: Im vorliegenden Fall habe kein Aus- oder Umbau zuvor anderweitig genutzter Räumlichkeiten stattgefunden, vielmehr sei in den Jahren 2007-2009 der frühere Dachstuhl des Anwesens komplett abgerissen und an seiner Stelle zwei neue Geschosse (4. und 5. OG) geschaffen worden. Die Ausnahme gelte nach den Motiven des Gesetzgebers nur für bestehende Räume, die lediglich für eine (vorübergehende) Wohnnutzung ertüchtigt würden. In hier vorliegenden „Rooftop-Neubau“ sei nach dessen Fertigstellung zudem zunächst unstreitig eine Wohnnutzung aufgenommen worden. Hinsichtlich des Feststellungsantrags sei festzuhalten, dass die damaligen Zugeständnisse unter dem Eindruck der damaligen Rechtsprechung zu den in Rede stehenden Nutzungsformen gemacht worden seien. Diese Vereinbarungen gälten nur inter partes und zugleich bestehe kein Vertrauensschutz dahingehend, dass sich eine einschlägige Rechtsprechung nicht ändere Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren und in den Streitsachen M 9 K 17.4360 und M 9 S. 17.4361 sowie auf die beigezogene Behördenakte; insbesondere wird auf die Inhalte der Niederschrift vom 17. Januar 2018 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber unbegründet (1.); im Hilfsantrag ist sie bereits unzulässig (2.).

1. Die Verpflichtungsklage auf Erteilung des Negativattestes ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 10 ZeS a.F./n.F., § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

a) Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist in der Verpflichtungssituation der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Mit Änderung der zweckentfremdungsrechtlichen Bestimmungen zum Juli 2017 bzw. Dezember 2017 ist damit das ZwEWG vom 10. Dezember 2007 (GVBl. S. 864, BayRS 2330-11-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2017 (GVBl. S. 182), i.F. bezeichnet als „ZwEWG n.F.“, maßgeblich bzw. die ZeS i.d.F. d. Bek. vom 11. Dezember 2017 (MüABl. S. 494), i.F. bezeichnet als „ZeS n.F.“. Die Vorgängerregelungen werden als „ZwEWG a.F.“ bzw. „ZeS a.F.“ bezeichnet.

b) Ein Anspruch nach § 10 ZeS n.F. i.V.m. § 3 Abs. 3 ZeS n.F. ist nicht gegeben, da die WE Wohnraum darstellte, bevor die Klägerin sie übernahm. Die WE wird auch dann von den zweckentfremdungsrechtlichen Vorschriften erfasst bzw. geschützt, wenn die Voreigentümerin sie selbst bewohnte. Dass die WE dem „allgemeinen Mietmarkt“ damit noch nie zur Verfügung gestanden habe, ist schon dem Grunde nach irrelevant: Wohnraumverlust „für die Allgemeinheit“ ist keine Voraussetzung für die Anwendung des Zweckentfremdungsrechts (vgl. auch VG Berlin, U.v. 9.8.2016 – 6 K 112.16 – juris Rn. 35; Discher, ZfIR 2017, 469). Gleiches gilt für § 10 Alt. 1 ZeS a.F. i.V.m. § 3 Abs. 3 ZeS a.F.

c) Auch ein Anspruch nach § 10 Alt. 2 ZeS a.F. i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. kommt nicht in Betracht.

§ 10 Alt. 2 ZeS a.F. i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG sind mit Änderung der Regelwerke zwar ohnehin ersatzlos entfallen. Mit Blick auf die Inhalte der Gesetzesbegründung zum ZwEWG n.F. (LT-Drs. 17/15781, S. 5), wonach aus Gründen der Deregulierung auf die erforderliche Aktualisierung oder Dynamisierung der Vorschrift verzichtet und wonach die noch verbleibenden Umwandlungsfälle in der Praxis ohne weiteres im Rahmen des Gesetzesbzw. Satzungsvollzugs geregelt werden könnten, hält das Gericht es klägergünstig für sachgerecht, die Maßstäbe für die Beurteilung von Altfällen beim „Gesetzesbzw. Satzungsvollzug“ weiter aus den entfallenen Regelungen abzuleiten.

Ein entsprechender Anspruch scheitert inhaltlich bereits am Wortlaut der Vorschriften. Vorliegend ist kein Wohnraum gegeben, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand „aus Räumen geschaffen“ wurde. Ein Komplettabriss – vorliegend: des 4. Obergeschosses – und ein dem nachfolgender Neubau – Maisonettewohnung über das 4. und 5. Obergeschoss – der betreffenden Einheit kann nicht mehr unter die Wendung „aus Räumen geschaffen“ subsumiert werden. Damit ist nur die Umgestaltung von Räumlichkeiten im Sinne von (Innen-) Umbaumaßnahmen gemeint, die die (äußere) Bausubstanz unangetastet lassen. Hier wurde(n) nach den genehmigten Bauplänen (Bl. 1f. i.V.m. Bl. 7ff. d. BA) nicht nur das Dach mit Dachstuhl abgerissen, sondern auch die Außenwände des Bestands im 4. Obergeschoss. Dies ist von der Regelung nicht mehr erfasst, was auch aus der Gesetzesbegründung zum ZwEWG a.F. hervorgeht, vgl. LT-Drs. 15/8369, S. 6:

„Hintergrund dieser Regelung war die Sorge, insbesondere leer stehende gewerbliche Räume, die – wenn auch nur vorübergehend – nach Umbaumaßnahmen den Wohnungsmarkt entlasten könnten, würden häufig nur deshalb nicht Wohnzwecken zugeführt, weil die spätere Rückführung in die gewerbliche Nutzung durch ein Zweckentfremdungsverbot behindert werden könnte.“

Der Abriss und Neubau des 4. Obergeschosses ist weiter auch für sich zu betrachten und nicht etwa als Änderung des Anwesens L.str. 16 im Sinne einer „Änderung“ oder eines „Umbaus“ dieses gesamten Objekts zu bewerten. Das Zweckentfremdungsrecht ist nicht „gesamtobjektbezogen“, wie aus § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG selbst und weiter bspw. auch aus § 3 Abs. 2 Satz 1 ZeS a.F./n.F. hervorgeht, sondern stellt auf die Wohneinheiten ab.

Die Rechtsansicht, dass ein Neubau im hier vorliegenden Sinn nicht von der Vorschrift erfasst ist, entspricht auch der obergerichtlichen Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2016 – 12 CS 16.1714 – juris Rn. 12: „Auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzung der Ausnahmevorschrift des Schaffens von Wohnraum nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Überprüfung ausgegangen werden. In Abgrenzung zu insoweit irrelevanten Modernisierungsmaßnahmen kann – gewissermaßen als Faustregel – ein Bauaufwand den Kosten nach als wesentlich angesehen werden, wenn er etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht“. Diese Formulierung zeigt, dass „Schaffen von Wohnraum unter wesentlichem Bauaufwand“ in diesem Sinne vom Neubau zu unterscheiden ist. Aus Rn. 11 des Beschlusses geht weiter hervor, dass sich das Wort „insbesondere“ in der Gesetzesbegründung nur auf die „Gewerblichkeit“ der Räume beziehe. Damit ist dementsprechend nicht gemeint, dass der Umbau nur eine Variante – etwa neben „Abriss und Neubau“ – der „Schaffung“ neuen Wohnraums i.d.S. sein sollte.

Dass ein entsprechender Abriss und Neubau als Maisonettewohnung erfolgte, hat der Klägerbevollmächtigte nie bestritten, sondern im Gegenteil selbst stets vorgetragen (vgl. die Klagebegründung im hiesigen Verfahren, die Klagebegründung vom 13. September 2017 im Verfahren M 9 K 17.4360 und die Antragsbegründung im Verfahren M 9 S. 17.4361). Dieser Hergang lässt sich so auch aus der Behördenakte nachweisen: Auf Bl. 6 des Behördenakts, das die Wohnflächenberechnung im Zuge des Baugenehmigungsantrags enthält, wird das 4. Obergeschoss als „nicht vorhanden“ geführt. Auf dem Grundriss und Aufteilungsplan des 4. Obergeschosses (Bl. 9 und Bl. 11 d. BA), findet sich folgende Angabe: „Außenwände Bestand 30 cm, neu: 24 cm + WDVS“. Damit ist klargestellt, dass nicht nur eine Dämmung aufgebracht wurde, sondern dass neue Außenwände in anderer Dicke errichtet wurden. Ein derartiger Eingriff in tragende Bauteile ist keinesfalls mehr als Umbaumaßnahme von Räumen oder als Modernisierungsmaßnahme anzusehen. Schließlich zeigen auch Bl. 8, Bl. 12 d. BA und Bl. 21 d. BA, dass anstelle des ehemaligen Speichers im 4. Obergeschoss eine Maisonettewohnung über zwei Stockwerke insgesamt neu geschaffen wurde.

Die Ausführungen des Vertreters des Bevollmächtigten in der weiteren Antragsbegründung vom 4. Dezember 2017 (zum Verfahren M 9 S. 17.4361) und in der mündlichen Verhandlung können demgegenüber schon im Ansatz nicht nachvollzogen werden. Dass nicht „die Baugenehmigung vom 23. September 2004“ (gemeint ist wohl: die Baugenehmigung vom 7. Dezember 2004, vgl. Bl. 5 d. BA) „reaktiviert“ wurde, wie behauptet, sondern dass die Tektur vom 23. Oktober 2007 zur Ausführung gelangte, ergibt sich bereits daraus, dass gegenwärtig nicht nur eine schmale Galerie im 5. Obergeschoss besteht (wie noch 2004 geplant, Bl. 3 d. BA), sondern auch nach dem klägerischen Vortrag (Bl. 98ff. d. BA) die voll ausgebaute zweite Ebene der Maisonettewohnung; es wird diesbezüglich im Übrigen ohnehin nicht aufgezeigt, was die Folge der Behauptung sein sollte, dass die „alte“ Baugenehmigung „reaktiviert“ wurde. Unklar bleibt auch, wieso ein Neubau stets nur dann gegeben sein soll, wenn ein neues Bauwerk errichtet oder ein schon einmal vorhandenes Gebäude wiedererrichtet wird. Ein Bau- „Werk“ in diesem Sinne ist auch der Neubau einer Maisonettewohnung. Dem Zweckentfremdungsrecht fehlt ein „gesamtobjektbezogener“ Ansatz (s.o.). Der in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellte Sachverhalt schließlich, „dass die streitgegenständliche Wohnung im 4. Obergeschoss bereits zum Zeitpunkt vor dem Ausbau 2007 bezüglich des 4. Obergeschosses versorgungstechnisch komplett angeschlossen war“, ist hier irrelevant, da das Geschoss abgerissen wurde. Der Vertreter des Klägerbevollmächtigten blieb zudem eine weitere Konkretisierung schuldig: Sollte damit gemeint sein, dass alle tragenden Bauteile (Außenwände) und der Dachstuhl, die zusammen vorliegend den „Raum“ auch im Sinne des Zweckentfremdungsrechts ausmachen, unangetastet geblieben wären, so setzt sich der Vertreter damit in klaren Widerspruch zu den Ausführungen des eigentlichen Bevollmächtigten und zu den Plänen (Bl. 9 d. BA und Bl. 11 d. BA: „Außenwände Bestand 30 cm, neu: 24 cm + WDVS“). Da die Behördenakte auch im Übrigen keinerlei Anhalt für diese Sichtweise liefert, ist von einer „ins Blaue hinein“ getätigten Aussage auszugehen. Sollte andererseits gemeint gewesen sein, dass bspw. Versorgungsschächte bis hinauf zum 4. Obergeschoss, d.h. „inklusive“ des 3. Obergeschosses, bestanden und nach Abriss im Zuge des Neubaus (teilweise) weiter genutzt werden konnten, ist von vorn herein keine Diskrepanz zu den Aussagen des eigentlichen Bevollmächtigten gegeben und auch kein Sachverhalt, den die Beklagte bestritten hätte.

2. Die Klage ist im Hilfsantrag bereits unzulässig.

Zwar mag der Feststellungsantrag ursprünglich zulässig gewesen sein (vgl. VG Berlin, U.v. 14.12.2016 – 6 K 144.16 – juris). Mit Erlass des zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheids (Nutzungsuntersagung, Wiederbelegungsanordnung) vom 16. August 2017 aber, der im Verfahren M 9 K 17.4360 angefochten wurde, bestand keine Veranlassung mehr, diesen Antrag aufrechtzuerhalten. Er wurde subsidiär im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da die konkrete Nutzungsweise der WE im Rahmen der Anfechtungsklage im Verfahren M 9 K 17.4360 verteidigt wird; ein darauf gerichteter Feststellungsantrag bringt keinen weitergehenden Erfolg. Darauf hat das Gericht den Vertreter des Klägerbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.

Sollten die Ausführungen des Vertreters des Klägerbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung dahingehend zu verstehen gewesen sein, dass der Feststellungsantrag „allgemein“ aufrechterhalten bleiben sollte, um die Genehmigungsfähigkeit einer vorgeblich zulässigen – aber so nicht stattfindenden (vgl. die Entscheidungen vom heutigen Tag zu den Verfahren M 9 K 17.4360 und M 9 S. 17.4361) – Boardinghousenutzung „im Anwendungsbereich der ZeS“ zu klären, so fehlt es dem Antrag am Feststellungsinteresse: Damit wäre kein konkretes und streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine auf Zweckentfremdungsrecht gestützte Nutzungsuntersagung ihres Anwesens …platz/ …straße.

Aufgrund von Baugenehmigungen vom 2. Juli 1971, 8. Februar 1974, 22. August 1974 in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 28. Februar 1975 wurde in den Jahren 1975/1976 das verfahrensgegenständliche Gebäude, genehmigt als Wohn- und Geschäftshaus mit Wohnheim, errichtet.

Mit Baugenehmigung vom 2. April 1993 wurde der Ausbau des 8. Obergeschosses im Gebäudeteil …platz zu einer 4-Zimmer-Wohnung genehmigt. In den übrigen Stockwerken beider Gebäudeteile befinden sich 91 Appartements sowie im Erdgeschoss Gewerberäume.

Ausweislich eines Mietvertrages (Bl. 33 der Behördenakte - BA) und Rechtsanwaltsschreiben vom 14. Mai 2004 sowie vom 3. Juni 2004 war das Gebäude bis auf 4 Appartements mit der Zweckbestimmung „Wohnheimnutzung“ zu vorübergehenden Wohnzwecken an Beschäftigte der Bahn vermietet. In Auszügen aus den Telefonbüchern von 1977, 1981 und 1989 (Bl. 1074 BA) waren unter der Adresse jeweils mehrere Personen eingetragen.

Seit 2007 wird das Anwesen aufgrund eines Mietvertrages mit dem Eigentümer (Michael F.) vom 23. Dezember 2005 nach einer Renovierung als Boardinghouse genutzt (Bl. 177 BA); als Nutzungszweck ist im Mietvertrag nach §§ 1 und 3 „Wohnheim, 92 Wohneinheiten, Nutzungszweck: Wohnen“ angegeben.

Die Beklagte hat bereits im November 2003 Ermittlungen wegen des Leerstands begonnen; wegen der Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

Mit Bescheid vom 12. Februar 2013 wurde der Klägerin erstmals die Nutzung als Boardinghouse untersagt.

Im anschließenden Klageverfahren (M 8 K 13.741) wurde in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2014 (Bl. 928 BA) auf der Grundlage beiderseitiger Zusicherungen als vergleichsweise Regelung vereinbart, dass die Klägerin 80% des Gesamtanwesens für eine Dauer von mehr als 3 Monaten sowie 20% für Kurzaufenthalte, reduziert bis auf eine Nacht, vermieten könne.

Zur Überprüfung der Dauerwohnnutzung verpflichtete sich die Klägerin, jährlich zum 15. Januar des Folgejahres, unaufgefordert eine entsprechende Aufstellung mit Auflistung der Appartement-Nummern, der Nutzer und der Aufenthaltsdauer vorzulegen. Der Bescheid wurde ebenso wie der an den Eigentümer (Michael F.) adressierte (M 8 K 13.737) durch die Beklagte für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

In der Folgezeit legte die Klägerin einen Belegungsplan für 2014 vor (Bl. 989 BA), dessen Auswertung durch die Beklagte ergab, dass die vergleichsweise Regelung nicht eingehalten wurde und nur ein Bruchteil der Appartements langfristig vermietet worden war.

In den Folgejahren wurden trotz Mahnung durch die Beklagte keine weiteren Belegungsnachweise vorgelegt.

Mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 20. Januar 2017 untersagte die Beklagte der Klägerin die Nutzung des Wohnraums in den Obergeschossen zu anderen als Wohnzwecken binnen 6 Monaten ab Bestandskraft des Bescheides. Für den Fall des Zuwiderhandelns wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.500,- EUR für jedes Appartement und von 2.000,- EUR für das Appartement im 8. Ober-geschoss angedroht.

Auf die Begründung des Bescheids, die auf §§ 13 Abs. 1, 14 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) in der damals geltenden Fassung sowie auf Art. 5 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG a.F.) i.V.m. Art. 7 LStVG gestützt wurde, wird verwiesen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat mit am 13. Februar 2017 beim Verwaltungsgericht München eingegangenem Schriftsatz vom 9. Februar 2017 Klage erhoben und beantragt,

Der Bescheid der Landeshauptstadt München, Sozialreferat, vom 20. Januar 2017, S III-W/BS 113-4, wird aufgehoben.

Zur Begründung führt er aus:

Das Boardinghouse garantiere umfassende Privatheit und habe keine hoteltypischen Leistungsangebote. Die Appartements seien möbliert und hätten eine Küchenzeile. Handtücher sowie Bettwäsche würden gestellt und gewechselt. Die Appartements würden regelmäßig gereinigt. Es gäbe lediglich einen Waschraum mit Waschmaschine und Trockner zur gemeinsamen Benutzung, keine sonstigen Gemeinschaftsräume. Es handele sich deshalb um eine Wohnnutzung.

Auch das frühere Wohnheim sei kein Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts gewesen, da der Wohnraum dem Wohnungsmarkt nicht generell zur Verfügung gestanden habe, sondern aufgrund des Mietvertrages mit der Bahn für deren Bedienstete genutzt worden sei.

Ein Boardinghouse sei nach dem Schwerpunkt der Nutzung zu beurteilen, wovon auch die Rechtsprechung ausgehe. Bei einer uneingeschränkten eigenen Haushaltsführung ohne beherbergungstypische Dienstleistungen liege eine Wohnnutzung vor (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 6.7.2006 - OVG 2 S. 2.06 u. VGH BW, B.v. 17.1.2017 - 8 S 1641/16).

Die Beklagte beantragte

Klageabweisung.

Auf den Bescheid und die Rechtsprechung zum Zweckentfremdungsrecht werde verwiesen.

Mit einem weiteren Bescheid vom 20. Januar 2017 wurde dem Eigentümer (Michael F.) ebenfalls aufgegeben, die Überlassung des Wohnraums zu anderen als „Wohnzwecken“ binnen 6 Monaten ab Bestandskraft zu beenden (Nr. 1). Ihm wurde weiter aufgegeben, den Wohnraum nach der Beendigung der Nutzung zu anderen als Wohnzwecken innerhalb von 8 Monaten ab Bestandskraft des Bescheides wieder Wohnzwecken zuzuführen (Nr. 2). Ein Zwangsgeld wurde für den Fall des Zuwiderhandelns gegen Nrn. 1 und 2 des Bescheides angedroht (Nrn. 3 und 4); dagegen wurde Klage erhoben. Über diese ist noch nicht entschieden (M 9 K 17.559).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gegen die Nutzungsuntersagung im Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2017 bestehen keine rechtlichen Bedenken, da das von der Klägerin betriebene Boardinghaus gegen Zweckentfremdungsrecht verstößt.

Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung in Nr. 1 des Bescheides vom 20. Januar 2017 ist der zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltende Art. 5 ZwEWG (a.F.) i.V.m. Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 LStVG; eine entsprechende Ermächtigung enthält der heute geltende Art. 3 Abs. 2 ZwEWG (n.F.). Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand des Art. 2 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG (a.F.) bzw. Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG (n.F.) i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 ZeS liegt vor. Danach wird Wohnraum zweckentfremdet, wenn er nicht nur vorübergehend gewerblich oder gewerblich veranlasst für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt wird.

1. Nach den Baugenehmigungen lag bei den hier verfahrensgegenständlichen 92 Einheiten Wohnraum vor. Da sich eine Wohnnutzung nach Bauplanungsrecht durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts auszeichnet, sind auch Wohnheime Wohngebäude, wenn sie nach ihrer Zweckbestimmung und Ausstattung Wohnbedürfnisse erfüllen können und sollen, sofern die Unterkunft nicht lediglich als Schlafstätte dient (BayVGH, B.v. 26.11.2015 - 12 CS 15.2269, m.w.N.). Nach den genehmigten Plänen ist das Gebäude bei objektiver Betrachtung zu Wohnzwecken geeignet und nach dem baurechtlich genehmigten Nutzungszweck „Wohnheim“ auch dazu bestimmt.

2. Die Wohneinheiten wurden seit dem Bau des Hauses bis zur Beendigung des Mietvertrages mit der Bahn zum 31. Dezember 2005 durchgehend zu Wohnzwecken genutzt. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten gibt es zwar keine durchgehenden Nachweise für eine Wohnnutzung vor der Vermietung an die Bahn im Jahre 1992. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung hierzu angegeben, dass der Vater des Eigentümers 1982/1984 das Eigentum erworben habe und - soweit bekannt - an Firmen zum Wohnen für deren Mitarbeiter vermietet habe. Ausweislich der Akten waren außerdem in den Telefonbüchern von 1977, 1981 und 1989 unter der Adresse jeweils mehrere Bewohner eingetragen. Daraus ergibt sich in Verbindung mit der unveränderten Baugenehmigung mit hinreichender Sicherheit, dass die Wohneinheiten vor der Vermietung an die Bahn ebenfalls zu Wohnzwecken genutzt wurden. Aufgrund des Mietvertrages mit der Bahn vom 4. Mai 1991 dienten die Wohneinheiten - mit Ausnahme von 4 Appartements - bis zum 31. Dezember 2005, dem Ende des Mietverhältnisses, als Wohnheim für Beschäftigte der Bahn; der Mietvertrag spricht ausdrücklich von „zu vorübergehenden Wohnzwecken an Beschäftigte“.

3. Entgegen dem Vortrag im Klageverfahren handelte es sich bei dem Wohnheim auch zu Zeiten der Vermietung an die Bahn um Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts. Vor dem Inkrafttreten des Zweckentfremdungsgesetzes zum 10. Dezember 2007 galt Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstieges sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen vom 4. November 1971 (MRVerbG) i.V.m. der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (BayRS 2330-11-I). Nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Verbots der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 4. Mai 1995 (VollzBekZwE), Nr. II C 5-4709.17-021/94 (AllMBl 1995, S. 478) gehörten Wohnheime zum Wohnraum, ebenso wie Werk- und Dienstwohnungen, ihre objektive Eignung und subjektive Bestimmung zu Wohnzwecken vorausgesetzt (Ziff. 2). Kein Wohnraum lag nach Ziff. 2.1 VollzBekZwE vor, wenn der Raum dem Wohnungsmarkt nicht generell zur Verfügung stand, weil das „Wohnen“ in einem engen räumlichen Zusammenhang an eine bestimmte Tätigkeit geknüpft war, zum Beispiel Wohnraum für Aufsichtsperson auf Betriebsgelände oder Hausmeisterwohnung im Schulgebäude. Die Nutzung als Wohnheim für Bedienstete der Bahn hatte nicht zur Folge, dass die Räume dem Wohnungsmarkt nicht mehr generell zur Verfügung standen, da es bereits an einem „engen räumlichen Zusammenhang“ des Wohnens mit einer bestimmten Tätigkeit fehlte. Es ist für Wohnheime sowie für Werk- und Dienstwohnungen typisch, dass diese von ihrer Zweckbestimmung her nur für einen festgelegten Bewohnerkreis zur Verfügung stehen wie zum Beispiel Mitarbeitern und nicht für jedermann. Es bleibt dennoch Wohnraum.

Anders ist es bei den Betriebsleiterwohnungen im Sinne der Ziff. 2.1 VollzBekZwE, die bereits baurechtlich regelmäßig nur ausnahmsweise auf dem Betriebsgelände zulässig sind und bereits deshalb nicht generell als Wohnungen - losgelöst von einem räumlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit auf dem Betriebsgelände - genutzt werden dürfen.

Bedenken dagegen, dass die Nutzung als Wohnheim der Bahn den Begriff des „Wohnraums“ im Sinne des Zweckentfremdungsrechts erfüllt, bestehen daher keine.

4. Die Nutzungsänderung in ein Bordinghouse seit dem Jahr 2007 war eine ungenehmigte Zweckentfremdung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG (a.F.) i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS. Eine Genehmigung (§ 5 ZeS) wurde nach Aktenlage nie beantragt.

Eine Fremdenbeherbergung im Sinne des Zweckentfremdungsrechts liegt immer dann vor, wenn ein lediglich beherbergungsartiges Unterkommen ohne Verlegung des Lebensmittelpunktes vorliegt. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn eine Wohnung für die Dauer eines zu einem bestimmten Zweck, aber vorübergehenden Aufenthalts, zur Verfügung gestellt wird (BayVGH, B.v. 1.8.2016 - 12 CS 16.969, m.w.N.). Maßgeblich ist nicht die Länge des Aufenthalts sondern der Umstand, dass es sich um ein übergangsweises, nicht alltägliches bzw. ein provisorisches, einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen für Personen handelt, die ihre eigentliche Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben. Ausschlaggebend ist nicht die Möglichkeit einer uneingeschränkten eigenen Haushaltsführung in Abgrenzung zu einer Unterkunft mit fremdenverkehrstypischen Dienstleistungen - wie sie in Hotels oder Pensionen angeboten werden. Die dazu vorliegende baurechtliche Rechtsprechung zur Einstufung eines Boardinghouses - je nach Schwerpunkt (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 6.7.2006 - OVG 2 S. 2.06; VGH BW, B.v. 17.1.2017 - 8 S 1641/16 -) kann für das Zweck-entfremdungsrecht nicht übernommen werden.

Wenn - wie hier - eine Wohneinheit nach ihrer Ausstattung mit Möbeln, Kochecke, Bettwäsche und Handtüchern sowie Wäschedienst und Zimmerreinigung dafür geeignet ist, dass die Benutzer in den jeweiligen Räumen ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können, kommt es auf das zugrundeliegende Nutzungskonzept des Vermieters und sein konkretes Geschäftsmodell im Einzelfall dafür an, ob eine Fremdenverkehrsnutzung vorliegt.

Die Klägerin bietet ihren Mietern eine flexible, vorübergehende Unterkunft an und keine Wohnung im Sinne einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit. Die Vermietung erfolgt ausweislich der Homepage und verschiedener Vermittlungsportale tageweise (vgl. Ausdrucke, Stand: 9.11.2017, im Gerichtsakt); die Bezeichnung als „serviced apartements“ und die Beschreibung dieses Konzepts lassen daran keinen Zweifel.

Bei einer Nutzung durch regelmäßig wechselnde Personen, die sich zu einem bestimmten Zweck vorübergehend - ohne Aufgabe ihres angestammten Wohnsitzes oder einer temporären Verlegung ihres Lebensmittelpunktes - am Beherbergungsort aufhalten, besteht keine auf Dauer angelegte Häuslichkeit.

Dabei ist es unerheblich, ob sich das Angebot an Urlauber oder Geschäftsreisende richtet. In Abgrenzung zu einem Wohnheim, das regelmäßig einem bestimmten Personenkreis zur Verfügung gestellt wird, kommt es für einen Beherbergungsbetrieb - wie hier - nicht darauf an, wer das Appartement anmietet und für welchen individuellen Zweck er sich am Beherbergungsort aufhält.

5. Auch im Übrigen ist der Bescheid rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Anordnung in Nr. 1 des Bescheides richtet sich gegen den richtigen Adressaten. Die Klägerin hat das Gebäude vom Eigentümer angemietet und ist Betreiberin. Sie wurde damit zutreffend als Handlungsstörerin in Anspruch genommen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG). Die im Rahmen des § 114 VwGO nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen zweckentfremdungsrechtlichen Ablehnungsbescheid.

Streitgegenständlich ist ein Anspruch auf Erteilung eines Negativattests wegen behaupteter zweckentfremdungsrechtlicher Genehmigungsfreiheit der gegenwärtigen Nutzung; hilfsweise wurde Feststellungsklage erhoben dahingehend, dass eine konkret definierte Nutzungsweise (s.u.) nicht gegen die Zweckentfremdungssatzung (i.F.: ZeS) der Beklagten verstößt. Bescheidobjekt ist eine Wohneinheit in der L.str. 16, Wohnung Nr. 12 (i.F.: WE). Die Klägerin ist Eigentümerin der WE. Sie hat die WE von der Voreigentümerin Fr. I. M. übernommen, die diese selbst zu (Dauer-) Wohnzwecken nutzte (Bl. 104f., 108 & 210 d. Behördenakts – i.F.: BA –).

Am 12. November 2014 fand hinsichtlich mehrerer anderer Wohneinheiten (1, 2, 3, 9, 10 und 11) im selben Objekt ein Erörterungstermin vor dem damaligen Berichterstatter der Kammer statt (Az. M 9 K 13.3185); die Niederschrift enthielt folgende auszugsweise wiedergegebene Feststellungen: „Der Berichterstatter weist darauf hin, dass der Rechtsstreit erhebliche rechtliche Unsicherheiten beinhaltet. Die Frage der Abgrenzung einer gewerblichen Vermietung zur Wohnnutzung i.S.d. Zweckentfremdung ist für den Fall des Boardinghauses nicht endgültig geklärt. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt der Vertreter der Beklagten zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Einheiten Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 des Anwesen L.str. 16 in (…) München: Die Nutzung der vorgenannten Einheiten in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten verstößt dann nicht gegen die ZeS der Beklagten, wenn die Wohnräume so ausgestattet sind, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist. D.h. sie müssen auch ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen werden. Dies gilt nur, wenn der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft. v.u.g. Der Berichterstatter empfiehlt der Eigentümerin des Anwesens, künftig der Beklagten zur Vermeidung weiterer Ermittlungen jährlich eine Aufstellung über die tatsächlichen Aufenthaltszeiten und die Nutzer der Wohneinheiten vorzulegen.“

Unter dem 27. Februar 2017 bzw. dem 10. März 2017 stellte die Klägerin Antrag auf Negativattest, alternativ auf Genehmigung, dass die WE entsprechend der „gerichtlichen Vereinbarung“, Niederschrift zu M 9 K 13.3185 ebenso vermietet werden könne (Bl. 91 mit Bl. 101ff. d. BA und Bl. 106f. d. BA). Die WE habe dem allgemeinen Mietmarkt noch nie zur Verfügung gestanden, da sie als Eigentumswohnung von der Vorbesitzerin selbst genutzt worden sei. Hilfsweise werde ausgeführt, dass ein Gleichhandlungsanspruch in Bezug auf die Inhalte dieser gerichtlichen Vereinbarung auch hinsichtlich des Anspruchs auf Negativattest bestehe, die Vereinbarung sei auf die Klägerin mit dem Kauf „übergegangen“.

Unter dem 16. März 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigen Ablehnung des Antrags auf Negativattest an (Bl. 110 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. Juni 2017 (Gz. S-III-W/BS 124) wurde der Antrag auf Erteilung des Negativattest vom 27. Februar 2017 (1.) und der Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Nutzung analog der für die im gleichen Anwesen befindlichen WE Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 geschlossenen „gerichtlichen Vereinbarung“ vom 12. November 2014 (2.) abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ZeS seien nicht erfüllt, da seit August 2009 Wohnraum vorliege.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 7. Juli 2017 Klage erhoben.

Er beantragt,

I. den ablehnenden Bescheid vom 12. Juni 2017 aufzuheben,

II. die Beklagte zu verpflichten, ein Negativattest gemäß § 10 Alt. 2 ZeS i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS auszustellen und

III. hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Nutzung der [streitgegenständlichen WE] in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten dann nicht gegen die ZeS der Beklagten verstößt, wenn der Wohnraum so ausgestattet ist, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist, d.h. ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen wird, wobei der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft.

Die Klägerin habe die streitgegenständliche WE am 20. August 2015 erworben. Zuvor habe die Voreigentümerin selbst seit Fertigstellung im Jahr 2010 in dieser WE gewohnt. Die WE sei im Zuge einer vonseiten eines weiteren Voreigentümers vorgenommenen Aufteilung von Flächen und aufgrund einer Baugenehmigung aus 2008 in den Jahren 2007/2009 entstanden und zwar aus einem alten ungenutzten Speichergeschoss (4. OG) im Rückgebäude. Dies sei durch Komplettabriss des vormaligen im 4. OG Rückgebäude gelegenen Speichers sowie einem Ausbau dieser Fläche zweigeschossig (4. OG und 5. OG) durch Schaffung der Erschließung dieser Flächen vom UG aufwärts mittels Versorgungsschächten und Komplettneubau einschließlich Wänden, Terrassen, Decken, Dach und Sanitär/Heizung/sonstige Haustechnik geschehen. Damit stehe fest, dass es sich bei der WE um Wohnraum handele, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen worden sei, die anderen als Wohnzwecken (vorliegend: ungenutzter Speicher) gedient hätten. Höchstvorsorglich werde vorgetragen, dass die WE nicht zweckfremd, sondern als Wohnraum genutzt werde. Die Beklagte müsse sich diesbezüglich an dem von ihr selbst für das Anwesen L.str. 16 gewählten Beurteilungsmaßstab für „Wohnraumnutzung“ festhalten lassen. Im Verfahren M 9 K 13.3185 sei die Nutzung der WE 1, 2, 3, 9, 10 und 11 im Anwesen L.str. 16 als Boardinghouse streitgegenständliche gewesen; diese Einheiten seien ausnahmslos nicht von § 5 Abs. 4 ZeS erfasst gewesen, da sie bereits zuvor als Wohnraum genutzt worden seien. Dennoch habe der Beklagtenvertreter zu Protokoll die nunmehr als Hilfsantrag unter III. formulierte und übernommene Erklärung abgegeben (Anm.: vgl. den oben, S. 3 der hiesigen Entscheidung, auszugsweise wiedergegebenen Protokollinhalt). Auch die streitgegenständliche WE sei so ausgestattet wie die oben genannten Wohneinheiten; ihre entsprechende Nutzung als Boardinghouse erfülle somit die von der Beklagten selbst gewählte Definition, es handele sich um Wohnraumnutzung.

Mit weiterem im Eilverfahren M 9 S. 17.4361 vorgelegten Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 – und vertieft in der mündlichen Verhandlung – führt der auch in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des Bevollmächtigten aus: Die Ausführungen der Antragsgegnerin seien fehlerhaft. Es sei nicht nach der Baugenehmigung vom 23. Oktober 2007, sondern in Reaktivierung der „alten“ Baugenehmigung vom 23. September 2004 gebaut worden. Es liege keine Aufstockung vor, sondern es sei lediglich eine Modifizierung durch Auflagen erfolgt (Stellplätze, Brandschutzgutachten). Bei dem Ausbau des Speichers handele es sich nicht um einen „zweckentfremdungsrechtlichen Neubau“. Eine zweckentfremdungsrechtliche Definition von Neubau existiere nicht. Nach dem Empfängerhorizont und nach dem allgemeinen Sprachverständnis (Glaubhaftmachung: Auszug aus dem Duden) liege ein Neubau nur dann vor, wenn ein neues Bauwerk errichtet oder ein schon einmal vorhandenes Gebäude wiedererrichtet werde. Beides sei hier nicht gegeben, vielmehr sei aus den Speicherräumen Wohnraum geschaffen worden. Anders als die Antragsgegnerin meine, sei Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. wegen der grundsätzlichen Baufreiheit des Eigentümers weit auszulegen. Der Begriff des „Schaffens“ erlaube neben einer reinen Nutzungsänderung von Räumlichkeiten auch einen kreativen Prozess zur Wohnraumschaffung inklusive Durchführung von baulichen Maßnahmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Rechtsansicht, die WE habe dem Wohnungsmarkt zu keiner Zeit zur Verfügung gestanden, da sie von der seinerzeitigen Eigentümerin selbst bewohnt worden sei, gehe fehl. Im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei auch diese WE schützenswert. Aus diesem Grunde komme das begehrte Negativattest nicht in Betracht. Der Tatbestand des § 5 Abs. 4 ZeS a.F. sei ebenfalls nicht erfüllt: Im vorliegenden Fall habe kein Aus- oder Umbau zuvor anderweitig genutzter Räumlichkeiten stattgefunden, vielmehr sei in den Jahren 2007-2009 der frühere Dachstuhl des Anwesens komplett abgerissen und an seiner Stelle zwei neue Geschosse (4. und 5. OG) geschaffen worden. Die Ausnahme gelte nach den Motiven des Gesetzgebers nur für bestehende Räume, die lediglich für eine (vorübergehende) Wohnnutzung ertüchtigt würden. In hier vorliegenden „Rooftop-Neubau“ sei nach dessen Fertigstellung zudem zunächst unstreitig eine Wohnnutzung aufgenommen worden. Hinsichtlich des Feststellungsantrags sei festzuhalten, dass die damaligen Zugeständnisse unter dem Eindruck der damaligen Rechtsprechung zu den in Rede stehenden Nutzungsformen gemacht worden seien. Diese Vereinbarungen gälten nur inter partes und zugleich bestehe kein Vertrauensschutz dahingehend, dass sich eine einschlägige Rechtsprechung nicht ändere Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren und in den Streitsachen M 9 K 17.4360 und M 9 S. 17.4361 sowie auf die beigezogene Behördenakte; insbesondere wird auf die Inhalte der Niederschrift vom 17. Januar 2018 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber unbegründet (1.); im Hilfsantrag ist sie bereits unzulässig (2.).

1. Die Verpflichtungsklage auf Erteilung des Negativattestes ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 10 ZeS a.F./n.F., § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

a) Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist in der Verpflichtungssituation der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Mit Änderung der zweckentfremdungsrechtlichen Bestimmungen zum Juli 2017 bzw. Dezember 2017 ist damit das ZwEWG vom 10. Dezember 2007 (GVBl. S. 864, BayRS 2330-11-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2017 (GVBl. S. 182), i.F. bezeichnet als „ZwEWG n.F.“, maßgeblich bzw. die ZeS i.d.F. d. Bek. vom 11. Dezember 2017 (MüABl. S. 494), i.F. bezeichnet als „ZeS n.F.“. Die Vorgängerregelungen werden als „ZwEWG a.F.“ bzw. „ZeS a.F.“ bezeichnet.

b) Ein Anspruch nach § 10 ZeS n.F. i.V.m. § 3 Abs. 3 ZeS n.F. ist nicht gegeben, da die WE Wohnraum darstellte, bevor die Klägerin sie übernahm. Die WE wird auch dann von den zweckentfremdungsrechtlichen Vorschriften erfasst bzw. geschützt, wenn die Voreigentümerin sie selbst bewohnte. Dass die WE dem „allgemeinen Mietmarkt“ damit noch nie zur Verfügung gestanden habe, ist schon dem Grunde nach irrelevant: Wohnraumverlust „für die Allgemeinheit“ ist keine Voraussetzung für die Anwendung des Zweckentfremdungsrechts (vgl. auch VG Berlin, U.v. 9.8.2016 – 6 K 112.16 – juris Rn. 35; Discher, ZfIR 2017, 469). Gleiches gilt für § 10 Alt. 1 ZeS a.F. i.V.m. § 3 Abs. 3 ZeS a.F.

c) Auch ein Anspruch nach § 10 Alt. 2 ZeS a.F. i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. kommt nicht in Betracht.

§ 10 Alt. 2 ZeS a.F. i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG sind mit Änderung der Regelwerke zwar ohnehin ersatzlos entfallen. Mit Blick auf die Inhalte der Gesetzesbegründung zum ZwEWG n.F. (LT-Drs. 17/15781, S. 5), wonach aus Gründen der Deregulierung auf die erforderliche Aktualisierung oder Dynamisierung der Vorschrift verzichtet und wonach die noch verbleibenden Umwandlungsfälle in der Praxis ohne weiteres im Rahmen des Gesetzesbzw. Satzungsvollzugs geregelt werden könnten, hält das Gericht es klägergünstig für sachgerecht, die Maßstäbe für die Beurteilung von Altfällen beim „Gesetzesbzw. Satzungsvollzug“ weiter aus den entfallenen Regelungen abzuleiten.

Ein entsprechender Anspruch scheitert inhaltlich bereits am Wortlaut der Vorschriften. Vorliegend ist kein Wohnraum gegeben, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand „aus Räumen geschaffen“ wurde. Ein Komplettabriss – vorliegend: des 4. Obergeschosses – und ein dem nachfolgender Neubau – Maisonettewohnung über das 4. und 5. Obergeschoss – der betreffenden Einheit kann nicht mehr unter die Wendung „aus Räumen geschaffen“ subsumiert werden. Damit ist nur die Umgestaltung von Räumlichkeiten im Sinne von (Innen-) Umbaumaßnahmen gemeint, die die (äußere) Bausubstanz unangetastet lassen. Hier wurde(n) nach den genehmigten Bauplänen (Bl. 1f. i.V.m. Bl. 7ff. d. BA) nicht nur das Dach mit Dachstuhl abgerissen, sondern auch die Außenwände des Bestands im 4. Obergeschoss. Dies ist von der Regelung nicht mehr erfasst, was auch aus der Gesetzesbegründung zum ZwEWG a.F. hervorgeht, vgl. LT-Drs. 15/8369, S. 6:

„Hintergrund dieser Regelung war die Sorge, insbesondere leer stehende gewerbliche Räume, die – wenn auch nur vorübergehend – nach Umbaumaßnahmen den Wohnungsmarkt entlasten könnten, würden häufig nur deshalb nicht Wohnzwecken zugeführt, weil die spätere Rückführung in die gewerbliche Nutzung durch ein Zweckentfremdungsverbot behindert werden könnte.“

Der Abriss und Neubau des 4. Obergeschosses ist weiter auch für sich zu betrachten und nicht etwa als Änderung des Anwesens L.str. 16 im Sinne einer „Änderung“ oder eines „Umbaus“ dieses gesamten Objekts zu bewerten. Das Zweckentfremdungsrecht ist nicht „gesamtobjektbezogen“, wie aus § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG selbst und weiter bspw. auch aus § 3 Abs. 2 Satz 1 ZeS a.F./n.F. hervorgeht, sondern stellt auf die Wohneinheiten ab.

Die Rechtsansicht, dass ein Neubau im hier vorliegenden Sinn nicht von der Vorschrift erfasst ist, entspricht auch der obergerichtlichen Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2016 – 12 CS 16.1714 – juris Rn. 12: „Auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzung der Ausnahmevorschrift des Schaffens von Wohnraum nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Überprüfung ausgegangen werden. In Abgrenzung zu insoweit irrelevanten Modernisierungsmaßnahmen kann – gewissermaßen als Faustregel – ein Bauaufwand den Kosten nach als wesentlich angesehen werden, wenn er etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht“. Diese Formulierung zeigt, dass „Schaffen von Wohnraum unter wesentlichem Bauaufwand“ in diesem Sinne vom Neubau zu unterscheiden ist. Aus Rn. 11 des Beschlusses geht weiter hervor, dass sich das Wort „insbesondere“ in der Gesetzesbegründung nur auf die „Gewerblichkeit“ der Räume beziehe. Damit ist dementsprechend nicht gemeint, dass der Umbau nur eine Variante – etwa neben „Abriss und Neubau“ – der „Schaffung“ neuen Wohnraums i.d.S. sein sollte.

Dass ein entsprechender Abriss und Neubau als Maisonettewohnung erfolgte, hat der Klägerbevollmächtigte nie bestritten, sondern im Gegenteil selbst stets vorgetragen (vgl. die Klagebegründung im hiesigen Verfahren, die Klagebegründung vom 13. September 2017 im Verfahren M 9 K 17.4360 und die Antragsbegründung im Verfahren M 9 S. 17.4361). Dieser Hergang lässt sich so auch aus der Behördenakte nachweisen: Auf Bl. 6 des Behördenakts, das die Wohnflächenberechnung im Zuge des Baugenehmigungsantrags enthält, wird das 4. Obergeschoss als „nicht vorhanden“ geführt. Auf dem Grundriss und Aufteilungsplan des 4. Obergeschosses (Bl. 9 und Bl. 11 d. BA), findet sich folgende Angabe: „Außenwände Bestand 30 cm, neu: 24 cm + WDVS“. Damit ist klargestellt, dass nicht nur eine Dämmung aufgebracht wurde, sondern dass neue Außenwände in anderer Dicke errichtet wurden. Ein derartiger Eingriff in tragende Bauteile ist keinesfalls mehr als Umbaumaßnahme von Räumen oder als Modernisierungsmaßnahme anzusehen. Schließlich zeigen auch Bl. 8, Bl. 12 d. BA und Bl. 21 d. BA, dass anstelle des ehemaligen Speichers im 4. Obergeschoss eine Maisonettewohnung über zwei Stockwerke insgesamt neu geschaffen wurde.

Die Ausführungen des Vertreters des Bevollmächtigten in der weiteren Antragsbegründung vom 4. Dezember 2017 (zum Verfahren M 9 S. 17.4361) und in der mündlichen Verhandlung können demgegenüber schon im Ansatz nicht nachvollzogen werden. Dass nicht „die Baugenehmigung vom 23. September 2004“ (gemeint ist wohl: die Baugenehmigung vom 7. Dezember 2004, vgl. Bl. 5 d. BA) „reaktiviert“ wurde, wie behauptet, sondern dass die Tektur vom 23. Oktober 2007 zur Ausführung gelangte, ergibt sich bereits daraus, dass gegenwärtig nicht nur eine schmale Galerie im 5. Obergeschoss besteht (wie noch 2004 geplant, Bl. 3 d. BA), sondern auch nach dem klägerischen Vortrag (Bl. 98ff. d. BA) die voll ausgebaute zweite Ebene der Maisonettewohnung; es wird diesbezüglich im Übrigen ohnehin nicht aufgezeigt, was die Folge der Behauptung sein sollte, dass die „alte“ Baugenehmigung „reaktiviert“ wurde. Unklar bleibt auch, wieso ein Neubau stets nur dann gegeben sein soll, wenn ein neues Bauwerk errichtet oder ein schon einmal vorhandenes Gebäude wiedererrichtet wird. Ein Bau- „Werk“ in diesem Sinne ist auch der Neubau einer Maisonettewohnung. Dem Zweckentfremdungsrecht fehlt ein „gesamtobjektbezogener“ Ansatz (s.o.). Der in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellte Sachverhalt schließlich, „dass die streitgegenständliche Wohnung im 4. Obergeschoss bereits zum Zeitpunkt vor dem Ausbau 2007 bezüglich des 4. Obergeschosses versorgungstechnisch komplett angeschlossen war“, ist hier irrelevant, da das Geschoss abgerissen wurde. Der Vertreter des Klägerbevollmächtigten blieb zudem eine weitere Konkretisierung schuldig: Sollte damit gemeint sein, dass alle tragenden Bauteile (Außenwände) und der Dachstuhl, die zusammen vorliegend den „Raum“ auch im Sinne des Zweckentfremdungsrechts ausmachen, unangetastet geblieben wären, so setzt sich der Vertreter damit in klaren Widerspruch zu den Ausführungen des eigentlichen Bevollmächtigten und zu den Plänen (Bl. 9 d. BA und Bl. 11 d. BA: „Außenwände Bestand 30 cm, neu: 24 cm + WDVS“). Da die Behördenakte auch im Übrigen keinerlei Anhalt für diese Sichtweise liefert, ist von einer „ins Blaue hinein“ getätigten Aussage auszugehen. Sollte andererseits gemeint gewesen sein, dass bspw. Versorgungsschächte bis hinauf zum 4. Obergeschoss, d.h. „inklusive“ des 3. Obergeschosses, bestanden und nach Abriss im Zuge des Neubaus (teilweise) weiter genutzt werden konnten, ist von vorn herein keine Diskrepanz zu den Aussagen des eigentlichen Bevollmächtigten gegeben und auch kein Sachverhalt, den die Beklagte bestritten hätte.

2. Die Klage ist im Hilfsantrag bereits unzulässig.

Zwar mag der Feststellungsantrag ursprünglich zulässig gewesen sein (vgl. VG Berlin, U.v. 14.12.2016 – 6 K 144.16 – juris). Mit Erlass des zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheids (Nutzungsuntersagung, Wiederbelegungsanordnung) vom 16. August 2017 aber, der im Verfahren M 9 K 17.4360 angefochten wurde, bestand keine Veranlassung mehr, diesen Antrag aufrechtzuerhalten. Er wurde subsidiär im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da die konkrete Nutzungsweise der WE im Rahmen der Anfechtungsklage im Verfahren M 9 K 17.4360 verteidigt wird; ein darauf gerichteter Feststellungsantrag bringt keinen weitergehenden Erfolg. Darauf hat das Gericht den Vertreter des Klägerbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.

Sollten die Ausführungen des Vertreters des Klägerbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung dahingehend zu verstehen gewesen sein, dass der Feststellungsantrag „allgemein“ aufrechterhalten bleiben sollte, um die Genehmigungsfähigkeit einer vorgeblich zulässigen – aber so nicht stattfindenden (vgl. die Entscheidungen vom heutigen Tag zu den Verfahren M 9 K 17.4360 und M 9 S. 17.4361) – Boardinghousenutzung „im Anwendungsbereich der ZeS“ zu klären, so fehlt es dem Antrag am Feststellungsinteresse: Damit wäre kein konkretes und streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.