Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.3111

bei uns veröffentlicht am17.01.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen zweckentfremdungsrechtlichen Ablehnungsbescheid.

Streitgegenständlich ist ein Anspruch auf Erteilung eines Negativattests wegen behaupteter zweckentfremdungsrechtlicher Genehmigungsfreiheit der gegenwärtigen Nutzung; hilfsweise wurde Feststellungsklage erhoben dahingehend, dass eine konkret definierte Nutzungsweise (s.u.) nicht gegen die Zweckentfremdungssatzung (i.F.: ZeS) der Beklagten verstößt. Bescheidobjekt ist eine Wohneinheit in der L.str. 16, Wohnung Nr. 12 (i.F.: WE). Die Klägerin ist Eigentümerin der WE. Sie hat die WE von der Voreigentümerin Fr. I. M. übernommen, die diese selbst zu (Dauer-) Wohnzwecken nutzte (Bl. 104f., 108 & 210 d. Behördenakts – i.F.: BA –).

Am 12. November 2014 fand hinsichtlich mehrerer anderer Wohneinheiten (1, 2, 3, 9, 10 und 11) im selben Objekt ein Erörterungstermin vor dem damaligen Berichterstatter der Kammer statt (Az. M 9 K 13.3185); die Niederschrift enthielt folgende auszugsweise wiedergegebene Feststellungen: „Der Berichterstatter weist darauf hin, dass der Rechtsstreit erhebliche rechtliche Unsicherheiten beinhaltet. Die Frage der Abgrenzung einer gewerblichen Vermietung zur Wohnnutzung i.S.d. Zweckentfremdung ist für den Fall des Boardinghauses nicht endgültig geklärt. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt der Vertreter der Beklagten zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Einheiten Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 des Anwesen L.str. 16 in (…) München: Die Nutzung der vorgenannten Einheiten in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten verstößt dann nicht gegen die ZeS der Beklagten, wenn die Wohnräume so ausgestattet sind, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist. D.h. sie müssen auch ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen werden. Dies gilt nur, wenn der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft. v.u.g. Der Berichterstatter empfiehlt der Eigentümerin des Anwesens, künftig der Beklagten zur Vermeidung weiterer Ermittlungen jährlich eine Aufstellung über die tatsächlichen Aufenthaltszeiten und die Nutzer der Wohneinheiten vorzulegen.“

Unter dem 27. Februar 2017 bzw. dem 10. März 2017 stellte die Klägerin Antrag auf Negativattest, alternativ auf Genehmigung, dass die WE entsprechend der „gerichtlichen Vereinbarung“, Niederschrift zu M 9 K 13.3185 ebenso vermietet werden könne (Bl. 91 mit Bl. 101ff. d. BA und Bl. 106f. d. BA). Die WE habe dem allgemeinen Mietmarkt noch nie zur Verfügung gestanden, da sie als Eigentumswohnung von der Vorbesitzerin selbst genutzt worden sei. Hilfsweise werde ausgeführt, dass ein Gleichhandlungsanspruch in Bezug auf die Inhalte dieser gerichtlichen Vereinbarung auch hinsichtlich des Anspruchs auf Negativattest bestehe, die Vereinbarung sei auf die Klägerin mit dem Kauf „übergegangen“.

Unter dem 16. März 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigen Ablehnung des Antrags auf Negativattest an (Bl. 110 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. Juni 2017 (Gz. S-III-W/BS 124) wurde der Antrag auf Erteilung des Negativattest vom 27. Februar 2017 (1.) und der Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Nutzung analog der für die im gleichen Anwesen befindlichen WE Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 geschlossenen „gerichtlichen Vereinbarung“ vom 12. November 2014 (2.) abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ZeS seien nicht erfüllt, da seit August 2009 Wohnraum vorliege.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 7. Juli 2017 Klage erhoben.

Er beantragt,

I. den ablehnenden Bescheid vom 12. Juni 2017 aufzuheben,

II. die Beklagte zu verpflichten, ein Negativattest gemäß § 10 Alt. 2 ZeS i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS auszustellen und

III. hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Nutzung der [streitgegenständlichen WE] in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten dann nicht gegen die ZeS der Beklagten verstößt, wenn der Wohnraum so ausgestattet ist, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist, d.h. ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen wird, wobei der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft.

Die Klägerin habe die streitgegenständliche WE am 20. August 2015 erworben. Zuvor habe die Voreigentümerin selbst seit Fertigstellung im Jahr 2010 in dieser WE gewohnt. Die WE sei im Zuge einer vonseiten eines weiteren Voreigentümers vorgenommenen Aufteilung von Flächen und aufgrund einer Baugenehmigung aus 2008 in den Jahren 2007/2009 entstanden und zwar aus einem alten ungenutzten Speichergeschoss (4. OG) im Rückgebäude. Dies sei durch Komplettabriss des vormaligen im 4. OG Rückgebäude gelegenen Speichers sowie einem Ausbau dieser Fläche zweigeschossig (4. OG und 5. OG) durch Schaffung der Erschließung dieser Flächen vom UG aufwärts mittels Versorgungsschächten und Komplettneubau einschließlich Wänden, Terrassen, Decken, Dach und Sanitär/Heizung/sonstige Haustechnik geschehen. Damit stehe fest, dass es sich bei der WE um Wohnraum handele, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen worden sei, die anderen als Wohnzwecken (vorliegend: ungenutzter Speicher) gedient hätten. Höchstvorsorglich werde vorgetragen, dass die WE nicht zweckfremd, sondern als Wohnraum genutzt werde. Die Beklagte müsse sich diesbezüglich an dem von ihr selbst für das Anwesen L.str. 16 gewählten Beurteilungsmaßstab für „Wohnraumnutzung“ festhalten lassen. Im Verfahren M 9 K 13.3185 sei die Nutzung der WE 1, 2, 3, 9, 10 und 11 im Anwesen L.str. 16 als Boardinghouse streitgegenständliche gewesen; diese Einheiten seien ausnahmslos nicht von § 5 Abs. 4 ZeS erfasst gewesen, da sie bereits zuvor als Wohnraum genutzt worden seien. Dennoch habe der Beklagtenvertreter zu Protokoll die nunmehr als Hilfsantrag unter III. formulierte und übernommene Erklärung abgegeben (Anm.: vgl. den oben, S. 3 der hiesigen Entscheidung, auszugsweise wiedergegebenen Protokollinhalt). Auch die streitgegenständliche WE sei so ausgestattet wie die oben genannten Wohneinheiten; ihre entsprechende Nutzung als Boardinghouse erfülle somit die von der Beklagten selbst gewählte Definition, es handele sich um Wohnraumnutzung.

Mit weiterem im Eilverfahren M 9 S. 17.4361 vorgelegten Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 – und vertieft in der mündlichen Verhandlung – führt der auch in der mündlichen Verhandlung anwesende Vertreter des Bevollmächtigten aus: Die Ausführungen der Antragsgegnerin seien fehlerhaft. Es sei nicht nach der Baugenehmigung vom 23. Oktober 2007, sondern in Reaktivierung der „alten“ Baugenehmigung vom 23. September 2004 gebaut worden. Es liege keine Aufstockung vor, sondern es sei lediglich eine Modifizierung durch Auflagen erfolgt (Stellplätze, Brandschutzgutachten). Bei dem Ausbau des Speichers handele es sich nicht um einen „zweckentfremdungsrechtlichen Neubau“. Eine zweckentfremdungsrechtliche Definition von Neubau existiere nicht. Nach dem Empfängerhorizont und nach dem allgemeinen Sprachverständnis (Glaubhaftmachung: Auszug aus dem Duden) liege ein Neubau nur dann vor, wenn ein neues Bauwerk errichtet oder ein schon einmal vorhandenes Gebäude wiedererrichtet werde. Beides sei hier nicht gegeben, vielmehr sei aus den Speicherräumen Wohnraum geschaffen worden. Anders als die Antragsgegnerin meine, sei Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. wegen der grundsätzlichen Baufreiheit des Eigentümers weit auszulegen. Der Begriff des „Schaffens“ erlaube neben einer reinen Nutzungsänderung von Räumlichkeiten auch einen kreativen Prozess zur Wohnraumschaffung inklusive Durchführung von baulichen Maßnahmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Rechtsansicht, die WE habe dem Wohnungsmarkt zu keiner Zeit zur Verfügung gestanden, da sie von der seinerzeitigen Eigentümerin selbst bewohnt worden sei, gehe fehl. Im Sinne des Zweckentfremdungsrechts sei auch diese WE schützenswert. Aus diesem Grunde komme das begehrte Negativattest nicht in Betracht. Der Tatbestand des § 5 Abs. 4 ZeS a.F. sei ebenfalls nicht erfüllt: Im vorliegenden Fall habe kein Aus- oder Umbau zuvor anderweitig genutzter Räumlichkeiten stattgefunden, vielmehr sei in den Jahren 2007-2009 der frühere Dachstuhl des Anwesens komplett abgerissen und an seiner Stelle zwei neue Geschosse (4. und 5. OG) geschaffen worden. Die Ausnahme gelte nach den Motiven des Gesetzgebers nur für bestehende Räume, die lediglich für eine (vorübergehende) Wohnnutzung ertüchtigt würden. In hier vorliegenden „Rooftop-Neubau“ sei nach dessen Fertigstellung zudem zunächst unstreitig eine Wohnnutzung aufgenommen worden. Hinsichtlich des Feststellungsantrags sei festzuhalten, dass die damaligen Zugeständnisse unter dem Eindruck der damaligen Rechtsprechung zu den in Rede stehenden Nutzungsformen gemacht worden seien. Diese Vereinbarungen gälten nur inter partes und zugleich bestehe kein Vertrauensschutz dahingehend, dass sich eine einschlägige Rechtsprechung nicht ändere Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren und in den Streitsachen M 9 K 17.4360 und M 9 S. 17.4361 sowie auf die beigezogene Behördenakte; insbesondere wird auf die Inhalte der Niederschrift vom 17. Januar 2018 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber unbegründet (1.); im Hilfsantrag ist sie bereits unzulässig (2.).

1. Die Verpflichtungsklage auf Erteilung des Negativattestes ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 10 ZeS a.F./n.F., § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

a) Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist in der Verpflichtungssituation der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Mit Änderung der zweckentfremdungsrechtlichen Bestimmungen zum Juli 2017 bzw. Dezember 2017 ist damit das ZwEWG vom 10. Dezember 2007 (GVBl. S. 864, BayRS 2330-11-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2017 (GVBl. S. 182), i.F. bezeichnet als „ZwEWG n.F.“, maßgeblich bzw. die ZeS i.d.F. d. Bek. vom 11. Dezember 2017 (MüABl. S. 494), i.F. bezeichnet als „ZeS n.F.“. Die Vorgängerregelungen werden als „ZwEWG a.F.“ bzw. „ZeS a.F.“ bezeichnet.

b) Ein Anspruch nach § 10 ZeS n.F. i.V.m. § 3 Abs. 3 ZeS n.F. ist nicht gegeben, da die WE Wohnraum darstellte, bevor die Klägerin sie übernahm. Die WE wird auch dann von den zweckentfremdungsrechtlichen Vorschriften erfasst bzw. geschützt, wenn die Voreigentümerin sie selbst bewohnte. Dass die WE dem „allgemeinen Mietmarkt“ damit noch nie zur Verfügung gestanden habe, ist schon dem Grunde nach irrelevant: Wohnraumverlust „für die Allgemeinheit“ ist keine Voraussetzung für die Anwendung des Zweckentfremdungsrechts (vgl. auch VG Berlin, U.v. 9.8.2016 – 6 K 112.16 – juris Rn. 35; Discher, ZfIR 2017, 469). Gleiches gilt für § 10 Alt. 1 ZeS a.F. i.V.m. § 3 Abs. 3 ZeS a.F.

c) Auch ein Anspruch nach § 10 Alt. 2 ZeS a.F. i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. kommt nicht in Betracht.

§ 10 Alt. 2 ZeS a.F. i.V.m. § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG sind mit Änderung der Regelwerke zwar ohnehin ersatzlos entfallen. Mit Blick auf die Inhalte der Gesetzesbegründung zum ZwEWG n.F. (LT-Drs. 17/15781, S. 5), wonach aus Gründen der Deregulierung auf die erforderliche Aktualisierung oder Dynamisierung der Vorschrift verzichtet und wonach die noch verbleibenden Umwandlungsfälle in der Praxis ohne weiteres im Rahmen des Gesetzesbzw. Satzungsvollzugs geregelt werden könnten, hält das Gericht es klägergünstig für sachgerecht, die Maßstäbe für die Beurteilung von Altfällen beim „Gesetzesbzw. Satzungsvollzug“ weiter aus den entfallenen Regelungen abzuleiten.

Ein entsprechender Anspruch scheitert inhaltlich bereits am Wortlaut der Vorschriften. Vorliegend ist kein Wohnraum gegeben, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand „aus Räumen geschaffen“ wurde. Ein Komplettabriss – vorliegend: des 4. Obergeschosses – und ein dem nachfolgender Neubau – Maisonettewohnung über das 4. und 5. Obergeschoss – der betreffenden Einheit kann nicht mehr unter die Wendung „aus Räumen geschaffen“ subsumiert werden. Damit ist nur die Umgestaltung von Räumlichkeiten im Sinne von (Innen-) Umbaumaßnahmen gemeint, die die (äußere) Bausubstanz unangetastet lassen. Hier wurde(n) nach den genehmigten Bauplänen (Bl. 1f. i.V.m. Bl. 7ff. d. BA) nicht nur das Dach mit Dachstuhl abgerissen, sondern auch die Außenwände des Bestands im 4. Obergeschoss. Dies ist von der Regelung nicht mehr erfasst, was auch aus der Gesetzesbegründung zum ZwEWG a.F. hervorgeht, vgl. LT-Drs. 15/8369, S. 6:

„Hintergrund dieser Regelung war die Sorge, insbesondere leer stehende gewerbliche Räume, die – wenn auch nur vorübergehend – nach Umbaumaßnahmen den Wohnungsmarkt entlasten könnten, würden häufig nur deshalb nicht Wohnzwecken zugeführt, weil die spätere Rückführung in die gewerbliche Nutzung durch ein Zweckentfremdungsverbot behindert werden könnte.“

Der Abriss und Neubau des 4. Obergeschosses ist weiter auch für sich zu betrachten und nicht etwa als Änderung des Anwesens L.str. 16 im Sinne einer „Änderung“ oder eines „Umbaus“ dieses gesamten Objekts zu bewerten. Das Zweckentfremdungsrecht ist nicht „gesamtobjektbezogen“, wie aus § 5 Abs. 4 ZeS a.F. bzw. Art. 2 Satz 3 ZwEWG selbst und weiter bspw. auch aus § 3 Abs. 2 Satz 1 ZeS a.F./n.F. hervorgeht, sondern stellt auf die Wohneinheiten ab.

Die Rechtsansicht, dass ein Neubau im hier vorliegenden Sinn nicht von der Vorschrift erfasst ist, entspricht auch der obergerichtlichen Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2016 – 12 CS 16.1714 – juris Rn. 12: „Auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzung der Ausnahmevorschrift des Schaffens von Wohnraum nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Überprüfung ausgegangen werden. In Abgrenzung zu insoweit irrelevanten Modernisierungsmaßnahmen kann – gewissermaßen als Faustregel – ein Bauaufwand den Kosten nach als wesentlich angesehen werden, wenn er etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht“. Diese Formulierung zeigt, dass „Schaffen von Wohnraum unter wesentlichem Bauaufwand“ in diesem Sinne vom Neubau zu unterscheiden ist. Aus Rn. 11 des Beschlusses geht weiter hervor, dass sich das Wort „insbesondere“ in der Gesetzesbegründung nur auf die „Gewerblichkeit“ der Räume beziehe. Damit ist dementsprechend nicht gemeint, dass der Umbau nur eine Variante – etwa neben „Abriss und Neubau“ – der „Schaffung“ neuen Wohnraums i.d.S. sein sollte.

Dass ein entsprechender Abriss und Neubau als Maisonettewohnung erfolgte, hat der Klägerbevollmächtigte nie bestritten, sondern im Gegenteil selbst stets vorgetragen (vgl. die Klagebegründung im hiesigen Verfahren, die Klagebegründung vom 13. September 2017 im Verfahren M 9 K 17.4360 und die Antragsbegründung im Verfahren M 9 S. 17.4361). Dieser Hergang lässt sich so auch aus der Behördenakte nachweisen: Auf Bl. 6 des Behördenakts, das die Wohnflächenberechnung im Zuge des Baugenehmigungsantrags enthält, wird das 4. Obergeschoss als „nicht vorhanden“ geführt. Auf dem Grundriss und Aufteilungsplan des 4. Obergeschosses (Bl. 9 und Bl. 11 d. BA), findet sich folgende Angabe: „Außenwände Bestand 30 cm, neu: 24 cm + WDVS“. Damit ist klargestellt, dass nicht nur eine Dämmung aufgebracht wurde, sondern dass neue Außenwände in anderer Dicke errichtet wurden. Ein derartiger Eingriff in tragende Bauteile ist keinesfalls mehr als Umbaumaßnahme von Räumen oder als Modernisierungsmaßnahme anzusehen. Schließlich zeigen auch Bl. 8, Bl. 12 d. BA und Bl. 21 d. BA, dass anstelle des ehemaligen Speichers im 4. Obergeschoss eine Maisonettewohnung über zwei Stockwerke insgesamt neu geschaffen wurde.

Die Ausführungen des Vertreters des Bevollmächtigten in der weiteren Antragsbegründung vom 4. Dezember 2017 (zum Verfahren M 9 S. 17.4361) und in der mündlichen Verhandlung können demgegenüber schon im Ansatz nicht nachvollzogen werden. Dass nicht „die Baugenehmigung vom 23. September 2004“ (gemeint ist wohl: die Baugenehmigung vom 7. Dezember 2004, vgl. Bl. 5 d. BA) „reaktiviert“ wurde, wie behauptet, sondern dass die Tektur vom 23. Oktober 2007 zur Ausführung gelangte, ergibt sich bereits daraus, dass gegenwärtig nicht nur eine schmale Galerie im 5. Obergeschoss besteht (wie noch 2004 geplant, Bl. 3 d. BA), sondern auch nach dem klägerischen Vortrag (Bl. 98ff. d. BA) die voll ausgebaute zweite Ebene der Maisonettewohnung; es wird diesbezüglich im Übrigen ohnehin nicht aufgezeigt, was die Folge der Behauptung sein sollte, dass die „alte“ Baugenehmigung „reaktiviert“ wurde. Unklar bleibt auch, wieso ein Neubau stets nur dann gegeben sein soll, wenn ein neues Bauwerk errichtet oder ein schon einmal vorhandenes Gebäude wiedererrichtet wird. Ein Bau- „Werk“ in diesem Sinne ist auch der Neubau einer Maisonettewohnung. Dem Zweckentfremdungsrecht fehlt ein „gesamtobjektbezogener“ Ansatz (s.o.). Der in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellte Sachverhalt schließlich, „dass die streitgegenständliche Wohnung im 4. Obergeschoss bereits zum Zeitpunkt vor dem Ausbau 2007 bezüglich des 4. Obergeschosses versorgungstechnisch komplett angeschlossen war“, ist hier irrelevant, da das Geschoss abgerissen wurde. Der Vertreter des Klägerbevollmächtigten blieb zudem eine weitere Konkretisierung schuldig: Sollte damit gemeint sein, dass alle tragenden Bauteile (Außenwände) und der Dachstuhl, die zusammen vorliegend den „Raum“ auch im Sinne des Zweckentfremdungsrechts ausmachen, unangetastet geblieben wären, so setzt sich der Vertreter damit in klaren Widerspruch zu den Ausführungen des eigentlichen Bevollmächtigten und zu den Plänen (Bl. 9 d. BA und Bl. 11 d. BA: „Außenwände Bestand 30 cm, neu: 24 cm + WDVS“). Da die Behördenakte auch im Übrigen keinerlei Anhalt für diese Sichtweise liefert, ist von einer „ins Blaue hinein“ getätigten Aussage auszugehen. Sollte andererseits gemeint gewesen sein, dass bspw. Versorgungsschächte bis hinauf zum 4. Obergeschoss, d.h. „inklusive“ des 3. Obergeschosses, bestanden und nach Abriss im Zuge des Neubaus (teilweise) weiter genutzt werden konnten, ist von vorn herein keine Diskrepanz zu den Aussagen des eigentlichen Bevollmächtigten gegeben und auch kein Sachverhalt, den die Beklagte bestritten hätte.

2. Die Klage ist im Hilfsantrag bereits unzulässig.

Zwar mag der Feststellungsantrag ursprünglich zulässig gewesen sein (vgl. VG Berlin, U.v. 14.12.2016 – 6 K 144.16 – juris). Mit Erlass des zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheids (Nutzungsuntersagung, Wiederbelegungsanordnung) vom 16. August 2017 aber, der im Verfahren M 9 K 17.4360 angefochten wurde, bestand keine Veranlassung mehr, diesen Antrag aufrechtzuerhalten. Er wurde subsidiär im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da die konkrete Nutzungsweise der WE im Rahmen der Anfechtungsklage im Verfahren M 9 K 17.4360 verteidigt wird; ein darauf gerichteter Feststellungsantrag bringt keinen weitergehenden Erfolg. Darauf hat das Gericht den Vertreter des Klägerbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.

Sollten die Ausführungen des Vertreters des Klägerbevollmächtigten im Rahmen der mündlichen Verhandlung dahingehend zu verstehen gewesen sein, dass der Feststellungsantrag „allgemein“ aufrechterhalten bleiben sollte, um die Genehmigungsfähigkeit einer vorgeblich zulässigen – aber so nicht stattfindenden (vgl. die Entscheidungen vom heutigen Tag zu den Verfahren M 9 K 17.4360 und M 9 S. 17.4361) – Boardinghousenutzung „im Anwendungsbereich der ZeS“ zu klären, so fehlt es dem Antrag am Feststellungsinteresse: Damit wäre kein konkretes und streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.3111

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.3111

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.3111 zitiert 5 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.3111 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.3111 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2016 - 12 CS 16.1714

bei uns veröffentlicht am 02.12.2016

Tenor I. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2016 wird die aufschiebende Wirkung der Klage im Hinblick auf die Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids der Antragsgegnerin vom 12. Ap

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.4360

bei uns veröffentlicht am 17.01.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.3111.

Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Apr. 2018 - M 9 K 17.3554

bei uns veröffentlicht am 11.04.2018

Tenor I. Die Verfahren M 9 K 17.3554, M 9 K 17.4608, M 9 K 17.5359 und M 9 K 17.5991 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Klagen werden abgewiesen. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Jan. 2018 - M 9 K 17.4360

bei uns veröffentlicht am 17.01.2018

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheid.

Bescheidobjekt ist eine Wohneinheit in der L.str. 16, Wohnung Nr. 12 (i.F.: WE). Die Klägerin ist Eigentümerin der WE. Sie hat die WE von der Voreigentümerin Fr. I. M. übernommen, die diese selbst zu (Dauer-) Wohnzwecken nutzte (Bl. 104f., 108 & 210 d. Behördenakts – i.F.: BA –).

Am 12. November 2014 fand hinsichtlich mehrerer anderer Wohneinheiten (1, 2, 3, 9, 10 und 11) im selben Objekt ein Erörterungstermin vor dem damaligen Berichterstatter der Kammer statt (Az. M 9 K 13.3185); die Niederschrift enthielt folgende auszugsweise wiedergegebene Feststellungen: „Der Berichterstatter weist darauf hin, dass der Rechtsstreit erhebliche rechtliche Unsicherheiten beinhaltet. Die Frage der Abgrenzung einer gewerblichen Vermietung zur Wohnnutzung i.S.d. Zweckentfremdung ist für den Fall des Boardinghauses nicht endgültig geklärt. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt der Vertreter der Beklagten zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Einheiten Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 des Anwesen L.str. 16 in (…) München: Die Nutzung der vorgenannten Einheiten in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten verstößt dann nicht gegen die ZeS der Beklagten, wenn die Wohnräume so ausgestattet sind, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist. D.h. sie müssen auch ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen werden. Dies gilt nur, wenn der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft. v.u.g. Der Berichterstatter empfiehlt der Eigentümerin des Anwesens, künftig der Beklagten zur Vermeidung weiterer Ermittlungen jährliche eine Aufstellung über die tatsächlichen Aufenthaltszeiten und die Nutzer der Wohneinheiten vorzulegen.“

Nachdem die Klägerin die WE übernommen hatte, erhielt die Beklagte einen Hinweis auf deren zweckfremde Nutzung. Sie überprüfte daraufhin die Nutzungsweise in einer Vielzahl ausführlich dokumentierter Ortseinsichten, vgl.: Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, Bl. 27 d. BA, vom 1. April 2016, Bl. 28 d. BA, vom 2. Mai 2016, Bl. 30 d. BA, vom 28. Juli 2016, Bl. 40 d. BA, vom 28. September 2016, Bl. 55 d. BA, vom 8. November 2016, Bl. 68 d. BA, vom 20. Dezember 2016, Bl. 80 d. BA, vom 30. März 2017, Bl. 116 d. BA, vom 28. Juli 2017, Bl. 193 d. BA, vom 12. September 2017, Bl. 203 d. BA und vom 11. Dezember 2017, Bl. 221 d. BA.

In der Folge hörte die Beklagte die Klägerin unter dem 3. April 2017 zum beabsichtigen Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG an (Bl. 118 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16. August 2017 (Gz. S-III-W/BS 124) gab die Beklagte der Klägerin auf, die Nutzung der WE zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Ziff. 1) und die WE unverzüglich wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. 2). Der Bescheid enthält weiter Zwangsgeldandrohungen für den Fall der Nichterfüllung von Ziff. 1 binnen 6 Wochen ab Zustellung des Bescheids in Höhe von EUR 7.500 (Ziff. 3) und für den Fall der Nichterfüllung von Ziff. 2 binnen 4 Monaten ab Zustellung des Bescheids ebenfalls in Höhe von EUR 7.500 (Ziff. 4). Mit Ziff. 5 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung von Ziff. 1 und 2 des Bescheides angeordnet.

Nach den Erkenntnissen der Beklagten sei die streitgegenständliche WE seit dem Erwerb durch die Klägerin zu keinem Zeitpunkt dauerhaft bewohnt gewesen. Die Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, vom 1. April 2016, vom 2. Mai 2016, vom 28. Juli 2016, vom 28. September 2016, vom 8. November 2016, vom 20. Dezember 2016, vom 30. März 2017 und vom 28. Juli 2017 hätten ergeben, dass die WE wiederholt und regelmäßig – und keinesfalls nur vorübergehend – an Personen vermietet werde, die sich lediglich vorübergehend zu Zwecken der medizinischen Behandlung in München aufhielten. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Wohnraum anderen als Wohnzwecken zugeführt werde, sei das der Überlassung zugrunde liegende Nutzungskonzept; dieses ergebe sich aus dem mit dem jeweiligen Nutzer abgeschlossenen Mietvertrag und aus der tatsächlichen Nutzung der WE. Vorliegend ziele es darauf ab, den häufig wechselnden Kurzzeitnutzern eine flexible, vorübergehende Unterkunft zu bieten und keinesfalls eine Wohnung als Grundlage einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit. Der Wohnraum werde vollständig möbliert und mit Haushaltsgegenständen vermietet, die tatsächliche Abrechnung der Miete erfolge nach den Angaben der Nutzer in Tagessätzen sowie durch Barzahlung. Soweit Mietverträge abgeschlossen worden seien, wichen die darin aufgeführten Mietbeträge, sofern sie nicht unkenntlich gemacht worden seien, zum Teil erheblich von den Angaben der Nutzer ab. Ebenso sei eine flexible Vermietungsdauer, abgestimmt auf die Bedürfnisse der Kurzzeitnutzer, gegeben, wie die häufigen Nutzerwechsel bestätigten. Es werde davon ausgegangen, dass es das (gewerbliche) Modell der Klägerin sei, Wohnraum systematisch nur denjenigen Personen, insbesondere Personen aus dem arabischsprachigen Raum (sowie deren Begleitpersonen) zur Verfügung zu stellen, die sich jeweils zum Zwecke der medizinischen Behandlung oder zu touristischen Zwecken vorübergehend in München aufhielten. Die Nutzer verlagerten nicht ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland, wie sich auch aus den aufenthaltsrechtlichen Dokumenten ersehen lasse (Visa zu lediglich touristischen Zwecken) bzw. daraus, dass keine Visa vorlägen, da sich die jeweilige Aufenthaltsdauer über einen kurzen und somit visumsfreien Zeitraum erstrecke. Die Klägerin sei richtige Adressatin der Anordnungen; die Endnutzer schieden als Adressaten ebenso aus wie die teils als Ansprechpartner angegebenen Personen Hr. H., Hr. N. oder Hr. A. A., die lediglich als Vermittler oder Erfüllungsgehilfen anzusehen seien. Der Klägerin sei die Beseitigung der zweckfremden Nutzung und die Erfüllung der Wiederbelegungsanordnung am schnellsten möglich. Eine Genehmigungsfähigkeit der ausgeübten Nutzung sei nicht ersichtlich.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 13. September 2017 Klage erhoben.

Er beantragt,

den Bescheid aufzuheben.

Eine Befugnis der Beklagten, im Hinblick auf die WE eine Nutzungsuntersagung wegen angeblicher Fremdenbeherbergung auszusprechen, bestehe schon kraft Gesetzes nicht, weil Wohnraum vorliege, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen worden sei, die anderen als Wohnzwecken dienten. Die Neufassungen des ZwEWG und der ZeS könnten hieran nichts ändern. Hilfsweise und höchstvorsorglich werde ausgeführt, dass die WE nicht zweckfremd i.S.v. Art. 2 ZwEWG bzw. i.S.d. der ZeS genutzt werde, sondern tatsächlich als Wohnraum. Wohnraum sei von Fremdenbeherbergung dahingehend abzugrenzen, dass zur Unterkunftsgewährung weitere Serviceleistungen hinzukommen müssten, um dem Begriff der „Beherbergung“ wenigstens sprachlich Genüge zu tun. Derartige Serviceleistungen wie z.B. Verpflegung, Zimmerservice oder das Vorhalten einer Rezeption aber würden von der Klägerin weder erbracht noch anderweitig zur Verfügung gestellt. Hilfsweise werde ausgeführt, dass sich die Beklagte aus Vertrauensschutzgesichtspunkten an ihrer eigenen Definition des Beurteilungsmaßstabs für das Anwesen L.str. 16 festhalten lassen müsse.

Im Übrigen wird auf den Vortrag Bezug genommen, der sich mit den Inhalten aus der Klagebegründung im Verfahren M 9 K 17.3111 deckt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es werde auf den Bescheid und auf die Ausführungen zum Antrag auf NA, M 9 K 17.3111, und im Schriftsatz zum Verfahren M 9 S. 17.4361 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren und in den Streitsachen M 9 K 17.3111 und M 9 S. 17.4361 sowie auf die beigezogene Behördenakte; insbesondere wird auf die Inhalte der Niederschrift vom 17. Januar 2018 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet; der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig; die Klägerin als Eigentümerin wurde insbesondere unter dem 3. April 2017 zum beabsichtigen Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört (Bl. 118 d. BA).

2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

a) Dass die Hauptverfügungen, Ziff. 1 und Ziff. 2 des Bescheids, auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LStVG i.V.m. Art. 4 ZwEWG n.F. gestützt wurden, ist auch angesichts der neu geschaffenen rein zweckentfremdungsrechtlichen Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 2 ZwEWG n.F. (vgl. auch die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 17/15781, S. 6f.) unschädlich, da die Ermächtigungsgrundlage ausgewechselt werden kann, wenn sich damit die rechtlichen Voraussetzungen nicht ändern (vgl. z.B. OVG SH, U.v. 26.5.2009 – 1 LB 38/08 – juris). Dies ist hier der Fall, da beide Regelungen der Behörde u.a. Ermessen eröffnen. Die Zitate der alten Fassung der Zweckentfremdungssatzung der Beklagten (i.F.: ZeS) sind hingegen ohne Weiteres korrekt, da die Neufassung der ZeS erst im Dezember 2017 bekanntgemacht wurde.

b) Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand des Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG n.F. i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS a.F. ist unzweifelhaft erfüllt, wie die Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, Bl. 27 d. BA, vom 1. April 2016, Bl. 28 d. BA, vom 2. Mai 2016, Bl. 30 d. BA, vom 28. Juli 2016, Bl. 40 d. BA, vom 28. September 2016, Bl. 55 d. BA, vom 8. November 2016, Bl. 68 d. BA, vom 20. Dezember 2016, Bl. 80 d. BA, vom 30. März 2017, Bl. 116 d. BA, vom 28. Juli 2017, Bl. 193 d. BA, vom 12. September 2017, Bl. 203 d. BA und vom 11. Dezember 2017, Bl. 221 d. BA belegen.

Zur Feststellung, dass vor Übernahme der WE durch die Klägerin bereits Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts vorlag, wird auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen.

Die (neue) bescheid- und streitgegenständliche Nutzung der WE durch die Klägerin stellt eine Zweckentfremdung dieses Wohnraums dar. Das maßgebliche Nutzungskonzept (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs) ist nach den im Rahmen der Ortseinsichten gesammelten Erkenntnissen auf eine gewerbliche Fremdenbeherbergung von sog. Medizintouristen und Urlaubstouristen durch tageweise Vermietung (teils unterschreiten die Zeiträume selbst einen Monat deutlich) ausgelegt. Diese Klientel nutzt die WE kurzzeitig und flexibel, entweder für die Dauer einer medizinischen Behandlung oder für die Dauer eines (Kurz-) Urlaubs. Diesen Sachverhalt hat die Geschäftsführerin der Klägerin auch vollumfänglich eingestanden (vgl. Schriftsatz vom 15. April 2017, Bl. 119ff. d. BA).

Ob diese Nutzungsweise als „Boardinghouse“ (vgl. dazu jüngst VG München, U.v. 15.11.2017 – M 9 K 17.557 – juris) bezeichnet wird oder nicht, ändert am Vorliegen einer zweckfremden Nutzung ebenso wenig wie das Vorbringen zu den Inhalten der Niederschrift aus dem Verfahren M 9 K 13.3185: Das damalige Verfahren betraf andere Wohneinheiten, wenn auch im selben Anwesen. Zum Umstand, dass das Zweckentfremdungsrecht nicht etwas „gesamtobjektbezogen“ ist, wird diesbezüglich auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen. Unklar bleibt von vorn herein, wie eine Pflicht zur Gleichbehandlung rechtlich gefasst werden sollte, ob sich diese Verpflichtung bspw. nur auf das „Gesamtanwesen“ L.str. 16 oder bspw. auf alle Objekte in der L.straße oder im entsprechenden Stadtviertel bezöge. Weiter kann sich eine gleichförmige Verwaltungspraxis aus einer in einem einzelnen bestimmten Gerichtsverfahren geschlossenen Vereinbarung nicht ergeben, die wegen „rechtlicher Schwierigkeiten“ bei der Bewertung und ersichtlich auf den Einzelfall bezogen abgeschlossen wurde.

Unabhängig davon erfüllt die streitgegenständliche Nutzung die im Verfahren M 9 K 13.3185 aufgestellten Kriterien ohnehin nicht einmal ansatzweise. Grundlegend für die damalige Vereinbarung war, dass regelmäßig der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreiten durfte. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums war ausnahmsweise dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft.

Vorliegend blieben alle im Rahmen der umfangreichen Ermittlungen der Beklagten geschlossenen Mietverhältnisse, soweit ersichtlich, (teils weit) unter drei Monaten, sodass mehr als 10% der Vermietungen – nämlich 100% – betroffen sind. Außerdem stand jeweils nicht die ausnahmsweise Ausübung eines Sonderkündigungsrechts im Raum, sondern es ist davon auszugehen, dass die Mietverhältnisse entweder ohnehin nur zum Schein geschlossen wurden (teils wurde bspw. kein Mietzins vereinbart, vgl. Bl. 76 d. BA) und/oder automatisch mit Fortfall des Aufenthaltszwecks endeten.

c) Der Ausnahmetatbestand des Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F., § 5 Abs. 4 ZeS a.F. ist in der vorliegenden Anfechtungssituation nicht mehr zu prüfen, da zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zwar § 5 Abs. 4 ZeS a.F. nominell noch in Kraft war, mit Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. aber dessen Rechtsgrundlage bereits entfallen war. Zum Umstand, dass dieser Genehmigungsfreistellungstatbestand zudem ohnehin auch inhaltlich nicht erfüllt ist, wird auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen.

d) Der Bescheid wurde zu Recht an die Klägerin gerichtet, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG. Die Endnutzer und die Wohnungsvermittler – so die genannten Personen Hr. H., Hr. N. bzw. Hr. A. A. existierten – wurden als potentielle (Mit-) Störer erkannt und ausgeschieden, andere Zwischen-(ver-)-mieter gab es nicht.

e) Die Zwangsgeldandrohungen stützen sich richtigerweise auf Art. 29, 31 und 36 VwZVG. Eine – im Eilverfahren M 9 S. 17.4361 vorgetragene – Unmöglichkeit, die Erfüllungsfrist v.a. für die Nutzungsuntersagung, Ziff. 1 des Bescheids, einzuhalten, liegt nicht vor. Die Klägerin hätte einen zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses etwaig bestehenden Endnutzermietvertrag bspw. schlicht auslaufen lassen oder einen Aufhebungsvertrag abschließen können. Im Übrigen wurde bereits nicht dargelegt, dass überhaupt ein gültiger Mietvertrag bestand; mehrfache Aufforderungen der Beklagten diesbezüglich blieben erfolglos.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2016 wird die aufschiebende Wirkung der Klage im Hinblick auf die Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids der Antragsgegnerin vom 12. April 2016 wiederhergestellt und im Hinblick auf die Ziffern 3 und 4 angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Der Streitwert wird auf 16.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1. Die zulässige Beschwerde führt zur Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2016. Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Unrecht abgelehnt hat. Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus, weil die Klage des Antragstellers im Hauptsacheverfahren gegen den streitgegenständlichen Bescheid voraussichtlich erfolgreich sein wird. Am sofortigen Vollzug eines mutmaßlich rechtswidrigen Verwaltungsakts besteht kein schutzwürdiges Interesse.

2. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. April 2016, mit dem die Antragsgegnerin die unverzügliche Beendigung der Nutzung der Dachgeschosswohnung im fünften OG, ..., München, für Zwecke der Fremdenbeherbergung angeordnet (Nr. 1), den Antragsteller dazu verpflichtet hat, die Wohnung unverzüglich nach Beendigung der Nutzung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung wieder Wohnzwecken zuzuführen (Nr. 2) und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung unter Nr. 1 binnen sechs Wochen nach Zustellung ein Zwangsgeld in Höhe von 3.500,00 € (Nr. 3) und für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung unter Nr. 2 binnen vier Monaten nach Zustellung des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500,00 € (Nr. 4) angedroht hat, wird sich im Klageverfahren aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen.

3. Gemäß § 5 Abs. 1 ZeS i. V. m. Art. 3 ZwEWG bedarf die Nutzung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken der Genehmigung. Einer Genehmigung bedarf es ausnahmsweise nicht für die anderweitige Verwendung von Wohnraum, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen wurde, die anderen als Wohnzwecken dienten (§ 5 Abs. 4 ZeS, Art. 2 Satz 3 ZwEWG). Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 5 Abs. 4 ZeS, Art. 2 Satz 3 ZwEWG zu Unrecht verneint.

4. Mit den Beteiligten ist davon auszugehen, dass das Dachgeschoss erst mit dem Ausbau aufgrund der Baugenehmigung vom 30. Juli 1992 erstmals Wohnzwecken zugeführt wurde. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass der Raum vorher anderen als Wohnzwecken gedient hat.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, erst der Ausbau mache eine Nutzung erstmals möglich, ist nicht haltbar, worauf auch der Antragstellerbevollmächtigte zu Recht hinweist. Weitere Einschränkungen der Nutzung ergeben sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschriften nicht und eine Interpretation dergestalt, dass die Nutzung zu Wohnzwecken in Abgrenzung zu einer gewerblichen Nutzung erfolgen müsste, findet weder im Normtext noch in den Gesetzesmaterialien oder der ratio legis der Regelungen eine Grundlage. Infolgedessen erweist sich die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, es habe noch gar keine Nutzung vorgelegen, weil der Dachraum weder gewerblich noch zu Wohnzwecken genutzt worden sei, als unzutreffend. Auch für die Annahme, das Dachgeschoss sei als zur Wohnung zugehörender Nebenraum zu qualifizieren, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Ganz im Gegenteil lässt sich aus der Teilungserklärung (Seite 14, Ziffer 84) eindeutig entnehmen, dass es sich bei dem im Dachgeschoss gelegenen Raum um Sondereigentum handelt, das mit dem Miteigentumsanteil zu 14,03/1000 verbunden ist und eben gerade nicht mit dem Sondereigentum an der Wohnung.

Zwar können zu einer Wohnung auch in sich abgeschlossene und verschließbare Nebenräume, wie Keller, Dachboden oder Garagenräume, gehören; möglich ist es jedoch auch, Nebenräume zu selbstständigem Teileigentum zu machen, die dann mit einem Miteigentumsanteil am Grundstück verbunden sind und deshalb gerade nicht mehr zu einer Wohnung gehören (K.Schmidt in: Herberger/Martinek/Rüßmann u. a., juris PK-BGB, 7. Auflage 2014, § 1 WEG).

So liegt der Fall hier. § 1 Abs. 3 WEG definiert das Teileigentum als Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Auch hier findet sich entsprechend den Zweckentfremdungsregelungen lediglich eine Abgrenzung zu Wohnzwecken, die alle übrigen denkbaren Nutzungsarten außer Betracht lässt. Dem entspricht auch die Beschreibung in der Teilungserklärung, wonach dem Dachraum keine besondere Zweckbestimmung zukommen soll.

Daraus kann indes nicht gefolgert werden, dass gar keine Nutzung möglich sein sollte. Die Baugenehmigung von 1973, die den Dachraum als staubfreies Lager mit dem Verbot des dauerhaften Aufenthalts von Personen ausweist, weist in die gleiche Richtung. Damit ist lediglich klargestellt, dass jede andere der Baugenehmigung entsprechende Nutzung denkbar ist, womit der Negativabgrenzung in den Zweckentfremdungsbestimmungen hinreichend Rechnung getragen ist. Hierauf hat der Antragstellerbevollmächtigte zu Recht hingewiesen. Weitere Einschränkungen im Hinblick auf die Art der Nutzung ergeben sich nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschriften nicht, insbesondere wird hieraus keine Abgrenzung nur zu einer gewerblichen Nutzung zum Ausdruck gebracht. Sowohl die angeführte Rechtsprechung als auch die Gesetzesbegründung (BT-Dr. 11/5972, S. 19) zu Art. 6 Mietrechtsverbesserungsgesetz vom 4. November 1971 - MRVerbG - (BGBl. I, 1745), in der Fassung vom 17. Mai 1990 (BGBl. I, 926), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. April 2006 (BGBl. I, 866), beziehen sich lediglich beispielhaft („z. B.“) auf eine gewerbliche Nutzung im Vergleich zu einer Wohnnutzung. Daraus kann indes nicht gefolgert werden, dass keine andere Art der Nutzung denkbar wäre, was sich im Übrigen auch dem Wortlaut der Regelungen nicht entnehmen lässt. Zutreffend weist der Antragstellerbevollmächtigte darauf hin, dass eine weitere Einschränkung dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot zuwider laufen würde ( Art. 20 Abs. 3 GG).

5. Der Bund hat in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 Mietrechtsverbesserungsgesetz vom 4. November 1971 (BGBl. I, 1745) - MRVerbG - die Landesregierungen dazu ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf. Die Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Grundgesetz hat das Bundesverfassungsgericht mit Entscheidung vom 4. Februar 1975 (NJW 75, 727) bestätigt und dabei festgestellt, dass die Norm den Bestandsschutz von Wohnraum mit dem Ziel einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung beabsichtigt. Der Freistaat Bayern hatte bereits mit der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum vom 23. Dezember 1971 von der durch den Bundesgesetzgeber geschaffenen Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht. Um der besonders angespannten Wohnlage in der Landeshauptstadt München gerecht zu werden, erließ der Bayerische Landesgesetzgeber schließlich am 10. Dezember 2007 (GVBl. Seite 864) das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG), welches 2009 in Kraft trat. Die Vorschrift löste die bisherige Regelung in Art. 6 MRVerbG ab, die als Not- und Übergangsrecht gedacht war (vgl. Lt-Drs.15/8369, S.1, S.6). Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.08.2006 zum 01.09.2006 haben die Länder die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (Art. 30, 70 GG) für den Bereich des Zweckentfremdungsrechts erhalten (vgl. Lt-Drs.15/8369, S.1). Die zur Umsetzung des Gesetzes erlassene Satzung der Antragsgegnerin über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) vom 2. Januar 2009 hat unter anderem die vorliegend streitgegenständliche Formulierung des Art. 2 Satz 3 ZwEWG in § 5 Abs. 4 wortgleich übernommen.

6. Die Zweckentfremdungsvorschriften stellen sämtlich Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums aus Art. 14 Abs. 1 GG dar. Sie sind aufgrund des Gestaltungsauftrags des Verfassungsgebers nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zwar gerechtfertigt, gleichwohl beeinträchtigen sie die durch Art. 14 Abs. 1 GG gegebene freie Verfügungsbefugnis des Eigentümers (BVerfG vom 4. Februar 1975 a. a. O.). Damit der Regelungsadressat sich normgemäß verhalten kann, muss er das in der Norm zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wollen erkennen können. Das Bestimmtheitsgebot verlangt deshalb, dass sich Tragweite und Anwendungsbereich der Regelung entweder bereits aus der Norm selbst ergeben oder sich zumindest im Wege der Auslegung ermitteln und konkretisieren lassen (BayVGH vom 17.2.2012 - 22 N 11.3022 -, juris Rn. 27 unter Hinweis auf BVerfG vom 20.3.2002, BVerfGE 105, 135 ff.). Maßgebend für die Auslegung einer Norm ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Normgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (BayVGH vom 17.2.2012 a. a. O., Rn.27). Rein interne Überlegungen des Normgebers sind demgegenüber unbehelflich. Ist der Wortlaut - wie hier - eindeutig, so ist für eine Auslegung keinerlei Raum mehr (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Auflage 2016, § 133 Rn.6). Ein abweichender oder auch nur einschränkender Rechtssetzungswille des Normgebers kann bei der Auslegung einer Norm nur insoweit berücksichtigt werden, als er in der Norm selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (vgl. BVerfGE 11, 126 [130] m. w. N.). Für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der in Art. 2 Satz 3 ZwEWG, § 5 Abs. 4 ZeS getroffenen Regelungen auf rein gewerbliche Vornutzungen bieten im Lichte des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art. 20 Abs. 3 GG) jedoch weder der Wortlaut, der Sinnzusammenhang oder die ratio legis der streitgegenständlichen Vorschriften noch die Gesetzesmaterialien eine Grundlage.

So verwies bereits die Begründung des Bundesgesetzgebers zur inzwischen durch Art. 2 Satz 3 ZwEWG abgelösten Ausgangsregelung des Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 3 MRVerbG (vgl. BT-Drucks. 11/5972, S. 19 ) lediglich beispielhaft - „z. B.“ - auf die Umwandlung von bisher als Büro genutzten Räumen in Wohnraum. Diese, durch Art. 5 des Wohnungsbauerleichterungsgesetzes vom 17. Mai 1990 als Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 3 Buchstabe b mit Geltung vom 1. Juni 1990 in das MRVerbG eingefügte Ausnahme von der Genehmigungspflicht wurde wortgleich in die Regelung des Art. 2 Satz 3 ZwEWG übernommen. Hintergrund dieses Vorgehens war die Sorge, „insbesondere“ leer stehende gewerbliche Räume, die - wenn auch nur vorübergehend - nach Umbaumaßnahmen den Wohnungsmarkt entlasten könnten, würden möglicherweise häufig nur deshalb Wohnzwecken nicht zugeführt, weil eine spätere Rückführung in die gewerbliche Nutzung durch ein Zweckentfremdungsverbot behindert werden könnte (vgl. Lt-Drs. 15/8369, S. 6; siehe auch bereits BT-Drucks. 11/5972, S. 19 zu Art. 6 § 1 Abs. 1 S. 3 MRVerbG). Der in Bezug auf eine gewerbliche Vornutzung lediglich beispielhafte Charakter der Regelung wurde durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ nochmals eigens betont (vgl. Lt-Drs. 15/8369, S. 6). Eine Einschränkung des in Art. 2 Satz 3 ZwEWG, § 5 Abs. 4 ZeS normierten Ausnahmetatbestandes entgegen dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelungen, dem mit ihnen verfolgten Zweck und dem offensichtlichen Willen des Landesgesetzgebers kann ausschließlich durch den jeweiligen Normgeber selbst, nicht aber durch die an Recht und Gesetz gebundenen, mit dem Vollzug des Zweckentfremdungsrechts betrauten Verwaltungsbehörden oder gar die Verwaltungsgerichte erfolgen.

7. Auch vom Vorliegen der weiteren Voraussetzung der Ausnahmevorschrift des Schaffens von Wohnraum nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand kann bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren lediglich gebotenen summarischen Überprüfung ausgegangen werden. In Abgrenzung zu insoweit irrelevanten Modernisierungsmaßnahmen kann - gewissermaßen als Faustregel - ein Bauaufwand den Kosten nach als wesentlich angesehen werden, wenn er etwa ein Drittel des für eine vergleichbare Neubauwohnung erforderlichen Aufwands erreicht (BVerwG vom 26.8.1971, BVerwGE 38, 286; BayVGH vom 25.2.2010 - 12 C 09.1982 - juris). Zutreffend weist der Antragstellerbevollmächtigte darauf hin, dass dies beim Ausbau eines Lagerraums in eine Dreizimmerwohnung in Verbindung mit dem gemäß dem Bauantrag angegebenen Kostenaufwand von 100.000,00 DM, an dem zu zweifeln kein Anlass besteht, ohne Weiteres angenommen werden kann.

8. Nachdem sich der Bescheid der Antragsgegnerin voraussichtlich als rechtswidrig erweisen wird, besteht an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes kein öffentliches Interesse (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 73).

9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen zweckentfremdungsrechtlichen Grundbescheid.

Bescheidobjekt ist eine Wohneinheit in der L.str. 16, Wohnung Nr. 12 (i.F.: WE). Die Klägerin ist Eigentümerin der WE. Sie hat die WE von der Voreigentümerin Fr. I. M. übernommen, die diese selbst zu (Dauer-) Wohnzwecken nutzte (Bl. 104f., 108 & 210 d. Behördenakts – i.F.: BA –).

Am 12. November 2014 fand hinsichtlich mehrerer anderer Wohneinheiten (1, 2, 3, 9, 10 und 11) im selben Objekt ein Erörterungstermin vor dem damaligen Berichterstatter der Kammer statt (Az. M 9 K 13.3185); die Niederschrift enthielt folgende auszugsweise wiedergegebene Feststellungen: „Der Berichterstatter weist darauf hin, dass der Rechtsstreit erhebliche rechtliche Unsicherheiten beinhaltet. Die Frage der Abgrenzung einer gewerblichen Vermietung zur Wohnnutzung i.S.d. Zweckentfremdung ist für den Fall des Boardinghauses nicht endgültig geklärt. Nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt der Vertreter der Beklagten zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Nutzung der Einheiten Nr. 1, 2, 3, 9, 10 und 11 des Anwesen L.str. 16 in (…) München: Die Nutzung der vorgenannten Einheiten in Gestalt eines Boardinghauses i.R.d. Einzelvermietung oder der Globalvermietung und/oder der Vermietung durch einen Dritten verstößt dann nicht gegen die ZeS der Beklagten, wenn die Wohnräume so ausgestattet sind, dass dem Mieter ein selbstständiges Wohnen möglich ist. D.h. sie müssen auch ohne sonstige Serviceleistungen, insbesondere ohne für bei Beherbergungsbetrieben übliche Serviceleistungen wie Rezeption, Lobby, täglichen Zimmerservice, Speisen-, Getränke- und sonstigen Raum- und Hotelservice überlassen werden. Dies gilt nur, wenn der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreitet. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums ist dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft. v.u.g. Der Berichterstatter empfiehlt der Eigentümerin des Anwesens, künftig der Beklagten zur Vermeidung weiterer Ermittlungen jährliche eine Aufstellung über die tatsächlichen Aufenthaltszeiten und die Nutzer der Wohneinheiten vorzulegen.“

Nachdem die Klägerin die WE übernommen hatte, erhielt die Beklagte einen Hinweis auf deren zweckfremde Nutzung. Sie überprüfte daraufhin die Nutzungsweise in einer Vielzahl ausführlich dokumentierter Ortseinsichten, vgl.: Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, Bl. 27 d. BA, vom 1. April 2016, Bl. 28 d. BA, vom 2. Mai 2016, Bl. 30 d. BA, vom 28. Juli 2016, Bl. 40 d. BA, vom 28. September 2016, Bl. 55 d. BA, vom 8. November 2016, Bl. 68 d. BA, vom 20. Dezember 2016, Bl. 80 d. BA, vom 30. März 2017, Bl. 116 d. BA, vom 28. Juli 2017, Bl. 193 d. BA, vom 12. September 2017, Bl. 203 d. BA und vom 11. Dezember 2017, Bl. 221 d. BA.

In der Folge hörte die Beklagte die Klägerin unter dem 3. April 2017 zum beabsichtigen Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG an (Bl. 118 d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16. August 2017 (Gz. S-III-W/BS 124) gab die Beklagte der Klägerin auf, die Nutzung der WE zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Ziff. 1) und die WE unverzüglich wieder Wohnzwecken zuzuführen (Ziff. 2). Der Bescheid enthält weiter Zwangsgeldandrohungen für den Fall der Nichterfüllung von Ziff. 1 binnen 6 Wochen ab Zustellung des Bescheids in Höhe von EUR 7.500 (Ziff. 3) und für den Fall der Nichterfüllung von Ziff. 2 binnen 4 Monaten ab Zustellung des Bescheids ebenfalls in Höhe von EUR 7.500 (Ziff. 4). Mit Ziff. 5 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung von Ziff. 1 und 2 des Bescheides angeordnet.

Nach den Erkenntnissen der Beklagten sei die streitgegenständliche WE seit dem Erwerb durch die Klägerin zu keinem Zeitpunkt dauerhaft bewohnt gewesen. Die Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, vom 1. April 2016, vom 2. Mai 2016, vom 28. Juli 2016, vom 28. September 2016, vom 8. November 2016, vom 20. Dezember 2016, vom 30. März 2017 und vom 28. Juli 2017 hätten ergeben, dass die WE wiederholt und regelmäßig – und keinesfalls nur vorübergehend – an Personen vermietet werde, die sich lediglich vorübergehend zu Zwecken der medizinischen Behandlung in München aufhielten. Maßgeblich für die Beurteilung, ob Wohnraum anderen als Wohnzwecken zugeführt werde, sei das der Überlassung zugrunde liegende Nutzungskonzept; dieses ergebe sich aus dem mit dem jeweiligen Nutzer abgeschlossenen Mietvertrag und aus der tatsächlichen Nutzung der WE. Vorliegend ziele es darauf ab, den häufig wechselnden Kurzzeitnutzern eine flexible, vorübergehende Unterkunft zu bieten und keinesfalls eine Wohnung als Grundlage einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit. Der Wohnraum werde vollständig möbliert und mit Haushaltsgegenständen vermietet, die tatsächliche Abrechnung der Miete erfolge nach den Angaben der Nutzer in Tagessätzen sowie durch Barzahlung. Soweit Mietverträge abgeschlossen worden seien, wichen die darin aufgeführten Mietbeträge, sofern sie nicht unkenntlich gemacht worden seien, zum Teil erheblich von den Angaben der Nutzer ab. Ebenso sei eine flexible Vermietungsdauer, abgestimmt auf die Bedürfnisse der Kurzzeitnutzer, gegeben, wie die häufigen Nutzerwechsel bestätigten. Es werde davon ausgegangen, dass es das (gewerbliche) Modell der Klägerin sei, Wohnraum systematisch nur denjenigen Personen, insbesondere Personen aus dem arabischsprachigen Raum (sowie deren Begleitpersonen) zur Verfügung zu stellen, die sich jeweils zum Zwecke der medizinischen Behandlung oder zu touristischen Zwecken vorübergehend in München aufhielten. Die Nutzer verlagerten nicht ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland, wie sich auch aus den aufenthaltsrechtlichen Dokumenten ersehen lasse (Visa zu lediglich touristischen Zwecken) bzw. daraus, dass keine Visa vorlägen, da sich die jeweilige Aufenthaltsdauer über einen kurzen und somit visumsfreien Zeitraum erstrecke. Die Klägerin sei richtige Adressatin der Anordnungen; die Endnutzer schieden als Adressaten ebenso aus wie die teils als Ansprechpartner angegebenen Personen Hr. H., Hr. N. oder Hr. A. A., die lediglich als Vermittler oder Erfüllungsgehilfen anzusehen seien. Der Klägerin sei die Beseitigung der zweckfremden Nutzung und die Erfüllung der Wiederbelegungsanordnung am schnellsten möglich. Eine Genehmigungsfähigkeit der ausgeübten Nutzung sei nicht ersichtlich.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 13. September 2017 Klage erhoben.

Er beantragt,

den Bescheid aufzuheben.

Eine Befugnis der Beklagten, im Hinblick auf die WE eine Nutzungsuntersagung wegen angeblicher Fremdenbeherbergung auszusprechen, bestehe schon kraft Gesetzes nicht, weil Wohnraum vorliege, der nach dem 31. Mai 1990 unter wesentlichem Bauaufwand aus Räumen geschaffen worden sei, die anderen als Wohnzwecken dienten. Die Neufassungen des ZwEWG und der ZeS könnten hieran nichts ändern. Hilfsweise und höchstvorsorglich werde ausgeführt, dass die WE nicht zweckfremd i.S.v. Art. 2 ZwEWG bzw. i.S.d. der ZeS genutzt werde, sondern tatsächlich als Wohnraum. Wohnraum sei von Fremdenbeherbergung dahingehend abzugrenzen, dass zur Unterkunftsgewährung weitere Serviceleistungen hinzukommen müssten, um dem Begriff der „Beherbergung“ wenigstens sprachlich Genüge zu tun. Derartige Serviceleistungen wie z.B. Verpflegung, Zimmerservice oder das Vorhalten einer Rezeption aber würden von der Klägerin weder erbracht noch anderweitig zur Verfügung gestellt. Hilfsweise werde ausgeführt, dass sich die Beklagte aus Vertrauensschutzgesichtspunkten an ihrer eigenen Definition des Beurteilungsmaßstabs für das Anwesen L.str. 16 festhalten lassen müsse.

Im Übrigen wird auf den Vortrag Bezug genommen, der sich mit den Inhalten aus der Klagebegründung im Verfahren M 9 K 17.3111 deckt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es werde auf den Bescheid und auf die Ausführungen zum Antrag auf NA, M 9 K 17.3111, und im Schriftsatz zum Verfahren M 9 S. 17.4361 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren und in den Streitsachen M 9 K 17.3111 und M 9 S. 17.4361 sowie auf die beigezogene Behördenakte; insbesondere wird auf die Inhalte der Niederschrift vom 17. Januar 2018 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet; der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig; die Klägerin als Eigentümerin wurde insbesondere unter dem 3. April 2017 zum beabsichtigen Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört (Bl. 118 d. BA).

2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

a) Dass die Hauptverfügungen, Ziff. 1 und Ziff. 2 des Bescheids, auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LStVG i.V.m. Art. 4 ZwEWG n.F. gestützt wurden, ist auch angesichts der neu geschaffenen rein zweckentfremdungsrechtlichen Rechtsgrundlage in Art. 3 Abs. 2 ZwEWG n.F. (vgl. auch die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 17/15781, S. 6f.) unschädlich, da die Ermächtigungsgrundlage ausgewechselt werden kann, wenn sich damit die rechtlichen Voraussetzungen nicht ändern (vgl. z.B. OVG SH, U.v. 26.5.2009 – 1 LB 38/08 – juris). Dies ist hier der Fall, da beide Regelungen der Behörde u.a. Ermessen eröffnen. Die Zitate der alten Fassung der Zweckentfremdungssatzung der Beklagten (i.F.: ZeS) sind hingegen ohne Weiteres korrekt, da die Neufassung der ZeS erst im Dezember 2017 bekanntgemacht wurde.

b) Der zweckentfremdungsrechtliche Tatbestand des Art. 1 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG n.F. i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZeS a.F. ist unzweifelhaft erfüllt, wie die Ortseinsichten vom 27. Januar 2016, Bl. 27 d. BA, vom 1. April 2016, Bl. 28 d. BA, vom 2. Mai 2016, Bl. 30 d. BA, vom 28. Juli 2016, Bl. 40 d. BA, vom 28. September 2016, Bl. 55 d. BA, vom 8. November 2016, Bl. 68 d. BA, vom 20. Dezember 2016, Bl. 80 d. BA, vom 30. März 2017, Bl. 116 d. BA, vom 28. Juli 2017, Bl. 193 d. BA, vom 12. September 2017, Bl. 203 d. BA und vom 11. Dezember 2017, Bl. 221 d. BA belegen.

Zur Feststellung, dass vor Übernahme der WE durch die Klägerin bereits Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts vorlag, wird auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen.

Die (neue) bescheid- und streitgegenständliche Nutzung der WE durch die Klägerin stellt eine Zweckentfremdung dieses Wohnraums dar. Das maßgebliche Nutzungskonzept (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs) ist nach den im Rahmen der Ortseinsichten gesammelten Erkenntnissen auf eine gewerbliche Fremdenbeherbergung von sog. Medizintouristen und Urlaubstouristen durch tageweise Vermietung (teils unterschreiten die Zeiträume selbst einen Monat deutlich) ausgelegt. Diese Klientel nutzt die WE kurzzeitig und flexibel, entweder für die Dauer einer medizinischen Behandlung oder für die Dauer eines (Kurz-) Urlaubs. Diesen Sachverhalt hat die Geschäftsführerin der Klägerin auch vollumfänglich eingestanden (vgl. Schriftsatz vom 15. April 2017, Bl. 119ff. d. BA).

Ob diese Nutzungsweise als „Boardinghouse“ (vgl. dazu jüngst VG München, U.v. 15.11.2017 – M 9 K 17.557 – juris) bezeichnet wird oder nicht, ändert am Vorliegen einer zweckfremden Nutzung ebenso wenig wie das Vorbringen zu den Inhalten der Niederschrift aus dem Verfahren M 9 K 13.3185: Das damalige Verfahren betraf andere Wohneinheiten, wenn auch im selben Anwesen. Zum Umstand, dass das Zweckentfremdungsrecht nicht etwas „gesamtobjektbezogen“ ist, wird diesbezüglich auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen. Unklar bleibt von vorn herein, wie eine Pflicht zur Gleichbehandlung rechtlich gefasst werden sollte, ob sich diese Verpflichtung bspw. nur auf das „Gesamtanwesen“ L.str. 16 oder bspw. auf alle Objekte in der L.straße oder im entsprechenden Stadtviertel bezöge. Weiter kann sich eine gleichförmige Verwaltungspraxis aus einer in einem einzelnen bestimmten Gerichtsverfahren geschlossenen Vereinbarung nicht ergeben, die wegen „rechtlicher Schwierigkeiten“ bei der Bewertung und ersichtlich auf den Einzelfall bezogen abgeschlossen wurde.

Unabhängig davon erfüllt die streitgegenständliche Nutzung die im Verfahren M 9 K 13.3185 aufgestellten Kriterien ohnehin nicht einmal ansatzweise. Grundlegend für die damalige Vereinbarung war, dass regelmäßig der ununterbrochene Zeitraum der Einzelvermietung drei Monate nicht unterschreiten durfte. Eine Unterschreitung des Dreimonatszeitraums war ausnahmsweise dann hinnehmbar, wenn dies durch Ausübung eines Sonderkündigungsrechts bei medizinisch begründeten Fällen erfolgt und die Ausübung des Sonderkündigungsrechts nicht mehr als 10% der Vermietungen, gemittelt auf einen Zeitraum von 36 Monaten, betrifft.

Vorliegend blieben alle im Rahmen der umfangreichen Ermittlungen der Beklagten geschlossenen Mietverhältnisse, soweit ersichtlich, (teils weit) unter drei Monaten, sodass mehr als 10% der Vermietungen – nämlich 100% – betroffen sind. Außerdem stand jeweils nicht die ausnahmsweise Ausübung eines Sonderkündigungsrechts im Raum, sondern es ist davon auszugehen, dass die Mietverhältnisse entweder ohnehin nur zum Schein geschlossen wurden (teils wurde bspw. kein Mietzins vereinbart, vgl. Bl. 76 d. BA) und/oder automatisch mit Fortfall des Aufenthaltszwecks endeten.

c) Der Ausnahmetatbestand des Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F., § 5 Abs. 4 ZeS a.F. ist in der vorliegenden Anfechtungssituation nicht mehr zu prüfen, da zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zwar § 5 Abs. 4 ZeS a.F. nominell noch in Kraft war, mit Art. 2 Satz 3 ZwEWG a.F. aber dessen Rechtsgrundlage bereits entfallen war. Zum Umstand, dass dieser Genehmigungsfreistellungstatbestand zudem ohnehin auch inhaltlich nicht erfüllt ist, wird auf die Ausführungen im zwischen denselben Beteiligten ergangenen Urteil vom heutigen Datum, M 9 K 17.3111, verwiesen.

d) Der Bescheid wurde zu Recht an die Klägerin gerichtet, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG. Die Endnutzer und die Wohnungsvermittler – so die genannten Personen Hr. H., Hr. N. bzw. Hr. A. A. existierten – wurden als potentielle (Mit-) Störer erkannt und ausgeschieden, andere Zwischen-(ver-)-mieter gab es nicht.

e) Die Zwangsgeldandrohungen stützen sich richtigerweise auf Art. 29, 31 und 36 VwZVG. Eine – im Eilverfahren M 9 S. 17.4361 vorgetragene – Unmöglichkeit, die Erfüllungsfrist v.a. für die Nutzungsuntersagung, Ziff. 1 des Bescheids, einzuhalten, liegt nicht vor. Die Klägerin hätte einen zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses etwaig bestehenden Endnutzermietvertrag bspw. schlicht auslaufen lassen oder einen Aufhebungsvertrag abschließen können. Im Übrigen wurde bereits nicht dargelegt, dass überhaupt ein gültiger Mietvertrag bestand; mehrfache Aufforderungen der Beklagten diesbezüglich blieben erfolglos.

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708f. ZPO.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.