Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2017 - M 9 K 16.2662

bei uns veröffentlicht am15.02.2017

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine aufgrund des Wohnraumzweckentfremdungsrechts ergangene Anordnung vom 2. Juni 2016, die Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung zu beenden.

Der Kläger hat die hier verfahrensgegenständliche Wohnung Nr. 69, Erdgeschoss rechts im Anwesen E. Straße 12a aufgrund eines Mietvertrags mit dem Eigentümer Imad A. vom 27. November 2015 mit Wirkung ab dem 1. Dezember 2015 angemietet. Gegen den Eigentümer der Wohnung hat die Beklagte ein Verfahren nach dem Zweckentfremdungsrecht durchgeführt und mit Bescheid vom 11. November 2015 die Nutzung der Wohneinheit zum Zwecke der Fremdenbeherbergung untersagt sowie mit Bescheid vom 11. Februar 2016 das angedrohte Zwangsgeld unter Androhung eines erneuten Zwangsgelds für fällig erklärt. Einen Eilantrag des Eigentümers hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 30. Mai 2016 (M 9 S. 16.1261) abgelehnt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde mit Beschluss vom 20. September 2016 verworfen (12 CS 16.1401). Weitere Verfahren des Eigentümers wurden eingestellt (M 9 K 16.1260, M 9 K 16.5075, M 9 S. 16.5076), nachdem diese für erledigt erklärt wurden.

Aufgrund von Ortsterminen am 28. Januar 2016, 10. März 2016, 14. April 2016 und weiterer Nachbarbeschwerden stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als Mieter weiterhin die Wohnung gewerblich zu Fremdenverkehrszwecken an Touristen für einen täglichen Mietzins von 180,00 bis 200,00 Euro täglich kurzfristig untervermietete. Die Bewohner hielten sich nach ihren eigenen Angaben als Patienten bzw. deren Begleitung zum Zwecke der ärztlichen Behandlung in München auf.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2016 forderte die Beklagte nach Anhörung den Kläger zur unverzüglichen Beendigung der Nutzung der Wohnung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung auf (Ziffer 1.) und verpflichtete ihn, nach Aufgabe der Nutzung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung die Wohnung unverzüglich der Wohnnutzung zuzuführen (Ziffer 2.). Für den Fall, dass der Verpflichtung aus Ziffer 1. des Bescheides nicht binnen sechs Wochen ab Zustellung des Bescheids Folge geleistet werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.400,00 Euro angedroht (Ziffer 3.). Für den Fall, dass Ziffer 2. des Bescheids nicht innerhalb von drei Monaten ab Zustellung Folge geleistet werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.400,00 Euro angedroht (Ziffer 4.). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1. und 2. des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 5.).

Der Kläger vermiete die baurechtlich 1981 als Wohnraum ausgewiesene 4-Zimmer-Wohnung fortlaufend kurzfristig an Touristen, die sich zur medizinischen Behandlung in München aufhielten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Der Kläger hat am 13. Juni 2016 Klage erhoben und beantragt,

Der Bescheid vom 2. Juni 2016 wird aufgehoben.

Auf die Klagebegründung vom 9. Juli wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragte,

Klageabweisung.

Auf den Bescheid und die Ermittlungen werde Bezug genommen.

Ausweislich der Akten und der Erklärungen des Wohnungseigentümers sowie seines Bevollmächtigten in den diesen betreffenden Gerichtsverfahren wurde dem Kläger am 26. Oktober 2016 mit Wirkung zum 4. November 2016 gekündigt. Am 7. November 2016 wurde eine Räumungsklage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde. Die Wohnung wurde nicht geräumt.

Nach erneuten Ermittlungen hat die Beklagte mit Bescheid vom 10. November 2016 das Zwangsgeld für fällig erklärt und ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 10.800,00 Euro angedroht; über die Klage dagegen (M 9 K 16.5426) wurde noch nicht entschieden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid vom 2. Juni 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 VwGO.

Die Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung liegen vor. Rechtsgrundlage des Bescheids ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) i.V.m. Art. 5 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZwEWG) vom 10. Dezember 2007, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. März 2013. Die Überlassung der betroffenen Wohnung durch den Kläger an kurzfristig wechselnde Untermieter erfüllt den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 5 ZwEWG, da geschützter Wohnraum i.S.v. Art. 2, Art. 5 ZwEWG vorliegt. Die wiederholte und regelmäßige kurzzeitige Vermietung an Personen, die sich vorübergehend zur medizinischen Behandlung in München aufhalten, ist eine nicht nur vorübergehende gewerbliche Nutzung für Zwecke der Fremdenbeherbergung, Art. 2 Satz 2 Nr. 3 ZwEWG, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS) vom 12. Dezember 2013. Maßgeblich dafür ist das Nutzungskonzept des Klägers, der, wie aus zahlreichen Verfahren hinreichend bekannt ist, das Geschäft mit der Vermietung von Wohnraum an sogenannte Medizintouristen professionell betreibt, hier als Mieter (BayVGH, B.v. 30.9.2016 - 12 CS 16.1401). Die diesbezügliche Einlassung des Klägers, auch die Nutzung durch wechselnde Touristen stelle ein Wohnen dar, ist im Hinblick auf den klaren Wortlaut der entsprechenden Vorschriften im Zweckentfremdungsrecht unerheblich. Dies gilt auch, soweit der Kläger vorträgt, die Medizintouristen würden für die Zeit ihres der Länge nach nicht von Anfang feststehenden Aufenthalts ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlegen und könnten dafür eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, da maßgeblich der hier in allen Fällen stets vorübergehende Aufenthalt, gekoppelt an einen bestimmten Zweck, ist.

Der Umstand, dass der Kläger trotz erfolgter Kündigung und trotz anhängiger Räumungsklage nach wie vor die Wohnung nicht herausgegeben hat, zeigt, dass er der richtige Adressat sowohl für die Nutzungsuntersagung als auch für die Verpflichtung, die Wohnung nach Beendigung der Nutzung zur Fremdenbeherbergung wieder Wohnzwecken zuzuführen, ist. Dieser Verpflichtung kann er auch dadurch nachkommen, dass er die Wohnung aufgibt (BayVGH, B.v. 9.5.2016 - 12 CS 16.899).

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 f. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2017 - M 9 K 16.2662

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2017 - M 9 K 16.2662

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2017 - M 9 K 16.2662 zitiert 4 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2017 - M 9 K 16.2662 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Feb. 2017 - M 9 K 16.2662.

Bayerischer Verfassungsgerichtshof Entscheidung, 04. Okt. 2018 - Vf. 32-VI-17

bei uns veröffentlicht am 04.10.2018

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen. Gründe I. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. Februar 2017 Az. M 9 K 16.2662, mit dem die Klage

Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Feb. 2017 - M 9 S 16.5381

bei uns veröffentlicht am 20.02.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 32.400,00 Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller wendet sich gegen d

Verwaltungsgericht München Beschluss, 14. Juli 2017 - M 9 X 17.2044

bei uns veröffentlicht am 14.07.2017

Tenor I. Gegen den Vollstreckungsschuldner wird zur Erzwingung des angeordneten Verbots der Zweckentfremdung, die Ersatzzwangshaft von längstens einer Woche angeordnet. II. Zum Zwecke des Vollzugs der Ersatzzwangshaft wird gegen

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.