Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Juli 2016 - M 9 K 15.1989

bei uns veröffentlicht am13.07.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamtes Miesbach vom ... April 2015 wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers vom ... Dezember 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 1/3, der Beklagte zu 2/3 zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten eine Baugenehmigung für den Umbau des Dachgeschosses seines in einem denkmalschutzrechtlichen Ensemble gelegenen Gebäudes.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. ..., Gemarkung ... Dieses Grundstück liegt im unter Denkmalschutz stehenden Ensemble ... am Südende des ...-platzes der Beigeladenen. Mit Bauantrag vom ... Dezember 2014 beantragte der Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des Dachgeschosses des dort befindlichen Hauses. Im Zuge des Umbaus sollte das Dach des Hauses die Form eines Zwerchdaches erhalten. Es sollten zwei Quergiebel eingebaut werden, die 6,92 m breit sein sollten und deren First jeweils auf einer Höhe von 10,84 m liegen sollte. Einer der beiden Quergiebel sollte auf der nördlichen Dachhälfte, zum ...-platz hin orientiert ausgeführt werden, der andere auf der südlichen Dachhälfte zum ...winkl hin orientiert. Weiter sollte das Innere des Dachgeschosses umgebaut werden.

Die Beigeladene verweigerte ihr Einvernehmen.

Mit Bescheid vom 29. April 2015, Az. 31/602 4-2015-40-B, lehnte das Landratsamt ... (Landratsamt) den Bauantrag des Klägers ab.

Die Ablehnung beruhe auf Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Ein Vorhaben dürfe auch dann abgelehnt werden, wenn es gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften i. S. d. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO verstoße, wozu auch Vorhaben im Denkmalschutzbereich gehörten. Das Vorhaben befinde sich im Ensemblebereich der Stadt ... und trage zu einem erhaltungswürdigen Orts-, Straßen- oder Platzbild bei. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG bedürfe der Erlaubnis, wer ein Ensemble verändern wolle, wenn sich die Veränderung auf das Erscheinungsbild des Ensembles nachhaltig auswirken könne; das sei hier der Fall. Die Errichtung eines Kreuzgiebels auf dem städtebaulich wichtigen, durch seine ruhige Baukörper- und Dachkontur prägenden Gebäudes sei aus denkmalfachlicher Sicht nicht vertretbar. Das Ensemble sei im Wesentlichen durch den voralpinen Haustyp mit flachgeneigten bis mittelsteilen, nicht unterbrochenen Satteldächern gekennzeichnet. Dachaufbauten, wie sie vereinzelt im späten 19. und 20. Jahrhundert ausgeführt worden seien, sollten das Ensemble nicht überprägen.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 11. Mai 2015 Klage gegen den Ablehnungsbescheid erhoben. Er beantragt:

I.

Der Bescheid des Landratsamtes Miesbach vom ...4.2015 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Neubau von Quergiebeln und Umbau einer Wohneinheit in ..., ..., zu genehmigen.

Hilfsweise:

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag neu zu entscheiden.

Das Landratsamt habe, anders als erforderlich, nicht geprüft, ob gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprächen. Das Erscheinungsbild des Ensembles werde bei Errichtung der Quergiebel verändert, aber nicht negativ, weil dieses Erscheinungsbild auch durch Dachgauben und Quergiebel geprägt werde. Die Begründung des Bescheides trage der erforderlichen Abwägung zwischen den Interessen des Denkmalschutzes und denen des Eigentümers nicht Rechnung. Voraussetzung für ein Überwiegen der Denkmalschutzbelange wäre eine unvertretbare Veränderung des Erscheinungsbildes des Ensembles, welche angesichts der vorhandenen unterschiedlichen Dachaufbauten nicht vorliege. Die gesetzgeberische Wertung, wonach Veränderungen im Ensemble nicht, wie Veränderungen am Baudenkmal, grundsätzlich der Erlaubnis bedürfen, sondern nur unter eingeschränkten Voraussetzungen, sei zu berücksichtigen. Es sei fraglich, ob Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Versagung der Erlaubnis biete; der Gesetzgeber habe übersehen, auch die notwendigen Vorgaben für die Erteilung bzw. Versagung einer Erlaubnis zur Veränderung eines Ensembles zu schaffen. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG verstoße gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes. Weiter sei noch auf den Leitsatz 2 des Urteils des BayVGH vom 22.4.2016 - 1 B 12.79 - hinzuweisen: „Fehlt es in einem Teilbereich des Ensembles an historischer Bausubstanz, die das Ensemble prägen könnte, liegt insoweit ein denkmalgeschütztes Ensemble nicht mehr vor“.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Vorhaben sei denkmalschutzrechtlich gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG genehmigungspflichtig. Diese Erlaubnis entfalle nach Art. 6 Abs. 3 DSchG. Die Tatbestandsmerkmale für die Versagung der Erlaubnis gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 DSchG seien gegeben. Die Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands - also die relevanten charakteristischen Merkmale des betroffenen Ensembles insbesondere bezogen auf die Dächer und die Dachlandschaft - ergäben sich aus der fachlichen Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BayLfD) vom ... August 2015. Der Schutzanspruch eines Ensembles sei nicht geringer als der für Einzeldenkmäler. In diesem Zusammenhang sei relevant, dass vor allem die das Ensemble prägenden Bestandteile erhalten werden sollen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einnahme eines Augenscheins am 13. Juli 2016. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichts- und auf die Behördenakte, insbesondere auf das Protokoll des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2016 und auf die Stellungnahme des BayLfD vom ... August 2015.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur zum Teil Erfolg.

Der Hauptantrag ist unbegründet, da dem Kläger ein gebundener Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung nicht zusteht, weswegen keine Verpflichtung des Beklagten auszusprechen war, diese zu erteilen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Hilfsantrag ist begründet, da der Kläger einen Anspruch auf erneute Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat, weil das Landratsamt bei der Entscheidung über den Bauantrag das ihm eröffnete Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt hat, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.

Einem auf Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO i. V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO beruhenden Anspruch auf die für das Vorhaben erforderliche (1.) Baugenehmigung stehen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG entgegen (2.). Der Anspruch auf erneute Bescheidung ergibt sich daraus, dass die Ablehnungsentscheidung des Beklagten ermessensfehlerhaft war (3.).

1. Das Vorhaben ist baugenehmigungspflichtig nach Art. 55 Abs. 1 BayBO, da der Einbau der Quergiebel eine bauliche Anlage ändert. Einer zusätzlichen denkmalschutzrechtlichen Genehmigung bedarf es nicht, da die beantragte Baugenehmigung diese ersetzt, Art. 6 Abs. 3 DSchG (VG München, U. v. 27.6.2012 - M 9 K 11.5262 - juris Rn. 13). Denkmalschutzrechtliche Vorschriften sind Bestandteil des Prüfprogramms nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO (BayVGH, U. v. 22.4.2016 - 1 B 12.2353 - juris Rn. 16).

2. Die Erlaubnis war nach dem zu prüfenden Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 DSchG zu versagen, da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.

a) Eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis wäre vorliegend nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG erforderlich. Wie aus der Stellungnahme des BayLfD vom ... August 2015 hervorgeht, liegt das Vorhabengrundstück im Bereich des Ensembles ..., das sich u. a. durch eine spezifische Dachlandschaft auszeichnet. Zwar sind die Gerichte rechtlich nicht an die fachliche Beurteilung des BayLfD gebunden; sie haben deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden. Hierbei kommt den fachlichen Einschätzungen des BayLfD aber ein erhebliches tatsächliches Gewicht zu (BayVGH, U. v. 18.7.2013 - 22 B 12.1741 - juris Rn. 27), weshalb aufseiten der Behörde de facto eine Einschätzungsprärogative besteht (Eberl u. a., BayDSchG, Stand 7. Auflage 2016, Art. 6 Rn. 43). Das Gericht sieht vorliegend keinen Anlass dazu, an der fachlichen Einschätzung des BayLfD zu zweifeln. Anhaltspunkte, die seine Bewertung erschüttern und dazu führen würden, dass die Ensembleeigenschaft im Bereich des ...-platzes und darüber hinaus entfallen sein könnte, waren vorliegend weder nach Aktenlage noch im Augenschein ersichtlich. Mit dem Umbau des Hauses auf FlNr. ... würde ein Baudenkmal, worunter nach Art. 1 Abs. 3 DSchG auch Ensembles fallen, verändert, da nicht nur ein Innenumbau vorgesehen ist, sondern auch der Einbau von zwei Quergiebeln.

b) Eine in diesem Zusammenhang vom Bevollmächtigten des Klägers vorgetragene Verfassungswidrigkeit von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG im Hinblick auf den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, Art. 20 Abs. 3 GG, ist nicht erkennbar. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG bedarf derjenige, der ein Ensemble verändern will, der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG stellt damit bereits dem Wortlaut nach nur eine Erleichterung für den Bauherren insofern dar, als reine Innenumbauten in einem Gebäude, das kein Einzeldenkmal ist und das zugleich in einem Ensemble nach Art. 1 Abs. 3 DSchG liegt, von der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG ausgenommen werden (BayVGH, U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - juris). Reine Innenumbauten können sich auf das Erscheinungsbild eines Ensembles als Mehrheit von baulichen Anlagen bzw. als erhaltenswürdiges Orts-, Platz- oder Straßenbild nicht auswirken. Die Tatbestände aber, die die Erlaubnispflicht begründen, ergeben sich demgegenüber einheitlich sowohl für Ensembles als auch für Einzeldenkmäler - diese fallen beide unter den Oberbegriff des Baudenkmals, vgl. Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 DSchG - aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 DSchG, die sich mit genehmigungspflichtigen Maßnahmen an Baudenkmälern beschäftigen. Weiter dient Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG weder generell dazu, die Versagung einer Erlaubnis zu legitimieren noch hat das Landratsamt vorliegend seinen Ablehnungsbescheid auf diese Vorschrift gestützt. Der Bescheid stellt klar, dass die Ablehnung des Antrags darauf beruht, dass nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO zu prüfende Vorschriften dem Vorhaben entgegenstehen. Dass Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG dann nicht explizit genannt ist, ist unerheblich, da es sich bei den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes um ein Merkmal auf Tatbestandsseite handelt.

c) Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes sprechen für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG, weswegen kein gebundener Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung besteht.

Das Merkmal der gewichtigen Gründe ist ein uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegender unbestimmter Rechtsbegriff auf Tatbestandsseite (BayVGH, B. v. 8.5.1989 - 14 B 88.02426 - juris; U. v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris). Der Prüfungsmaßstab bezieht sich vorliegend geographisch auf den Nahbereich um das Vorhabensgrundstück (BayVGH, B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 11.398 - juris Rn. 3; B. v. 29.2.2016 - 9 ZB 15.1146 - juris Rn. 12). Gerade der historische ...-platz steht nach Stellungnahme des BayLfD vom ... August 2015 (Bl. 27ff. des Gerichtsakts) und nach Aussage des Vertreters des BayLfD in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2016 stellvertretend für den schützenswerten historischen Baustil bzw. Haustyp. Danach handele es sich hier um frühere Bauernanwesen und Häuser der ehemals bedeutenden ... Zunfthandwerker. Die Gebäude wiesen auskragende Satteldächer auf, die unter dem Einfluss klassizistischer Bauideale und unter Federführung des Baumeisters Vorherr entstanden seien. Diese Dachform verfüge typischerweise über keine bzw. keine großen Dachaufbauten. Die Dachlandschaft stelle neben dem Ortsgrundriss das zentrale und konstituierende Element des Ensembles ... dar.

Nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, indiziert die Denkmaleigenschaft das Vorliegen gewichtiger Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands. Das bedeutet, dass bei Baudenkmälern im Regelfall von einem Erhaltungsinteresse auszugehen ist (BayVGH, U. v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 70; B. v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4; VG München, U. v. 21.1.2015 - M 9 K 13.2310 - juris Rn. 17) und dass es gerade keiner gegenüber der Denkmalbedeutung, Art. 1 Abs. 1 DSchG, gesteigerter Gründe des Denkmalschutzes bedarf, um eine Erlaubnis versagen zu können (BayVGH, B. v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4; B. v. 4.9.2012 - 2 ZB 11.587 - juris Rn. 7; U. v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 70; Eberl u. a., BayDSchG, Stand 7. Auflage 2016, Art. 6 Rn. 45). Weiter sind Ensembles und Einzelbaudenkmäler in ihrem Schutzanspruch gleichzustellen (BayVGH, U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - juris), weswegen diese Indizwirkung uneingeschränkt auch für Ensembles gilt.

Auch vorliegend sind gewichtige Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands gegeben, da mit der äußerlich wahrnehmbaren Veränderung des Gebäudes auf FlNr. ... - Einbau von zwei Quergiebeln, die die Dachform erheblich umgestalten - das Ensemble ... von der Umbaumaßnahme betroffen ist. Diese Beurteilung folgt der Auffassung, dass der Schutzanspruch des Ensembles vorrangig auf dessen Erscheinungsbild abzielt, das die Bedeutung vermittelt und in seiner Anschaulichkeit zu bewahren ist (BayVGH, B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 11.398 - juris Rn. 3). Eine Verunstaltung o.ä. ist dabei nicht zu fordern, die denkmalschutzrechtlichen Maßstäbe sind insofern strenger (BayVGH, U. v. 18.11.2010 - 2 B 09.1497 - juris Rn. 32). Die vom Kläger geplante Maßnahme ist dabei nach den Feststellungen im Augenschein auch nicht unauffällig und ohne störenden Einfluss auf die Harmonie des Ensembles im betreffenden Bereich - wie es beispielsweise oberflächenbündig ausgeführte Kollektoranlagen oder auch kleinere Dachgauben sein können (vgl. BayVGH, B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 11.398 - juris Rn. 6) -, sondern greift massiv in die Dachform des an exponierter Stelle befindlichen klägerischen Gebäudes ein. Die Umgestaltungen wären gerade vom ...-platz aus durchgehend und hervorstechend wahrnehmbar. Sie würden den Gesamteindruck des Ensembles stören, gerade eingedenk dessen, dass sich der ...-platz ansonsten durch flach- und steilgeneigte Satteldächer mit vortretendem Dachüberstand auszeichnet und somit - von zurückgesetzten oder kaum einsehbaren Dachaufbauten auf FlNr. ..., ..., ... und ... abgesehen - ein Paradebeispiel für den Charakter des Ensembles bietet. Dass dieses Ensemble völlig unbedeutend wäre, womit gewichtige Gründe für seine Konservierung ausscheiden könnten (BayVGH, B. v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4), ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahmefall (BayVGH, U. v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 72), wonach diese Regelwirkung unter verfassungskonformer Auslegung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG nicht greift, wenn einem Antragsteller, der eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für den Abbruch eines Gebäudes begehrt, dessen Erhaltung ihm unzumutbar ist, ist vorliegend nicht gegeben.

3. Der Bescheid vom ... April 2015 war aufzuheben, da er an einem erheblichen Ermessensfehler leidet, der im Rahmen des § 114 VwGO gerichtlich überprüfbar war. Der Bauantrag vom ... Dezember 2014 bedarf einer neuen Verbescheidung. Alleine die Feststellung, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, rechtfertigt nicht die Ablehnung des Antrages. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG fordert vielmehr eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 BayVwVfG ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Die Behörde hat eine rechtsgestaltende Entscheidung zu treffen, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und insbesondere die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden. Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, U. v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 87; U. v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 21ff.).

a) Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass nur die Versagung der Erlaubnis ermessensgerecht gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat das ihm damit eröffnete Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt, § 114 Satz 1 VwGO. Der Bescheid vom 29. April 2015 leidet an einem Ermessensfehler in Form eines Ermessensdefizits. Ein Ermessensdefizit ist gegeben, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung einstellt (BayVGH, U. v. 28.6.2016 - 10 B 15.1854 - juris Rn. 53). Vorliegend beschränkt sich der Bescheid darauf, die knappe Stellungnahme des BayLfD vom ... März 2015 (Bl. 19 des Behördenakts) nahezu wortgleich wiederzugeben. Ausführungen zu den betroffenen privaten Belangen des Klägers und auch zu Art und Intensität des Eingriffs fehlen gänzlich.

b) Bei der erneuten Bescheidung des Bauantrags wird Folgendes zu berücksichtigen sein (BayVGH, U. v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 28):

Die Eigentümerinteressen des Klägers, vor allem sein Interesse daran, durch Quergiebel die Nutzungsmöglichkeiten des Dachgeschosses zu erweitern, sind im Rahmen des Ermessens zu würdigen. Dabei ist von der Sicht eines dem Denkmalschutz aufgeschlossenen Eigentümers auszugehen (BVerfG, B. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - juris; BayVGH, U. v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - juris).

Weiter müssen Art und Intensität des Eingriffs in das Ensemble zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis gesetzt und abgewogen werden. Die Bedeutung des Ensembles und vor allem die charakteristische Eigenheit des ...-platzes sind zu würdigen. Eine Fokussierung auf besonders bedeutsame Plätze oder Straßen und damit eine Differenzierung im Ensemble ist nicht nur möglich, sondern kann in einem Fall wie dem Vorliegenden sogar angezeigt sein, wenn die vorzunehmende Einzelfallprüfung ergibt, dass eine gleichgelagerte Beeinträchtigung des Denkmalensembles in bestimmten Teilbereichen eher hingenommen werden kann als in anderen (BayVGH, B. v. 29.2.2016 - 9 ZB 15.1146 - juris Rn. 12). Dies muss sich aber im Bescheid niederschlagen. Es wird weiter sowohl auf die exponierte Stellung des klägerischen Gebäudes am ...-platz und im Ensemblebereich einzugehen sein als auch auf die Größe und Situierung der geplanten baulichen Veränderungen (VG München, U. v. 21.11.2013 - M 11 K 13.105 - juris Rn. 21). Dabei ist nach dem Ergebnis des Augenscheins auch zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen, ob bzw. dass der Blick auf das Gebäude von Süden aus Richtung ...winkl und von Norden aus Richtung ...-platz denkmalfachlich zu unterschiedlichen Bewertungen führen kann.

c) Ermessensdirektiven lassen sich dabei nicht aus den vom Kläger ins Feld geführten Vergleichsfällen herleiten. Es kann dahinstehen, ob im Ensemblebereich eine derartige Vorbildwirkung überhaupt anzuerkennen ist (zweifelnd VG München, U. v. 20.4.2015 - M 8 K 14.635 - juris Rn. 49).

Bei dem auf dem Gebäude, FlNr. ..., befindlichen Quergiebel handelt es sich nach den Erkenntnissen des Augenscheins um einen kleinen, untergeordneten Quergiebel, der nicht zum ...-platz hin orientiert ist und der mit dem geplanten Vorhaben des Klägers schon deshalb nicht vergleichbar ist (zum Differenzierungskriterium der Orientierung: BayVGH, B. v. 29.2.2016 - 9 ZB 15.1146 - juris Rn. 25). Die Dachlandschaft auf FlNr. ..., ..., ... und ... ist unregelmäßig, das hintere Gebäude vom ...-platz aus kaum einsehbar. Das Haus auf FlNr. ... ist vom ...-platz aus gesehen zurückgesetzt und weist einen völlig anderen Zuschnitt als das klägerische Gebäude auf (vgl. BayVGH, U. v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 35). Gleiches gilt für das Haus auf FlNr. ... Letzteres stellt weiter auch einen anderen Bautyp dar, wie der Vertreter des BayLfD in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2016 schlüssig erläuterte. Es handele sich danach um den sog. Schweizer Stil, der sich gerade auch durch Quergiebel auszeichne, während das klägerische Gebäude ein sog. klassizistisches Haus (biedermeierlich) darstelle. Quergiebel seien für klassizistische Häuser nicht typisch und im Interesse des Erhalts des Gesamtensembles abzulehnen. Diese Ausführungen sind aus Sicht der Kammer nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten auch nicht für teilweise erstattungsfähig zu erklären. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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bei uns veröffentlicht am 29.02.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.0

Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Apr. 2015 - M 8 K 14.635

bei uns veröffentlicht am 20.04.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 8 K 14.635 Im Namen des Volkes Urteil vom 20. April 2015 8. Kammer Sachgebiets-Nr. 940 Hauptpunkte: denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung;

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Aug. 2015 - 1 B 12.79

bei uns veröffentlicht am 12.08.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Aktenzeichen: 1 B 12.79 Im Namen des Volkes Urteil vom 12. August 2015 (VG München, Entscheidung vom 24. November 2009, Az.: M 1 K 09.939) 1. Senat Sachgebietsschl

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Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen: 1 B 12.79

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 12. August 2015

(VG München, Entscheidung vom 24. November 2009, Az.: M 1 K 09.939)

1. Senat

Sachgebietsschlüssel: 940

Hauptpunkte: Abbruch eines Baudenkmals; Anspruch auf denkmalschutzrechtliche Erlaubnis; wirtschaftliche Zumutbarkeit; keine Beschränkung auf sog. denkmalbedingten Mehraufwand; Zulässigkeit von Abschreibungen;

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Freistaat ...,

vertreten durch die Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Beklagter -

wegen Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis (FlNr. 1027/4 Gemarkung S.);

hier: Berufung des Beklagten sowie Anschlussberufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24. November 2009,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm ohne weitere mündliche Verhandlung am 12. August 2015 folgendes Urteil:

I.

Unter Änderung von Nummer I des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 24. November 2009 wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

II.

Die Anschlussberufung der Kläger wird zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis für den Abbruch eines ehemaligen Bauernhauses.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2009 lehnte das Landratsamt die Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch des Baudenkmals ab. Nach Auffassung des Landesamts für Denkmalpflege handelt es sich um ein einfaches, aber für die Zeit typisches Kleinbauernhaus aus dem 19. Jahrhundert. Die historische Bausubstanz und Ausstattung seien weitgehend erhalten und in jüngerer Zeit auch nicht wesentlich verändert worden. Der gute Gesamtzustand spreche für die Sanierungsfähigkeit und die Erhaltung des Gebäudes.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht haben die Kläger erstmals ein Gutachten vorgelegt, wonach Sanierungskosten in Höhe von ca. 1,1 Mio. € anfielen, um das Gebäude in einen denkmalgerechten Zustand zu versetzen. Insbesondere müsse zur Abwehr des aus dem Untergrund in das Mauerwerk drückenden Wassers das Gebäude mit einer wasserdichten Betonwanne unterfangen werden. Der Sanierungsaufwand sei bei jährlichen Mieteinnahmen von knapp 12.000 € wirtschaftlich nicht zumutbar. Der Beklagte hielt den von den Klägern angesetzten Sanierungsaufwand für deutlich überhöht. Mit Urteil vom 24. November 2009 hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Kläger auf Erteilung der Abbrucherlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden und im Übrigen die Klage auf Erteilung der Erlaubnis abgewiesen. Eine verlässliche Aussage darüber, ob den Klägern die Erhaltung des Denkmals zumutbar sei, lasse sich nach den vorliegenden Angaben der Beteiligten nicht treffen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung habe das Landratsamt den Sachverhalt weiter aufzuklären.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang. Den Klägern stehe kein Anspruch auf Erteilung der Abbrucherlaubnis zu, weil sie durch die Sanierung nicht unzumutbar belastet würden, wofür sie die Darlegungs- und Beweislast treffe. Bei der erforderlichen Wirtschaftlichkeitsberechnung seien die Sanierungskosten - abzüglich der fiktiven Kosten für den in der Vergangenheit unterlassenen Bauunterhalt und der sogenannten bau- und sicherheitsrechtlich veranlassten Kosten - sowie die Bewirtschaftungskosten den voraussichtlichen Erträgen aus dem Denkmal und den bewilligten oder verbindlich in Aussicht gestellten Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln und den Steuervergünstigungen gegenüberzustellen. Die von den Klägern ermittelten Sanierungskosten seien deutlich überhöht. Auszugehen sei von einem Aufwand von maximal 2.500 € je Quadratmeter Wohnfläche. Die Instandhaltungskosten, die jeder Hauseigentümer aufwenden müsse, hätten außer Betracht zu bleiben, da der Eigentümer eines Denkmals bei der Zumutbarkeitsprüfung nicht besser gestellt werden dürfe als ein „normaler“ Hauseigentümer.

Nachdem die Kläger nach der Berufungsbegründung des Beklagten Anschlussberufung eingelegt hatten, hat der Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18. September 2012 mit Beweisbeschluss vom 28. August 2013 ein Sachverständigengutachten zum Zustand des Baudenkmals, zu den erforderlichen Sanierungsmaßnahmen und den Kosten eingeholt, das der Sachverständige in der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 24. März 2015 erläutert hat. In seinem Gutachten vom 2. März 2014, das mit Schreiben vom 6. Juni 2014 und vom 26. Januar 2015 ergänzt worden ist, schlägt der Sachverständige Maßnahmen zum Schutz der Fundamente und zur Wärmedämmung vor, die sich auf einen Betrag von 500.000 € belaufen. Die Errichtung einer wasserdichten Betonwanne sei nicht erforderlich; vielmehr genügten neben der Sanierung des Dachs wärmegedämmte Bodenplatten in den einzelnen Räumen und eine Abdichtung der Fundamente von außen.

Der Beklagte hält das vom gerichtlichen Sachverständigen vorgeschlagene Konzept für geeignet und angemessen. Nahezu alle vor dem Zweiten Weltkrieg errichteten Gebäude besäßen keine durchgehende Bodenplatte. Die Forderung nach einer dichten Wanne würde mangels wirtschaftlicher Zumutbarkeit häufig den Abbruch von Baudenkmälern nach sich ziehen.

Er beantragt,

unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 24. November 2009 die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Anschlussberufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen sowie unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 24. November 2009 den Beklagten zu verpflichten, die beantragte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch des Gebäudes zu erteilen.

Ihnen stünde ein Anspruch auf die begehrte Erlaubnis zu, weil der Erhaltungsaufwand für das Baudenkmal wirtschaftlich nicht tragbar sei. Da sie ihrer denkmalrechtlichen Mitwirkungspflicht nachgekommen seien und mit einem Sachverständigengutachten dargelegt hätten, dass das Objekt sich nicht selbst trage, würden der verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Gewährleistung des Eigentums die Verwaltungsgerichte verpflichten, die Frage der Zumutbarkeit aufzuklären und die Sache spruchreif zu machen. Abgesehen von der Annahme unrealistisch niedriger Preise für die Dachsanierung sei zur Vermeidung von aufsteigender Bodenfeuchtigkeit eine durchgehende, abgedichtete Bodenplatte erforderlich, was der weitere von ihnen beauftragte Gutachter mit Schreiben vom 4. Oktober 2014 erneut bestätigt habe. Darüber hinaus müssten auch die Tilgungsleistungen im Rahmen der Darlehensfinanzierung zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, weil spätestens nach 25 Jahren neuerlich Reparaturarbeiten erforderlich würden.

Da der Umfang der in der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst erfassten Betriebskosten in der mündlichen Verhandlung am 24. März 2015 nicht abschließend geklärt werden konnte, erklärten sich die Beteiligten mit einem Übergang in das schriftliche Verfahren einverstanden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten kann der Senat nach § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden. Die Anschlussberufung der Kläger bleibt erfolglos, weil der Erhalt des Baudenkmals wirtschaftlich zumutbar ist und den Klägern daher kein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zum Abbruch des Baudenkmals zusteht (1). Die Berufung des Beklagten hat dagegen Erfolg, weil Gesichtspunkte, die eine erneute Ermessensentscheidung erforderlich machen, nicht erkennbar sind (2).

Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG kann die Erlaubnis zur Beseitigung eines Baudenkmals versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinn der genannten Bestimmung sich in der Regel aus der die Eigenschaft als Baudenkmal begründenden Bedeutung des Bauwerks (Art. 1 Abs. 2 DSchG) ergeben. Allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern, deren Verfall so weit fortgeschritten ist, dass eine Sanierung von vornherein unmöglich ist, mag dies anders sein (vgl. BayVGH, U. v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - BayVBl. 2008, 141). Dass dies anzunehmen wäre, wird auch von den Klägern nicht behauptet.

1. Trotz des Vorliegens gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes für die Beibehaltung des bisherigen Zustands ist das den Behörden nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG eingeräumte Ermessen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unter angemessener Berücksichtigung der nach Art. 14 GG geschützten Belange des Denkmaleigentümers (vgl. BVerfG, B. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226) aber in der Weise reduziert, dass die Erlaubnis zum Abbruch zu erteilen ist, wenn die Erhaltung des Denkmals dem Eigentümer objektiv wirtschaftlich nicht zuzumuten ist (vgl. BayVGH, U. v. 27.9.2007 a. a. O.). Das ist nach einhelliger Auffassung der Oberverwaltungsgerichte (vgl. NdsOVG, U. v. 4.10.1984 - 6 A 11/83 - NJW 1986, 1892; VGH BW, U. v. 11.11.1999 - 1 S 413/99 - BRS 62 Nr. 220; OVG RhPf, U. v. 26.5.2004 - 8 A 12009/03 - BauR 2005, 535; OVG Berlin-Bbg, U. v. 17.9.2008 - 2 B 3.06 - NVwZ-RR 2009, 197; OVG Saarl. U. v. 20.11.2008 - 2 A 269/08 - BRS 73 Nr. 206; OVG MV, U. v. 18.3.2009 - 3 L 503/04 - juris; OVG NW, U. v. 4.5.2009 - 10 A 699/07 - BRS 74 Nr. 216; OVG LSA, U. v. 15.12.2011 - 2 L 152/06 - BRS 78 Nr. 206) der Fall, wenn der Erhalt des Denkmals auf Dauer nicht aus den Erträgen zu finanzieren ist, das Objekt sich also wirtschaftlich nicht „selbst trägt“. In einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ist der durch das Baudenkmal veranlasste Aufwand dem aus dem Objekt zu erzielenden Ertrag gegenüberzustellen. Zwar muss es der Eigentümer eines Baudenkmals angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes und mit Blick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird (vgl. BVerfG, B. v. 2.3.1999 a. a. O.). Andererseits kann ihm nicht zugemutet werden, dauerhaft defizitär zu wirtschaften.

Zur Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit ist es erforderlich, dass der Eigentümer die nach Möglichkeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmten, erforderlichen Sanierungsmaßnahmen für eine zeitgemäße Nutzung und den daraus resultierenden Aufwand sowie den mit dem Objekt zu erzielenden Ertrag in einer alle relevanten Faktoren in nachvollziehbarer Weise ermittelnden und bewertenden Wirtschaftlichkeitsberechnung darlegt, die einen prognostischen Zeitraum von etwa 15 Jahren erfasst (vgl. OVG Berlin-Bbg, U. v.17.9.2008 - 2 B 3.06 - NVwZ-RR 2009, 192; OVG NW, U. v. 27.6.2013 - 2 A 2668/11 - juris). Die den Eigentümer treffende Mitwirkungs- und Darlegungspflicht (vgl. BayVGH, U. v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - BayVBl. 2008, 141) entspricht der zwischen Denkmaleigentümer und Denkmalbehörden nach Art. 4 und 5 DSchG bestehenden Aufgabenverteilung. Denn regelmäßig ist nur der Eigentümer in der Lage, ein geeignetes Nutzungs- und Sanierungskonzept für das Denkmal zu entwickeln und auf die Informationen zuzugreifen, die eine Bewertung der Sanierungsmaßnahmen in denkmalpflegerischer und wirtschaftlicher Hinsicht ermöglichen (vgl. BVerwG, B. v. 17.11.2009 - 7 B 25.09 - NVwZ 2010, 256). Kommt der Denkmaleigentümer dieser Darlegungspflicht, wenn auch möglicherweise erst im gerichtlichen Verfahren nach, so haben die Verwaltungsgerichte die Sache spruchreif zu machen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) und, gegebenenfalls durch Einschaltung von Sachverständigen, aufzuklären, ob der Erhalt des Baudenkmals wirtschaftlich zumutbar ist, weil bei Verneinung dieser Frage ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Beseitigung des Denkmals besteht (vgl. BayVGH, U. v. 27.9.2007 a. a. O.). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handelt es sich insoweit nicht um Ermessenserwägungen, deren Ermittlung und Bewertung den Denkmalbehörden bei der Entscheidung über die begehrte Abbrucherlaubnis vorbehalten ist. Vielmehr unterliegt die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerfG, B. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226; BVerwG, B. v. 7.2.2002 - 4 B 4.02 - BRS 66 Nr. 209) der vollen gerichtlichen Kontrolle (vgl. OVG LSA, U. v. 15.12.2011 - 2 L 152/06 - BRS 78 Nr. 206).

1.1 Bei der Ermittlung des erforderlichen Sanierungsaufwands ist nicht nur der sog. denkmalpflegerische Mehraufwand zu erfassen, d. h. Kosten, die anfallen, weil es sich um ein Baudenkmal handelt. Vielmehr gehen in die Wirtschaftlichkeitsberechnung auch solche Instandhaltungskosten ein, die jeder Hauseigentümer für seine Immobilie aufwenden muss (vgl. OVG Saarl. U. v. 20.11.2008 - 2 A 269/08 - BRS 73 Nr. 206; OVG NW, U. v. 4.5.2009 - 10 A 699/07 - BRS 74 Nr. 216; OVG LSA, U. v. 15.12.2011 - 2 L 152/06 - BRS 78 Nr. 206). Da in die Wirtschaftlichkeitsberechnung sämtliche mit dem Objekt zu erzielenden Erträge eingestellt werden, ist auch der gesamte durch das Objekt entstehende Aufwand zu erfassen. An der im Urteil des Senats vom 18. Oktober 2010 - 1 B 06.63 - (BayVBl. 2011, 303) vertretenen gegenteiligen Auffassung (so auch OVG MV, U. v. 18.3.2009 - 3 L 503/04 - juris) wird daher nicht mehr festgehalten. Das für die Begrenzung auf den denkmalpflegerischen Mehraufwand herangezogene Argument, der Denkmaleigentümer dürfe bei der Zumutbarkeitsprüfung nicht besser gestellt werden als ein „normaler Hauseigentümer“, der Belastungen seiner Immobilie ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu tragen habe, berücksichtigt nicht hinreichend, dass diese Aussage nur für sicherheitsrechtliche Maßnahmen gilt. § 177 Abs. 4 Satz 1 BauGB ist zu entnehmen, dass der Eigentümer die Kosten für angeordnete Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nur bei wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu übernehmen hat.

Allerdings sind aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung die Kosten für diejenigen Maßnahmen auszuscheiden, die erforderlich werden, weil der Eigentümer Erhaltungsmaßnahmen unterlassen hat, zu denen er nach Art. 4 Abs. 1 DSchG oder aus sicherheitsrechtlichen Gründen (Art. 54 Abs. 2 und 4 BayBO) verpflichtet war, wobei die denkmalrechtliche Erhaltungspflicht von der Zumutbarkeit für den Eigentümer abhängt (vgl. BayVGH, U. v. 18.10.2010 a. a. O.), während sicherheitsrechtliche Verpflichtungen unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Eigentümers zu erfüllen sind (vgl. BVerwG, U. v. 11.4.1989 NJW 1989, 2638). Würden die sog. denkmal- und sicherheitsrechtlich veranlassten Kosten für pflichtwidrig unterlassene Maßnahmen den Sanierungsaufwand nicht mindern, könnte der Eigentümer durch Vernachlässigung seiner Erhaltungsverpflichtungen letztlich eine Beseitigung des Denkmals erreichen (vgl. BayVGH, U. v.18.10.2010 a. a. O.). Abzuziehen vom Sanierungsaufwand sind auch Förderbeträge der öffentlichen Hand (zu den steuerrechtlichen Förderungen s. Nr. 1.3), die verbindlich zugesagt oder mit Sicherheit zu erwarten sind. Denn sie verringern den Aufwand des Eigentümers.

Da nach Auffassung des gerichtlich bestellten Sachverständigen, der sich die Beteiligten angeschlossen haben, keine denkmal- oder sicherheitsrechtlich veranlassten Kosten in Abzug zu bringen sind und einmalige Zahlungen der öffentlichen Hand nur in Aussicht gestellt worden sind, wenn ohne sie die wirtschaftliche Zumutbarkeit nicht gewährleistet werden kann, ist im vorliegenden Fall ausschließlich der erforderliche Sanierungsaufwand zu ermitteln. Nach dem schlüssigen und überzeugenden Gutachten des vom Senat bestellten Sachverständigen vom 2. März 2014, dem sich der Senat anschließt, beläuft sich der Sanierungsaufwand nach Abzug der nicht zur Sanierung des Baudenkmals gehörenden Kosten für die Zaunanlagen und die Ergänzung der Kücheneinrichtung auf 500.000 € einschließlich Mehrwertsteuer. Dass damit das von den Klägern veranschlagte Kostenvolumen von rund 1,2 Mio. € deutlich unterschritten wird, ist darauf zurückzuführen, dass die von den Klägern vorgeschlagene Errichtung einer durchgehenden wasserdichten Betonwanne unter dem gesamten Gebäude nicht erforderlich ist, um die im Erdgeschoss des Baudenkmals auftretende Feuchtigkeit zu beseitigen. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Feuchtigkeitsschäden nicht auf drückendes Wasser aus dem Untergrund, sondern in erster Linie auf Kondenswasser zurückzuführen. Da das in den letzten Jahren als Ferienhaus genutzte Gebäude nur kurze Zeit bewohnt und beheizt wird, können sich in der kalten Jahreszeit insbesondere die Außenwände nicht ausreichend erwärmen mit der Folge, dass die in der Raumluft enthaltene Feuchtigkeit an den ausgekühlten Wänden des Gebäudes kondensiert. Dafür spricht, dass die vom gerichtlichen Sachverständigen gemessenen Feuchtigkeitswerte der Wände vom Boden zur Decke hin zunehmen oder zumindest gleichbleiben. Würde über die Fundamente und den Boden des Gebäudes Wasser in nennenswertem Umfang in die Wände aufsteigen, müssten die Feuchtigkeitswerte im bodennahen Bereich der Wände deutlich höher liegen als im Deckenbereich. Zur Erzielung zeitgemäßer Wohnverhältnisse genügt es daher, in den einzelnen Räumen des Erdgeschosses eine wärmegedämmte Bodenplatte, an den Wänden wärmedämmende Silikatplatten und langgestreckte Warmwasserheizkörper in Bodennähe einzubauen, die von einer Zentralheizung erwärmt werden. Nach der Erklärung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2015 ist eine durchgehende Bodenplatte unter den Fundamenten des Hauses selbst dann entbehrlich, wenn kapillar in den Wänden aufsteigende Feuchtigkeit für die Schäden in stärkerem Umfang als bisher festgestellt verantwortlich wäre. In diesem Fall kann dem Kapillareffekt durch Heizleitungen in den Wänden entgegengewirkt werden. Um darüber hinaus das Eindringen von Niederschlagswasser in die Streifenfundamente des Baudenkmals zu unterbinden, sind vor die Fundamente Wandscheiben aus wasserundurchlässigem Beton zu setzen. Was die Sanierung und Wärmedämmung des Daches angeht, ist der von den Klägern (ca. 50.000 € einschl. MWSt.) und dem gerichtlichen Sachverständigen (ca. 46.000 € einschl. MWSt.) ermittelte Kostenaufwand nahezu deckungsgleich. Soweit die Kläger die vom Sachverständigen für die Reparatur von Türen und Treppen angesetzten Kosten für zu niedrig halten, fällt das angesichts des von ihm für bisher nicht erkennbare Mängel angesetzten Pauschalbetrags von rund 35.000 €, um den er den Gesamtaufwand erhöht hat, nicht ins Gewicht.

1.2 Allerdings sind entgegen des bisher vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Schreiben vom 14. Januar 2009 verwendeten Schemas für die Wirtschaftlichkeitsberechnung, das der Senat im Urteil vom 18. Oktober 2010 - 1 B 06.63 - (BayVBl. 2011, 303) noch als geeignete Grundlage ansah, nicht die Kosten der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen, sondern lediglich die zur Finanzierung der Investitionen erforderlichen Kapitalkosten in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einzustellen. Da dem Sanierungsaufwand eine entsprechende Wertsteigerung des Objekts gegenübersteht, können die Instandsetzungskosten als solche und die bei der Rückführung eines Darlehens anfallenden Tilgungsleistungen nicht als Aufwand erfasst werden (vgl. OVG Berlin-Bbg, U. v. 17.9.2008 - 2 B 3.06 - NVwZ-RR 2009, 197; OVG LSA, U. v. 15.12.2011 - 2 L 152/06 - BRS 78 Nr. 206; OVG NW, U. v. 27.6.2013 - 2 A 2668/11 - juris). Geht man davon aus, dass die Sanierungskosten in voller Höhe bei dem derzeit marktüblichen Zinssatz von durchschnittlich 1,84% für eine Zinsbindung von mehr als 10 Jahren (s. Deutsche Bundesbank, Zinsstatistik vom 30.7.2015, S. 4 Wohnungsbaukredite an private Haushalte) finanziert werden, so belaufen sich die Finanzierungskosten bei einem Investitionsvolumen von 500.000 € auf maximal 9.200 € pro Jahr; dabei wird aus Vereinfachungsgründen und zugunsten der Kläger nicht berücksichtigt, dass bei einem Annuitätendarlehen mit gleichbleibenden Raten der Zinsanteil gegenüber dem Tilgungsanteil kontinuierlich sinkt, so dass die reale Zinsbelastung deutlich unter dem Betrag von 9.200 € liegt. Sofern die Kläger Eigenkapital für die Sanierung einsetzen würden, wären dafür grundsätzlich Finanzierungskosten in Höhe der entgangenen Kapitalerträge anzusetzen.

Neben den Finanzierungskosten sind auf der Aufwandseite auch die Bewirtschaftungskosten zu erfassen. Der Senat orientiert sich dabei - wie die übrigen Oberverwaltungsgerichte (vgl. NdsOVG, U. v. 4.10.1984 - 6 A 11/83 - NJW 1986, 1892; OVG Hamburg, U. v. 12.12.2007 - 2 Bf 10/02 - BauR 2008, 1435) - an den §§ 24 ff. der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen (Zweite Berechnungsverordnung - II. BV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990 (BGBl. I S. 2178), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2614). Allerdings können Betriebskosten nach § 27 II. BV nur angesetzt werden, soweit sie nicht auf den Mieter umgelegt werden können (NdsOVG, U. v. 4.10.1984 a. a. O.). Ungeachtet der Tatsache, dass im vorliegenden Fall die Kläger das Gebäude nicht vermieten, sondern selbst nutzen, wäre eine Berücksichtigung der Betriebskosten, wie beispielsweise der Heizkosten, als Aufwand nur gerechtfertigt, wenn auf der Ertragsseite nicht nur die sog. Kaltmiete, sondern die Miete einschließlich der Nebenkosten in Ansatz gebracht würde. Da sich der Nutzungswert des Gebäudes im Regelfall aber an der Kaltmiete orientiert, sind Kosten, die vom Verbrauchsverhalten der jeweiligen Nutzer abhängen, im Rahmen der objektivierten Wirtschaftlichkeitsprüfung auszuscheiden. Da die Kläger sonstige nicht umlegbare Kosten nicht dargelegt haben, können vorliegend keine Betriebskosten angesetzt werden. Verwaltungskosten (§ 26 II. BV) und ein Mietausfallwagnis (§ 29 II. BV) fallen im vorliegenden Fall nicht an, weil die Kläger das Gebäude selbst bewohnen wollen.

Als Instandhaltungskosten erscheint dem Senat der auch vom Sachverständigen vorgeschlagene Betrag von 7,10 € je Quadratmeter Wohnfläche (§ 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 II. BV) angemessen; bei einer Wohnfläche von 178 m² ergibt sich damit ein jährlicher Betrag von 1.264 €.

Zudem ist auch bei einem Baudenkmal die Abschreibung vom erforderlichen Sanierungsaufwand zu berücksichtigen. Zwar lehnen die Oberverwaltungsgerichte Abschreibungen ab, weil diese ihrer Zweckbestimmung nach auf die Ersetzung des Objekts durch ein neues Wirtschaftsgut ausgerichtet sind, was mit dem Anspruch der Denkmalpflege, ein Gebäude auf Dauer zu erhalten, nicht zu vereinbaren ist. Anstelle von Abschreibungen werden allerdings Rücklagen für größere Reparaturen in Höhe von 1% der Sanierungskosten entsprechend der Abschreibungsregelung in § 25 Abs. 2 II. BV zugelassen (vgl. NdsOVG, U. v. 4.10.1984 - 6 A 11/83 - NJW 1986, 1892; OVG Hamburg, U. v. 12.12.2007 - 2 Bf 10/02 - BauR 2008, 1435; OVG LSA, U. v. 15.12.2011 - 2 L 152/06 - BRS 78 Nr. 206). Ungeachtet des Ziels der Denkmalpflege, Baudenkmäler auf Dauer zu erhalten, unterliegen aber auch Baudenkmäler durch Benutzung, Witterungseinflüsse und Zeitablauf einem stetigen Wertverlust, der bei einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise in Form der Abschreibung auf der Kostenseite der Wirtschaftlichkeitsberechnung zu berücksichtigen ist (vgl. Haaß in Basty/Beck/Haaß, Denkmalschutz und Sanierung, 2. Aufl. 2008, Rn. 463). Könnte der unabwendbare Wertverlust nicht als Aufwand erfasst werden, hätte der Denkmaleigentümer diesen Vermögensverlust ohne Ausgleich hinzunehmen, was mit der Eigentumsgarantie nicht zu vereinbaren wäre. Nach Auffassung des Senats erscheint in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 2 II. BV eine jährliche Abschreibung in Höhe von 1% der berücksichtigungsfähigen Sanierungskosten angemessen. Der Vorschlag des Beklagten, den Wertverlust über eine auf 9 € pro Quadratmeter Wohnfläche erhöhte Instandhaltungspauschale aufzufangen, erweist sich dagegen nicht als ausreichend. Wie ein Blick auf die Systematik der Zweiten Berechnungsverordnung zeigt, hält diese neben der je nach Alter des Gebäudes gestaffelten Instandhaltungspauschale auch eine Abschreibung für geboten.

Da der Eigentümer des Baudenkmals den eintretenden Wertverlust durch die Zahlung des Kaufpreises oder der Sanierungsmaßnahmen gleichsam „vorfinanziert“ hat, ist er nicht verpflichtet, den Betrag der Abschreibung für Reparaturen des Baudenkmals zurückzulegen. Der aus der Berücksichtigung von Reparaturrücklagen abgeleitete und im Urteil des 2. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2010 - 2 B 09.250 - (nicht veröffentlicht) anklingende, die Entscheidung aber nicht tragende Ansatz, dass sich der Finanzierungsaufwand für anfallende Sanierungsmaßnahmen entsprechend der Höhe der in der Vergangenheit vorgenommenen oder unterlassenen Reparaturrücklagen reduzieren würde, verknüpft in unzulässiger Weise die Wirtschaftlichkeitsberechnung, die über die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Sanierungsmaßnahmen in einem überschaubaren zukünftigen Zeitraum Auskunft gibt, mit der Verpflichtung des Eigentümers, im Rahmen des Zumutbaren das Denkmal zu erhalten (Art. 4 Abs. 1 DSchG). Ein Baudenkmal trägt sich wirtschaftlich nur dann selbst, wenn die Erträge aus dem Objekt ausreichen, auch den Wertverlust des Objekts auszugleichen.

1.3 Auf der Ertragsseite sind bei vermieteten Objekten die Mieteinnahmen, bei selbst genutzten Objekten der Gebrauchswert sowie zusätzlich die Steuervorteile für Baudenkmäler nach § 7i oder § 10f EStG anzusetzen (vgl. BayVGH, U. v. 27.9.2007 - 1 B 00.2474 - BayVBl. 2008, 141).

Die zu erwartenden Mieteinnahmen oder der Gebrauchswert bestimmen sich nach dem in der Region üblichen Mietzins für Objekte vergleichbarer Größe und Ausstattung. Nebenkosten werden nicht berücksichtigt, da sie in großem Umfang vom individuellen Verhalten der Nutzer abhängen und auf diese umgelegt werden können (s. Nr. 1.2). Bei einer „Kaltmiete“ von 7,13 € je Quadratmeter Wohnfläche, von der die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, beläuft sich der Gebrauchswert für das Baudenkmal der Kläger mit einer Wohnfläche von 178 m² auf 15.230 € im Jahr.

Auch wenn die Wirtschaftlichkeitsberechnung nach objektiven Kriterien zu ermitteln ist, sind die Vergünstigungen aus der erhöhten Absetzung für vermietete Baudenkmäler nach § 7i EStG und die Vergünstigung für zu Eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmäler nach § 10f EStG nach den individuellen Einkommensverhältnissen des jeweiligen Eigentümers zu ermitteln (vgl. VGH BW, U. v.11.11.1999 - 1 S 413/99 - BRS 62 Nr. 220; OVG Berlin-Bbg, U. v. 17.9.2008 - OVG 2 B 3.06 - NVwZ-RR 2009, 192). Denn nur die konkret erzielbaren Steuervergünstigungen vermindern die durch den Erhalt des Denkmals entstehenden Belastungen. Soweit die Eigentümer entgegen ihrer materiellen Beweispflicht keine hinreichenden Angaben zur Ermittlung der Steuervorteile machen, ist vom maximalen Steuersatz des Einkommensteuergesetzes auszugehen (vgl. OVG Berlin-Bbg, U. v. 17.9.2008 a. a. O.). Da die Kläger nicht substanziiert dargelegt haben, dass sie nach dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand einem Steuersatz von 10% unterliegen, ist vom Spitzensteuersatz von 45% nach § 32a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG auszugehen. Bei diesem Steuersatz erzielen die Kläger in 10 Jahren einen Steuervorteil von 202.500 €, was bezogen auf 15 Jahre einem jährlichen Steuervorteil von 13.500 € entspricht. Geht man dennoch zugunsten der Kläger von einem Steuersatz von 10% aus, erzielen sie in 10 Jahren einen Steuervorteil von 45.000 €, was bezogen auf 15 Jahre einem jährlichen Steuervorteil von 3.000 € entspricht.

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung führt daher entsprechend der nachfolgenden Aufstellung

Aufwand

Kapitalkosten für 500.000 €

9.200

Abschreibung

5.000

Laufende Instandhaltungskosten

1.264

Betriebskosten

0

Verwaltungskosten

0

Mietausfallwagnis

0

Aufwand gesamt pro Jahr

15.464

Ertrag

Gebrauchswert

15.230

jährlicher Steuervorteil nach § 10f EStG bei Steuersatz von 45%

jährlicher Steuervorteil nach § 10f EStG bei Steuersatz von 10%

13.500

3.000

Ertrag gesamt pro Jahr bei Steuersatz von 45%

Ertrag gesamt pro Jahr bei Steuersatz von 10%

28.730

18.230

Saldo bei Steuersatz von 45%

Saldo bei Steuersatz von 10%

+ 13.266

+ 2.766

zu einem jährlichen Überschuss von 13.266 €. Selbst wenn man den Steuervorteil nach § 10f EStG nur mit 3.000 € ansetzt, ergibt sich ein Überschuss von jährlich 2.766 €. Berücksichtigt man weiter, dass die jährliche Zinsbelastung niedriger liegt, als in der Wirtschaftlichkeitsberechnung angesetzt, ist der Erhalt des Baudenkmals den Klägern in jedem Fall wirtschaftlich zuzumuten.

2. Da die Kläger keine aus ihrer persönlichen Situation sich ergebenden Gesichtspunkte vorgetragen haben, die trotz gewichtiger denkmalpflegerischer Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands die Erteilung der Abbrucherlaubnis im Weg einer Ermessensentscheidung rechtfertigen könnten, und auch sonst keine Gesichtspunkte ersichtlich sind, die zu einem Ermessensfehler des Landratsamts geführt haben könnten (vgl. BayVGH, U. v.18.10.2010 - 1 B 06.63 - BayVBl. 2011, 303), kommt ein Anspruch der Kläger auf eine erneute Ermessensentscheidung nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, §§ 708, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. November 2009 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Da die Kläger anstelle des Baudenkmals ein neues Wohnhaus errichten wollen, orientiert sich der Senat an Nr. 9.1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ Beilage 2/2013).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Abbruch eines Gebäudes, das im Bereich des Ensembles S.-straße liegt, einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bedarf, und ob diese Erlaubnis ggf. zu erteilen ist.

Das Anwesen des Klägers befindet sich auf dem Grundstück FlNr. 179, Gemarkung P., in der F.-straße ... Das Haus steht seit 2007 leer. Im Dezember 2008 zeigte der Kläger die Beseitigung des Gebäudes an und beantragte gleichzeitig die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Gebäudes mit einer Grundfläche von 70‚13 m² und einer Wohnfläche von 130‚03 m².

Nach Einschätzung des vom Beklagten eingeschalteten Landesamts für Denkmalpflege sei das Gebäude F.-straße ... Bestandteil des Ensembles S.-straße. Das Ensemble‚ das sich vom alten P.er Ortskern in östlicher Richtung gegen den Fuß des W. im ansteigenden Gelände des S. ausdehne und dessen Hauptachse - dem Bachlauf des F. folgend - die S.-straße und in deren Verlängerung die F.-straße (ehemals: Obere Gasse) darstelle‚ sei geprägt von seiner weitgehend einheitlichen Bebauung aus der Zeit nach dem großen Flächenbrand von 1863. Beim zeitnah erfolgten Wiederaufbau der bäuerlichen Anwesen sei aus Brandschutzgründen die in Holzbauweise errichtete Bautradition aufgegeben worden. An ihrer Stelle seien nunmehr verputzte Bruchsteinbauten mit ziegelgedeckten Steildächern getreten. Die historische Bebauung der F.-straße bestehe aus einer dicht aneinander gereihten‚ dem offenen Bachlauf des F. folgenden Zeile giebelständiger Bauernhäuser. Einige davon besäßen noch Giebeltennen. Das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete Gebäude F.-straße ...‚ ein zweigeschossiger‚ giebelständiger Satteldachbau mit breitem Dachvorstand und verziertem Giebelschrot gehöre zu jenem einheitlichen‚ das Ensemble in besonderer Weise prägenden Wiederaufbau nach dem großen Flächenbrand von 1863. Wie in einer sekundären Vermauerung am straßenseitigen Giebel noch ablesbar‚ gehöre das Gebäude zu den bäuerlichen Anwesen mit Giebeltenne. Als prägender baulicher Bestandteil des Ensembles aus der Zeit des Wiederaufbaus und aufgrund seines besonderen geschichtlichen Zeugniswertes gehöre das weitgehend intakt überlieferte Gebäude zu den das Ensemble S.-straße konstituierenden Bauten. Das Gebäude sei sanierungsfähig. Aufgrund seiner besonderen Bedeutung für das Ensemble S.-straße bzw. seiner Eigenschaft als Ensemble konstituierender Bau müssten gegen den Abbruch des historischen Anwesens erhebliche denkmalpflegerische Bedenken erhoben werden. Ergänzend wurde darauf hingewiesen‚ dass das Ensemble S.-straße nach einer jüngst erfolgten Überprüfung durch Abbrüche und Neubauten bereits massive Verluste im historischen, das Ensemble prägenden Baubestand, erfahren habe‚ die den Denkmalwert reduziert hätten. Weitere erhebliche Verluste an historischem das Ensemble konstituierenden Baubestand würden zum Verlust der Denkmaleigenschaft des Ensembles nach Art. 1 Abs. 3 DSchG führen. Der Bau- und Umweltausschuss des Beklagten beschloss am 16. Februar 2009, das gemeindliche Einvernehmen zum Bauantrag nicht zu erteilen. Am Schutz des Denkmalensembles S.-straße - wie aller anderen Denkmalensembles im Ortsbereich des Marktes - werde festgehalten.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 5. Juni 2009 unter Wiedergabe der Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege den Antrag auf denkmalpflegerische Erlaubnis zum Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens ab. Gewichtige Gründe sprächen für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes.

Auf Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht München den Bescheid nach Einnahme eines Augenscheins aufgehoben und festgestellt‚ dass für die Beseitigung des Gebäudes eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht erforderlich sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für den Abbruch des Gebäudes sei eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht notwendig‚ weil ein denkmalgeschütztes Ensemble im hier maßgeblichen Bereich mangels Vorhandensein eines Einzelbaudenkmals nicht mehr vorliege. Der entgegenstehende Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2009 sei aufzuheben‚ weil er in seiner Begründung ausdrücklich das Gegenteil bestimmt habe. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen‚ weil die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis in einer solchen Konstellation nicht möglich sei. Die Zurückstellung des Bauantrags durch den Beklagten sei zwar fragwürdig, da zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens ein Vorbescheid beantragt werden könne, es spräche jedoch nichts dagegen, die Frage, ob das klägerische Gebäude unter Denkmalschutz stehe, isoliert zu klären. Gebäudemehrheiten‚ zu denen kein Einzelbaudenkmal (mehr) gehöre‚ könnten zwar aus Gründen der Ortsbildpflege erhaltenswert sein; im Sinn des Denkmalschutzgesetzes könnten sie jedoch kein Ensemble sein‚ und zwar auch dann nicht‚ wenn sie unter Beachtung eines historischen Stadt-‚ Platz- oder Straßengrundrisses errichtet worden seien. Wolle man auch Gebäudemehrheiten ohne herausragende Einzelobjekte als Ensemble ansehen‚ was mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht Einklang zu bringen sei‚ so würden alle Gebäudemehrheiten‚ die insgesamt ein erhaltungswürdiges historisches Ortsbild ausmachen‚ zu den Ensembles gehören. Damit wäre die Grenze zur Ortsbildpflege überschritten. Zumal bei größeren Ensembles werde man‚ auch wenn der Wortlaut des Gesetzes das nicht zwingend erfordere‚ im Hinblick auf das Ziel des Gesetzes‚ die Baukultur der Vergangenheit zu erhalten‚ fordern müssen‚ dass eine angemessene Zahl von Einzelbaudenkmälern vorhanden sei. Im gesamten Bereich der F.-straße sowie im weiteren Verlauf der vom F.platz abzweigenden R.-straße‚ S.-straße und der B...gasse befinde sich jedoch kein Einzelbaudenkmal mehr. Die am Ende der B...gasse befindlichen drei Einzelbaudenkmäler sowie das am Ende der S.-straße (Nr. ...) eingetragene Gebäude‚ das möglicherweise ein Einzelbaudenkmal sei‚ lägen so weit von der F.-straße entfernt und abgekoppelt von jeder Blickbeziehung, dass sie das Orts-‚ Platz- oder Straßenbild in der F.-straße nicht mehr beeinflussen könnten. Hinzu komme‚ dass weite Bereiche des Ensembles bereits neu gebaut oder jedenfalls die Gebäude so verändert worden seien‚ dass sie das Ensemble nicht mehr prägen würden. Die Frage, ob die Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Nachweis der Unzumutbarkeit der Erhaltung des Gebäudes geeignet gewesen wäre, könne daher offen bleiben.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage in vollem Umfang. Für die Beseitigung des Gebäudes sei eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis‚ da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen würden. Dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 DSchG könne nicht zwingend entnommen werden‚ dass mindestens eine der zu einem Ensemble gehörenden baulichen Anlagen ein Einzeldenkmal sein müsse. Art. 1 Abs. 3 DSchG verlange nur‚ dass das Orts-‚ Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig sei. Dies lasse die Auslegung zu‚ dass nicht jede bauliche Anlage des Ensembles‚ sondern die baulichen Anlagen als Gesamtheit erhaltungswürdig sein müssten. Ausweislich der Kartierung des Landesamts für Denkmalpflege seien innerhalb des Ensembles S.-straße fünf bauliche Anlagen gemäß Art. 1 Abs. 2 DSchG als Baudenkmäler in die Denkmalliste eingetragen: Zwei Bauernhäuser (B...gasse ... und ...)‚ der A...brunnen (S.-straße)‚ der F.brunnen (F.platz) und eine Haustür (S.-straße ...). In drei Fällen (R.-straße ...‚ R.-straße ...‚ S.-straße ...) müsse die Denkmaleigenschaft der Bauten im Sinne des Art. 1 Abs. 2 DSchG noch geprüft werden. Bei 35 Gebäuden‚ vorwiegend ehemalige Bauernhäuser‚ sei eine Bausubstanz noch aus dem 19. Jahrhundert oder älter festzustellen. Diese Bauten seien als bauliche Anlagen mit besonderem Aussagewert ensemblekonstituierend und würden das Ensemble maßgeblich prägen. Der früher von den Anwohnern vielfach genutzte und heute zumindest noch in Teilbereichen offen geführte F.bach stelle einen weiteren Wert innerhalb des Ensembles dar. Das Landesamt für Denkmalpflege habe nach Einbindung des Landesdenkmalrats den Grund für die Anerkennung eines Denkmalensembles in der historischen, städtebaulichen und volkskundlichen Bedeutung des „Wiederaufbaus“ nach dem großen Brand im 19. Jahrhundert gesehen. Als prägender Bestandteil des Ensembles aus der Zeit des Wiederaufbaus und aufgrund seines besonderen geschichtlichen Zeugniswertes sei das weitgehend intakt überlieferte Gebäude eines der das Ensemble S.-straße konstituierenden Bauten. Auch ein Gebäude in einem Ensemble‚ das für sich genommen kein Denkmal sei‚ könne dann einen unverzichtbaren Bestandteil eines Ensembles bilden‚ wenn es die Geschichtlichkeit des Ortes und die Information über die früheren städtebaulichen Zusammenhänge unmittelbar verkörpere und so für die historische Erscheinungsweise des Ensembles von besonderer Bedeutung sei. Das Gebäude weise weder im statisch-konstruktiven noch in anderen Bereichen Schadensbilder auf‚ bei denen die Erhaltungsfähigkeit des Ensemblebaus in Frage gestellt wäre. Auch die an der rückwirkenden Giebelwand feststellbare Mauerfeuchte aufgrund des hier anstehenden Geländes könne im Rahmen einer Gesamtinstandsetzung des Anwesens beseitigt werden. Ein Abbruch sei aufgrund der besonderen Bedeutung des streitgegenständlichen Gebäudes für das Ensemble S.-straße nicht hinnehmbar. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten belege nicht die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Sanierung. Die vorliegende Kostenberechnung für die Sanierung des Bestandsgebäudes stelle sich aus denkmalfachlicher Sicht als überzogen dar und könne in wesentlichen Teilen nicht nachvollzogen werden.

Der Beklagte beantragt,

unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 15. Juli 2010 die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger, der nach der Berufungsbegründung des Beklagten Anschlussberufung eingelegt hat, beantragt‚

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen sowie die beantragte denkmalpflegerische Erlaubnis zum Abbruch des bestehenden Anwesens F.-straße ... zu erteilen, soweit festgestellt werde, dass eine solche Erlaubnis erforderlich sei.

Das Verwaltungsgericht habe zutreffend das Vorliegen eines schützenswerten Ensembles verneint und dementsprechend eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für die Beseitigung des klägerischen Gebäudes nicht für erforderlich gehalten. Im Bereich des Gebäudes des Klägers liege kein schützenswertes Ensemble mehr vor. Die schützenswerten Bereiche lägen so weitab, dass das Orts-‚ Platz- oder Straßenbild in der F.-straße von den Einzeldenkmälern nicht mehr beeinflusst werden könne. Der Straßenzug‚ in dem kein Einzeldenkmal mehr feststellbar sei‚ sei davon nicht geprägt. Weite Bereiche des behaupteten Ensembles seien neu gebaut oder die Gebäude so verändert‚ dass sie nicht mehr als prägend angesehen werden könnten. Der behauptete Ensembleschutz sei im Ergebnis nichts anderes als Ortsbildpflege und nicht Denkmalpflege. Die Einzeldenkmäler F.brunnen und A...brunnen seien nicht geeignet‚ die Ensembleeigenschaft im Bereich des Anwesens des Klägers zu begründen. Allein Lage und Ausgestaltung dieser beiden Einzeldenkmäler belegten‚ dass hier nur die Brunnenanlage selbst und eine darum herum gegebene spezielle Platzsituation angesprochen sei. Im Übrigen sei der im Jahr 1899 gestiftete F.brunnen nahezu vollständig erneuert worden, der Brunnentrog abgetragen und neu geschalt und betoniert worden, so dass ein vollständiger Neubau des Brunnens vorliege. Nur die Brunnensäule entspreche noch dem ursprünglichen Zustand. Damit habe der Brunnen seine Denkmaleigenschaft weitestgehend verloren. Die Festlegung eines Ensembleumfangs sei nur dann mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar, wenn die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 DSchG auch im Rahmen des Art. 1 Abs. 3 DSchG erfüllt seien. Nach den vom Beklagten erneut vorgelegten Unterlagen werde deutlich‚ dass in dem Bereich der F.-straße kein denkmalgeschützter Bereich mehr gegeben sei‚ und zwar weder unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens eines Einzeldenkmals‚ noch unter Ensemblegesichtspunkten. Die noch vorhandenen Einzeldenkmäler hätten keine Wirkung auf diesen Bereich mehr. Darüber hinaus sei das Gebäude des Klägers auch nicht erhaltensfähig‚ eine lediglich denkmalgerechte Instandsetzung des Gebäudes sei in wirtschaftlicher Hinsicht nicht zumutbar. Eine historische Struktur sei allenfalls noch hinsichtlich der Außenmauer überhaupt erkennbar. Im Inneren habe das Gebäude deutliche Umbauten und Veränderungen erfahren‚ vor allem aber sei der Bauzustand so‚ dass allenfalls noch geringe Restbestände des ehemals historischen Gebäudes erhalten bleiben könnten‚ wenn man lediglich eine Sanierung unter Denkmalschutzgesichtspunkten durchführe. Angesichts des massiven Schimmelbefalls auch der Außenwände sei bereits fraglich‚ inwieweit diese erhalten werden könnten‚ vor allem seien aber die Kosten‚ die dadurch entstünden, für den Kläger nicht tragbar. Die vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung belege dies überdeutlich. Die Erhaltung der historischen Holzbalkendecke sei nicht zumutbar, ebenso sei eine vollständige Neuerstellung des Dachtragwerks sowie des Balkons erforderlich. Im Hinblick auf die massive Schimmelbildung müsse auch der Außen- und Innenputz vollständig erneuert werden, da er mit bloßen Ausbesserungsmaßnahmen nicht zu beseitigen sei. Der Gutachter komme zu dem Ergebnis‚ dass bei einem Erhalt des Gebäudes mit einhergehender denkmalgeprägter Sanierung des Hauses Kosten entstehen würden‚ die aus den daraus erzielenden Einnahmen nicht gedeckt werden könnten.

Die Landesanwaltschaft Bayern unterstützt - ohne eigene Antragstellung - als Vertreter des öffentlichen Interesses den Antrag des Beklagten. Ihrer Ansicht nach sei das Anwesen Bestandteil des Ensembles S.-straße. Der Ensembleschutz zöge selbst dann eine Erlaubnispflichtigkeit einer Beseitigung des streitbefangenen Gebäudes gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1‚ Satz 3 DSchG nach sich‚ wenn ein für den Nähebereich des zur Beseitigung anstehenden Gebäudes relevantes Einzeldenkmal innerhalb des Ensembles nicht existiere. Ob ein Ensemble schutzwürdig sei‚ beurteile sich entscheidend danach, ob das Orts,- Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig sei. Dafür könne einzelnen Denkmälern zwar Indizwirkung zukommen‚ konstitutive Voraussetzung sei deren Existenz indes gerade nicht. Diese Rechtsauffassung überschreite die Wortlautgrenze von Art. 1 Abs. 3 DSchG nicht, stehe mit den Erwägungen des historischen Gesetzgebers in Einklang und sei nach dem Sinn und Zweck des Ensembleschutzes zudem auch geboten. Unter Berücksichtigung dieser Gesetzeslage habe der Landesdenkmalrat in der Folge in der 109. Sitzung vom 18. Juli 1983 beschlossen, in Ausnahmefällen positive Voten für Ensembleeintragungen nicht davon abhängig zu machen, dass sich im Ensemble zumindest ein Einzelbaudenkmal befinde. Dabei sei insbesondere an die Plansiedlungen des späten 19. und des 20. Jahrhunderts gedacht worden, deren Einzelbauten aufgrund der baulichen Qualität und Überlieferung in der Regel nicht die Bedeutungsschwelle eines Einzelbaudenkmals erreichen würden. Auch das streitgegenständliche Ensemble S.-straße sei im Übrigen Zeugnis eines planmäßigen Wiederaufbaus (nach dem Brand 1863), wobei hier - im Unterschied zu den genannten Plansiedlungen - ohnehin mehrere Einzelbaudenkmäler vorlägen. Beim Ensembleschutz komme es allein auf den Erhalt historischer Bausubstanz aufgrund der objektiven Bedeutung des Denkmals im Lichte der Tatbestandsmerkmale nach Art. 1 Abs. 1 DSchG an‚ während hingegen die Ortsbildpflege - unabhängig vom Vorhandensein historischer Bausubstanz oder geschichtlicher Zeugnisse - die Gestaltung eines ansprechenden‚ das ästhetische Empfinden der Bürger angenehm berührenden Erscheinungsbildes der bebauten Ortsteile sicherstellen wolle. Es komme nach dem Sinn und Zweck des Bayerischen Denkmalschutzrechts für den Ensembleschutz gerade nicht darauf an‚ ob und ggf. wie viele einzelne Baudenkmäler im Ensemble vorhanden seien. Der Denkmalwert eines Objekts sei nämlich auch dann zu bejahen‚ wenn sich die geschichtliche Bedeutung nicht unmittelbar aus sich selbst heraus visuell erschließe‚ es aber zusammen mit anderen Quellen einen optischen Eindruck von historisch bedeutsamen Gegebenheiten vermitteln könne. Dies lege schließlich auch der Dualismus der beiden alternativen Tatbestandsmerkmale in Art. 6 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 DSchG nahe‚ da die beiden Alternativen dieser Vorschrift („… wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.“) ebenfalls das so vertretene Normverständnis von Art. 1 Abs. 3 DSchG stützen würden. Im Hinblick auf die im streitgegenständlichen Ensemble vorhandenen fünf in die Denkmalliste aufgenommenen Einzelbaudenkmäler sowie die 35 weiteren Gebäude mit besonderer‚ den Aussagewert des Ensemble bestimmender Wirkung‚ komme es‚ da die vom Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zusätzlich postulierte „prägende Wirkung“ bzw. „Ausstrahlungswirkung“ der Einzeldenkmäler für das Ensemble im Bereich des streitgegenständlichen Gebäudes im Gesetz keine Stütze finde‚ entscheidend allein auf die Teilhabe des Gebäudes an einem erhaltenswerten optischen Gesamteindruck des Ensembles an. Die beiden zentral gelegenen Brunnen seien dabei bei der Bestimmung des Ensembleumfangs zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass das Denkmalschutzgesetz grundsätzlich auch Veränderungen an Einzelbaudenkmälern oder an Ensembles zulasse, ohne dass dies von vornherein zu einem Wegfall der Denkmaleigenschaft führen würde. Dieser grundsätzlichen „Offenheit“ des Denkmalschutzgesetzes für Veränderungen würde es widersprechen, wenn mit einem Wegfall der Denkmaleigenschaft eines zu einem Ensemble gehörenden Einzelbaudenkmals in jedem Fall zwingend die Ensembleeigenschaft entfallen würde, obwohl das historische Orts-, Platz- oder Straßenbild im Übrigen weiterhin erhaltungswürdig sei. Hier müsse in Ausnahmefällen der Erhalt der Ensembleeigenschaft möglich sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen. Wegen der beim Ortstermin am 21. April 2016 getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift mit der beigefügten Fotodokumentation verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg, so dass über die hilfsweise gestellte Anschlussberufung des Klägers nicht zu entscheiden ist.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Beklagten vom 5. Juni 2009, mit dem die denkmalschutzrechtliche Abbruchgenehmigung für das Gebäude F.-straße ..., FlNr. 179, Gemarkung P., versagt wurde, zu Recht aufgehoben. Für die Beseitigung des Gebäudes ist eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht erforderlich. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem in die Denkmalliste eingetragenen Ensemble S.-straße (noch) um ein Ensemble nach Art. 1 Abs. 3 DSchG handelt (1.) ist jedenfalls das Gebiet im Bereich der F.-straße nicht (mehr) Teil des unterstellten Ensembles S.-straße (2.).

Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 DSchG bedarf der Erlaubnis, wer ein Ensemble verändern will, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Die Funktion des Genehmigungserfordernisses als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt erfordert dabei eine weite Auslegung des die Genehmigungspflicht auslösenden Tatbestands (OVG Berlin-Bbg, U. v. 21.2.2008 - 2 B 12.06 - BRS 73 Nr. 204; VGH BW, U. v. 27.6.2005 - 1 S 1674/04 - ÖffBauR 2005, 140). Ensembles genießen dabei den gleichen Schutz wie Einzelbaudenkmäler, ensembleprägende Bestandteile sollen grundsätzlich erhalten werden (BayVGH, U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - BayVBl 2008, 477). Der Schutzanspruch des Ensembles zielt insoweit allerdings stärker und vorrangiger auf das Erscheinungsbild, das die Bedeutung vermittelt und in seiner Anschaulichkeit zu bewahren ist (BayVGH, U. v. 3.1.2008 a. a. O.).

1. Nach den beim Ortstermin getroffenen Feststellungen hat der Senat erhebliche Zweifel an der Ensemblequalität des in der Denkmalliste nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG unter der Aktennummer... (vgl. http://www.geodaten.bayern.de/Bayernatlas-klassik) eingetragenen Ensembles S.-straße, das sich nach den Ausführungen in der Denkmalliste durch eine einheitliche Bauweise auszeichnet, mit der den brandschutztechnischen Anforderungen nach dem großen Flächenbrand von 1863 Rechnung getragen wurde.

1.1 Ausgangspunkt der Erwägungen ist Art. 1 Abs. 3 DSchG. Danach kann zu den Baudenkmälern auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltungswürdig ist, wobei die Eintragung in die Denkmalliste dabei nur deklaratorische Bedeutung hat (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG). Zwar verlangt das Gesetz nicht, dass es sich um Gebäude mit den gleichen Stilmerkmalen handeln muss, da auch verschiedene, einander ausschließende, nicht abgeschlossene Planungen bzw. „willkürliche Zusammenhänge“ als Zeugnis früherer Entwicklungen zu einem erhaltenswerten Orts-, Platz- oder Straßenbild und damit zu einem Ensemble führen können (vgl. Eberl in Eberl/Martin/Spennemann, Bayer. Denkmalschutzgesetz, 7. Aufl. 2015, Art. 1 Rn. 54). Jedoch bedarf es eines festzustellenden Funktionszusammenhangs oder eines gemeinsamen Grundprinzips, um den Gebäuden einen sich daraus ergebenden gesteigerten Zeugniswert für bestimmte geschichtliche Entwicklungen oder städtebauliche Gegebenheiten an einem Ort zu vermitteln (vgl. Martin in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 3. Aufl. 2010, Teil C Rn. 44).

Wie der Senat festgestellt hat, gibt es in dem in der Denkmalliste beschriebenen Gebiet, das neben der S.-straße auch die F.-straße, die R.-straße, die B...gasse und die ...-Straße umfasst, keine die Bauweise nach der Brandkatastrophe prägende Einzelbaudenkmäler. Denn unabhängig davon, ob der F.brunnen nach der dokumentierten baulichen Veränderung im Sockel noch ein (Einzel-)Denkmal darstellt (vgl. die Beschreibung in der Denkmalliste unter der Aktennummer ..., wonach das Denkmal die historisierende Bronzefigur des heiligen Florian auf hoher Mittelsäule inmitten eines Steinbeckens umfasst), stellen weder der F.brunnen sowie der A...brunnen, die in der Beschreibung des Ensembles S.-straße aufgeführt werden als besondere Akzentuierung des Straßenzugs S.-straße, noch die unter der Aktennummer ... aufgeführte neugotische Haustüre nach 1863 im Anwesen S.-straße ... das Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler dar. Auch die Anwesen B...gasse ... und ... die ebenfalls als Einzelbaudenkmäler unter der Aktennummer ... bzw. ... in die Denkmalliste eingetragen sind, vermögen das unterstellte Ensemble S.-straße nicht zu prägen. Die beiden Anwesen, die die landwirtschaftlichen Anwesen im Werdenfelser Land mit flachgeneigten, ehemals mit Holzschindeln gedeckten Dächern repräsentieren, sind Zeugnis der vor dem großen Brand Ende des 18. Jahrhunderts und in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts errichteten Bauernhäuser. Das gilt auch für das Gebäude S.-straße ..., das ebenfalls vor dem großen Brand errichtet wurde, im Übrigen aber wegen der Neuausführung von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss seinen Status als Einzelbaudenkmal verloren hat. Die Gebäude in der B.-straße stellen ersichtlich den Vorbestand vor dem großen Brand dar, repräsentieren aber nicht die Bedeutung der einheitlichen Bebauung nach dem großen Brand von 1863 in den genannten Straßenzügen. Wie im Berufungsverfahren festgestellt, sind nach den Ausführungen des Vertreters des Landesamts für Denkmalpflege keine weiteren Einzelbaudenkmäler zu verzeichnen, insbesondere ergab die Überprüfung der Anwesen R.-straße Nr. ... und S.-straße Nr. ... keine Einstufung als Einzelbaudenkmäler.

1.2 Fehlt es aber an Einzelbaudenkmälern, die den Charakter des Ensembles prägen, so kommt der Rechtsfrage, ob Gebäudemehrheiten, zu denen kein Einzelbaudenkmal (mehr) gehört, als Ensemble anzusehen sind, maßgebliche Bedeutung zu. Nach Auffassung des Senats setzt der Ensembleschutz das Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler voraus.

a) Ensembles stellen unzweifelhaft zentrale Bestandteile des Denkmalschutzgesetzes dar (Art. 1 Abs. 3 DSchG). Sie umfassen räumliche Gesamtheiten aus denkmalgeschützten Anlagen und Anlagen, die für sich genommen nicht als Denkmäler einzustufen sind, aber zusammen insgesamt ein erhaltungswürdiges Orts-, Platz- oder Straßenbild als Erscheinungsform tiefer liegender baulicher Qualitäten ergeben. Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 DSchG beschreibt eine städtebauliche Situation, in der durch mehrere einzelne Gebäude, die nicht alle für sich Baudenkmäler sein müssen, eine Gesamtheit entstanden ist, die als Ganzes von geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher, wissenschaftlicher oder volkskundlicher Bedeutung ist (vgl. BayOblG, B. v. 25.3.1993 - 3 ObOWi 17/93 - NVwZ 1994, 828). Obwohl dafür der optische Eindruck der Gesamtheit, also das ganzheitliche Erscheinungsbild, entscheidend ist, kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht auf das Vorliegen von das Ensemble prägenden Einzelbaudenkmälern verzichtet werden, da sich der Gesamteindruck auf die Mehrheit von Anlagen in einem Ensemble und das öffentliche Erhaltungsinteresse bezieht. Zudem formuliert Art. 1 Abs. 3 DSchG im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 DSchG und der Fiktion in Art. 1 Abs. 2 Satz 3 DSchG, dass Ensembles zu den Baudenkmälern gehören können. Auch diese Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 2 DSchG spricht für die Annahme, dass in einem Ensemble eine nennenswerte Anzahl von Baudenkmälern nach Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 DSchG (sog. Einzelbaudenkmäler) vorhanden sein müssen. Gebäudemehrheiten, zu denen kein Einzelbaudenkmal mehr gehört, können zwar aus Gründen der Ortsbildpflege erhaltenswert sein, sie sind aber keine Ensemble mehr, und zwar selbst dann nicht, wenn sie unter Beachtung eines historischen Stadt-, Platz- oder Straßengrundrisses errichtet wurden (vgl. dazu Martin in Martin/Krautzberger, a. a. O. Rn. 49; Eberl in Eberl/Martin/Spennemann, a. a. O. Art. 1 Rn. 54, 54a, 56). Dieses am Wortlaut orientierte Verständnis findet sich auch in der Rechtsprechung wieder (vgl. BayOblG, B. v. 25.3.1993 a. a. O.; BayVGH, B. v. 22.1.2014 - 1 ZB 11.2164 - juris Rn. 3; B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 11.398 - juris, Rn. 3; B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 5; U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - a. a. O.; U. v. 3.8.2000 - 2 B 97.1119 - juris Rn. 18; BVerwG, U. v. 22.2.1980 - IV C 44.76 - juris Rn. 17, das zwar im Zusammenhang mit dem ortsrechtlichen Verbot zur Lichtreklame steht, aber zum Indiz des Ensembleschutzes für die Einheitlichkeit der historischen Altstadt ausführt und es dabei genügen hat lassen, dass die Altstadt von einigen künstlerisch wertvollen Gebäuden geprägt wird und insgesamt den Charakter einer mittelalterlichen Stadt bewahrt hat; BayVGH, B. v. 9.12.2011 - 15 ZB 09.3143 - juris Rn. 12, der ebenfalls im Zusammenhang mit einer Baugenehmigung für eine Werbeanlage auf das vorstehende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Bezug nimmt).

b) Dagegen überzeugt das Argument des Beklagten, dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 DSchG könne nicht zwingend entnommen werden, dass mindestens eine der zu einem Ensemble gehörenden baulichen Anlagen ein Einzeldenkmal sein müsse, vielmehr nur erforderlich sei, dass das Orts-, Platz- oder Straßenbild insgesamt erhaltungswürdig sei, im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen unter Buchst. a) nicht. Gleichermaßen ist der von dem Beklagten weiter gezogene Rückschluss auf eine in der 109. Sitzung des Landesdenkmalrats vom 18. Juli 1983 getroffene Entscheidung, in Ausnahmefällen positive Voten für Ensembleeintragungen nicht davon abhängig zu machen, dass sich im Ensemble zumindest ein Einzelbaudenkmal befindet, was ein Beleg für die weite Auslegung des Art. 1 Abs. 3 DSchG sei, nicht überzeugend. Unabhängig von der Stellung des Landesdenkmalrats nach Art. 14 DSchG zeigt auch die Formulierung „in Ausnahmefällen“, dass in einem Ensemble notwendigerweise zumindest ein Einzelbaudenkmal vorhanden sein muss und der Ensembleschutz nicht von Anfang an als selbstständige Kategorie neben dem Schutz von Einzelbaudenkmälern verstanden wurde. Bereits in den Empfehlungen vom 19. April 1977 im Zusammenhang mit Baumaßnahmen (IMS Nr. II B 4-9130-22, veröffentlicht in Simon/Busse Anhang 422) führt der Landesdenkmalrat zu den charakteristischen Merkmalen eines Ensembles unter Nr. 1.1.1 „Städtebauliche Struktur“ aus, dass dazu u. a. auch das Straßenschema, die Viertelsbildung, die Maßstäblichkeit der Bebauung sowie das Verhältnis der Baumassen zueinander, zu herausragenden Baudenkmälern und Blickpunkten und zu charakteristischen Vegetationsbereichen zählen und stellt damit ersichtlich darauf ab, dass in einem Ensemble prägende Einzelbaudenkmäler vorhanden sein müssen.

c) Eine Auslegung des Art. 1 Abs. 3 DSchG, wonach bauliche Anlagen als Gesamtheit (im Sinn von „nicht jede für sich“) erhaltungswürdig sind, kann aber auch nicht der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs-7/2033 vom 14.2.1972, Seite 9) entnommen werden. Darin wird wie folgt zu Art. 1 Abs. 2 DSchG (jetzt Art. 1 Abs. 3 DSchG) ausgeführt: „(...) Im Einklang mit den in vielen europäischen Ländern zu beobachtenden Bestrebungen des Denkmalschutzes, nicht nur einzelne Gebäude zu erhalten, die gelegentlich inmitten von lauter modernen Neubauten wie Fremdkörper wirken können, sondern durch Erhaltung von Häusergruppen, von Straßenzügen und Plätzen ein besseres Abbild der Geschichte zu geben, legt Art. 1 Abs. 2 fest, dass auch eine Mehrheit von Gebäuden ein Baudenkmal sein kann (Ensembleschutz). Baudenkmal ist hier nicht oder jedenfalls nicht nur ein einzelnes Gebäude, sondern ein Platz oder eine Straße. (…)“. Anhaltspunkte dafür, dass der angestrebten Unterschutzstellung von Häusergruppen, Straßenzügen und Plätzen - unabhängig von der Frage, wie viele Einzelbaudenkmäler in einem Ensemble vorhanden sein müssen - ein gänzlicher Verzicht auf das Vorhandensein eines Einzelbaudenkmals entnommen werden könnten, liegen nicht vor.

d) Die von dem Beklagten in den Blick genommen Auslegung orientiert sich vielmehr an der in anderen Bundesländern aufgrund von anderslautenden Gesetzesbestimmungen festgelegten Unterschutzstellung von Siedlungen ohne herausragendes Einzeldenkmal als Ensemble (vgl. dazu Eberl in Eberl/Martin/Spennemann, a. a. O. Art. 1 Rn. 54, 54a, 56 m. w. N. sowie die Formulierungen in § 2 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 19 DSchG Baden-Württemberg, § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Brandenburg, § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG Hamburg, § 2 Abs. 3 Satz 1 DSchG Mecklenburg-Vorpommern, § 3 Abs. 3 Satz 1 DSchG Niedersachsen, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 5 DSchG Rheinland-Pfalz, § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Saarland, § 1 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 21 DSchG Sachsen und § 2 Abs. 3 Nr. 3 DSchG Schleswig-Holstein). Von dieser Möglichkeit ausdrücklich zu bestimmen, dass ein Emsemble auch dann vorliegt, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt, hat der bayerische Gesetzgeber bislang keinen Gebrauch gemacht.

Dem steht nach Auffassung des Senats auch nicht die vom Oberverwaltungsgericht Hamburg in der Entscheidung vom 16. Mai 2007 (2 Bf 298/02 - NVwZ-RR 2008, 300) zu § 2 Nr. 2 DSchG vom 3. Dezember 1973 (HbgGVBl S. 466) i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 25. Juni 1997 (HbgGVBl S. 267) vorgenommene Auslegung entgegen, wonach die geschichtliche Bedeutung eines Ensembles nicht voraussetze, dass zumindest einem seiner Bestandteile für sich genommen diese Eigenschaft zuerkannt werden könne. Nach dieser Vorschrift werden als Denkmäler (auch) Mehrheiten von unbeweglichen Sachen geschützt, zusammen mit ihrem Zubehör und ihren Ausstattungen und den mit ihnen verbundenen Garten- und Parkanlagen (Ensemble), zu denen auch städtebauliche Einheiten, insbesondere kennzeichnende Straßen-, Platz- und Quartiersbilder gehören können, wobei nicht erforderlich ist, dass jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt. Unabhängig davon, dass bereits die Formulierung in § 2 Nr. 2 DSchG i. d. F. vom 3. Dezember 1973 abweichend von der Formulierung im Bayer. Denkmalschutzrecht in Art. 1 Abs. 3 DSchG darauf abstellt, dass gerade nicht (mindestens) ein Denkmal vorhanden sein muss, stellt das Gericht in seiner Entscheidung zutreffend auf die (mit den Bayer. Denkmalschutzrecht nicht vergleichbare) Historie des Hamburger Denkmalschutzgesetzes ab, indem es ausführt, dass die Ursprungsfassung des § 2 DSchG i. d. F. vom 3. Dezember 1973 weder diese noch eine vergleichbare Formulierung enthielte und nach der Begründung des damaligen Gesetzesentwurfs (Bü-Drs. VII/2883 Seite 9) die Unterschutzstellung von Gebäudegruppen und Gesamtanlagen unabhängig davon sei, ob sich unbewegliche Denkmäler darin befänden. Mit der durch das Gesetz zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 25. Juni 1997 bewirkten Neugliederung der Gegenstände des Denkmalschutzes in § 2 DSchG habe der Gesetzgeber eine Orientierung an der Systematik und den Begriffsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, eine Vereinfachung der Definitionen und eine Vermeidung zuvor aufgetretener Abgrenzungsschwierigkeiten bezweckt. Anhaltspunkte dafür, dass zugleich die Voraussetzungen für den Ensembleschutz verschärft hätten werden sollen, seien den Materialien nicht zu entnehmen (vgl. OVG Hamburg, U. v. 16.5.2007 a. a. O.). Damit verbunden ist ausweislich des Hamburgischen Denkmalschutzgesetzes i. d. F. vom 5. April 2013 die nunmehr geltende Formulierung in § 4 Abs. 3 Satz 1 DSchG, wonach ein Ensemble ein Mehrheit baulicher Anlagen (…) ist, und zwar auch dann, wenn kein oder nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt.

e) Ferner ist nach Auffassung des Senats auch in den Blick zu nehmen, dass nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG - der mit Wirkung vom 1. August 2003 in das Denkmalschutzgesetz eingefügt wurde (vgl. GVBl S. 475) - die Erlaubnispflicht einer Veränderung baulicher Anlagen, die für sich genommen kein Baudenkmal sind, davon abhängt, dass die Veränderung sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 3). Diese Regelung dient zwar der Verwaltungsvereinfachung und sollte insbesondere für Nicht-Baudenkmäler in Ensembles die bis dahin grundsätzlich auch bei baulichen Änderungen im Inneren dieser Gebäude bestehende Genehmigungsbedürftigkeit entfallen lassen, sie lässt im Übrigen aber die Genehmigungsbedürftigkeit im Ensemble unverändert (vgl. LT-Drs. 14/12042 S. 4). Das Erscheinungsbild des Ensembles wird aber durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 DSchG), das wiederum nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen wie Fronten und/oder Giebeln besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. Eberl in Eberl/Martin/Spennemann a. a. O. Art. 1 Rn. 61). Auch das spricht gewichtig dafür, dass das Anliegen des Denkmalschutzes, die Substanz der Objekte zu erhalten, nur dann zu rechtfertigen ist, wenn Einzelbaudenkmäler das Ensemble als Ganzes maßgeblich prägen.

Diese vom Senat für zutreffend gehaltene Auslegung des Art. 1 Abs. 3 DSchG orientiert sich schließlich auch an dem vom Gesetzgeber in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG angeordneten Substanzschutz, der in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 GG bzw. Art. 103 BV zu bringen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Denkmalschutz einen hohen Stellenwert eingeräumt, zugleich aber eine ausreichende Berücksichtigung der Eigentümerbelange gefordert (vgl. BVerfG, B. v. 2.3.1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100, 226). Die Lösung von Konfliktfällen erfolgt im Erlaubnisverfahren anhand der Regelung des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Danach kann die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Zwar gilt die Regelung ihrem Wortlaut nach nur für die auf einzelne Baudenkmäler bezogenen Fälle des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 DSchG, doch ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber auch für den in dieser Regelung nicht genannten Fall der Erlaubnis zur Ensembleveränderung ebenfalls eine Versagungsmöglichkeit vorsehen wollte (vgl. dazu BayVGH, B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 5). Wäre es Absicht des Gesetzgebers gewesen, das Bestehen eines Ensembles auch ohne ein Einzelbaudenkmal anzunehmen, hätte es nahegelegen, in Art. 6 Abs. 2 DSchG eine gesonderte Regelung für die Veränderung eines Gebäudes, das selbst kein Baudenkmal ist, jedoch Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Ensembles hat (Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG), vorzusehen, um eine unverhältnismäßige Belastung der Eigentümer von Nicht-Baudenkmälern zu vermeiden, die aus der pauschalen Forderung nach Substanzerhaltung resultieren kann.

2. Letztlich kann aber die Ensemblequalität des Gebiets im streitgegenständlichen Verfahren dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist die F.-straße, in der sich das Gebäude des Klägers befindet, ersichtlich nicht (mehr) Teil des Ensembles S.-straße, dessen Schutzbedürftigkeit nach Art. 1 Abs. 3 DSChG zugunsten des Beklagten unterstellt wird. Der beabsichtigte Abbruch des Gebäudes bedarf daher keiner Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 DSchG.

2.1 Das Gebäude F.-straße ... erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen, die es selbst zu einem Baudenkmal im Sinn des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG qualifizieren würden.

2.2 Darüber hinaus ist das Gebäude auch - unabhängig von der vorliegend unter Nr. 1. thematisierten Rechtsfrage - nicht Teil des unterstellten Ensembles S.-straße. Insoweit fehlt es im Bereich der F.-straße ersichtlich an ausreichender historischer Bausubstanz, die das unterstellte Ensemble prägen könnte. Das Verwaltungsgericht ist somit im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass im maßgeblichen Bereich der F.-straße ein denkmalgeschütztes Ensemble nicht mehr vorliegt. Dabei hat es angesichts des flächenmäßig großen Ensembles S.-straße zutreffend für die Beurteilung der denkmalschützerischen Aspekte auf den Nahbereich um das klägerische Anwesen und damit auf die F.-straße abgestellt (vgl. BayVGH, B. v. 29.7.2013 - 14 ZB 11.398 - juris Rn. 3; U. v. 11.1.2011 - 15 B 10.212 - juris 31).

Ohne dass es dabei auf die vom Verwaltungsgericht angeführte fehlende Prägung der F.-straße durch die Einzelbaudenkmäler B...gasse ... und ... ankommt, da die Tatsache, dass insoweit kein Blickkontakt besteht, grundsätzlich den historischen Bezug des Gebäudes zum Ensemble und seine Funktion für dieses nicht entfallen lässt (vgl. BayVGH, U. v. 3.8.2000 - 2 B 97.1119 - juris Rn. 19), ist nach den vom Senat im Ortstermin gewonnenen Erkenntnissen im Bereich der F.-straße keine historische Bausubstanz mehr vorhanden, die das Ensemble prägen könnte. Ein insoweit erhaltungswürdiges Ort-, Platz- oder Straßenbild als ein Zeugnis geschichtlicher Ereignisse ist im Bereich der F.-straße nicht mehr vorhanden.

Ein Einzelbaudenkmal ist im Bereich der F.-straße selbst nicht vorhanden. Auch im Übrigen ist die F.-straße, in der zwar einzelne historische Bauten saniert wurden (vgl. Niederschrift vom 21. April 2014 - Hausnummern ... und ...), im Gegensatz zu den Bereichen ...t...-Straße, B...gasse sowie R.-straße, die durchgehend noch historische Bausubstanz aufweisen, maßgeblich geprägt von Neubauten (vgl. Niederschrift vom 21. April 2014 - Hausnummern ... und die Nebengebäude gegenüber Nr. ...) bzw. von einem sanierten historischen Bau direkt neben dem Gebäude des Klägers, der sich insbesondere aufgrund der erkennbaren Erhöhung des Kniestocks nicht von einem Neubau unterscheidet (vgl. Niederschrift vom 21. April 2014 - Hausnummer ...). Auch der Blick in die F.-straße aus westlicher Sicht vom F.platz aus ist geprägt durch den Neubau R.-straße ... sowie die Gebäude F.-straße ... und ..., die - im Gegensatz zu den sonstigen giebelständigen Gebäuden in der F.-straße - traufseitig errichtet sind. Auch die Neubauten in dem Bereich R.-straße ... und ..., die zwar jenseits des F.bachs stehen, die F.-straße jedoch wesentlich prägen, stehen nur teilweise giebelständig zur F.-straße hin, wie das für die historische Bauweise kennzeichnend ist.

Da jedenfalls im Bereich der F.-straße keine ausreichende historische Bausubstanz mehr vorhanden ist, kommt es ungeachtet der vom Beklagten nicht zu beanstandenden Zielrichtung, im Ensemble - im Gegensatz zu der bisherigen Handhabung - möglichst alle relevanten Gebäude mit historischer Substanz zu erhalten, für den Fortbestand des unterstellten Ensembles S.-straße nicht mehr auf den Erhalt des streitgegenständlichen Gebäudes des Klägers an.

3. Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob das Gebäude des Klägers erhaltungsfähig ist und ob nach Sanierung eine sinnvolle und wirtschaftlich vertretbare Nutzung möglich ist. Auch über die Anschlussberufung des Klägers ist nicht zu entscheiden, weil sie nur für den Fall erhoben worden ist, dass für den Abbruch eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich ist.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, weil sein Rechtmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Senat geht in Übereinstimmung mit der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung von einem Streitwert in Höhe von 10.000 Euro aus (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG).

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger begehren von der Beklagten (nachträglich) eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis sowie eine Abweichung von deren Baugestaltungssatzung zum Einbau von Alu-Kunststoff-Fenstern in ihr Wohnhaus, das im Geltungsbereich der Gestaltungssatzung der Beklagten „über besondere Anforderungen an die Baugestaltung und an Werbeanlagen in der Altstadt von W...“ und zugleich im Gebiet des Denkmalensembles „Altstadt W...“ liegt. Außerdem wenden sich die Kläger gegen die in Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 9. Januar 2015 angeordnete Beseitigung der bereits eingebauten Alu-Kunststoff-Fenster in Holzoptik in der nördlichen Fassade ihres Wohnhauses. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 19. März 2015 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Kläger.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist haben darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Einbau der gegenständlichen Fenster bedürfe nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG keiner Erlaubnis, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Einbau der Kunststofffenster eine die Erlaubnispflicht auslösende Veränderung des Ensembles im Sinn des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG ist, weil er sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Die das Erscheinungsbild des Ensembles betreffende zweite Alternative des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG stellt auf bauliche Anlagen ab, die - wie hier - für sich genommen kein Baudenkmal sind. Der Vortrag, das Gebäude der Kläger sei selbst kein denkmalgeschütztes Gebäude, geht deshalb ins Leere.

b) Mit dem Einwand, die eingebauten Fenster seien spezielle Anfertigungen in Holzoptik, die in Ausgestaltung und Farbe den ausgebauten Holzfenstern entsprächen, visuelle Unterschiede zu Holzfenstern gebe es nicht, hat sich das Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisfähigkeit auf Grundlage eines Ortstermins sowie der Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 23. Oktober 2014 umfassend auseinander gesetzt und dabei insbesondere auf den im Denkmalschutzrecht anerkannten Grundsatz der Materialgerechtigkeit abgestellt (vgl. Martin/Spennemann in Eberl/Martin/Spennemann, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 7. Auflage 2015, Art. 6 Rn. 74 m. w. N.). Dies ist nicht zu beanstanden; auch die vonseiten der Kläger vorgelegten und in Bezug genommenen Fotografien machen - etwa im Vergleich zu den Holzfensterläden oder zu den „alten, ausgebauten, defekten“ Fenstern - den Kunststoffcharakter der neu eingebauten Fenster deutlich.

c) Der Vortrag, jedenfalls sei die beantragte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zu erteilen, weil durch den Einbau der Fenster in Holzoptik keine Beeinträchtigung des Ensembles gegeben sei, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufkommen.

aa) Dass die Fenster im Ensemblebereich eine „historische Bausubstanz“ aufweisen würden, hat das Verwaltungsgericht nicht behauptet. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass Baustoffe zu verwenden seien, die den bereits vorhandenen Materialien entsprechen würden oder mit der vorhandenen Substanz vergleichbar seien. Dies seien regelmäßig nur „traditionelle Materialien“ wie Holz. Kunststoff-Alu-Fenster seien demgegenüber mit dem Charakter der historischen Altstadt nicht vereinbar. Denn sie seien nicht materialgerecht und würden in der Materialalterung nicht dem wünschenswerten harmonischen Zusammenspiel aller an der Fassade verwendeten Materialien und ihrer Oberflächen entsprechen. Diese tatrichterliche Bewertung ist nachvollziehbar und in der Sache nicht zu beanstanden.

bb) Dass im Bereich des Denkmalensembles auch Kunststofffenster in Gebäuden vorzufinden sind, hat das Verwaltungsgericht im Ortstermin festgestellt (vgl. Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und mündliche Verhandlung vom 19.3.2015) und sich damit in seiner Entscheidung eingehend auseinander gesetzt. Es handle sich insoweit um einen genehmigten Neubau oder um nicht genehmigte Fälle, denen nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aber zeitnah nachgegangen werde.

Der hiergegen gerichtete Einwand, das Bekunden der Beklagten, Eigentümer zum Austauschen eingebauter Kunststofffenster nach und nach zu verpflichten, sei unerheblich, weil es auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung ankomme und sich zum jetzigen Zeitpunkt ein Gesamteindruck ergebe, der nicht durch historische Gebäude oder zumindest durch historische Baumaterialien geprägt sei, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Erscheinungsbild eines Ensembles wird durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 DSchG), das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 4 m. w. N.), zu dem auch Fenster und Türen als wesentliche gestalterische Merkmale beitragen (vgl. Martin/Spennemann, a. a. O., Art. 6 Rn. 86 m. w. N.). Etwaige Vorbelastungen durch bereits vorhandene Kunststofffenster schmälern weder die Schutzwürdigkeit des Ensembles als solches noch rechtfertigen sie weitere gleichartige Beeinträchtigungen (vgl. Martin/Spennemann, a. a. O., Art. 6 Rn. 75 m. w. N.). Es kommt daher nicht darauf an, auf welchen Zeitpunkt nach Ansicht der Kläger abzustellen ist, weil die Kunststofffenster im Gebäude der Kläger im Zeitpunkt ihres Einbaus ebenso wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit dem schutzwürdigen zeittypischen Erscheinungsbild des Ensembles und den daran zu messenden traditionellen Materialien unvereinbar sind. Da das Ensemble selbst ein Baudenkmal darstellt (vgl. Art. 1 Abs. 3 DSchG), ist sein Schutzanspruch kein geringerer als der für Einzelbaudenkmäler. Maßgebend ist deshalb das ü b e r l i e f e r t e Erscheinungsbild des Baudenkmals „Ensemble“ (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG; vgl. BayVGH, U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - BayVBl 2008, 477 = juris Rn. 18) und nicht der teilweise durch Bausünden vorbelastete Zustand.

cc) Soweit sich die Kläger auf den Gleichheitssatz berufen, weil für das Nachbargebäude F...gasse ... eine Ausnahmegenehmigung zum Einbau von Kunststofffenstern erteilt worden sei, können sie damit nicht durchdringen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die von den Klägern genannten Bezugsfälle nicht vergleichbar seien oder entsprechend gehandhabt würden. Dabei stellt das Verwaltungsgericht nicht allgemein auf das Erscheinungsbild des gesamten Ensembles „Altstadt W...“ ab, sondern auf die besondere Bedeutung des Platz- und Straßenbilds „I...gasse“, an der auch das klägerische Anwesen anliegt. Wie der gerichtliche Augenschein ergeben habe, sei die Mehrzahl der sich im relevanten Nahbereich zum klägerischen Anwesen befindlichen Häuser zur I...gasse hin mit Holzfenstern ausgestattet. Das gelte auch für das unmittelbar westlich an das klägerische Grundstück angrenzende Grundstück F...gasse ... Mit diesen Ausführungen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.

Davon abgesehen ist die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts in der Sache nicht zu beanstanden. Ob gewichtige Gründe für die unveränderte Beibehaltung des ursprünglichen Zustands und damit gegen eine denkmalunverträgliche Änderung sprechen, lässt sich bei einem Denkmalensemble - ebenso wie bei einem Einzelbaudenkmal - nicht generalisierend beantworten. Die vorzunehmende Einzelfallprüfung kann deshalb ergeben, dass eine gleichgelagerte Beeinträchtigung des Denkmalensembles in bestimmten Teilbereichen eher hingenommen werden kann als in anderen. So liegt es hier. Die Beklagte stellt ebenso wie das Verwaltungsgericht nicht allein auf die historische Bedeutsamkeit des Ensembles „Altstadt“, sondern weitergehend auf die besondere Bedeutung des Platz- und Straßenbilds der „I...gasse“ ab. Insoweit begegnet die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, das neu renovierte Gebäude F...gasse ... könne nicht als Vergleichsfall herangezogen werden, weil es nur zur F...gasse hin Kunststofffenster erhalten habe, zur I...gasse hin aber Holzfenster aufweise, keinen Bedenken.

dd) Der Vortrag, das klägerische Wohnhaus sei kein (Einzel-) Denkmal, vermittle als Nachbau auch nicht den Eindruck eines historischen Denkmals und es liege kein Baudenkmal vor, das durch einen historischen Bestand geprägt sei, geht an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorbei.

Das Verwaltungsgericht ist an keiner Stelle der angefochtenen Entscheidung von der Denkmaleigenschaft des klägerischen Wohnhauses ausgegangen. Es führt vielmehr zutreffend aus, dass das Anwesen der Kläger selbst keine Denkmaleigenschaft besitze, sich aber im Bereich des Denkmalensembles befinde und Teil desselben sei. Als Bestandteil des Ensembles komme den nach außen wirkenden Bauteilen, also insbesondere der Fassade, die ihren wesentlichen Ausdruck durch die Form und Gestalt der Fenster erhalte, eine erhebliche Bedeutung zu, weil sie das Äußere des Gebäudes und damit auch des Ensembles sowie des Platz- und Straßenbildes der I...gasse prägen würden. Hiergegen ist nichts zu erinnern.

ee) Der Vortrag, die Kunststofffenster in Holzoptik würden sich im Sinne der Materialgerechtigkeit in die vorhandenen Baumaterialien des klägerischen Gebäudes einfügen, eine für einen Altbau typische und natürliche Patina werde das neu errichtete Gebäude nicht haben, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Kunststofffenster entsprächen in der Materialalterung nicht dem wünschenswerten Zusammenspiel aller an der Fassade verwendeten Materialien und ihrer Oberfläche. Weshalb die an der Fassade des klägerischen Gebäudes verwendeten Materialien, wie Putz, Farbe und Holzfensterländen nicht der Alterung unterliegen sollen, weil das klägerische Gebäude ein Neubau ist, lässt sich nicht nachvollziehen; auf eine altbautypische „Patina“ stellt das Verwaltungsgericht nicht ab. Davon abgesehen kommt es für den Schutz des Orts-, Platz- oder Straßenbilds vorwiegend auf die visuelle Wirkung der das Ensemble bildenden baulichen Anlagen im Verhältnis zueinander, also auf deren Zusammenwirken an, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist, wenn es in Bezug auf die Genehmigungspraxis der Beklagten ausführt, im Ensemblebereich sollten nur Baustoffe verwendet werden, die den bereits vorhandenen Materialien entsprechen oder mit der vorhandenen Substanz vergleichbar sind. Das seien (im Denkmalensemble) regelmäßig nur traditionelle Materialien wie etwa Holz. Auch hiergegen ist nichts zu erinnern.

d) Der Einwand, das Verwaltungsgericht stütze sich auf die unzutreffenden Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Entgegen der Darlegung der Kläger hat sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Ensembleunverträglichkeit der Kunststofffenster eine eigene Überzeugung gebildet. Dies zeigt schon der vom Verwaltungsgericht durchgeführte Ortstermin, anlässlich dessen sich das Verwaltungsgericht „davon überzeugen konnte, dass die von den Klägerin in der Nordfassade ihres Anwesens eingebauten Kunststoff-Alu-Fenster im konkreten Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der Denkmalverträglichkeit einen nach Art und Intensität erheblichen Eingriff in das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Ensembles darstellen“. Dass es im Ergebnis der fachkundigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 23. Oktober 2014 folgt, lässt nicht den von den Klägern gezogenen Schluss zu, das Verwaltungsgericht sei von einer rechtlichen Bindung ausgegangen.

bb) Mit den Darlegungen zur Materialalterung, zum Neubau der Kläger, der „nicht mit historischen Baumaterialien“ errichtet worden sei und zur Holzoptik der eingebauten Kunststofffenster wiederholen die Kläger ihren Vortrag hinsichtlich des ihrer Ansicht nach ensembleverträglichen Einbaus von Kunststofffenstern. Auf die vorhergehenden Ausführungen in diesem Beschluss wird deshalb verwiesen.

e) Die Einwände gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die von den Klägern geltend gemachten gesundheitlichen Probleme seien in die denkmalschutzrechtliche Ermessensentscheidung nicht einzubeziehen, führen nicht zur Zulassung der Berufung.

Die Bezugnahme der Kläger auf Art. 6 Abs. 4 DSchG, wonach bei (Zulassungs-) Entscheidungen nach Art. 6 Abs. 1 bis 3 DSchG auch die Belange von Menschen mit Behinderung und von Menschen mit sonstigen Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen sind, verhilft ihrem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachte klägerische Interesse an der Berücksichtigung ihrer Bewegungseinschränkungen bzw. ihres Alters, derentwegen es ihnen nicht zugemutet werden könne, die einzubauenden Holzfenster alle zwei bis drei Jahre (selbst) zu streichen, wird von der Regelung des Art. 6 Abs. 4 DSchG nicht erfasst. Diese Bestimmung fordert die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung oder mit Mobilitätseinschränkungen um diesem Personenkreis ältere bzw. alte Gebäude zugänglich zu machen („Barrierefreiheit“; vgl. LT-Drs. 14/11230, S. 23), sie dient aber nicht der Erleichterung von Renovierungsarbeiten. Ein Anspruch des Eigentümers eines dem Denkmalrecht unterliegenden Gebäudes auf Zulassung einer von den denkmalrechtlichen Anforderungen abweichenden baulichen Gestaltung, um es möglichst mit eigener Arbeitskraft instand zu halten, besteht nicht.

f) Die Darlegungen der Kläger zu dem ihrer Ansicht nach bestehenden Anspruch auf Erteilung einer Abweichung von den Vorgaben der Gestaltungssatzung der Beklagten führen, ungeachtet des vom Verwaltungsgericht zu Recht verneinten Anspruchs auf Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, nicht zur Zulassung der Berufung.

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Abweichung von der Gestaltungssatzung der Beklagten nicht in Betracht komme, weil dem Vorhaben der Kläger gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstünden und auch keine atypische Fallgestaltung vorliege, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

aa) Die Rechtsauffassung der Kläger, die zuvor ausgebauten (Holz-) Fenster entsprächen in Optik und Farbe vollumfänglich den nun eingebauten (Kunststoff-) Fenstern in Holzoptik, der Zweck der Gestaltungssatzung werde durch den Einbau der neuen Fenster deshalb nicht verletzt, trifft nicht zu. Die Anforderungen an Fenster in § 5 a der Baugestaltungssatzung vom 31. Oktober 2008 (geänd. 19.12.2013) regeln nicht nur die Farbe der Fenster, sondern auch das Material, aus dem sie beschaffen sind. Nach § 5 a Abs. 4 Satz 1 der Baugestaltungssatzung sind vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Fenster „ausschließlich aus Holz“ herzustellen. Zweck dieser Gestaltungsanforderung ist demnach nicht bloß die Bewahrung einer vordergründigen Optik, wie der Vergleich mit § 7 Abs. 2 Buchst. b der vorherigen Baugestaltungssatzung vom 29. Oktober 1992 zeigt, wonach neben Holz auch andere Baustoffe für Fenster zulässig waren, wenn sie sich stilgerecht in die Fassade einfügten. Maßgebend ist aufgrund der Neufassung der Baugestaltungssatzung neben der Farbe der Fenster nunmehr auch die dem Bild der historischen Altstadt entsprechende Materialgerechtigkeit der Fenster. Der Wandel in den gestalterischen Vorstellungen der Beklagten seit 1992 wird aus der Präambel der Baugestaltungssatzung vom 31. Oktober 2008 deutlich, wonach das in Jahrhunderten gewachsene und von den Zerstörungen durch Weltkriege weitgehend verschont gebliebene historische Stadtbild bei zeitgemäßer Fortentwicklung Rücksicht verlange auf den historischen Baubestand, auf historische Gestaltungsmerkmale und überkommene Gestaltungsregeln, die den besonderen Charakter und die Atmosphäre der Stadt geprägt hätten und auch künftig prägen sollten. Mit diesen Vorstellungen zur positiven Gestaltungspflege dokumentiert die Beklagte ersichtlich die Rückführung der Altstadt in einen gestalterisch wertvollen Zustand (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 81 Rn. 90 m. w. N.).

bb) Die Versagung der beantragten Abweichung von den Anforderungen der Baugestaltungssatzung für den Einbau der gegenständlichen Kunststofffenster verletzt ebenso wenig den Gleichheitssatz, wie die Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis. Es wurde bereits ausgeführt, dass die Kunststofffenster im Wohngebäude F...gasse ... zu dieser Straße und nicht in Richtung der I...gasse weisen, weshalb schon kein gleichgelagerter Fall vorliegt. Nichts anderes gilt für Befensterung der Fach- und Berufsoberschule in der W...straße ..., die darüber hinaus keinen Bezugsfall markiert, weil es sich insoweit - anders als beim klägerischen Gebäude - um einen bewusst modern gestalteten Flachdachanbau handelt, der in einem klaren gestalterischen Kontrast zur historischen Bausubstanz steht.

g) Die Ausführungen der Kläger zum angeordneten Sofortvollzug, verhelfen dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Vollziehungsanordnung im Urteil zu Recht unberücksichtigt gelassen. Gegen die Anordnung des Sofortvollzugs (hier nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) ist Rechtsschutz nicht über die Anfechtungsklage, sondern ausschließlich nach §§ 80 f. VwGO zu gewähren (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1994 - 4 B 243/94 - NVwZ-RR, 299 = juris Rn. 3 und Leitsatz 1).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ... April 2013 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag vom ... August 2012 auf Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abriss unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die denkmalrechtliche Erlaubnis für die Beseitigung eines in ihrem Eigentum stehenden Baudenkmals. Es handelt sich dabei nach dem Eintrag in der Denkmalliste um ein Wohnhaus, zweigeschossiger giebelständiger Flachsattelbau mit Kalkplattendeckung, Kniestock und rückwärtigem Giebel in verputztem Fachwerk, um 1720 „(Dachwerk 1718/19 Dendo.Dat.)“.

Das Wohnhaus steht direkt an der Straße. Die Rückseite grenzt mit dem Erdgeschoss an das Erdreich des Nordhanges. Das Obergeschoss (Südgiebel) steht in einem Abstand von ca. 1,50 m von einer ca. 1,80 m hohen Stützwand entfernt. Der Eingang an der Nordseite (Nordgiebel) liegt ebenerdig an der Grenze zum Gehweg. Das Gebäude ist nicht unterkellert und seit 2004 unbewohnt.

Nach dem Ergebnis des Augenscheins der Kammer vom 9. Juli 2014 ist das Haus in miserablem Zustand, verschimmelt und einsturzgefährdet. Bedingt durch die fehlende Heizung und dem Anbau in Erdgeschosshöhe ohne Isolierung an den Hang sind die Innen- und Außenwände durchfeuchtet und teilweise schief. Die Decken sind niedrig, die Treppen kaputt und die Fußböden teilweise durchgebrochen. Auf das Protokoll des Augenscheins der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2014 (Bl. 44 der Gerichtsakte) wird verwiesen.

Mit Schreiben vom ... August 2012 beantragte die Klägerin die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zur Beseitigung des Wohnhauses. Das Gebäude sei marode und sie habe kein Geld. Bevor die Denkmaleigenschaft des Gebäudes festgestellt worden sei, habe sich ein Kaufinteressent gefunden, der ihr 140.000.- € bezahlt hätte, jedoch vom Kauf Abstand genommen habe. Seit 2012 sei das Objekt durch einen Immobilienmakler angeboten worden; es seien maximal 100.000,- € zu erzielen.

Mit Bescheid vom ... April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Denkmalschutzgesetz (DSchG) gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprächen. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, das am Verfahren beteiligt worden sei, habe mitgeteilt, dass im Falle einer nachgewiesenen Unzumutbarkeit grundsätzlich öffentliche Fördermittel in Frage kämen. Der Eigentümer habe nicht nachgewiesen, dass weder eine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit noch eine realistische Veräußerungsmöglichkeit bestehe. Erst dann habe eine Prüfung der Zumutbarkeit durch die Denkmalschutzbehörde zu erfolgen. Die Klägerin habe keine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt. Die bloße Gegenüberstellung von Sanierungs- und Neubaukosten sei nicht ausreichend. Da eine realistische Veräußerungsmöglichkeit bestehe und im Falle einer nachgewiesenen Unzumutbarkeit öffentliche Fördermittel in Frage kämen, könne dem Antrag bereits deshalb nicht entsprochen werden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 21. Mai 2013 Klage und beantragte:

Der Bescheid der Beklagten vom ... April 2013 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin nach der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden.

Die Klägerin habe das Haus schon in einem baufälligen Zustand geerbt. Die Lage zwischen der Verbindungsstraße ...-... am Ortseingang und zwischen dem ca. 10 m entfernten Schlossbergmassiv mit Steilwand sei schlecht. Das Gebäude sei nicht mehr bewohnbar. Eine Sanierung koste mindestens 700.000,- €. Ein Verkauf sei nicht möglich gewesen.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 30. Januar 2014:

Klageabweisung.

Der instandsetzungsbedürftige Zustand des Baudenkmals, das erst 2012 in die Denkmalliste eingetragen worden sei, werde nicht bestritten. Die Zumutbarkeitsprüfung werde durch die Denkmalschutzbehörde nur vorgenommen, wenn sich der Eigentümer zumindest vorläufig auf eine bestimmte denkmalverträgliche Nutzung mit oder ohne bauliche Veränderung festlege. Es sei eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorzulegen, die dann überprüft werde.

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2014 ließ die Klägerseite ein Gutachten durch einen Gebäudesachverständigen erstellen. Das Gutachten vom ... November 2014 kommt zu dem Ergebnis, dass die Kosten - nach einer grob überschlägigen Ermittlung - zur Herstellung des Wohnhauses in einem zeitgemäßen Wohnstandard incl. Mehrwertsteuer 913.000,- € betragen; davon entfielen auf die Außenanlagen 153.000,- €. Wegen der Einzelheiten sowie der Fotodokumentation wird auf das Gutachten verwiesen.

Die Beklagte nahm mit Schreiben vom ... Dezember 2014 dazu Stellung. Das Gutachten sei unzureichend, da die vorgeschlagenen Maßnahmen und Sanierungskosten nicht auf einem statischen Plangutachten, einer bauhistorischen Untersuchung und einer restauratorischen Bewertung der Bauteile und Oberflächen beruhen. Aus den aufgelisteten Maßnahmen ließe sich darüber hinaus kein grundsätzliches Interesse am substantiellen Erhalt des Baudenkmales ableiten, da überwiegend Maßnahmen durch massive Eingriffe in die Bausubstanz oder deren Verlust vorgeschlagen würden. Beispielhaft sei eine Erhöhung der Geschosshöhen auf über 2,15 m, die vollständige Erneuerung des Bestands, der Neubau der verformten Giebelwände anstelle einer Stabilisierung oder Rückformung und eine undifferenzierte Betrachtung der Feuchtesituation, die teilweise geringer sei. Aufgrund der durch die Beklagte ermittelbaren groben Angaben zum Baubestand sei von Gesamtkosten in Höhe von 530.753,90 € brutto (ohne Außenanlagen) auszugehen.

Die aktuellen Hauspreise in ... betragen für ein Haus von 100 bis 140 m² ca. 280.000,- € (www.immowelt de.).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung erklärt.

Gründe

Die zulässige Klage hat Erfolg. Der Bescheid vom ... April 2013 ist rechtswidrig und war aufzuheben. Die Beklagte war antragsgemäß zur Neuverbescheidung des Abrissantrages unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu verpflichten, § 113 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach der Rechtsauffassung des Gerichts ist die Erlaubnis zum Abbruch zu erteilen.

Nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 DSchG bedarf die Beseitigung eines Baudenkmales der Erlaubnis. Die Erlaubnis kann gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen. Dabei liegen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG regelmäßig wegen der festgestellten Eigenschaft als Baudenkmal und der dadurch begründeten Bedeutung des Bauwerkes vor, Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 DSchG. Der Erhaltungszustand des Gebäudes ist grundsätzlich ohne Einfluss auf seine Denkmaleigenschaft und dessen Erhaltungspflicht, die erst dann nicht mehr besteht, wenn das Gebäude akut einsturzgefährdet ist oder die Schäden an den für die Denkmaleigenschaft relevanten Bauwerksteilen ein Ausmaß erreicht haben, das dazu führt, dass eine Sanierung einer Neuerrichtung des Gebäudes gleichkäme (BayVGH, U. v. 18.10.2010 - 1 B 06,63 -). Eine Erlaubnis ist nach pflichtgemäßem Ermessen nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG ungeachtet des Vorliegens gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes auch dann zu erteilen, wenn es tatsächlich unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist, das Baudenkmal zu erhalten. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist unter Berücksichtigung des Eigentumsschutzes des Art. 14 Grundgesetz (GG) auszulegen und anzuwenden. Dies bedeutet, dass im Erlaubnisverfahren geprüft werden muss, ob dem Denkmaleigentümer die Beibehaltung des bisherigen Zustandes mitsamt der Erhaltungs- und Nutzungspflichten des Art. 4 und Art. 5 DSchG zuzumuten ist. Daran fehlt es, wenn ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer von dem Baudenkmal keinen vernünftigen Gebrauch machen und es praktisch auch nicht mehr veräußern kann (BVerwG, U. v. 2.3.1999, BVerwGE 100, 226). Dafür ist grundsätzlich anhand einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zu prüfen, ob die Privatnützigkeit und die Eigentumsposition erhalten bleibt, weil bei Fortbestand der Denkmaleigenschaft nach wie vor eine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit für das Baudenkmal besteht. Die Grenze dieser Zumutbarkeit ist die Unverkäuflichkeit (BVerwG, U. v. 14.4.2010 - 1 BVR 2140/08 -, Juris).

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Versagung der Abrissgenehmigung im vorliegenden Fall unzumutbar und belastet die Klägerin unverhältnismäßig, da der Erhalt unwirtschaftlich und das Anwesen zu einem angemessenen Preis unverkäuflich ist. Einer detaillierten Wirtschaftlichkeitsberechnung bedarf es zu dieser Feststellung im vorliegenden Falle nicht, da die Sanierungskosten den Verkaufserlös und den Bodenwert erheblich übersteigen. Der durchschnittliche Preis für Einfamilienhäuser in ... beträgt bei einer Größe von 100 bis 140 m² ca. 280.000,- € (www.immowelt.de). Die Angaben der Klägerseite über Interessenten, die 100.000,- € bis 140.000,- € bezahlt hätten, sind deshalb schlüssig und nachvollziehbar. Der Bodenwert in der Lage an der Verbindungsstraße beträgt nach Angaben der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ca. 200,- €/m². Unter Berücksichtigung der Sanierungskosten, die auch nach Angaben der Beklagten ca. 530.000,- € ohne Außenanlagen betragen, ist das Baudenkmal praktisch nicht zu veräußern. Selbst ein dem Denkmalschutz aufgeschlossener Eigentümer kann ohne erhebliche Sanierungskosten das Gebäude nicht sinnvoll nutzen. Unter Berücksichtigung der Lage unmittelbar an der Straße und am Steilhang handelt es sich darüber hinaus um einen Standard der sowohl zu gewerblichen als auch zu Wohnzwecken ungünstig ist. Der Erhalt des Baudenkmales ist der Klägerin im Interesse des Gemeinwohles nicht mehr zuzumuten, da die Sanierungskosten nicht durch einen Verkauf zu erwirtschaften sind. Ausgehend von den durch die Beklagte geschätzten Sanierungskosten in Höhe von 530.000,- € ohne Außenanlagen übersteigen die Renovierungskosten den durchschnittlichen Hauspreis in der Stadt ... um mehr als 250.000,- €.

Eventuelle Fördermittel waren vorliegend nicht zu berücksichtigen. Im Rahmen des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung wurden sowohl eine Wohnnutzung wie bisher als auch eine gewerbliche Nutzung als Büro o.Ä. erörtert. Die Beklagte hat keine konkrete Förderungssumme in Aussicht gestellt, die in etwa die Wertdifferenz abdecken könnte. Nach dem Ergebnis des Augenscheins und den vorgelegten Berechnungen und Gutachten sind die wesentlichen Sanierungskosten bereits durch den Verfall des Hauses und nicht durch den Denkmalschutzaufwand beding, so dass mit einem Zuschuss des Denkmalschutzes in ausreichender Höhe nicht zu rechnen ist.

Der Klage war daher im tenorierten Umfang stattzugeben. Es entspricht der Rechtsauffassung des Gerichtes, dass die Abrissgenehmigung zu erteilen ist. Die Kostenentscheidung folgt aus § 164 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 f. Zivilprozessordnung (ZPO).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger begehren von der Beklagten (nachträglich) eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis sowie eine Abweichung von deren Baugestaltungssatzung zum Einbau von Alu-Kunststoff-Fenstern in ihr Wohnhaus, das im Geltungsbereich der Gestaltungssatzung der Beklagten „über besondere Anforderungen an die Baugestaltung und an Werbeanlagen in der Altstadt von W...“ und zugleich im Gebiet des Denkmalensembles „Altstadt W...“ liegt. Außerdem wenden sich die Kläger gegen die in Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 9. Januar 2015 angeordnete Beseitigung der bereits eingebauten Alu-Kunststoff-Fenster in Holzoptik in der nördlichen Fassade ihres Wohnhauses. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 19. März 2015 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Kläger.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist haben darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Einbau der gegenständlichen Fenster bedürfe nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG keiner Erlaubnis, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Einbau der Kunststofffenster eine die Erlaubnispflicht auslösende Veränderung des Ensembles im Sinn des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG ist, weil er sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Die das Erscheinungsbild des Ensembles betreffende zweite Alternative des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG stellt auf bauliche Anlagen ab, die - wie hier - für sich genommen kein Baudenkmal sind. Der Vortrag, das Gebäude der Kläger sei selbst kein denkmalgeschütztes Gebäude, geht deshalb ins Leere.

b) Mit dem Einwand, die eingebauten Fenster seien spezielle Anfertigungen in Holzoptik, die in Ausgestaltung und Farbe den ausgebauten Holzfenstern entsprächen, visuelle Unterschiede zu Holzfenstern gebe es nicht, hat sich das Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisfähigkeit auf Grundlage eines Ortstermins sowie der Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 23. Oktober 2014 umfassend auseinander gesetzt und dabei insbesondere auf den im Denkmalschutzrecht anerkannten Grundsatz der Materialgerechtigkeit abgestellt (vgl. Martin/Spennemann in Eberl/Martin/Spennemann, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 7. Auflage 2015, Art. 6 Rn. 74 m. w. N.). Dies ist nicht zu beanstanden; auch die vonseiten der Kläger vorgelegten und in Bezug genommenen Fotografien machen - etwa im Vergleich zu den Holzfensterläden oder zu den „alten, ausgebauten, defekten“ Fenstern - den Kunststoffcharakter der neu eingebauten Fenster deutlich.

c) Der Vortrag, jedenfalls sei die beantragte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zu erteilen, weil durch den Einbau der Fenster in Holzoptik keine Beeinträchtigung des Ensembles gegeben sei, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufkommen.

aa) Dass die Fenster im Ensemblebereich eine „historische Bausubstanz“ aufweisen würden, hat das Verwaltungsgericht nicht behauptet. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass Baustoffe zu verwenden seien, die den bereits vorhandenen Materialien entsprechen würden oder mit der vorhandenen Substanz vergleichbar seien. Dies seien regelmäßig nur „traditionelle Materialien“ wie Holz. Kunststoff-Alu-Fenster seien demgegenüber mit dem Charakter der historischen Altstadt nicht vereinbar. Denn sie seien nicht materialgerecht und würden in der Materialalterung nicht dem wünschenswerten harmonischen Zusammenspiel aller an der Fassade verwendeten Materialien und ihrer Oberflächen entsprechen. Diese tatrichterliche Bewertung ist nachvollziehbar und in der Sache nicht zu beanstanden.

bb) Dass im Bereich des Denkmalensembles auch Kunststofffenster in Gebäuden vorzufinden sind, hat das Verwaltungsgericht im Ortstermin festgestellt (vgl. Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und mündliche Verhandlung vom 19.3.2015) und sich damit in seiner Entscheidung eingehend auseinander gesetzt. Es handle sich insoweit um einen genehmigten Neubau oder um nicht genehmigte Fälle, denen nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aber zeitnah nachgegangen werde.

Der hiergegen gerichtete Einwand, das Bekunden der Beklagten, Eigentümer zum Austauschen eingebauter Kunststofffenster nach und nach zu verpflichten, sei unerheblich, weil es auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung ankomme und sich zum jetzigen Zeitpunkt ein Gesamteindruck ergebe, der nicht durch historische Gebäude oder zumindest durch historische Baumaterialien geprägt sei, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Erscheinungsbild eines Ensembles wird durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 DSchG), das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 4 m. w. N.), zu dem auch Fenster und Türen als wesentliche gestalterische Merkmale beitragen (vgl. Martin/Spennemann, a. a. O., Art. 6 Rn. 86 m. w. N.). Etwaige Vorbelastungen durch bereits vorhandene Kunststofffenster schmälern weder die Schutzwürdigkeit des Ensembles als solches noch rechtfertigen sie weitere gleichartige Beeinträchtigungen (vgl. Martin/Spennemann, a. a. O., Art. 6 Rn. 75 m. w. N.). Es kommt daher nicht darauf an, auf welchen Zeitpunkt nach Ansicht der Kläger abzustellen ist, weil die Kunststofffenster im Gebäude der Kläger im Zeitpunkt ihres Einbaus ebenso wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit dem schutzwürdigen zeittypischen Erscheinungsbild des Ensembles und den daran zu messenden traditionellen Materialien unvereinbar sind. Da das Ensemble selbst ein Baudenkmal darstellt (vgl. Art. 1 Abs. 3 DSchG), ist sein Schutzanspruch kein geringerer als der für Einzelbaudenkmäler. Maßgebend ist deshalb das ü b e r l i e f e r t e Erscheinungsbild des Baudenkmals „Ensemble“ (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG; vgl. BayVGH, U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - BayVBl 2008, 477 = juris Rn. 18) und nicht der teilweise durch Bausünden vorbelastete Zustand.

cc) Soweit sich die Kläger auf den Gleichheitssatz berufen, weil für das Nachbargebäude F...gasse ... eine Ausnahmegenehmigung zum Einbau von Kunststofffenstern erteilt worden sei, können sie damit nicht durchdringen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die von den Klägern genannten Bezugsfälle nicht vergleichbar seien oder entsprechend gehandhabt würden. Dabei stellt das Verwaltungsgericht nicht allgemein auf das Erscheinungsbild des gesamten Ensembles „Altstadt W...“ ab, sondern auf die besondere Bedeutung des Platz- und Straßenbilds „I...gasse“, an der auch das klägerische Anwesen anliegt. Wie der gerichtliche Augenschein ergeben habe, sei die Mehrzahl der sich im relevanten Nahbereich zum klägerischen Anwesen befindlichen Häuser zur I...gasse hin mit Holzfenstern ausgestattet. Das gelte auch für das unmittelbar westlich an das klägerische Grundstück angrenzende Grundstück F...gasse ... Mit diesen Ausführungen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.

Davon abgesehen ist die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts in der Sache nicht zu beanstanden. Ob gewichtige Gründe für die unveränderte Beibehaltung des ursprünglichen Zustands und damit gegen eine denkmalunverträgliche Änderung sprechen, lässt sich bei einem Denkmalensemble - ebenso wie bei einem Einzelbaudenkmal - nicht generalisierend beantworten. Die vorzunehmende Einzelfallprüfung kann deshalb ergeben, dass eine gleichgelagerte Beeinträchtigung des Denkmalensembles in bestimmten Teilbereichen eher hingenommen werden kann als in anderen. So liegt es hier. Die Beklagte stellt ebenso wie das Verwaltungsgericht nicht allein auf die historische Bedeutsamkeit des Ensembles „Altstadt“, sondern weitergehend auf die besondere Bedeutung des Platz- und Straßenbilds der „I...gasse“ ab. Insoweit begegnet die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, das neu renovierte Gebäude F...gasse ... könne nicht als Vergleichsfall herangezogen werden, weil es nur zur F...gasse hin Kunststofffenster erhalten habe, zur I...gasse hin aber Holzfenster aufweise, keinen Bedenken.

dd) Der Vortrag, das klägerische Wohnhaus sei kein (Einzel-) Denkmal, vermittle als Nachbau auch nicht den Eindruck eines historischen Denkmals und es liege kein Baudenkmal vor, das durch einen historischen Bestand geprägt sei, geht an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorbei.

Das Verwaltungsgericht ist an keiner Stelle der angefochtenen Entscheidung von der Denkmaleigenschaft des klägerischen Wohnhauses ausgegangen. Es führt vielmehr zutreffend aus, dass das Anwesen der Kläger selbst keine Denkmaleigenschaft besitze, sich aber im Bereich des Denkmalensembles befinde und Teil desselben sei. Als Bestandteil des Ensembles komme den nach außen wirkenden Bauteilen, also insbesondere der Fassade, die ihren wesentlichen Ausdruck durch die Form und Gestalt der Fenster erhalte, eine erhebliche Bedeutung zu, weil sie das Äußere des Gebäudes und damit auch des Ensembles sowie des Platz- und Straßenbildes der I...gasse prägen würden. Hiergegen ist nichts zu erinnern.

ee) Der Vortrag, die Kunststofffenster in Holzoptik würden sich im Sinne der Materialgerechtigkeit in die vorhandenen Baumaterialien des klägerischen Gebäudes einfügen, eine für einen Altbau typische und natürliche Patina werde das neu errichtete Gebäude nicht haben, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Kunststofffenster entsprächen in der Materialalterung nicht dem wünschenswerten Zusammenspiel aller an der Fassade verwendeten Materialien und ihrer Oberfläche. Weshalb die an der Fassade des klägerischen Gebäudes verwendeten Materialien, wie Putz, Farbe und Holzfensterländen nicht der Alterung unterliegen sollen, weil das klägerische Gebäude ein Neubau ist, lässt sich nicht nachvollziehen; auf eine altbautypische „Patina“ stellt das Verwaltungsgericht nicht ab. Davon abgesehen kommt es für den Schutz des Orts-, Platz- oder Straßenbilds vorwiegend auf die visuelle Wirkung der das Ensemble bildenden baulichen Anlagen im Verhältnis zueinander, also auf deren Zusammenwirken an, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist, wenn es in Bezug auf die Genehmigungspraxis der Beklagten ausführt, im Ensemblebereich sollten nur Baustoffe verwendet werden, die den bereits vorhandenen Materialien entsprechen oder mit der vorhandenen Substanz vergleichbar sind. Das seien (im Denkmalensemble) regelmäßig nur traditionelle Materialien wie etwa Holz. Auch hiergegen ist nichts zu erinnern.

d) Der Einwand, das Verwaltungsgericht stütze sich auf die unzutreffenden Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Entgegen der Darlegung der Kläger hat sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Ensembleunverträglichkeit der Kunststofffenster eine eigene Überzeugung gebildet. Dies zeigt schon der vom Verwaltungsgericht durchgeführte Ortstermin, anlässlich dessen sich das Verwaltungsgericht „davon überzeugen konnte, dass die von den Klägerin in der Nordfassade ihres Anwesens eingebauten Kunststoff-Alu-Fenster im konkreten Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der Denkmalverträglichkeit einen nach Art und Intensität erheblichen Eingriff in das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Ensembles darstellen“. Dass es im Ergebnis der fachkundigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 23. Oktober 2014 folgt, lässt nicht den von den Klägern gezogenen Schluss zu, das Verwaltungsgericht sei von einer rechtlichen Bindung ausgegangen.

bb) Mit den Darlegungen zur Materialalterung, zum Neubau der Kläger, der „nicht mit historischen Baumaterialien“ errichtet worden sei und zur Holzoptik der eingebauten Kunststofffenster wiederholen die Kläger ihren Vortrag hinsichtlich des ihrer Ansicht nach ensembleverträglichen Einbaus von Kunststofffenstern. Auf die vorhergehenden Ausführungen in diesem Beschluss wird deshalb verwiesen.

e) Die Einwände gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die von den Klägern geltend gemachten gesundheitlichen Probleme seien in die denkmalschutzrechtliche Ermessensentscheidung nicht einzubeziehen, führen nicht zur Zulassung der Berufung.

Die Bezugnahme der Kläger auf Art. 6 Abs. 4 DSchG, wonach bei (Zulassungs-) Entscheidungen nach Art. 6 Abs. 1 bis 3 DSchG auch die Belange von Menschen mit Behinderung und von Menschen mit sonstigen Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen sind, verhilft ihrem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachte klägerische Interesse an der Berücksichtigung ihrer Bewegungseinschränkungen bzw. ihres Alters, derentwegen es ihnen nicht zugemutet werden könne, die einzubauenden Holzfenster alle zwei bis drei Jahre (selbst) zu streichen, wird von der Regelung des Art. 6 Abs. 4 DSchG nicht erfasst. Diese Bestimmung fordert die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung oder mit Mobilitätseinschränkungen um diesem Personenkreis ältere bzw. alte Gebäude zugänglich zu machen („Barrierefreiheit“; vgl. LT-Drs. 14/11230, S. 23), sie dient aber nicht der Erleichterung von Renovierungsarbeiten. Ein Anspruch des Eigentümers eines dem Denkmalrecht unterliegenden Gebäudes auf Zulassung einer von den denkmalrechtlichen Anforderungen abweichenden baulichen Gestaltung, um es möglichst mit eigener Arbeitskraft instand zu halten, besteht nicht.

f) Die Darlegungen der Kläger zu dem ihrer Ansicht nach bestehenden Anspruch auf Erteilung einer Abweichung von den Vorgaben der Gestaltungssatzung der Beklagten führen, ungeachtet des vom Verwaltungsgericht zu Recht verneinten Anspruchs auf Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, nicht zur Zulassung der Berufung.

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Abweichung von der Gestaltungssatzung der Beklagten nicht in Betracht komme, weil dem Vorhaben der Kläger gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstünden und auch keine atypische Fallgestaltung vorliege, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

aa) Die Rechtsauffassung der Kläger, die zuvor ausgebauten (Holz-) Fenster entsprächen in Optik und Farbe vollumfänglich den nun eingebauten (Kunststoff-) Fenstern in Holzoptik, der Zweck der Gestaltungssatzung werde durch den Einbau der neuen Fenster deshalb nicht verletzt, trifft nicht zu. Die Anforderungen an Fenster in § 5 a der Baugestaltungssatzung vom 31. Oktober 2008 (geänd. 19.12.2013) regeln nicht nur die Farbe der Fenster, sondern auch das Material, aus dem sie beschaffen sind. Nach § 5 a Abs. 4 Satz 1 der Baugestaltungssatzung sind vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Fenster „ausschließlich aus Holz“ herzustellen. Zweck dieser Gestaltungsanforderung ist demnach nicht bloß die Bewahrung einer vordergründigen Optik, wie der Vergleich mit § 7 Abs. 2 Buchst. b der vorherigen Baugestaltungssatzung vom 29. Oktober 1992 zeigt, wonach neben Holz auch andere Baustoffe für Fenster zulässig waren, wenn sie sich stilgerecht in die Fassade einfügten. Maßgebend ist aufgrund der Neufassung der Baugestaltungssatzung neben der Farbe der Fenster nunmehr auch die dem Bild der historischen Altstadt entsprechende Materialgerechtigkeit der Fenster. Der Wandel in den gestalterischen Vorstellungen der Beklagten seit 1992 wird aus der Präambel der Baugestaltungssatzung vom 31. Oktober 2008 deutlich, wonach das in Jahrhunderten gewachsene und von den Zerstörungen durch Weltkriege weitgehend verschont gebliebene historische Stadtbild bei zeitgemäßer Fortentwicklung Rücksicht verlange auf den historischen Baubestand, auf historische Gestaltungsmerkmale und überkommene Gestaltungsregeln, die den besonderen Charakter und die Atmosphäre der Stadt geprägt hätten und auch künftig prägen sollten. Mit diesen Vorstellungen zur positiven Gestaltungspflege dokumentiert die Beklagte ersichtlich die Rückführung der Altstadt in einen gestalterisch wertvollen Zustand (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 81 Rn. 90 m. w. N.).

bb) Die Versagung der beantragten Abweichung von den Anforderungen der Baugestaltungssatzung für den Einbau der gegenständlichen Kunststofffenster verletzt ebenso wenig den Gleichheitssatz, wie die Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis. Es wurde bereits ausgeführt, dass die Kunststofffenster im Wohngebäude F...gasse ... zu dieser Straße und nicht in Richtung der I...gasse weisen, weshalb schon kein gleichgelagerter Fall vorliegt. Nichts anderes gilt für Befensterung der Fach- und Berufsoberschule in der W...straße ..., die darüber hinaus keinen Bezugsfall markiert, weil es sich insoweit - anders als beim klägerischen Gebäude - um einen bewusst modern gestalteten Flachdachanbau handelt, der in einem klaren gestalterischen Kontrast zur historischen Bausubstanz steht.

g) Die Ausführungen der Kläger zum angeordneten Sofortvollzug, verhelfen dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Vollziehungsanordnung im Urteil zu Recht unberücksichtigt gelassen. Gegen die Anordnung des Sofortvollzugs (hier nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) ist Rechtsschutz nicht über die Anfechtungsklage, sondern ausschließlich nach §§ 80 f. VwGO zu gewähren (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1994 - 4 B 243/94 - NVwZ-RR, 299 = juris Rn. 3 und Leitsatz 1).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 8 K 14.635

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 20. April 2015

8. Kammer

Sachgebiets-Nr. 940

Hauptpunkte:

denkmalschutzrechtliche Abrissgenehmigung; Denkmalensemble; gewichtige Gründe des Denkmalschutzes

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... - Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Landeshauptstadt München Lokalbaukommission, Untere Naturschutzbehörde

vertreten durch den Oberbürgermeister PLAN HA IV, Blumenstr. 19, 80331 München

- Beklagte -

wegen Erlaubnis DSchG ...str. ...

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 8. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Vorsitzenden, die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. April 2015

am 20. April 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger sind Miteigentümer des Anwesens ...str. ..., Fl.Nr. 1014/12 der Gemarkung ... und beantragten am ... September 2013 bei der Beklagten die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) zum Abbruch des im Jahr 1921 errichteten zweigeschossigen Wohnhauses mit einer Grundfläche von 8,00 x 7,50 m und einer Wohnfläche von ca. 75 m². Das Grundstück hat eine Größe von ca. 950 m² und befindet sich im Umgriff des Ensembles „Villenkolonie ... II“, das in der Denkmalliste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (LfD) unter Nr. ... wie folgt beschrieben ist: „Die Villenkolonie ... II stellt ein städtebaulich und architektonisch charakteristisches Beispiel des mittelständischen Einfamilienhausbaus der Jahrhundertwende dar. Das Ensemble umfasst ein Gebiet westlich des ... Bahnhofes. Entlang der Bahnlinie ... sind fünf kurze, parallel zueinander liegende und von Westen nach Osten verlaufende Straßenzüge zwischen der ...straße und der ... ... eingespannt. Im Norden wird die Kolonie durch die ...straße begrenzt und im Osten weist die vereinzelte Bebauung entlang der ... ... auf die ehemals weitaus umfangreichere Planung hin.

Die Planung von ... ... für die Villenkolonie II entstand 1897 fast parallel mit der ... Villenkolonie ... I, denn fünf Jahre nach der ersten Gründung ließ das dortig parzellierte Bauland keine Erweiterungen mehr zu (vgl. Ensemble Villenkolonie ... I). Die große Nachfrage rechtfertigte daher zeitnah eine zweite Villenkolonie, die ursprünglich ein fünfmal so großes Gebiet mit etwa 650 Häusern für etwa 4000 Einwohner beinhalteten sollte, zu gründen. 1899 gab ... die Verantwortung ab und die Terraingesellschaft ... übernahm den Ausbau, der bis 1914 mit ungefähr 150 Bauten vorangeschritten war. Nach der zeitlichen Zäsur des Ersten Weltkrieges wurde, vor allem im äußersten Nordwesten, die Bebauung der Villenkolonie bis in die Mitte der 1930er Jahre weiter aufgefüllt.

Die Struktur und Bebauung der Villenkolonie II sind den gleichen Entstehungsfaktoren und dem gleichen Konzept verpflichtet, wie sie für die erste Villenkolonie ausschlaggebend waren: der Eisenbahn als konstitutivem Moment, dem Mittelstand Münchens als Zielgruppe und dem Gedanken, den Interessenkonflikt zwischen Arbeitsplatz in der Stadt und Bedürfnis nach Leben auf dem Lande mittels des schnell erreichbaren Einfamilienhauses im Grünen auszugleichen. Auch hier bestimmt das frei im Garten mit Obstbäumen stehende Einfamilienhaus den Charakter des Quartiers. Mit Bäumen bepflanzt sind grundsätzlich alle Straßen, die kurzen und relativ schmalen Querstraßen sind dabei meist mit Obstbäumen gesäumt, wodurch der dörfliche Eindruck im Vergleich zur Villenkolonie I noch gesteigert ist. Als städtebaulicher Auftakt im Südosten wurde dem Quartier die neubarocke ...kirche von ... ... vorgelagert. Die Bebauung zeigt meist zweigeschossige Einfamilienhäuser in einer Mischung von Landhaus und Villa in einer typologisch größeren Vielfalt als in der Villenkolonie ... I. Für die neue Kolonie waren von Anfang an Wasserleitung, Schwemmkanalisation und elektrische Beleuchtung vorgesehen.

Innerhalb des Ensembles Villenkolonie ... ... entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg Neubauten, die aufgrund ihrer Größe und Kubatur oder in der Lage in zweiter Reihe eine erhebliche Beeinträchtigung für das Ensemble darstellen.“

In einer E-Mail des LfD an die untere Denkmalschutzbehörde vom ... August 2013 wird mitgeteilt, dass am ... Juli 2013 u. a. gemeinsam mit dem damaligen Eigentümer eine Ortseinsicht erfolgt ist. Danach entstand der eingeschossige Satteldachbau mit Eingangsvorbau und Verbretterung am oberen Giebel 1923 nach Plänen von ... ... Das Innere sei später im Grundriss verändert und mit zahlreichen Ausbauelementen erneuert worden. Weder die Reste der bauzeitlichen Ausbauelemente noch die späteren Veränderungen ließen im Inneren eine besondere Gestaltung erkennen. Das Gebäude erfülle nicht die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 und 2 DSchG als Baudenkmal. Der im heimatstiligen Formen gestaltete Bau gehöre mit seiner Entstehungszeit zu einer das Ensemble mitbestimmenden Bauphase und sei in seiner Außengestaltung den Vorgaben der Villenkolonie ... II eingepasst. Das Gebäude bilde daher für das Ensemble einen zusätzlichen Denkmalwert (bauliche Anlage mit besonderem Aussagewert).

In einer am ... Oktober 2013 nachgereichten Begründung ihres Antrages machten die Kläger geltend, dass sich das streitgegenständliche Anwesen in einem stark sanierungsbedürftigen Zustand befinde. Es entspreche weder den aktuellen energetischen Anforderungen noch den erforderlichen Standards zeitgemäßen Wohnens. Ein Erhalt des Hauses sei nur mit einem sehr hohen Sanierungsaufwand zu erreichen, der unter anderem die Trockenlegung des Kellers, eine Instandsetzung und Dämmung des Daches, neue Heiz- und Installationstechnik, neue Bäder, neue Fenster, eine Instandsetzung der Fassade, eine Sanierung aller Flächen im Innenbereich sowie eine Anpassung der Grundrisse umfassen würde. Eine Modernisierung und Renovierung des Wohnhauses mit dem Ziel einer modernen Wohnsituation sei nur unter erheblichem Kostenaufwand möglich. Wegen der geringen Gesamtwohnfläche von etwa 75 m² eigene sich das Anwesen lediglich für die Wohnzwecke von 3 Personen. Eine bauliche Erweiterung nach Norden stelle für die Kläger keine Lösung dar. Es werde einem Neubau nach Abriss des streitgegenständlichen Anwesens daher der Vorrang gegeben.

Mit Schriftsatz vom ... Februar 2014, der am 17. Februar 2014 bei Gericht eingegangen ist, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage, mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz zu erteilen.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014 versagte die Beklagte als Untere Denkmalschutzbehörde die Erlaubnis zum Abbruch des Anwesens. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das streitgegenständliche Anwesen befinde sich im Ensemble „Villenkolonie ... ...“ und daher bedürfe der Abbruch des Hauses einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG. Eine solche könne nicht erteilt werden, da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprächen. Das streitgegenständliche Anwesen befände sich in einem Gebiet, das als Ensemble in die Denkmalliste eingetragen sei. Die Eintragung sei erfolgt, da die Villenkolonie ein städtebaulich und architektonisch charakteristisches Beispiel des mittelständischen Einfamilienhausbaus der Jahrhundertwende darstelle. Charakteristisch für dieses Viertel seien vor allem die Kubatur der einzelnen Anwesen und die verhältnismäßig großbemessenen Gartengrundstücke um die Anwesen herum. Ein Abriss des streitgegenständlichen Gebäudes sei geeignet, dem Ensemble insgesamt großen Schaden zuzufügen, weshalb gewichtige denkmalschutzrechtliche Gründe gegen einen Abriss stünden und daher eine Erlaubnis zum Abbruch versagt werden müsse. Dieser Einschätzung stünden auch nicht im Wege der Abwägung zu berücksichtigende Interessen der Klägerin sowie öffentliche Interessen entgegen. Hierbei wurde von der Beklagten ausdrücklich auf die Möglichkeit eines ensembleverträglichen Anbaus an das bestehende Haus und darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit der Sanierung auch mit in der Vergangenheit unterlassener Instandhaltung zu erklären sei. Auch eine im aktuellen öffentlichen Interesse stehende Schaffung von Wohnraum stünde einer denkmalschutzrechtlichen Beibehaltung des Zustandes nicht entgegen.

Mit Schriftsatz vom ... März 2014, beim Verwaltungsgericht München am 12. März 2014 eingegangen, beantragen die Bevollmächtigten der Klägerin nunmehr:

I.

Der Bescheid der Beklagten vom ... Februar 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, die beantragte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz für den Abbruch des Anwesens ...str. ... in München zu erteilen.

Zur Begründung wird im Schriftsatz vom ... April 2014 im Wesentlichen ausgeführt, einem Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens stünden keine gewichtigen denkmalschutzrechtlichen Gründe entgegen. Unter Verweis auf die große Anzahl neuerer, nicht der ursprünglichen Bebauung der Gegend entsprechender, erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstandener Bauwerke, wurde insgesamt die denkmalschutzrechtliche Qualifizierung der „Villenkolonie ... II“ bzw. jedenfalls der Teil um das streitgegenständliche Anwesen als schützenswertes Ensemble in Frage gestellt. Selbst wenn die Ensemblequalität insgesamt bejaht würde, würde im Hinblick auf die Tatsache, dass im Wesentlichen die Gartenfreiflächen ensembleprägend sein sollten, ein Abbruch des Anwesens allein nicht in das Ensemble eingreifen.

Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2014 vertieften die Bevollmächtigten der Klägerin ihre Ausführungen und zogen insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der denkmalschutzrechtlichen Regelungen, auf deren Grundlage die Versagung der Erlaubnis ergangen war, grundsätzlich in Frage. Während für einzelne Baudenkmäler in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG die Voraussetzungen, unter denen eine Erlaubnis zur Veränderung oder Beseitigung erteilt werden könne, genannt seien, fehle eine solche Regelung für die Erlaubniserteilung zur Veränderung von Ensembles. Dieses Fehlen begründe einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot sowie das Rechtsinstitut des Vorbehalts des Gesetzes und begründe damit die Verfassungswidrigkeit einer Versagung der Erlaubnis zum Abbruch eines Gebäudes im Denkmalensemble, das selbst kein Baudenkmal sei.

Mit Schreiben vom ... Februar 2015 ist die Beklagte der Klage entgegengetreten und beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der beantragte Abriss stelle eine Veränderung des Ensembles dar und könne sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG auswirken. Die Erlaubnis sei zu versagen, da nach Art. 6 Abs. 2 DSchG gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprächen.

Es bestehe keine Regelungslücke, da Art. 1 Abs. 3 DSchG das Ensemble einem Baudenkmal gleichsetze, weshalb der Genehmigungsmaßstab des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gelte.

Das Ensemble sei vom Landesamt für Denkmalpflege 2013 überprüft und im bisherigen Umfang bestätigt worden. Sein Umgriff ergebe sich aus der ursprünglichen Planung ... ... und sei tatsächlich immer noch klar ablesbar. Die Begrenzung durch die Bahnanlagen einerseits und der Übergang zur freien Landschaft mit nur geringen Anknüpfungspunkten an die übrige ... Bebauung andererseits, führten dazu, dass die Villenkolonie ... II immer noch als einheitliche, vom übrigen Stadtgebiet abgesetzte Siedlung wahrgenommen werde. Die einheitliche Struktur setze sich im Inneren bei der Anordnung der Straßen ebenso wie in der gleichmäßigen Verteilung des Gebäudebestandes innerhalb großer Obstgärten fort, wobei die Bedeutung der Gebäude in der sie umgebenden Freiflächen als gleichwertige Elemente nebeneinander stünden. Die neueren Gebäude trügen überwiegend der Ensemblestruktur Rechnung und könnten insgesamt nicht das Ensemble in Frage stellen. Den noch vorhandenen bauzeitlichen Gebäuden komme aufgrund ihrer historischen Bausubstanz besondere Bedeutung zu.

Es sei keine Reduzierung auf überschaubare Bereiche, die von Einzelbaudenkmälern geprägt seien, erforderlich. Geschützt sei ein von seiner äußeren Gestaltung her erhaltenswerter Bereich, was sich nicht nur auf Einzelbaudenkmäler oder den von ihnen geprägten Bereich beziehe. Auch neue Gebäude nähmen am Ensembleschutz teil, wobei sich der Schutz auf das Äußere, die Bewahrung einer bestimmten städtebaulichen Struktur und eines besonderen Charakters dieses Bereiches beziehe. Voraussetzung eines schützenswerten Ensembles sei nicht der lückenlose Erhalt aller bauzeitlichen Gebäude, solange die schützenswerte Struktur, das Ortsbild noch ohne Weiteres ablesbar sei.

Auch könne keine beliebige Ersetzung der bauzeitlichen Gebäude durch Neubauten unter Einhaltung der alten Kubatur erfolgen, da dann der Ensembleschutz eine „leere Hülle“ wäre. Entscheidend sei der Erhalt der historischen Substanz; Sinn und Zweck des Denkmalschutzes sei der Erhalt der historischen Gebäude und nicht nur bestimmte Ortsbildpflege (BayVGH, U.v. 03.08.2000 - 2 B 97.1119; U.v. 03.08.2008 - 2 BV 07.760). Im Übrigen sei nur der Abriss, nicht aber ein möglicher Ersatzbau Streitgegenstand.

Ein Abriss stelle den massivsten Eingriff dar. Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Ensembles seien wegen der einheitlichen Anordnung der Straßen sowie der ihnen zugeordneten Gebäude inmitten großer Gärten zu bejahen.

Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes sprächen für die unveränderte Beibehaltung, da der einheitliche Charakter der Villenkolonie als eigenständige Siedlung trotz vorhandener Neubauten klar ablesbar sei. Der beantragte Abriss am Randbereich des Ensembles würde zu einer empfindlichen Schwächung des Ensembles sowohl durch den Verlust bauzeitlicher und damit besonders ensembleprägender Bausubstanz als auch durch das Fehlen eines Gebäudes in der einheitlichen Straßenstruktur führen. Da das Ensemble insgesamt noch intakt sei, könne aus dem Vorhandensein neuerer Gebäude kein Abbruchanspruch abgeleitet werden.

Mit Schriftsätzen vom ... März 2015 sowie vom ... April 2015 haben die Bevollmächtigten der Klägerin ihre bisherige Klagebegründung weiter vertieft und insbesondere vorgetragen, aufgrund der Änderung des Art. 6 Abs. 1 DSchG durch das Gesetz vom 24. Juli 2003 hätten sich mit der Anfügung eines eigenständigen Satz 3 zum Ensembleschutz sämtliche Entscheidungen zum Ensembleschutz vor diesem Zeitpunkt überholt. Entscheidend sei für die Erlaubnispflicht bei Ensembles die Auswirkung auf das Erscheinungsbild des Ensembles (VG Ansbach, U.v. 23.11.2010 - AN 9 K 10.2049; BayVGH, B.v. 29.07.2013 - 14 ZB 11.398). Auch vorliegend fehle es an einem im Wesentlichen einheitlichen, historischen Straßenbild.

Zudem fehle es an einer Normierung der Voraussetzungen für die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis bei einer Veränderung im Ensemble. Zwar sei 2003 die Erlaubnispflicht in Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG eigenständig geregelt worden; der Gesetzgeber habe aber übersehen und unterlassen, die Voraussetzungen hierfür zu regeln.

Das Gericht hat am 20. April 2015 Beweis durch Einnahme eines Augenscheines auf dem streitgegenständlichen Grundstück sowie in dessen Umgebung erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheines wird auf das Protokoll verwiesen. In der mündlichen Verhandlung am 20. April 2015 stellten die Beteiligen ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtakte sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Verpflichtungsklage ist in der Sache nicht begründet. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom ... Februar 2014 verletzt die Kläger nicht in deren Rechten, da die Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis für einen Abriss des Wohnhauses ...str. ... haben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

1. Der beantragte Abbruch des Anwesens ...str. ... bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Denkmalschutzgesetz (DSchG). Zwar erfüllt das Anwesen nicht die Voraussetzungen, die es selbst zu einem Baudenkmal im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG qualifizieren würden. Jedoch liegt das Anwesen im Bereich des Ensembles „Villenkolonie ... II“, was zur Genehmigungspflicht - auch von baulichen Anlagen - führt, die selbst nicht die erforderliche Denkmalqualität aufweisen. Gemäß Art. 1 Abs. 3 DSchG kann zu den Baudenkmälern auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 DSchG erfüllt, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltenswürdig ist. Im Hinblick auf die Gleichsetzung von Ensembles mit Baudenkmälern in Art. 1 Abs. 3 DSchG unterfallen im Ensemble befindliche bauliche Anlagen, die selbst kein Baudenkmal im Sinne des Art. 1 Abs. 2 DSchG sind, der Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG. Danach bedarf der Erlaubnis, wer Baudenkmäler beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen will.

Der Erlaubnispflicht des beantragten Abrisses stehen weder die von der Klägerseite geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des Art. 6 DSchG noch ein Fehlen der Ensemblequalität der Umgebung des streitgegenständlichen Grundstückes entgegen.

1.1 Entgegen der Ansicht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellt insoweit Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG - der 2003 in das Denkmalschutzgesetz eingefügt wurde - nicht die eigentliche, die Erlaubnispflicht der Veränderung begründende Rechtsnorm dar; vielmehr ergibt sich diese aus Art. 1 Abs. 3 DSchG und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG.

Durch das Gesetz zur Änderung denkmalrechtlicher Vorschriften vom 24. Juli 2003 (GVBl S. 475) wurde mit Wirkung vom 1. August 2003 dem Art. 6 Abs. 1 DSchG folgender - auch heute noch gültige - Satz 3 angefügt: „Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.“

Im Gegensatz zur Ansicht der Bevollmächtigten der Klägerin wurde damit aber nicht eine eigenständige und neue Genehmigungspflicht für Veränderungen in Ensembles eingeführt; vielmehr diente diese Regelung der Verwaltungsvereinfachung und sollte insbesondere für Nicht-Baudenkmäler in Ensembles die bis dahin grundsätzlich auch bei baulichen Änderungen im Inneren dieser Gebäude bestehende Genehmigungsbedürftigkeit entfallen lassen. Im Übrigen blieb durch diese Verwaltungsvereinfachung die Genehmigungsbedürftigkeit im Ensemble unverändert und galt bzw. gilt der Genehmigungsmaßstab des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG. In der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung denkmalrechtlicher Vorschriften wird ausgeführt, dass nach der bisherigen Rechtslage eine Erlaubnis nach Art. 6 DSchG auch dann erforderlich ist, wenn Maßnahmen im Inneren eines Bauwerkes durchgeführt werden sollen, das zwar Teil eines Ensembles, nicht aber für sich genommen ein Baudenkmal ist (LT-Drs. 14/12042 S. 4).

Weiter wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass durch den neuen Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG gewährleistet werden soll, dass Maßnahmen an Nicht-Denkmälern im Ensemblebereich künftig nur mehr erlaubnispflichtig sind, wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken können. Für Maßnahmen im Inneren von Nicht-Denkmälern entfällt mithin künftig die Erlaubnispflicht, wodurch ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung geleistet werden soll. Damit kann der Gesetzesgenese entnommen werden, dass mit Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG eine Einschränkung des Genehmigungstatbestandes im Sinne einer Erleichterung für Nicht-Baudenkmäler geregelt worden ist. Auch dem Wortlaut der Bestimmung „Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis nur“ belegt, dass es sich hierbei nicht um eine konstitutive oder auch nur andersartige Regelung der Erlaubnispflicht im Ensemble handelt, sondern um eine bloße Einschränkung im Interesse der Eigentümer von Nicht-Denkmälern im Ensemble. Im Hinblick darauf greifen die von der Klägerseite aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht durch. Im Übrigen führten diese bei ihrem Vorliegen nicht dazu, dass aufgrund der Verfassungswidrigkeit die begehrte Abrisserlaubnis zu erteilen wäre. Vielmehr hätte das Gericht, wenn es die Ansicht der Klägerseite teilte und Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG für verfassungswidrig hielte, nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

1.2 Das streitgegenständliche Anwesen ...str. ... gehört zum Ensemble „Villenkolonie ... II“, die eine Mehrheit von baulichen Anlagen im Sinne eines Ensembles gemäß Art. 1 Abs. 3 DSchG bildet. Das Ensemble ist in die Denkmalliste gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG nachrichtlich eingetragen. Die Ensemblequalität des Gebietes wurde im Rahmen einer Revision und Nachqualifizierung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege im Jahr 2013 bestätigt. Auch aufgrund der der Inaugenscheinnahme des Anwesens sowie der näheren Umgebung haben sich keine durchgreifenden Gründe ergeben, die die Einstufung des Gebietes als Ensemble durchgreifend in Frage stellen. Die „Villenkolonie ... II“ entstand um die Jahrhundertwende auf der Grundlage der Planungen von ... ... anlässlich des Neubaus der Eisenbahnstrecke zwischen ... und ..., um Wohnraum für Familien in Form von Einfamilienhäusern zu schaffen und damit den Wunsch nach einer Kombination von ländlicher Wohnqualität mit schneller Anbindung an den Arbeitsplatz in München zu erfüllen. Charakteristisch für diese Zwecke sind insbesondere die großen Gartenflächen sowie die Kubaturen der einzelnen Gebäude. An der hieraus folgenden Ensembleeigenschaft haben nach Überzeugung des Gerichts auch die neueren Bauten - welche in Kubatur und Größe nicht mehr den ursprünglichen architektonischen Vorgaben entsprechen und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebaut wurden (etwa ...str. ... und ..., ...str. ... und ...) nichts geändert. Dem Gebiet kommt trotz der teilweise erheblichen Beeinträchtigungen ein nach wie vor erhaltenswertes Ortsbild im Sinne des Art. 1 Abs. 3 DSchG zu, so dass es Baudenkmälern gleichzustellen ist. In seinem Eintrag in die Denkmalliste konstatiert auch das LfD, dass innerhalb des Ensembles nach dem Zweiten Weltkrieg Neubauten entstanden sind, die aufgrund ihrer Größe und Kubatur oder ihrer Lage in zweiter Reihe eine erhebliche Beeinträchtigung für das Ensemble darstellen. Diese Beeinträchtigungen sind jedoch nach Überzeugung des Gerichts nicht derart schwerwiegend, als dass damit die grundsätzliche Schutzwürdigkeit des Ensembles in Frage gestellt wäre.

2. Der beantragte Abbruch des Anwesens ...str. ... würde sich auch auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken. Der Abbruch des Anwesens ...str. ... sowie ein möglicher, später nachfolgender, größer bemessener Neubau auf dem Grundstück, würde die Eigenschaften des Ensembles gefährden, da dadurch nicht nur das Haus und die typische Kubatur verschwinden würde, sondern auch das für das Ensemble charakteristische Verhältnis von relativ großem Gartengrundstück und relativ kleinem Bauwerk verändert würde. Da sich der für die Siedlung typische Charakter gerade aus dem Zusammenwirken von relativ kleiner Bebauung und verhältnismäßig großen umliegenden Gartengrundstücken ergibt, würde ein Abriss des Hauses gerade nicht das Charakteristikum eines großen Gartens stärken, sondern vielmehr dieses wegen des Fehlens des entsprechenden Wohnhauses beeinträchtigen.

Der Umstand, dass in der Nachbarschaft bereits neuere, nicht mehr der ursprünglichen Bauweise entsprechende Bauwerke entstanden sind, rechtfertigt keine andere Bewertung, sondern unterstreicht vielmehr die Bedeutung des streitgegenständlichen Anwesens für die zukünftige Erhaltung des Ensembles und den Schutz vor weiterer Auszehrung des historischen Charakters.

Dabei wird nicht übersehen, dass ein möglicher Neubau vorliegend nicht vom Klagebegehren umfasst (§ 88 VwGO) und daher nicht streitgegenständlich ist. Gerade die vollständige Beseitigung einer Wohnhausbebauung würde allerdings die Gefahr mit sich bringen, dass das Grundstück auf Dauer unbebaut bleibt und insoweit für das Straßen- und Ortsbild und damit für das Ensemble auf Dauer eine erhebliche Beeinträchtigung entsteht. Wenn auch die Gefahr für das Unterbleiben eines Neubaus nach einem Abriss nach allgemeiner Lebenserfahrung aufgrund der Grundstückspreise faktisch äußerst gering sein mag, so besteht doch gleichwohl weder denkmalschutz- noch baurechtlich eine praktikable Möglichkeit, den Eigentümer zu einer ensemblegerechten Neu-Bebauung anzuhalten (vgl. BayVGH, U.v. 03.01.2008 - 2 BV 07.760 - juris Rn. 21).

3. Den Klägern steht kein Anspruch auf Erteilung der erforderlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG zu, da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen bzw. dem Abriss des Wohnhauses ...str. ... als Bestandteil des denkmalgeschützten Ensembles „Villenkolonie ... II“ gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegen stehen, die für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen.

Die „gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes“ stellen einen uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff dar (vgl. BayVGH, B.v. 08.05.1989 - 14 B 88.02426, BayVBl 1990, 208) und sind für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit eines Vorhabens in zweierlei Hinsicht von Bedeutung:

Bei dem Fehlen gewichtiger Gründe ist ein Versagungsermessen nicht eröffnet, besteht also auf Seiten des Antragstellers ein Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis. Die gewichtigen Gründe sind nach der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen müsste; vielmehr ergibt sie sich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht (BayVGH, U.v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 70). Für den Regelfall ist daher bei Baudenkmälern davon auszugehen, dass stets ein Erhaltungsinteresse anzu-erkennen ist und damit gewichtige Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes indiziert sind (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 - 2 ZB 11.1575 - juris Rn. 4; Eberl/Martin/Greipl, BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 6 Rn. 56).

Im Hinblick auf die Gleichstellung von Ensembles mit Baudenkmälern gilt für eine Veränderung einer baulichen Anlage, die selbst kein Baudenkmal darstellt, jedoch im Ensemble gelegen ist, nichts anderes. Ziel des Denkmalschutzes ist es, die Baukultur der Vergangenheit, das heißt die geschichtlichen Zeugnisse im Original zu erhalten. Denkmalpflege und Denkmalschutz zielen darauf, historische Zusammenhänge in Gestalt einer baulichen Anlage oder einer Mehrheit baulicher Anlagen in der Gegenwart zu veranschaulichen (BVerwG, U.v. 18.5.2001 - 4 CN 4/00, BVerwGE 114, 247 - juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - juris Rn. 18). Da das Denkmalschutzgesetz kein Gesetz zur ausschließlichen Ortsbildpflege, sondern zur Erhaltung der historischen Bausubstanz ist, gilt nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass Ensembles den gleichen Schutz wie Einzelbaudenkmäler genießen und ensembleprägende Bestandteile - auch wenn sie keine Baudenkmäler sind - grundsätzlich erhalten werden sollen (BayVGH, U.v. 03.01.2008 - a. a. O.). Danach ist der Schutzanspruch eines Ensembles nicht geringer als der für Einzelbaudenkmäler, auch wenn er stärker und vorrangig auf das Erscheinungsbild zielt, das die Bedeutung vermittelt und in seiner Anschaulichkeit zu bewahren ist (BayVGH, U.v. 03.01.2008 - a. a. O. m. w. N.).

4. Alleine die Feststellung, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, rechtfertigt für sich allerdings nicht die Ablehnung des Antrages. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gerade für diesen Fall eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 BayVwVfG ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Zweck des Erlaubnisvorbehaltes in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 DSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 DSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen. Die Behörde trifft mithin eine rechtsgestaltende Entscheidung, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden (BayVGH, U.v. 27.09.2007 - 1 B 00.2474 - juris Rn. 87).

Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, U.v. 11.01.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 26). Bei der Ermessensausübung ist maßgeblich die Bedeutung des Baudenkmals bzw. des Ensembles zu berücksichtigen sowie Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis zu setzen. Je gravierender der Eingriff aus denkmalfachlicher Sicht ist, desto größere Bedeutung kommt danach bei der Abwägung den für einen unveränderten Erhalt sprechenden gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zu, was im Einzelfall auch zur Folge haben kann, dass sich das Versagungsermessen zu einer Versagungspflicht verdichtet.

Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen - soweit es gerichtlicher Überprüfung nach § 114 VwGO unterliegt - rechtmäßig ausgeübt und unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Interessen der Kläger sowie der Allgemeinheit von einer Erteilung einer Erlaubnis in ermessensgerechter und damit rechtmäßiger Weise abgesehen. So hat sie bei ihrer Entscheidung zutreffend berücksichtigt, dass bei einer Umgestaltung des Gebäudes im Inneren - da es sich um kein Einzelbaudenkmal handelt - gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG keine denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen bestehen. Auch hat sie zutreffend berücksichtigt, dass aus denkmalfachlicher Sicht ein Anbau an der nördlichen, gartenseitigen Seite des Anwesens unter Beachtung der schon bestehenden Kubatur eine Vergrößerung und Modernisierung des Hauses möglich ist. Schließlich wurde auch der aktuelle technische Bauzustand des Anwesens in der Abwägung berücksichtigt. Ebenso das öffentliche Interesse an der Schaffung von Wohnraum.

Hinsichtlich der Gewichtung der Eigentümerinteressen war dabei von der Sicht eines dem Denkmalschutz aufgeschlossenen Eigentümers auszugehen (vgl. BVerfG, U.v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 - juris Rn. 85; BayVGH, U.v. 11.01.2011 - 15 B 10.212 - juris Rn. 28).

Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass das noch bewohnte klägerische Wohnhaus nicht erhaltungs- und sanierungsfähig wäre, sind nicht ersichtlich. Eine unverhältnismäßige Belastung der Kläger ist mit Rücksicht auf den Umstand zu verneinen, dass die bisherige Nutzung des Gebäudes als Wohnhaus auch weiterhin ohne weiteres möglich ist. Angesichts des hohen Rangs des Denkmalschutzes, dem in Bayern aufgrund der Staatszielbestimmung des Art. 141 Abs. 2 BV Verfassungsrang zukommt, und im Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG muss der Eigentümer es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm möglicherweise eine rentablere Nutzung des Grundstücks verwehrt wird, da Art. 14 Abs. 1 GG nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt (BVerfG, B.v. 3.2.1999 a. a. O. - juris Rn. 84). Rechtlich nicht zu beanstanden ist deshalb der Schluss der Beklagten, dass die gewichtigen Belange des Denkmalschutzes die wirtschaftlichen Interessen des Klägers bei weitem überwiegen.

Andererseits würde eine Beseitigung des Anwesens ...str. ... zu einem Verschwinden eines der noch wenigen aus der ersten Bebauungsphase stammen und damit der originären Planung ... entsprechen Bauwerke der Villenkolonie führen. Damit würde die Ensemblequalität der Villenkolonie eine weitere Beeinträchtigung erfahren, die aufgrund der bereits vorhandenen Nachkriegsbebauung eine erhebliche Vorbelastung erfahren hat.

Das Ermessen der Beklagten war auch nicht durch die offenbar in jüngerer Zeit erfolgten Baugenehmigungen im näheren Umfeld des streitgegenständlichen Anwesens aufgrund einer damit bewirkten Selbstbindung eingeschränkt. Hiergegen spricht, dass es sich bei den neueren Bauvorhaben eben nicht nur - wie vorliegend beantragt - um einen bloßen Abriss gehandelt hat, so dass unter diesem Gesichtspunkt die Sachverhalte schon nicht vergleichbar sind.

Etwas anderes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die Kläger einen entsprechenden Bauantrag für ein denkmal- bzw. ensemblegerechtes Bauvorhaben - sofern aus denkmalfachlicher Sicht ein solches möglich sein sollte - einreichen, bei dem dann gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V. mit Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zwingend auch über die denkmalschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit zu entscheiden wäre. Inwieweit in einem derartigen Verfahren dann eine Berufung auf entsprechende Vorbilder unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie der Selbstbindung der Verwaltung möglich wäre, kann vorliegend dahinstehen. Grundsätzlich ist eine derartige Berufung auf Vorbilder im Denkmalschutzrecht nur eingeschränkt möglich, da es auf die jeweiligen Einzelumstände des individuellen Baudenkmales ankommt, weshalb eine Berufung auf Vorbilder bzw. eine Selbstbindung der Verwaltung im Denkmalschutzrecht allenfalls eingeschränkt möglich erscheint. Ob im Ensemble - einer Mehrheit von baulichen Anlagen - insoweit eine andere Beurteilung möglich ist, kann vorliegend dahinstehen, da ein möglicher Neubau vorliegend nicht vom Klagebegehren umfasst (§ 88 VwGO) und daher nicht streitgegenständlich ist.

Da den Klägern kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für den Abbruch des streitgegenständlichen Anwesens zusteht und ihre Versagung damit rechtmäßig war, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger haben als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger begehren von der Beklagten (nachträglich) eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis sowie eine Abweichung von deren Baugestaltungssatzung zum Einbau von Alu-Kunststoff-Fenstern in ihr Wohnhaus, das im Geltungsbereich der Gestaltungssatzung der Beklagten „über besondere Anforderungen an die Baugestaltung und an Werbeanlagen in der Altstadt von W...“ und zugleich im Gebiet des Denkmalensembles „Altstadt W...“ liegt. Außerdem wenden sich die Kläger gegen die in Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 9. Januar 2015 angeordnete Beseitigung der bereits eingebauten Alu-Kunststoff-Fenster in Holzoptik in der nördlichen Fassade ihres Wohnhauses. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 19. März 2015 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Kläger.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Kläger berufen sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Kläger innerhalb offener Frist haben darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Einbau der gegenständlichen Fenster bedürfe nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG keiner Erlaubnis, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Einbau der Kunststofffenster eine die Erlaubnispflicht auslösende Veränderung des Ensembles im Sinn des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG ist, weil er sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Die das Erscheinungsbild des Ensembles betreffende zweite Alternative des Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG stellt auf bauliche Anlagen ab, die - wie hier - für sich genommen kein Baudenkmal sind. Der Vortrag, das Gebäude der Kläger sei selbst kein denkmalgeschütztes Gebäude, geht deshalb ins Leere.

b) Mit dem Einwand, die eingebauten Fenster seien spezielle Anfertigungen in Holzoptik, die in Ausgestaltung und Farbe den ausgebauten Holzfenstern entsprächen, visuelle Unterschiede zu Holzfenstern gebe es nicht, hat sich das Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisfähigkeit auf Grundlage eines Ortstermins sowie der Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 23. Oktober 2014 umfassend auseinander gesetzt und dabei insbesondere auf den im Denkmalschutzrecht anerkannten Grundsatz der Materialgerechtigkeit abgestellt (vgl. Martin/Spennemann in Eberl/Martin/Spennemann, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 7. Auflage 2015, Art. 6 Rn. 74 m. w. N.). Dies ist nicht zu beanstanden; auch die vonseiten der Kläger vorgelegten und in Bezug genommenen Fotografien machen - etwa im Vergleich zu den Holzfensterläden oder zu den „alten, ausgebauten, defekten“ Fenstern - den Kunststoffcharakter der neu eingebauten Fenster deutlich.

c) Der Vortrag, jedenfalls sei die beantragte denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zu erteilen, weil durch den Einbau der Fenster in Holzoptik keine Beeinträchtigung des Ensembles gegeben sei, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils aufkommen.

aa) Dass die Fenster im Ensemblebereich eine „historische Bausubstanz“ aufweisen würden, hat das Verwaltungsgericht nicht behauptet. Es hat vielmehr darauf abgestellt, dass Baustoffe zu verwenden seien, die den bereits vorhandenen Materialien entsprechen würden oder mit der vorhandenen Substanz vergleichbar seien. Dies seien regelmäßig nur „traditionelle Materialien“ wie Holz. Kunststoff-Alu-Fenster seien demgegenüber mit dem Charakter der historischen Altstadt nicht vereinbar. Denn sie seien nicht materialgerecht und würden in der Materialalterung nicht dem wünschenswerten harmonischen Zusammenspiel aller an der Fassade verwendeten Materialien und ihrer Oberflächen entsprechen. Diese tatrichterliche Bewertung ist nachvollziehbar und in der Sache nicht zu beanstanden.

bb) Dass im Bereich des Denkmalensembles auch Kunststofffenster in Gebäuden vorzufinden sind, hat das Verwaltungsgericht im Ortstermin festgestellt (vgl. Niederschrift über die Augenscheinseinnahme und mündliche Verhandlung vom 19.3.2015) und sich damit in seiner Entscheidung eingehend auseinander gesetzt. Es handle sich insoweit um einen genehmigten Neubau oder um nicht genehmigte Fälle, denen nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung aber zeitnah nachgegangen werde.

Der hiergegen gerichtete Einwand, das Bekunden der Beklagten, Eigentümer zum Austauschen eingebauter Kunststofffenster nach und nach zu verpflichten, sei unerheblich, weil es auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung ankomme und sich zum jetzigen Zeitpunkt ein Gesamteindruck ergebe, der nicht durch historische Gebäude oder zumindest durch historische Baumaterialien geprägt sei, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Erscheinungsbild eines Ensembles wird durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 DSchG), das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2012 - 15 ZB 11.736 - juris Rn. 4 m. w. N.), zu dem auch Fenster und Türen als wesentliche gestalterische Merkmale beitragen (vgl. Martin/Spennemann, a. a. O., Art. 6 Rn. 86 m. w. N.). Etwaige Vorbelastungen durch bereits vorhandene Kunststofffenster schmälern weder die Schutzwürdigkeit des Ensembles als solches noch rechtfertigen sie weitere gleichartige Beeinträchtigungen (vgl. Martin/Spennemann, a. a. O., Art. 6 Rn. 75 m. w. N.). Es kommt daher nicht darauf an, auf welchen Zeitpunkt nach Ansicht der Kläger abzustellen ist, weil die Kunststofffenster im Gebäude der Kläger im Zeitpunkt ihres Einbaus ebenso wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit dem schutzwürdigen zeittypischen Erscheinungsbild des Ensembles und den daran zu messenden traditionellen Materialien unvereinbar sind. Da das Ensemble selbst ein Baudenkmal darstellt (vgl. Art. 1 Abs. 3 DSchG), ist sein Schutzanspruch kein geringerer als der für Einzelbaudenkmäler. Maßgebend ist deshalb das ü b e r l i e f e r t e Erscheinungsbild des Baudenkmals „Ensemble“ (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG; vgl. BayVGH, U. v. 3.1.2008 - 2 BV 07.760 - BayVBl 2008, 477 = juris Rn. 18) und nicht der teilweise durch Bausünden vorbelastete Zustand.

cc) Soweit sich die Kläger auf den Gleichheitssatz berufen, weil für das Nachbargebäude F...gasse ... eine Ausnahmegenehmigung zum Einbau von Kunststofffenstern erteilt worden sei, können sie damit nicht durchdringen. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die von den Klägern genannten Bezugsfälle nicht vergleichbar seien oder entsprechend gehandhabt würden. Dabei stellt das Verwaltungsgericht nicht allgemein auf das Erscheinungsbild des gesamten Ensembles „Altstadt W...“ ab, sondern auf die besondere Bedeutung des Platz- und Straßenbilds „I...gasse“, an der auch das klägerische Anwesen anliegt. Wie der gerichtliche Augenschein ergeben habe, sei die Mehrzahl der sich im relevanten Nahbereich zum klägerischen Anwesen befindlichen Häuser zur I...gasse hin mit Holzfenstern ausgestattet. Das gelte auch für das unmittelbar westlich an das klägerische Grundstück angrenzende Grundstück F...gasse ... Mit diesen Ausführungen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.

Davon abgesehen ist die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts in der Sache nicht zu beanstanden. Ob gewichtige Gründe für die unveränderte Beibehaltung des ursprünglichen Zustands und damit gegen eine denkmalunverträgliche Änderung sprechen, lässt sich bei einem Denkmalensemble - ebenso wie bei einem Einzelbaudenkmal - nicht generalisierend beantworten. Die vorzunehmende Einzelfallprüfung kann deshalb ergeben, dass eine gleichgelagerte Beeinträchtigung des Denkmalensembles in bestimmten Teilbereichen eher hingenommen werden kann als in anderen. So liegt es hier. Die Beklagte stellt ebenso wie das Verwaltungsgericht nicht allein auf die historische Bedeutsamkeit des Ensembles „Altstadt“, sondern weitergehend auf die besondere Bedeutung des Platz- und Straßenbilds der „I...gasse“ ab. Insoweit begegnet die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, das neu renovierte Gebäude F...gasse ... könne nicht als Vergleichsfall herangezogen werden, weil es nur zur F...gasse hin Kunststofffenster erhalten habe, zur I...gasse hin aber Holzfenster aufweise, keinen Bedenken.

dd) Der Vortrag, das klägerische Wohnhaus sei kein (Einzel-) Denkmal, vermittle als Nachbau auch nicht den Eindruck eines historischen Denkmals und es liege kein Baudenkmal vor, das durch einen historischen Bestand geprägt sei, geht an den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorbei.

Das Verwaltungsgericht ist an keiner Stelle der angefochtenen Entscheidung von der Denkmaleigenschaft des klägerischen Wohnhauses ausgegangen. Es führt vielmehr zutreffend aus, dass das Anwesen der Kläger selbst keine Denkmaleigenschaft besitze, sich aber im Bereich des Denkmalensembles befinde und Teil desselben sei. Als Bestandteil des Ensembles komme den nach außen wirkenden Bauteilen, also insbesondere der Fassade, die ihren wesentlichen Ausdruck durch die Form und Gestalt der Fenster erhalte, eine erhebliche Bedeutung zu, weil sie das Äußere des Gebäudes und damit auch des Ensembles sowie des Platz- und Straßenbildes der I...gasse prägen würden. Hiergegen ist nichts zu erinnern.

ee) Der Vortrag, die Kunststofffenster in Holzoptik würden sich im Sinne der Materialgerechtigkeit in die vorhandenen Baumaterialien des klägerischen Gebäudes einfügen, eine für einen Altbau typische und natürliche Patina werde das neu errichtete Gebäude nicht haben, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Kunststofffenster entsprächen in der Materialalterung nicht dem wünschenswerten Zusammenspiel aller an der Fassade verwendeten Materialien und ihrer Oberfläche. Weshalb die an der Fassade des klägerischen Gebäudes verwendeten Materialien, wie Putz, Farbe und Holzfensterländen nicht der Alterung unterliegen sollen, weil das klägerische Gebäude ein Neubau ist, lässt sich nicht nachvollziehen; auf eine altbautypische „Patina“ stellt das Verwaltungsgericht nicht ab. Davon abgesehen kommt es für den Schutz des Orts-, Platz- oder Straßenbilds vorwiegend auf die visuelle Wirkung der das Ensemble bildenden baulichen Anlagen im Verhältnis zueinander, also auf deren Zusammenwirken an, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist, wenn es in Bezug auf die Genehmigungspraxis der Beklagten ausführt, im Ensemblebereich sollten nur Baustoffe verwendet werden, die den bereits vorhandenen Materialien entsprechen oder mit der vorhandenen Substanz vergleichbar sind. Das seien (im Denkmalensemble) regelmäßig nur traditionelle Materialien wie etwa Holz. Auch hiergegen ist nichts zu erinnern.

d) Der Einwand, das Verwaltungsgericht stütze sich auf die unzutreffenden Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Entgegen der Darlegung der Kläger hat sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Ensembleunverträglichkeit der Kunststofffenster eine eigene Überzeugung gebildet. Dies zeigt schon der vom Verwaltungsgericht durchgeführte Ortstermin, anlässlich dessen sich das Verwaltungsgericht „davon überzeugen konnte, dass die von den Klägerin in der Nordfassade ihres Anwesens eingebauten Kunststoff-Alu-Fenster im konkreten Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der Denkmalverträglichkeit einen nach Art und Intensität erheblichen Eingriff in das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Ensembles darstellen“. Dass es im Ergebnis der fachkundigen und nachvollziehbaren Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege vom 23. Oktober 2014 folgt, lässt nicht den von den Klägern gezogenen Schluss zu, das Verwaltungsgericht sei von einer rechtlichen Bindung ausgegangen.

bb) Mit den Darlegungen zur Materialalterung, zum Neubau der Kläger, der „nicht mit historischen Baumaterialien“ errichtet worden sei und zur Holzoptik der eingebauten Kunststofffenster wiederholen die Kläger ihren Vortrag hinsichtlich des ihrer Ansicht nach ensembleverträglichen Einbaus von Kunststofffenstern. Auf die vorhergehenden Ausführungen in diesem Beschluss wird deshalb verwiesen.

e) Die Einwände gegen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die von den Klägern geltend gemachten gesundheitlichen Probleme seien in die denkmalschutzrechtliche Ermessensentscheidung nicht einzubeziehen, führen nicht zur Zulassung der Berufung.

Die Bezugnahme der Kläger auf Art. 6 Abs. 4 DSchG, wonach bei (Zulassungs-) Entscheidungen nach Art. 6 Abs. 1 bis 3 DSchG auch die Belange von Menschen mit Behinderung und von Menschen mit sonstigen Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen sind, verhilft ihrem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachte klägerische Interesse an der Berücksichtigung ihrer Bewegungseinschränkungen bzw. ihres Alters, derentwegen es ihnen nicht zugemutet werden könne, die einzubauenden Holzfenster alle zwei bis drei Jahre (selbst) zu streichen, wird von der Regelung des Art. 6 Abs. 4 DSchG nicht erfasst. Diese Bestimmung fordert die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung oder mit Mobilitätseinschränkungen um diesem Personenkreis ältere bzw. alte Gebäude zugänglich zu machen („Barrierefreiheit“; vgl. LT-Drs. 14/11230, S. 23), sie dient aber nicht der Erleichterung von Renovierungsarbeiten. Ein Anspruch des Eigentümers eines dem Denkmalrecht unterliegenden Gebäudes auf Zulassung einer von den denkmalrechtlichen Anforderungen abweichenden baulichen Gestaltung, um es möglichst mit eigener Arbeitskraft instand zu halten, besteht nicht.

f) Die Darlegungen der Kläger zu dem ihrer Ansicht nach bestehenden Anspruch auf Erteilung einer Abweichung von den Vorgaben der Gestaltungssatzung der Beklagten führen, ungeachtet des vom Verwaltungsgericht zu Recht verneinten Anspruchs auf Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, nicht zur Zulassung der Berufung.

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass eine Abweichung von der Gestaltungssatzung der Beklagten nicht in Betracht komme, weil dem Vorhaben der Kläger gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstünden und auch keine atypische Fallgestaltung vorliege, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

aa) Die Rechtsauffassung der Kläger, die zuvor ausgebauten (Holz-) Fenster entsprächen in Optik und Farbe vollumfänglich den nun eingebauten (Kunststoff-) Fenstern in Holzoptik, der Zweck der Gestaltungssatzung werde durch den Einbau der neuen Fenster deshalb nicht verletzt, trifft nicht zu. Die Anforderungen an Fenster in § 5 a der Baugestaltungssatzung vom 31. Oktober 2008 (geänd. 19.12.2013) regeln nicht nur die Farbe der Fenster, sondern auch das Material, aus dem sie beschaffen sind. Nach § 5 a Abs. 4 Satz 1 der Baugestaltungssatzung sind vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbare Fenster „ausschließlich aus Holz“ herzustellen. Zweck dieser Gestaltungsanforderung ist demnach nicht bloß die Bewahrung einer vordergründigen Optik, wie der Vergleich mit § 7 Abs. 2 Buchst. b der vorherigen Baugestaltungssatzung vom 29. Oktober 1992 zeigt, wonach neben Holz auch andere Baustoffe für Fenster zulässig waren, wenn sie sich stilgerecht in die Fassade einfügten. Maßgebend ist aufgrund der Neufassung der Baugestaltungssatzung neben der Farbe der Fenster nunmehr auch die dem Bild der historischen Altstadt entsprechende Materialgerechtigkeit der Fenster. Der Wandel in den gestalterischen Vorstellungen der Beklagten seit 1992 wird aus der Präambel der Baugestaltungssatzung vom 31. Oktober 2008 deutlich, wonach das in Jahrhunderten gewachsene und von den Zerstörungen durch Weltkriege weitgehend verschont gebliebene historische Stadtbild bei zeitgemäßer Fortentwicklung Rücksicht verlange auf den historischen Baubestand, auf historische Gestaltungsmerkmale und überkommene Gestaltungsregeln, die den besonderen Charakter und die Atmosphäre der Stadt geprägt hätten und auch künftig prägen sollten. Mit diesen Vorstellungen zur positiven Gestaltungspflege dokumentiert die Beklagte ersichtlich die Rückführung der Altstadt in einen gestalterisch wertvollen Zustand (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 81 Rn. 90 m. w. N.).

bb) Die Versagung der beantragten Abweichung von den Anforderungen der Baugestaltungssatzung für den Einbau der gegenständlichen Kunststofffenster verletzt ebenso wenig den Gleichheitssatz, wie die Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis. Es wurde bereits ausgeführt, dass die Kunststofffenster im Wohngebäude F...gasse ... zu dieser Straße und nicht in Richtung der I...gasse weisen, weshalb schon kein gleichgelagerter Fall vorliegt. Nichts anderes gilt für Befensterung der Fach- und Berufsoberschule in der W...straße ..., die darüber hinaus keinen Bezugsfall markiert, weil es sich insoweit - anders als beim klägerischen Gebäude - um einen bewusst modern gestalteten Flachdachanbau handelt, der in einem klaren gestalterischen Kontrast zur historischen Bausubstanz steht.

g) Die Ausführungen der Kläger zum angeordneten Sofortvollzug, verhelfen dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Vollziehungsanordnung im Urteil zu Recht unberücksichtigt gelassen. Gegen die Anordnung des Sofortvollzugs (hier nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO) ist Rechtsschutz nicht über die Anfechtungsklage, sondern ausschließlich nach §§ 80 f. VwGO zu gewähren (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1994 - 4 B 243/94 - NVwZ-RR, 299 = juris Rn. 3 und Leitsatz 1).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.