Verwaltungsgericht München Urteil, 12. März 2018 - M 8 K 16.5945

published on 12/03/2018 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 12. März 2018 - M 8 K 16.5945
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtverbindlich zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 7. Dezember 2016, mit welchem diese insbesondere die Erhaltung zweier Treppenanlagen zur Sicherstellung des zweiten baulichen Rettungsweges verfügt hat.

Die Kläger sind Miteigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks …straße 1, Fl.Nr. …, Gemarkung … Im Geschäftsverkehr und gegenüber Behörden handeln sie in der Regel als … & … Immobilienbesitzgesellschaft. Auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindet sich ein fünfgeschossiges Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoss in Blockrandbebauung. Im Innenhof befinden sich zwei Treppenanlagen, die als Rettungswege für die vier Obergeschosse dienen.

Am 14. Dezember 1966 wurde eine Baugenehmigung für ein Fremdenheim (71 Fremdenzimmer) mit Gaststätte und Unterflurgarage erteilt. Am 19. August 1970 wurde eine Tekturgenehmigung zu dieser Baugenehmigung erteilt (insbesondere Erhöhung der Zimmerzahl auf 81). Hinsichtlich der weiteren Genehmigung, insbesondere Baugenehmigungen für den Dachgeschossausbau und Badeinbauten in den Fremdenzimmern, wird auf die Behördenakte verwiesen.

Das Gebäude wird derzeit von der Hotelbetriebsgesellschaft … mbH (Betreiberin) betrieben. Das Gebäude verfügt insbesondere in den vier Obergeschossen über 88 Zimmer – 22 Zimmer pro Geschoss – mit 180 Betten.

Am 8. November 2006 schlossen die Betreiberin und das Sozialreferat der Beklagten (Sozialreferat) eine Belegungsvereinbarung für das streitgegenständliche Gebäude. Gegen Zahlung von Bettplatzentgelten durch das Sozialreferat verpflichtete sich die Betreiberin, der Beklagten ein ausschließliches Belegungsrecht für näher bezeichnete Räume im streitgegenständlichen Gebäude einzuräumen und u.a. die Räume mit Betten samt Bettwäsche, Stühlen, verschließbaren Schrankhälften, Tischen, Kühlschränken, Beleuchtungskörpern und Vorhängen auszustatten und instand zu halten, wöchentlich bzw. vor jedem Neubezug frische Bettwäsche zur Verfügung zu stellen, alle Räumlichkeiten (insbesondere die Wohnräume) regelmäßig zu reinigen und einen Hausmeister einzusetzen. Hinsichtlich der „Mindestanforderungen“ für die Unterbringung in Betrieben des Beherbergungsgewerbes sei ergänzend ein beigefügtes Anforderungsprofil zu beachten. Die Betreiberin verpflichtete sich auch, sämtliche öffentlich-rechtlichen Vorschriften für den Hotelbetrieb einzuhalten. Die „Beherbergungsverträge“ sollen nach der Vereinbarung nur zwischen der Betreiberin und den vermittelten Personen zustande kommen.

Am 31. August 2016 wurde eine Zusatzvereinbarung durch das Sozialreferat und die Betreiberin geschlossen, welche die Belegungsvereinbarung vom 8. November 2016 verlängerte.

Am 2. Februar 2016 führte die Branddirektion der Beklagten (Branddirektion) eine Feuerbeschau auf dem streitgegenständlichen Anwesen durch.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2016 teilte die Branddirektion das Ergebnis der Feuerbeschau der Betreiberin mit. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass ein baulicher zweiter Rettungsweg zu erstellen sei.

Mit Schreiben vom 6. April 2016 teilte die Branddirektion der Beklagten mit, dass Bedenken gegen die Personenrettung nach Art. 31 Abs. 3 BayBO bestünden.

In einer Stellungnahme der Branddirektion vom 26. Oktober 2016 verwies diese zunächst darauf, dass die Prüfung der Genehmigungssituation und der Zulässigkeit der vorhandenen Nutzung nicht zu ihren Aufgaben gehöre. Sollte das Gebäude als Wohngebäude eingeordnet werden, könne der zweite Rettungsweg auch eine mit Mitteln der Feuerwehr erreichbare Stelle der jeweiligen Nutzungseinheit darstellen. Sollte das Gebäude als Hotel eingeordnet werden, sei § 3 BStättV zu beachten; eine Rettung über Mittel der Feuerwehr sei nicht möglich. Sollte das Gebäude als Wohnheim eingeordnet werden, stünden Bedenken der Personenrettung einem nicht baulichen Rettungsweg entgegen; eine Analogie zur BStättV sei möglich.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2016 (Az.: …), laut Empfangsbekenntnis am 7. Dezember 2016 zugestellt, erließ die Beklagte folgende Verfügung:

1. Die an dem Anwesen …str. 1, Fl.Nr. … im südwestlichen Teil des Innenhofs angebrachte Treppenanlage zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges, wie im beiliegenden Lageplan dargestellt, ist zu erhalten, solange keine andere, den derzeitig geltenden brandschutzrechtlichen Vorschriften genügende und mit der Beklagten (Lokalbaukommission und städtische Branddirektion) vorab abgestimmte, zweite (bauliche) Rettungsmöglichkeit (wie z.B. durchlaufender Balkon in allen Stockwerken mit ebenerdiger Erreichbarkeit, eigener innenliegender Flucht Weg mit vorgelagerter Treppenanlage oder Beschränkung der Personenzahl) hergestellt bzw. errichtet wurde.

2. Die an dem Anwesen …str. 1, Fl.Nr. … im südöstlichen Teil des Innenhofs angebrachte Treppenanlage zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges, wie im beiliegenden Lageplan dargestellt, ist zu erhalten, solange keine andere, den derzeitig geltenden brandschutzrechtlichen Vorschriften genügende und mit der Beklagten (Lokalbaukommission und städtische Branddirektion) vorab abgestimmte, zweite (bauliche) Rettungsmöglichkeit (wie z.B. eigener innenliegender Flucht Weg mit vorgelagerter Treppenanlage oder Beschränkung der Personenzahl) hergestellt bzw. errichtet wurde.

Unter Ziffer 3 wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 dieser Verfügung angeordnet.

Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der in Ziffer 1 bzw. 2 genannten Verpflichtung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 10.000 € angedroht (Ziffern 4 und 5).

Unter Ziffer 6 wurden Gebühren und Auslagen gemäß beiliegender Kostenrechnung erhoben.

Zur Begründung führte die Beklagte unter Schilderung der Genehmigungs- und Nutzungshistorie aus, dass am 2. Februar 2016 im Rahmen einer Feuerbeschau festgestellt worden sei, dass der zweite bauliche Rettungsweg fehle und aus brandschutzrechtlicher Sicht Bedenken gegen eine Personenrettung über Rettungsgeräte der Feuerwehr bestünden. Die städtische Branddirektion habe mit Schreiben vom 3. Februar 2016 an die Hotelbetreibergesellschaft gefordert, dass ein zweiter baulicher Flucht- und Rettungsweg aus dem Gebäude erstellt werde.

Laut Sozialreferat existiere eine Belegungsvereinbarung mit der Betreiberin des Hotels; das Gebäude sei derzeit mit ca. 180 Personen belegt; die Beklagte habe (fast) das ausschließliche Belegungsrecht.

In Absprache mit den Beteiligten sei, um eine akute Gefahrenlage kurzfristig zu entspannen, als Sofortmaßnahme und Sicherstellung des zweiten baulichen Rettungsweges unter anderem die Errichtung zweier Fluchttreppen für das 1.- 4. OG als Interimslösung besprochen und in der Folge auch vor Ort umgesetzt bzw. hergestellt worden.

Mit Schreiben vom 25. November 2016 hätten die Bevollmächtigten der Klägerin angekündigt, die Treppenanlagen ab dem 9. Dezember 2016 wieder abzubauen.

Hinsichtlich Ziffer 1 und 2 erläuterte die Beklagte, dass Rechtsgrundlage für den Erlass der Verfügungen Art. 54 BayBO sei. Sie gehe davon aus, dass die derzeitige Nutzung einer Wohnheimnutzung entspreche bzw. damit unmittelbar vergleichbar sei, weshalb es sich um einen Sonderbau handele. Im Hinblick auf Art. 31 BayBO bestünden aus brandschutzrechtlicher Sicht Bedenken der Personenrettung, sodass sowohl der erste als auch der zweite Rettungsweg baulich auszubilden und damit die Treppenanlagen notwendig und zu erhalten seien. Zu diesem Ergebnis sei die Branddirektion im Rahmen ihrer Überprüfung gelangt.

Im Hinblick auf die Einwendungen der Bevollmächtigten der Klägerin, dass für die Gebäudenutzung aus den Baugenehmigungen von 1966 und 1970 nach wie vor Bestandsschutz bestehe, weshalb nachträgliche Brandschutzmaßnahmen nicht verlangt werden könnten, erwiderte die Beklagte, dass sich vor allem die Anzahl der Bewohner deutlich erhöht habe und auch verschiedene Räumlichkeiten inzwischen einer anderen Nutzung zugeführt worden seien, weshalb sie die aktuelle Nutzung nicht mehr als mit der Nutzung der siebziger Jahre identisch und damit nicht mehr durch die ursprüngliche Genehmigung gedeckt ansehe. Da für die derzeitige Nutzung also keine bestandskräftige Baugenehmigung vorliege, könne sich die Klägerin auch nicht auf den Bestandsschutz berufen.

Neben der Vielzahl an Betten sei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Bewohnern des Wohnheims um einen Personenkreis handele, der eben nicht mit dem eines „normalen Wohngebäudes“ vergleichbar sei. Es gebe einen nicht unerheblichen Bewohnerwechsel, sodass eher eine Vergleichbarkeit mit einer Wohnung-/Obdachlosenunterkunft angebracht sei. Zudem sei davon auszugehen, dass das Brandentstehungsrisiko in Obdachlosenunterkünften deutlich über dem von allgemeinen Wohngebäuden liege. Eine Vertrautheit im Sinne eines Wohngebäudes existiere nicht.

Ein Statiknachweis, dass die Tiefgarage im Hof für die Aufstellung von Feuerwehrgeräten mit der aktuellen Tonnage (16 t) geeignet sei, liege nicht vor. Zwar sei die Feuerwehrzufahrt gesiegelt (Feuerwehrzufahrt bis 12,0 t) und die Siegelung bleibe wohl auch bestehen, jedoch habe die … Feuerwehr keine Fahrzeuge dieser Gewichtsklasse mehr.

Unabhängig vom Bestandsschutz könnten nach Art. 54 Abs. 4 BayBO nachträgliche Anforderungen auch an bestandsgeschützte bauliche Anlagen gestellt werden. Eine erhebliche Gefahr liege vor, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass bei einem Brand der erste Rettungsweg nicht mehr zur Verfügung stehe und somit die Bewohner des Gebäudes auf das Vorhandensein bzw. die Nutzung eines funktionierenden zweiten Rettungsweges angewiesen seien.

Die Beklagte handele auch in pflichtgemäßem Ermessen, da aufgrund der akuten Gefährdung für die Bewohner und Besucher der Räume die Maßnahme erforderlich sei und der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt werde, weil bei dem streitgegenständlichen Objekt nicht anders verfahren werde, wie bei anderen städtischen Unterkünften oder Wohngebäuden. Die Beklagte habe zudem in Ziffer 1 und 2 der Verfügung Alternativlösungen ermöglicht.

Zu Ziffer 3 für die die Beklagte aus, dass Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit notwendig sei, da durch den angekündigten Abbau der Treppenanlage das Leben und die Gesundheit der Personen, die die Räume benutzen, gefährdet sei. Die Tatsache, dass in der Vergangenheit ohne diese Treppenanlagen bisher kein Schaden aufgetreten sei, könne zu keiner anderen Entscheidung führen. Den Nutzern des Anwesens könne nicht zugemutet werden, auf die Beseitigung der bestehenden Mängel bis zum Abschluss eines möglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu warten. Die Räumung des Gebäudes stelle keine angemessene Alternative dar.

Zu den Ziffern 4 und 5 führten die Beklagte unter Nennung der Rechtsgrundlagen (Art. 29 ff. VwZVG) aus, dass bei der Höhe der Zwangsgelder das Interesse der Adressaten an der ersatzlosen Beseitigung der Treppenanlage berücksichtigt worden sei.

Dem Bescheid ist als Anlage ein Lageplan beigefügt, auf welchem die Fluchtwege über die Treppenanlagen in einem Obergeschoss eingezeichnet sind.

Mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2016, beim Verwaltungsgericht München am selben Tage eingegangen, ließ die Klagepartei durch ihre Bevollmächtigten gegen diesen Bescheid Klage erheben.

Mit Schriftsatz vom 13. November 2017 beantragten die Bevollmächtigten der Klagepartei, den Bescheid der Beklagten vom 4. Dezember 2016, Aktenzeichen … aufzuheben.

Zur Begründung der Klage führten die Bevollmächtigten der Klagepartei im Wesentlichen aus, dass der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig sei und die Kläger in ihren Rechten verletze.

Dem Sachverhalt, wie er im streitgegenständlichen Bescheid geschildert wurde, bestätigten die Kläger im Wesentlichen. Die Bevollmächtigten wiesen jedoch darauf hin, dass für die wohl beabsichtigte Hotelnutzung in den achtziger Jahren keine Bauanträge oder Baugenehmigungen vorlägen, noch Hinweise auf eine tatsächliche Hotelnutzung gegeben seien. Selbst wenn zwischenzeitlich eine Hotelnutzung aufgenommen worden sein sollte, sei diese jedenfalls seit den neunziger Jahren wieder eingestellt und durch die aktuelle Nutzung als Wohnheim ersetzt worden.

Unstrittig sei, dass die tatsächliche Nutzung einer Wohnheimnutzung entspreche bzw. damit unmittelbar vergleichbar sei und diese materiell-rechtlich im streitgegenständlichen Gebäude zulässig sei.

Streitentscheidend sei allein die Frage nach den Anforderungen an ein Wohnheim mit Blick auf den zweiten Rettungsweg.

Es liege lediglich eine Nutzungsintensivierung, jedoch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Die heute ausgeübte Nutzung sei von den vorliegenden Baugenehmigungen gedeckt. Selbst wenn man annähme, dass in den Baugenehmigungen ein konkreter Personenkreis der Nutzer festgelegt worden sei, lägen die jetzigen Nutzungen innerhalb der Variationsbreite. Eine Festlegung der Personenanzahl fehle in den Baugenehmigungen; auch mittelbar aus den Grundrissen der Geschosse folge eine solche nicht, da die Möblierung nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sei.

Unerheblich sei auch, dass zum Zeitpunkt der Erstgenehmigung des Gebäudes zur Gewährleistung der Rettung über den Hof des Anwesens eine Traglast für 12 tFeuerwehrfahrzeuge gefordert worden sei. Zum einen reichte diese Traglast zu Beginn des Anfangs der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts ebenfalls noch aus, zum anderen könne auch der statische Nachweis geführt werden, dass sowohl eine ausreichende Zufahrt wie ausreichende Aufstellflächen für heutige Feuerwehrfahrzeuge mit 16 t gegeben seien.

Folglich komme als Rechtsgrundlage nur Art. 54 Abs. 4 BayBO in Betracht. Entscheidend sei hierbei, dass gerade für Wohnheime ein zweiter baulicher Rettungsweg schon dem Grunde nach nicht gefordert werden könne, wie sich aus der Entscheidung des BayVGH vom 5. Februar 2015 (2 BV 14.1202) ergebe.

Der Personenkreis der Nutzer des streitgegenständlichen Anwesens sei unproblematisch, wie sich aus einem Vergleich zum Sachverhalt der Entscheidung des BayVGH vom 5. Februar 2015 (2 BV 14.1202) zeige. Zudem betrage die regelmäßige Aufenthaltsdauer gut ein Jahr.

Eine analoge Anwendung der BStättV sei unzulässig.

Selbst wenn man von keiner bestandsgeschützten Nutzung ausginge, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Gegen die Nutzung als solche schreite die Beklagte nicht ein und könnte dies aufgrund der – unterstellten – fehlenden Baugenehmigung mit Blick auf die lange Dauer der Nutzung auch nicht. Die Beklagte könne in keinem Fall strengere Anforderungen hinsichtlich des ersten und zweiten Rettungsweges stellen, als dies in rechtmäßiger Weise bei einer erstmaligen Genehmigung eines vergleichbaren Wohnheims zulässig wäre.

Ergänzend wies die Klagepartei darauf hin, dass sie im Dezember 2017 einen Anleiterversuch mit einem aktuell gängigen Feuerwehrfahrzeug unter Leitung des Sachverständigen … organisiert habe. Dabei habe sich ergeben, dass auch die hofseitig gelegenen Nutzungseinheiten bis 8 m über Geländeoberfläche mit tragbaren Leitern der Feuerwehr und darüber mit Hubrettungsfahrzeugen erreicht werden könnten und hierüber der zweite Rettungsweg nachgewiesen werden könne.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2017 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung vertiefte sie ihre Begründung des streitgegenständlichen Bescheides und führte ergänzend aus, dass die heute ausgeübte Nutzung nicht von den vorliegenden Baugenehmigungen gedeckt sei. Es liege ein Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nrn. 8 und 11 BayBO vor. Streitentscheidend sei bereits die Feststellung der Branddirektion im Schreiben vom 6. April 2016, dass eine Räumung eine Unterkunft dieser Größenordnung, womöglich noch über Leitern der Feuerwehr, im Einzelfall durch die Feuerwehr nicht geleistet werden könne; ein zweiter baulicher Rettungsweg für alle zur Unterbringung genutzten Bereiche sei unbedingt notwendig. Folglich liege eine erhebliche Gefahr im Sinne des Art. 54 Abs. 4 BayBO vor. Selbst wenn man hier also unzutreffend vom Vorliegen einer bestandsgeschützten Anlage ausgehen würde, wäre die streitgegenständliche Verfügung durch Art. 54 Abs. 4 BayBO legitimiert.

Hinsichtlich der Anleiterprobe im Dezember 2017 wies die Beklagte zunächst darauf hin, dass die aktuelle Nutzung keinen Bestandsschutz genieße und im Übrigen im Fall eines Brandes vor allem die Vielzahl der Bewohner das Problem darstelle bzw. das Problem der besondere Personenkreis sei, der in dem Anwesen untergebracht sei. Es stelle sich also die Frage, ob es auf die Feststellungen des Sachverständigen überhaupt entscheidungserheblich ankomme. Im Übrigen regte die Beklagte an, den Vortrag des Sachverständigen als verspätet zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 5. März 2018, beim Verwaltungsgericht München am selben Tage eingegangen, erwiderten die Bevollmächtigten der Klagepartei auf den Vortrag der Beklagten und trat diesem entgegen. Sie führten insbesondere aus, dass es ein Wohngebäude vorliege, für dieses auch nach Ansicht der Branddirektion (Schreiben vom 26.10.2016) eine Rettung mit Rettungsgeräten möglich sei und die Tragfähigkeit der Tiefgaragendecke auch für Feuerwehrfahrzeuge mit 16 t gewährleistet sei, wie sich aus zwei vorgelegten Gutachten ergebe. Zudem sei Ende 2017 ein Bauantrag bei der Beklagten gestellt worden, mit welchem eine Bestandsfeststellung begehrt werde. Der dem Bauantrag beigefügte Brandschutznachweis wurde ebenfalls vorgelegt.

Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 4. Dezember 2017 am 12. März 2018 über die Verhältnisse auf dem klägerischen Grundstück sowie in dessen Umgebung Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Augenscheins und der mündlichen Verhandlung vom selben Tag, in welcher die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge – der Klägerbevollmächtigte mit der Maßgabe, dass der Bescheid vom 7. Dezember 2017 aufgehoben werden soll – wiederholten, wird auf die entsprechende Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

1. Die Verfügungen unter Ziffer 1 und Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids sind rechtmäßig.

1.1 Es kann vorliegend dahinstehen – so auch die Beklagte in ihrem Bescheid –, ob im Hinblick auf das Gebäude der Kläger eine bestandsgeschützte bauliche Anlage bzw. eine bestandsgeschützte Nutzung vorliegt und somit Rechtsgrundlage der Verfügung Art. 54 Abs. 4 Bayerische Bauordnung (BayBO) wäre oder ob der Bestandsschutz fehlt und auf die allgemeine bauaufsichtliche Generalklausel des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 BayBO zurückgegriffen werden müsste.

Eine Anordnung, die nach Art. 54 Abs. 4 BayBO gegen eine in ihrem Bestand geschützte Anlage gerichtet werden kann, darf jedenfalls in analoger Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO auch und erst recht gegen eine nicht in ihrem Bestand geschützte Anlage ergehen (vgl. Gröpl, BayVBl. 1995, 292/296 f., 299; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 48). Sollte im Übrigen die Ausgestaltung der betroffenen Räumlichkeiten bzw. der Betrieb der Kläger im Ganzen nicht von bestehenden Baugenehmigungen abgedeckt sein, wären bei (alternativer) Heranziehung des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO (für bauliche Nachrüstungen) bzw. Art. 76 Satz 2 BayBO (für die Nutzungsuntersagung) die behördlichen Ermessenserwägungen weitgehend identisch (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9; B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 15; zur Möglichkeit eines Austausches der Rechtsgrundlage, wenn hierdurch der Bescheid nicht in seinem Wesen verändert wird vgl. auch BVerwG, U.v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – NVwZ-RR 2010, 636 = juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.7.2012 – 22 ZB 11.2060 – juris Rn. 13).

1.2. Eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit im Sinne des Art. 54 Abs. 4 BayBO liegt hinsichtlich des im Falle der Beseitigung der beiden Treppenanlagen fehlenden, aber erforderlichen zweiten baulichen Rettungswegs gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BayBO vor.

1.2.1 Bei der nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilenden Frage, ob die Eingriffsschwelle des Art. 54 Abs. 4 BayBO (erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit) erreicht ist, ist eine konkrete Gefahr in dem Sinne zu fordern, dass bei einer Betrachtungsweise ex ante bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden droht. Dabei ist der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz anzuwenden, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Angesichts des hohen Stellenwerts der Rechtsgüter Leben und Gesundheit sind daher im Anwendungsbereich des Art. 54 Abs. 4 BayBO an die Feststellungen der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sowie an den Maßstab der Erheblichkeit der Gefahr keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt grundsätzlich, wenn ein Schadenseintritt zu Lasten der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung stehenden Schutzgüter aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht ganz unwahrscheinlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 21 m.w.N.).

Eine erhebliche – konkrete – Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO entsteht zwar nicht bereits allein dadurch, dass sich gesetzliche Vorschriften im Laufe der Zeit ändern und eine bestehende Anlage in der Folge nicht mehr in allen Details mit neueren (etwa bauordnungs-) rechtlichen Vorgaben übereinstimmt. Besonderheiten gelten jedoch bei der Gefahr- und Wahrscheinlichkeitsbeurteilung im Zusammenhang mit brandschutzrechtlichen Anforderungen, weil mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss und ein Gebäudebrand regelmäßig mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen einhergeht. Personen, die sich in dem Gebäude aufhalten, müssen sich darauf verlassen können, dass die vorgesehenen Rettungswege im Brandfall hinreichend gefahrfrei und sicher benutzbar sind. Mängel innerhalb der Rettungswege indizieren daher eine erhebliche Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 23 m.w.N.).

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit dann besteht, wenn ein erforderlicher zweiter baulicher Rettungsweg nicht vorhanden ist (vgl. BayVGH, 5.2.2015 – 2 BV 14.1202 – juris Rn. 23 m.w.N.).

1.2.2 Der erforderliche zweite bauliche Rettungsweg würde im Fall der Beseitigung der beiden Treppenanlagen fehlen.

1.2.2.1 Gemäß Art. 31 Abs. 1 BayBO müssen für Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum wie Wohnungen, Praxen, selbstständige Betriebsstätten in jedem Geschoss mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein; beide Rettungswege dürfen jedoch innerhalb des Geschosses über denselben notwendigen Flur führen. Für Nutzungseinheiten nach Art. 31 Abs. 1 BayBO, die nicht zu ebener Erde liegen, muss der erste Rettungsweg über eine notwendige Treppe führen (Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBO) und kann der zweite Rettungsweg eine weitere notwendige Treppe (baulicher Rettungsweg) oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit (nicht baulicher Rettungsweg) sein (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayBO). Nicht erforderlich ist ein zweiter Rettungsweg dagegen nach Art. 31 Abs. 2 Satz 3 BayBO, wenn die Rettung über einen sicher erreichbaren Treppenraum möglich ist, in den Feuer und Rauch nicht eindringen können (Sicherheitstreppenraum).

Gebäude, deren zweiter Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr führt und bei denen die Oberkante der Brüstung von zum Anleitern bestimmten Fenstern oder Stellen mehr als 8 m über der Geländeoberfläche liegt, dürfen nur errichtet werden, wenn die Feuerwehr über die erforderlichen Rettungsgeräte wie Hubrettungsfahrzeuge verfügt, Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayBO. Bei Sonderbauten ist der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen, Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BayBO.

1.2.2.2 Es ist ein zweiter baulicher Rettungsweg gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BayBO zur Vermeidung von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit erforderlich. Ein nicht baulicher Rettungsweg nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BayBO ist unzulässig, da Bedenken wegen der Personenrettung bestehen.

Streitig sind vorliegend die über dem Erdgeschoss liegenden Geschosse, die allesamt über Nutzungseinheiten mit mindestens einem Aufenthaltsraum verfügen. Ein zweiter Rettungsweg ist erforderlich, da kein Sicherheitstreppenraum nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayBO vorhanden ist.

1.2.2.2.1 Unabhängig von der Einordnung der Nutzung des Gebäudes als Sonderbau scheidet ein zweiter Rettungsweg nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BayBO aus, wenn Bedenken wegen der Personenrettung bestehen.

Die weit überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, dass ein zweiter nicht baulicher Rettungsweg auch dann ausscheiden kann, wenn kein Sonderbau vorliegt. Entscheidend ist allein, ob nach den konkreten Umständen des Einzelfalls tatsächlich auch eine effiziente und zeitnahe Rettung mit entsprechendem Rettungsgerät zu erwarten ist (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1402 – Rn. 23, 32, 33 ff.; OVG NW, U.v. 22.2.2010 – 7 A 1235/08 – juris Rn. 31 ff.; VG Bayreuth, U.v. 3.5.2012 – B 11.779 – juris Rn. 31; Molodovsky/Famers/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 37. Update 11/17, Art. 31 Rn. 53; Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 31 Rn. 74; Niemöller in BeckOK BauordnungsR Bayern, 6. Edition Stand: 1.3.2017, Art. 31 Rn. 32 ff.). Dies folgt bereits aus der Gesetzesbegründung zu Art. 31 BayBO in derzeitiger Fassung. Generell bestünden danach keine Bedenken gegen eine Personenrettung über Feuerwehrfahrzeuge (vgl. LT-Drs. 15/7161 S. 50 f.), was jedoch Bedenken im Einzelfall nicht ausschließt. Dass die Personenrettung stets gesichert sein müsse ergibt sich auch bereits aus Art. 12 BayBO (vgl. Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 31 Rn. 73) und zudem aus Art. 3 Abs. 1 BayBO.

Wenn die vorgesehene Nutzung somit – unabhängig von der Einstufung des Gebäudes als Sonderbau – die Vermutung nahelegt, dass der in der Nutzungseinheit zu erwartende Personenkreis nicht als grundsätzlich zur Nutzung des Gerätes der Feuerwehr geeignet einzustufen ist, so ist die Sicherstellung des zweiten Rettungsweges über das Gerät der Feuerwehr besonders zu hinterfragen und bei Zweifeln ein baulicher zweiter Rettungsweg vorzusehen. Dies gilt gerade bei deutlich über eine typische Nutzung hinausgehenden Personenzahlen (vgl. Niemöller in BeckOK BauordnungsR Bayern, 6. Edition Stand: 1.3.2017, Art. 31 Rn. 32.1 f.).

1.2.2.2.2 Es bestehen vorliegend Bedenken wegen der Personenrettung.

Ein zweiter Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr reicht nur aus, wenn erwartet werden kann, dass die Rettung der im Gebäude befindlichen Personen auf diesem Weg und innerhalb eines angemessenen Zeitraums durchführbar ist. Halten sich in dem Gebäude nach dessen beabsichtigter Zweckbestimmung überwiegend hilfsbedürftige Personen auf, wie zum Beispiel Kleinkinder, kranke oder gebrechliche Personen, Menschen mit Behinderung oder scheidet eine Gebäuderäumung wegen der großen Personenzahl auf diese Weise aus, so muss auch der zweite Rettungsweg bis hin zum freien Gelände baulich hergestellt werden (vgl. Molodovsky/Famers/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 37. Update 11/17, Art. 31 Rn. 54; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 31 Rn. 7; BayVGH, B.v. 26.2.2014 – 9 CS 13.2463 – juris Rn. 10). Können nicht alle erforderlichen Voraussetzungen zur Sicherstellung des zweiten Rettungswegs aufgrund der Art der Nutzer und deren Anzahl über das Gerät der Feuerwehr erfüllt und damit die Bedenken wegen der Eignung des zweiten Rettungsweges zur Rettung von Menschen nicht zurückgestellt werden, so scheidet diese Möglichkeit der Rettungswegführung aus (vgl. Niemöller in BeckOK BauordnungsR Bayern, 6. Edition Stand: 1.3.2017, Art. 31 Rn. 32 und 32.3).

Zur Personenrettung gehören neben der Personenrettung im engeren Sinne auch Begleitmaßnahmen wie die Betreuung von nicht direkt von dem Brandereignis betroffenen Personen. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass durch panische, unüberlegte oder unvorsichtige Handlungen von Menschen, die zwar nicht unmittelbar oder tatsächlich vom Brand bedroht werden, sich jedoch räumlich in unmittelbarer Nähe zum Brandherd befinden, ein noch größerer Lösch- und/oder Rettungsaufwand entsteht und so die Rettung von weiteren Personen erforderlich wird. Ein solches Begriffsverständnis wird Art. 12 BayBO gerecht, der als Grundnorm des bauordnungsrechtlichen Brandschutzes insbesondere die Vorbeugung der Brandausbreitung sowie eine effektive und wirksame Rettung von Menschen und Löscharbeit zum Ziel hat.

Den nachvollziehbaren, begründeten Bedenken der Beklagten und der Branddirektion wegen der Personenrettung über einen zweiten nicht baulichen Rettungsweg schließt sich das Gericht an.

1.2.2.2.2.1 Die Bedenken beruhen zum einen auf der großen Personenanzahl, die sich im Brandfall im streitgegenständlichen Gebäude befindet.

Dass eine Rettung einer größeren Anzahl von Personen über die Gerätschaften der Feuerwehr grundsätzlich problematisch sein kann, zeigt bereits Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BayBO i.V.m. den Sonderbautatbeständen des Art. 2 Abs. 4 BayBO sowie den dazugehörigen Verordnungen und Verwaltungsvorschriften des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (nunmehr: Bayerisches Staatsministerium des Innern und für Integration).

Gemeinsam ist den Sonderbauten, dass mit ihrer Nutzung wegen der Größe des Gebäudes, wegen der großen Zahl der sich in ihm typischerweise aufhaltenden Personen und/oder wegen deren besonderer Schutzbedürftigkeit ein besonderes Gefährdungspotenzial für Leben und Gesundheit sowie andere hochwertige Rechtsgüter verbunden ist (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 30).

Für Sonderbauten ordnet Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BayBO folglich ausdrücklich – nach Kühnel/Gollwitzer (in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 31 Rn. 73) eine „Selbstverständlichkeit“, die bereits aus Art. 12 BayBO folgt – an, dass eine Einzelfallprüfung der Geeignetheit eines Rettungswegs nach Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BayBO erforderlich ist. So rechtfertigt in quantitativer Hinsicht beispielsweise eine Beherbergungsstätte mit mehr als zwölf Betten, also mehr als zwölf Nutzern, (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO) oder eine Tageseinrichtung für Kinder, in denen mehr als zehn Personen betreut werden (Art. 2 Abs. 4 Nr. 12 BayBO) die Einordnung als Sonderbau.

Das frühere Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat zudem durch Verordnungen wie die Beherbergungsstättenverordnung (BStättV) vom 2. Juli 2007 (GVBl. S. 538, BayRS 2132-1-19-I), die zuletzt durch § 5 der Verordnung vom 8. Juli 2009 (GVBl. S. 332) geändert worden ist, oder die Richtlinie über die bauaufsichtliche Behandlung von Hochhäusern (HHR) in der Fassung vom März 2015 (Anlage zur Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 21. April 2015, Az.: IIB7-4115.140-001/15, AllMBl. 2015 S. 274, 2132.1-I) die Anforderungen an Rettungswege konkretisiert. So genügt zwar nach § 3 Abs. 1 Satz 3 BStättV in Beherbergungsstätten mit insgesamt nicht mehr als 60 Gastbetten als zweiter Rettungsweg eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle des Beherbergungsraums; dies gilt jedoch nicht, wenn in einem nicht zu ebener Erde liegenden Geschoss mehr als 30 Gastbetten vorhanden sind. Für Hochhäuser ist ein nicht baulicher Rettungsweg sogar ausgeschlossen (vgl. Ziffer 4.1.1 HHR).

Im streitgegenständlichen Gebäude befindet sich eine mit diesen Normen grundsätzlich vergleichbar große Personenanzahl. Aus der in der Behördenakte (Bl. 227 ff. d.A.) befindlichen Bestandsübersicht für das streitgegenständliche Objekt ergibt sich, dass dort seit Ende 2011 bis Ende 2016 fast ausschließlich und durchgängig deutlich über 100 Personen gelebt haben; in den Jahren 2014 und 2015 sogar um die 200 Personen. Zum Zeitpunkt des Augenscheins lebten insbesondere allein 80 Kinder in dem Gebäude. Der Vergleich zu den Nutzungen nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 und 12 BayBO ist in quantitativer Hinsicht somit statthaft.

1.2.2.2.2.2 Zum anderen sind Probleme wegen der Personenrettung über einen zweiten nicht baulichen Rettungsweg aber insbesondere im Hinblick auf die vorhandene Nutzung bzw. den Nutzerkreis zu beurteilen.

Dass allein die Gesamtzahl der zu rettenden Personen nicht allein ausschlaggebend für Bedenken gegen die Personenrettung sein kann, zeigen bereits die unterschiedlichen zahlenmäßigen Beschränkungen in Art. 2 Abs. 4 BayBO bzw. in den genannten konkretisierenden Regelwerken. Vielmehr ist gerade die besondere Schutzbedürftigkeit der Nutzer von entscheidender Bedeutung (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 30).

Der Nutzerkreis besteht hier nach Angabe des Betreibers zum Zeitpunkt des Augenscheins aus Familien mit Kindern, die insbesondere wohnungslos gewesen sind und vom Sozialreferat der Beklagten (oder ggf. auch von anderen sozialen Einrichtungen) an die Betreiberin vermittelt wurden; alleinstehende Personen leben nicht im Gebäude. Die Muttersprache der Nutzer ist häufig nicht Deutsch. Die durchschnittliche Verweildauer der Nutzer beträgt etwa 13 Monate. Das Sozialreferat der Beklagten hat aufgrund der Belegungsvereinbarung vom 8. November 2006 und der Zusatzvereinbarung vom 31. August 2016 das ausschließliche Recht, 80% der im Gebäude befindlichen Betten bzw. Zimmer zu belegen. Die Räume sind von der Betreiberin auszustatten, zu reinigen und allgemein instand zu halten.

Die Vergleichbarkeit der Nutzung und des Nutzerkreises zu Beherbergungsbetrieben nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO (insbesondere aufgrund der ausgestatteten Zimmer und der von der Betreiberin zu erbringenden Dienstleistungen, z.B. Zimmerreinigung) und zu Wohnheimen nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO (insbesondere aufgrund der Vergleichbarkeit mit „klassischen“ Flüchtlings- und/oder Obdachlosenheimen, vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 2 Rn. 456) ist gegeben.

1.2.2.2.2.3 Im Zusammenspiel dieser beiden Faktoren – große Personenanzahl und besonderer Nutzerkreis – sind die Bedenken wegen der Personenrettung nachvollziehbar und begründet.

Es sei vorab darauf hingewiesen, dass es sich vorliegend um eine Prognoseentscheidung handelt. Wie der Wortlaut des Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BayBO bereits suggeriert, genügen bereits „Bedenken“ für das Erfordernis eines zweiten baulichen Rettungsweges; die Gewissheit, dass Probleme bei der Personenrettung über die Gerätschaften der Feuerwehr im konkreten Fall auftreten, ist gerade nicht Voraussetzung der Norm. Folglich sind menschliche Verhaltensweisen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung und insbesondere die fachlichen Erfahrung der Feuerwehr bzw. Branddirektion nicht völlig ausgeschlossen sind, der Beurteilung zu Grunde zu legen. Auf ein „best-case-Szenario“, also den Fall, dass die Brandschutzvorkehrungen optimal wirken und sich alle von einem Brand betroffenen Personen bestmöglich verhalten, kann angesichts der hohen Rechtsgüter, die inmitten stehen, nicht abgestellt und vertraut werden. Vielmehr muss in einer erheblichen, nicht alltäglichen Ausnahmesituation mit nicht adäquatem Verhalten der Betroffenen gerechnet werden und dies bei der Gefahrprognose berücksichtigt werden.

Eine effiziente und zeitnahe Rettung der im Gebäude befindlichen Personen nach der konkreten Einsatzpraxis (und -erfahrung) der Feuerwehr über Rettungsgeräte ist angesichts der großen Anzahl der zu rettenden Personen aus einem besonderen Nutzerkreis nicht hinreichend sichergestellt.

Wie die fachkundigen Vertreter der Branddirektion nachvollziehbar und überzeugend geschildert haben, sieht sich die Feuerwehr im Falle eines Brandes (auch nur in einem Zimmer) hinsichtlich des streitgegenständlichen Gebäudes erheblichen Herausforderungen ausgesetzt, die einen zweiten baulichen Rettungsweg erfordern:

Dies beginnt bei der Tatsache, dass das Brandentstehungsrisiko in dem streitgegenständlichen Gebäude aufgrund des Nutzerkreises von der Branddirektion als erhöht eingeschätzt wird. Die Erhebung der Branddirektion aus dem Jahr 2015 zu Flüchtlings- und Obdachlosenheimen in … ist auf die vorliegende Situation entsprechend anwendbar, da in dem Gebäude insbesondere Wohnungslose in kleineren Nutzungseinheiten untergebracht werden. Für das Gericht besteht kein Grund, an der Einschätzung zu zweifeln, dass in jeder vierten ausgewerteten Einrichtung ein Brand aufgetreten ist. Das Ergebnis der Erhebung wird laut Branddirektion auch vom Deutschen Feuerwehrverband und von der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) geteilt. Die Frage, ob die Flüchtlinge oder Obdachlosen in der Einrichtung aufgrund eines hoheitlichen Aktes untergebracht wurden oder durch Vermittlung des Sozialreferates auf vertraglicher Grundlage dort leben, spielt für die Brandentstehung keine Rolle. Mit einem Einsatz der Feuerwehr ist im streitgegenständlichen Gebäude also bereits eher zu rechnen als in einem herkömmlichen Wohngebäude, sodass die Wahrscheinlichkeit des Erfordernisses einer Personenrettung höher zu bewerten ist, als in einem gewöhnlichen Wohngebäude.

Zu dieser erhöhten Brandentstehungsgefahr kommt die große Anzahl von Personen hinzu – zwischen 100 und 200 Personen –, die sich im Brandfall in den Obergeschossen des Gebäudes befinden kann. Auch wenn ein Brandüberschlag zwischen den feuerbeständigen Zimmerwänden – dies zugunsten der Klagepartei unterstellt – für einen erheblichen Zeitraum unterbunden werden kann und somit Personen in den Räumen belassen werden können, in denen der Brandherd nicht entstanden ist, sieht sich die Feuerwehr dennoch mit der Rettung und Betreuung einer großen Anzahl von Personen konfrontiert. Insoweit kann sich die Klagepartei nicht auf die Vergleichbarkeit zum dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 5. Februar 2015 zu Grunde liegenden Sachverhalt berufen, da jener die Rettung von lediglich maximal 16 Personen zum Gegenstand hatte (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1202 – juris Rn. 37). Zwar ist richtig, dass es angesichts des Vorhandenseins eines ersten baulichen Rettungswegs, der feuerbeständigen Zimmerwände und der in Brandabschnitte aufgeteilten Geschosse nicht zwingend sein dürfte, dass alle im Gebäude befindlichen Personen (zeitgleich) gerettet werden müssen (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1202 – juris Rn. 37). Jedoch ist der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz anzuwenden, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 21 m.w.N.). Vorliegend ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass in einem Brandfall das Leben und die Gesundheit von über 100 Personen, darunter zahlreiche besonders schutzbedürftige und schutzwürdige Kinder, konkret gefährdet wird. Möglich erscheint, dass ein in einem Zimmer entstehender Brand, z.B. über die nur für 20 Minuten brandsichere Zimmertüre, auf andere (gegenüberliegende) Zimmer(türen) überschlägt – sei es durch menschliches Fehlverhalten oder die Verkettung unglücklicher Umstände. In einem solchen Falle wäre die Rettung über Feuerwehrgerätschaften von zahlreichen Personen – unter Umständen sogar von zwei Gebäudeseiten (Innenhof und straßenseitig) – erforderlich, was sich nach Aussage der Branddirektion als sehr schwierig darstellen würde. Lediglich ein Löschzug mit Hubrettungsfahrzeug kann hiernach sicher binnen 10 Minuten am Einsatzort sein; die Verfügbarkeit weiterer Fahrzeuge in einem angemessenen zeitlichen Rahmen hängt vom Einzelfall ab. Eine erhebliche Anzahl von Personen wäre somit ohne Vorhandensein eines zweiten baulichen Rettungsweges erheblich gefährdet, da eine Rettung hierüber nicht bereits nach Feuer- und Rauchausbreitung durch die Nutzer selbst beginnen kann, sondern erst wenn die Feuerwehr – mit den benannten logistischen Problemen – samt ihrer Gerätschaften eingetroffen ist. Neben der Gefahr durch Feuer ist dabei insbesondere die einer Rauchentwicklung in Gängen und Zimmern über einen längeren Zeitraum problematisch. Selbst wenn das geschilderte Szenario einen der schlimmsten möglichen Fälle („worst-case-Szenario“) betrifft, muss dieses bei der brandschutzrechtlichen Bewertung des Gebäudes berücksichtigt werden, da es nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl. OVG NW, U.v. 21.9.2012 – 2 A 182/11 – juris Rn. 89).

Die Schwierigkeit der Rettung und Betreuung von vielen Personen – und damit deren Gefährdung einhergehend – wird noch dadurch erhöht, dass die Betroffenen der deutschen Sprache häufig nicht mächtig sind. Darauf hat die Betreiberin in der mündlichen Verhandlung selbst hingewiesen. Dadurch wird nicht nur die Rettung der gefährdeten Personen erschwert (z.B. Kommunikation mit der Feuerwehr hinsichtlich des Verhaltens zur sicheren Benutzung einer Rettungsleiter), sondern auch der Betreuungsaufwand erhöht. Die Vertreter der Branddirektion haben nachvollziehbar geschildert, dass die Reaktionen im Falle eines Brandeinsatzes in einem Gebäude wie dem vorliegenden angepasst werden müssen. Zum einen lebten mehr Leute auf engerem Raum zusammen und zum anderen sei deren Verhalten – oft aufgrund von entsprechend negativen Erfahrungen mit der Feuerwehr im Heimatland – panischer und für die Feuerwehr weniger berechenbar. Angesichts dessen muss sich die Feuerwehr im Einsatz daher nicht nur um die (unter Umständen sogar nur geringe Anzahl von) unmittelbar gefährdeten Personen kümmern, sondern auch um die weiteren Personen im Gebäude, die möglicherweise objektiv (noch) nicht gefährdet sind. Dies bindet personelle und technische Ressourcen, die – wie oben dargestellt – nicht sicher vorhanden sind, wodurch neue Gefahren entstehen können. Zu denken ist nur an eine Brandausbreitung durch den Gegebenheiten nicht angemessenes, den Anweisungen der Feuerwehr widersprechendes Verhalten oder eine unnötige Selbstgefährdung aufgrund nicht ausreichender Betreuung.

Außerdem sind die zahlreichen Kinder, die mit ihren Familien in den Obergeschossen leben, zu berücksichtigen, deren Selbstrettungsfähigkeiten aufgrund ihres Alters zumindest eingeschränkt sind, wenn sie nicht sogar (bei Kleinst- und Kleinkindern) gänzlich fehlen. Eine reduzierte Selbstrettungsfähigkeit einer großen Anzahl bzw. eines großen Anteils der Nutzer des Gebäudes spricht jedoch gegen die Unbedenklichkeit der Rettung über Feuerwehrgeräte, da sich hierdurch der Rettungs- und Betreuungsaufwand der Einsatzkräfte weiter erhöht.

Auch aus den Schreiben der Branddirektion folgt nichts Gegenteiliges. Insbesondere im Schreiben vom 26. Oktober 2016 wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Zuordnung zu einer Nutzungskategorie nicht der Branddirektion obliegt, was richtig ist.

Gleiches gilt für den mit Schriftsatz der Klagepartei vom 5. März 2018 nachgereichten Brandschutznachweis – im Übrigen entgegen der gerichtlichen Verfügung vom 5. Dezember 2017 nicht sechs Wochen vor dem angesetzten Termin am 12. März 2018 bei Gericht eingegangen. Zu möglichen Bedenken gegen die Personenrettung – Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BayBO ist entsprechend der Einordnung der Anlagen als Sonderbau durch den Gutachter sogar unmittelbar anwendbar – verhält sich das Gutachten nicht substantiiert. Zu der Einschätzung, der besonderen Schutzbedürftigkeit der Personen und der konzentrierten Anzahl kleiner Nutzungseinheiten sei durch das Brandschutzkonzept Rechnung getragen, kommt der Gutachter im Übrigen nur im Hinblick auf noch nicht vorhandene Einrichtungen (z.B. die flächendeckende Brandmeldeanlage).

Entgegen der Ansicht der Klagepartei handelt es sich auch keinesfalls um eine „normale“ Wohnnutzung, für die ohne Bedenken ein zweiter nicht baulichen Rettungsweg ausreichen könnte (vgl. Art. 2 Abs. 4 Nr. 20 BayBO: „ausgenommen Wohngebäude“).

Zum einen wäre selbst bei Annahme einer Wohnnutzung eine Einzelfallprüfung angesichts von Art. 12 BayBO und Art. 3 Abs. 1 BayBO nicht ausgeschlossen und vorliegend angezeigt (s.o.).

Zum anderen unterscheidet sich die vorliegende Nutzung ganz erheblich von der in einem „normalen“ Wohngebäude und ähnelt vielmehr der eines Beherbergungsbetriebes.

Es fehlt zwar an einer gesetzlichen Definition des Begriffs Wohngebäude in der Bayerischen Bauordnung. Es spricht aber nichts dagegen, den Begriff des Wohnens wie im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung als gekennzeichnet durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts anzusehen (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1202 – juris Rn. 31; B.v. 26.11.2015 – 12 CS 15.2257 – juris Rn. 11; jeweils m.w.N.).

Eine Beherbergungsstätte (vgl. Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO) ist demgegenüber ein Gebäude oder Gebäudeteil, die ganz oder teilweise für die Beherbergung von Gästen bestimmt sind (§ 2 Abs. 1 BStättV). Zur Beherbergung gehören diejenigen Betriebe, die ständig wechselnden Gästen gegen Entgelt vorübergehend Übernachtungsmöglichkeiten bieten, ohne dass die Gäste ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können. Unter Beherbergungsstätten fallen z. B. Appartementhotel, Boardinghaus, Familienpension, Gästehaus, Hotel (übliche Art), Hotel garni, Motel, Pension, Vermietung von Ferienzimmern und -wohnungen, nicht aber die Vermietung von Appartements (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 2 Rn. 436 m.w.N.).

Für eine Wohnnutzung spricht somit im Wesentlichen lediglich, dass die Nutzer in den Räumlichkeiten leben und privatrechtliche Verträge mit der Betreiberin abschließen.

Dagegen ist eine Wohnnutzung jedoch typischerweise nicht dadurch gekennzeichnet, dass die Räume, deren Nutzung Vertragsgegenstand sind, von der die Nutzung gewährenden Person, ausgestattet und instand gehalten werden. Ebenso atypisch ist, dass alle Räumlichkeiten im Gebäude, inklusive der eigenen Wohnräume, durch die die Nutzung gewährende Person (z.B. durch den Eigentümer, den Vermieter, die Hausverwaltung etc.) regelmäßig gereinigt werden und das Bettzeug wöchentlich von der Betreiberin ausgetauscht wird. Dies sind Dienstleistungen, die beispielhaft für einen Beherbergungsbetrieb oder auch eine Flüchtlings-/Obdachlosenunterkunft sind. Außerdem gehen die Vertragsparteien in den Belegungsvereinbarungen ersichtlich davon aus, dass es sich nicht um eine „normale“ Wohnnutzung handelt. Andernfalls lässt sich die wiederholte Verwendung des Wortes „Beherbergung“ nicht erklären. Insbesondere verpflichtete sich die Betreiberin „Mindestanforderungen“ für die Unterbringung in Betrieben des Beherbergungsgewerbes sowie öffentlich-rechtliche Vorschriften für den Hotelbetrieb einzuhalten. Zudem ist auch ein (fast) ausschließliches Belegungsrecht und eine Bettplatzentgeltzahlungspflicht durch eine öffentliche Stelle – die eigentlichen Nutzer zahlen somit kein Entgelt für die Nutzung – alles andere als gängig für eine Wohnnutzung. Die Unterschiede zu einem gängigen Wohngebäude im Hinblick auf die große Zahl der Nutzer und die Besonderheit des Nutzerkreises wurde oben bereits dargestellt.

1.2.2.2.2.4 Im Übrigen ist eine (analoge) Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 3 BStättV vorliegend angezeigt, dessen Anforderungen das Gebäude nicht entspricht, was einen weiteren Aspekt gegen die Geeignetheit eines nicht baulichen zweiten Rettungsweg darstellt.

Ob ein Beherbergungsbetrieb im Sinne der BStättV (bzw. von Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO) vorliegt kann offen bleiben. Angesichts der fehlenden Bezahlung des Übernachtungsentgelts durch die Nutzer selbst, den nicht unerheblich langen Zeitraum des Aufenthalts und die Vermittlung der Zimmer an die Nutzer durch eine öffentliche Stelle scheint eine Einordnung anhand obiger Definition nicht vollständig passend; typische hotelartige Dienstleistungen, wenn auch nur in geringem Umfang, sind dagegen vorhanden.

Jedenfalls liegt jedoch eine mit einem Beherbergungsbetrieb vergleichbare Anlage vor, welche eine analoge Anwendung der BStättV rechtfertigt.

Die Voraussetzungen für eine Analogie – planwidrige Regelungslücke und vergleichbarer Sachverhalt – sind gegeben, da der Gesetzbzw. Verordnungsgeber nicht alle Gestaltungs- und Nutzungsformen von baulichen Anlagen in der Praxis bedenken kann und die vorliegende besondere Konstellation offensichtlich nicht bedacht hat; die Auflistung in Art. 2 Abs. 4 BayBO stellt lediglich typisierte Anlagen und deren Nutzungen dar. Der streitgegenständliche Betrieb ist zudem mit ähnlichen Gefahren wie ein „klassischer“ Beherbergungsbetrieb verbunden, sodass von einem vergleichbaren Sachverhalt auszugehen ist. Für eine Einordnung als Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO fehlt es im Wesentlichen an den drei oben genannten Punkten. Weder die Zahlungsmodalitäten noch die Umstände der Vertragsanbahnung haben jedoch Einfluss auf die brandschutzrechtlichen Gefahren. Auch wenn die durchschnittliche Verweildauer in dem Gebäude die in einem Beherbergungsbetrieb übersteigt, ist doch zu berücksichtigen, dass die Nutzer nur deshalb in dem streitgegenständlichen Gebäude leben, weil ihnen keine andere Unterkunft zur Verfügung steht und sie andernfalls obdachlos wären. Sobald eine andere (Sozial-)Wohnung verfügbar wird, ziehen die Nutzer aus. Somit ist die Situation eher mit einem Beherbergungsbetrieb als mit einer klassischen (Miet-)Wohnung zu vergleichen, welche nicht aus Not bezogen wird.

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen handelt es sich bei dem Gebäude daher auch um eine Anlage, die in den Nrn. 1 – 19 des Art. 2 Abs. 4 BayBO nicht aufgeführt, deren Nutzung aber mit vergleichbaren Gefahren verbunden ist, also um einen Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 20 BayBO; ein Wohngebäude liegt, wie ausgeführt, nicht vor.

Der Anwendung des Art. 2 Abs. 4 Nr. 20 BayBO steht nicht entgegen, dass die Anforderungen an die weiteren Tatbestände des Art. 2 Abs. 4 BayBO nicht erfüllt sind –zum Beherbergungsbetrieb s.o., für eine Unterbringungseinrichtung nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO fehlt es insbesondere an einem Widmungsakt des privat betriebenen Gebäudes bzw. einer Trägerschaft einer öffentlichen Stelle (vgl. Molodovsky/Famers/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 37. Update 11/17, Art. 2 Rn. 125; BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1402 – juris Rn. 26 ff.), gegen ein Wohnheim gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO sprechen die brandschutztechnisch wirksam gegeneinander abgeschotteten Nutzungseinheiten (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 2 Rn. 457; BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1402 – juris Rn. 30). Denn vorliegend wird der Auffangtatbestand nicht zur Erweiterung des Art. 2 Abs. 4 BayBO genutzt (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 2 Rn. 33; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. EL Dezember 2017, Art. 2 Rn. 492), sondern um einen unvorhergesehenen Sonderfälle erfassen zu können (vgl. Molodovsky/Famers/Waldmann in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 37. Update 11/17, Art. 2 Rn. 105).

Von einem Sonderbau – wenn auch nicht von einer analogen Anwendung der BStättV – geht im Übrigen auch der Brandschutzgutachter der Klagepartei in seinem Gutachten vom 22. Februar 2018 aus (ungeregelten Sonderbau bzw. Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 11 BayBO).

Vorliegend ist ein Betrieb mit mehr als 30 Betten gegeben (vgl. § 1 BStättV). Das Gebäude wird auch überwiegend für die „Beherbergung“ von Nutzern vorgesehen (vgl. § 2 Abs. 1 BStättV). Die Privilegierung, nach § 3 Abs. 1 Satz 3 BStättV einen zweiten nicht baulichen Rettungsweg nutzen zu können, kann das Gebäude nicht in Anspruch nehmen, da es deutlich mehr als 60 Betten verfügt.

1.2.3 Da somit der erforderliche zweite bauliche Rettungsweg im Falle der Beseitigung der beiden bestehenden Treppenanlagen fehlen würde, liegt eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit vor. Auf die Sicherung des ersten Rettungsweges und die Anforderungen des Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayBO an einen zweiten, nicht baulichen Rettungsweg – insbesondere die Frage der Tragfähigkeit der Tiefgaragendecke – kommt es daher im Übrigen nicht mehr entscheidungserheblich an.

1.3 Die Ermessensentscheidung der Beklagten, die nur eingeschränkt auf Ermessensfehler gerichtlich überprüfbar ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO), ist nicht zu beanstanden; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Die Anordnung nach Art. 54 Abs. 4 BayBO steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde, das Handlungs- / Entschließungsermessen (hinsichtlich des „Ob“) wird aber regelmäßig auf Null reduziert sein, d.h. die Behörde muss in der Regel tätig werden, soweit Anordnungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit notwendig sind (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 180; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 226; BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 30).

Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen gemäß Art. 40 BayVwVfG zweckmäßig ausgeübt. Im streitgegenständlichen Bescheid hat sie ihr Ermessen und die widerstreitenden Rechtspositionen – die Schutzpflicht des Staates für Leben und körperliche Gesundheit (Art. 1 Abs. 1 Satz 2, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG) und die Eigentumsfreiheit der Kläger (Art. 14 Abs. 1 GG) – erkannt.

Ein Ermessensfehler hinsichtlich der Störerauswahl ist nicht ersichtlich. Anordnungen nach Art. 54 Abs. 4 BayBO sind, unabhängig von einem möglichen Verschulden des Verpflichteten, regelmäßig an denjenigen zu richten, der die Verfügungsmacht über die bauliche Anlage besitzt (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 123. EL August 2016, Art. 54 Rn. 178; VG Regensburg, B.v. 17.5.2017 – RN 6 S 17.422 – juris Rn. 74; VG Ansbach, B.v. 2.9.2016 – AN 9 S 16.01235 – juris Rn. 39).

Ein Ermessensfehlgebrauch hinsichtlich der Mittelauswahl ist ebenso wenig ersichtlich; die Maßnahme ist insbesondere verhältnismäßig.

Der Schutz von Leben und körperliche Unversehrtheit ist ein legitimer Zweck, der grundgesetzlich in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verankert ist.

Die Verfügung zur Erhaltung der beiden Treppenanlagen ist ein zur Zweckerreichung geeignetes Mittel, da die Treppenanlagen zur Rettung von Personen im Brandfall jedenfalls förderlich sind (vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BayBO).

Auch ist kein gleich geeignetes Mittel vorhanden, welches den gleichen Erfolg mit der gleichen Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand herbeiführen würde. Denn wie oben ausgeführt, bestehen Bedenken gegen die Personenrettung auf nicht baulichem Wege. Vorläufig besteht somit keine andere sicher Möglichkeit der Personenrettung, sollte der erste Rettungsweg im Brandfall nicht nutzbar sein. Auch der Brandschutznachweis mit seinen vorgeschlagenen Maßnahmen verhält sich nicht zu den Bedenken gegen die Personenrettung über Rettungsgeräte (s.o.); im Übrigen ist nicht ersichtlich, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen in wirtschaftlicher Hinsicht, die Kläger weniger belasten würden. Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass die Bauaufsichtsbehörde die Beschränkung auf Maßnahmen zur Beseitigung der erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit im Rahmen des Art. 54 Abs. 4 BayBO überschritten hat (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris Rn. 37), da lediglich die Erhaltung des einen vorhandenen und erforderlichen zweiten baulichen Rettungsweges gefordert wird. Die Erhaltungsverfügung ist daher notwendig bzw. erforderlich.

Schließlich ist die Verfügung auch angemessen, d.h. das mit ihr verfolgte Ziel steht nicht außer Verhältnis zur Intensität des Eingriffs. Zwar ist die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG ein hohes Verfassungsgut. Auch ist durch die derzeit bestehenden Treppenanlagen eine (wirtschaftliche) Nutzung/Vermietung einiger Zimmer nicht möglich. Jedoch müssen die finanziellen Interessen gegenüber dem Interesse der Vermeidung von Schäden an Leib und Leben sowie an einer Minimierung der Brandschutzrisiken grundsätzlich (vgl. OVG NW, B.v. 8.5.2007 – 10 B 2555.06 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 26.2.2014 – 9 CS 13.2463 – juris Rn. 12; VG Ansbach, U.v. 24.11.2015 – AN 9 K 15.00956 – juris Rn. 74) und so auch hier zurücktreten. Bei der Erhaltungsverfügung handelt es sich um einen vergleichsweise milden Eingriff in die Rechtsposition der Kläger. Diese dürfen lediglich den derzeitigen Zustand nicht ersatzlos verändern; eine Herstellungspflicht trifft sie nicht. Nur solange ein anderer baulicher Rettungsweg noch nicht hergestellt ist, müssen die Treppen erhalten werden. Dies spricht ebenfalls für die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme: die Beklagte hat in der Verfügung klargestellt, dass es sich bei den beiden Treppenanlagen nicht um die einzige Möglichkeit eines zweiten baulichen Rettungsweges handelt. Andere bauliche Gestaltungen (z.B. die Errichtung eines Sicherheitstreppenraums, vgl. Art. 31 Abs. 2 Satz 3 BayBO), die die Kläger potentiell weniger (wirtschaftlich) belasten und den Bedenken der Branddirektion Rechnung tragen, sind somit nicht ausgeschlossen.

2. Die übrigen Verfügungen im streitgegenständlichen Bescheid sind nicht zu beanstanden. Auf die zutreffende Begründung der Beklagten wird entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen. Insbesondere beträgt die Höhe der angedrohten Zwangsgelder mit jeweils 10.000,00 € nur ein Fünftel des nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (BayVwZVG) maximalen Zwangsgeldes, was angesichts der hohen Rechtsgüter, die im Falle des Verstoßes gegen die Verfügung in Ziffern 1 und 2 gefährdet sind, angemessen ist.

Die (Rechtmäßigkeit der) Duldungsanordnung gegenüber der Betreiberin ist für die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides unerheblich (vgl. VG München, B.v. 9.2.2017 – M 8 S 16.5936 – juris Rn. 48 m.w.N.).

3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des §§ 154 Abs. 1, 159 S. 2 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist bezüglich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung abwenden durch Sicher
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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Klägerin begehrt die Aufhebung des
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.