Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2016 - M 7 K 15.4896

bei uns veröffentlicht am22.06.2016

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zusammensetzung der Ausschüsse des Kreistags.

Als Ergebnis der Kreistagswahl 2014 ergab sich folgende Sitzverteilung im Kreistag:

Partei

Stimmen Wahl

2014

Sitze Kreistag

(Gesamt: 60)

CSU

1.148.754

28

SPD

329.380

8

Bündnis 90/Die Grünen

221.782

6

UWG

411.161

10

WGW

195.424

5

FDP

51.961

1

ÖDP

94.151

2

In § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Kreistag, den Kreisausschuss und die weiteren Ausschüsse des Landkreises M. ... vom 21. März 2014 wird für den Kreisausschuss, dem der Landrat und 12 Kreisräte angehören, folgende Regelung getroffen:

Die Mitglieder des Kreisausschusses werden vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren mit Mehrheitsklausel ermittelt. Bei gleicher Dezimalzahl von Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften entscheidet die größere Zahl der bei der Kreistagswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. Die Ausschussbesetzung muss dem Erfordernis der Spiegelbildlichkeit des Kreistages Rechnung tragen. Ergibt sich eine Über- oder Unterrepräsentation einzelner Parteien oder Gruppen, so ist das Verfahren nach d‘Hondt anzuwenden, wenn dieses den Kreistag genauer abbildet. Einzelmitglieder und kleine Gruppen des Kreistags, die aufgrund des Stärkeverhältnisses im Kreisausschuss nicht vertreten wären, können sich zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in den Kreisausschuss zusammenschließen (Ausschussgemeinschaften i. S. Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LKrO); Ausschussgemeinschaften können einen Sprecher und mindestens einen Stellvertreter benennen.

Die gleiche Regelung gilt für den Finanzausschuss, den Ausschuss für Bau, Wirtschaft und Infrastruktur sowie den Ausschuss für Umwelt, Nahverkehr, Natur und Tourismus, denen ebenfalls neben dem Landrat je 12 Kreisräte angehören (§ 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung). Einen Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, UWG, WGW sowie der Ausschussgemeinschaft ÖDP/FDP § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung dahingehend zu ändern, dass für die Besetzung der Ausschüsse das Sainte-Lague/Schepers-Verfahren gewählt wird, um das Spiegelbildgebot besser umzusetzen, lehnte der Kreistag am 9. Mai 2014 ab. Er beschloss stattdessen die aktuelle Regelung und dieser entsprechend die Verteilung der Sitze in den Ausschüssen.

Von den insgesamt 12 Sitzen des Kreisausschusses sowie der genannten Ausschüsse erhielt die CSU 6 Sitze, die SPD 2 Sitze, Bündnis 90/Die Grünen 1 Sitz, die UWG 2 Sitze, die WGW 1 Sitz und die Ausschussgemeinschaft ÖDP/FDP keinen Sitz. Die Ermittlung der Proportionalzahl nach Hare/Niemeyer hatte für die CSU, SPD und ÖDP/FDP jeweils einen Zahlenbruchteil von 0,6 ergeben, so dass für die Vergabe der letzten zwei Sitze die größere Zahl der bei der Kreistagswahl auf die Wahlvorschläge der CSU und SPD abgegebenen Stimmen ausschlaggebend war.

Am 3. November 2015 erhob die Fraktionsgemeinschaft der ÖDP/FDP Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt:

1. Der Beschluss über die Verteilung der Ausschusssitze vom 9. Mai 2014 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin in sämtlichen Ausschüssen bis auf den Rechnungsprüfungsausschuss sowie den Ausschuss für Jugend, Familie und soziale Netzwerke jeweils einen Sitz zuzubilligen, der CSU korrespondierend einen Sitz weniger zuzubilligen.

Die Klägerin wehre sich gegen die von dem Beklagten vorgenommene Sitzverteilung in den Ausschüssen, der die Sitzverteilung nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren vornehme, da das verfügbare Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers dem verfassungsrechtlich anerkannten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit tatsächlich näher komme. Es werde Bezug genommen auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Mai 2015 (4 BV 15.201). Das Gericht habe in dieser Entscheidung betont, dass der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit die Organisationshoheit des Kreistages bei seiner Entscheidung über die Kreisausschussbesetzung begrenze. Das Auswahlermessen des Beklagten sei vorliegend auf Null reduziert, weil die vorgenommene Berechnung dazu führe, dass die Klägerin in keinem der Ausschüsse vertreten sei. Das Wählerverhalten habe gezeigt, dass auch kleinere Parteien wie die Klägerin, die eine Fraktion gebildet habe, Einfluss nehmen können sollten. Bei verbleibender Verteilung der Ausschusssitze könne die CSU sämtliche von ihr gewollten Anträge erfolgreich durchsetzen.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Die Sitzverteilung in den Ausschüssen des Kreistages sei rechtmäßig. Nach dem in der Geschäftsordnung vorgesehenen Hare/Niemeyer-Verfahren seien die Kreistagssitze der einzelnen Parteien mit der Zahl der zu vergebenden Ausschusssitze zu multiplizieren; das Ergebnis sei durch die Gesamtzahl der Kreistagssitze zu dividieren. Dies bedeute im Einzelnen folgende Zahlen: CSU (28x12):60=5,6; SDP (8x12):60=1,6; Bündnis 90/Die Grünen (6x12):60=1,2; UWG (10x12):60=2; WGW (5x12):60=1 und FDP/ÖDP (3x12):60=0,6. 10 Sitze würden damit über die Zahl vor dem Komma vergeben. Über die noch zu verteilenden restlichen 2 Sitze entscheide zunächst die Dezimalstelle. Diese sei bei CSU, SPD und FDP/ÖDP mit 0,6 jedoch gleich. Damit entscheide in diesem Fall die Anzahl der auf die einzelnen Wahlvorschläge abgegebenen Gesamtstimmen. Dieses Ergebnis widerspreche nicht dem verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit. Die Entscheidung, welches der anerkannten Berechnungsverfahren zur Abbildung des Spiegelbildes des Kreistages in den Ausschüssen zur Anwendung komme, stehe im Organisationsermessen des Kreistages. Dabei habe dieser zu beachten, dass es weder zu einer Über- noch zu einer Unterrepräsentation einer Fraktion in den Ausschüssen komme. Bei der Bewertung der hier gewählten und der möglichen Berechnungsverfahren müsse berücksichtigt werden, dass all diesen Verfahren spezifische Fehler immanent seien. Benachteiligungen einzelner Parteien und Wählergruppen seien hinzunehmen, soweit es nicht zu einer Überrepräsentation einer Gruppe durch eine Überaufrundung komme. Bei der Gegenüberstellung der Verfahren Hare/Niemeyer und Sainte-Lague/Schepers ergebe sich, dass bei Hare/Niemeyer die CSU im Hinblick auf die erreichte Gesamtanzahl der Sitze im Kreistag bei der Ausschussbesetzung mit 3,33% (SPD mit 3,34%) profitiere, während Bündnis 90/Die Grünen mit -1,67% und die ÖDP/FDP mit 5% benachteiligt würden. Bei der Berechnung nach Sainte-Lague/Schepers werde die CSU mit -5% benachteiligt und die ÖDP/FDP mit 3,33% im Verhältnis zu den erreichten Sitzen im Kreistag bevorzugt. Eine Überaufrundung finde vorliegend nicht statt. Es werde den beiden Wahlvorschlägen mit den meisten Gesamtstimmen jeweils nur 1 weiterer Sitz zuerkannt. Es komme auch nicht auf das sich ergebende Abstimmungsverhältnis im Ausschuss an. Der Landrat könne - unabhängig davon, welcher Partei er angehöre - nicht mitgerechnet werden. Ihm stehe der Vorsitz in den Ausschüssen kraft Gesetzes (Art. 33 LKrO) zu.

Die Klägerin stellte in weiteren Schriftsätzen fest, dass offensichtlich Einigkeit darüber bestehe, dass die CSU-Fraktion mit der Besetzung im Kreisausschuss und in den vergleichbaren Ausschüssen im Rahmen von 5% profitiere. Bei gleicher Dezimalzahl der Fraktionen werde auf die Mehrheit bzw. Anzahl der abgegebenen Wählerstimmen Bezug genommen mit der Folge, dass sich letztlich der Proporz maximiere. Es gehe nicht darum, den noch zu bevorzugen, der die meisten Stimmen habe, sondern die mit ins Boot zu nehmen, die weniger Stimmen erzielt hätten, aber aufgrund ihrer Quote in den Wählerstimmen berücksichtigt werden müssten, um das Votum der Wähler widerzuspiegeln. Der Rückgriff auf die Wählerstimmen sei fehlerhaft und verstoße gegen den Grundsatz der Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen. Insofern sei die Geschäftsordnung des Beklagten in dieser Passage rechtswidrig und werde in diesem Verfahren angegriffen. Eine korrekte Interpretation des nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zulässigen Rückgriffs auf die Wählerstimmen könne nur die folgende sein: Bei den Wählerstimmen der in Konkurrenz stehenden Parteien dürften nur diejenigen Anteile herangezogen werden, die noch nicht zu einem Mandatserfolg im Ausschuss geführt hätten. Wenn über die Vorschrift des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO die Sitzverteilung in den Ausschüssen mit den Fraktionsstärken zu berechnen seien, gingen die 1.148.754 Stimmen für die CSU bereits in die Zuteilung von 5 Sitzen ein. Ein Anteil von 5 geteilt durch den Idealanspruch von 5,6 Sitzen (89,3%) der Wählerstimmen der CSU habe also schon Erfolg in dem Sinne gehabt, dass diese Stimmen zu 5 Mandaten für die CSU im Ausschuss geführt hätten. Damit verbleibe eine Differenz von 123.081 CSU-Stimmen, die noch keinen Erfolg hätten verbuchen können. Die entsprechende Rechnung für die SPD laute: Von den 329.380 SPD-Stimmen habe ein Anteil von 1 geteilt durch den Idealanspruch von 1,6 Sitzen (62,5%) schon Erfolg durch Zuteilung eines Sitzes gehabt. Damit verbleibe eine Differenz von 123.517 Stimmen, die noch keinen Erfolg hätten verbuchen können. Bei der ÖDP/FDP-Fraktion hätten nach Vergabe von 10 der 12 Sitze nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren deren gemeinsam erzielte 146.112 Wählerstimmen noch keinen Erfolg erzielt. Diese drei Zahlen seien folglich im richtigen Rückgriff zu verwenden. Der 11. Sitz sei der Ausschussgemeinschaft ÖDP/FDP zuzuteilen, der 12. Sitz der SPD. Soweit der Beklagte die absoluten Differenzen zwischen Anspruchsanteil (aufgrund der Fraktionsstärken) und Sitzanteil im jeweiligen Verfahren berechnet habe, übersehe er, dass sich der gleiche Durchschnitt der Abweichungen zwangsläufig mathematisch ergebe, wenn man die noch offenen zwei Sitze an irgendwelche der drei Parteien vergebe. Das Verfahren von Sainte-Lague/Schepers sei aber das bessere und exaktere Verfahren. Es vermeide grundsätzlich eine einseitig verzerrende Bevorzugung der größeren Parteien (wie bei dem Verfahren nach d‘Hondt) und es vermeide zudem die in der Wahlmathematik erkannten grundsätzlichen Defizite des Hare/Niemeyer-Verfahrens wie das Alabama-Paradoxon und Wählerzuwachs-Paradoxon (beides für die vorliegenden Fragen nicht relevant). Dies habe zumindest auch der Bundestag erkannt, da mit Beschluss vom 24. Januar 2008 dieses Verfahren seither bei Bundestagswahlen eingesetzt werde. Das Verfahren von Sainte-Lague/Schepers optimiere nach wissenschaftlichen wahlmathematischen Erkenntnissen die verfassungsmäßig vorgegebene Erfolgswertgleichheit der Wählerstimmen und sorge daher mathematisch beweisbar immer für das im Sinne des Spiegelbildlichkeitsprinzips bestmögliche Ergebnis.

Mit Beschluss des Gerichts vom 27. April 2016 wurde die Kreistagsfraktion der CSU zum Verfahren beigeladen. Sie stellte in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag.

Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Der Beschluss des Beklagten über die Verteilung der auf die einzelnen Fraktionen zu vergebenden Ausschusssitze ist eine im Landkreisverfassungsrecht wurzelnde organisationsrechtliche Entscheidung, die im Wege der allgemeinen Leistungsklage angreifbar ist (vgl. BayVGH, U.v. 8.5.1968 - Nr. 145 IV 67 - BayVBl 1968, 324/325; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 33 GO Rn. 35).

Die angegriffene Verteilung der Ausschusssitze im Kreisausschuss, Finanzausschuss, dem Ausschuss für Bau, Wirtschaft und Infrastruktur sowie dem Ausschuss für Umwelt, Nahverkehr, Natur und Tourismus ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog). Sie hat keinen Anspruch darauf, dass sie in diesen Ausschüssen zulasten der Fraktion der CSU jeweils einen Sitz erhält.

Gemäß Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LkrO hat der Kreistag bei der Besetzung des Kreisausschusses und den weiteren Ausschüssen (Art. 29 Abs. 1 Satz 3 LkrO) dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen. Haben dabei mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, so ist statt eines Losentscheids auch der Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen zulässig (Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LkrO). Diesen gesetzlichen Vorgaben entsprechend sieht die Geschäftsordnung für den Kreistag, den Kreisausschuss und die weiteren Ausschüsse des Beklagten vor, dass die Mitglieder der Ausschüsse vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren mit Mehrheitsklausel ermittelt werden. Bei gleicher Dezimalzahl von Fraktionen, Gruppen oder Ausschussgemeinschaften entscheidet die größere Zahl der bei der Kreistagswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung).

Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung überträgt die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Gemeinden und Kreise. Daraus folgt, dass die Kreisvertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Kreisbürger repräsentiert. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen der Kreisvertretung. Jeder Ausschuss einer Kreisvertretung muss folglich ein verkleinertes Bild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit soll sicherstellen, dass der Ausschuss die Zusammensetzung des Plenums in seiner konkreten, durch die Fraktionen geprägten organisatorischen Gestalt verkleinernd abbildet (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 - 8 C 17/08 - juris Rn. 18, 20; U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - juris Rn. 12, 13; BayVGH, U.v. 8.5.2015 - 4 BV 15.201 - juris Rn. 28).

Dem verfassungsrechtlich gebotenen Spiegelbildlichkeitsgebot hat die Beklagte mit dem Berechnungsverfahren nach Hare/Niemeyer und der Anwendung der Pattauflösungsregel des Rückgriffs auf die Zahl der bei der Wahl auf die Parteien und Wählergruppen abgegebenen Stimmen Rechnung getragen. Bei der Anwendung des Quotenverfahrens nach Hare/Niemeyer konnten 10 der 12 Ausschusssitze über die errechneten ganzen Zahlen vergeben werden. Für die verbleibenden 2 Sitze ergab sich ein Patt zwischen den Fraktionen der CSU, der SPD und der Klägerin, da alle den nächst höheren, gleichen Zahlenbruchteil von 0,6 hatten. Diese Pattsituation löste der Beklagte zu Recht dahingehend auf, dass er auf die Gesamtzahl der bei der Wahl auf die Parteien abgegebenen Stimmen abstellte und die verbleibenden 2 Sitze den Fraktionen der CSU und der SPD zuteilte. Die von der Klägerin vorgetragenen Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis. Der Beklagte war nicht verpflichtet, für die Besetzung der Ausschüsse das Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers anzuwenden.

Nachdem der Landesgesetzgeber den kommunalen Gremien kein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben hat, haben diese grundsätzlich die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen, den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Prinzips der repräsentativen Demokratie und des Gebots der Wahlgleichheit gerecht werdenden Berechnungsverfahren. Entscheidet sich der Kreistag für ein Verfahren, ist dieses konsequent bis zur Verteilung aller Sitze anzuwenden. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass das Restverteilungsverfahren nach Hare/Niemeyer dem Gebot der Wahlgleichheit entspricht und die Entscheidung des Kreistages für dieses Verfahren nicht zu beanstanden ist. Gewisse Abweichungen vom mathematisch genauen Proporz treten bei jedem Verteilungsverfahren auf. Die Umrechnung des Kreistagsergebnisses auf Ausschusssitze führt regelmäßig nicht zu ungebrochenen, sondern zu Bruchteilszahlen. Während nach dem Hare/Niemeyer-Verfahren im Anschluss an die Sitzvergabe nach ganzen Zahlen die restlichen Ausschusssitze nach der Größe der Dezimalreste verteilt werden, wird die Reihenfolge der Zugriffe auf die Ausschusssitze für die einzelnen Fraktionen bei dem Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers über Höchstzahlen oder Rangmaßzahlen ermittelt. Kein Wahlsystem kann die Spiegelbildlichkeit bei der Ausschussbesetzung in letzter Konsequenz herstellen. Bei jedem Berechnungsverfahren werden Fraktionen zwangsläufig teils über-, teils unterpräsentiert (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - juris Rn. 21; B.v. 16.7.1996 - 8 PKH 10/96 - juris Rn. 3 m. w. N.; BayVGH, U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.1159 - juris Rn. 16 ff.). Die Organisationshoheit des Kreistages findet nur dort ihre Grenze, wo es zu einer Überaufrundung kommt, d. h. zu einem Sprung auf die übernächste statt auf die nächsthöhere ganze Zahl kommt. Eine derart massive Verzerrung der Größenverhältnisse lässt sich vor dem verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit nicht rechtfertigen (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2004, a. a. O., juris Rn. 22; U.v. 8.5.2015 - 4 BV 15.201 - juris Rn. 30).

Zu einer Überaufrundung kann es bei der Anwendung des Hare/Niemeyer-Verfahrens bereits systembedingt nicht kommen. Die genannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind zu der Anwendung des Höchstzahlverfahrens nach d‘Hondt ergangen. Die errechnete Verhältniszahl von 5,6 wurde bei der Fraktion der CSU auf 6 Sitze, die Zahl von 1,6 bei der Fraktion der SPD auf 2 Sitze aufgerundet. Die Beteiligten sind sich auch einig darüber, dass diejenige Fraktion bzw. Ausschussgemeinschaft mit einem Zahlenbruchteil 0,6, die einen Sitz nicht erhält, im Verhältnis zu den erreichten Sitzen im Kreistag jeweils mit dem gleichen Prozentsatz weniger erhält als dies dem exakt errechneten Ergebnis entspricht (jeweils -5%). Die entstandene Pattsituation durfte der Beklagte nach seiner Satzung dahingehend entscheiden, dass er die verbleibenden 2 Sitze nach der größeren Zahl der bei der Kreistagswahl auf die Wahlvorschläge der betroffenen Parteien abgegebenen Stimmen zuwies.

Die Regelung, dass anstelle eines Losentscheides auf die bei der Wahl des Kreistages für die einzelnen Parteien abgegebenen Stimmen zurückzugreifen ist, ist verfassungsgemäß. Der Bayer. Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 13. Dezember 1974 (Vf.27 - VII - 73, BayVBl 1975, 166/167) ausgeführt, dass ein sachlicher Grund dafür bestehe, bei gleichen Teilungszahlen auf das infolge einer größeren Zahl von Wählerstimmen erlangte größere politische Gewicht einer Partei abzustellen. Soweit die Klägerin für den Rückgriff auf die Wählerstimmen eine eigene Berechnung anstellt und dabei den aufgrund der ganzen Zahlen errechneten Ausschusssitzen jeweils Wählerstimmen zurechnet, ist eine solche Berechnung weder mit dem Wortlaut des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LkrO bzw. § 33 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung des Beklagten noch mit dem Sinn und Zweck der Regelung (vgl. die genannte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs) vereinbar.

Der Beklagte war auch nicht gehalten, für die Verteilung der Ausschusssitze das Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers einzusetzen, um den für die ÖDP und FDP abgegebenen Wählerstimmen einen Erfolg zu verschaffen. Zwar mag das Verfahren nach Sainte-Lague/Schepers den Erfolgswert der Wählerstimmen in bestmöglicher Weise verwirklichen (vgl. Jochen Rauber, „Das Ende der Höchstzahlen“, NVwZ 2014 S. 626/628), die Verteilung der Ausschusssitze geschieht aber nicht mehr im Vollzug der Landkreiswahl. Die Wahl hat mit der Bildung des Kreistages ihren Abschluss gefunden. Die Bildung der Ausschüsse und die Verteilung der Ausschusssitze liegen auf einer anderen Ebene, nämlich der Selbstorganisation des durch die Wahl bereits abschließend konstituierten Kreistages. Es sollen aus dem Kreistag heraus kleinere Gremien zur Entlastung des Plenums gebildet werden. Es soll gewährleistet werden, dass die Ausschüsse in ihrer politischen Zusammensetzung der politischen Zusammensetzung des Plenums des Kreistages entsprechen (vgl. BayVGH, U.v. 7.10. 1992 - 4 B 91.2372 - juris Rn. 12). Soweit sich die Klägerin auf den vorgelegten, noch nicht veröffentlichten Aufsatz von Johannes Grabmeier („Erfolgswertgleichheit und Spiegelbildlichkeitsgebot“) bezieht, wird darin die derzeitige Rechtslage ebenfalls so beurteilt und vom Gesetzgeber gefordert, bei der Sitzverteilung von kleineren Ausschüssen von der ursprünglichen Zahl der Wählerstimmen auszugehen, um zu verhindern, dass sich die Kräfteverhältnisse in einem Ausschuss durch das zweistufige Verfahren (Ermittlung der Sitze des Plenums nach den Wählerstimmen und Ermittlung der Ausschusssitze nach den Sitzen im Plenum) erheblich von dem ursprünglichen Wählerwillen entfernen. Das Gericht hat aber die aktuelle Rechtslage zu berücksichtigen, die verfassungsgemäß ist. Im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit darf der Gesetz- oder Satzungsgeber dem Gesichtspunkt, dass sich eine große Mehrheit der Stimmen für einen Wahlvorschlag auch in der Sitzverteilung widerspiegeln müsse, den Vorzug geben gegenüber dem Bestreben, Wählerstimmen möglichst gleichmäßig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.1997 - 8 B 19/97 - juris Rn. 2). Nicht jede kleine Gruppe des Kreistages hat Anspruch auf einen Sitz in den Ausschüssen. Die Gestaltungsfreiheit des Kreistages endet nur dort, wo ansehnlich große Gruppen von einer Vertretung im Ausschuss ausgeschlossen würden mit der Folge, dass der Ausschuss kein Spiegelbild der Zusammensetzung des Kreistages mehr darstellen würde. Dies hat die Rechtsprechung allerdings nicht als gegeben angesehen, wenn die Gruppe bis zu 10% der Plenumssitze erreicht. Der Kreistag muss kein Berechnungsverfahren wählen, welches kleinere Gruppierungen begünstigt. Dem auch für kleine Gruppen oder für Minderheiten notwendigen Meinungsaustausch und Informationsbedürfnis trägt der Kommunalgesetzgeber durch die Vorschriften über die Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften bei der Vergabe von Ausschusssitzen Rechnung. Voraussetzung für eine Berücksichtigung bei der Ausschussbesetzung ist aber eine ausreichende zahlenmäßige Stärke der Ausschussgemeinschaft (vgl. BVerwG, B.v. 12.9.1977 - VII B 112.77 - juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 7.10.1992 - 4 B 91.2372 - juris Rn. 17, 18). Hier hat die Klägerin von der Möglichkeit der Bildung einer Ausschussgemeinschaft (Art. 27 Abs. 2 Satz 5 LkrO, § 33 Abs. 2 Satz 5 der Geschäftsordnung) Gebrauch gemacht; sie verfügt aber auch als Ausschussgemeinschaft nur über 5% der Sitze des Kreistages.

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass ihre Mandatswahrnehmung erschwert werde, wenn sie in keinem Ausschuss vertreten sei, erfordern Billigkeitserwägungen keine Korrektur des erzielten Ergebnisses. Billigkeitserwägungen stellen keinen brauchbaren Maßstab dar, der den Entscheidungen über die Sitzverteilung zugrunde gelegt werden könnte (vgl. BayVGH, U.v. 7.10.1992 - 4 B 91.2372 - juris Rn. 17).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 10.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 22.7 des Streitwertkatalogs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2016 - M 7 K 15.4896

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2016 - M 7 K 15.4896

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2016 - M 7 K 15.4896 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 3 Gerichtliche Vertretung


(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG | § 5 Diplom-Juristen aus dem Beitrittsgebiet


Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2016 - M 7 K 15.4896 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Juni 2016 - M 7 K 15.4896 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 08. Mai 2015 - 4 BV 15.201

bei uns veröffentlicht am 08.05.2015

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstre

Referenzen

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Fraktion der Freien Wähler (FW) im Kreistag des Beklagten begehrt im Kreisausschuss, der (neben dem Landrat) mit zwölf Mitgliedern besetzt ist, zulasten der bei geladenen CSU-Kreistagsfraktion einen zweiten Sitz. Sie ist der Ansicht, dass die Ausschussbesetzung dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit widerspricht.

Der Landkreiswahlausschuss des Beklagten stellte in seiner Sitzung am 28. März 2014 das Ergebnis der Wahl zum Kreistag vom 16. März 2014 und die Sitzverteilung im Kreistag wie folgt fest:

WV-Nr.

Wahlvorschlag

Stimmen

Prozent

Sitze im Kreistag

01

Christlich-Soziale Union (CSU)

1.236.522

46,88%

28

02

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

324.256

12,29%

7

04

Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

203.743

7,72%

5

05

Unabhängige Wähler (UWG)

218.595

8,29%

5

06

Freie Wähler (FW)

342.485

12,98%

8

07

Ökologisch Demokratische Partei/Parteifreie Bürger (ÖDP/Parteifreie Bürger)

312.150

11,83%

7

Der Kreistag beschloss in seiner konstituierenden Sitzung am 12. Mai 2014 unter TOP 4 die Geschäftsordnung für den Kreistag, Kreisausschuss und die weiteren Ausschüsse (rückwirkend zum 1. Mai 2014). Sie trifft für den Kreisausschuss u. a. folgende Regelungen:

㤠33 Bestellung des Kreisausschusses

(1) Dem Kreisausschuss gehören der Landrat und 12 Kreisräte an (Art. 27 LKrO).

(2) Die Mitglieder des Kreisausschusses werden vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem d’Hondtschen Verfahren ermittelt. Ergibt die Ermittlung nach dem d’Hondtschen Verfahren eine Überpräsentation [gemeint: Überrepräsentation] einer Partei oder Wählergruppe zulasten einer anderen und kann eine solche Überpräsentation [gemeint: Überrepräsentation] durch alternative Verfahren vermieden werden, ohne dass dies zu einer Unterpräsentation [gemeint: Unterrepräsentation] einer anderen Partei oder Wählergruppe führt, sind die Sitze nach dem

Verfahren Saint[e] Lague/Schepers zu verteilen. Bei gleicher Teilungszahl entscheidet die größere Zahl der bei der Wahl auf die betreffenden Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. (...)“

Ferner beschloss der Kreistag in dieser Sitzung in TOP 9, dass dem Kreisausschuss sieben Mitglieder der CSU und jeweils ein Mitglied der SPD, der Grünen, der UWG, der FW und der ÖDP angehören.

Die Fraktionen der FW, der Grünen und der ÖDP reichten eine Aufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Niederbayern ein. Diese verneinte das Vorliegen einer unzulässigen Überaufrundung bei der Besetzung des Kreisausschusses. Es komme bei der Berechnung nach dem d’Hondt’schen Höchstzahlverfahren bezüglich des letzten Sitzes zu einer Pattsituation. Eine unzulässige Überaufrundung liege aber nicht vor, wenn sich eine solche erst im Wege der Auflösung einer Pattsituation durch einen Losentscheid oder einen Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen ergebe. Bei der Frage, ob eine Überaufrundung vorliege, sei allein auf das Resultat des der Berechnung zugrunde gelegten mathematischen Berechnungsverfahrens abzustellen. Der in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 der Landkreisordnung (LKrO) zugelassene Rückgriff auf die Wählerstimmen erfolge nicht im Rahmen des d’Hondt’schen Verfahrens, sondern in einem von diesem losgelösten, gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zur Auflösung einer Pattsituation, die im Übrigen auch bei einem anderen Berechnungsverfahren auftreten könne.

Die Klägerin erhob am 11. August 2014 Klage, der das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Dezember 2014 stattgab. Die Besetzung des Kreisausschusses und der dieser zugrundeliegende Kreistagsbeschluss vom 12. Mai 2014 (TOP 9) seien rechtswidrig. Die Ausschussbesetzung widerspreche dem aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit folgenden Prinzip der Spiegelbildlichkeit, das in Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO einfachgesetzlich verankert sei. Die Anwendung des d’Hondt’schen Höchstzahlverfahrens führe in Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der bei der Kreistagswahl für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen zu einer unzulässigen Überrepräsentation der Beigeladenen, da diese im wichtigsten Ausschuss des Kreistags mit einer absoluten Mehrheit von sieben von insgesamt zwölf Sitzen vertreten sei, obwohl sie im Kreistagsplenum nur 28 von 60 Sitzen habe.

Zwar erlaube Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO statt eines Losentscheids auch diesen Rückgriff auf die Zahl der bei der Kreistagswahl für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen. § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kreistags genüge dem Spiegelbildlichkeitsgebot aber im konkreten Fall nicht, da der Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen bei der Beigeladenen zu einer unzulässigen Überaufrundung führe, die durch die Wahl eines anderen zulässigen Verteilungsverfahrens vermieden werden könne. Eine solche Überaufrundung liege auch dann vor, wenn sie sich - wie hier - aus der Kombination des Verteilungsverfahrens mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die jeweilige Partei oder Wählergruppe abgegebenen Stimmen ergebe.

Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse sei das Zahlenverhältnis der auf die verschiedenen Wahlvorschläge hin gewählten Kreisräte, also die Zahl ihrer Sitze im Plenum und nicht die von den Parteien und Wählergruppen erreichte Stimmenzahl. Geschäftsordnungen, die dem Spiegelbildlichkeitsprinzip widersprächen, seien insoweit nichtig und für die Verwaltungsgerichte unbeachtlich. Die Autonomie des Kreistags bei der Bestimmung der Mitgliederzahl von Ausschüssen sowie der Wahl des Besetzungsverfahrens sei insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Kreistag vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen sei. Da der Kreisausschuss gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LKrO ein verpflichtender ständiger Ausschuss mit einer gesetzlich strikt vorgegebenen Anzahl von Mitgliedern sei (Art. 27 Abs. 1 S. 1 LKrO), könne dem Stärkeverhältnis nur mit der Wahl eines rechtmäßigen Berechnungsverfahrens Rechnung getragen werden. Der Landesgesetzgeber habe den kommunalen Gremien die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen Berechnungsverfahren eingeräumt, weil allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent seien. Den Fall einer Überrepräsentierung aufgrund der Kombination von d’Hondt und dem Rückgriff auf die Zahl der abgegebenen Stimmen habe der Beklagte in der Geschäftsordnung nicht geregelt. Die beschlossene Sitzverteilung entspreche mithin zwar den Vorgaben der Geschäftsordnung; sie sei aber mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit nicht mehr vereinbar, da die Beigeladene infolge der Kombination beider Verfahren eine Überaufrundung erreiche. Dies sei nach der Rechtsüberzeugung des Gerichts nicht anders zu behandeln als eine Überrepräsentation, die nur auf dem gewählten Berechnungsverfahren beruhe. Der Kreistag sei verpflichtet, ein Verfahren zu wählen, das die Mehrheitsverhältnisse so abbilde, dass eine Überrepräsentation auch bei einer Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen vermieden werde.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung trägt die Beteiligte vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts verstoße gegen Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO und gegen die Organisationsautonomie des Kreistags, weil die Grundsätze der unzulässigen Überrepräsentation auf die Auflösung von Pattsituationen zur Ausschusssitzverteilung nicht anzuwenden seien. Die vom Beklagten beschlossene Verteilung der Sitze im Kreisausschuss entspreche vielmehr den Vorgaben des Art. 27 Abs. 2 LKrO und des § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kreistags des Beklagten.

Art. 27 Abs. 2 LKrO sehe für die Ausschussbesetzung zwei Schritte vor. Im ersten Schritt sei das auf der Grundlage des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO gewählte Berechnungsverfahren (hier d’Hondt) anzuwenden, das im vorliegenden Fall am Ende nicht zu einer Überaufrundung im Sinn der Rechtsprechung des Senats (Urteilevom 17.3.2004 - 4 BV 03.117 - VGH n. F. 57, 56 und - 4 BV 03.1159 - VGH n. F. 57, 49), sondern zu einer Pattsituation zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bezüglich der Besetzung des letzten der insgesamt zwölf Sitze im Kreisausschuss der Beklagten führe. Zu deren Auflösung habe der Gesetzgeber in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO ein gegenüber dem ersten Schritt eigenständiges Verfahren in einem zweiten Schritt vorgesehen. Hätten danach mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, sei dieser durch Losentscheid oder durch Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen zu verteilen. Diese Regelung zur Verteilung des letzten Sitzes sei abschließend. Eine Überprüfung des so gefundenen Ergebnisses anhand des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit in einem weiteren - dritten - Schritt sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Bei der Frage, ob eine Überaufrundung vorliege, sei daher allein auf das Resultat des für die Sitzverteilung im Ausschuss zugrunde gelegten mathematischen Besetzungsberechnungsverfahrens abzustellen. Führe bei einer sich nach dem gewählten Besetzungsberechnungsverfahren ergebenden Pattsituation hingegen erst die Zuteilung des letzten Ausschusssitzes nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zu einer Überaufrundung, sei dies nicht dem Berechnungsverfahren, sondern der gesetzlichen Vorgabe zuzurechnen. Damit bestehe keine Verpflichtung für den Beklagten, ein anderes Besetzungsberechnungsverfahren als das nach seiner Geschäftsordnung zugrunde zu legende Verfahren nach d’Hondt zur Verteilung der Sitze des Kreisausschusses zu wählen. Dies habe das Staatsministerium des Innern in drei Schreiben vom 24.6.2014, 9.7.2008 und 13.7.2004 (Az. jeweils IB1 -1413.128) vertreten; dem seien auch Literaturstimmen gefolgt (Gaß KommP BY 2009, 42/45; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Art. 27 LKrO Erl. 5 i. V. m. Art. 33 GO Erl. 4.2; Wittmann/Grasser/Glaser, BayGO, Art. 33 Rn. 10c).

Anders als in den beiden genannten Urteilen des Senats gehe es hier zudem nicht um die Frage, ob eine Partei überhaupt im Kreisausschuss vertreten sei, sondern nur um die Zahl der Sitze. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts widerspreche dem Willen des Gesetzgebers und seiner Einschätzungsprärogative, welche der drei grundsätzlich als verfassungskonform erachteten Berechnungsverfahren für die Besetzung der Mitglieder des Kreisausschusses zulässig seien, sowie der sich aus der verfahrensoffenen gesetzgeberischen Grundentscheidung ergebenden Organisationsautonomie des Kreistags des Beklagten. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber die Rechtsprechung des Senats zur Überaufrundung bekannt gewesen sei, als er zum 1. Januar 2011 Art. 35 Abs. 2 GLKrWG dahingehend geändert habe, dass die Sitzzuteilung für den Gemeinde- und Kreistag nunmehr nach dem Verfahren Hare/Niemeyer erfolge. Gleichwohl habe er diese Gesetzesänderung nicht zum Anlass genommen, auch die Regelungen zur Besetzung kommunaler Ausschüsse zu verändern, obwohl ihm ausweislich der LT-Drs. 16/3557 bewusst gewesen sei, dass das Verfahren nach d’Hondt tendenziell eher größere Parteien und Wählergruppen begünstigt, und ihm außerdem habe klar sein müssen, dass sich in der Pattsituation der nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zulässige Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf die sitzkonkurrierenden Parteien abgegebenen Stimmen tendenziell auch zugunsten der größeren Partei auswirke. Dies belege, dass es sich nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Sitzzuteilung nach Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO und der Auflösung einer Pattsituation nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO um zwei selbstständige und voneinander unabhängige Schritte des Ausschussbesetzungsverfahrens handele, die nicht nachträglich miteinander vermengt werden dürften. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO stelle eine Regelung dar, mit der der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Modifizierung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit ausdrücklich zugelassen habe. Die zulässigen Abweichungen vom Spiegelbildlichkeitsprinzip gehörten zu den Abbildungsungenauigkeiten, die jeder Gremiumsverkleinerung immanent und damit hinzunehmen seien.

Die Ausdehnung der Rechtsprechung des Senats zur Überaufrundung durch das Verwaltungsgericht bedeute faktisch eine noch weitere Zurückdrängung des Verfahrens nach d’Hondt. Es obliege aber der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, ob ein bestimmtes Besetzungsverfahren verbindlich vorgeschrieben werde oder den kommunalen Gremien die Freiheit zur Wahl unter den drei verfassungsrechtlich anerkannten Verfahren im Rahmen ihrer Organisationshoheit eingeräumt werde bzw. ob die Kombination des Pattauflösungsverfahrens nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO mit einem bestimmten Besetzungsberechnungsverfahren untersagt werde oder nicht. Jedenfalls dürfe eine Rechtsprechung, die sich absehbar zulasten des d’Hondt’schen Verfahrens auswirken würde, im Ergebnis nicht zu einem Zweiklassensystem von Besetzungsberechnungsverfahren führen. Es stelle sich daher auch die Frage, ob das vom Verwaltungsgericht vertretene Kombinationsverbot nicht letztlich die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite, weil es zu sehr in einen Bereich übergreife, der der Einschätzungsprärogative des parlamentarischen Gesetzgebers unterliege.

Darüber hinaus sei auch nicht ersichtlich, wie die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts mit der ebenfalls von Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zugelassenen Pattauflösungsalternative des Losentscheids in Einklang zu bringen sei. Die bloße Möglichkeit (Chance), einen Ausschusssitz mit der Folge der Überaufrundung zu erhalten, könne noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Spiegelbildlichkeit begründen. Für eine unterschiedliche Bewertung der beiden Pattauflösungsvarianten sei kein sachlicher Differenzierungsgrund zu erkennen.

Eine Verpflichtung des Beklagten, ein anderes Besetzungsberechnungsverfahren anzuwenden, ergebe sich - entgegen dem Verwaltungsgericht - auch nicht aus dem Argument der Veränderung der „Gestaltungsmehrheit“. Bezugspunkt des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO sei nicht die im Kreistag für einen Beschluss erforderliche Mehrheit, welche sich nicht nur auf die im Kreistag vertretenen Parteien und Wählergruppen, sondern auch auf den Landrat beziehe und sich gegebenenfalls erst durch ein Zusammenwirken der Kreisräte verschiedener Parteien und Wählergruppen ergebe und - je nach Sachlage - auch wechseln könne. Vielmehr sei auf das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen selbst abzustellen, ohne dieses in Bezug zu einer - gegebenenfalls durch eine Koalition gebildeten - Mehrheit im Kreistag zu setzen. Die im angefochtenen Urteil angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Auf kommunaler Ebene, die gänzlich der Exekutive zuzurechnen sei, diene das Spiegelbildlichkeitsgebot nicht dem Schutz der Wirkungsmöglichkeiten einer etwaigen „Opposition“. Ein über die Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften hinausgehender Minderheitenschutz sei gesetzlich nicht vorgeschrieben und vom Demokratiegebot nicht verlangt. Da der Landrat sowohl im Kreistag wie im Kreisausschuss Sitz und Stimme habe, wirke sich dies im Kreisausschuss wegen der Reduzierung der Sitzzahl stärker aus. Die Mehrheitsverhältnisse würden deshalb unabhängig von der Wahl des Besetzungsberechnungsverfahrens ohnehin verzerrt.

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Organisationsautonomie des Landkreises sei bei der Wahl des Besetzungsverfahrens durch das Spiegelbildlichkeitsgebot gebunden. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO stehe „im Schatten“ des vorhergehenden Satzes 2, der aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben die Beachtung des Stärkeverhältnisses vorschreibe. Die Fortführung der Berechnung bis zur Sitzzuteilung sei ebenso wenig wie das jeweils angewandte Berechnungsverfahren Selbstzweck und führe deshalb auch nicht automatisch zu rechtmäßigen Ergebnissen. Voraussetzung für die Wahlmöglichkeit, einen bei einem Patt offenen Ausschusssitz über einen Rückgriff auf die Wählerstimmen oder einen Losentscheid zu vergeben, sei stets, dass vorher das Stärkeverhältnis möglichst proporzgenau ermittelt worden sei, was hier unter Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens nicht möglich sei.

Die Berufung verkenne mit der - abzulehnenden - schrittweisen Ausschussbesetzung, dass es nicht im Belieben des Landesgesetzgebers stünde, die vom Bundes- und Landesverfassungsrecht geforderte Spiegelbildlichkeit für bestimmte Fallkonstellationen nicht umzusetzen. Dies habe der Gesetzgeber auch nicht getan, sondern werde erst durch die Gesetzesinterpretation der Exekutive herbeigeführt. Die Ausschussbesetzung sei ein einheitlicher Vorgang. Dass der Gesetzgeber es in Kenntnis der Überaufrundungsrechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Gegensatz zum Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz unterlassen habe, ein bestimmtes Berechnungsverfahren auch für die Ausschussbesetzung vorzuschreiben, lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, er habe mit dieser Unterlassung bewusst den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit modifizieren wollen. Ein Sprung von 46,67% im Plenum auf 58,33% im Ausschuss sei verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Die jedem Berechnungsverfahren immanenten Abbildungsunschärfen hätten nach der Rechtsprechung dort ihre Grenze, wo eine relative in eine absolute Mehrheit umschlage und damit die Gestaltungsmöglichkeiten einer Fraktion qualitativ verändert würden. Dies lasse sich hier durch die Wahl eines anderen als des d’Hondt’schen Verfahrens vermeiden. Dessen generelle Geeignetheit werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass es in wenigen Fällen ausgeschieden werden müsse. Der Kreistag des Beklagten sei einer der ganz wenigen Kreistage in Bayern, die den Kreisausschuss und auch die anderen Ausschüsse noch über das d’Hondtsche Verfahren besetzten. Mit der verfassungskonformen Auslegung des Art. 27 LKrO überschreite das Verwaltungsgericht keinesfalls die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. Das Urteil äußere sich nicht zur nicht entscheidungserheblichen Variante Losentscheid. Die von der Berufung gezogenen Schlussfolgerungen träfen nicht zu, weil ein Verfahren, das die Gefahr einer Überaufrundung mit sich bringe, unabhängig davon, ob sich diese Gefahr letztlich verwirkliche oder nicht, ungeeignet sei. Dass der Landrat bei der Ermittlung des Spiegelbilds außer Betracht zu bleiben habe, treffe zwar zu. Keinesfalls könne aber gesagt werden, dass die auf dem Demokratieprinzip fußenden und auf einer Volkswahl beruhenden Grundsätze nur für Parlamente unbeschränkt gelten könnten. Die vom Verfassungsgerichtshof zur Ausschussbesetzung im Landtag entwickelten Rechtsgrundsätze (Vf. 32-IVa-09) müssten für alle nach bayerischem Landesrecht vorgenommenen Ausschussbesetzungen gelten. Dabei sei es ohne Bedeutung, dass bei der Landtagsentscheidung nicht das Berechnungsverfahren, sondern die Ausschussgröße im Streit gewesen sei. Denn das aufgrund des Spiegelbildlichkeitsgebots herzustellende Stärkeverhältnis werde immer über die zwei „Stellschrauben“ Berechnungsverfahren und Ausschussgröße erreicht. Beide Parameter seien voneinander abhängig und führten nur zusammen zum möglichst genauen Proporz. Wenn wie hier die Ausschussgröße gesetzlich festgelegt sei, müsse dieser zwangsläufig über das „bestmögliche“ bzw. geeignetste Berechnungsverfahren gefunden werden. Dieses Verfahren sei dasjenige, welches zu einem verkleinerten Abbild führe und nicht zu einer absoluten Mehrheit im Ausschuss, die im Plenum nicht gegeben sei.

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 27. April 2015 zur Gesetzgebungsgeschichte des 1973 eingefügten Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO Stellung genommen und die zugehörigen Gesetzesmaterialien vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Sitze im Kreisausschuss so zu verteilen, dass die Klägerin zwei Sitze und die Beigeladene sechs Sitze erhält, und den Beschluss des Kreistags der Beklagten vom 12. Mai 2014 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

1. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung überträgt die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Kreise. Daraus folgt, dass die Kreisvertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Kreisbürger repräsentiert. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen der Kreisvertretung. Jeder Ausschuss einer Kreisvertretung muss folglich ein verkleinertes Bild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln. Dieses Prinzip der demokratischen Repräsentation bringt Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO zum Ausdruck, wenn dort geregelt wird, dass der Kreistag dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen bei der Bestellung der Mitglieder des Kreisausschusses Rechnung zu tragen hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 - 8 C 17/08 - NVwZ 2010, 834/835; BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - BVerwGE 119, 305/307; BVerwG, U.v. 27.3.1992 - 7 C 20.91 - BVerwGE 90, 104/109). Auch landesverfassungsrechtlich wird der für das Parlamentsrecht bei der Ausschussbesetzung anerkannte Grundsatz der Spiegelbildlichkeit (VerfGH, E.v. 26.11.2009 - Vf. 32-IVa-09 - VerfGHE 62, 208 LS 2) durch Art. 12 Abs. 1 BV auf die Ebene der Gemeinden übertragen (Wollenschläger in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 36).

Folgt der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat - aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit, begrenzt er auch die Organisationshoheit des Kreistags bei seiner Entscheidung über die Kreisausschussbesetzung. Daran hält der Senat fest (U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.117 - VGH n. F. 57, 56/61). Die zur Verfügung stehenden Berechnungsverfahren, die grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen, sind ebenso wie die zur Wahl stehenden Pattauflösungsverfahren (zur Verfassungsmäßigkeit des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO vgl. VerfGH, E.v. 13.12.1974 - Vf. 27-VII-73 - VerfGHE 27, 182) kein Selbstzweck und führen nicht aus sich heraus stets zu rechtmäßigen Ergebnissen. Dies lässt sich auch nicht mit dem Argument der Beteiligten widerlegen, der Gesetzgeber habe in Kenntnis der Rechtsprechung des Senats zum Verbot der Überaufrundung anlässlich der Änderung des Art. 35 Abs. 2 GLKrWG im Rahmen des Art. 27 Abs. 2 LKrO die Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens in Kombination mit der in Satz 3 Alternative 2 genannten Pattauflösungsregel „Rückgriff auf die Zahl der auf die Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen“ nicht verboten. Aus dem Umstand, dass mit der Neuregelung des Art. 35 Abs. 2 GLKrWG keine Änderung des Art. 27 Abs. 2 LKrO verbunden worden ist, ergibt sich kein Rückschluss auf einen Willen des Gesetzgebers. Es bleibt vielmehr dabei, dass der Gesetzgeber sowohl auf der Ebene des Berechnungsverfahrens als auch derjenigen einer eventuell erforderlichen Pattauflösung Wahlmöglichkeiten eröffnet hat, so dass eine Überaufrundung niemals dem Gesetzgeber zugerechnet werden kann, gleichgültig ob sie sich allein aus dem mathematischen Besetzungsberechnungsverfahren oder aus dessen Kombination mit einer Pattauflösungsregel ergibt. Die konkrete Sitzvergabe ist stets vom Kreistag, der allein darüber entscheidet, zu vertreten.

Der strikte Normbefehl („hat ... dem Stärkeverhältnis ... Rechnung zu tragen“) und mit ihm die richterliche Kontrolle stoßen in einer Situation wechselseitig begünstigender und belastender Rundungsfehler indes an Grenzen. Lassen sich die gesetzlich eingeräumten Wahlmöglichkeiten gerade damit begründen, dass allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent sind (vgl. zum aktuellen Stand Rauber, NVwZ 2014, 626), kommt einerseits eine Einengung des Auswahlspielraums im Sinne einer irgendwie gearteten Optimierung der Ausschussbesetzung (vgl. dazu Schreiber BayVBl. 1996, 134 ff./170 ff.; Schreiber, Das Gebot der optimierten Proportionalität bei der Bildung und Besetzung gemeindlicher Ausschüsse in Bayern, 2004, S. 174 ff.) nicht in Betracht. Andererseits kann eine durch Wahl eines alternativen Verfahrens vermeidbare Überaufrundung von Mandaten in einer Situation, in der Probeberechnungen im Vorfeld der Sitzverteilung möglich sind und zumeist auch tatsächlich durchgeführt werden (Bl. 66 ff. der Behördenakte, zum Kreisausschuss vgl. Bl. 74-77), nicht hingenommen werden. Dort findet die Organisationshoheit des Kreistags ihre Grenze und zwar unabhängig davon, ob die Überaufrundung, d. h. der Sprung auf die übernächste statt auf die nächsthöhere ganze Zahl, allein auf dem angewendeten Berechnungsverfahren oder auf der Kombination des Berechnungsverfahrens mit einer Pattauflösungsregel beruht. Eine derart massive Verzerrung der Größenverhältnisse lässt sich vor dem verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit nicht rechtfertigen. Denn der Kreistag entscheidet hier im (möglichen) Wissen um die Folgen der Verfahrenswahl im Einzelfall und im Nachhinein; sein Spielraum ist daher nicht annähernd so weit, wie der des parlamentarischen Gesetzgebers, der im Vorhinein für die Gemeinde- und Landkreiswahlen eines der grundsätzlich verfassungskonformen mathematischen Verteilungsverfahren für die Sitzverteilung im Plenum mit genereller Wirkung festschreiben muss. Dementsprechend ist die Problematik der Überaufrundungen im Gemeinde- und Landkreiswahlrecht (vgl. dazu VerfGH, E.v. 26.10.2009 - Vf. 16-VII-08 - VerfGHE 62, 198/207) mit der bei der späteren Ausschusssitzvergabe nicht notwendig gleich zu bewerten.

Die Berücksichtigung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit brauchte der Gesetzgeber auch nicht in einem weiteren - dritten - Schritt nochmals vorzuschreiben. Die von der Beteiligten hervorgehobenen zwei Stufen des Ausschussbesetzungsverfahrens - Berechnungsverfahren und Pattauflösungsregeln - stellen sich als Komponenten eines einheitlichen Sitzvergabeverfahrens dar, das immer dann zum Einsatz kommt, wenn das gewählte Berechnungsverfahren für sich noch keine abschließende Sitzverteilung ermöglicht. Das ergibt sich schon aus der Verpflichtung des Kreistags, das Berechnungsverfahren, für das er sich entschieden hat, konsequent bis zur Verteilung aller Sitze im jeweiligen Ausschuss anzuwenden und nicht aus Billigkeitserwägungen im Sinne einer Minimierung des bei der jeweiligen Methode auftretenden Gesamtfehlers auf ein anders aufgebautes Verfahren überzuwechseln (VGH n. F. 57, 56/61 m. w. N.). Ob es zu einer Überaufrundung kommt, beantwortet sich mit Blick auf die mathematische Proportionalberechnung (Anzahl der Kreisräte der jeweiligen Fraktion multipliziert mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze geteilt durch die Anzahl aller Kreistagssitze). Mit der (gedanklichen) Zerlegung des Sitzverteilungsverfahrens in Teilschritte lassen sich Fälle einer durch alternative Verfahrenswahl vermeidbaren Überaufrundung nicht für hinnehmbar erklären. Da die Wahl des Verteilungsverfahrens sich am Grundsatz der Spiegelbildlichkeit zu orientieren hat, kann das Verbot einer Überaufrundung auch nicht durch den Verweis auf die Pattauflösungsvariante des Losentscheids in Zweifel gezogen werden. Denn ebenso wie der Rückgriff auf die Zahl der jeweils abgegebenen Stimmen ist ein solcher Losentscheid vom Kreistag immer dann zu vermeiden, wenn sich aus dem Losentscheid die Möglichkeit einer Überaufrundung ergeben kann, die durch die Anwendung anderweitiger Berechnungsverfahren sicher ausgeschlossen werden kann.

Mit dem Einwand, es gehe hier nur um die Zahl der Sitze und nicht darum, ob die Klägerin im Kreisausschuss überhaupt vertreten sei, kann die Beteiligte ebenfalls nicht durchdringen. Hat eine Fraktion Anspruch auf mehrere Sitze in einem Ausschuss, kann sie diese auch beanspruchen. Entgegen der Auffassung der Beteiligten genügt es nicht, dass die klägerische Fraktion überhaupt - d. h. mit einem Sitz - im Kreisausschuss vertreten ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - BVerwGE 119, 305/308). Beizupflichten ist der Beteiligten nur insoweit, als dem Argument der Veränderung der „Gestaltungsmehrheit“ mit Vorsicht zu begegnen ist. Dies bedarf indes keiner Vertiefung, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt. Die Pflicht des Kreistags, bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien, Wählergruppen und etwaigen Ausschussgemeinschaften Rechnung zu tragen, schließt eine zu einer Überaufrundung führende Sitzverteilung, die durch alternative Verfahren vermieden werden kann, unabhängig davon aus, ob die Überaufrundung allein auf das Berechnungsverfahren nach d’Hondt oder auf dieses Verfahren in Kombination mit einer Pattauflösungsregel des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zurückzuführen ist.

2. Im vorliegenden Fall verfehlt das d’Hondt’sche Berechnungsverfahren in Kombination mit der Pattauflösungsregel des Rückgriffs auf die Zahl der bei der Wahl auf die Parteien und Wählergruppen abgegebenen Stimmen die Anforderungen des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit. Die mathematische Proportionalberechnung (Anzahl der Kreisräte der jeweiligen Fraktion multipliziert mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze geteilt durch die Anzahl aller Kreistagssitze) zeigt die folgende Tabelle:

Fraktionen

Sitze im Kreistag

Proportionalberechnung bei 60 Kreisräten und 12 Ausschussmitgliedern

CSU

28

5,60

SPD

7

1,4

Grüne

5

1

UWG

5

1

FW

8

1,6

ÖDP

7

1,4

Danach stellt eine Zuteilung von sieben Sitzen im Kreisausschuss an die Beigeladene eine Überaufrundung dar, die sich durch die Verteilung der Ausschusssitze nach dem d’Hondt’schen Verfahren

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

2

14

4

3

9,33

4

7

5

5,66

6

4,66

7

4

in Kombination mit der genannten Pattauflösungsregel ergibt.

in Kombination mit der genannten Pattauflösungsregel ergibt.

Demgegenüber ergäbe eine Verteilung der Ausschusssitze nach dem Verfahren Sainte-Lague/Schepers folgende Sitzverteilung:

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

3

9,33

2,33

1,67

1,67

2,67

2,33

5

5,6

7

4

9

3,11

11

2,55

Prozentual:

50%

8,33%

8,33%

8,33%

16,67%

8,33%

Das Verfahren Hare/Niemeyer führte zu folgender Verteilung der Ausschusssitze:

Fraktionen

Sitze im Kreis-

Zahl der Sitze der Fraktion im Kreistag X

tag

Ausschusssitze /Gesamtzahl der Kreistagsmitglieder

CSU

28

5,6 = 5 + 1

SPD

7

1,4 = 1

Grüne

5

1= 1

UWG

5

1 = 1

FW

8

1,6 = 1 + 1

ÖDP

7

1,4 = 1

Damit steht fest, dass beide anderen mathematischen Berechnungsverfahren die hier zu beanstandende Überaufrundung vermieden hätten. Der Klägerin stehen zwei, der Beigeladenen sechs Sitze im Kreisausschuss zu.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beteiligte ist auch mit den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu belasten, auch wenn dieser, ohne einen Antrag zu stellen, auf der Seite des Vertreters des öffentlichen Interesses stand. Die Vorschriften der VwGO räumen letzterem in kostenrechtlicher Hinsicht keine Sonderstellung ein (BVerwG, U.v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 - NJW 1994, 3024/3027). Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil sie keine Anträge gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beteiligte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin oder der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Fraktion der Freien Wähler (FW) im Kreistag des Beklagten begehrt im Kreisausschuss, der (neben dem Landrat) mit zwölf Mitgliedern besetzt ist, zulasten der bei geladenen CSU-Kreistagsfraktion einen zweiten Sitz. Sie ist der Ansicht, dass die Ausschussbesetzung dem Grundsatz der Spiegelbildlichkeit widerspricht.

Der Landkreiswahlausschuss des Beklagten stellte in seiner Sitzung am 28. März 2014 das Ergebnis der Wahl zum Kreistag vom 16. März 2014 und die Sitzverteilung im Kreistag wie folgt fest:

WV-Nr.

Wahlvorschlag

Stimmen

Prozent

Sitze im Kreistag

01

Christlich-Soziale Union (CSU)

1.236.522

46,88%

28

02

Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

324.256

12,29%

7

04

Bündnis 90/Die Grünen (Grüne)

203.743

7,72%

5

05

Unabhängige Wähler (UWG)

218.595

8,29%

5

06

Freie Wähler (FW)

342.485

12,98%

8

07

Ökologisch Demokratische Partei/Parteifreie Bürger (ÖDP/Parteifreie Bürger)

312.150

11,83%

7

Der Kreistag beschloss in seiner konstituierenden Sitzung am 12. Mai 2014 unter TOP 4 die Geschäftsordnung für den Kreistag, Kreisausschuss und die weiteren Ausschüsse (rückwirkend zum 1. Mai 2014). Sie trifft für den Kreisausschuss u. a. folgende Regelungen:

㤠33 Bestellung des Kreisausschusses

(1) Dem Kreisausschuss gehören der Landrat und 12 Kreisräte an (Art. 27 LKrO).

(2) Die Mitglieder des Kreisausschusses werden vom Kreistag aufgrund der Vorschläge der Parteien und Wählergruppen nach dem d’Hondtschen Verfahren ermittelt. Ergibt die Ermittlung nach dem d’Hondtschen Verfahren eine Überpräsentation [gemeint: Überrepräsentation] einer Partei oder Wählergruppe zulasten einer anderen und kann eine solche Überpräsentation [gemeint: Überrepräsentation] durch alternative Verfahren vermieden werden, ohne dass dies zu einer Unterpräsentation [gemeint: Unterrepräsentation] einer anderen Partei oder Wählergruppe führt, sind die Sitze nach dem

Verfahren Saint[e] Lague/Schepers zu verteilen. Bei gleicher Teilungszahl entscheidet die größere Zahl der bei der Wahl auf die betreffenden Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen. (...)“

Ferner beschloss der Kreistag in dieser Sitzung in TOP 9, dass dem Kreisausschuss sieben Mitglieder der CSU und jeweils ein Mitglied der SPD, der Grünen, der UWG, der FW und der ÖDP angehören.

Die Fraktionen der FW, der Grünen und der ÖDP reichten eine Aufsichtsbeschwerde bei der Regierung von Niederbayern ein. Diese verneinte das Vorliegen einer unzulässigen Überaufrundung bei der Besetzung des Kreisausschusses. Es komme bei der Berechnung nach dem d’Hondt’schen Höchstzahlverfahren bezüglich des letzten Sitzes zu einer Pattsituation. Eine unzulässige Überaufrundung liege aber nicht vor, wenn sich eine solche erst im Wege der Auflösung einer Pattsituation durch einen Losentscheid oder einen Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl abgegebenen Stimmen ergebe. Bei der Frage, ob eine Überaufrundung vorliege, sei allein auf das Resultat des der Berechnung zugrunde gelegten mathematischen Berechnungsverfahrens abzustellen. Der in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 der Landkreisordnung (LKrO) zugelassene Rückgriff auf die Wählerstimmen erfolge nicht im Rahmen des d’Hondt’schen Verfahrens, sondern in einem von diesem losgelösten, gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren zur Auflösung einer Pattsituation, die im Übrigen auch bei einem anderen Berechnungsverfahren auftreten könne.

Die Klägerin erhob am 11. August 2014 Klage, der das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 17. Dezember 2014 stattgab. Die Besetzung des Kreisausschusses und der dieser zugrundeliegende Kreistagsbeschluss vom 12. Mai 2014 (TOP 9) seien rechtswidrig. Die Ausschussbesetzung widerspreche dem aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit folgenden Prinzip der Spiegelbildlichkeit, das in Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO einfachgesetzlich verankert sei. Die Anwendung des d’Hondt’schen Höchstzahlverfahrens führe in Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der bei der Kreistagswahl für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen zu einer unzulässigen Überrepräsentation der Beigeladenen, da diese im wichtigsten Ausschuss des Kreistags mit einer absoluten Mehrheit von sieben von insgesamt zwölf Sitzen vertreten sei, obwohl sie im Kreistagsplenum nur 28 von 60 Sitzen habe.

Zwar erlaube Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO statt eines Losentscheids auch diesen Rückgriff auf die Zahl der bei der Kreistagswahl für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen. § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kreistags genüge dem Spiegelbildlichkeitsgebot aber im konkreten Fall nicht, da der Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen bei der Beigeladenen zu einer unzulässigen Überaufrundung führe, die durch die Wahl eines anderen zulässigen Verteilungsverfahrens vermieden werden könne. Eine solche Überaufrundung liege auch dann vor, wenn sie sich - wie hier - aus der Kombination des Verteilungsverfahrens mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die jeweilige Partei oder Wählergruppe abgegebenen Stimmen ergebe.

Maßgeblich für die Zusammensetzung der Ausschüsse sei das Zahlenverhältnis der auf die verschiedenen Wahlvorschläge hin gewählten Kreisräte, also die Zahl ihrer Sitze im Plenum und nicht die von den Parteien und Wählergruppen erreichte Stimmenzahl. Geschäftsordnungen, die dem Spiegelbildlichkeitsprinzip widersprächen, seien insoweit nichtig und für die Verwaltungsgerichte unbeachtlich. Die Autonomie des Kreistags bei der Bestimmung der Mitgliederzahl von Ausschüssen sowie der Wahl des Besetzungsverfahrens sei insoweit gebunden, als dem Stärkeverhältnis der im Kreistag vertretenen Fraktionen und Gruppen Rechnung zu tragen sei. Da der Kreisausschuss gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 1 LKrO ein verpflichtender ständiger Ausschuss mit einer gesetzlich strikt vorgegebenen Anzahl von Mitgliedern sei (Art. 27 Abs. 1 S. 1 LKrO), könne dem Stärkeverhältnis nur mit der Wahl eines rechtmäßigen Berechnungsverfahrens Rechnung getragen werden. Der Landesgesetzgeber habe den kommunalen Gremien die Wahlmöglichkeit unter verschiedenen Berechnungsverfahren eingeräumt, weil allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent seien. Den Fall einer Überrepräsentierung aufgrund der Kombination von d’Hondt und dem Rückgriff auf die Zahl der abgegebenen Stimmen habe der Beklagte in der Geschäftsordnung nicht geregelt. Die beschlossene Sitzverteilung entspreche mithin zwar den Vorgaben der Geschäftsordnung; sie sei aber mit dem Gebot der Spiegelbildlichkeit nicht mehr vereinbar, da die Beigeladene infolge der Kombination beider Verfahren eine Überaufrundung erreiche. Dies sei nach der Rechtsüberzeugung des Gerichts nicht anders zu behandeln als eine Überrepräsentation, die nur auf dem gewählten Berechnungsverfahren beruhe. Der Kreistag sei verpflichtet, ein Verfahren zu wählen, das die Mehrheitsverhältnisse so abbilde, dass eine Überrepräsentation auch bei einer Kombination mit dem Rückgriff auf die Zahl der für die Wahlvorschläge abgegebenen Stimmen vermieden werde.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung trägt die Beteiligte vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts verstoße gegen Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO und gegen die Organisationsautonomie des Kreistags, weil die Grundsätze der unzulässigen Überrepräsentation auf die Auflösung von Pattsituationen zur Ausschusssitzverteilung nicht anzuwenden seien. Die vom Beklagten beschlossene Verteilung der Sitze im Kreisausschuss entspreche vielmehr den Vorgaben des Art. 27 Abs. 2 LKrO und des § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Kreistags des Beklagten.

Art. 27 Abs. 2 LKrO sehe für die Ausschussbesetzung zwei Schritte vor. Im ersten Schritt sei das auf der Grundlage des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO gewählte Berechnungsverfahren (hier d’Hondt) anzuwenden, das im vorliegenden Fall am Ende nicht zu einer Überaufrundung im Sinn der Rechtsprechung des Senats (Urteilevom 17.3.2004 - 4 BV 03.117 - VGH n. F. 57, 56 und - 4 BV 03.1159 - VGH n. F. 57, 49), sondern zu einer Pattsituation zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bezüglich der Besetzung des letzten der insgesamt zwölf Sitze im Kreisausschuss der Beklagten führe. Zu deren Auflösung habe der Gesetzgeber in Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO ein gegenüber dem ersten Schritt eigenständiges Verfahren in einem zweiten Schritt vorgesehen. Hätten danach mehrere Parteien oder Wählergruppen gleichen Anspruch auf einen Sitz, sei dieser durch Losentscheid oder durch Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf diese Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen zu verteilen. Diese Regelung zur Verteilung des letzten Sitzes sei abschließend. Eine Überprüfung des so gefundenen Ergebnisses anhand des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit in einem weiteren - dritten - Schritt sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Bei der Frage, ob eine Überaufrundung vorliege, sei daher allein auf das Resultat des für die Sitzverteilung im Ausschuss zugrunde gelegten mathematischen Besetzungsberechnungsverfahrens abzustellen. Führe bei einer sich nach dem gewählten Besetzungsberechnungsverfahren ergebenden Pattsituation hingegen erst die Zuteilung des letzten Ausschusssitzes nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zu einer Überaufrundung, sei dies nicht dem Berechnungsverfahren, sondern der gesetzlichen Vorgabe zuzurechnen. Damit bestehe keine Verpflichtung für den Beklagten, ein anderes Besetzungsberechnungsverfahren als das nach seiner Geschäftsordnung zugrunde zu legende Verfahren nach d’Hondt zur Verteilung der Sitze des Kreisausschusses zu wählen. Dies habe das Staatsministerium des Innern in drei Schreiben vom 24.6.2014, 9.7.2008 und 13.7.2004 (Az. jeweils IB1 -1413.128) vertreten; dem seien auch Literaturstimmen gefolgt (Gaß KommP BY 2009, 42/45; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Art. 27 LKrO Erl. 5 i. V. m. Art. 33 GO Erl. 4.2; Wittmann/Grasser/Glaser, BayGO, Art. 33 Rn. 10c).

Anders als in den beiden genannten Urteilen des Senats gehe es hier zudem nicht um die Frage, ob eine Partei überhaupt im Kreisausschuss vertreten sei, sondern nur um die Zahl der Sitze. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts widerspreche dem Willen des Gesetzgebers und seiner Einschätzungsprärogative, welche der drei grundsätzlich als verfassungskonform erachteten Berechnungsverfahren für die Besetzung der Mitglieder des Kreisausschusses zulässig seien, sowie der sich aus der verfahrensoffenen gesetzgeberischen Grundentscheidung ergebenden Organisationsautonomie des Kreistags des Beklagten. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber die Rechtsprechung des Senats zur Überaufrundung bekannt gewesen sei, als er zum 1. Januar 2011 Art. 35 Abs. 2 GLKrWG dahingehend geändert habe, dass die Sitzzuteilung für den Gemeinde- und Kreistag nunmehr nach dem Verfahren Hare/Niemeyer erfolge. Gleichwohl habe er diese Gesetzesänderung nicht zum Anlass genommen, auch die Regelungen zur Besetzung kommunaler Ausschüsse zu verändern, obwohl ihm ausweislich der LT-Drs. 16/3557 bewusst gewesen sei, dass das Verfahren nach d’Hondt tendenziell eher größere Parteien und Wählergruppen begünstigt, und ihm außerdem habe klar sein müssen, dass sich in der Pattsituation der nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zulässige Rückgriff auf die Zahl der bei der Wahl auf die sitzkonkurrierenden Parteien abgegebenen Stimmen tendenziell auch zugunsten der größeren Partei auswirke. Dies belege, dass es sich nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Sitzzuteilung nach Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO und der Auflösung einer Pattsituation nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO um zwei selbstständige und voneinander unabhängige Schritte des Ausschussbesetzungsverfahrens handele, die nicht nachträglich miteinander vermengt werden dürften. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO stelle eine Regelung dar, mit der der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Modifizierung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit ausdrücklich zugelassen habe. Die zulässigen Abweichungen vom Spiegelbildlichkeitsprinzip gehörten zu den Abbildungsungenauigkeiten, die jeder Gremiumsverkleinerung immanent und damit hinzunehmen seien.

Die Ausdehnung der Rechtsprechung des Senats zur Überaufrundung durch das Verwaltungsgericht bedeute faktisch eine noch weitere Zurückdrängung des Verfahrens nach d’Hondt. Es obliege aber der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, ob ein bestimmtes Besetzungsverfahren verbindlich vorgeschrieben werde oder den kommunalen Gremien die Freiheit zur Wahl unter den drei verfassungsrechtlich anerkannten Verfahren im Rahmen ihrer Organisationshoheit eingeräumt werde bzw. ob die Kombination des Pattauflösungsverfahrens nach Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO mit einem bestimmten Besetzungsberechnungsverfahren untersagt werde oder nicht. Jedenfalls dürfe eine Rechtsprechung, die sich absehbar zulasten des d’Hondt’schen Verfahrens auswirken würde, im Ergebnis nicht zu einem Zweiklassensystem von Besetzungsberechnungsverfahren führen. Es stelle sich daher auch die Frage, ob das vom Verwaltungsgericht vertretene Kombinationsverbot nicht letztlich die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreite, weil es zu sehr in einen Bereich übergreife, der der Einschätzungsprärogative des parlamentarischen Gesetzgebers unterliege.

Darüber hinaus sei auch nicht ersichtlich, wie die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts mit der ebenfalls von Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zugelassenen Pattauflösungsalternative des Losentscheids in Einklang zu bringen sei. Die bloße Möglichkeit (Chance), einen Ausschusssitz mit der Folge der Überaufrundung zu erhalten, könne noch keinen Verstoß gegen das Gebot der Spiegelbildlichkeit begründen. Für eine unterschiedliche Bewertung der beiden Pattauflösungsvarianten sei kein sachlicher Differenzierungsgrund zu erkennen.

Eine Verpflichtung des Beklagten, ein anderes Besetzungsberechnungsverfahren anzuwenden, ergebe sich - entgegen dem Verwaltungsgericht - auch nicht aus dem Argument der Veränderung der „Gestaltungsmehrheit“. Bezugspunkt des Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO sei nicht die im Kreistag für einen Beschluss erforderliche Mehrheit, welche sich nicht nur auf die im Kreistag vertretenen Parteien und Wählergruppen, sondern auch auf den Landrat beziehe und sich gegebenenfalls erst durch ein Zusammenwirken der Kreisräte verschiedener Parteien und Wählergruppen ergebe und - je nach Sachlage - auch wechseln könne. Vielmehr sei auf das Stärkeverhältnis der Parteien und Wählergruppen selbst abzustellen, ohne dieses in Bezug zu einer - gegebenenfalls durch eine Koalition gebildeten - Mehrheit im Kreistag zu setzen. Die im angefochtenen Urteil angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Auf kommunaler Ebene, die gänzlich der Exekutive zuzurechnen sei, diene das Spiegelbildlichkeitsgebot nicht dem Schutz der Wirkungsmöglichkeiten einer etwaigen „Opposition“. Ein über die Berücksichtigung von Ausschussgemeinschaften hinausgehender Minderheitenschutz sei gesetzlich nicht vorgeschrieben und vom Demokratiegebot nicht verlangt. Da der Landrat sowohl im Kreistag wie im Kreisausschuss Sitz und Stimme habe, wirke sich dies im Kreisausschuss wegen der Reduzierung der Sitzzahl stärker aus. Die Mehrheitsverhältnisse würden deshalb unabhängig von der Wahl des Besetzungsberechnungsverfahrens ohnehin verzerrt.

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Die Organisationsautonomie des Landkreises sei bei der Wahl des Besetzungsverfahrens durch das Spiegelbildlichkeitsgebot gebunden. Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO stehe „im Schatten“ des vorhergehenden Satzes 2, der aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben die Beachtung des Stärkeverhältnisses vorschreibe. Die Fortführung der Berechnung bis zur Sitzzuteilung sei ebenso wenig wie das jeweils angewandte Berechnungsverfahren Selbstzweck und führe deshalb auch nicht automatisch zu rechtmäßigen Ergebnissen. Voraussetzung für die Wahlmöglichkeit, einen bei einem Patt offenen Ausschusssitz über einen Rückgriff auf die Wählerstimmen oder einen Losentscheid zu vergeben, sei stets, dass vorher das Stärkeverhältnis möglichst proporzgenau ermittelt worden sei, was hier unter Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens nicht möglich sei.

Die Berufung verkenne mit der - abzulehnenden - schrittweisen Ausschussbesetzung, dass es nicht im Belieben des Landesgesetzgebers stünde, die vom Bundes- und Landesverfassungsrecht geforderte Spiegelbildlichkeit für bestimmte Fallkonstellationen nicht umzusetzen. Dies habe der Gesetzgeber auch nicht getan, sondern werde erst durch die Gesetzesinterpretation der Exekutive herbeigeführt. Die Ausschussbesetzung sei ein einheitlicher Vorgang. Dass der Gesetzgeber es in Kenntnis der Überaufrundungsrechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Gegensatz zum Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz unterlassen habe, ein bestimmtes Berechnungsverfahren auch für die Ausschussbesetzung vorzuschreiben, lasse jedenfalls nicht den Schluss zu, er habe mit dieser Unterlassung bewusst den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit modifizieren wollen. Ein Sprung von 46,67% im Plenum auf 58,33% im Ausschuss sei verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar. Die jedem Berechnungsverfahren immanenten Abbildungsunschärfen hätten nach der Rechtsprechung dort ihre Grenze, wo eine relative in eine absolute Mehrheit umschlage und damit die Gestaltungsmöglichkeiten einer Fraktion qualitativ verändert würden. Dies lasse sich hier durch die Wahl eines anderen als des d’Hondt’schen Verfahrens vermeiden. Dessen generelle Geeignetheit werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass es in wenigen Fällen ausgeschieden werden müsse. Der Kreistag des Beklagten sei einer der ganz wenigen Kreistage in Bayern, die den Kreisausschuss und auch die anderen Ausschüsse noch über das d’Hondtsche Verfahren besetzten. Mit der verfassungskonformen Auslegung des Art. 27 LKrO überschreite das Verwaltungsgericht keinesfalls die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung. Das Urteil äußere sich nicht zur nicht entscheidungserheblichen Variante Losentscheid. Die von der Berufung gezogenen Schlussfolgerungen träfen nicht zu, weil ein Verfahren, das die Gefahr einer Überaufrundung mit sich bringe, unabhängig davon, ob sich diese Gefahr letztlich verwirkliche oder nicht, ungeeignet sei. Dass der Landrat bei der Ermittlung des Spiegelbilds außer Betracht zu bleiben habe, treffe zwar zu. Keinesfalls könne aber gesagt werden, dass die auf dem Demokratieprinzip fußenden und auf einer Volkswahl beruhenden Grundsätze nur für Parlamente unbeschränkt gelten könnten. Die vom Verfassungsgerichtshof zur Ausschussbesetzung im Landtag entwickelten Rechtsgrundsätze (Vf. 32-IVa-09) müssten für alle nach bayerischem Landesrecht vorgenommenen Ausschussbesetzungen gelten. Dabei sei es ohne Bedeutung, dass bei der Landtagsentscheidung nicht das Berechnungsverfahren, sondern die Ausschussgröße im Streit gewesen sei. Denn das aufgrund des Spiegelbildlichkeitsgebots herzustellende Stärkeverhältnis werde immer über die zwei „Stellschrauben“ Berechnungsverfahren und Ausschussgröße erreicht. Beide Parameter seien voneinander abhängig und führten nur zusammen zum möglichst genauen Proporz. Wenn wie hier die Ausschussgröße gesetzlich festgelegt sei, müsse dieser zwangsläufig über das „bestmögliche“ bzw. geeignetste Berechnungsverfahren gefunden werden. Dieses Verfahren sei dasjenige, welches zu einem verkleinerten Abbild führe und nicht zu einer absoluten Mehrheit im Ausschuss, die im Plenum nicht gegeben sei.

Die Beteiligte hat mit Schriftsatz vom 27. April 2015 zur Gesetzgebungsgeschichte des 1973 eingefügten Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO Stellung genommen und die zugehörigen Gesetzesmaterialien vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Sitze im Kreisausschuss so zu verteilen, dass die Klägerin zwei Sitze und die Beigeladene sechs Sitze erhält, und den Beschluss des Kreistags der Beklagten vom 12. Mai 2014 aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

1. Nach Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG muss das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung überträgt die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Kreise. Daraus folgt, dass die Kreisvertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Kreisbürger repräsentiert. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen der Kreisvertretung. Jeder Ausschuss einer Kreisvertretung muss folglich ein verkleinertes Bild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln. Dieses Prinzip der demokratischen Repräsentation bringt Art. 27 Abs. 2 Satz 2 LKrO zum Ausdruck, wenn dort geregelt wird, dass der Kreistag dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen bei der Bestellung der Mitglieder des Kreisausschusses Rechnung zu tragen hat (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2009 - 8 C 17/08 - NVwZ 2010, 834/835; BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - BVerwGE 119, 305/307; BVerwG, U.v. 27.3.1992 - 7 C 20.91 - BVerwGE 90, 104/109). Auch landesverfassungsrechtlich wird der für das Parlamentsrecht bei der Ausschussbesetzung anerkannte Grundsatz der Spiegelbildlichkeit (VerfGH, E.v. 26.11.2009 - Vf. 32-IVa-09 - VerfGHE 62, 208 LS 2) durch Art. 12 Abs. 1 BV auf die Ebene der Gemeinden übertragen (Wollenschläger in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 12 Rn. 36).

Folgt der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat - aus den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der repräsentativen Demokratie und der Wahlrechtsgleichheit, begrenzt er auch die Organisationshoheit des Kreistags bei seiner Entscheidung über die Kreisausschussbesetzung. Daran hält der Senat fest (U.v. 17.3.2004 - 4 BV 03.117 - VGH n. F. 57, 56/61). Die zur Verfügung stehenden Berechnungsverfahren, die grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen, sind ebenso wie die zur Wahl stehenden Pattauflösungsverfahren (zur Verfassungsmäßigkeit des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO vgl. VerfGH, E.v. 13.12.1974 - Vf. 27-VII-73 - VerfGHE 27, 182) kein Selbstzweck und führen nicht aus sich heraus stets zu rechtmäßigen Ergebnissen. Dies lässt sich auch nicht mit dem Argument der Beteiligten widerlegen, der Gesetzgeber habe in Kenntnis der Rechtsprechung des Senats zum Verbot der Überaufrundung anlässlich der Änderung des Art. 35 Abs. 2 GLKrWG im Rahmen des Art. 27 Abs. 2 LKrO die Anwendung des d’Hondt’schen Verfahrens in Kombination mit der in Satz 3 Alternative 2 genannten Pattauflösungsregel „Rückgriff auf die Zahl der auf die Parteien oder Wählergruppen abgegebenen Stimmen“ nicht verboten. Aus dem Umstand, dass mit der Neuregelung des Art. 35 Abs. 2 GLKrWG keine Änderung des Art. 27 Abs. 2 LKrO verbunden worden ist, ergibt sich kein Rückschluss auf einen Willen des Gesetzgebers. Es bleibt vielmehr dabei, dass der Gesetzgeber sowohl auf der Ebene des Berechnungsverfahrens als auch derjenigen einer eventuell erforderlichen Pattauflösung Wahlmöglichkeiten eröffnet hat, so dass eine Überaufrundung niemals dem Gesetzgeber zugerechnet werden kann, gleichgültig ob sie sich allein aus dem mathematischen Besetzungsberechnungsverfahren oder aus dessen Kombination mit einer Pattauflösungsregel ergibt. Die konkrete Sitzvergabe ist stets vom Kreistag, der allein darüber entscheidet, zu vertreten.

Der strikte Normbefehl („hat ... dem Stärkeverhältnis ... Rechnung zu tragen“) und mit ihm die richterliche Kontrolle stoßen in einer Situation wechselseitig begünstigender und belastender Rundungsfehler indes an Grenzen. Lassen sich die gesetzlich eingeräumten Wahlmöglichkeiten gerade damit begründen, dass allen Berechnungsverfahren spezifische Fehler immanent sind (vgl. zum aktuellen Stand Rauber, NVwZ 2014, 626), kommt einerseits eine Einengung des Auswahlspielraums im Sinne einer irgendwie gearteten Optimierung der Ausschussbesetzung (vgl. dazu Schreiber BayVBl. 1996, 134 ff./170 ff.; Schreiber, Das Gebot der optimierten Proportionalität bei der Bildung und Besetzung gemeindlicher Ausschüsse in Bayern, 2004, S. 174 ff.) nicht in Betracht. Andererseits kann eine durch Wahl eines alternativen Verfahrens vermeidbare Überaufrundung von Mandaten in einer Situation, in der Probeberechnungen im Vorfeld der Sitzverteilung möglich sind und zumeist auch tatsächlich durchgeführt werden (Bl. 66 ff. der Behördenakte, zum Kreisausschuss vgl. Bl. 74-77), nicht hingenommen werden. Dort findet die Organisationshoheit des Kreistags ihre Grenze und zwar unabhängig davon, ob die Überaufrundung, d. h. der Sprung auf die übernächste statt auf die nächsthöhere ganze Zahl, allein auf dem angewendeten Berechnungsverfahren oder auf der Kombination des Berechnungsverfahrens mit einer Pattauflösungsregel beruht. Eine derart massive Verzerrung der Größenverhältnisse lässt sich vor dem verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Spiegelbildlichkeit nicht rechtfertigen. Denn der Kreistag entscheidet hier im (möglichen) Wissen um die Folgen der Verfahrenswahl im Einzelfall und im Nachhinein; sein Spielraum ist daher nicht annähernd so weit, wie der des parlamentarischen Gesetzgebers, der im Vorhinein für die Gemeinde- und Landkreiswahlen eines der grundsätzlich verfassungskonformen mathematischen Verteilungsverfahren für die Sitzverteilung im Plenum mit genereller Wirkung festschreiben muss. Dementsprechend ist die Problematik der Überaufrundungen im Gemeinde- und Landkreiswahlrecht (vgl. dazu VerfGH, E.v. 26.10.2009 - Vf. 16-VII-08 - VerfGHE 62, 198/207) mit der bei der späteren Ausschusssitzvergabe nicht notwendig gleich zu bewerten.

Die Berücksichtigung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit brauchte der Gesetzgeber auch nicht in einem weiteren - dritten - Schritt nochmals vorzuschreiben. Die von der Beteiligten hervorgehobenen zwei Stufen des Ausschussbesetzungsverfahrens - Berechnungsverfahren und Pattauflösungsregeln - stellen sich als Komponenten eines einheitlichen Sitzvergabeverfahrens dar, das immer dann zum Einsatz kommt, wenn das gewählte Berechnungsverfahren für sich noch keine abschließende Sitzverteilung ermöglicht. Das ergibt sich schon aus der Verpflichtung des Kreistags, das Berechnungsverfahren, für das er sich entschieden hat, konsequent bis zur Verteilung aller Sitze im jeweiligen Ausschuss anzuwenden und nicht aus Billigkeitserwägungen im Sinne einer Minimierung des bei der jeweiligen Methode auftretenden Gesamtfehlers auf ein anders aufgebautes Verfahren überzuwechseln (VGH n. F. 57, 56/61 m. w. N.). Ob es zu einer Überaufrundung kommt, beantwortet sich mit Blick auf die mathematische Proportionalberechnung (Anzahl der Kreisräte der jeweiligen Fraktion multipliziert mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze geteilt durch die Anzahl aller Kreistagssitze). Mit der (gedanklichen) Zerlegung des Sitzverteilungsverfahrens in Teilschritte lassen sich Fälle einer durch alternative Verfahrenswahl vermeidbaren Überaufrundung nicht für hinnehmbar erklären. Da die Wahl des Verteilungsverfahrens sich am Grundsatz der Spiegelbildlichkeit zu orientieren hat, kann das Verbot einer Überaufrundung auch nicht durch den Verweis auf die Pattauflösungsvariante des Losentscheids in Zweifel gezogen werden. Denn ebenso wie der Rückgriff auf die Zahl der jeweils abgegebenen Stimmen ist ein solcher Losentscheid vom Kreistag immer dann zu vermeiden, wenn sich aus dem Losentscheid die Möglichkeit einer Überaufrundung ergeben kann, die durch die Anwendung anderweitiger Berechnungsverfahren sicher ausgeschlossen werden kann.

Mit dem Einwand, es gehe hier nur um die Zahl der Sitze und nicht darum, ob die Klägerin im Kreisausschuss überhaupt vertreten sei, kann die Beteiligte ebenfalls nicht durchdringen. Hat eine Fraktion Anspruch auf mehrere Sitze in einem Ausschuss, kann sie diese auch beanspruchen. Entgegen der Auffassung der Beteiligten genügt es nicht, dass die klägerische Fraktion überhaupt - d. h. mit einem Sitz - im Kreisausschuss vertreten ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2003 - 8 C 18/03 - BVerwGE 119, 305/308). Beizupflichten ist der Beteiligten nur insoweit, als dem Argument der Veränderung der „Gestaltungsmehrheit“ mit Vorsicht zu begegnen ist. Dies bedarf indes keiner Vertiefung, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt. Die Pflicht des Kreistags, bei der Zusammensetzung der Ausschüsse dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien, Wählergruppen und etwaigen Ausschussgemeinschaften Rechnung zu tragen, schließt eine zu einer Überaufrundung führende Sitzverteilung, die durch alternative Verfahren vermieden werden kann, unabhängig davon aus, ob die Überaufrundung allein auf das Berechnungsverfahren nach d’Hondt oder auf dieses Verfahren in Kombination mit einer Pattauflösungsregel des Art. 27 Abs. 2 Satz 3 LKrO zurückzuführen ist.

2. Im vorliegenden Fall verfehlt das d’Hondt’sche Berechnungsverfahren in Kombination mit der Pattauflösungsregel des Rückgriffs auf die Zahl der bei der Wahl auf die Parteien und Wählergruppen abgegebenen Stimmen die Anforderungen des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit. Die mathematische Proportionalberechnung (Anzahl der Kreisräte der jeweiligen Fraktion multipliziert mit der Anzahl der zu vergebenden Ausschusssitze geteilt durch die Anzahl aller Kreistagssitze) zeigt die folgende Tabelle:

Fraktionen

Sitze im Kreistag

Proportionalberechnung bei 60 Kreisräten und 12 Ausschussmitgliedern

CSU

28

5,60

SPD

7

1,4

Grüne

5

1

UWG

5

1

FW

8

1,6

ÖDP

7

1,4

Danach stellt eine Zuteilung von sieben Sitzen im Kreisausschuss an die Beigeladene eine Überaufrundung dar, die sich durch die Verteilung der Ausschusssitze nach dem d’Hondt’schen Verfahren

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

2

14

4

3

9,33

4

7

5

5,66

6

4,66

7

4

in Kombination mit der genannten Pattauflösungsregel ergibt.

in Kombination mit der genannten Pattauflösungsregel ergibt.

Demgegenüber ergäbe eine Verteilung der Ausschusssitze nach dem Verfahren Sainte-Lague/Schepers folgende Sitzverteilung:

Teiler

CSU

SPD

Grüne

UWG

FW

ÖDP

1

28

7

5

5

8

7

3

9,33

2,33

1,67

1,67

2,67

2,33

5

5,6

7

4

9

3,11

11

2,55

Prozentual:

50%

8,33%

8,33%

8,33%

16,67%

8,33%

Das Verfahren Hare/Niemeyer führte zu folgender Verteilung der Ausschusssitze:

Fraktionen

Sitze im Kreis-

Zahl der Sitze der Fraktion im Kreistag X

tag

Ausschusssitze /Gesamtzahl der Kreistagsmitglieder

CSU

28

5,6 = 5 + 1

SPD

7

1,4 = 1

Grüne

5

1= 1

UWG

5

1 = 1

FW

8

1,6 = 1 + 1

ÖDP

7

1,4 = 1

Damit steht fest, dass beide anderen mathematischen Berechnungsverfahren die hier zu beanstandende Überaufrundung vermieden hätten. Der Klägerin stehen zwei, der Beigeladenen sechs Sitze im Kreisausschuss zu.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beteiligte ist auch mit den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu belasten, auch wenn dieser, ohne einen Antrag zu stellen, auf der Seite des Vertreters des öffentlichen Interesses stand. Die Vorschriften der VwGO räumen letzterem in kostenrechtlicher Hinsicht keine Sonderstellung ein (BVerwG, U.v. 11.11.1993 - 3 C 45/91 - NJW 1994, 3024/3027). Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil sie keine Anträge gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.