Tenor

I.

Der Bescheid des Beklagten vom 1. September 2016 wird in den Nrn. 1,2 und 5 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Hinsichtlich der Darstellung des Sachverhalts wird zunächst auf den Beschluss des Gerichts vom 19. Januar 2017 im Verfahren M 6 S 16.4526 (dort I.) Bezug genommen. Das Gericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 1. September 2016 bezüglich Nrn. 1 und 2 dieses Bescheids wiederhergestellt, hinsichtlich Nr. 5 wurde sie angeordnet, im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.

Im vorliegenden Klageverfahren ließ der Kläger beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom 1. September 2016 aufzuheben.

Der Beklagte legte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016, eingegangen am 24. Oktober 2016, seine Akte vor und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Am 16. Januar 2017 führte der Berichterstatter einen Erörterungstermin durch, wobei beide Parteien erschienen waren, sich der Antragsgegner jedoch einer einvernehmlichen Lösung des Rechtsstreits verweigerte. Im Verlauf dieses Termins erklärten sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Durch Beschluss vom 17. Januar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich derjenigen im Verfahren M 6 S 16.4526 sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin am 16. Januar 2017 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO analog).

Gründe

1. Über den Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sich die Parteien übereinstimmend damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

2. Soweit sich die Klage gegen Nr. 3 des Bescheids vom 1. September 2016 richtet, ist sie unzulässig und daher abzuweisen, weil insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Kläger hat seinen Führerschein bereits vor Klageerhebung abgegeben. Damit ist die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte das in Nr. 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG gleichwohl noch beitreiben wird. Daher fehlt es der Klage hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

3. Im Übrigen ist die Klage gegen die Nrn. 1,2 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids zulässig und begründet, weil dieser insoweit rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Wie im Beschluss vom 19. Januar 2017 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (M 6 S 16.4526) ausgeführt (dort II 2) und ausführlich begründet war die Gutachtensanordnung vom ... Januar 2016 rechtswidrig, so dass sie nicht als Grundlage herangezogen werden durfte, um dem Kläger nach Maßgabe des § 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV - die Fahrerlaubnis zu entziehen. Zur weiteren Begründung der vorliegenden Entscheidung wird auf Nr. II 2 des Beschlusses vom 19. Januar 2017 Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO) und werden die dortigen Ausführungen zum Gegenstand der vorliegenden Entscheidung gemacht.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dabei ist das Unterliegen des Klägers hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung gegenüber der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Pflicht zur Abgabe des Führerscheins unabhängig vom Streitwert und der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen als derart gering anzusehen, dass es gegenüber dem Obsiegen des Klägers nicht nennenswert ins Gewicht fällt, so dass der Beklagte die Kosten insgesamt zu tragen hat, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass dem Kläger zur Meidung des Zwangsgeldes nichts anderes übrig blieb, als seinen Führerschein abzuliefern.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und die Abwendungsbefugnis haben ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 15.000 festgesetzt

(§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

... ...

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 19. Jan. 2017 - M 6 S 16.4526

bei uns veröffentlicht am 19.01.2017

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. M 6 K 16.4525) gegen den Bescheid des Landratsamts München vom 1. September 2016 wird hinsichtlich Nrn. 1 und 2 des Bescheids wiederhergestellt, hinsichtlich der Nr. 5 wird sie a
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 19. Jan. 2017 - M 6 S 16.4526

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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. M 6 K 16.4525) gegen den Bescheid des Landratsamts München vom 1. September 2016 wird hinsichtlich Nrn. 1 und 2 des Bescheids wiederhergestellt, hinsichtlich der Nr. 5 wird sie a

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 03. Mai 2017 - 11 CS 17.312

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Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 19. Januar 2017 wird in Nr. I abgeändert. Der Antrag wird insgesamt abgelehnt. II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt unter Abänderung der Nr. II des B

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Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. M 6 K 16.4525) gegen den Bescheid des Landratsamts München vom 1. September 2016 wird hinsichtlich Nrn. 1 und 2 des Bescheids wiederhergestellt, hinsichtlich der Nr. 5 wird sie angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der 19... geborene Antragsteller beantragte bei der Fahrerlaubnisbehörde des Antragsgegners am ... Januar 2016 die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klasse CE samt Unterklassen und legte hierfür Unterlagen vor, darunter eine Bescheinigung über eine ärztliche Augenuntersuchung vom ... Dezember 2015, die ausreichendes Sehvermögen bestätigt, sowie den Untersuchungsbericht des ... Zentrums ... Dr. A... vom ... Dezember 2015. Darin ist u. a. unter der Überschrift „Eine weitergehende Untersuchung wegen…“ vermerkt: „Diabetes mell.“ (d. h. Diabetes mellitus). Das nahm die Behörde zum Anlass, vom Antragsteller ohne vorherige Anhörung mit Verfügung vom ... Januar 2016 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 46 Abs. 3 Fahrerlaubnisverordnung - FeV -, § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV i. V. m. der Anlage 4 Nr.5 der FeV zu fordern, das bis zum ... März 2016 vorzulegen sei. Mit diesem Gutachten solle u. a. geklärt werden, welcher Typ der Diabetes-Erkrankung vorliege (Frage Nr. 1), ob die Diabetes-Erkrankung behandlungsbedürftig sei und wenn ja, um welche Behandlungsmethode es sich handle (Nr. 2), ob eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne Gefahr von Hyperglykämie oder Hypoglykämie vorliege (Nr. 3) und ob krankheitsbedingte Komplikationen gegeben oder zu erwarten seien wie Retinopathia-Diabetika, Nephropathia-Diabetika oder kardiale und zerebrale Angiopathie. Außerdem wird in den insgesamt 9 Fragen nicht nur eine Klärung der Fahreignung bezüglich Kraftfahrzeugen der Gruppe II, sondern auch der Gruppe I (Nr. 8) gefordert sowie nach der Notwendigkeit von Nachuntersuchungen gefragt.

Auf der Gutachtensanordnung ist auf Seite 2 (Blatt 18 der Akte) neben dem eingerückt gesetzten Termin zur Vorlage handschriftlich vermerkt, „verlängert bis ...4.2016“, ohne dass der Akte entnommen werden kann, worauf diese Anmerkung Bezug nimmt oder wer sie warum veranlasst hat. Trotz dieser Fristverlängerung hörte die Behörde den Antragsteller bereits mit Schreiben vom ... März 2016, zugestellt am ... März 2016, zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Nachdem am ... März 2016 dann der vom Antragsteller unterzeichnete Gutachtensauftrag eingegangen war, übersandte die Behörde mit Schreiben vom ... März 2016 die Akte an die benannte Begutachtungsstelle, von wo sie mit Schreiben vom ... Juli 2016 wieder zurückgesandt wurde.

Mit Schreiben vom ... Juli 2016 bestellte sich sodann der Bevollmächtigte des Antragstellers und teilte mit, es sei zu Differenzen seines Mandanten mit der Begutachtungsstelle gekommen. Da sich Forderungen nach einer Nachbesserung gegenüber Begutachtungsstellen regelmäßig als nutzlos erweisen, werde um die Beauftragung einer anderen Begutachtungsstelle gebeten. Außerdem solle die Begutachtung auf Fahrzeuge der Gruppe II beschränkt werden, da sein Mandant Fahrzeuge der Gruppe I nicht mehr führen wolle. Dieses Ansinnen wies die Behörde mit Schreiben vom ... August 2016 zurück, hörte zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage des geforderten Gutachtens an und gab dem Antragsteller letztmals Gelegenheit, einen kostenpflichtigen Bescheid über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch Verzicht hierauf abzuwenden.

Hierzu trug der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom ... August 2016, der am selben Tag bei der Behörde einging, für diesen umfangreich dazu vor, was er bzw. dessen Ehefrau unternommen habe, um die Fahreignungszweifel auszuräumen, warum man das Fahreignungsgutachten, das ein negatives Ergebnis habe, nicht vorlegen sondern eine erneute Begutachtung durchführen wolle und weshalb es zu Verzögerungen bei der Behandlung der Angelegenheit gekommen sei. Außerdem wird angegeben, der Mandant wolle keine Fahrzeuge der Klasse A mehr führen.

Daraufhin entzog die Behörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 1. September 2016 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 4 des Bescheids) die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1), gab ihm auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids bei der Behörde abzuliefern (Nr.2) und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von a... Euro an (Nr.3). Nr. 5 des Bescheids enthält die Kostenentscheidung. Der insbesondere auf § 11 Abs. 8 FeV gestützte Bescheid ist mit der Nichtvorlage des Gutachtens begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich, weil der Antragsteller die wegen seiner Diabetes-Erkrankung an seiner Fahreignung bestehenden Zweifel nicht mittels Vorlage des geforderten Gutachtens ausgeräumt habe. Weil eine solche Erkrankung zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, etwa infolge Bewusstseinsverlusts, führen könnten, müsse die weitere Verkehrsteilnahme des Antragstellers sofort unterbunden werden. Dieser hat seinen Führerschein am ... September 2016 abgeliefert.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers als Anlage zu Antragsschrift vom ... Oktober 2016 u. a. das Gutachten der ... GmbH vom ... Juli 2016 vor, das mit einem insgesamt negativen Ergebnis endet, jedoch feststellt, es liege ein mit Insulin behandelter, stabil eingestellter Diabetes mellitus vor. Daneben wird u. a. festgestellt, es lägen krankheitsbedingte Komplikationen wie Nephropathia-Diabetika und zerebrale Angiopathie vor. Eine Retinopathia Diabetika, eine kardiale Angiopathie und eine periphere Neuropathie könne nicht bewertet werden, da die erforderlichen Befunde nicht vorgelegt worden seien. Außerdem sei der Antragsteller nicht ausreichend mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten müsse, vertraut. Er sei wegen einer Erkrankung (Diabetes mellitus), die nach Anlage 4 Nr. 5 der FeV die Fahreignung in Frage stelle, nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe I und II gerecht zu werden.

Gegen den am ... September 2016 zugestellten Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten durch Schriftsatz vom ... Oktober 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, unter Wiederholung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben (Az. M 6 K 16.4525) mit dem Antrag, den Bescheid vom 1. September 2016 aufzuheben und außerdem

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid anzuordnen.

Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016, eingegangen am 24. Oktober 2016, seine Akte vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Am 16. Januar 2017 führte der Berichterstatter einen Erörterungstermin durch, wobei beide Parteien erschienen waren, sich der Antragsgegner jedoch einer einvernehmlichen Lösung des Rechtsstreits verweigerte.

Durch Beschluss vom 17. Januar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich derjenigen im Verfahren M 6 K 16.4525 sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin am 16. Januar 2017 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO analog).

II.

Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) im Bescheid vom 1. September 2016 richtet. Im Übrigen ist er zulässig und begründet. Bei der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung erweist sich der Bescheid insbesondere bezüglich der Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtswidrig, so dass die hiergegen gerichtete Klage Erfolg haben wird. In einem solchen Fall besteht kein öffentliches Interesse an der Beibehaltung des Sofortvollzugs.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids bereits unzulässig. Denn der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits vor Klageerhebung abgegeben. Damit ist die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsgegner das Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG gleichwohl noch beitreiben wird. Daher fehlt es dem Antragsteller für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig und begründet. Insbesondere die Entziehung der Fahrerlaubnis in Nr. 1 des Bescheids vom 1. September 2016 ist rechtswidrig, da sie entgegen der Auffassung des Antragsgegners in § 11 Abs. 8 FeV vorliegend keine Rechtsgrundlage findet. Die Voraussetzung einer rechtmäßigen Gutachtensanordnung gegenüber dem Antragsteller ist aus mehreren, selbsttragend nebeneinander stehenden Gründen nicht erfüllt, so dass die Behörde aus der Nichtvorlage des somit zu Unrecht geforderten Gutachtens nicht auf die mangelnde Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen durfte.

2.1 Die Gutachtensanordnung vom ... Januar 2016 ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Der Behörde war zu diesem Zeitpunkt lediglich bekannt, dass der Antragsteller an Diabetes mellitus erkrankt ist, was er offensichtlich dem untersuchenden Arzt am ... Dezember 2016 selbst offenbart hat. Dies für sich genommen ist jedoch keinesfalls eine Information, die eine Fahrerlaubnisbehörde dazu berechtigt, sogleich ein ärztliches Gutachten einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen. Das ergibt sich eindeutig aus den unterschiedlichen Konsequenzen, welche in Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV hinsichtlich der Fahreignung aus den verschiedenen Formen und Intensitäten der Diabeteserkrankung gezogen werden, wobei diese auch noch unterschiedlich ausfallen je nachdem, ob es um Fahrzeuge der Gruppe I oder der Gruppe II geht. So ist etwa nach Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe I uneingeschränkt gegeben, wenn eine ausgeglichene Stoffwechsellage unter der Therapie mit Diät oder oralen Antidiabetika mit niedrigem Hypoglykämierisiko vorliegt; auch für Kraftfahrzeuge der Gruppe II besteht in diesem Fall Fahreignung, wenn eine stabile Stoffwechselführung besteht und in den letzten 3 Monaten keine Hypoglykämie aufgetreten ist. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann und muss die Behörde zunächst durch die Aufforderung zur Vorlage geeigneter Bescheinigungen des den Diabetes behandelnden Arztes abklären. Werden solche vorgelegt und geht aus ihnen hervor, dass ein Fall der Nr. 5.4 der Anlage 4 zur FeV gegeben ist, so darf die Behörde hinsichtlich Kraftfahrzeugen der Gruppe I keinerlei weitere Maßnahmen ergreifen, ohne dass ihr weitere Tatsachen hierzu Anlass geben. Wird eine stabile Stoffwechsellage sowie keine Hypoglykämie in den vergangenen 3 Monaten bescheinigt, wonach der Betroffene seitens der Behörde ausdrücklich zu fragen ist, sind in Fällen, in denen es auch um Kraftfahrzeuge der Gruppe II geht, ebenfalls keine weiteren Maßnahmen mehr veranlasst, sofern nicht zusätzliche Tatsachen hierfür ausreichend Anlass geben.

Dieses Vorgehen der Behörde ist unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit schon deshalb geboten, weil es den Betroffenen weniger stark belastet als ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle, indem es weniger (oder sogar nichts) kostet und weniger stark in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen eingreift. Zugleich ist es aber auch ein geeignetes Mittel, um abzuklären, ob weitergehende Maßnahmen veranlasst sind, weil ein anderer als ein Fall der Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegt.

Im vorliegenden Fall hat die Behörde nicht einmal versucht, durch weniger einschneidende Maßnahmen erst einmal zu klären, welche Art einer Diabeteserkrankung beim Antragsteller vorliegt, wie sie behandelt wird und mit welchem Ergebnis. Sie hat noch nicht einmal in Erwägung gezogen, dass ein Fall der Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegen könnte. Das Vorgehen der Behörde war also weder verhältnismäßig noch erforderlich, zumal sie nicht zwischen Maßnahmen in Bezug auf Fahrzeuge der Gruppen I und II unterschieden hat.

Bei einer als „Volkskrankheit“ bezeichneten Erkrankung wie Diabetes mellitus Typ 2 kann es offensichtlich nicht richtig sein, jedermann ohne Kenntnis von weiteren konkreten Umständen des Falles seitens der Fahrererlaubnisbehörden mit einem ärztlichen Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu überziehen. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland aktuell mehr als sechs Millionen behandelte und noch einmal so viele unerkannte und damit unbehandelte Diabeteserkrankungen (Angaben des Deutschen Diabetes-Zentrums, Newsletter vom 19. Januar 2017, http://www.diabetes-heute.uni-duesseldorf.de/fachthemen/entstehungausbreitungverbreitung/index.html?TextID=3836). Bei diesem Personenkreis müssen zunächst die Umstände des jeweiligen Falles mit den mildesten Mitteln so weit wie möglich abgeklärt und sodann auf Basis der so gewonnenen Erkenntnisse unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens entschieden werden, ob und ggf. welche Fragen einer Beantwortung durch ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zugeführt werden sollen. Das ist vorliegend unterblieben, was allein für sich schon zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung, damit zur Rechtswidrigkeit des auf ihr beruhenden Bescheids vom 1. September 2016 und letztlich zum (überwiegenden) Erfolg des vorliegenden Antrags führt.

2.2 Unabhängig hiervon - und insoweit selbsttragend - hat der vorliegende Antrag allein schon deshalb Erfolg, weil die Gutachtensfragen jedenfalls teilweise rechtswidrig sind, so dass die Gutachtensanordnung insgesamt als rechtswidrig anzusehen ist. Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Gutachtensanordnung insgesamt als rechtswidrig anzusehen ist, wenn sie aus mehreren Fragen besteht, von denen zumindest eine unzulässig ist; denn es kann dem Betroffenen nicht zugemutet werden, selbst herauszufinden, welchem Teil einer Gutachtensanordnung er Folge leisten muss (st. Rspr. etwa VG München B. v. 13.9.2013, M 6b S 13.2756 m. w. N.).

Vorliegend ist bereits die Frage 1 unzulässig, weil diese mittels Vorlage einfacher Atteste des den Diabetes behandelnden Arztes (so der Diabetes überhaupt behandlungsbedürftig ist) hätte beantwortet werden können. Dasselbe gilt für die Fragen 2-4. Gerade der behandelnde Arzt müsste neben Angaben zu Art und Intensität des Diabetes, seiner Behandlung und der Stoffwechsellage auch Auskunft über die Gefahr von Unter- oder Überzuckerung und den Stand der Einstellung des Diabetes sowie dazu geben können, ob solche Stoffwechselprobleme innerhalb der vergangenen 3 Monate aufgetreten sind (relevant für Kraftfahrzeuge der Gruppe II). Jedenfalls teilweise müsste der behandelnde Arzt auch die Fragen 5 und 6 beantworten können, etwa weil er den Patienten mit den Möglichkeiten und Vorkehrungen zur Erkennung einer Unterzuckerung und den Vorsichtsmaßnahmen für diabeteserkrankte Autofahrer bekannt und vertraut gemacht hat. Fraglich ist hier, warum Motorad- oder LKW-Fahrer nach Ansicht der Behörde mit diesen Maßnahmen nicht vertraut sein müssen (sie kommen in Frage 6 nicht vor). Schließlich lassen sich diese Fragen ggf. auch anhand des Diabetikerpasses und des Zuckertagebuchs beantworten.

Erst nach Abklärung dieser Fragen im Vorfeld hätte geprüft und entschieden werden können und müssen, was von den nachfolgenden Fragen 7 und 8 noch Gegenstand einer Begutachtung sein soll bzw. muss. Schließlich ist es unzulässig, wenn die Behörde, die lediglich von der Existenz einer Diabetes-Erkrankung weiß, nach möglichen Folgeerkrankungen „forscht“, ohne für deren Vorliegen irgendeinen konkreten Anhaltspunkt zu haben. Unzulässig war vorliegend auch die Frage nach einer Retinopathia diabetica, weil der Antragsteller eine Bescheinigung über eine Augenuntersuchung vom ... Dezember 2015 vorgelegt hat, die ihm voll ausreichendes Sehvermögen bestätigt, so dass keinerlei Anlass für die Frage nach dieser Folgeerkrankung bestand.

2.3 Da die Gutachtensanordnung sich somit als insgesamt rechtlich nicht haltbar erweist, konnte die Behörde aufgrund der Nichtvorlage des zu Unrecht geforderten Gutachtens nicht gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die fehlende Eignung des Antragstellers schließen und durfte ihm die Fahrerlaubnis nicht entziehen. Dem Antrag war daher, soweit er zulässig ist, statt zu geben.

2.4 Der Bescheid ist aus einem weiteren (selbsttragenden) Grund rechtswidrig, der für sich allein ebenfalls dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren nach sich ziehen wird und daher zum Erfolg des vorliegenden Antrags führt. Zutreffend geht die Behörde davon aus, dass die Gutachtensanordnung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV in ihrem Ermessen stand. Zu den Interessen des Antragstellers finden sich in der Gutachtensanordnung auf deren Seite 2 Ausführungen. Diese sind so gehalten, dass sie in jeder beliebigen Gutachtensanordnung verwendet werden könnten. Ein Bezug zum vorliegenden Fall und den Interessen des Antragstellers, die eventuell gegen den Erlass der Gutachtensanordnung sprechen könnten, ist nicht erkennbar. Das erklärt sich mit der unterbliebenen Anhörung des Antragstellers vor Erlass der Gutachtensanordnung. Die Behörde hatte also keinerlei Kenntnis von den Interessen und der Situation des Antragstellers, weshalb sie dessen Belange auch nicht in ihre Ermessensentscheidung hat einbeziehen können. Folglich leidet diese Ermessensentscheidung an einem schweren Mangel, der zu ihrer Fehlerhaftigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung (Gutachtensanordnung) insgesamt führt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dabei ist das Unterliegen des Antragstellers hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung gegenüber der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Pflicht zur Abgabe des Führerscheins unabhängig vom Streitwert und der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen als derart gering anzusehen, dass es gegenüber dem Obsiegen des Antragstellers nicht nennenswert ins Gewicht fällt, so dass der Antragsgegner die Kosten insgesamt zu tragen hat, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass dem Antragsteller zur Meidung des Zwangsgeldes nichts anderes übrig blieb, als seinen Führerschein abzuliefern.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. M 6 K 16.4525) gegen den Bescheid des Landratsamts München vom 1. September 2016 wird hinsichtlich Nrn. 1 und 2 des Bescheids wiederhergestellt, hinsichtlich der Nr. 5 wird sie angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der 19... geborene Antragsteller beantragte bei der Fahrerlaubnisbehörde des Antragsgegners am ... Januar 2016 die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klasse CE samt Unterklassen und legte hierfür Unterlagen vor, darunter eine Bescheinigung über eine ärztliche Augenuntersuchung vom ... Dezember 2015, die ausreichendes Sehvermögen bestätigt, sowie den Untersuchungsbericht des ... Zentrums ... Dr. A... vom ... Dezember 2015. Darin ist u. a. unter der Überschrift „Eine weitergehende Untersuchung wegen…“ vermerkt: „Diabetes mell.“ (d. h. Diabetes mellitus). Das nahm die Behörde zum Anlass, vom Antragsteller ohne vorherige Anhörung mit Verfügung vom ... Januar 2016 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 46 Abs. 3 Fahrerlaubnisverordnung - FeV -, § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV i. V. m. der Anlage 4 Nr.5 der FeV zu fordern, das bis zum ... März 2016 vorzulegen sei. Mit diesem Gutachten solle u. a. geklärt werden, welcher Typ der Diabetes-Erkrankung vorliege (Frage Nr. 1), ob die Diabetes-Erkrankung behandlungsbedürftig sei und wenn ja, um welche Behandlungsmethode es sich handle (Nr. 2), ob eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne Gefahr von Hyperglykämie oder Hypoglykämie vorliege (Nr. 3) und ob krankheitsbedingte Komplikationen gegeben oder zu erwarten seien wie Retinopathia-Diabetika, Nephropathia-Diabetika oder kardiale und zerebrale Angiopathie. Außerdem wird in den insgesamt 9 Fragen nicht nur eine Klärung der Fahreignung bezüglich Kraftfahrzeugen der Gruppe II, sondern auch der Gruppe I (Nr. 8) gefordert sowie nach der Notwendigkeit von Nachuntersuchungen gefragt.

Auf der Gutachtensanordnung ist auf Seite 2 (Blatt 18 der Akte) neben dem eingerückt gesetzten Termin zur Vorlage handschriftlich vermerkt, „verlängert bis ...4.2016“, ohne dass der Akte entnommen werden kann, worauf diese Anmerkung Bezug nimmt oder wer sie warum veranlasst hat. Trotz dieser Fristverlängerung hörte die Behörde den Antragsteller bereits mit Schreiben vom ... März 2016, zugestellt am ... März 2016, zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Nachdem am ... März 2016 dann der vom Antragsteller unterzeichnete Gutachtensauftrag eingegangen war, übersandte die Behörde mit Schreiben vom ... März 2016 die Akte an die benannte Begutachtungsstelle, von wo sie mit Schreiben vom ... Juli 2016 wieder zurückgesandt wurde.

Mit Schreiben vom ... Juli 2016 bestellte sich sodann der Bevollmächtigte des Antragstellers und teilte mit, es sei zu Differenzen seines Mandanten mit der Begutachtungsstelle gekommen. Da sich Forderungen nach einer Nachbesserung gegenüber Begutachtungsstellen regelmäßig als nutzlos erweisen, werde um die Beauftragung einer anderen Begutachtungsstelle gebeten. Außerdem solle die Begutachtung auf Fahrzeuge der Gruppe II beschränkt werden, da sein Mandant Fahrzeuge der Gruppe I nicht mehr führen wolle. Dieses Ansinnen wies die Behörde mit Schreiben vom ... August 2016 zurück, hörte zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage des geforderten Gutachtens an und gab dem Antragsteller letztmals Gelegenheit, einen kostenpflichtigen Bescheid über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch Verzicht hierauf abzuwenden.

Hierzu trug der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom ... August 2016, der am selben Tag bei der Behörde einging, für diesen umfangreich dazu vor, was er bzw. dessen Ehefrau unternommen habe, um die Fahreignungszweifel auszuräumen, warum man das Fahreignungsgutachten, das ein negatives Ergebnis habe, nicht vorlegen sondern eine erneute Begutachtung durchführen wolle und weshalb es zu Verzögerungen bei der Behandlung der Angelegenheit gekommen sei. Außerdem wird angegeben, der Mandant wolle keine Fahrzeuge der Klasse A mehr führen.

Daraufhin entzog die Behörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 1. September 2016 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 4 des Bescheids) die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1), gab ihm auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids bei der Behörde abzuliefern (Nr.2) und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von a... Euro an (Nr.3). Nr. 5 des Bescheids enthält die Kostenentscheidung. Der insbesondere auf § 11 Abs. 8 FeV gestützte Bescheid ist mit der Nichtvorlage des Gutachtens begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich, weil der Antragsteller die wegen seiner Diabetes-Erkrankung an seiner Fahreignung bestehenden Zweifel nicht mittels Vorlage des geforderten Gutachtens ausgeräumt habe. Weil eine solche Erkrankung zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, etwa infolge Bewusstseinsverlusts, führen könnten, müsse die weitere Verkehrsteilnahme des Antragstellers sofort unterbunden werden. Dieser hat seinen Führerschein am ... September 2016 abgeliefert.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers als Anlage zu Antragsschrift vom ... Oktober 2016 u. a. das Gutachten der ... GmbH vom ... Juli 2016 vor, das mit einem insgesamt negativen Ergebnis endet, jedoch feststellt, es liege ein mit Insulin behandelter, stabil eingestellter Diabetes mellitus vor. Daneben wird u. a. festgestellt, es lägen krankheitsbedingte Komplikationen wie Nephropathia-Diabetika und zerebrale Angiopathie vor. Eine Retinopathia Diabetika, eine kardiale Angiopathie und eine periphere Neuropathie könne nicht bewertet werden, da die erforderlichen Befunde nicht vorgelegt worden seien. Außerdem sei der Antragsteller nicht ausreichend mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten müsse, vertraut. Er sei wegen einer Erkrankung (Diabetes mellitus), die nach Anlage 4 Nr. 5 der FeV die Fahreignung in Frage stelle, nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe I und II gerecht zu werden.

Gegen den am ... September 2016 zugestellten Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten durch Schriftsatz vom ... Oktober 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, unter Wiederholung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben (Az. M 6 K 16.4525) mit dem Antrag, den Bescheid vom 1. September 2016 aufzuheben und außerdem

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid anzuordnen.

Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016, eingegangen am 24. Oktober 2016, seine Akte vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Am 16. Januar 2017 führte der Berichterstatter einen Erörterungstermin durch, wobei beide Parteien erschienen waren, sich der Antragsgegner jedoch einer einvernehmlichen Lösung des Rechtsstreits verweigerte.

Durch Beschluss vom 17. Januar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich derjenigen im Verfahren M 6 K 16.4525 sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin am 16. Januar 2017 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO analog).

II.

Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) im Bescheid vom 1. September 2016 richtet. Im Übrigen ist er zulässig und begründet. Bei der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung erweist sich der Bescheid insbesondere bezüglich der Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtswidrig, so dass die hiergegen gerichtete Klage Erfolg haben wird. In einem solchen Fall besteht kein öffentliches Interesse an der Beibehaltung des Sofortvollzugs.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids bereits unzulässig. Denn der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits vor Klageerhebung abgegeben. Damit ist die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsgegner das Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG gleichwohl noch beitreiben wird. Daher fehlt es dem Antragsteller für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig und begründet. Insbesondere die Entziehung der Fahrerlaubnis in Nr. 1 des Bescheids vom 1. September 2016 ist rechtswidrig, da sie entgegen der Auffassung des Antragsgegners in § 11 Abs. 8 FeV vorliegend keine Rechtsgrundlage findet. Die Voraussetzung einer rechtmäßigen Gutachtensanordnung gegenüber dem Antragsteller ist aus mehreren, selbsttragend nebeneinander stehenden Gründen nicht erfüllt, so dass die Behörde aus der Nichtvorlage des somit zu Unrecht geforderten Gutachtens nicht auf die mangelnde Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen durfte.

2.1 Die Gutachtensanordnung vom ... Januar 2016 ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Der Behörde war zu diesem Zeitpunkt lediglich bekannt, dass der Antragsteller an Diabetes mellitus erkrankt ist, was er offensichtlich dem untersuchenden Arzt am ... Dezember 2016 selbst offenbart hat. Dies für sich genommen ist jedoch keinesfalls eine Information, die eine Fahrerlaubnisbehörde dazu berechtigt, sogleich ein ärztliches Gutachten einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen. Das ergibt sich eindeutig aus den unterschiedlichen Konsequenzen, welche in Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV hinsichtlich der Fahreignung aus den verschiedenen Formen und Intensitäten der Diabeteserkrankung gezogen werden, wobei diese auch noch unterschiedlich ausfallen je nachdem, ob es um Fahrzeuge der Gruppe I oder der Gruppe II geht. So ist etwa nach Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe I uneingeschränkt gegeben, wenn eine ausgeglichene Stoffwechsellage unter der Therapie mit Diät oder oralen Antidiabetika mit niedrigem Hypoglykämierisiko vorliegt; auch für Kraftfahrzeuge der Gruppe II besteht in diesem Fall Fahreignung, wenn eine stabile Stoffwechselführung besteht und in den letzten 3 Monaten keine Hypoglykämie aufgetreten ist. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann und muss die Behörde zunächst durch die Aufforderung zur Vorlage geeigneter Bescheinigungen des den Diabetes behandelnden Arztes abklären. Werden solche vorgelegt und geht aus ihnen hervor, dass ein Fall der Nr. 5.4 der Anlage 4 zur FeV gegeben ist, so darf die Behörde hinsichtlich Kraftfahrzeugen der Gruppe I keinerlei weitere Maßnahmen ergreifen, ohne dass ihr weitere Tatsachen hierzu Anlass geben. Wird eine stabile Stoffwechsellage sowie keine Hypoglykämie in den vergangenen 3 Monaten bescheinigt, wonach der Betroffene seitens der Behörde ausdrücklich zu fragen ist, sind in Fällen, in denen es auch um Kraftfahrzeuge der Gruppe II geht, ebenfalls keine weiteren Maßnahmen mehr veranlasst, sofern nicht zusätzliche Tatsachen hierfür ausreichend Anlass geben.

Dieses Vorgehen der Behörde ist unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit schon deshalb geboten, weil es den Betroffenen weniger stark belastet als ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle, indem es weniger (oder sogar nichts) kostet und weniger stark in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen eingreift. Zugleich ist es aber auch ein geeignetes Mittel, um abzuklären, ob weitergehende Maßnahmen veranlasst sind, weil ein anderer als ein Fall der Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegt.

Im vorliegenden Fall hat die Behörde nicht einmal versucht, durch weniger einschneidende Maßnahmen erst einmal zu klären, welche Art einer Diabeteserkrankung beim Antragsteller vorliegt, wie sie behandelt wird und mit welchem Ergebnis. Sie hat noch nicht einmal in Erwägung gezogen, dass ein Fall der Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegen könnte. Das Vorgehen der Behörde war also weder verhältnismäßig noch erforderlich, zumal sie nicht zwischen Maßnahmen in Bezug auf Fahrzeuge der Gruppen I und II unterschieden hat.

Bei einer als „Volkskrankheit“ bezeichneten Erkrankung wie Diabetes mellitus Typ 2 kann es offensichtlich nicht richtig sein, jedermann ohne Kenntnis von weiteren konkreten Umständen des Falles seitens der Fahrererlaubnisbehörden mit einem ärztlichen Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu überziehen. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland aktuell mehr als sechs Millionen behandelte und noch einmal so viele unerkannte und damit unbehandelte Diabeteserkrankungen (Angaben des Deutschen Diabetes-Zentrums, Newsletter vom 19. Januar 2017, http://www.diabetes-heute.uni-duesseldorf.de/fachthemen/entstehungausbreitungverbreitung/index.html?TextID=3836). Bei diesem Personenkreis müssen zunächst die Umstände des jeweiligen Falles mit den mildesten Mitteln so weit wie möglich abgeklärt und sodann auf Basis der so gewonnenen Erkenntnisse unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens entschieden werden, ob und ggf. welche Fragen einer Beantwortung durch ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zugeführt werden sollen. Das ist vorliegend unterblieben, was allein für sich schon zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung, damit zur Rechtswidrigkeit des auf ihr beruhenden Bescheids vom 1. September 2016 und letztlich zum (überwiegenden) Erfolg des vorliegenden Antrags führt.

2.2 Unabhängig hiervon - und insoweit selbsttragend - hat der vorliegende Antrag allein schon deshalb Erfolg, weil die Gutachtensfragen jedenfalls teilweise rechtswidrig sind, so dass die Gutachtensanordnung insgesamt als rechtswidrig anzusehen ist. Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Gutachtensanordnung insgesamt als rechtswidrig anzusehen ist, wenn sie aus mehreren Fragen besteht, von denen zumindest eine unzulässig ist; denn es kann dem Betroffenen nicht zugemutet werden, selbst herauszufinden, welchem Teil einer Gutachtensanordnung er Folge leisten muss (st. Rspr. etwa VG München B. v. 13.9.2013, M 6b S 13.2756 m. w. N.).

Vorliegend ist bereits die Frage 1 unzulässig, weil diese mittels Vorlage einfacher Atteste des den Diabetes behandelnden Arztes (so der Diabetes überhaupt behandlungsbedürftig ist) hätte beantwortet werden können. Dasselbe gilt für die Fragen 2-4. Gerade der behandelnde Arzt müsste neben Angaben zu Art und Intensität des Diabetes, seiner Behandlung und der Stoffwechsellage auch Auskunft über die Gefahr von Unter- oder Überzuckerung und den Stand der Einstellung des Diabetes sowie dazu geben können, ob solche Stoffwechselprobleme innerhalb der vergangenen 3 Monate aufgetreten sind (relevant für Kraftfahrzeuge der Gruppe II). Jedenfalls teilweise müsste der behandelnde Arzt auch die Fragen 5 und 6 beantworten können, etwa weil er den Patienten mit den Möglichkeiten und Vorkehrungen zur Erkennung einer Unterzuckerung und den Vorsichtsmaßnahmen für diabeteserkrankte Autofahrer bekannt und vertraut gemacht hat. Fraglich ist hier, warum Motorad- oder LKW-Fahrer nach Ansicht der Behörde mit diesen Maßnahmen nicht vertraut sein müssen (sie kommen in Frage 6 nicht vor). Schließlich lassen sich diese Fragen ggf. auch anhand des Diabetikerpasses und des Zuckertagebuchs beantworten.

Erst nach Abklärung dieser Fragen im Vorfeld hätte geprüft und entschieden werden können und müssen, was von den nachfolgenden Fragen 7 und 8 noch Gegenstand einer Begutachtung sein soll bzw. muss. Schließlich ist es unzulässig, wenn die Behörde, die lediglich von der Existenz einer Diabetes-Erkrankung weiß, nach möglichen Folgeerkrankungen „forscht“, ohne für deren Vorliegen irgendeinen konkreten Anhaltspunkt zu haben. Unzulässig war vorliegend auch die Frage nach einer Retinopathia diabetica, weil der Antragsteller eine Bescheinigung über eine Augenuntersuchung vom ... Dezember 2015 vorgelegt hat, die ihm voll ausreichendes Sehvermögen bestätigt, so dass keinerlei Anlass für die Frage nach dieser Folgeerkrankung bestand.

2.3 Da die Gutachtensanordnung sich somit als insgesamt rechtlich nicht haltbar erweist, konnte die Behörde aufgrund der Nichtvorlage des zu Unrecht geforderten Gutachtens nicht gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die fehlende Eignung des Antragstellers schließen und durfte ihm die Fahrerlaubnis nicht entziehen. Dem Antrag war daher, soweit er zulässig ist, statt zu geben.

2.4 Der Bescheid ist aus einem weiteren (selbsttragenden) Grund rechtswidrig, der für sich allein ebenfalls dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren nach sich ziehen wird und daher zum Erfolg des vorliegenden Antrags führt. Zutreffend geht die Behörde davon aus, dass die Gutachtensanordnung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV in ihrem Ermessen stand. Zu den Interessen des Antragstellers finden sich in der Gutachtensanordnung auf deren Seite 2 Ausführungen. Diese sind so gehalten, dass sie in jeder beliebigen Gutachtensanordnung verwendet werden könnten. Ein Bezug zum vorliegenden Fall und den Interessen des Antragstellers, die eventuell gegen den Erlass der Gutachtensanordnung sprechen könnten, ist nicht erkennbar. Das erklärt sich mit der unterbliebenen Anhörung des Antragstellers vor Erlass der Gutachtensanordnung. Die Behörde hatte also keinerlei Kenntnis von den Interessen und der Situation des Antragstellers, weshalb sie dessen Belange auch nicht in ihre Ermessensentscheidung hat einbeziehen können. Folglich leidet diese Ermessensentscheidung an einem schweren Mangel, der zu ihrer Fehlerhaftigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung (Gutachtensanordnung) insgesamt führt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dabei ist das Unterliegen des Antragstellers hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung gegenüber der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Pflicht zur Abgabe des Führerscheins unabhängig vom Streitwert und der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen als derart gering anzusehen, dass es gegenüber dem Obsiegen des Antragstellers nicht nennenswert ins Gewicht fällt, so dass der Antragsgegner die Kosten insgesamt zu tragen hat, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass dem Antragsteller zur Meidung des Zwangsgeldes nichts anderes übrig blieb, als seinen Führerschein abzuliefern.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. M 6 K 16.4525) gegen den Bescheid des Landratsamts München vom 1. September 2016 wird hinsichtlich Nrn. 1 und 2 des Bescheids wiederhergestellt, hinsichtlich der Nr. 5 wird sie angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,00 festgesetzt.

Gründe

I.

Der 19... geborene Antragsteller beantragte bei der Fahrerlaubnisbehörde des Antragsgegners am ... Januar 2016 die Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klasse CE samt Unterklassen und legte hierfür Unterlagen vor, darunter eine Bescheinigung über eine ärztliche Augenuntersuchung vom ... Dezember 2015, die ausreichendes Sehvermögen bestätigt, sowie den Untersuchungsbericht des ... Zentrums ... Dr. A... vom ... Dezember 2015. Darin ist u. a. unter der Überschrift „Eine weitergehende Untersuchung wegen…“ vermerkt: „Diabetes mell.“ (d. h. Diabetes mellitus). Das nahm die Behörde zum Anlass, vom Antragsteller ohne vorherige Anhörung mit Verfügung vom ... Januar 2016 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 46 Abs. 3 Fahrerlaubnisverordnung - FeV -, § 11 Abs. 2 Nr. 5 FeV i. V. m. der Anlage 4 Nr.5 der FeV zu fordern, das bis zum ... März 2016 vorzulegen sei. Mit diesem Gutachten solle u. a. geklärt werden, welcher Typ der Diabetes-Erkrankung vorliege (Frage Nr. 1), ob die Diabetes-Erkrankung behandlungsbedürftig sei und wenn ja, um welche Behandlungsmethode es sich handle (Nr. 2), ob eine ausgeglichene Stoffwechsellage ohne Gefahr von Hyperglykämie oder Hypoglykämie vorliege (Nr. 3) und ob krankheitsbedingte Komplikationen gegeben oder zu erwarten seien wie Retinopathia-Diabetika, Nephropathia-Diabetika oder kardiale und zerebrale Angiopathie. Außerdem wird in den insgesamt 9 Fragen nicht nur eine Klärung der Fahreignung bezüglich Kraftfahrzeugen der Gruppe II, sondern auch der Gruppe I (Nr. 8) gefordert sowie nach der Notwendigkeit von Nachuntersuchungen gefragt.

Auf der Gutachtensanordnung ist auf Seite 2 (Blatt 18 der Akte) neben dem eingerückt gesetzten Termin zur Vorlage handschriftlich vermerkt, „verlängert bis ...4.2016“, ohne dass der Akte entnommen werden kann, worauf diese Anmerkung Bezug nimmt oder wer sie warum veranlasst hat. Trotz dieser Fristverlängerung hörte die Behörde den Antragsteller bereits mit Schreiben vom ... März 2016, zugestellt am ... März 2016, zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis an. Nachdem am ... März 2016 dann der vom Antragsteller unterzeichnete Gutachtensauftrag eingegangen war, übersandte die Behörde mit Schreiben vom ... März 2016 die Akte an die benannte Begutachtungsstelle, von wo sie mit Schreiben vom ... Juli 2016 wieder zurückgesandt wurde.

Mit Schreiben vom ... Juli 2016 bestellte sich sodann der Bevollmächtigte des Antragstellers und teilte mit, es sei zu Differenzen seines Mandanten mit der Begutachtungsstelle gekommen. Da sich Forderungen nach einer Nachbesserung gegenüber Begutachtungsstellen regelmäßig als nutzlos erweisen, werde um die Beauftragung einer anderen Begutachtungsstelle gebeten. Außerdem solle die Begutachtung auf Fahrzeuge der Gruppe II beschränkt werden, da sein Mandant Fahrzeuge der Gruppe I nicht mehr führen wolle. Dieses Ansinnen wies die Behörde mit Schreiben vom ... August 2016 zurück, hörte zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage des geforderten Gutachtens an und gab dem Antragsteller letztmals Gelegenheit, einen kostenpflichtigen Bescheid über die Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch Verzicht hierauf abzuwenden.

Hierzu trug der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom ... August 2016, der am selben Tag bei der Behörde einging, für diesen umfangreich dazu vor, was er bzw. dessen Ehefrau unternommen habe, um die Fahreignungszweifel auszuräumen, warum man das Fahreignungsgutachten, das ein negatives Ergebnis habe, nicht vorlegen sondern eine erneute Begutachtung durchführen wolle und weshalb es zu Verzögerungen bei der Behandlung der Angelegenheit gekommen sei. Außerdem wird angegeben, der Mandant wolle keine Fahrzeuge der Klasse A mehr führen.

Daraufhin entzog die Behörde dem Antragsteller mit Bescheid vom 1. September 2016 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 4 des Bescheids) die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nr. 1), gab ihm auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche ab Zustellung des Bescheids bei der Behörde abzuliefern (Nr.2) und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des Führerscheins ein Zwangsgeld in Höhe von a... Euro an (Nr.3). Nr. 5 des Bescheids enthält die Kostenentscheidung. Der insbesondere auf § 11 Abs. 8 FeV gestützte Bescheid ist mit der Nichtvorlage des Gutachtens begründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich, weil der Antragsteller die wegen seiner Diabetes-Erkrankung an seiner Fahreignung bestehenden Zweifel nicht mittels Vorlage des geforderten Gutachtens ausgeräumt habe. Weil eine solche Erkrankung zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, etwa infolge Bewusstseinsverlusts, führen könnten, müsse die weitere Verkehrsteilnahme des Antragstellers sofort unterbunden werden. Dieser hat seinen Führerschein am ... September 2016 abgeliefert.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens legte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers als Anlage zu Antragsschrift vom ... Oktober 2016 u. a. das Gutachten der ... GmbH vom ... Juli 2016 vor, das mit einem insgesamt negativen Ergebnis endet, jedoch feststellt, es liege ein mit Insulin behandelter, stabil eingestellter Diabetes mellitus vor. Daneben wird u. a. festgestellt, es lägen krankheitsbedingte Komplikationen wie Nephropathia-Diabetika und zerebrale Angiopathie vor. Eine Retinopathia Diabetika, eine kardiale Angiopathie und eine periphere Neuropathie könne nicht bewertet werden, da die erforderlichen Befunde nicht vorgelegt worden seien. Außerdem sei der Antragsteller nicht ausreichend mit sämtlichen Vorsorgemaßnahmen, die ein autofahrender Diabetiker beachten müsse, vertraut. Er sei wegen einer Erkrankung (Diabetes mellitus), die nach Anlage 4 Nr. 5 der FeV die Fahreignung in Frage stelle, nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe I und II gerecht zu werden.

Gegen den am ... September 2016 zugestellten Bescheid ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten durch Schriftsatz vom ... Oktober 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, unter Wiederholung seines Vorbringens im Verwaltungsverfahren Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben (Az. M 6 K 16.4525) mit dem Antrag, den Bescheid vom 1. September 2016 aufzuheben und außerdem

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid anzuordnen.

Der Antragsgegner legte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2016, eingegangen am 24. Oktober 2016, seine Akte vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Am 16. Januar 2017 führte der Berichterstatter einen Erörterungstermin durch, wobei beide Parteien erschienen waren, sich der Antragsgegner jedoch einer einvernehmlichen Lösung des Rechtsstreits verweigerte.

Durch Beschluss vom 17. Januar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen (§ 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich derjenigen im Verfahren M 6 K 16.4525 sowie die Niederschrift über den Erörterungstermin am 16. Januar 2017 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO analog).

II.

Der Antrag ist unzulässig, soweit er sich gegen die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) im Bescheid vom 1. September 2016 richtet. Im Übrigen ist er zulässig und begründet. Bei der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung erweist sich der Bescheid insbesondere bezüglich der Entziehung der Fahrerlaubnis als rechtswidrig, so dass die hiergegen gerichtete Klage Erfolg haben wird. In einem solchen Fall besteht kein öffentliches Interesse an der Beibehaltung des Sofortvollzugs.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids bereits unzulässig. Denn der Antragsteller hat seinen Führerschein bereits vor Klageerhebung abgegeben. Damit ist die Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids erfüllt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsgegner das Zwangsgeld entgegen der Vorschrift des Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG gleichwohl noch beitreiben wird. Daher fehlt es dem Antragsteller für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich Nr. 3 des Bescheids am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.

2. Im Übrigen ist der Antrag zulässig und begründet. Insbesondere die Entziehung der Fahrerlaubnis in Nr. 1 des Bescheids vom 1. September 2016 ist rechtswidrig, da sie entgegen der Auffassung des Antragsgegners in § 11 Abs. 8 FeV vorliegend keine Rechtsgrundlage findet. Die Voraussetzung einer rechtmäßigen Gutachtensanordnung gegenüber dem Antragsteller ist aus mehreren, selbsttragend nebeneinander stehenden Gründen nicht erfüllt, so dass die Behörde aus der Nichtvorlage des somit zu Unrecht geforderten Gutachtens nicht auf die mangelnde Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen durfte.

2.1 Die Gutachtensanordnung vom ... Januar 2016 ist bereits deshalb rechtswidrig, weil sie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Der Behörde war zu diesem Zeitpunkt lediglich bekannt, dass der Antragsteller an Diabetes mellitus erkrankt ist, was er offensichtlich dem untersuchenden Arzt am ... Dezember 2016 selbst offenbart hat. Dies für sich genommen ist jedoch keinesfalls eine Information, die eine Fahrerlaubnisbehörde dazu berechtigt, sogleich ein ärztliches Gutachten einer anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung anzuordnen. Das ergibt sich eindeutig aus den unterschiedlichen Konsequenzen, welche in Nr. 5 der Anlage 4 zur FeV hinsichtlich der Fahreignung aus den verschiedenen Formen und Intensitäten der Diabeteserkrankung gezogen werden, wobei diese auch noch unterschiedlich ausfallen je nachdem, ob es um Fahrzeuge der Gruppe I oder der Gruppe II geht. So ist etwa nach Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe I uneingeschränkt gegeben, wenn eine ausgeglichene Stoffwechsellage unter der Therapie mit Diät oder oralen Antidiabetika mit niedrigem Hypoglykämierisiko vorliegt; auch für Kraftfahrzeuge der Gruppe II besteht in diesem Fall Fahreignung, wenn eine stabile Stoffwechselführung besteht und in den letzten 3 Monaten keine Hypoglykämie aufgetreten ist. Ob ein solcher Fall vorliegt, kann und muss die Behörde zunächst durch die Aufforderung zur Vorlage geeigneter Bescheinigungen des den Diabetes behandelnden Arztes abklären. Werden solche vorgelegt und geht aus ihnen hervor, dass ein Fall der Nr. 5.4 der Anlage 4 zur FeV gegeben ist, so darf die Behörde hinsichtlich Kraftfahrzeugen der Gruppe I keinerlei weitere Maßnahmen ergreifen, ohne dass ihr weitere Tatsachen hierzu Anlass geben. Wird eine stabile Stoffwechsellage sowie keine Hypoglykämie in den vergangenen 3 Monaten bescheinigt, wonach der Betroffene seitens der Behörde ausdrücklich zu fragen ist, sind in Fällen, in denen es auch um Kraftfahrzeuge der Gruppe II geht, ebenfalls keine weiteren Maßnahmen mehr veranlasst, sofern nicht zusätzliche Tatsachen hierfür ausreichend Anlass geben.

Dieses Vorgehen der Behörde ist unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit schon deshalb geboten, weil es den Betroffenen weniger stark belastet als ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle, indem es weniger (oder sogar nichts) kostet und weniger stark in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen eingreift. Zugleich ist es aber auch ein geeignetes Mittel, um abzuklären, ob weitergehende Maßnahmen veranlasst sind, weil ein anderer als ein Fall der Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegt.

Im vorliegenden Fall hat die Behörde nicht einmal versucht, durch weniger einschneidende Maßnahmen erst einmal zu klären, welche Art einer Diabeteserkrankung beim Antragsteller vorliegt, wie sie behandelt wird und mit welchem Ergebnis. Sie hat noch nicht einmal in Erwägung gezogen, dass ein Fall der Nr. 5.3 der Anlage 4 zur FeV vorliegen könnte. Das Vorgehen der Behörde war also weder verhältnismäßig noch erforderlich, zumal sie nicht zwischen Maßnahmen in Bezug auf Fahrzeuge der Gruppen I und II unterschieden hat.

Bei einer als „Volkskrankheit“ bezeichneten Erkrankung wie Diabetes mellitus Typ 2 kann es offensichtlich nicht richtig sein, jedermann ohne Kenntnis von weiteren konkreten Umständen des Falles seitens der Fahrererlaubnisbehörden mit einem ärztlichen Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zu überziehen. Schätzungen zufolge gibt es in Deutschland aktuell mehr als sechs Millionen behandelte und noch einmal so viele unerkannte und damit unbehandelte Diabeteserkrankungen (Angaben des Deutschen Diabetes-Zentrums, Newsletter vom 19. Januar 2017, http://www.diabetes-heute.uni-duesseldorf.de/fachthemen/entstehungausbreitungverbreitung/index.html?TextID=3836). Bei diesem Personenkreis müssen zunächst die Umstände des jeweiligen Falles mit den mildesten Mitteln so weit wie möglich abgeklärt und sodann auf Basis der so gewonnenen Erkenntnisse unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens entschieden werden, ob und ggf. welche Fragen einer Beantwortung durch ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung zugeführt werden sollen. Das ist vorliegend unterblieben, was allein für sich schon zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensanordnung, damit zur Rechtswidrigkeit des auf ihr beruhenden Bescheids vom 1. September 2016 und letztlich zum (überwiegenden) Erfolg des vorliegenden Antrags führt.

2.2 Unabhängig hiervon - und insoweit selbsttragend - hat der vorliegende Antrag allein schon deshalb Erfolg, weil die Gutachtensfragen jedenfalls teilweise rechtswidrig sind, so dass die Gutachtensanordnung insgesamt als rechtswidrig anzusehen ist. Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Gutachtensanordnung insgesamt als rechtswidrig anzusehen ist, wenn sie aus mehreren Fragen besteht, von denen zumindest eine unzulässig ist; denn es kann dem Betroffenen nicht zugemutet werden, selbst herauszufinden, welchem Teil einer Gutachtensanordnung er Folge leisten muss (st. Rspr. etwa VG München B. v. 13.9.2013, M 6b S 13.2756 m. w. N.).

Vorliegend ist bereits die Frage 1 unzulässig, weil diese mittels Vorlage einfacher Atteste des den Diabetes behandelnden Arztes (so der Diabetes überhaupt behandlungsbedürftig ist) hätte beantwortet werden können. Dasselbe gilt für die Fragen 2-4. Gerade der behandelnde Arzt müsste neben Angaben zu Art und Intensität des Diabetes, seiner Behandlung und der Stoffwechsellage auch Auskunft über die Gefahr von Unter- oder Überzuckerung und den Stand der Einstellung des Diabetes sowie dazu geben können, ob solche Stoffwechselprobleme innerhalb der vergangenen 3 Monate aufgetreten sind (relevant für Kraftfahrzeuge der Gruppe II). Jedenfalls teilweise müsste der behandelnde Arzt auch die Fragen 5 und 6 beantworten können, etwa weil er den Patienten mit den Möglichkeiten und Vorkehrungen zur Erkennung einer Unterzuckerung und den Vorsichtsmaßnahmen für diabeteserkrankte Autofahrer bekannt und vertraut gemacht hat. Fraglich ist hier, warum Motorad- oder LKW-Fahrer nach Ansicht der Behörde mit diesen Maßnahmen nicht vertraut sein müssen (sie kommen in Frage 6 nicht vor). Schließlich lassen sich diese Fragen ggf. auch anhand des Diabetikerpasses und des Zuckertagebuchs beantworten.

Erst nach Abklärung dieser Fragen im Vorfeld hätte geprüft und entschieden werden können und müssen, was von den nachfolgenden Fragen 7 und 8 noch Gegenstand einer Begutachtung sein soll bzw. muss. Schließlich ist es unzulässig, wenn die Behörde, die lediglich von der Existenz einer Diabetes-Erkrankung weiß, nach möglichen Folgeerkrankungen „forscht“, ohne für deren Vorliegen irgendeinen konkreten Anhaltspunkt zu haben. Unzulässig war vorliegend auch die Frage nach einer Retinopathia diabetica, weil der Antragsteller eine Bescheinigung über eine Augenuntersuchung vom ... Dezember 2015 vorgelegt hat, die ihm voll ausreichendes Sehvermögen bestätigt, so dass keinerlei Anlass für die Frage nach dieser Folgeerkrankung bestand.

2.3 Da die Gutachtensanordnung sich somit als insgesamt rechtlich nicht haltbar erweist, konnte die Behörde aufgrund der Nichtvorlage des zu Unrecht geforderten Gutachtens nicht gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf die fehlende Eignung des Antragstellers schließen und durfte ihm die Fahrerlaubnis nicht entziehen. Dem Antrag war daher, soweit er zulässig ist, statt zu geben.

2.4 Der Bescheid ist aus einem weiteren (selbsttragenden) Grund rechtswidrig, der für sich allein ebenfalls dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren nach sich ziehen wird und daher zum Erfolg des vorliegenden Antrags führt. Zutreffend geht die Behörde davon aus, dass die Gutachtensanordnung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV in ihrem Ermessen stand. Zu den Interessen des Antragstellers finden sich in der Gutachtensanordnung auf deren Seite 2 Ausführungen. Diese sind so gehalten, dass sie in jeder beliebigen Gutachtensanordnung verwendet werden könnten. Ein Bezug zum vorliegenden Fall und den Interessen des Antragstellers, die eventuell gegen den Erlass der Gutachtensanordnung sprechen könnten, ist nicht erkennbar. Das erklärt sich mit der unterbliebenen Anhörung des Antragstellers vor Erlass der Gutachtensanordnung. Die Behörde hatte also keinerlei Kenntnis von den Interessen und der Situation des Antragstellers, weshalb sie dessen Belange auch nicht in ihre Ermessensentscheidung hat einbeziehen können. Folglich leidet diese Ermessensentscheidung an einem schweren Mangel, der zu ihrer Fehlerhaftigkeit und damit zur Rechtswidrigkeit der Ermessensentscheidung (Gutachtensanordnung) insgesamt führt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dabei ist das Unterliegen des Antragstellers hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung gegenüber der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Pflicht zur Abgabe des Führerscheins unabhängig vom Streitwert und der Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen als derart gering anzusehen, dass es gegenüber dem Obsiegen des Antragstellers nicht nennenswert ins Gewicht fällt, so dass der Antragsgegner die Kosten insgesamt zu tragen hat, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass dem Antragsteller zur Meidung des Zwangsgeldes nichts anderes übrig blieb, als seinen Führerschein abzuliefern.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - i. V. m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.