Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Apr. 2018 - M 3 K 17.1212

bei uns veröffentlicht am24.04.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 3. März 2017 verpflichtet, dem Kläger hinsichtlich der zweiten Wiederholungsprüfungen „Globalization in Retail (schriftliche Prüfung)“ und „Elective Foreign Language II – Spanisch II (mündliche Prüfung)“ im Bachelorstudiengang International Retail Management jeweils den Rücktritt zu genehmigen und eine Nachfrist zur Ablegung zu gewähren.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger studierte seit dem Wintersemester 2012/2013 im Bachelorstudiengang International Retail Management an der Beklagten und wendet sich gegen die Ablehnung seiner Rücktrittsgesuche von den zweiten Wiederholungsprüfungen in den Modulen „Elective Foreign Language II - Spanisch II - mündliche Prüfung“ (im Folgenden: Spanisch II) und „Globalization in Retail - schriftliche Prüfung“ (im Folgenden: Globalization).

Die erste Wiederholungsprüfung des Moduls Spanisch II hat der Kläger bis zum Ende des Wintersemesters 2014/2015 nicht abgelegt. Ebenso hat er die zweite Wiederholungsprüfung dieses Moduls bis zum Ende des Wintersemesters 2015/2016 nicht abgelegt. Der Kläger beantragte mit Formular vom 25. Januar 2016, eingegangen am 1. Februar 2016 den Rücktritt und die Nachfristsetzung für die zweite Wiederholungsprüfung in Spanisch II und stützte dies auf seine Prüfungsunfähigkeit am Tag der Prüfung, dem 25. Januar 2016. Beigelegt wurde das durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. K... ausgefüllte Formblatt der Beklagten zur Prüfungsunfähigkeit und dessen ärztliches Attest vom 25. Januar 2016, demzufolge der Kläger an der Prüfung aufgrund starker Kopfschmerzen mit Übelkeit nicht habe teilnehmen können. Die Beklagte genehmigte mit Bescheid vom 4. März 2016 den Rücktritt von der zweiten Wiederholungsprüfung und gewährte eine Nachfrist bis zum Prüfungstermin im Sommersemester 2016.

Nachdem die zweite Wiederholungsprüfung des Moduls Spanisch II auch nicht innerhalb der gesetzten Nachfrist abgelegt wurde, beantragte der Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 2016, eingegangen am 27. Juli 2016, erneut Rücktritt und Nachfrist. Die Prüfungsunfähigkeit am Tag der Prüfung, dem 20. Juli 2016, belegt der Kläger mit dem ärztlichen Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. I... vom 20. Juli 2016, demzufolge der Kläger an der Prüfung am 20. Juli 2016 aufgrund Migräne mit Aura und psychovegetativen Begleiterscheinungen und Blutdruckentgleisung nicht habe teilnehmen können. Laut dem in der Akte enthaltenen Bescheidsentwurf gab die Beklagte diesem Antrag mit Bescheid vom 31. August 2016 abermals statt und gewährte eine Nachfrist bis zum Ende des Wintersemesters 2016/2017.

Gleichzeitig wurde in diesem Bescheid der Antrag des Klägers auf Rücktritt von der zweiten Wiederholungsprüfung und Nachfrist in dem Modul Globalization genehmigt, an dessen Prüfung der Kläger nicht teilgenommen hatte. Der diesbezügliche Antrag des Klägers auf Rücktritt von der zweiten Wiederholungsprüfung in dem Modul Globalization vom 11. Juli 2016, eingegangen bei der Beklagten am 14. Juli 2016, wurde auf das ärztliche Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. I... vom 11. Juli 2016 gestützt, demzufolge der Kläger an der Prüfung am 11. Juli 2016 aufgrund akuter Gastroenteritis (= Infektion mit Magen-Darm-Virus) nicht habe teilnehmen können.

Der Bescheid vom 31. August 2016 enthielt unter dem Bescheidstenor Nummer 3 die Aufforderung an den Kläger, im Falle eines erneuten Antrags auf Rücktritt und Nachfrist, ein Attest der Prüfungsunfähigkeit des Gesundheitsamts der Stadt Ingolstadt vorzulegen.

Der Kläger legte seine zweite Wiederholungsprüfung weder in dem Modul Spanisch II noch in dem Modul Globalization in der jeweils bis zum Ende des Wintersemesters 2016/2017 gewährten Nachfrist ab. Daher stellte er erneut für beide Module Anträge auf Rücktritt und Nachfrist von der jeweils zweiten Wiederholungsprüfung. Dem Rücktrittsantrag für Globalization vom 21. Januar 2017, eingegangen am 30. Januar 2017, legte er das von Dr. I... ausgefüllte Attestformular vom 20. Januar 2017 bei, demzufolge der Kläger am Prüfungstag, dem 21. Januar 2017, aufgrund einer akuten Gastroenteritis prüfungsunfähig gewesen sei. Dem Rücktrittsantrag für Spanisch II vom 27. Januar 2017, eingegangen am 2. Februar 2017, legte er das von den Allgemeinmedizinern Dr. K... Dr. W... ausgefüllte Attestformular vom 27. Januar 2017 bei, demzufolge der Kläger am Prüfungstag, dem 27. Januar 2017, aufgrund starker Kopfschmerzen mit Sehstörungen bei bekannter Migräne mit Aura und einer eingeschränkten Konzentrations- und Lesefähigkeit prüfungsunfähig gewesen sei.

Nachdem die Beklagte dem Kläger mittels E-Mail vom 8. Februar 2017 mitteilte, dass er aufgrund der im Bescheid vom 31. August 2016 getroffenen Verfügung für jeden Antrag auf Rücktritt und Nachfrist ein amtsärztliches Attest einzureichen habe, teilte der Kläger mit E-Mail vom 8. Februar 2017 mit, dass das Gesundheitsamt nachträglich kein Attest habe ausstellen und auch seine Atteste vom 20. und 27. Januar 2017 nicht habe bestätigen können. Ein Bescheid vom 31. August 2016 sei ihm nicht bewusst gewesen, sonst hätte er natürlich einen Amtsarzt aufgesucht.

Die vorgenannten Anträge auf Rücktritt und Nachfrist für die jeweils zweiten Wiederholungsprüfungen lehnte die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 3. März 2017 ab. Sowohl das Attest vom 20. Januar 2017 von Dr. I... bezüglich der Globalizationprüfung am 21. Januar 2017 als auch das Attest vom 27. Januar 2017 der Arztgemeinschaft Dr. K...W... bezüglich der Spanischprüfung am 27. Januar 2017, entsprächen nicht der mit Bescheid vom 31. August 2016 angeordneten Pflicht, eine Prüfungsunfähigkeit durch ein Attest eines Gesundheitsamts zu belegen. Das Vorliegen eines vom Kläger nicht zu vertretenden Grundes sei daher nicht glaubhaft gemacht worden (§ 9 Abs. 3 Sätze 3 und 4 RaPO).

Am 22. März 2017 erhob der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom 3. März 2017 und beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheids vom 3.3.2017 zu verpflichten, dem Kläger hinsichtlich der zweiten Wiederholungsprüfungen „Globalization in Retail (schriftliche Prüfung)“ und „Elective Foreign Language II – Spanisch II (mündliche Prüfung)“ im Bachelorstudiengang International Retail Management jeweils den Rücktritt zu genehmigen und eine Nachfrist zur Ablegung zu gewähren.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Rücktritte und Nachfristen hinsichtlich der Prüfungen Globalization und Spanisch II habe und der ablehnende Bescheid vom 3. März 2017 daher rechtswidrig sei. Der Kläger habe im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Antragstellung nichts davon gewusst, dass ihm eine amtsärztliche Attestpflicht auferlegt worden sei. Den Bescheid vom 31. August 2016, in welchem diese Regelung unter Nummer 3. enthalten gewesen sei, habe der Kläger nicht erhalten. Der Bescheid sei entweder gar nicht in den Postauslauf gelangt oder aber auf dem Postweg verloren gegangen. Die bewilligten Fristverlängerungen habe der Kläger im Notenblatt beziehungsweise im ...Portal einsehen können, sodass er keinen Anlass gehabt habe, bei der Beklagten hinsichtlich der damals beantragten Rücktritte und Nachfristgewährungen nachzuforschen. Ihn habe insoweit keine Obliegenheit getroffen. Vielmehr sei es Sache der Beklagten gewesen, selbst dafür Sorge zu tragen, dass eine wirksame Zustellung des Bescheids vom 31. August 2016 beziehungsweise Bekanntgabe des dort enthaltenen Verwaltungsakts zur Auferlegung der amtsärztlichen Attestpflicht stattfände. Es fehle daher hinsichtlich der Anordnung der amtsärztlichen Attestpflicht an einer wirksamen Bekanntgabe im Sinne von Art. 41 BayVwVfG. Gemäß Art. 41 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 BayVwVfG habe im Zweifel die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Entgegen der in dem Aktenvermerk auf Blatt 98 der Behördenakte dokumentierten Ansicht der Beklagten genüge hier einfaches Bestreiten des Zugangs durch den Kläger. Das von der Beklagten geforderte qualifizierte Bestreiten könne nach wohl herrschender Rechtsprechung jedenfalls dann nicht verlangt werden, wenn die Behörde den Zeitpunkt der Aufgabe des Bescheids zur Post nicht in ihren Akten vermerkt habe (VGH Baden-Württemberg, B.v. 29.4.1991, Az. 4 S 1601/89, juris, Rn. 5 f.; VG Hamburg, U.v. 30.11.2000, Az. 4 VG 2857/2000, juris, Rn. 19; VG Bremen, U.v. 17.10.1995, Az. 2 A 95/94, juris, Rn. 33f; VG München, U.v. 9.6.2015, Az. M 2 K 13.5122, juris, Rn. 40). Vorliegend befände sich in der Behördenakte der Beklagten lediglich ein Entwurf des Bescheids vom 31.8.2016 (Bl. 78 BdA). Es fände sich dort indes keinerlei Vermerk bezüglich der Aufgabe zur Post und zu deren Zeitpunkt. Daher gehe es vorliegend auch gar nicht um den Zeitpunkt des Zugangs, sondern darum, dass anscheinend überhaupt keine Aufgabe zur Post und demgemäß kein Zugang beim Kläger erfolgt sei. Es sei Sache der Behörde, belastende Verwaltungsakte – wie die Anordnung einer amtsärztlichen Attestpflicht – förmlich zuzustellen, um deren Zugang nachweisen zu können.

Im Übrigen hätten die streitgegenständlichen Rücktritts- und Nachfristenanträge den Vorgaben der Allgemeinen Prüfungsordnung der TH... genügt. Nach § 15 Abs. 5 Satz 2 APO THI seien Anträge auf Fristverlängerung im Falle einer Prüfungsunfähigkeit wegen Krankheit zusammen mit einem ärztlichen Zeugnis spätestens eine Woche nach dem versäumten Prüfungstag zu stellen. Diese Wochenfrist sei keine Ausschlusspflicht. Sie sei nicht als solche bezeichnet und es komme bei unverschuldeter Säumnis Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht. Folglich würden die Fristenbestimmungen nach Art. 31 BayVwVfG gelten. Bezüglich beider Prüfungen habe der Kläger die Wochenfrist eingehalten.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 5. Juli 2017,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger behaupte unsubstantiiert, dass ihm die Pflicht zur Vorlage eines amtsärztlichen Attestes nicht bekannt gewesen sei, weil er den Bescheid vom 31. August 2016 nicht bekommen habe. Es sei richtig, dass im streitgegenständlichen Bescheid die Dokumentation der Postaufgabe fehle. Dies liege daran, dass Entscheidungen über Anträge auf Rücktritt und Nachfrist Teil des regulären Prüfungsvollzugs seien und die Postaufgabe aus organisatorischen Gründen gesammelt vorgenommen und dokumentiert würde. Dies sei möglich, da der Prüfungsvollzug einem vorab festgelegten Ablauf folge. Die Dokumentation der Aufgabe der Bescheide zur Post erfolge für jeden Studiengang in einem Dokument. Zum Beweis werde eine Übersicht des Prüfungsvollzugs des Sommersemesters 2016 und eine Übersicht über die Anträge auf Rücktritt und Nachfrist im Sommersemester 2016 im Studiengang International Retail Management vorgelegt. Ob nun die Aufgabe zur Post auf der Entwurfsfassung eines Bescheids dokumentiert sei, oder die Dokumentation aus organisatorischen Gründen separat verlaufe, könne im Ergebnis keinen Unterschied machen.

Unabhängig davon, habe der Kläger durch die erneute Stellung von Rücktritts – und Nachfristanträgen für die Klausurtermine im Wintersemester 2016/2017 gezeigt, dass er offenbar über die gewährte Fristverlängerung - ebenfalls Teil des Bescheids vom 31. August 2016 - informiert gewesen sei. Denn entsprechende Fristverlängerungen erfolgten ausschließlich per Bescheid. Es sei insofern nicht nachzuvollziehen, dass der Kläger einen Teil des Bescheids nicht bekommen haben solle, einen anderen Teil hingegen schon. Der Kläger habe zu keinem Zeitpunkt eine Rückfrage zu seinem Antrag gestellt, der schließlich aus seiner Sicht, wenn er ihm nicht zugegangen sein sollte, unbearbeitet gewesen sein müsste. Das Bestreiten des Zugangs stelle daher eine reine Schutzbehauptung dar. Im Übrigen müsse dem Kläger das Verfahren der Antragsstellung und Benachrichtigung per Bescheid bekannt gewesen sein, schließlich habe er bereits mehrfach Anträge auf Rücktritt und Nachfrist gestellt. Dem Kläger sei folglich die Amtsarztpflicht bekannt gewesen, so dass die Rücktrittsgesuche vom 21. und 27. Januar 2017 abzulehnen gewesen seien.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte, wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2018 auf die Niederschrift hierüber verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Ablehnungsbescheid des Antrags auf Rücktritt und Nachfrist für die zweiten Wiederholungsprüfungen in den Modulen Globalization und Spanisch II der Beklagten vom 3. März 2017 war rechtswidrig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Ablehnung der Rücktrittsanträge mit der Begründung, der Kläger hätte seine Prüfungsunfähigkeit nur mit Attesten des Gesundheitsamts belegen können, ist mangels nachgewiesener Bekanntgabe der Verfügung über die amtsärztliche Attestverpflichtung rechtswidrig. Da die Prüfungsunfähigkeit im Übrigen durch die vorgelegten Atteste des Klägers vom 20. und 27. Januar fristgerecht dargelegt wurde, hat der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Genehmigung seiner Anträge auf Rücktritt und Nachfrist vom 21. und 27. Januar 2017 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Genehmigung des Rücktritts und der Festsetzung einer Nachfrist bezüglich der zweiten Wiederholungsprüfungen in den Modulen Spanisch II und Globalization ist § 8 Abs. 4 Satz 1 Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen (RaPO) vom 17. Oktober 2001 (GVBl S. 686, BayRS 2210-4-1-4-1-K), die zuletzt durch Verordnung vom 6. August 2010 (GVBl. S. 688) geändert worden ist, i.V.m § 15 Abs. 5 Satz 1 Allgemeine Prüfungsordnung der Technischen Hochschule... (APO TH...).

Hiernach können auf Antrag Fristen zur Ablegung von Prüfungen angemessen verlängert werden, wenn sie wegen Schwangerschaft, Erziehung eines Kindes, Krankheit oder anderer nicht zu vertretender Gründe nicht eingehalten werden können. Die Verpflichtung zur Vorlage eines amtsärztlichen Attestes konnte für die streitgegenständlichen Anträge auf Rücktritt und Nachfrist keine Wirkung entfalten (nachfolgend unter 1.). Die übrigen Erfordernisse zur Genehmigung der Anträge lagen vor (nachfolgend unter 2.)

1. Der von der Beklagten im Ablehnungsbescheid vom 3. März 2017 ausschließlich angeführte Einwand, der Kläger sei seiner Pflicht nicht nachgekommen, seine Prüfungsunfähigkeit durch ein Attest des Gesundheitsamts nachzuweisen, kann die Ablehnung der streitgegenständlichen Anträge des Klägers nicht begründen, da von einem wirksamen Zugang der Verpflichtung zur amtsärztlichen Attestvorlage beim Kläger nicht ausgegangen werden kann.

Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 6 RaPO i.V.m. § 15 Abs. 5 Satz 6 APO THI kann das Prüfungsamt der Hochschule in begründeten Zweifelsfällen, zusätzlich zu den Anforderungen an die Darlegung der Prüfungsunfähigkeit, ein Zeugnis des Gesundheitsamtes verlangen. Unter Bescheidsziffer 3. des Bescheids vom 31. August 2016 verfügte die Beklagte gegenüber dem Kläger, „bei einem erneuten Antrag auf Rücktritt bzw. Nachfrist ein Attest der Prüfungsunfähigkeit des Gesundheitsamtes der ... vorzulegen.“ Im Raum steht vorliegend nicht die Zulässigkeit dieser Auflage, sondern der fehlende Nachweis des Zugangs dieser Auflage beim Kläger.

Vorliegend greift der Fall des Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG ein, wonach die grundsätzlich anzunehmende Bekanntgabefiktion des Bescheids vom 31. August 2016 nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG, aufgrund des vom Kläger bestritten Zugangs und des fehlenden Nachweises des Zugangs des Bescheids durch die Beklagte, nicht gilt.

Gemäß Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Aufgabe zur Post des Bescheids vom 31. August 2016 konnte die Beklagte belegen. Sie ist nicht auf dem Entwurf des Bescheids vom 31. August 2016 vermerkt, sondern in einem eigenen Dokument, das sämtliche Ausgänge des Studiengangs International Retail Management des jeweiligen Semesters zeigt. Dieses Vorgehen begründet die Beklagte damit, dass Entscheidungen über Anträge auf Rücktritt und Nachfrist Teil des regulären Prüfungsvollzuges seien und die Postaufgabe aus organisatorischen Gründen gesammelt vorgenommen werde; der Prüfungsvollzug mit seinem vorab festgelegten Ablauf ermögliche dies. Auf der vorgelegten Übersicht über die Anträge auf Rücktritt und Nachfrist im Sommersemester 2016 im Studiengang International Retail Management findet sich der handschriftliche Vermerk, dass die im Dokument aufgelisteten Bescheide, unter denen sich auch der Bescheid mit der Auflage zur amtsärztlichen Attestpflicht befindet, gesammelt am 31. August 2016 erstellt und zur Post gegeben worden sind. Die Dokumentation der Postaufgabe von Verwaltungsakten ist nicht gesetzlich festgeschrieben, sodass auch die gegenständlich gewählte Form eines gesammelten Ausgangs verschiedener Verwaltungsakte, geeignet ist die Aufgabe zur Post zu belegen. Grundsätzlich gilt damit der besagte Bescheid als bekannt gegeben.

Die Bekanntgabefiktion des Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gilt jedoch gemäß Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Vorliegend bestehen Zweifel am Zugang und ein Zugangsnachweis konnte durch die Beklagte nicht geführt werden.

Der Kläger bestreitet, den Bescheid vom 31. August 2016 jemals erhalten zu haben und daher auch keine Kenntnis von einer amtsärztlichen Attestpflicht gehabt zu haben. Die Beklagte trägt wiederum vor, von einem gewöhnlichen Postlauf ausgehend, sei nicht ersichtlich, weshalb ein Zugang nicht erfolgt sein sollte. Dieser Vortrag allein kann die Zweifel am Zugang jedoch nicht ausräumen. Zwar kann eine Behörde ihrer Beweispflicht hinsichtlich des Zugangs eines Bescheides auch nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins genügen, wenn sie Tatsachen vorträgt, aus denen nach allgemeiner Lebenserfahrung geschlossen werden könne, dass der Empfänger den Bescheid tatsächlich erhalten haben muss (OVG Greifswald, B.v. 19.5.16 – 2 M 31/16 - BeckRS 2016, 52699 Rn. 9). Derlei Tatsachen wurde hier jedoch nicht vorgetragen. So hat der Kläger beispielsweise nicht innerhalb der Nachfrist eine Nachfrage zu dem Gesundheitsamt beim Prüfungsamt der Beklagten gestellt, aus der nach allgemeiner Lebenserfahrung geschlossen werden könnte, dass der Kläger den Bescheid mit der amtsärztlichen Attestpflicht erhalten haben musste.

Die Beklagte trägt hier dagegen vor, dass der Bescheid vom 31. August 2016 nicht nur die unter dem dritten Bescheidstenor verfügte amtsärztliche Attestpflicht, sondern auch die für den Kläger begünstigenden Verfügungen, unter Bescheidsziffer 1. die Genehmigung der Anträge auf Rücktritt und Nachfrist für beide Modulprüfungen sowie unter Bescheidsziffer 2. die Nachfristgewährung für die zweite Wiederholungsprüfung für jeweils beide Module bis zum Prüfungstermin im Wintersemester 2016/2017, regelte; der Kläger dürfte somit aufgrund seines Bestreitens des Zugangs, auch nichts von der Gewährung des Rücktritts und der um ein weiteres Semester verlängerten Nachfrist gewusst haben. Allein aus der Tatsache, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Rückfrage zu seinem Antrag gestellt hatte, könne geschlossen werden, dass ihm der Bescheid wohl zugegangen sein müsse. Dieser Annahme kann das Gericht nicht folgen. Der Kläger trägt nachvollziehbar vor, dass er bereits über die Kennzeichnung seiner Prüfungen im Online-Portal der Beklagten für ihre Studierenden erkennen konnte, dass die zweiten Wiederholungsprüfungen in den streitgegenständlichen Modulen nicht als „nicht bestanden“ gewertet wurden. So bestätigt auch die Beklagte, dass aus dem Online-Portal der aktuelle Status einer Prüfung erkennbar sei. Dies entspricht auch der Regelung in § 8 Abs. 4 Satz 2 APO THI, wonach die Notenbekanntgabe nach Feststellung der Noten durch elektronischen Aushang im Studierenden-Portal... erfolge.

Auch der Vortrag, dem Kläger müsse das Verfahren der Antragstellung und Benachrichtigung per Bescheid bekannt gewesen sein, da er schließlich bereits mehrfach Anträge auf Rücktritt und Nachfrist gestellt habe, führt nicht zu einem Nachweis des Zugangs des Verwaltungsakts. Denn auch bei den vorangegangenen Rücktritten, konnte der Kläger die Genehmigung aus dem Online-Portal der Beklagten ablesen. Aufgrund der entsprechenden Markierung im Studierenden-Portal ..., wäre somit für den Kläger, auch im Falle des fehlenden Zugangs des Bescheids vom 31. August 2016, nicht eine Rückfrage über die Entscheidung über den Rücktrittsantrag erforderlich gewesen. Ebenso wäre im Falle des fehlenden Zugangs des Bescheids vom 31. August 2016 auch eine Rückfrage zur gewährten Nachfrist nicht zwingend erforderlich gewesen. Für die streitgegenständlichen Prüfungen gab es im Semester der Antragstellung, dem Wintersemester 2016/2017, keine weiteren Prüfungstermine, sodass der nächste Termin zur Ablegung der zweiten Wiederholungsprüfungen frühestens im Sommersemester 2017 möglich gewesen war und somit die Nachfrist zumindest bis zu diesem Termin reichen musste.

Der Vortrag der Beklagten ist somit nicht geeignet, die Zweifel am Zugang des Verwaltungsakts vom 31. August 2016 auszuräumen, sodass es bei der Nachweisverpflichtung der Behörde bleibt, die die Beklagte im streitgegenständlichen Fall nicht führen kann. Im Falle belastender Verwaltungsakte, wie z.B. der Auferlegung einer Attestpflicht, könnte ein Nachweis des Zugangs beispielsweise mittels Postzustellungsurkunde erfolgen. Das von der Beklagten praktizierte Sammelverfahren hinsichtlich des Postauslaufs begünstigender Verwaltungsakte würde von diesen Fällen des Abtrennens belastender Teile der Verwaltungsakte nicht berührt. Es besteht auch keine Gefahr der Unzumutbarkeit der Beweislastverpflichtung der Beklagten für den Zugang belastender Verwaltungsakte, zumal sich laut Vortrag der Beklagten die Verpflichtung zur Vorlage amtsärztlicher Atteste auf wenige Fälle beschränke.

2. Die streitgegenständlichen Rücktritts- und Nachfristanträge des Klägers genügten im Übrigen den Vorgaben der RaPO und der APO TH.... § 8 Abs. 4 Satz 2 RaPO verweist hinsichtlich des Verfahrens der Fristverlängerung auf die Hochschulprüfungsordnung. Nach § 15 Abs. 5 Satz 2 APO TH... sind Anträge auf Fristverlängerung beim Prüfungsamt unverzüglich, im Falle einer Prüfungsunfähigkeit wegen Krankheit zusammen mit einem ärztlichen Zeugnis spätestens eine Woche nach dem versäumten Prüfungstag zu stellen.

Die Anträge auf Rücktritt und Nachfrist wurden bezüglich beider Prüfungen fristgerecht gestellt. Die Prüfung im Modul Globalization war am Samstag, den 21. Januar 2017. Die Frist lief daher nicht am Samstag, den 28. Januar 2017, ab, sondern gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG erst am nächsten Werktag, nämlich am Montag, den 30. Januar 2017. An diesem Tag ging der Antrag des Klägers ausweislich des Eingangsstempels bei der Beklagten ein. Die Wochenfrist für die am 27. Januar 2017 terminierte Prüfung Spanisch II lief am 3. Februar 2017 ab, sodass der am 2. Februar 2017 eingegangene Antrag des Klägers fristgerecht erfolgte.

Des Weiteren beruhen die vorgelegten ärztlichen Zeugnisse auch auf einer Untersuchung, die grundsätzlich am Tag der versäumten Prüfung erfolgt ist. Die GlobalizationPrüfung war am 21. Januar 2017, die ärztliche Untersuchung erfolgte bereits einen Tag zuvor, am 20. Januar 2017 und attestierte eine Prüfungsunfähigkeit vom 20. bis voraussichtlich 22. Januar 2017. Das Attest für die Spanisch IIPrüfung wurde am Tag der Prüfung, am 27. Januar 2017, ausgestellt.

Schließlich genügen die vorgelegten Atteste auch den Anforderungen an die Darlegung einer Prüfungsunfähigkeit, werden sie doch beide auf dem von der Beklagten vorbereiteten Formblatt niedergelegt, wonach der Arzt attestiert, dass aus seiner Sicht „eine erhebliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens (Schwankungen in der Tagesform, Prüfungsangst, Prüfungsstress u.ä. sind keine erheblichen Beeinträchtigungen)“ vorliegt und der Studierende „daher im angestrebten Zeitraum prüfungsunfähig“ ist.

Nachdem die Beklagte den vorhergehenden Anträgen des Klägers auf Rücktritt und Nachfrist während seiner Studienlaufbahn stets bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen stattgegeben hatte, ist davon auszugehen, dass sich das grundsätzlich durch § 8 Abs. 4 Satz 1 RaPO, § 15 Abs. 5 Satz 1 APO TH... bestehende Ermessen der Beklagten auf ein Maß reduziert hat, das allein eine Genehmigung der Anträge zulässt.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Aktenzeichen: M 2 K 13.5122

Im Namen des Volkes

Urteil

9. Juni 2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1040

Hauptpunkte: Straßenrecht (Abschleppen eines Baggers); unerlaubte Sondernutzung; „roter Punkt“; Verhältnismäßigkeit; Höhe der Auslagen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... - Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

... - Beklagte -

wegen Straßenrecht; Kostenbescheid

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 2. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... ohne weitere mündliche Verhandlung am 9. Juni 2015 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Kostenerhebung für das Abschleppen und Verwahren eines Baggers der Klägerin.

Nach Aktenlage brachte ein Polizeibeamter am 11. April 2013 an dem am Straßenrand der ... Straße auf Höhe des Anwesens Hausnummer 96 im Gebiet der Beklagten abgestellten Bagger der Klägerin einen sog. „roten Punkt“ an. In dem Text des Aufklebers wird der Verfügungsberechtigte des Fahrzeugs aufgefordert, dieses „sofort“ zu entfernen und nicht mehr auf öffentlichen Verkehrsflächen abzustellen. Werde das Fahrzeug nicht unverzüglich entfernt, so werde es auf Kosten des Verfügungsberechtigten abgeschleppt.

Ausweislich einer Aktennotiz der Beklagten telefonierte einer ihrer Bediensteten am 13. Mai 2013 mit dem Geschäftsführer der Klägerin und forderte ihn auf, die Arbeitsmaschine umgehend zu entfernen, anderenfalls werde dies die Beklagte veranlassen. Der Geschäftsführer der Klägerin habe in dem Gespräch jedoch die sofortige oder wenigstens zeitnahe Entfernung verweigert.

Am 14. Mai 2013 forderte die Beklagte die Klägerin per Telefax unter Darstellung der Rechtslage aus Sicht der Beklagten auf, die Arbeitsmaschine „unverzüglich, spätestens aber bis zum Mittwoch, den 15. Mai 2013 vom genannten Abstellort zu entfernen“. Werde diese Frist nicht eingehalten, würde die Ersatzvornahme auf Kosten der Klägerin durchgeführt werden. Auf dieses Schreiben antwortete die Klägerin per E-Mail am 17. Mai 2013: Als selbstfahrende Arbeitsmaschine könne der Bagger frei im öffentlichen Straßenraum bewegt werden. Die Baustelle in der ... Straße/...straße werde voraussichtlich im Juli 2013 abgeschlossen werden, ein Zwischentransport des Geräts sei aufgrund der hohen Umwelt-/Straßenbelastung nicht sinnvoll, bei zwei bis vier Wochen Transportvorlaufzeit je Richtung auch in keiner Weise realisierbar. Der Bagger werde nach Abschluss des Bauvorhabens umgehend zum nächsten Einsatzort transportiert. „Irgendwelche Plaketten“ auf dem Gerät seien der Klägerin nicht bekannt. Die Arbeitsmaschine verliere kein Öl, der Standplatz würde regelmäßig kontrolliert werden. Die Beklagte antwortete hierauf mit E-Mail vom 17. Mai 2013, dass sie sich gezwungen sehe, den Bagger im Zuge der Ersatzvornahme umgehend beseitigen zu lassen.

Am 17. Mai 2013 wurde der Bagger durch ein von der Beklagten beauftragtes Unternehmen abtransportiert und auf dem Gelände des Abschleppunternehmens verwahrt.

Mit Schreiben der Beklagten vom 24. Mai 2013 wurde die Klägerin wegen einer möglichen Ordnungswidrigkeit angehört und dabei darauf hingewiesen, dass die Angaben auch der Kostenentscheidung über die Beseitigung des Kfz zugrunde gelegt werden würden, eine gesonderte Anhörung dazu nicht mehr erfolge. Mit Schreiben vom gleichen Tag wurde die Klägerin aufgefordert, den abgeschleppten Bagger umgehend am Ort der Verwahrung abzuholen und sie über die Modalitäten der Abholung informiert.

Am 28. Mai 2013 berechnete die von der Beklagten mit dem Abschleppen des Baggers beauftragte Firma der Beklagten für den „Abtransport“ 2.500,00 € zuzüglich Umsatzsteuer.

Am 5. Juli 2013 legte der Bevollmächtigte der Klägerin bei der Beklagten Widerspruch gegen das Abschleppen des Baggers ein und forderte die Herausgabe des Baggers. Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 9. Juli 2013.

Am 17. Juli 2013 wurde der Bagger aufgrund einer Freigabebescheinigung vom 6. Juni 2013 von der Klägerin aus der Verwahrung abgeholt.

Im August und September 2013 tauschten sich die Beteiligten weiter schriftsätzlich über die Sach- und Rechtslage aus.

Mit Kostenbescheid vom ... Oktober 2013 forderte die Beklagte die Klägerin auf, wegen der Beseitigung der unerlaubt abgestellten Baumaschine Kosten in Höhe von 3.025,00 € (2.500,00 € Abschleppkosten, 475,00 € Mehrwertsteuer, 50,00 € Verwaltungsgebühr) bis 5. November 2013 zu bezahlen. Der Bescheid wurde sowohl der Klägerin direkt als auch ihrem Bevollmächtigten mit einfachem Brief übersandt. Ein Vermerk über die Aufgabe dieses Bescheids zur Post wurde in den Akten der Beklagten nicht angebracht.

Am 6. November 2013 erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Kostenbescheid der Beklagten vom ... Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 731,64 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Kostenbescheid sei rechtswidrig. Der Bagger der Klägerin sei nicht auf öffentlichem Straßengrund abgestellt gewesen. Weiter sei die der Klägerin gesetzte Frist zur Entfernung des Baggers unverhältnismäßig kurz gewesen. Die Baumaschine könne wegen des Erfordernisses einer Transportgenehmigung und der Beauftragung eines Spezialtransportunternehmens nicht kurzfristig abtransportiert werden. Eine Gefährdung Dritter habe durch den abgestellten Bagger zu keinem Zeitpunkt bestanden. Hinsichtlich des behaupteten Ölaustritts müsse sich die Beklagte im Zweifel selbst vorhalten lassen, über einen Monat untätig geblieben zu sein. Außerdem sei der Bagger mit Bio-Öl im Hydraulikkreislauf befüllt gewesen. Eine Anhörung der Klägerin habe vor dem Abschleppen nicht stattgefunden. Wegen des unrechtmäßigen Abschleppens habe die Beklagte die Kosten der Freigabebescheinigung in Höhe von 70,00 € und die Standgebühr i. H. v. 661,64 € zu tragen. Im Übrigen seien die angesetzten Abschleppkosten zu hoch und stünden in keinem Verhältnis zu den erbrachten Leistungen.

Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2013 beantragte die Beklagte

die Klage abzuweisen,

und erwiderte im Wesentlichen: Die Klage gegen den Kostenbescheid sei verspätet und deshalb unzulässig. Die Zahlungsklage sei unbegründet. Der Tatbestand einer unerlaubten Sondernutzung sei erfüllt. Da die Klägerin den Bagger trotz Aufforderungen durch die Polizei und die Beklagte nicht selbst vom öffentlichen Straßengrund entfernt habe, habe die Beklagte den rechtswidrigen Zustand auf Kosten der Klägerin beseitigen lassen. Ein anderes Vorgehen sei aufgrund der hartnäckigen Weigerung der Klägerin, den Bagger selbst zu entfernen, nicht erfolgversprechend gewesen. Hinzu komme, dass die Arbeitsmaschine Öl verloren habe. Die Klägerin habe sich auch im Telefongespräch am 13. Mai 2013 und im Schreiben vom 17. Mai 2013 äußern können. Eine Anordnung zur Beseitigung gegenüber der Klägerin sei nicht erfolgversprechend gewesen, da die Klägerin bereits die bisherigen Entfernungsaufforderungen nicht beachtet habe. Die Kostenhöhe sei nicht zu beanstanden, diese Kosten seien der Beklagten tatsächlich von der Vertragsfirma in Rechnung gestellt worden. Die Forderung nach Ersatz der Verwahrkosten sei unangebracht, vor allem hätte die Klägerin diese Kosten durch eine raschere Abholung des Baggers verringern können.

Die Klägerin nahm mit Schriftsatz vom 7. Januar 2014 ergänzend Stellung. Der Bescheid der Beklagten sei ihr am 7. Oktober 2013 tatsächlich zugegangen, die Klage deshalb nicht verfristet. Nach wie vor würden das Abstellen auf öffentlichem Straßengrund, die Verhältnismäßigkeit der Fristsetzung und die Höhe der geltend gemachten Auslagen bestritten. Auch eine frühere Abholung des Baggers von der Verwahrstelle sei wegen des notwendigen Vorlaufs für Auftragserteilung und Genehmigungsverfahren nicht möglich gewesen.

Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schriftsatz vom 31. März 2014 im Wesentlichen: Die Bekanntgabe des Kostenbescheids sei nach üblicher Praxis mit einfachem Brief am ... Oktober 2013 erfolgt, und zwar sowohl an die Klägerin als auch an den Bevollmächtigten. Der Bescheid gelte damit am 4. Oktober 2013 als zugestellt, die Klage hätte deshalb spätestens am 4. November 2013 erhoben werden müssen. Zum Nachweis, dass es sich beim Abstellort um öffentlichen Straßengrund handle, würden die Eintragungsverfügung, ein Grundbuchauszug und ein Ausschnitt aus der Stadtgrundkarte vorgelegt. Zur behaupteten Unverhältnismäßigkeit der Fristsetzung werde darauf hingewiesen, dass der Bagger nachweislich vom 11. April 2013 bis 17. Mai 2013 unerlaubt abgestellt gewesen sei. Nach dem äußeren Erscheinungsbild sei anzunehmen, dass der Bagger mindestens seit Herbst 2012 abgestellt gewesen sei. Die Klägerin hätte seit der polizeilich angebrachten Entfernungsaufforderung genügend Zeit gehabt, den Bagger selbst zu entfernen. Sie habe sich aber insoweit mündlich und schriftlich geweigert. Weiter wurden ergänzende Angaben zur Kostenhöhe gemacht.

Auf Hinweis des Gerichts teilte die Klägerin mit Schriftsatz vom 9. April 2014 mit, dass der Zahlungsanspruch auf einen Folgenentschädigungsanspruch gestützt werde, eine Verweisung an ein Zivilgericht sei nicht veranlasst.

In der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2014 erklärte der Vertreter der Beklagten, dass der Kostenbescheid für den Fall, dass die Klage für zulässig erachtet werde, um 750,00 € gemindert werden könne. Der Bevollmächtigte der Klägerin legte den Bescheid der Beklagten mit einem Eingangsstempel seiner Kanzlei („7. Oktober 2013“) vor. Eine gütliche Einigung kam nicht zu Stande.

Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2014 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit, der Klägerin selbst sei der Bescheid ebenfalls am 7. Oktober 2013 zugegangen und von einer Mitarbeiterin mit einem entsprechenden Eingangsstempel versehen worden.

Mit richterlichem Schreiben vom 4. Juli 2014 wurde zu einer angekündigten Beweiserhebung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2014 wies die Klägerin darauf hin, dass die Klägerin an dem Bagger keinen sog. „roten Punkt“ vorgefunden habe. Selbst wenn dieser aber angebracht worden sei, seien die formalen Voraussetzungen der Androhung einer Ersatzvornahme nicht erfüllt.

Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2014 erläuterte die Beklagte ergänzend die Kostenhöhe und teilte verbindlich mit, dass der Kostenbescheid auf 2.275,00 € (1.869,75 € Abschleppkosten zuzüglich 355,25 € Umsatzsteuer sowie 50,00 € Verwaltungsgebühr) gemindert werde. Am 5. August 2014 wurde ferner die Kopie einer historischen Flurkarte vorgelegt.

Am 5. August 2014 erließ das Gericht einen Beweisbeschluss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Markt- und Ortsüblichkeit der Gesamtkosten von 2.225,00 € (inkl. Umsatzsteuer) für die von dem Vertragsunternehmen der Beklagten erbrachten Leistungen.

Das Gutachten des Sachverständigen vom 13. März 2015 gelangt zu dem Ergebnis, dass die branchenüblichen Kosten der Abschleppmaßnahme, kombiniert mit der marktüblichen Abrechnung für einen Schwertransport, bewertet nach gleicher Leistung, gleichem Umfang und gleicher Güte, 2.208,25 € (netto) bis 2.642,25 € (netto) betragen. Dieser Verrechnungsrahmen sei in der Region ... dem Grunde und der Höhe nach als marktüblich einzustufen. Die zuletzt geforderten Kosten von 1.869,75 € (netto) lägen somit noch unterhalb des nachkalkulierten Abrechnungsrahmens. Zu dem Gutachten äußerten sich die Beteiligten im Einzelnen nicht mehr.

Mit Schriftsatz vom 23. April 2015 nahm die Klägerin ergänzend Stellung: Ein Verwaltungsakt, der ein Entfernen des Baggers anordne, liege nicht vor. Bestritten werde das Anbringen eines sog. „roten Punkts“ durch die Polizei. Die Maßnahmen der Beklagten widersprächen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ein Austritt von Hydrauliköl sei nach wie vor nicht nachgewiesen. Aus einem möglichen Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit hinsichtlich des Parkens in Wohngebieten lasse sich keine Befugnis zum Entfernen der Baumaschine ableiten. Zur Unverhältnismäßigkeit der Fristsetzung zum Entfernen des Baggers durch die Klägerin werde darauf hingewiesen, dass in der gesetzten Frist von 1,5 Tagen nicht einmal die Beklagte in der Lage gewesen wäre, den Bagger abzutransportieren. Die Beklagte habe hierfür drei Tage benötigt und könne nicht erwarten, dass die Klägerin innerhalb von 1,5 Tagen eine Abtransportgenehmigung beantrage und erhalte sowie eine Transportfirma für die Ausführung innerhalb dieses Zeitraums finde. Im Übrigen habe die Beklagte selbst noch vor Ablauf der Frist am 15. Mai 2015 mit der Ausführung der Ersatzvornahme begonnen, wie die Rechnung des beauftragten Unternehmens belege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe:

Mit Zustimmung der Beteiligten konnte das Gericht ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage ist nicht begründet.

I.

Der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs der Klägerin eröffnet.

Die Klägerin erklärte auf den richterlichen Hinweis vom 19. März 2014, wonach diesbezüglich möglicherweise eine Verweisung an ein Zivilgericht in Betracht käme, dass sie insoweit einen öffentlichrechtlichen Folgenentschädigungsanspruch geltend mache. Sie verwahrte sich auch in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2014 wegen des Sachzusammenhangs des Zahlungsanspruchs mit der Anfechtungsklage gegen eine Verweisung. Die Prüfung eines möglichen Amtshaftungsanspruchs (Art. 34 GG, § 839 BGB) als Anspruchsgrundlage für den Zahlungsanspruch verbleibt wegen § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG dennoch in der alleinigen Zuständigkeit der Zivilgerichte (Ehlers in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2014, § 17 GVG Rn. 39).

II.

Die Klage ist (jedenfalls überwiegend) zulässig, insbesondere wurde sie hinsichtlich des Anfechtungsantrags auch fristgerecht nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben.

1. Der für die Anfechtungsklage streitgegenständliche Kostenbescheid der Beklagten vom ... Oktober 2013 erhielt durch die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 28. Juli 2014 eine neue Fassung. Nachdem eine Teilerledigterklärung durch die Klägerseite hinsichtlich der von der Beklagten ausgesprochenen Verringerung der geforderten Kosten nicht erfolgte, ist festzustellen: Geht man davon aus, dass die Klägerseite die Aufhebung des Bescheids in der unveränderten Fassung vom ... Oktober 2013 erreichen möchte, so wäre ihre Klage hinsichtlich des durch die Erklärung vom 28. Juli 2014 verringerten Kostenteils mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig und insoweit abzuweisen. Geht man indes unter Berücksichtigung von § 88 VwGO davon aus, dass die Klägerin zuletzt nur noch die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom... Oktober 2013 in der Fassung, die er durch die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 28. Juli 2014 erhalten hat, begehrt, ist die Anfechtungsklage insgesamt zulässig, aber - wie noch dargelegt wird - mangels Begründetheit ebenfalls vollumfänglich abzuweisen.

2. Die Anfechtung des Kostenbescheids der Beklagten erfolgte innerhalb der Klagefrist.

Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO muss eine Anfechtungsklage, wenn - wie hier nach Art. 15 Abs. 2 AGVwGO - ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

Vorliegend hat die Beklagte die Aufgabe der Bescheide zur Post nicht in der Behördenakte vermerkt. Die Beklagte erklärte schriftsätzlich am 31. März 2014 und durch den zuständigen Mitarbeiter in der mündlichen Verhandlung, den Bescheid (sowohl gegenüber der Klägerin als auch dem Bevollmächtigten) am ... Oktober 2013 als einfachen Brief zur Post gegeben zu haben. Der Bescheid würde somit nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben gelten, mithin am Freitag, 4. Oktober 2013 (vgl. zur Nichtberücksichtigung insoweit von Samstag, Sonn- und Feiertag: BayVGH, B.v. 23.7.1990 - Gr S 1/90 - 19 B 88.185 - NJW 1991, 1250; aA: Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 41 Rn. 133).

Die Klägerseite hat indes vorgetragen, dass ihr der Verwaltungsakt zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen sei (Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG). Sowohl bei der Klägerin als auch bei ihrem Bevollmächtigten sei der Bescheid jeweils erst am Montag, 7. Oktober 2013 eingegangen. Hierzu wurden vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung der ihm übersandte Bescheid mit einem Eingangsstempel seiner Kanzlei vom 7. Oktober 2013 vorgelegt, für die Klägerin selbst mit Schriftsatz vom 22. Mai 2014 eine Kopie des Bescheids mit Eingangsstempel ebenfalls vom 7. Oktober 2013 vorgelegt.

Zwar ist die Beweiskraft dieser Eingangsstempel allein eher gering. Insbesondere muss erwogen werden, dass die Klägerseite angesichts des Freitags als „Brückentag“ nach dem Feiertag am Donnerstag, 3. Oktober 2013, tatsächlich erst am 7. Oktober 2013 Kenntnis genommen hat, obwohl sie bereits früher die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Angesichts der - nach überwiegender Auffassung - unzutreffenden Berechnung des Fristbeginns durch den Klägerbevollmächtigten unter Berücksichtigung des Feiertags im Schriftsatz vom 7. Januar 2014 erscheint es ferner durchaus möglich, dass dieser Rechtsirrtum bereits seiner anfänglichen Berechnung der Rechtsbehelfsfrist zugrunde lag (vgl. die Darstellung des Zugangs in der Klageschrift sowie die mit Klageerhebung vorgelegte Bescheidskopie, auf der bei der Rechtsbehelfsbelehrung das Datum „07.11.“ notiert wurde). Schließlich differenziert der Klägerbevollmächtigte auch nicht hinreichend zwischen der Bekanntgabe an die Klägerin direkt und der Bekanntgabe an ihn (Art. 41 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG). Es erscheint deshalb durchaus fraglich, ob der Vortrag der Klägerin - wie es grundsätzlich erforderlich wäre (vgl. Tiedemann in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, § 41 VwVfG Rn. 81 m. w. N.) - hinreichend berechtigte Zweifel am Zugang innerhalb der 3-Tage-Fiktion begründet. Andererseits muss sich die Beklagte vorhalten lassen, dass sie ihrerseits der Obliegenheit zur ausreichend rechtssicheren Dokumentation der Aufgabe des Bescheids zur Post nicht nachgekommen ist (vgl. VGH BW, B.v. 29.4.1991 - 4 S 1601/89 - NVwZ-RR 1992, 339, wonach ein einfaches Bestreiten des Zugangs genügt, wenn die Behörde keinen Vermerk über die Aufgabe des Bescheids zur Post in die Akten aufgenommen hat). Ferner besteht gerade bei einer großen Behörde wie der Beklagten, bei der der jeweilige Sachbearbeiter auch keine persönliche Kenntnis von der tatsächlichen Einlieferung des Briefs beim Postunternehmen hat, in der Sphäre der Beklagten eine zusätzliche Unsicherheit über den tatsächlichen Zeitpunkt der Aufgabe zur Post. Vor diesem Hintergrund erscheint es im vorliegenden Einzelfall gerechtfertigt, nach Art. 41 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 BayVwVfG der Beklagten die Verpflichtung zum Nachweis des Zeitpunkts des Zugangs aufzuerlegen. Nachdem ihr dies nicht möglich ist, ist von der Bekanntgabe des Bescheids erst am Montag, 7. Oktober 2013 auszugehen.

Die Klagefrist von einem Monat lief damit am Donnerstag, 7. November 2013 ab (§ 57 VwGO i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB), die am 6. November 2013 bei Gericht eingegangene Klage wahrte somit die Klagefrist.

III.

Die Klage ist nicht begründet.

1. Der Kostenbescheid der Beklagten vom ... Oktober 2013 in der Fassung, die er durch die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 28. Juli 2014 erhalten hat, ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid beruht auf Art. 18 a Abs. 1 Satz 2 BayStrWG, Art. 20, Art. 2 und Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 BayKostG, § 2 Abs. 1 der Kostensatzung der Beklagten.

Gegen seine formelle Rechtmäßigkeit wurden Bedenken weder vorgetragen, noch wären solche ersichtlich. Zur materiellen Rechtmäßigkeit ist festzustellen:

a) Das Abschleppen des Baggers der Klägerin stellte eine rechtmäßige (vgl. Art. 20 Abs. 3, Art. 16 Abs. 5 BayKostG) Amtshandlung der Beklagten dar.

Nach Art. 18 a Abs. 1 BayStrWG kann in dem Fall, dass Fahrzeuge verbotswidrig abgestellt oder eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis nach Art. 18 BayStrWG benutzt wird und Anordnungen gegenüber dem Pflichtigen nicht erfolgversprechend sind, die Straßenbaubehörde den rechtswidrigen Zustand auf Kosten des Pflichtigen beseitigen lassen. Diese Voraussetzungen waren erfüllt:

(1) Das Abstellen des Baggers der Klägerin jedenfalls im Zeitraum zwischen dem 11. April 2013 und dem 17. Mai 2013 stellte eine unerlaubte Sondernutzung i. S.v. Art. 18 BayStrWG dar.

(a) Bei dem Abstellort des Baggers, einem nicht befestigten Randstreifen der ... Straße vor dem Grundstück FlNr. ... (Gemarkung ... ... ...) handelt es sich um öffentlichen Straßengrund. Der Abstellort liegt auf dem Straßengrundstück (FlNr. ..., Gemarkung ... ... ...) der ... Straße, das in seiner gesamten Breite als öffentliche Straße gewidmet ist.

Die ... Straße wurde im Bestandsverzeichnis der Ortsstraßen der ... ... aufgrund einer Eintragungsverfügung vom ... Februar 1962 (im Zuge der erstmaligen Anlegung der Straßenbestandsverzeichnisse nach Art. 67 Abs. 3 und 4 BayStrWG) mit einer Länge von 1,967 km (beginnend an der...straße und endend an der ... Straße, mithin den streitgegenständlichen Bereich erfassend) eingetragen. Nach der Eintragung im Bestandsverzeichnis bezog sich diese auf den „städt. Besitz“, jedoch wurde - wie in der Regel - keine explizite Aussage zur gewidmeten Straßenbreite aufgenommen. Insoweit sind die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie zum Zeitpunkt des Eintritts der Unanfechtbarkeit der Eintragung im Bestandsverzeichnis bestanden haben und die Zweckbestimmung der Straße zu beachten (vgl. BayVGH, U.v. 28.7.1986 - 14 B 84 A.2889 - BayVBl 1987, 213). Ist ein Straßengrundstück als eigene Flurnummer im Kataster aufgeführt und mit dieser Flurnummer gewidmet worden, dann erstreckt sich die Widmung grundsätzlich auf die gesamte Fläche; bei einer ggf. erforderlichen Auslegung der Eintragung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Widmung die gesamte „in natura“ hergestellte Straße einschließlich aller Bestandteile i. S.v. Art. 2 BayStrWG erfassen soll (Häußler in Zeitler, BayStrWG, Stand Oktober 2014, Art. 6 Rn. 9 f.).

Gemessen hieran ist davon auszugehen, dass auch hinsichtlich des unbefestigten Seitenstreifens der ... Straße die Widmungsfiktion des Art. 67 Abs. 4 BayStrWG eingetreten ist. Ausweislich der von der Beklagten (mit Schriftsatz vom 1.8.2014) vorgelegten historischen Flurkarte stellten sich die Flurgrenzen des Straßengrundstücks bereits im Zeitpunkt der Eintragungsverfügung wie auch aktuell dar. Im fraglichen Bereich der ... Straße bestehen bis heute weder asphaltierte Parkplatzflächen noch angelegte Geh- oder Radwege. Der Seitenstreifen schließt an die Fahrbahn an und wird faktisch zum Gehen und Parken genutzt. Bei dieser Sachlage kann mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Seitenstreifen bereits im Zeitpunkt der Eintragung 1962 einen Straßenbestandteil darstellte (vgl. Art. 2 Nr. 1 Buchst. b) BayStrWG) und sich die Eintragung auch darauf bezog. Im Übrigen ist auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass und weshalb der Seitenstreifen trotz der Nennung des „städtischen Besitzes“ in der Eintragung, also der Nennung des gesamten Straßengrundstücks FlNr. ..., vom Eintritt der Widmungsfiktion hätte ausgenommen werden sollen.

(b) Die öffentliche Straße wurde durch das Abstellen des Baggers der Klägerin auch ohne die erforderliche Erlaubnis über den Gemeingebrauch hinaus genutzt.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin den Bagger entgegen der Annahme der Beklagten, dass die Arbeiten der Klägerin an der Baustelle in der ...straße im April 2013 längst abgeschlossen gewesen seien, die Arbeitsmaschine später für weitere Arbeiten im Bereich der ... Straße/...straße einsetzen wollte, wie es der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat. Jedenfalls überschritt das mindestens mehrwöchige, mutmaßlich sogar mehrmonatige Abstellen des Baggers auf dem Seitenstreifen den zulässigen Rahmen des Gemeingebrauchs einer öffentlichen Straße. Dabei kann offen bleiben, ob das Abstellen einer für gewerbliche Baumaßnahmen genutzten Arbeitsmaschine wie eines Baggers im öffentlichen Straßenraum schon dem Wesen nach mit der von Art. 14 BayStrWG im Kern allein umfassten Nutzung für übliche Straßenverkehrszwecke nicht zu vereinbaren ist (vgl. hierzu Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand Oktober 2014, Art. 14 Rn. 35). Jedenfalls aber befand sich der Bagger nach Überzeugung des Gerichts im Zeitpunkt des Abschleppens nicht mehr, wie es erforderlich wäre (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.1989 - 8 CS 89.2613 - juris Rn. 11; Wiget, a. a. O., Art. 14 Rn. 20), in einem betriebsbereiten Zustand, d. h. mit der Möglichkeit zur jederzeitigen Inbetriebnahme des Fahrzeugs. Dies belegen vor allem die Fotos vom Zustand des Baggers vor dem Abschleppen (u. a. Blatt 16 der Behördenakte), aufgrund derer das Gericht keine Zweifel an der Darstellung im Vermerk der Beklagten vom 16. Dezember 2013 über den Zustand des Baggers am 15. Mai 2013 hat. Danach war die Baumaschine nicht betriebsbereit, die Batterie abgeklemmt, der Motorraum mit Plastikplanen abgedeckt und voller Laub. Diesen Feststellungen, die (nach ausdrücklichem Hinweis im gerichtlichen Schreiben vom 4. Juli 2014) auch der Beweiserhebung zugrunde gelegt wurden, ist die Klägerin auch nicht substantiiert entgegen getreten.

Letztlich wurde die Sondernutzung durch die Klägerin von der Beklagten auch nicht erlaubt. Soweit im Zusammenhang mit dem von der ...straße aus betriebenen Bauvorhaben (früheres Gebäude ... Straße 96, nunmehr ...str. 3 und 5) von der Beklagten Sondernutzungserlaubnisse erteilt wurden, wird das Abstellen des Baggers am konkreten Abstellort hierdurch nicht erlaubt. Diese ursprünglich von Klägerseite im Verwaltungsverfahren erhobene Behauptung wurde im Klageverfahren auch nicht weiter verfolgt.

Damit kommt es im Ergebnis nicht mehr darauf an, ob der Bagger vorliegend auch wegen Verstoßes gegen § 12 Abs. 3a Nr. 1 StVO i. V. m. § 2 Nr. 17 FZV verbotswidrig abgestellt war und ob dies die Maßnahme der Beklagten ebenfalls rechtfertigen könnte.

(2) Eine der unmittelbaren Ausführung durch die Beklagte vorangegangene förmliche Anordnung gegenüber der Klägerin, den Bagger zu entfernen, war nicht erfolgversprechend i. S. v. Art. 18 a Abs. 1 Satz 2 BayStrWG.

Eine Anordnung kann danach unterbleiben, wenn Umstände darauf hindeuten, dass der rechtswidrige Zustand auch nach Erlass einer Anordnung gegen den Pflichtigen nicht behoben wird. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Pflichtige auf das Aufbringen einer Plakette (sog. „roter Punkt“), mit dem er zur umgehenden Entfernung aufgefordert wird, erkennbar nicht reagiert.

Vorliegend wurde nach Aktenlage am 11. April 2013 von einem Polizeibeamten ein sog. „roter Punkt“ am Bagger angebracht, auf den die Klägerin jedoch bis zum Telefonanruf eines Mitarbeiters der Beklagten bei ihr am 13. Mai 2013 nicht reagierte. Die Klägerin bestritt im Verfahren vielmehr, dass ein „roter Punkt“ angebracht worden sei. Weiterer Aufklärung hierzu bedurfte es nicht mehr:

Der Geschäftsführer der Klägerin hat ausweislich der Telefonnotiz der Beklagten vom 13. Mai 2013 eine sofortige oder auch nur zeitnahe Entfernung des Baggers ausdrücklich verweigert. An der inhaltlichen Richtigkeit der Wiedergabe dieses Telefongesprächs in dem Vermerk, das auch im Telefax der Klägerin vom 17. Mai 2013 erwähnt wird, bestehen keine Zweifel. Die Klägerin ist dem auch nicht entgegen getreten. Ferner teilte die Klägerin auf die formlose Aufforderung der Beklagten vom 14. Mai 2013, den Bagger spätestens bis 15. Mai 2013 zu entfernen, mit Telefax vom 17. Mai 2013 mit, das Gerät werde erst nach Abschluss der Bauarbeiten voraussichtlich im Juli 2013 zum nächsten Einsatzort transportiert werden. Hiermit hat die Klägerin eindeutig zu erkennen geben, dass sie auch einer förmlichen Anordnung, den Bagger zu entfernen, nicht nachkommen wird. Die Voraussetzung des Art. 18 a Abs. 1 Satz 2 ist damit erfüllt.

(3) Die Beklagte hat zu Recht auch die Klägerin zu den Kosten der Beseitigung herangezogen.

Nach Art. 18 a Abs. 1 Satz 2 BayStrWG ist Schuldner der Kosten u. a. für die Entfernung des Fahrzeugs der „Pflichtige“. Bei der Bestimmung dessen, wer danach als „Pflichtiger“ für die Kostentragung herangezogen werden kann, sind die Grundsätze der sicherheitsrechtlichen Verantwortlichkeit (Art. 9 LStVG) entsprechend heranzuziehen, da es sich bei der Ermächtigung nach Art. 18a Abs. 1 Satz 2 BayStrWG um materielles Sicherheitsrecht handelt. Kostenpflichtig ist danach grundsätzlich primär der Handlungsstörer (BayVGH, B.v. 8.7.2013 - 8 ZB 12.562 - juris Rn. 15; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand Oktober 2014, Art. 18 a Rn. 16). Dies war vorliegend unstreitig die Klägerin.

(4) Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Beklagten bestehen nicht, insbesondere greift das Argument der Klägerin, die ihr gesetzte Frist zur Entfernung des Baggers sei wegen der erforderlichen Zeit zur Vorbereitung des Transports zu kurz gewesen, nicht durch.

Es kann auch insoweit offen bleiben, ob die Klägerin sich nicht bereits die Aufforderung durch den „roten Punkt“ entgegenhalten lassen muss, wodurch ihr - zeitlich jedenfalls ausreichend - mehrere Wochen zum Abtransport zur Verfügung gestanden hätten. Selbst wenn man nur auf die Aufforderungen der Beklagten am 13./14. Mai 2013 mit der Fristsetzung bis zum 15. Mai 2013 abstellt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme:

Soweit der Kläger geltend macht, bereits die für den Schwertransport des Baggers durch die Beklagte zu erteilende Transportgenehmigung werde erfahrungsgemäß nicht so kurzfristig ausgestellt, dass dies innerhalb von ein bis zwei Tagen möglich gewesen wäre, ist festzustellen: Dieser Einwand wäre allenfalls dann beachtlich, wenn sich die Klägerin grundsätzlich dazu bereit erklärt hätte, selbst den Bagger zeitnah zu entfernen und als einziges bestehendes Hindernis gegenüber der Beklagten den in deren Sphäre fallenden Zeitraum zur Beantragung und Ausstellung der Transportgenehmigung benannt hätte. Es wäre dann an der Beklagten gelegen, intern ggf. für eine beschleunigte Ausstellung zu sorgen. Rechtliche Erheblichkeit hätte dieser Aspekt allenfalls erlangen können, wenn die entsprechend kurzfristige Erteilung dann tatsächlich nicht möglich gewesen wäre, wofür aber angesichts des späteren tatsächlichen Geschehens eines binnen weniger Tage durch Drittfirmen erfolgten Abtransports des Baggers unter Erteilung einer Transportgenehmigung nichts spricht. Nachdem die Klägerin aber (wie bereits oben (2) dargelegt) die Entfernung des Baggers ausdrücklich aus anderen Gründen als der vermeintlichen Unmöglichkeit der Erlangung einer Transportgenehmigung verweigerte, kann sie hieraus nichts für die Rechtswidrigkeit des Kostenbescheids herleiten.

Gleiches gilt für den Einwand, die Beauftragung des für den Transport erforderlichen Schwertransportunternehmens wäre in einer derart kurzen Frist unmöglich gewesen. Im Übrigen belegt auch hier bereits das tatsächliche Geschehen, dass der Einwand der Klägerin nicht tragfähig ist: Auch das von der Beklagten mit dem Abschleppen beauftragte Unternehmen führte (wie die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Rechnung, Blatt 93 der Gerichtsakte, belegt) den Schwertransport nicht selbst aus, sondern beauftragte seinerseits ein weiteres Unternehmen für „Erdbau und Transporte“. Das Vertragsunternehmen der Beklagten besichtigte den abgestellten Bagger ausweislich seiner Rechnung (Blatt 89 der Gerichtsakte) erstmals am 15. Mai 2013. Ihm war es mithin möglich, eine Drittfirma zu ermitteln, die innerhalb von zwei Tagen den Transport (mit der erforderlichen Transportgenehmigung) durchführte.

Soweit die Klägerin schließlich in der Klageschrift vortragen ließ, sie sei vor dem Abschleppen nicht angehört worden, kann dies angesichts des festgestellten Sachverhalts nicht nachvollzogen werden (vgl. insbesondere das Telefongespräch am 13. Mai 2013 und die gewechselten Telefaxe vom 14./17. Mai 2013).

b) Der geforderte Auslagenersatz stützt sich dem Grunde nach zu Recht auf Art. 20 Abs. 3, Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 BayKostG. Auch in Bezug auf die Höhe der geltend gemachten Auslagen bestehen nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweiserhebung keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 5. August 2014 Beweis erhoben zu der Frage, ob Gesamtkosten in Höhe von 2.225,00 € (inklusive gesetzlicher Umsatzsteuer) für das Abschleppen des Raupenbaggers der Klägerin im Mai 2013 der Höhe nach einen markt- und ortsüblichen Preis für die von dem Abschleppunternehmer gegenüber der Beklagten erbrachten Leistungen darstellen.

Das Gutachten des Sachverständigen vom 13. März 2015, gegen das die Klägerin keine Einwände mehr erhoben hat, gelangt zu dem Ergebnis, dass die branchenüblichen Kosten der Abschleppmaßnahme, kombiniert mit der marktüblichen Abrechnung für einen Schwertransport, bewertet nach gleicher Leistung, gleichem Umfang und gleicher Güte, 2.208,25 € (netto) bis 2.642,25 € (netto) betragen. Dieser Verrechnungsrahmen sei in der Region ... dem Grunde und der Höhe nach als marktüblich einzustufen.

Damit steht fest, dass die mit Kostenbescheid der Beklagten vom ... Oktober 2013 in der Fassung, die er durch die Erklärung der Beklagten im Schriftsatz vom 28. Juli 2014 erhalten hat, zuletzt geforderten Auslagen für das Abschleppen in Höhe von 1.869,75 € (netto)/2.225,00 € (brutto) keinesfalls überhöht sind. Gleiches würde für die von dem Vertragsunternehmen der Beklagten ursprünglich in Rechnung gestellten 2.500,00 € (netto)/2.975,00 € (brutto) gelten. Eines weiteren Eingehens auf die ursprünglich gegen die Kostenhöhe erhobenen Einwendungen der Klägerin bedarf es nicht mehr.

c) Schließlich sind hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsgebühr i. H. v. 50,00 € (vgl. hierzu § 2 Abs. 1 Satz 1 der Kostensatzung i. V. m. Tarif-Nr. 653 des Kostenverzeichnisses der Beklagten) rechtliche Bedenken weder ersichtlich noch vorgetragen.

2. Der Zahlungsanspruch der Beklagten ist ebenfalls nicht begründet.

Die Verwahrung des Baggers stützt sich als Annex zur Abschleppmaßnahme ebenfalls auf Art. 18 a Abs. 1 BayStrWG (vgl. Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand Oktober 2014, Art. 18 a Rn. 19 m. w. N.). Nachdem - wie dargelegt - keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschleppmaßnahme begründet sind, gilt Gleiches auch für die Maßnahme der Verwahrung. Die Klägerin hat diesbezüglich auch weder dem Grunde noch der Höhe nach substantiiert die Rechtmäßigkeit der Verwahrung bestritten. Der geltend gemachte Folgenentschädigungsanspruch kann schon deshalb unbeschadet der Frage, ob seine Voraussetzungen überhaupt vorliegen (vgl. hierzu: BVerwG, U.v. 21.9.2000 - 2 C 5/99 - juris Rn. 73; BayVGH, U.v. 27.10.1998 - 8 B 97.1604 - juris Rn. 28; VG Frankfurt, U.v. 22.11.2001 - 15 E 3262/98 - juris Rn. 23) nicht durchgreifen.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 3.756,64 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin – 6. Kammer – vom 18.12.2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 102,27 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsgegner aufzugeben, die Vollstreckung des Beitragsservice ARD ZDF Deutschlandradio einzustellen.

2

Das Verwaltungsgericht – 6. Kammer – lehnte den Antrag mit Beschluss vom 18.12.2015 ab. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, dass es an den allgemeinen oder besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen fehle. Es liege ein ordnungsgemäßes Vollstreckungsersuchen des Antragsgegners vor; Anhaltspunkte für eine unklare oder unrichtige Angabe des Gläubigers gebe es nicht. Die Angabe des Beitragsservice in der Pfändungsankündigung des Amtes X. vom 11.05.2015 könne sich auf das ordnungsgemäße Vollstreckungsersuchen nicht auswirken. Diesbezügliche Einwendungen könnten nur gegenüber der Vollstreckungsbehörde geltend gemacht werden und nicht zu der Verpflichtung der Anordnungsbehörde führen, die Vollstreckung (einstweilen) einzustellen. Die maschinelle Erstellung des Vollstreckungsersuchens und der Verzicht auf Siegel und Unterschrift dürfte im Hinblick auf den für Verwaltungsakte geltenden § 37 VwVfG M-V zulässig sein. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass dem Antragsteller die Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheide zugegangen seien. Die Voraussetzungen der gesetzlichen Zugangsvermutung seien durch die so genannten History-Aufstellungen hinreichend belegt und dokumentiert. Das bloße Bestreiten des Erhalts der Bescheide genüge nicht. Ernsthafte Zweifel am Zugang der Bescheide habe der Antragsteller auch unter Berücksichtigung seiner eidesstattlichen Versicherung nicht glaubhaft gemacht. Auch die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 VwVfG lägen vor.

3

Die im Rahmen der fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde (§§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen nicht zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.

4

Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung die Gründe darlegen, aus denen die (angefochtene) Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der Entscheidung auseinandersetzen. Das Darlegungserfordernis verlangt von dem Beschwerdeführer, dass die Beschwerdebegründung auf die rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen eingeht, auf die das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gestützt hat. Die Beschwerdebegründung muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Beschwerdeführers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen der Ausgangsbeschluss unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Beschwerdeführer muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angegriffenen Entscheidung orientieren. Grundsätzlich reicht eine bloße Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ebenso wenig aus wie bloße pauschale oder formelhafte Rügen. Diese Anforderungen an die Beschwerdebegründung sind für einen Beschwerdeführer auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Beschwerdeführer rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschl. des Senats vom 10.04.2012 - 2 M 1/12 -, m.w.N.).

5

Hiervon ausgehend verhilft das Beschwerdevorbringen des Antragstellers seiner Beschwerde nicht zum Erfolg.

6

Entgegen der Auffassung des Antragstellers findet auf das vorliegende Rundfunkbeitragserhebungsverfahren das Verwaltungsverfahrens-, Zustellungs- und Vollstreckungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern – VwVfG M-V – vom 01.09.2014 (GVOBl. S. 476) unmittelbar Anwendung.

7

Nach § 1 Abs. 1 VwVfG M-V gilt dieses Gesetz für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes, der Gemeinden, Ämter und Landkreise sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit nicht landesrechtliche Vorschriften inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Bei dem Antragsgegner – dem Norddeutscher Rundfunk (NDR) – handelt es sich um eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts zur Veranstaltung von Rundfunksendungen in den Ländern Freie und Hansestadt Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit Sitz in Hamburg (vgl. §§ 1 und 2 NDR-Staatsvertrag – NDR-StV – vom 17./18. Dezember 1991, zuletzt geändert mit dem Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über den Norddeutschen Rundfunk (NDR) vom 1./2. Mai 2005, in Kraft getreten am 1. August 2005). Bei der länderübergreifenden Sendeanstalt des NDR führen die Regierungen der genannten Länder nach § 37 Abs. 1 Satz 1 NDR-StV die Aufsicht über den NDR hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen dieses Staatsvertrages und der allgemeinen Rechtsvorschriften. Aufgrund dieser Regelung liegt die Aufsicht über den NDR im Gebiet des Landes Mecklenburg-Vorpommern – weiterhin – bei der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern. Der Umstand, dass nach § 37 Abs. 1 Satz 2 NDR-StV diese Aufgabe durch die Regierung eines der darin genannten Länder im Wechsel von 18 Monaten wahrgenommen wird, ändert an dem in Satz 1 geregelten Grundsatz nichts, denn damit wird lediglich im Wege eines sogenannten Rotationsprinzips die Wahrnehmung, d.h. die Ausführung dieser Aufgabe den einzelnen beteiligten Ländern übertragen, nicht dagegen die dem jeweiligen Land obliegende Aufsicht im Sinne des § 1 Abs. 1 VwVfG M-V. Ein Ausschluss der Anwendung des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes, wie sie in § 2 Abs. 1 Satz 2 Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz für die Tätigkeit des Norddeutschen Rundfunks geregelt ist, findet sich im VwVfG M-V nicht.

8

Soweit der Antragsteller den Erhalt der Festsetzungsbescheide über ausstehende Rundfunkbeiträge vom 01.06.2014, 04.07.2014 und 01.10.2014 bestreitet, ergeben sich aus seinem diesbezüglichen Vorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Bescheide sind dem Antragsteller wirksam bekannt gegeben worden.

9

Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, als am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Zwar gilt die Fiktion des § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG M-V nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 41 Abs. 2 Satz 3 1. HS VwVfG M-V); gemäß § 41 Abs. 2 Satz 4 VwVfG M-V hat im Zweifel die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Eine Behörde kann jedoch ihrer Beweispflicht hinsichtlich des Zugangs eines Bescheides auch nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins genügen, wenn sie Tatsachen vorträgt, aus denen nach allgemeiner Lebenserfahrung geschlossen werden kann, dass der Empfänger den Bescheid tatsächlich erhalten haben muss (Tucholke in: Hahn/Vesting, a.a.O., § 10 RBStV Rdn. 37 m.w.N). Das reine Behaupten eines unterbliebenen oder verspäteten Zugangs reicht nicht aus; erforderlich ist der substantiierte Vortrag eines atypischen Geschehensablaufs, sonst bleibt es bei der Fiktion, sofern die Behörde einen ordnungsgemäßen Vermerk über die Aufgabe des Verwaltungsaktes zur Post gefertigt hat (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 07.03.2001 – 19 A 4216/99; VGH Mannheim, Urteil vom 14.11.1984 – 11 S 2099/81 – jeweils zitiert nach juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage, § 41 Rdn. 41).

10

Nach der sog. History-Aufstellung zum elektronischen Beitragskonto des Antragstellers im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners sind die genannten drei genannten Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheide an den Antragsteller versandt worden, ohne dass einer der Bescheide als unzustellbar zurückgekommen wäre. Auch bestreitet der Antragsteller nicht, dass weitere Schreiben des Antragsgegners (Bestätigung der Anmeldung, Zahlungsaufforderung, Zahlungserinnerungen, Mahnungen) erhalten zu haben. Ebenso wenig ist vorgetragen oder erkennbar, dass es unter der Privatadresse des Antragstellers in der fraglichen Zeit sonstige Schwierigkeiten bei der Postzustellung gegeben hätte. Zwar kann nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen werden, dass eine Postsendung gelegentlich auf dem Postweg verloren geht, so dass bei Bestreiten des Zugangs einer einzigen Postsendung allein aus dem Umstand, dass den Adressaten weitere Postsendungen erhalten hat, noch nicht ohne weiteres angenommen werden, dass auch die fragliche Sendung den Adressaten erreicht hat. Vorliegend ist jedoch die Besonderheit gegeben, dass der Antragsteller den Erhalt gleich dreier Beitragsfestsetzungsbescheide bestreitet, obwohl keiner dieser Bescheide an den Antragsgegner zurückgelangt ist. Wenn jedoch – wie hier – mehrere Beitragsfestsetzungsbescheide an die korrekte Anschrift des Antragstellers versandt worden sind, ohne dass auch nur eines dieser Schreiben als unzustellbar zurückgekommen ist, und auch ansonsten die Postzustellung unbeanstandet erfolgt ist, hält es der Senat für in höchstem Maße unwahrscheinlich, dass ausgerechnet die genannten drei Gebührenbescheide (und nur diese) den Antragsteller nicht erreicht haben sollen. Unter diesen Umständen erscheint das pauschale Bestreiten des Erhalts der Gebührenbescheide unglaubhaft und reicht nicht aus, um ernsthaft Zweifel am Zugang der Bescheide und damit an deren wirksamer Bekanntgabe zu begründen.

11

Soweit der Antragsteller außerdem eine falsche Angabe des Gläubigers in der Pfändungsankündigung des Amtes X. vom 11.05.2015 rügt, kann er dies nicht im Verfahren gegen den Antragsgegner geltend machen. Richtet sich der Vollstreckungsschuldner gegen die Art und Weise der Vollstreckung, beanstandet er also konkrete Vollstreckungshandlungen, so wäre die Vollstreckungsbehörde der zutreffende Antragsgegner, nicht dagegen die die Vollstreckung anordnende Behörde, hier der Norddeutsche Rundfunk (vgl. Beschluss des Senats vom 11.05.2009 – 2 M 49/09 – zitiert nach juris). Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Nennung des „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ als Gläubiger eine unschädliche Falschbezeichnung darstellt. Im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag wurde dem Beitragsservice die Aufgabe zugewiesen, als Inkassostelle für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Rundfunkbeiträge einzuziehen. Auf diese Rechtslage musste in dem Vollstreckungsersuchen nicht ausdrücklich hingewiesen werden (vgl. hierzu: BGH, Beschluss vom 11.06.2015 – I ZB 64/14 – zitiert nach juris); jedenfalls wurde keine rechtsfähige Einrichtung genannt, die eine falschen Gläubiger darstellt.

12

Auch das Vollstreckungsersuchen des Antragsgegners an das Amt X. vom 01.04.2015, das mit „Vollstreckungsersuchen des Norddeutschen Rundfunks“ überschrieben ist, enthält – entgegen des Vorbringens des Antragstellers – im Briefkopf sowie nach dem Grußwort ausdrücklich den Antragsgegner als Anstalt des öffentlichen Rechts und weist insoweit zutreffend diesen als Vollstreckungsgläubiger der geltend gemachten Forderungen aus.

13

Schließlich ist nicht zu beanstanden, dass das Vollstreckungsersuchen des Antragsgegners an das Amt X. vom 01.04.2015 maschinell erstellt und auf Siegel und Unterschrift verzichtet wurde. Bei dem Vollstreckungsersuchen handelt es sich gegenüber dem Schuldner nicht um einen Verwaltungsakt (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.1960 – VII C 184.57 – zitiert nach juris); sondern um eine behördeninterne Maßnahme ohne Außenwirkung, durch die der Vollstreckungsschuldner nicht in eigenen Rechten verletzt werden kann; in seine Vermögensrechte wird unmittelbar erst durch die auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung ergriffenen Zwangsmaßnahmen der Vollstreckungsbehörde eingegriffen (OVG Magdeburg, Beschluss vom 23.12.2008 – 2 M 235/08 –; OVG Münster, Beschluss vom 27.12.2011 – 17 B 1301/11 –; vgl. Engelhardt/App/Schlachtmann, 10. Auflage, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, § 3 VwVG Rdn. 9). Aus diesem Grunde braucht die Vollstreckungsanordnung bzw. hier das Vollstreckungsersuchen dem Schuldner nicht bekannt gegeben zu werden; eine bestimmte Form ist für sie nicht vorgeschrieben (Engelhardt/App/Schlachtmann, a.a.O. § 3 VwVG Rdn. 9). Insoweit ist das Fehlen eines Siegels und der Unterschrift auf dem Vollstreckungsersuchen unschädlich. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei mit Hilfe automatischer Einrichtungen verfasster Schreiben jedenfalls der Rechtsgedanke des § 37 Abs. 5 VwVfG M-V Anwendung findet. Danach können bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zwar handelt es sich nach dem oben Gesagten bei dem Vollstreckungsersuchen nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine verwaltungsinterne Maßnahme ohne Außenwirkung, auf die der Rechtsgedanke des § 37 Abs. 5 VwVfG M-V erst recht Anwendung findet. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist maßgeblich, ob das Ersuchen tatsächlich automatisiert erstellt wurde. Da in großer Anzahl anfallende Verwaltungsverfahren rationell nur noch durch den Einsatz elektronischer Datenverarbeitung bewältigt werden können, soll der Verzicht auf Unterschrift und Dienstsiegel den Erlass von Verwaltungsakten vereinfachen, wenn die Behörde sich der modernen elektronischen Hilfen bedient (BVerwG, Urteil vom 22.01.1993 – 8 C 57/91 – zitiert nach juris). Dem Bedürfnis des Empfängers nach Rechtssicherheit trägt der in der Verwaltungspraxis übliche Hinweis Rechnung, der Bescheid sei mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage gefertigt worden und ohne Unterschrift und Dienstsiegel gültig. Derartige Erläuterungen enthalten nicht nur die Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheide, sondern auch das Vollstreckungsersuchen an das Amt X. vom 01.04.2015. Ein vermittels elektronischer Datenverarbeitung gefertigter, ohne Unterschrift und Namenswiedergabe gültiger Bescheid verliert diese Eigenschaft mit der Folge der Unanwendbarkeit des § 37 Abs. 4 Satz 1 VwVfG M-V erst dann, wenn nachträgliche manuelle Änderungen oder Hinzufügungen seine Prägung durch den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung aus der Sicht des Adressaten aufheben (BVerwG, a.a.O.). Eine manuelle Änderung weisen die vorgenannten Bescheide sowie das Ersuchen nicht auf.

14

Im Übrigen wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Beschluss Bezug genommen.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

16

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

17

Hinweis:

18

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.