Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Nov. 2016 - M 12 K 16.2918

bei uns veröffentlicht am24.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit.

Der am ... 1987 geborene Kläger hat sowohl die kroatische als auch die australische Staatsangehörigkeit. Ein Großteil seiner Familie lebt nach eigenen Angaben in Australien.

Am ... Mai 1990 reiste der Kläger zusammen mit seiner Familie in das Bundesgebiet ein.

Am 3. August 1993 erhielt der Kläger eine bis zum 26. August 1996 gültige Aufenthaltserlaubnis, die zunächst befristet verlängert wurde (Blatt 7 der Behördenakte).

Am 2. September 2003 erhielt der Kläger eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis (Blatt 22 der Behördenakte).

Der Kläger ging in Deutschland in den Kindergarten, besuchte hier die Grundschule sowie weiterführende Schulen und legte die Mittlere Reife ab. Er besuchte eine Fachoberschule, schloss diese aber nicht ab. Der Kläger spricht sehr gut deutsch, englisch und kroatisch.

Seit dem 14. Lebensjahr konsumiert der Kläger Drogen.

Von Oktober 2005 bis Dezember 2006 arbeitete der Kläger als teilzeitbeschäftigter Arbeiter in einem Penny-Markt.

Mit Urteil des Jugendgerichts des Amtsgerichts M. vom ... März 2007 wurde der Kläger wegen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Schadenswiedergutmachung von 1.500,- €, einer schriftlichen Entschuldigung und 20 x 4 Stunden Sozialarbeit verurteilt (Blatt 30-39 der Behördenakte). Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger und ein Mittäter am ... August 2006 gegen 3.40 Uhr in stark alkoholisiertem Zustand einen großen Kieselstein in das Schaufenster eines Juweliers in München warfen, um so in das Innere des Juweliergeschäftes zu gelangen und dort Wertgegenstände zu entwenden und zu behalten. Nachdem durch den Steinwurf Alarm ausgelöst wurde und die Polizei sich zum Tatort begab, flüchteten der Kläger und sein Mittäter. Es entstand ein Sachschaden von 8.506,86 €. Es kam das Jugendstrafrecht zur Anwendung, da eine Reifeverzögerung vorlag. Zugunsten wurde das umfassende Geständnis, die nicht einschlägige und geringfügige strafrechtliche Vorbelastung sowie die erhebliche Alkoholisierung, insbesondere aufgrund einer vorhandenen Lebererkrankung des Klägers und damit fehlenden Alkoholgewöhnung, gewertet.

Am 21. Oktober 2008 wurde die Aufenthaltserlaubnis als Niederlassungserlaubnis gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 AufenthG übertragen.

Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom ... September 2009 wurde der Kläger wegen versuchten Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 10,- Euro verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger und eine zweite, unbekannte Person am ... September 2008 gegen 20:45 Uhr im Festzelt Schottenhamel, Oktoberfest in München, nach einer günstigen Gelegenheit zum Taschendiebstahl suchten. Der Kläger rempelte eine auf der Bierbank stehende Person an und fasste mit der rechten Hand an dessen Geldbörse in dessen rechter hinterer Hosentasche. Als er die Geldbörse zu fassen bekam und anzog, drehte sich der Besitzer um, fühlte an seiner Hosentasche und schubste den Kläger weg. Dieser und sein Begleiter verließen daraufhin den Tatort. Wenig später entdeckte der Kläger im südlichen Mittelgang des Zeltes eine Handtasche, die unter einer Bierbank lag und deren Griff in Richtung Gang ragte. Der Kläger versuchte, diese zunächst mit seinem rechten und dann mit seinem linken Fuß unter der Bierbank hervorzuragen. Dies gelang ihm nicht und er ließ von seinem Vorhaben ab. Zugunsten des Klägers wurden sein vollumfängliches Geständnis, das Versuchsstadium der Tat, die fehlende Professionalität der Diebstahlshandlungen und die alkoholische Enthemmung berücksichtigt, zulasten die Eintragungen im Erziehungsregister und dass ein Taschendiebstahl ein besonders schwerwiegendes Delikt sei, das mit dem Verlust sämtlicher Papiere und Bankkarten verbunden sei, gewertet.

Durch Urteil des Amtsgerichts M. vom ... Oktober 2010 wurde der Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 15,- € verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger am ... Juni 2010 gegen 3.20 Uhr in einer Diskothek dem Geschädigten mit der Faust ins Gesicht schlug. Hierdurch erlitt dieser mehrere Hämatome im Gesicht und nicht unerhebliche Schmerzen. Der Geschädigte hatte zuvor versucht, einen Streit des Klägers mit einem Dritten zu schlichten. Zugunsten des Klägers wurden dessen alkoholbedingte Enthemmung und die restlose Verheilung der verursachten Verletzungen gewertet, zulasten, dass der Kläger gezielt ins Gesicht schlug, das vorherige strafrechtliche Inscheinungstreten sowie die Anstiftung einer Zeugin zu einer günstigen Falschaussage durch den Kläger.

Seit 2011 ging der Kläger keiner Tätigkeit nach.

Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom ... März 2011 wurde der Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 10,- € verurteilt.

Seit ... Juli 2013 genoss der Kläger als kroatischer Staatsangehöriger Freizügigkeit.

Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom ... Oktober 2013 wurde der Kläger wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30,- € verurteilt.

Ab ... Januar 2015 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft in der JVA M..

Laut einem Schreiben des Propev, Verein für Prävention, Jugendhilfe und Suchttherapie, habe der Kläger in der JVA M. Beratungsgespräche der externen Suchtberatung wahrgenommen. Er habe selbstständig Kontakt aufgenommen und sei bereits vorher in der Suchberatung gewesen. Er zeige sich durch die in der Haft entstandene zwangsweise Abstinenz positiv beeindruckt und glaubhaft motiviert für eine Veränderung seiner bisherigen Konsummuster mit der Orientierung einer langfristigen Suchtmittelabstinenz. Er wünsche sich fachliche Unterstützung und strebe eine ganztägige ambulante suchttherapeutische Maßnahme an, da er parallel zur Therapie eine Weiterbildung zum Fitnesskaufmann machen wolle. Aus fachlicher Einschätzung scheine der Kläger glaubhaft motiviert und sein Vorhaben erscheine erfolgsversprechend.

Durch Urteil des Amtsgerichts M. vom ... Oktober 2015 wurde der Kläger wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz und Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger am ... August 2014 über 20 g Marihuana verfügte, um diese gewinnbringend zu verkaufen. Er veräußerte und übergab 13 g an einen Unbekannten im Stadtgebiet München zu einem unbekannten Preis. Zudem bot er einem anderweitig Verfolgten 7 g zum Verkauf an. Zu einem unbekannten Zeitpunkt vor dem 15. Januar 2015, vermutlich am ... Januar 2015, führte der Kläger mindestens 1.786,6 g Marihuana aus Kroatien über einen nicht näher bekannten Grenzübergang in die Bundesrepublik Deutschland ein, um dieses zum weit überwiegenden Teil im Stadtgebiet München gewinnbringend zu verkaufen. Zugunsten des Klägers wurde gewertet, dass er ein Teilgeständnis ablegte, sein Suchtproblem mitfinanzieren wollte, sich seit bereits 9 Monaten zum Zeitpunkt des Urteils in Haft befand und es sich bei Marihuana um das weichste der üblichen Betäubungsmittel handelt. Strafschärfend wurden die Professionalität und der Umfang der Tätigkeit gewertet, dass das Hauptmotiv das Gewinnstreben und nicht die Finanzierung der Sucht gewesen sei und die Vorstrafen. Für die erste Tat wurde eine Einzelstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten, für die zweite Tat 2 Jahre und 8 Monate verhängt. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde angeordnet, da ohne die Bekämpfung seines Hangs, Drogen zu konsumieren, mit weiteren derartigen Straftaten zu rechnen sei.

Am ... November 2015 wurde der Kläger entlassen und in das ...Klinikum ... überführt.

Mit Schreiben der Beklagten vom 25. Januar 2016 wurde der Kläger bzgl. einer möglichen Verlustfeststellung angehört.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2016 führte die Mutter des Klägers aus, dass der Kläger praktisch ohne Vater aufgewachsen sei und auch seine Mutter für ihn nicht habe da sein können, da sie habe arbeiten müssen. Der Kläger habe die ganze Kriegsgeschichte in Bosnien mitbekommen und um seinen Opa gebangt. Irgendwann habe der Kläger angefangen, Gras zu rauchen. Er habe mehrmals versucht aufzuhören. Jetzt habe er eine richtige Chance erhalten, eine Therapie zu machen. In Kroatien habe er keine Freunde, Arbeit oder Zuhause, dort würde er wieder anfangen Drogen zu nehmen. Er sei sowohl in Kroatien als auch in Australien fremd. Er könne nur ein paar kroatische Worte, sei noch nie in Australien gewesen.

In einem Schreiben vom 21. März 2016 teilte das ...Klinikum ... mit, der Kläger sei seit ... November 2015 in Therapie und zeige eine äußerlich stabile Therapiemotivation. Sämtliche Screenings auf Drogen und Alkohol seien negativ. Er zeige sich weitgehend angepasst, es sei aber einige Male zu kleineren Unstimmigkeiten gekommen, da es ihm nicht leicht falle, sich an Regeln zu halten. Er habe gegen Ende des Berichtszeitraumes diese Probleme jedoch besser verbalisieren und entschärfen können. Er beteilige sich regelmäßig und motiviert an allen Therapieangeboten und nehme an der Arbeitstherapie teil. Er zeige sich offen und freundlich. Die tiefergehende Bearbeitung der Drogensucht stehe aber noch aus. Die anfänglichen Gespräche verliefen oberflächlich. Der Kläger gehe davon aus, dass er so willensstark sei, dass seine jetzige Entscheidung, keine Drogen mehr zu konsumieren, ausreiche, um die Suchterkrankung hinter sich zu lassen. Therapeutisch werde versucht, ein höheres Problembewusstsein zu schaffen. Der Kläger wolle als Fitnesstrainer arbeiten. Er befürworte eine Fortsetzung der Maßregel und möchte sich stufenweise wieder in die Gesellschaft eingliedern. Zusammenfassend lasse sich sagen, dass der Kläger therapiemotiviert wirke und somit eine Aussicht auf Erfolg der Behandlung bestehe. Aus ärztlich therapeutischer Sicht sei die Fortsetzung der Maßregelbehandlung vertretbar und werde auch empfohlen.

Mit Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2016 stellte diese den Verlust des Rechts des Klägers auf Einreise und Aufenthalt fest, untersagte die Wiedereinreise und den Aufenthalt für sechs Jahre und drohte die Abschiebung nach Kroatien an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Zeitraum der Inhaftierung des Klägers bzw. seiner Unterbringung grundsätzlich geeignet sei, die für die Anwendung von § 6 Abs. 5 FreizügG/EU erforderliche Kontinuität des zehnjährigen Aufenthalts des Klägers zu unterbrechen. Der erforderliche Aufenthalt von zehn Jahren sei vom Zeitpunkt der Verfügung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme zurückzurechnen. Da sich der Kläger bereits seit dem ... Januar 2015 in Haft befinde, sei die Kontinuität seines Aufenthalts bereits seit 16 Monaten unterbrochen. Dem Kläger sei es während seines langjährigen Aufenthalts nicht gelungen, sich derart in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu integrieren, dass trotz der Inhaftierung/Unterbringung und der damit verbundenen Unterbrechung der Kontinuität seines Aufenthaltes von einem Fortbestand der mit der Bundesrepublik Deutschland geknüpften Integrationsverbindung auszugehen wäre. Integration beruhe auch auf qualitativen Faktoren. Eine berufliche Integration des Klägers sei bis zuletzt nicht gelungen. Der Kläger habe lediglich in Teilzeit oder auf Geringverdienerbasis gearbeitet. Das Einkommen reiche nicht zum Bestreiten des Lebensunterhaltes, der Kläger sei auf Zuwendungen aus der Familie und die „Einkünfte“ aus dem Drogenhandel angewiesen. Weitere Integrationsverbindungen seien nicht bekannt oder vorgetragen. Somit sei die Kontinuität unterbrochen und der Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU nicht anwendbar, da keine derart gewichtigen Umstände vorlägen, die trotz Unterbrechung die Gewährung eines solchen verstärkten Schutz geböten. Vorliegend lägen schwerwiegende Gründe im Sinne des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU vor. Die vom Kläger begangenen Straftaten seien im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln. Angesichts der kriminellen Energie des Klägers könne nicht davon ausgegangen werden, dass die kurze Erfahrung mit dem Strafvollzug ihn zukünftig abschrecke. Der Maßregelvollzug des ...-Klinikums ... ändere nichts an der Wiederholungsgefahr. Die Beklagte könne zurzeit nicht von einer erfolgreich abgeschlossenen Therapie ausgehen. Der Kläger befinde sich noch am Anfang der Therapie und habe noch nicht unter Beweis stellen können, dass er sich auch in seinem alten Umfeld dauerhaft von der Sucht lösen wird. Die Rückfallquote sogar bei erfolgreicher abgeschlossener stationärer Drogentherapie sei hoch. Das familiäre Umfeld habe zudem den Kläger auch nicht zu einer Abkehr vom Drogenmilieu bewegen können. Der Kläger konsumiere seit seinem 14. Lebensjahr Marihuana, seit dem 17. Lebensjahr auch zuhause. Mit 20 Jahren habe der Kläger pro Konsumeinheit 1,5 Gramm Marihuana konsumiert. An Wochenenden habe er überwiegend Kokain konsumiert. Bei einer Abhängigkeit, die sich bereits verfestigen konnte, sei die Gefahr, trotz Behandlung wieder in die Abhängigkeit zu gleiten, besonders hoch. Der Schutz der Bevölkerung vor Betäubungsmitteln sei ein besonders gewichtiges Grundanliegen der Gesellschaft. Der Europäische Gerichtshof sehe in der Rauschgiftsucht „ein großes Übel für den Einzelnen und eine soziale und wirtschaftliche Gefahr für die Menschheit“. Im Übrigen zähle der Drogenhandel zu den Straftaten, die in Art. 83 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV als Bereiche besonders schwerer Kriminalität genannt werden. Dies könne als schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses angesehen werden und die Ausweisung von Personen rechtfertigen, die entsprechende Straftaten begangen hätten. Angesichts der offensichtlichen kriminellen Energie des Klägers, seiner schlechten Einkommensverhältnisse und der derzeit nicht therapierten Betäubungsmittelabhängigkeit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Zeit der Untersuchungshaft und die relativ kurze Zeit der Unterbringung den Kläger künftig von weiteren Straftaten abschrecken werde. Die konkrete Wiederholungsgefahr ergebe sich aus der Eigenart der Straftaten, mit denen der Kläger auf möglichst bequeme Art reich werden wollte. Er habe unter Beweis gestellt, dass er sich außerhalb der Geltung der Rechtsordnung stelle und die Werte der Rechtsordnung nicht annehmen wolle. Der Kläger habe keine Ausbildung in einem Ausbildungsberuf durchlaufen und seine Versuche, einer geregelten Arbeit nachzugehen, seien eher verhalten gewesen. Er habe nur „gejobbt“ und sich auf die finanzielle Unterstützung durch seine Mutter und Großmutter verlassen. Von August 2011 bis 2014 habe der Kläger seinen Lebensunterhalt als auch den Eigenkonsum durch den Anbau von Drogen und das unerlaubte Handeltreiben finanziert. Dies sei erst durch die Festnahme beendet worden. Mangels einer beruflichen Qualifikation werde es dem Kläger in jedem Land schwerfallen, beruflich Fuß zu fassen. Somit lägen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU vor, da die Gefahr weiterer derartiger Straftaten der hier lebenden Allgemeinheit nicht zugemutet werden könne. Die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 und 2 FreizügG/EU sei somit zum Schutz der hier lebenden Bevölkerung unumgänglich. Die Beklagte gehe bei der Güter- und Interessenabwägung von dem vom Strafgericht festgestellten Tathergang aus. Eigene Ermittlungen seien nicht erforderlich gewesen. Die abgeurteilten Straftaten stellten eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei weiterer Anwesenheit des Klägers im Bundesgebiet auch künftig schwerwiegend gefährdet werde. Die Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt stelle das geeignete, aber auch erforderliche Mittel der Gefahrenabwehr dar. Die Beklagte beachte auch § 6 Abs. 3 FreizügG/EU sowie Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Grundsätzlich habe eine gewisse Integration des Klägers stattgefunden. Er habe sich insbesondere seit 1990 bis zu seiner Inhaftierung am ... Januar 2015 in Deutschland aufgehalten. Ihm werde der Status eines faktischen Inländers zuerkannt, da er sich bereits seit seinem dritten Lebensjahr im Bundesgebiet aufgehalten habe. Es werde jedoch davon ausgegangen, dass der Kläger Kroatisch könne. Er unterhalte sich so mit seiner Mutter zuhause und auch der enge Kontakt zur Großmutter, die ihren Wohnsitz in Kroatien habe und dort lebe, und die häufigen Fahrten dorthin ließen darauf schließen. Es sei dem Kläger zuzumuten, sich für eine Zeit in Kroatien aufzuhalten. Seine Mutter könne ihn dort weiterhin finanziell unterstützen. Die Beklagte sehe die Chance, dass der Kläger nach der Entlassung aus der Therapie beruflich ohne Ausbildung seinen Lebensunterhalt aus eigener Tätigkeit bestreite, eher als gering an. Aufgrund der drohenden Wiederholungsgefahr müssten die privaten Belange des Klägers zurückstehen. Weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK stünden somit der im öffentlichen Interesse gelegenen Beendigung des Aufenthalts des Klägers in Deutschland entgegen. Die persönlichen Interessen, insbesondere der lange Aufenthalt vor der Festnahme im Bundesgebiet, sei berücksichtigt worden. Den gewichtigen öffentlichen Interessen stünden letztendlich jedoch keine gleichgewichtigen persönlichen Interessen entgegen. Die Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen führe daher zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts überwiege. Ein Befristungszeitraum von über fünf Jahren sei gemäß § 7 Abs. 2 Satz 7 FreizügG/EU möglich, da der Rechtsverlust aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit festgestellt worden sei. Wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter und der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr erachte die Beklagte auch im Hinblick auf die familiären und persönlichen Bindungen im Bundesgebiet einen Zeitraum von sechs Jahren für erforderlich, um dem hohen Gefahrenpotential Rechnung tragen zu können. Vor dem Hintergrund der Rückfallgefahr bei den vom Kläger verübten Straftaten sowie seines familiären Umfelds sei nicht zu erwarten, dass der Kläger die hier maßgebliche Gefahrenschwelle des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU vor Ablauf der festgesetzten Frist unterschreite.

Mit Schreiben vom ... Juli 2016, eingegangen am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 1. Juni 2016 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass weder zu Australien noch zu Kroatien enge Bindungen bestünden. Der Kläger sei noch nie in Australien gewesen und besuche in Kroatien bisher lediglich seine dort lebende, erkrankte Großmutter. Seine Mutter wohne in München. Familie und Freunde befänden sich in Deutschland. Er habe in der Vergangenheit lediglich für eine sehr kurze Zeit von Sozialleistungen gelebt. Die bereits begonnene Therapie zeige schon erste Wirkungen. Der Kläger beabsichtige, die Therapie erfolgreich zu beenden und wieder Fuß im Arbeitsleben zu fassen. Die Erfolgschancen seien vor dem Hintergrund, dass es sich um die erste stationäre Therapie handele und alle bisherigen Screenings negativ gewesen seien, positiv. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Verlustfeststellung finde die Stufe des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU Anwendung. Dies sei die höchste Stufe, die an besonders strenge Voraussetzungen geknüpft sei. Der Kläger habe in den letzten zehn Jahren seinen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt. Die Vorschrift fordere keinen durchgängig rechtmäßigen Aufenthalt. Sie stimme insoweit mit Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG überein. Aus der systematischen Zusammenschau des Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG, der ausdrücklich einen rechtmäßigen Aufenthalt voraussetze, könne nur geschlossen werden, dass dies im Rahmen von Art. 28 Abs. 3 lit. a nicht zu fordern sei. Der zehnjährige Aufenthalt des Klägers werde nicht durch die Untersuchungs- bzw. Strafhaft und die Unterbringung im Maßregelvollzug unterbrochen. Zwar sei gemäß dem EuGH ein Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe durch den Betroffenen grundsätzlich geeignet, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen, der EuGH habe aber klargestellt, dass trotz einer Unterbrechung dennoch eine umfassende Beurteilung der Situation des Betroffenen jeweils zu dem Zeitpunkt vorzunehmen sei, zu dem sich die Frage der Verlustfeststellung stelle. Die Beklagte schließe unzulässigerweise von der Diskontinuität durch die Unterbringung auf einen Abbruch aller Integrationsversuche mit der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte hätte für die Versagung des Schutzes des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU weitergehende Erwägungen anstellen müssen, als lediglich auf das formalistische Argument der gegenwärtigen Unterbrechung des Aufenthalts zu verweisen. Die lange Aufenthaltsdauer seit der Einreise in die Bundesrepublik sei von erheblichem Gewicht für die Beurteilung. Es sei verfehlt, dem Kläger den Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU zu versagen. Der Kläger habe über 90% seiner Lebenszeit in der Bundesrepublik verbracht. Dies müsse bereits bei der Anwendbarkeit von § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berücksichtigt werden. Keine der in § 6 Abs. 5 S. 3 FreizügG/EU abschließend genannten Fallgruppen sei einschlägig. Die erforderliche Strafdauer sei mit drei Jahren und zwei Monaten unterschritten. Zudem sei der Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unionsrechtlich auszulegen und erheblich enger als im deutschen Polizei- und Sicherheitsrecht. Er umfasse allein die innere und äußere Sicherheit des Staates, nicht dagegen grundsätzliche Verstöße gegen Strafgesetze. Es könnten nur Straftaten erfasst werden, deren Bedeutung über das gewöhnliche Maß hinausginge und darüber hinaus die öffentliche Sicherheit im unionsrechtlichen Sinne beeinträchtige. Zudem seien auch die Voraussetzungen der Stufe des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU nicht erfüllt, es lägen keine schwerwiegenden Gründe vor. Diese müssten gewichtiger als diejenigen sein, die eine Verlustfeststellung unter den Vorgaben des § 6 Abs. 1 bis 3 FreizügG/EU erlauben würden, und geringfügiger als solche, die eine Feststellung nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU ermöglichten. Die Beklagte führe in der weit überwiegenden Mehrzahl generalpräventive Gründe aus, indem sie die allgemeinen Gefahren von Betäubungsmitteln beschreibe. Der EuGH stelle klar, dass jede Ausweisungsmaßnahme auf die individuelle Prüfung des Einzelfalls gestützt werde. Eine solche Prüfung habe die Beklagte aber nur sporadisch vorgenommen. Es genüge insbesondere nicht, das Gewicht des für eine Ausweisung sprechenden öffentlichen Interesses allein anhand der Typisierung der den Ausweisungsanlass bildenden Straftaten zu bestimmen. Auch bei Betäubungsmittelstraftaten dürften weder die gesetzlichen Vorgaben noch ein allgemeines Erfahrungswissen zu einer schematischen Gesetzesanwendung führen, die die im Einzelfall für den Ausländer sprechenden Umstände ausblende. Es hätte sich aufgedrängt zu untersuchen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Drogenkonsum und dem Handeltreiben bestehe, der es als unwahrscheinlich erscheinen lasse, dass der Kläger, nachdem das Motiv eigenen Konsums entfallen sei, erneut mit Drogen handeln werde. Zudem könne nicht pauschalisierend und mit Bezugnahme auf generalpräventive Erwägungen darauf verwiesen werden, dass Cannabis als Einstiegsdroge für eine bestimmte Gruppe Abhängiger diene. Weiter sei zu beachten, dass eine bloß gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung für § 6 Abs. 4 FreizügG/EU nicht reiche. Der Begriff der Gegenwärtigkeit werde in § 6 Abs. 4 FreizügG/EU qualifiziert und sei an noch höhere Voraussetzungen geknüpft. Es sei notwendig, dass von Seiten des Unionsbürgers die Gefahr weiterer Straftaten bestehe. Eine konkrete Wiederholungsgefahr bestehe beim Kläger nicht. Der Kläger befinde sich in einer Therapie, deren Erfolgschancen offen seien, und wolle nach erfolgreich durchgeführter Therapie einer Tätigkeit nachgehen. Es liege zudem kein schwerwiegender Grund vor. Keine der Einzelstrafen überschreite die Grenze von drei Jahren, sondern lediglich die Gesamtstrafe. Somit lieferten die Höhe der Einzelstrafen doch deutliche Indizien dafür, dass ein schwerwiegender Grund nicht vorliege. Es fehle an einer umfassenden Abwägung der Belange des Klägers gegenüber denjenigen der Allgemeinheit. Die Beklagte habe sich nicht hinreichend mit dem Grundrecht des Klägers aus Art. 8 EMRK auseinandergesetzt.

Mit Schreiben vom 10. August 2016 hat die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

In einer Stellungnahme des ...-Klinikums vom 27. Oktober 2016 zum Therapieverlauf des Klägers seit März 2016 wird ausgeführt, dass der Kläger seit Beginn der Therapie auf der weiterführenden Station durch sein unzuverlässiges Verhalten hinsichtlich der Arbeitstherapie-Teilnahme aufgefallen sei. Ebenso unzuverlässig habe er sich anfangs in Bezug auf die Einhaltung seiner Termine zu den Einzelgesprächen sowie zur Gruppentherapie gezeigt. Am ... Juni 2016 habe er aus Frustration mit der Faust auf die Wand geschlagen und sich dadurch eine Fraktur zugezogen. Am ... Juni 2016 sei es zu einem ersten Regelverstoß gekommen, da der Kläger nachts mit einem Handy angetroffen worden sei. Im Kontakt mit dem Personal verhalte er sich adäquat, kommunikativ und freundlich. Sein Verhalten auf Station sei meist ruhig und angepasst. In den Einzelgesprächen zeige sich der Kläger kommunikativ, aber wenig authentisch. Insgesamt wirke der Kläger wenig kritikfähig und wenig einsichtig, das eigene Fehlverhalten zu erkennen. Bei der Thematisierung seiner eigenen Suchterkrankung zeige sich der Kläger oberflächlich, wenig introspektionsfähig und eher passiv, so dass eine Auseinandersetzung mit der Problematik innerhalb der Einzelgespräche bislang nur bedingt erfolgen habe können. Am ... Oktober 2016 sei der Kläger nicht mehr zu dem vereinbarten Einzelgespräch gekommen. Am ... Oktober 2016 sei beim Kläger erneut ein Handy gefunden worden. Er habe sich diesbezüglich uneinsichtig gezeigt, habe ein absolut unangemessenes Verhalten an den Tag gelegt, gereizt und aufgebracht und vor allem seiner pflegerischen Bezugsperson gegenüber bedrohlich gewirkt. Es scheine, als gelinge es dem Kläger nicht, eigenes Fehlverhalten zu erkennen und zu reflektieren. Nach diesem Regelverstoß habe der Kläger in der darauf folgenden Woche die Teilnahme an den angebotenen Therapien verweigert und sich seitdem provokant, bedrohlich und zunehmend dissozial verhalten. Zudem sei es unmittelbar nach dem Handybesitz zu einem weiteren Verstoß gegen getroffene Vereinbarungen gekommen. Er habe mit einem Trainingsgerät trainiert, dessen Gebrauch ihm untersagt sei. Im Einzelgespräch am ... Oktober 2016 habe sich der Kläger fordernd, vorwürflich und tendenziell bedrohlich gezeigt. Die Einhaltung von Regeln sowie das Aufbringen einer authentischen Motivation des Weiterkommens durch Kooperation und Mitarbeit würden für ihn nicht länger in Frage kommen. Eine tragfähige therapeutische Beziehung sei nicht länger vorhanden. Zur Kooperation sei der Kläger lediglich oberflächlich bereit. Das aktuelle Verhalten stelle einen deutlichen Widerspruch zur angegebenen Therapiemotivation dar. Eine Fremdgefährdung könne aufgrund des zunehmenden provokant-bedrohlichen und aus der Vergangenheit bekannten impulsiven Verhaltens nicht länger ausgeschlossen werden, so dass der Kläger am ... Oktober 2016 auf die hochgesicherte Station zurückverlegt worden sei. Während der Verlegung sei ein weiteres Handy in der Unterhose sichergestellt worden. Die aktuellen Entwicklungen ließen darauf schließen, dass der geäußerten Therapiemotivation des Klägers nur bedingt Glauben geschenkt werden könne, weshalb eine authentische Therapiemotivation in Frage gestellt werde. Aktuell werde die Behandlungsprognose aufgrund des beschriebenen Verlaufs als ungünstig eingeschätzt. Aus ärztlich-therapeutischer Sicht müsse die Fortsetzung der Maßregel und die Aussicht auf Erfolg kritisch hinterfragt werden.

Der Kläger befindet sich zurzeit zur Drogentherapie im ...-Klinikum ....

In der Akte findet sich eine Bescheinigung des Versicherungsverlaufs des Klägers von der Deutschen Rentenversicherung, nach dem der Kläger

- in der Zeit vom ... September 2003 bis ... November 2003 760,- € aus einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung verdient hat

- in der Zeit vom ... Januar 2004 bis ... Dezember 2004 jeweils 2160,- € aus zwei nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... Januar 2005 bis ... August 2005 jeweils 1440,- € aus zwei nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... September 2005 bis ... September 2005 jeweils 84,- € aus zwei nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... September 2005 bis ... Dezember 2005 3431,- € aus einer versicherungspflichtigen und jeweils 636,- € aus zwei nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... Januar 2006 bis ... Dezember 2006 12013,- € aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung verdient hat

- in der Zeit vom ... Januar 2006 bis ... Juni 2006 jeweils 1080,- € aus zwei nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung verdient hat

- in der Zeit vom ... Juli 2006 bis ... November 2006 jeweils 900,- € aus zwei nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung verdient hat

- in der Zeit vom ... Januar 2007 bis ... Juni 2007 arbeitslos war

- in der Zeit vom ... Juli 2007 bis ... August 2007 auf Ausbildungssuche war

- in der Zeit vom ... September 2007 bis ... September 2007 370,- € aus einer nichtversicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... Oktober 2007 bis ... Dezember 2007 1100,- € aus einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... Januar 2008 bis ... Dezember 2008 4514,- € aus einer nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... Oktober 2009 bis ... November 2009 782,- € aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigungen verdient hat

- in der Zeit vom ... November 2009 bis ... Dezember 2009 246,- € Arbeitslosengeld II ohne Arbeitslosigkeit bezogen hat

- in der Zeit vom ... Januar 2010 bis ... Dezember 2010 2460,- € Arbeitslosengeld II ohne Arbeitslosigkeit bezogen hat

- in der Zeit vom ... Januar 2011 bis ... August 2011 Arbeitslosengeld II bezogen hat

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. Satz 1 VwGO).

I.

Die Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, ist rechtmäßig im Sinne von § 6 FreizügG/EU.

Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung des Tatsachengerichts (vgl. BayVGH B.v. 10.10.2013 - 10 ZB 11.607 - juris; BVerwG U. v. 3.8.2004 - 1 C 30/02 - juris).

Die Beklagte geht in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend davon aus, dass beim Kläger, der ein Daueraufenthaltsrecht erworben hat, nach § 6 Abs. 1 und 4 FreizügG/EU die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden konnte. Rechtsgrundlage für die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts ist vorliegend § 6 Abs. 1 und 4 FreizügG/EU. Auf den höheren Schutz nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU kann sich der Kläger nicht berufen.

Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU darf eine Feststellung nach Absatz 1 bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden.

Die Tatsache, dass sich der Kläger elf Monate im Gefängnis befunden hat, unterbricht die Kontinuität des Aufenthalts und führt dazu, dass der verstärkte Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU für den Kläger nicht gilt, obwohl er sich vor seiner Inhaftierung mehr als zehn Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hat. Dafür spricht schon der Wortlaut („in den letzten zehn Jahren“) und die Tatsache, dass Gefängnisaufenthalte auch für das Erreichen eines Daueraufenthaltsrechts schädlich sind. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH vom 16. Januar 2014 (EUGH, U. v. 16.1.2014 - C-400/12 - juris). Dort spricht der EuGH zwar widersprüchlich einmal davon, dass die Verbüßung einer Freiheitsstrafe die Kontinuität des Aufenthalts grundsätzlich unterbricht (Ziffer 33) und an anderer Stelle, dass der Gefängnisaufenthalt grundsätzlich nur geeignet ist, die Kontinuität des Aufenthalts zu unterbrechen. Jedenfalls führt die geforderte Einzelfallprüfung (Ziffer 35) nach Auffassung des Gerichts dazu, dass die Kontinuität des Aufenthalts durch die Haft unterbrochen wurde. Bereits vor der Inhaftierung bestanden nur geringe Integrationsverbindungen im Bundesgebiet. So hat der Kläger keine Ausbildung abgeschlossen, stets nur in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen gearbeitet und war von 2011 bis zu seiner Inhaftierung 2015 arbeitslos. Allein aus dem langen Aufenthalt im Bundesgebiet kann nicht auf eine Kontinuität geschlossen werden. Der Kläger kann sich somit nicht auf den besonderen Schutz nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berufen (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2015, § 6 FreizügG/EU Rn. 64 m. w. N).

Der Verlust des Freizügigkeitsrechts kann - unabhängig von den Verlustgründen nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU - nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit festgestellt werden. Dabei genügt die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung für sich allein nicht, um die in Abs. 1 genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen, § 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt, § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, § 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsland zu berücksichtigen, § 6 Abs. 3 FreizügG/EU. Nach Erwerb des Daueraufenthaltsrechts darf die Feststellung nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden, § 6 Abs. 4 FreizügG/EU.

Dabei besagt das Erfordernis einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung nicht, dass eine „gegenwärtige Gefahr“ im Sinne des deutschen Polizeirechts vorliegen muss, die voraussetzt, dass der Eintritt des Schadens sofort und nahezu mit Gewissheit zu erwarten ist. Es verlangt vielmehr eine hinreichende - unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit nach dem Eintritt des möglichen Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu differenzierende - Wahrscheinlichkeit, dass der Ausländer künftig die öffentliche Ordnung beeinträchtigen wird.

Die bei Inhabern des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU vorausgesetzten schwerwiegenden Gründe liegen vor, wenn die drohende Beeinträchtigung zu schweren Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit führt. Die erhebliche Gefahr mindestens mittlerer oder schwerer Straftaten oder für die innere Sicherheit ist daher erforderlich, um schwerwiegende Gründe im Sinne des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU annehmen zu können (Hailbronner, Kommentar zum AuslR, Stand: 81. Aktualisierung April 2013, FreizügG/EU, § 6 Rn. 68).

Zu Recht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass in der Person des Klägers eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, und dass diese gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung schwerwiegend ist.

Die strafrechtliche Verurteilung wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln stellt im vorliegenden Fall eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 6 Abs. 1 und 4 FreizügG/EU dar. Es liegen schwerwiegende Gründe vor. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit liegen bei schweren Rauschgiftdelikten vor, die regelmäßig mit einer hohen kriminellen Energie verbunden sind und das Leben und die Gesundheit anderer Menschen in schwerwiegender Weise gefährden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit Urteil vom 23. November 2010 (C-145/09 - juris) auf die Bedeutung und Schädlichkeit des Drogenhandels sowohl für den Einzelnen als auch für die Mitgliedstaaten hingewiesen. Gefahren, die vom illegalen Handel mit Betäubungsmitteln ausgehen, schwerwiegend sind und ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren. Gerade der Handel mit Betäubungsmitteln, der die Abhängigkeit anderer Drogenkonsumenten aufrecht erhält oder verstärkt und der auf eine Erweiterung des Kundenkreises von bisher nicht abhängigen Personen angelegt ist, führt zu erheblichen Gefahren für die Gesellschaft, deren Abwehr im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung auch einschneidende Maßnahmen rechtfertigt (vgl. BVerwG U.v. 14.5.2013 - 1 C 13.12; BayVGH U.v. 27.9.2012 - 10 B 10.1084, beide juris). Die betroffenen Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen hohen Rang ein (vgl. EuGH, U.v. 23.11.2010 - C-145/9 - juris Rn. 45 ff.; BayVGH, B.v. 6.5.2015 -10 ZB 15.231 - juris Rn. 4). Illegaler Drogenhandel gehört auch zu den in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV angeführten Straftaten im Bereich der schweren Kriminalität.

Auch die Wiederholungsgefahr, von der die Beklagte beim Kläger ausgegangen ist, liegt weiterhin vor. Ob eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne besteht, kann nicht gleichsam automatisch bereits aus der Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung geschlossen, sondern nur aufgrund einer individuellen Würdigung der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Dabei ist u. a. zu prüfen, ob eine etwaige Verbüßung der Strafe erwarten lässt, dass der Unionsbürger künftig keine die öffentliche Ordnung gefährdende Straftat mehr begehen wird (vgl. BVerwG, U.v. 3.8.2004 - 1 C 30/02 - juris Rn. 26 m. w. N.). Liegt, wie beim Kläger, die Ursache der begangenen Straftaten (auch) in der Suchtmittelabhängigkeit, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die erfolgreiche Absolvierung einer Therapie zwingende Voraussetzung für ein denkbares Entfallen der Wiederholungsgefahr (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2012 - 10 ZB 11.2454 - juris Rn. 9; B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 7). Die Therapiebestrebungen des Klägers ändern nichts am Bestehen der Wiederholungsgefahr, denn zum Zeitpunkt der Entscheidung liegt noch nicht ansatzweise eine abgeschlossene Therapie vor, die jedoch Voraussetzung für das Entfallen einer Wiederholungsgefahr wäre (vgl. BayVGH, B.v. 17.12.2015 - 10 ZB 15.1394 - juris Rn. 17; B.v. 26.11.2015 - 10 ZB 14.1800 - juris Rn. 7 m. w. N.; VG München, U. v. 21.4.2016 - M 12 K 16.649 - juris Rn. 41). Die beim Kläger vorliegende - offensichtliche massive - Drogensucht ist nicht therapiert (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 15.12.2015 - 10 ZB 13.2665 - juris Rn. 8). Wie das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 30. Oktober 2015 feststellt, ist ohne die Bekämpfung des Hangs des Klägers, Drogen zu konsumieren mit weiteren Straftaten zu rechnen. Es ist nicht absehbar, ob der Kläger eine Therapie erfolgreich abschließen wird. Laut einer Stellungnahme des ...Klinikums vom 27. Oktober 2016 ist der Kläger mehrmals disziplinarisch aufgefallen. Es besteht bei ihm keine authentische Therapiemotivation. Die Behandlungsprognose wird als ungünstig eingeschätzt. Daher kann derzeit nicht von Drogenfreiheit und damit von einem Entfallen der Wiederholungsgefahr die Rede sein. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Verlauf einer begonnenen Therapie oder gar den Verlauf der Strafhaft abzuwarten, bevor sie über eine Ausweisung entscheidet (vgl. BVerwG, B.v. 15.4.2013 - 1 B 22.12 - juris). Dazu kommt, dass der Kläger wegen verschiedener Delikte und mit hoher Rückfallgeschwindigkeit erheblich vorbestraft ist (versuchter Diebstahl im Jahr 2009, Körperverletzung im Jahr 2010, Betrug und Hausfriedensbruch im Jahr 2010, Körperverletzung im Jahr 2011, Beleidigung im Jahr 2013). Der Kläger geht keiner Beschäftigung nach, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger seinen Unterhalt und seine Sucht (Drogen) weiterhin durch Straftaten finanzieren würde. Dafür spricht auch die hohe Rückfallgeschwindigkeit der Straftaten. Es ist daher mit einer hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Kläger bei einem Verbleib bzw. einer Wiedereinreise in das Bundesgebiet erneut massiv straffällig würde.

Da vom Kläger auch künftig weiterhin Straftaten von erheblichem Gewicht zu erwarten sind, steht der Annahme „schwerwiegender Gründe“ im Sinne von § 6 Absatz 4 FreizügG/EU nicht entgegen, dass der Kläger nicht wegen einer einzelnen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist (vgl. VG Saarlouis, U.v. 28.10.2010 - 10 K 5/10 - juris).

Zwar ist nach Nr. 6.4.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Freizügigkeitsgesetz/EU des Bundesministeriums des Innern vom 26.10.2009 (GMBl. 2009, 1270) die Annahme schwerwiegender Gründe, die nach Erwerb des Daueraufenthaltsrechts gemäß § 4a FreizügG/EU zum Verlust des Aufenthaltsrechts führen können, insbesondere bei drohender Wiederholung von Verbrechen und besonders schweren Vergehen gerechtfertigt, wenn der Betroffene wegen eines einzelnen Deliktes rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden und die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Ebenso die Gesetzesbegründung zu § 6 Absatz 3 FreizügG/EU a. F., der eine Verlustfeststellung nach Erwerb eines Daueraufenthaltsrechts nur aus „besonders schwerwiegenden Gründen“ vorsah (vgl. BT-Drs. 15-240 (105) zu Abs. 3).

Hierbei handelt es sich indes lediglich um ein Regelbeispiel, welches es nicht ausschließt, im Einzelfall nach Verurteilung wegen schwerwiegender Straftaten aufgrund des abgeurteilten Verhaltens des Unionsbürgers und der insoweit anzustellenden aktuellen Gefährdungsprognose gleichwohl eine schwerwiegende, das Grundinteresse der Gesellschaft berührende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzunehmen.

In Anbetracht der soweit fortbestehenden gegenwärtigen Gefahr, dass der Kläger hinsichtlich der Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten wieder rückfällig wird, geht auch das staatliche Interesse des Schutzes der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dem klägerischen Interesse an einem Fortbestehen seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eindeutig vor.

Die Beklagte hat die persönlichen Interessen des Klägers ausreichend berücksichtigt und zutreffend gewichtet. Das Gericht kann die Ermessensentscheidung der Beklagten gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich daraufhin überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden.

Nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU sind bei der Verlustfeststellung insbesondere Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen. Daneben spielen die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bedrohten Rechtsguts, sowie die Entwicklung und die Lebensumstände des Klägers eine wichtige Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2010 - 19 ZB 10.584 - juris). In dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte alle für den Kläger maßgeblichen Umstände berücksichtigt und sich auch mit den Schutzgütern des Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention -EMRK- und des Art. 6 GG auseinandergesetzt.

Einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK hat die Beklagte zu Recht verneint. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Der Eingriff einer Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist, vgl. Art. 8 Abs. 2 EMRK. Ein Eingriff in die Schutzgüter des Art. 8 EMRK kommt dann in Betracht, wenn der Betroffene im Aufenthaltsstaat über intensive persönliche und familiäre Bindungen verfügt, insbesondere bei Ausländern, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Einzelfalles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist (vgl. BVerwG U. v. 29.9.1998 - 1 C 8/96 - juris)

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Ermessensentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Beklagte gewürdigt, dass der Kläger den Status eines faktischen Inländers hat, es ihm aber zuzumuten ist, sich für eine Zeit in Kroatien aufzuhalten. Er spricht kroatisch. Seine Großmutter lebt dort. Auch dort kann er weiterhin von seiner Mutter finanziell unterstützt werden. Mangels beruflicher Qualifikation wird es dem Kläger in jedem Land schwerfallen, sich beruflich zu integrieren. Bzgl. des Bedürfnisses, die familiären Bindungen zu pflegen bzw. aufzubauen, kann der volljährige Kläger auf Telefonate, Briefe und einzelne Besuche verwiesen werden. Auf die weiteren Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid wird insoweit Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO.

II.

Die in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs Jahre begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 2 FreizügG/EU. Die festgesetzte Frist von sechs Jahren erscheint jedenfalls angemessen, um dem beim Kläger bestehenden hohen Gefahrenpotential Rechnung zu tragen.

III.

Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids entspricht § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU.

IV.

Daher war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(2) Auf die nach Absatz 1 erforderliche Dauer des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis werden in der Regel nicht die Zeiten angerechnet, in denen der Ausländer außerhalb des Bundesgebiets die Schule besucht hat.

(3) Ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach Absatz 1 besteht nicht, wenn

1.
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2.
der Ausländer in den letzten drei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Jugendstrafe von mindestens sechs oder einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten oder einer Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen verurteilt worden oder wenn die Verhängung einer Jugendstrafe ausgesetzt ist oder
3.
der Lebensunterhalt nicht ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch gesichert ist, es sei denn, der Ausländer befindet sich in einer Ausbildung, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss führt.
In den Fällen des Satzes 1 kann die Niederlassungserlaubnis erteilt oder die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden. Ist im Falle des Satzes 1 Nr. 2 die Jugend- oder Freiheitsstrafe zur Bewährung oder die Verhängung einer Jugendstrafe ausgesetzt, wird die Aufenthaltserlaubnis in der Regel bis zum Ablauf der Bewährungszeit verlängert.

(4) Von den in Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 und Absatz 3 Satz 1 Nr. 3 bezeichneten Voraussetzungen ist abzusehen, wenn sie von dem Ausländer wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllt werden können.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Der am 23. September 1982 in Prizren geborene Kläger‚ ein serbischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit‚ reiste im Alter von fast 13 Jahren zu seinen im Bundesgebiet lebenden Eltern ein. Seit 2001 ist er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis. Mit seiner Klage wendet er sich gegen seine mit Bescheid vom 21. Februar 2014 verfügte Ausweisung‚ die vor dem Hintergrund von drei Freiheitsstrafen vor allem wegen Körperverletzungen‚ Diebstählen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in den letzten fünf Jahren‚ die in der Summe drei Jahre und acht Monate ergeben‚ ausgesprochen wurde. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt er seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter. Der Kläger besitzt einen am 9. November 2011 ausgestellten Reisepass der Republik Serbien. Das Amtsgericht Dachau ordnete mit Urteil vom 29. Oktober 2012 die Unterbringung des Klägers in einer Entziehungseinrichtung an.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit bestünden nur dann‚ wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG‚ B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

1. Allerdings konnte die Ausweisung nicht als zu einer Regelausweisung herabgestufte (§ 53 Nr. 1, § 56 Abs. 1 Satz 3, 4 AufenthG) Ausweisung verfügt werden. Vielmehr liegt hier eine Ausnahme von der Regel vor, die eine weitere Herabstufung notwendig macht und eine Ausweisung nur noch nach Ermessensausübung zuläßt, weil „durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten“ (BVerwG‚ U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - BVerwGE 129‚ 367 = juris Rn. 24). Diese Folgerung ergibt sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK‚ der jedermann das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens garantiert und einen Eingriff hierin nur zulässt‚ soweit er u. a. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder zur Verhütung von Straftaten notwendig ist (Art. 8 Abs. 2 EMRK). Der Kläger‚ der im Alter von zwölf Jahren in das Bundesgebiet eingereist ist, sich seit etwa 20 Jahren hier aufhält und seit 2001 ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt, hat glaubhaft vorgetragen‚ dass sich praktisch sein gesamtes Privatleben im Bundesgebiet abspielt; Beziehungen zu seinem Herkunftsland hat er wohl nur noch zu seinem dort lebenden älteren Bruder‚ während drei weitere Geschwister und die Eltern im Bundesgebiet leben. Danach bedarf es - unabhängig von der nicht „gelungenen Integration in die Lebensverhältnisse in Deutschland“ (UA‚ S. 11) - im Rahmen einer Ausweisung aber einer individuellen Würdigung‚ inwieweit er im Bundesgebiet verwurzelt ist (BVerwG‚ a. a. O., juris Rn. 25). In diesen Fällen bietet der vom Gesetzgeber im Ausweisungsrecht - neben der zwingenden und der Regel-ausweisung - vorgesehene dritte Entscheidungsmodus in der Verwaltungspraxis die höhere Gewähr für eine Berücksichtigung sämtlicher Aspekte des jeweiligen Einzelfalls und deren angemessene Gewichtung (BVerwG‚ a. a. O.). Die beiden vom Beklagten und vom Verwaltungsgericht zu dieser Frage zitierten Entscheidungen (OVG Saarl, B.v. 20.4.2011 - 2 B 208/11 - juris; VG Darmstadt‚ B.v. 21.12.2005 - 8 G 2120/05 - juris) befassen sich im Übrigen nicht mit dem Verhältnis von Regel- zu Ermessensausweisung‚ sondern damit‚ ob ein Ausländer allein wegen seiner Verwurzelung einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 8 EMRK) haben kann.

2. Die vom Beklagten (vorsorglich) ausgesprochene Ausweisung nach Ermessensausübung‚ die das Verwaltungsgericht als rechtmäßig angesehen hat‚ begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie ist trotz des darin liegenden Eingriffs in das Privatleben des Klägers als Maßnahme zur Verhinderung weiterer gravierender strafbarer Handlungen notwendig und stellt sich auch unter Berücksichtigung seiner umfassend gewürdigten persönlichen Verhältnisse als nicht unverhältnismäßig dar.

Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Urteil unter der Annahme der Anwendbarkeit von Art. 8 Abs. 1 EMRK aus‚ wegen der Intensität des strafrechtlich bedeutsamen Verhaltens des Klägers und seiner mangelnden Integration in das Bundesgebiet sei die Ausweisung weder bezüglich des mit ihr verfolgten spezialpräventiven noch des generalpräventiven Zwecks zu beanstanden. Im Ausweisungsbescheid‚ auf den das Verwaltungsgericht Bezug nimmt‚ wird auf eine konkrete Wiederholungsgefahr im Hinblick auf erneut zu erwartende schwere Rechtsgutverletzungen verwiesen, die Grundinteressen der Gesellschaft berührten; bei dem Kläger handele es sich um einen Gewohnheitskriminellen‚ weshalb die Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten nur durch eine Ausweisung wirksam unterbunden werden könne. Insbesondere habe er als drogensüchtiger Straftäter die notwendige Therapie noch nicht erfolgreich abgeschlossen‚ weshalb eine Wiederholungsgefahr nach wie vor bestehe. Demgegenüber weist der Kläger in seinem Zulassungsvorbringen darauf hin‚ dass er sich seit dem 14. Januar 2014 wegen der bei ihm diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung vor dem Hintergrund einer Polytoxikomanie in einer Entziehungseinrichtung befinde und dort seither drogen- und alkoholabstinent geblieben sei‚ so dass die Fortführung des Maßregelvollzugs als therapeutisch und sozialprognostisch sinnvoll erachtet werde. Er bereite sich auf den allgemeinen Mittelschulabschluss vor. Laut einer Bestätigung der Klinik vom 24. September 2014 stehe seine Aufnahme in die Lockerungsstufe C bevor‚ womit er einer Außenbeschäftigung nachgehen könne. Er weise eine glaubhafte Veränderungs- und Abstinenzmotivation auf. Mit Schreiben vom 21. April 2015 teilte der Kläger mit‚ dass er nun in der Stufe D außerhalb der Klinik arbeiten dürfe, bereits einen Arbeitsplatz als Gärtnerhelfer gefunden habe und damit seine Integration in die Arbeitswelt vorantreibe. Außerdem plane er für Ende 2015, die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen zu schließen. Das zuständige Landratsamt habe ihm bereits am 11. Juni 2015 eine zunächst auf sechs Monate befristete Duldung ausgestellt‚ die es ihm ermögliche‚ seine Verlobte in Stuttgart zu besuchen‚ wohin er zu einem späteren Zeitpunkt ziehen wolle.

Diese Ausführungen vermögen keine ernstlichen Zweifel an der vom Verwaltungsgericht nachvollzogenen Gefahrenprognose des Beklagten hervorzurufen. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH‚ B.v. 18.7.2014 - 10 ZB 13.2440 - juris; B.v. 14.11.2012 - 10 ZB 12.1172 - juris) kann von einem Fortfall der Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden‚ solange der Kläger seine Drogentherapie nicht erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung künftig drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat. Hiervon kann weder im für die maßgeblichen Umstände grundsätzlich relevanten Zeitpunkt des Ablaufs der Begründungsfrist für die Zulassung der Berufung (11. Oktober 2014) ausgegangen werden noch nach den im Zeitpunkt dieser Entscheidung bekannten Erkenntnissen. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet‚ dass der Kläger nicht nur illegale Betäubungsmittel - seit seinem 18. Lebensjahr auch Heroin - konsumiert hat, sondern teilweise parallel dazu Medikamenten- und Alkoholmissbrauch betrieben hat (vgl. Protokoll der kbo-Stufungskonferenz vom 24. September 2014). Entsprechend der nachvollziehbaren Einschätzung der behandelnden Ärzte besteht eine erhöhte Rückfallgefahr in Gruppensituationen und bei Konfrontationen mit Angeboten aus dem alten Milieu sowie bei psychischer und emotionaler Belastung; daraus können neuerliche Straftaten vor allem im Sinne einer Beschaffungskriminalität resultieren. Den multiplen Missbrauch verschiedener Substanzen entsprechend dem Krankheitsbild einer Polytoxikomanie erklärt der Kläger selbst damit, so die Wirkungen einer zunächst konsumierten Droge zu verstärken oder ihnen entgegenzuwirken. Beim Kläger kommt hinzu‚ dass er bisher mindestens 13 stationäre Entgiftungen hinter sich hat‚ außerdem zwei erfolglose Langzeittherapien im September 2009 und im Jahr 2012 (vgl. Bl. 41 der Gerichtsakte). Bei seiner letzten Entgiftung ist er gegen ärztlichen Rat im Jahr 2011 trotz noch nicht abgeschlossener Behandlung entlassen worden. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat auch zum heutigen Tage nach wie vor eine vom Kläger ausgehende ernsthafte Gefahr für bedeutsame Schutzgüter durch die Begehung schwerwiegender Straftaten, insbesondere erneuter Gewaltdelikte.

Die im strafrechtlichen Urteil vom 29. Oktober 2012 angeführten‚ für ihn sprechenden Umstände vermögen hieran angesichts des langjährigen Drogen-‚ Tabletten- und Alkoholmissbrauchs nichts zu ändern. Es ist wie in vergleichbaren Fällen nicht von der Hand zu weisen‚ dass der Kläger seine derzeitige Abstinenz vor allem unter dem Druck der Ausweisung und des anhängigen Gerichtsverfahrens aufrechterhält. Vor diesem Hintergrund mögen sein unauffälliges Verhalten während der Therapie‚ seine dort offenbar an den Tag gelegte Veränderungsbereitschaft‚ die Teilnahme an den therapeutischen Einzelgesprächen und schließlich die Aufnahme einer Außenarbeit auf der Basis einer ausländerrechtlichen Duldung mit Arbeitserlaubnis zwar positive Ansätze darstellen; sie reichen aber angesichts des bis in frühe Lebensjahre zurückgehenden Missbrauchs verschiedener Betäubungs- und Genussmittel noch nicht aus‚ um bereits heute eine positive Prognose abgeben zu können. Gleiches gilt für den Hinweis im Zulassungsvorbringen‚ der Strafvollzug habe auf ihn als „Erstverbüßer eine abschreckende Wirkung“. Welchen positiven Einfluss schließlich die hervorgehobenen familiären Bindungen des Klägers zu seinen Eltern und Geschwistern im Bundesgebiet im Hinblick auf die konkrete Gefahr erneuter Straftaten haben sollen‚ ist nicht erkennbar.

Das angefochtene Urteil erweist sich aber nicht nur im Hinblick auf die spezialpräventiv motivierte Zielrichtung der Ausweisung als unangreifbar‚ sondern begegnet auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken, als es die generalpräventiven Überlegungen zur Ausweisung billigt. Art. 8 Abs. 1 EMRK würde im Übrigen auch eine ausschließlich generalpräventiv begründete Ausweisung eines „verwurzelten“ Ausländers nicht ausschließen (BVerwG, U.v. 14.2.2012 - 1 C 7/11 - BVerwGE 142, 29 = juris Rn. 20 f., m.w. Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR zur Zulässigkeit generalpräventiv begründeter Ausweisungen).

Das Zulassungsvorbringen vermag auch nicht mit dem Vorwurf durchzudringen, es habe keine § 55 Abs. 3 AufenthG genügende Interessenabwägung stattgefunden. In der angefochtenen Entscheidung wird zu Recht darauf verwiesen, dass sich der Bescheid (vgl. 2.4.3, S. 18 - 22) mit sämtlichen Umständen auseinandersetzt, die für und gegen den weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet sprechen, und damit eine im Rahmen von § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstandende Abwägung und Gewichtung vornimmt.

Das angefochtene Urteil begegnet auch nicht deshalb ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit‚ weil die Ausweisung unverhältnismäßig im Sinn von Art. 8 Abs. 1 EMRK wäre. In diesem Zusammenhang trägt der Kläger vor‚ das Verwaltungsgericht habe nur die Aspekte betont‚ die gegen seine Integration im Bundesgebiet sprächen‚ jedoch ausgeklammert‚ dass er dem Kosovo völlig entfremdet sei. Auch die Behauptung im Urteil‚ er habe nicht einmal ein Schulabschluss erworben‚ sei schlichtweg falsch; sogar der Beklagte habe im Ausweisungsbescheid auf den von ihm erworbenen Hauptschulabschluss hingewiesen. Die Ausweisung führe zum Verlust sämtlicher familiärer Bindungen im Bundesgebiet. Jegliche Bindungen zum Herkunftsstaat fehlten. Sein im Kosovo lebender Bruder sei alkoholabhängig und verlege seinen Wohnsitz gerade nach Slowenien. Im Ergebnis stehe die Ausweisung damit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Ziel. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte werde das Fehlen jeglicher Bindungen zum Herkunftsstaat als gewichtiger Grund für die Unverhältnismäßigkeit einer Ausweisung angesehen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Kläger keine ernsthaften Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf. Die genannten Umstände machen den durch die Ausweisung bewirkten Eingriff in das Recht auf Privatleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. z. B. EGMR, U.v. 18.10.2006 - 46410/99 - NVwZ 2007, 1279) nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff. So führt insbesondere die dem Kläger auferlegte Übersiedlung in sein Herkunftsland nicht zu einer unverhältnismäßigen Härte. Es ist ihm zuzumuten‚ sich dort ein neues „Privatleben“ aufzubauen und seine vorhandenen albanischen Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen. Seine Beziehun-gen zu den im Bundesgebiet verbleibenden Familienangehörigen kann er auf andere Weise pflegen‚ zumal die Entfernung zwischen dem Kosovo und Bayern kein unüberwindbares Hindernis darstellt. Auch der behauptete Fortzug des Bruders aus dem Kosovo würde an dem Ergebnis ebensowenig etwas ändern wie der - vom Verwaltungsgericht verkannte - Umstand, dass der Kläger im Bundesgebiet einen Schulabschluss erworben hat. Die von der Beklagten verfügte Wiedereinreisesperre von drei Jahren eröffnet im Übrigen durchaus die Möglichkeit einer Rückkehr in das Bundesgebiet bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1, 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung und begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Er ist am ... in ... geboren (Bl. 7 d. Behördenakte - BA) und am 2. April 2005 nach Deutschland eingereist. Nach eigenen Angaben hat er in ... eine schlechte Kindheit verbracht. Die Tante, bei der er aufwuchs, habe ihre eigenen Söhne bevorzugt und den Kläger benachteiligt. Der ältere Cousin habe ihn schikaniert und ihn im Alter von sechs oder sieben Jahren mehrfach anal missbraucht.

Nachdem der Kläger 2005 zu seiner Mutter gezogen war, die bereits längere Zeit in Deutschland gelebt hatte, besuchte er die 5. Klasse sowie einen Deutschkurs. Er erreichte den qualifizierenden Hauptschulabschluss mit der Note 2,8 (Bl. 410 d. BA) und wechselte auf den M-Zweig. Er verließ die Schule mit der Mittleren Reife (Bl. 173 d. BA). Der Kläger erzielte gute Leistungen und erhielt lobende Bemerkungen in seinen Zeugnissen, seine soziale Kompetenz wurde hervorgehoben. Er war während seiner Zeit in der Volksschule ... als Streitschlichter und Pausenhelfer eingesetzt (Bl. 420 d. BA) sowie im TSV ... Mitglied in der Abteilung ... (Bl. 101, 130 d. BA). Darüber hinaus engagierte sich der Kläger bei der Freiwilligen Feuerwehr im Landkreis ... (Bl. 419 d. BA). Es finden sich eine Bestätigung über die erfolgreiche Teilnahme an einem Schülerpraktikum der Firma ... GmbH (Bl. 418 d. BA) sowie Lehrgangsbestätigungen zur Berufsausbildungsvorbereitung (Bl. 416 f. d. BA) in den Akten.

Da bei der Mutter des Klägers der Verdacht der Doppelehe bestand, war für längere Zeit nicht klar, ob der Kläger in Deutschland bleiben kann. Daher war es ihm zunächst nicht gelungen, eine Lehrstelle zu finden. Nach dem Besuch einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme fand er eine Lehrstelle als ..., die er im September 2014 antrat.

Erstmals wurde dem Kläger am 8. Juni 2006 eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, die mehrfach befristet verlängert wurde, zuletzt bis zum 2. August 2015. Am 28. Juli 2015 (Bl. 346 d. BA), am 29. Juli 2015 (Bl. 347 d. BA) und am 14. Dezember 2015 (Bl. 405 d. BA) beantragte der Bevollmächtige des Klägers jeweils die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

Am ... März 2015 wurde der Kläger vorläufig festgenommen und befand sich seitdem in Untersuchungshaft (Bl. 329 d. BA).

Mit Urteil vom ... September 2015, rechtskräftig seit 26. September 2015, verhängte das Amtsgericht (AG) ... gegen den Kläger wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 17 tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit einem Fall des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern eine Jugendstrafe von drei Jahren. Der Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger fungierte in den Jahren 2014 und 2015 als Babysitter und passte hierbei auf zwei Kinder auf. Zu im Einzelnen nicht näher feststellbaren Zeitpunkten im Zeitraum 2014 bis März 2015 kam es zu folgenden sexuellen Übergriffen durch den Kläger zum Nachteil der Geschädigten, die im Oktober 2006 geboren ist: Mindestens einmal entdeckte die Geschädigte den Kläger beim Onanieren in der Toilette der Wohnung, woraufhin der Kläger mit der Geschädigten die „Abmachung“ traf, dass das Mädchen seinen Penis anfassen dürfe, wenn sie ihrer Mutter nichts hiervon erzähle. Anschließend ließ der Kläger von der Geschädigten über einen Zeitraum von mehreren Minuten Onanierbewegungen an seinem Penis durchführen. Zu mindestens zwei weiteren Zeitpunkten zog sich die Geschädigte in der Wohnung aus und legte sich bäuchlings auf den Boden. Der Kläger entblößte sodann seinen Penis, legte sich auf die Geschädigte und rieb seinen Penis an ihrem Gesäß. Einmal kam der Kläger zum Samenerguss. Zu einem weiteren Zeitpunkt befand sich der Kläger mit herunter gezogener Hose sitzend auf der Couch in der Wohnung. Auf Aufforderung des Klägers zog sich die Geschädigte ebenfalls ihre Hose herab und setzte sich auf ihn. Sodann rieb er seinen Penis an ihren Schamlippen. Zu mindestens zehn weiteren Zeitpunkten onanierte der Kläger in der Wohnung vor der Geschädigten, wobei er teilweise zum Samenerguss kam. Zu einem weiteren Zeitpunkt nahm die stehende Geschädigte den Penis des Klägers, der auf einer Couch in der Wohnung saß, auf dessen Aufforderung hin in den Mund und vollzog den Oralverkehr. Der Kläger leckte danach mit der Zunge an ihren Schamlippen. Zu mindestens zwei weiteren Zeitpunkten manipulierte der Kläger in der Wohnung mit den Händen an den nackten Schamlippen der Geschädigten. Zu einem weiteren Zeitpunkt im März 2015 befanden sich der Kläger und die Geschädigte im Wohnzimmer der Wohnung. Auf Aufforderung des Klägers zog die Geschädigte ihre Hose bis auf die Oberschenkel herab. Der Kläger öffnete seine Hose und stellte sich zwischen die Beine der auf der Couch sitzenden Geschädigten. Er rieb seinen Penis an ihren entblößten Schamlippen und onanierte vor ihr, bis die Mutter der Geschädigten das Wohnzimmer betrat und eine weitere Tatausführung verhinderte.

Das Strafgericht bewertete den vollzogenen Oralverkehr als schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes gem. § 176a Abs. 2 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB), die übrigen Taten wurden als sexueller Missbrauch von Kindern gem. § 176 Abs. 1 StGB gewertet. Es wandte Jugendrecht an, weil beim heranwachsenden Kläger im Tatzeitraum Reifeverzögerungen bejaht werden konnten. Der ruhige, sehr höfliche Kläger wirke nach außen hin sehr reif. Allerdings werde bei näherer Betrachtung deutlich, dass seine Lebensgeschichte mit erheblichen Belastungen einhergehe, er zunächst ohne Vater und Mutter aufgewachsen sei und dann durch das Übersiedeln nach Bayern aus ... eine erhebliche Entwurzelung erfahren habe.

Im Rahmen der Zumessung wurde zugunsten des Klägers gewertet, dass er bislang strafrechtlich nie in Erscheinung getreten war. Das fast umfängliche Geständnis gegenüber der Polizei wurde positiv berücksichtigt. Hinzu käme, dass er dieses Geständnis im Wege einer Selbstanzeige bei der Polizei abgeben habe. Dies zeige, dass der Kläger in weitem Umfang zu den Taten stehe und bereit sei, sich damit auseinanderzusetzen. Es handele sich dabei nicht um einen einmaligen Akt, sondern der Kläger habe in der gesamten Zeit der Untersuchungshaft versucht, das „Warum“ der Taten zu fassen. Er habe von Anfang an eine Bereitschaft zur Therapie geäußert, die nach den Ausführungen des Sachverständigen auch erfolgversprechend sein könnte. Denn anders als viele Täter habe der Kläger den ersten und wesentlichen Schritt, sich zu den Taten zu bekennen, bereits getan. Zugunsten des Klägers wurde auch seine schwierige persönliche Entwicklung berücksichtigt. Dazu gehöre die schwere Kindheit und seine eigene Missbrauchserfahrung. Hier seien Parallelen wie das vergleichbare Alter des vom Cousin missbrauchten Klägers und der nunmehr Geschädigten sowie die Art der Annäherung von hinten auffällig, auch wenn er in die Geschädigte nicht anal eingedrungen sei. Außerdem wurde zu seinen Gunsten gewürdigt, dass er es durch seine ausführlichen Angaben gegenüber der Polizei der Geschädigten erspart habe, vor Gericht auszusagen.

Zulasten des Klägers wurde die Anzahl der Missbrauchsfälle über den längeren Zeitraum sowie die Motivlage gewertet: Er habe gehandelt, um eigenen Druck abzubauen, und dadurch seine eigenen sexuellen Bedürfnisse über die Bedürfnisse anderer gestellt. Straferschwerend wurde der massive Vertrauensbruch sowohl im Verhältnis zum Kind als auch zur Mutter der Geschädigten gewertet. Dieser werde auch darin deutlich, dass die Mutter heute noch nicht mit der Gesamtsituation umgehen könne. Der Vertrauensbruch liege auch in der Beziehung zur Geschädigten massiv vor. Die Kinder seien dem Kläger als engem Bekannten der Familie zum Babysitting anvertraut gewesen, die Übergriffe hätten im eigenen familiären Wohnumfeld des Kindes, also im engsten Vertrauensraum stattgefunden. Zulasten des Klägers wurden auch die massiven Folgen für die Familie der Geschädigten und die Folgen bei der Geschädigten gewertet.

Das Strafgericht ging vom Vorliegen schädlicher Neigungen aus, die in der Tat hervorgetreten seien und noch fortwirkten. Der mehrfach durchgeführte Missbrauch des sehr jungen Kindes, um eigenen Druck abzulassen, zeige massive Auffälligkeiten, die eine längere Gesamterziehung erforderlich machten. Dabei ging das Gericht davon aus, dass die Aussichten für eine Sozialtherapie beim Kläger sowie dessen Therapiewille gut seien. Der vollverantwortliche Kläger habe schwere Schuld auf sich geladen. Die Besonderheiten lägen vorliegend darin, dass er ein auf einer Selbstanzeige basierendes relativ umfangreiches Geständnis abgelegt habe und selbst willens sei, die Taten zu verstehen und sich in Therapie zu begeben. Insgesamt hielt das Gericht eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren für geeignet und erforderlich, um eine längere Gesamterziehung im Wege einer sozialen Therapie zu ermöglichen und auf der anderen Seite auch der Schwere der Schuld Rechnung zu tragen.

Es befindet sich ein Bericht der ... Jugendfürsorge ... e.V. vom ... September 2015 in den Akten (Bl. 426 d. BA). Der Kläger habe während der gesamten Inhaftierung das Gesprächsangebot aller Bediensteten aufrichtig und mit deutlich erkennbarer Betroffenheit genutzt. Er sei in hohem Maße daran interessiert, sich und sein Handeln ansatzweise zu begreifen. Der Kläger habe ein großes Bedürfnis, die eingeräumten Taten zu begreifen und könne es nicht. Er brauche Hilfe, nach der er auch selbst verlange.

Derzeit verbüßt der Kläger seine Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) ... Das Haftende ist für den 17. März 2018 vorgemerkt, 2/3 der Freiheitsstrafe werden am 16. März 2017 verbüßt sein (Bl. 396 d. BA).

Auf Anhörung durch die Beklagte äußerte sich der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom ... Dezember 2015 (Bl. 405 d. BA). Den Kläger verbinde mit seiner Heimat so gut wie nichts mehr, er habe mittlerweile Verständigungsprobleme. Seit seiner Ankunft in Deutschland als Elfjähriger habe er mit großem Fleiß versucht, sich hier zu integrieren. Hiervon zeugten seine Schulabschlüsse sowie die positiven Zeugnisbemerkungen. Es sei aufgrund der guten Sozialprognose davon auszugehen, dass der Kläger nicht wieder straffällig werde, zumal er bisher in keiner Weise anderweitig straffällig aufgefallen sei. Es könne angesichts der sich auch aus dem Strafurteil ergebenden positiven Sozialprognose davon ausgegangen werden, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung nicht erneut straffällig werde. Außerdem bemühe er sich derzeit während seiner Haft um seine weitere Fortbildung.

Mit Bescheid vom 14. Januar 2016 (Bl. 438 d. BA) wurde der Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen (Nr. 1). Seine Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28. Juli 2015, vom 29. Juli 2015 und vom 14. Dezember 2015 wurden abgelehnt (Nr. 2). Unter der Bedingung des Nachweises von Straffreiheit wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Jahre, im Fall der Nichterfüllung der Bedingung auf acht Jahre ab Ausreise befristet (Nr. 3). Der Kläger werde nach erfülltem Strafanspruch und Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht aus der Haft nach ... abgeschoben. Sollte er aus der Haft entlassen werden, bevor seine Abschiebung durchgeführt werden könne, sei er verpflichtet, das Bundesgebiet bis spätestens vier Wochen nach Haftentlassung zu verlassen. Die Abschiebung wurde angedroht (Nr. 4).

Die Beklagte stützte die Ausweisung des Klägers auf §§ 53 ff. des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG). Die Straffälligkeit des Klägers gefährde die öffentliche Sicherheit und Ordnung, das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiege seine privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet. Das Ausweisungsinteresse wiege beim Kläger gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besonders schwer. Ein Bleibeinteresse könne er nicht geltend machen, da er keinen Aufenthaltstitel besitze.

Die Beklagte berücksichtigte im Rahmen der Abwägung, dass der Gesetzgeber die Ausweisung aus general- und spezialpräventiven Gesichtspunkten zur Bekämpfung von Schwerkriminalität vorgesehen habe. Die vom Kläger begangenen Straftaten seien im Bereich der Schwerkriminalität anzusiedeln. Eine Verurteilung zu einer Jugendstrafe in Höhe von drei Jahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern sei ein hinreichender Gradmesser des im Rahmen des Verwaltungsrechts bestehenden Bedürfnisses vorbeugender Schutzmaßnahmen. Es werde anerkannt, dass der Kläger bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei und im Rahmen einer Therapie an der Aufarbeitung der Straftat arbeiten wolle. Die Aufnahme einer Therapie in der JVA stelle sich aber nicht als außergewöhnlicher und gegen eine Wiederholungsgefahr sprechender Umstand dar. Vom Bestehen einer Wiederholungsgefahr werde jedenfalls bis zum erfolgreichen Abschluss der Therapie auszugehen sein. Die Selbstanzeige des Klägers sei nicht geeignet, das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr auszuschließen. Der Kläger sei erst nach massiven Drohungen durch die Mutter der Geschädigten zur Polizei gegangen. Erschwerend komme hinzu, dass den Kläger weder das enge Verhältnis zur Mutter der Geschädigten noch die ihm übertragene Verantwortung davon hätten abhalten können, sich an dem Kind zu vergehen, was einen massiven Vertrauensbruch darstelle. Das Strafgericht gehe vom Vorliegen schädlicher Neigungen aus, die in der Tat hervorgetreten seien und fortwirkten. Der wiederholte Missbrauch des überaus jungen Kindes, um eigenen Druck abzulassen, offenbare massive Auffälligkeiten.

In Anbetracht der weitreichenden Konsequenzen des sexuellen Missbrauchs von Kindern spreche für die Verhinderung weiterer Straftaten ein besonders dringendes soziales Bedürfnis. Der Schutz von Kindern vor Sexualdelikten sei eine wichtige Aufgabe und ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die hier betroffenen Schutzgüter nähmen in der Hierarchie der Werteordnung der Grundrechte einen enorm hohen Rang ein und lösten insbesondere bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen staatliche Schutzpflichten aus. Dem Schutz vor weiteren Straftaten sei ein besonderes Gewicht zuzumessen. Es gelte, dieser Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit den gegebenen Mitteln des Ausländerrechts wirksam zu begegnen. Außerdem sei es bei Verurteilungen wegen Sexualdelikten gerechtfertigt, an die Wahrscheinlichkeit weiterer Straftaten des Ausländers nur geringe Anforderungen zu stellen.

Neben dem Ausweisungsinteresse sei das Bleibeinteresse des Klägers zu berücksichtigen. Die Ausweisung des Klägers entspreche Art. 8 Abs. 2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Dabei verkenne die Beklagte nicht, dass der Kläger bereits im Alter von elf Jahren in das Bundesgebiet eingereist sei und hier die Mittlere Reife erworben habe. Die Ausbildung habe der Kläger aufgrund seiner Inhaftierung nicht beenden können. Der Kläger habe am gesellschaftlichen Leben teilgenommen. Nichtsdestotrotz habe er einen Großteil seiner Kindheit in ... verbracht und dürfte mit den gängigen Bräuchen und Lebensgewohnheiten vertraut sein. Es sei davon auszugehen, dass seine Sprachkenntnisse für eine Rückkehr ausreichend seien. Da die Mutter des Klägers in Deutschland lebe, sei zudem Art. 6 Grundgesetz (GG) zu beachten gewesen. Bis zur Haftentlassung sei der Kläger 23 Jahre alt und nicht mehr auf ihren Beistand angewiesen. Es könne und müsse ihm zugemutet werden, sich in ... als junger und gesunder Mann eine eigene Existenz aufzubauen. Die Schulbildung des Klägers sowie seine Kenntnisse in der deutschen Sprache könnten in ... von großem Vorteil sein.

Die Abwägung der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts des Klägers mit seinen persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib ergebe unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung seines Aufenthalts überwiege. Die Ausweisung des Klägers sei gesetzlich vorgesehen und verfolge einen in Art. 8 EMRK aufgeführten legitimen Zweck, nämlich die Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Verhinderungen von Straftaten in Form von schweren Sexualdelikten. Die Ausweisung sei die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes, milderes Mittel sei der mit der Ausweisung verfolgte Zweck im Fall des Klägers nicht zu erreichen.

Über die Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 28. Juli 2015, vom 29. Juli 2015 und vom 14. Dezember 2015 hätte wegen der Straffälligkeit des Klägers bis dato nicht entschieden werden können. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verlängerung des Aufenthaltstitels, da er einen Versagungsgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfülle. Selbst wenn er nicht ausgewiesen worden wäre, würde sein Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels aus Ermessenerwägungen abgelehnt werden. Der Kläger stelle eine massive Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Die Voraussetzungen eines anderweitigen Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels lägen ebenfalls nicht vor. Darüber hinaus stehe der Erteilung eines Aufenthaltstitels der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 AufenthG entgegen.

Außer der gesetzlichen Ausreisepflicht habe die Ausweisung des Klägers ein Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot zur Folge. Diese Folgen würden bei Nachweis von Straffreiheit auf sechs Jahre ab Ausreise befristet. Dabei sei § 11 Abs. 3 AufenthG beachtet worden. Der Kläger sei wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Von ihm gehe eine massive Gefahr für die Selbstbestimmung wehrloser Kinder aus. Selbst nach erfolgreichem Abschluss einer Therapie sei von einer gewissen Wiederholungsgefahr auszugehen. Wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der sexuellen Selbstbestimmung und der festgestellten hohen Wiederholungsgefahr werde auch im Hinblick auf die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet ein Zeitraum von sechs Jahren für erforderlich erachtet, um dem hohen Gefahrenpotential Rechnung tragen zu können. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Rückfallgefahr bei den vom Kläger verübten Straftaten sei nicht zu erwarten, dass er die maßgebliche Gefahrenschwelle vor Ablauf der festgesetzten Frist unterschreite. Der mit der Befristung verfolgte Zweck stehe in einem angemessenen Verhältnis zur damit einhergehenden Beeinträchtigung der Privatinteressen des Klägers. Nach Abwägung und Berücksichtigung aller Umstände erscheine bei Erfüllung der aufgeführten Bedingung ein sechsjähriges Betretensverbot als geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel, weitere schwerwiegende Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abzuwenden. Sollte der Kläger die Bedingung nicht erfüllen, werde die Sperrfrist auf acht Jahre ab Ausreise befristet.

Am ... Februar 2016 hat der Kläger erhoben und beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2016 aufzuheben und

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.

Die Begründung des Bescheids leide unter Rechtsmängeln, insbesondere sei er ermessensfehlerhaft.

Der Kläger sei als Elfjähriger aus schwierigen familiären und sozialen Verhältnissen im März 2006 in die BRD gekommen. Dort habe bereits seit 2003 seine Mutter gelebt. Von 2003 bis zu seiner Einreise in die BRD sei der Kläger von wechselnden Personen betreut worden, zunächst von den Eltern seiner Mutter, sodann von einem Onkel und einer Tante, bei denen er nach dem Tod der Großeltern untergebracht gewesen sei. Dort sei er mehr schlecht als recht versorgt worden, das Verhältnis zu Onkel und Tante sei schwierig und angespannt gewesen, sie hätten nicht wirklich Interesse am Kläger gezeigt. Weder Onkel noch Tante noch deren Sohn wären bereit und in der Lage, sich um ihn bei einer Rückkehr in sein Heimatland zu kümmern oder ihm ein Wiedereinleben dort zu erleichtern. Letzterer lebe mit seiner Familie und drei Kindern in zwei Räumen, Kontakt zu weiteren Verwandten oder Bekannten bestünde seit langem nicht mehr. Mit seiner Heimat ... verbinde den Kläger so gut wie nichts mehr. Auch seine Mutter habe vor ihrer Ausreise in Thailand und nicht in ihrem Heimatland ... gelebt.

Der Kläger habe bis zum elften Lebensjahr bei verschiedenen Verwandten leben müssen, die nur wenig Interesse an ihm zeigten. Dies sei mit erheblichen Belastungen verbunden gewesen, wie sich auch aus dem Urteil des AG ... vom ... September 2015 ergebe. Der Kläger habe eine schwierige persönliche Entwicklung mit einer schweren Kindheit durchgemacht, getrennt von der Mutter, ohne Liebe und mit eigenen Missbrauchserfahrungen. Durch seine Übersiedlung als elfjähriges Kind in die BRD aus einem Dritte-Welt-Land habe er eine erhebliche Entwurzelung erfahren. Beim Kläger seien Reifeverzögerungen vorhanden.

Auch nach seiner Einreise in die BRD habe er noch nicht die einem Kind zu wünschende familiäre Geborgenheit erlebt. Seine Mutter und sein damaliger Stiefvater hätten nicht in familiärer Harmonie gelebt, sondern es sei häufig zu Unstimmigkeiten und Streitereien gekommen. Der Stiefvater habe den Kläger abgelehnt und ihn dies bei jeder Gelegenheit spüren lassen. Ein wirkliches Zuhause habe er erst nach der überwundenen Trennung und den sich daraus ergebenden gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen seiner Mutter und seinem Stiefvater Jahre später verspüren können. Trotzdem habe er seit seiner Ankunft als Elfjähriger in der BRD versucht, sich mit großem Fleiß zu integrieren. Er habe es in relativ kurzer Zeit geschafft, Deutsch zu lesen und zu schreiben und trotz seines belasteten Hintergrunds einen qualifizierenden Hauptschulabschluss und anschließend einen Mittleren Schulabschluss zu erwerben.

Der Kläger lebe fast genauso lang in der BRD wie früher als Kind in seiner Heimat ... In dieser Zeit habe er seine Heimat lediglich einmal zusammen mit seiner Mutter im Jahr 2014 besucht. Dabei habe sich gezeigt, dass er mittlerweile große Verständigungsprobleme habe. Ohne die Dolmetschertätigkeit seiner Mutter wäre es ihm nicht möglich gewesen, sich unmissverständlich zu verständigen. Der Kläger könne seine Muttersprache weder richtig lesen noch schreiben. Bei den Ausführungen der Beklagten zu den Bindungen des Klägers in sein Heimatland sowie zu seinen Sprachkenntnissen handele es sich nur um Vermutungen, die jeder Grundlage entbehrten. Sie lasse völlig außer Acht, dass die überwiegende Zeit, die der Kläger in ... verbracht habe, die Zeit seiner Geburt, Baby- und Kinderjahre gewesen seien und seine Prägung vielmehr nach seiner Ankunft in der BRD durch den dortigen Schulbesuch und seine Sozialkontakte erfolgt sei. Die Beklagte habe in ihrem Bescheid unzureichend gewürdigt, dass der Kläger von Beginn an trotz erheblicher sprachlicher und kultureller Schwierigkeiten versucht habe, sich in den Schulablauf einzuordnen, er eine große Sozialkompetenz erworben habe und er mit großem Fleiß den qualifizierenden Hauptschulabschluss und den Mittleren Schulabschluss mit gutem Erfolg erreicht habe. Er habe nach seinem Schulabschluss auch ein Ausbildungsverhältnis begonnen. All diese weit über dem Durchschnitt liegenden erfolgreichen Integrationsbemühungen des Klägers lasse die Beklagte bei ihrer Entscheidung vom 14. Januar 2016 so gut wie völlig außer Acht und würdige sie unzutreffend. Entgegen ihren Ausführungen habe sich der Kläger außerdem ausführlich mit seinen Taten auseinandergesetzt. Bereits aus der gerichtlichen Entscheidung des AG ... ergebe sich, dass er eine äußerst positive Sozialprognose habe. Derzeit unterziehe er sich in der JVA einer umfassenden Therapie. Es sei also davon auszugehen, dass eine Wiederholungsgefahr des Klägers nach Abschluss der Therapie und verbüßter Haftstrafe nicht mehr bestehe, so dass auch sozialpräventive Maßnahmen eine Beendigung des Aufenthalts nicht erforderlich machten. Hinzu komme, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung Betreuung durch seine Mutter und einen Bekannten erfahren könne. Diese seien bereit und in der Lage, ihn bei sich aufzunehmen und ihm jedwede Hilfestellung nach seiner Haftentlassung zukommen zu lassen.

Nicht nur wegen seiner mangelhaften Kenntnisse seiner Muttersprache hätte der Kläger bei einer Rückkehr in seine Heimat keine Chance, eine Ausbildung fortzusetzen oder neu zu beginnen oder anderweitige Arbeit zu finden, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Derzeit bemühe sich der Kläger während seiner Haft um seine weitere Fortbildung mit dem Ziel, nach seiner Entlassung die Fortsetzung oder den Neubeginn seiner Ausbildung aufzunehmen oder das Fachabitur zu erwerben und ein Studium zu beginnen. Die Beklagte unterlasse es in nicht zu tolerierender Weise, auch die positive Sozialprognose, die bereits im Strafurteil enthalten sei, bei ihrer Entscheidung ausreichend zugrunde zu legen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Laut gerichtlich angefordertem Führungsbericht der JVA ... vom ... April 2016 wurde der Kläger am 2. Dezember 2015 fest in die Sozialtherapeutische Abteilung für jugendliche Sexualstraftäter aufgenommen und nimmt seitdem an dem Behandlungsprogramm teil. Die voraussichtliche Behandlungsdauer betrage 22 Monate unter Berücksichtigung eines positiven Prognose- und Entlassgutachtens sowie weiterhin positiver Haftentwicklung. Der Arbeitseinsatz des Klägers wird als positiv beschrieben, er hat schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen erfolgreich absolviert. Der Kläger wird als ordentlich, höflich und zuvorkommend beschrieben. Sein Verhalten zu den Mitgefangenen sei konfliktfrei und unterstützend. Er gelte als vorbildlicher Gefangener. Einmal sei der Kläger im Rahmen einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Mitgefangenem disziplinarisch in Erscheinung getreten. Im Rahmen des sozialtherapeutischen Behandlungsprogramms zeige sich der Kläger interessiert und motiviert, die sozialen Kontakte zu seiner Mutter hätten sich bisher als stabil erwiesen. Ausweislich der Besuchsliste vom ... April 2016 besucht ihn seine Mutter regelmäßig in der JVA.

In der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2016 erklärte der Kläger, dass er mittlerweile keine Freundin mehr habe. Außerdem gab sein Prozessbevollmächtigter an, dass der Kläger eine Probezeit bestanden habe, in der er seine Therapiefähigkeit nachweisen habe müssen. Die Therapie beginne im Oktober 2016 und dauere bis August 2017.

Bezüglich des weiteren Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll vom 21. April 2016, bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), und er hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, § 113 Abs. 5 VwGO.

I.

Die Ausweisung des Klägers aus der BRD durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden.

Maßgeblicher Zeitpunkt zur rechtlichen Überprüfung der Ausweisung sowie der weiteren durch die Beklagte getroffenen Entscheidungen ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. nur BVerwG, U.v. 30.7.2013 - 1 C 9.12 - juris Rn. 8; U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12). Dabei beurteilt sich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nach dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das durch Art. 1 des Gesetzes vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394) geändert worden ist. Hiernach ist die Entscheidung über eine Ausweisung stets eine gerichtlich voll überprüfbare Rechtsentscheidung (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49; BR-Drs. 612/14, S. 56; VG Ansbach, U.v. 28.1.2016 - AN 5 K 15.00416 - juris Rn. 42).

Die Ausweisungsentscheidung der Beklagten ist rechtmäßig. Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der BRD gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Dies ist hier der Fall.

1. Vom Kläger geht eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die freiheitliche demokratische Grundordnung der BRD aus, § 53 Abs. 1 AufenthG. Dabei gilt für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr ein mit zunehmendem Ausmaß des möglichen Schadens abgesenkter Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 18; U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 16 m. w. N.). Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung besteht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass vom Kläger die Gefahr der Begehung von (weiteren) Sexualdelikten an Kindern ausgeht.

Der Kläger wurde mit Urteil des AG ... vom ... September 2015 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Sexueller Missbrauch von Kindern ist sehr persönlichkeits- und sozialschädlich, es gehen weitreichende Konsequenzen von ihm aus. Mit dieser Art von Straftaten werden den Opfern erhebliche körperliche und seelische Schäden zugefügt, die sich schlimmstenfalls ein Leben lang auswirken können. Daher ist der Schutz von Kindern vor Sexualdelikten eine wichtige Aufgabe und ein Grundinteresse der Gesellschaft. Bei den betroffenen Schutzgütern der sexuellen Selbstbestimmung, der Würde des Opfers und seiner körperlichen und seelischen Integrität handelt es sich um Rechtsgüter von hohem Rang, die im Falle des sexuellen Kindesmissbrauchs staatliche Schutzpflichten auslösen. Unter Berücksichtigung der vom Kläger bei seinen Taten gezeigten kriminellen Energie und des immensen Schadens, der durch den sexuellen Missbrauch von Kindern verursacht werden kann, ist die von § 53 Abs. 1 AufenthG geforderte Wiederholungsgefahr beim Kläger gegeben. So ist auch das AG ... in seinem Urteil vom ... September 2015 vom Vorliegen schädlicher Neigungen ausgegangen. Die Taten des Klägers sind in Zusammenhang damit zu sehen, dass er selbst als Kind Missbrauchsopfer geworden ist. Außerdem hat er angegeben, die Taten begangen zu haben, um Druck abzubauen. Zwar ging das Strafgericht davon aus, dass der Kläger in weitem Umfang zu den Taten steht und bereit ist, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Auch versucht der Kläger nunmehr engagiert, seine begangenen Taten aufzuarbeiten. Laut Bericht der JVA ... vom ... April 2016 zeigt sich der Kläger im Rahmen des sozialtherapeutischen Behandlungsprogramms interessiert und motiviert. Darüber hinaus wird er als vorbildlicher Gefangener beschrieben. Allerdings sind die Therapien des Klägers bisher nicht abgeschlossen. Auch wenn er wohl gute Therapieaussichten hat, dauern seine Therapien mindestens bis August 2017 an. Es ist trotz guter Prognose nicht absehbar, ob der Kläger diese erfolgreich abschließen wird. Schon deshalb kann nicht von einem Entfallen der Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Auch der Klägerbevollmächtigte geht nicht derzeit, sondern erst nach Abschluss der Therapie von einem Entfallen der Wiederholungsgefahr aus. Allerdings kann gerade nicht vorausgesagt werden, ob der Kläger die Therapie erfolgreich beenden und aufgrund dessen beim Kläger tatsächlich keine Wiederholungsgefahr mehr bestehen wird. Auch der Bericht der ... Jugendfürsorge ... e.V. vom ... September 2015 bestätigt, dass beim Kläger zwar ein Therapiewille vorhanden ist. Er nutzt das Gesprächsangebot und ist sehr daran interessiert, sich und sein Handeln zu begreifen. Allerdings kann der Kläger nach diesem Bericht seine Taten noch nicht einmal ganz begreifen und benötigt Hilfe, nach welcher er auch selbst verlangt. Daher kann derzeit von einer Aufarbeitung der Taten und damit von einem ggf. Entfallen der Wiederholungsgefahr nicht die Rede sein.

Auch wenn der Kläger bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und sich erstmals in Haft befindet, ändert dies nichts an der vorliegenden Wiederholungsgefahr. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Taten erst eingestellt hat, als er von der Mutter der Geschädigten entdeckt wurde. Zwar hat er sich daraufhin selbst bei der Polizei angezeigt, diese Selbstanzeige erfolgte jedoch auf Druck der Mutter der Geschädigten. Erschwerend kommt hinzu, dass den Kläger weder das Vertrauensverhältnis zur Geschädigten noch das Vertrauensverhältnis zu ihrer Mutter abgehalten hat, die Straftaten in Form vielfacher sexueller Übergriffe zu begehen. Dies zeugt von einer niedrigen Hemmschwelle und erheblicher krimineller Energie, mithin von einer bestehenden Wiederholungsgefahr.

2. Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage i. S. d. § 53 Abs. 1 AufenthG zu treffende Abwägung ergibt, dass das Ausweisungsinteresses das Bleibeinteresse des Klägers überwiegt.

a) § 53 AufenthG gestaltet die Ausweisung als Ergebnis einer umfassenden, ergebnisoffenen Abwägung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus. Sofern das öffentliche Interesse an der Ausreise das Interesse des Ausländers am Verbleib im Bundesgebiet nach dieser Gesamtabwägung überwiegt, ist die Ausweisung rechtmäßig. In die Abwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG sind die in §§ 54, 55 AufenthG vorgesehenen Ausweisungs- und Bleibeinteressen mit der im Gesetz vorgenommenen grundsätzlichen Gewichtung einzubeziehen. Neben den dort explizit aufgeführten Interessen sind aber noch weitere, nicht ausdrücklich benannte sonstige Bleibe- oder Ausweisungsinteressen denkbar. Die Katalogisierung in den §§ 54, 55 AufenthG schließt die Berücksichtigung weiterer Umstände nicht aus (BT-Drs. 18/4097, S. 49). Nach § 53 Abs. 2 AufenthG sind bei der Abwägung nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer des Aufenthalts, die persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen. Die Aufzählung der in § 53 Abs. 2 AufenthG genannten Kriterien ist aber nicht abschließend (BT-Drs. 18/4097, S. 50). Es sind für die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung maßgeblich auch die Kriterien des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heranzuziehen (vgl. nur EGMR, U.v. 18.10.2006 - Üner, Nr. 46410/99 - juris; EGMR, U.v. 2.8.2001 - Boultif, Nr. 54273/00 - InfAuslR 2001, 476-481). Hiernach sind vor allem die Art und die Schwere der vom Ausländer begangenen Straftaten, die Dauer des Aufenthaltes in dem Land, aus dem er ausgewiesen werden soll, die seit der Begehung der Straftat verstrichene Zeit und das seitherige Verhalten des Ausländers, die Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen, die familiäre Situation des Ausländers, ob zu der Familie Kinder gehören und welches Alter diese haben, sowie die Ernsthaftigkeit der Schwierigkeiten, welche die Familienangehörigen voraussichtlich in dem Staat ausgesetzt wären, in den der Ausländer ausgewiesen werden soll, die Belange und das Wohl der Kinder und die Stabilität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Gastland und zum Zielland zu berücksichtigen (VG Oldenburg, U.v. 11.1.2016 - 11 A 892/15 - juris Rn. 24).

b) Im Hinblick auf den Kläger besteht ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse i. S. d. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Denn er wurde 2015 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Ein besonders schweres Ausweisungsinteresse ist schon dann gegeben, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Die gegen den Kläger verhängte Strafe beläuft sich auf das eineinhalbfache des vom Gesetzgeber für ein besonders schweres Ausweisungsinteresse vorgesehenen Mindestmaßes.

c) Dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresse steht weder ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 AufenthG noch ein schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 2 AufenthG gegenüber. Denn der Kläger hat weder eine Aufenthalts- noch eine Niederlassungserlaubnis noch treffen auf ihn die übrigen Tatbestände des § 55 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu.

d) Die nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG durchzuführende Gesamtabwägung ergibt unter Berücksichtigung der §§ 54, 55 AufenthG und unter besonderer Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, dass die Ausweisung des Klägers rechtmäßig ist, weil das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse überwiegt.

Steht dem besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses i. S. d. § 54 Abs. 1 AufenthG kein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse gegenüber, so führt dies nicht ohne Weiteres zur Ausweisung des Ausländers. Der Gesetzgeber geht selbst davon aus, dass die in § 54 AufenthG typisierten Interessen im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände auch mehr oder weniger Gewicht entfalten können, so dass ein besonders schwerwiegendes oder schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nicht per se zur Ausweisung führen muss (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, § 53 Rn. 52). Erst im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände kann festgestellt werden, ob das Interesse an der Ausweisung das Bleibeinteresse überwiegt (vgl. BT-Drs. 18/4097, S. 49). Vorliegend überwiegt das besonders schwere Ausweisungsinteresse i. S. d. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG die Interessen des Klägers an einem Verbleib in der BRD, insbesondere sprechen Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht gegen die Ausweisung des Klägers.

(1) Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens. Die Behörde darf nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Da Art. 8 Abs. 2 EMRK eindeutig Ausnahmen von den in Art. 8 Abs. 1 EMRK zugesicherten Rechten vorsieht, kann aus Art. 8 Abs. 1 EMRK kein absolutes Recht auf Nichtausweisung abgeleitet werden (Bauer in Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl. 2016, Vor §§ 53-56 Rn. 96 ff.). Vielmehr bedarf es einer einzelfallbezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung, in die sämtliche Aspekte des Einzelfalls einzustellen sind.

Nach der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG hat der Staat die Pflicht, die Familie zu schützen und zu fördern. Jedoch ergibt sich auch hieraus kein unmittelbarer Anspruch auf Aufenthalt (vgl. nur BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Vielmehr verpflichtet Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG die Ausländerbehörde wie auch die Gerichte, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Klägers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen bei der Entscheidung zu berücksichtigen (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris - Rn. 16; BVerfG, B.v. 9.1.2009 - 2 BvR 1064/08 - juris Rn. 14). Insofern beanspruchen die oben zu Art. 8 EMRK genannten Kriterien auch Geltung für die Beantwortung der Frage, ob der vorliegende Eingriff verhältnismäßig im Sinne von Art. 6 GG, Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 20 Abs. 3 GG ist.

(2) Vor dem Hintergrund der Art. 8 EMRK ist im Rahmen der Gesamtabwägung nach § 53 Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits im Alter von elf Jahren aus schwierigen sozialen Verhältnissen heraus in die BRD eingereist ist. Er hatte in der BRD sicherlich keinen leichten Start, hat sich aber von Anfang an trotz sprachlicher und kultureller Schwierigkeiten mit großem, überdurchschnittlichem Engagement zu integrieren versucht. Der Kläger lernte schnell Deutsch und erwarb hier sowohl den qualifizierenden Hauptschulabschluss als auch die Mittlere Reife. Seine Zeugnisse zeugen durchgehend von einer guten Integration, der Kläger wird als fleißig, höflich, beliebt und sozialkompetent beschrieben, sein Verhalten war stets einwandfrei. Er hat sich sozial engagiert und war Streitschlichter und Pausenhelfer in der Volksschule ... Der Kläger engagierte sich bei der Freiwilligen Feuerwehr und in einem Sportverein. Im Laufe seiner Zeit in der BRD absolvierte er außerdem mehrere Praktika und Lehrgänge. Auch in der JVA setzt er seinen bisher gezeigten Lerneifer fort. So wird im Führungsbericht der JVA ... vom ... April 2016 der Arbeitseinsatz des Klägers als positiv beschrieben, er absolvierte erfolgreich schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen. Der Kläger zeigt sich in der JVA ordentlich, höflich und zuvorkommend. Sein Verhalten zu den Mitgefangenen war überwiegend konfliktfrei.

Trotz der guten Integrationsleistungen kann dem Kläger nicht der Status eines faktischen Inländers zuerkannt werden, wonach die Ausweisung von Ausländern, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzen kann (BVerwG, U.v. 29.9.1998 - 1 C 8/96 - juris Rn. 30). Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Denn er ist nicht in Deutschland geboren und hat einen Großteil seiner Kindheit in ... verbracht, zuletzt war er 2014 im Rahmen eines Urlaubs mit seiner Mutter dort. Daher dürften ihm die Gebräuche in seinem Heimatland auch nicht völlig fremd sein, mag er sich auch an die Lebensgewohnheiten in Deutschland gewöhnt haben. Der Kläger war über seine Lebenszeit hinweg in etwa genauso lange in ... wie er sich nunmehr in Deutschland befindet. Dabei befand er sich während der besonders prägenden Kinderjahre in ... Es wird nicht verkannt, dass auch die Zeit in Deutschland für den Kläger prägend gewesen sein muss. Es ist angesichts der schweren Kindheit, die der Kläger bei seiner Tante, seinem Onkel und deren Sohn in ... hatte, nachvollziehbar, dass er zu diesen Personen keinen Kontakt mehr unterhält oder unterhalten möchte. Er hatte eine äußerst schwierige Kindheit, was sich auch aus dem Strafurteil des AG ... vom ... September 2015 ergibt. Sein noch nicht lange zurückliegender Aufenthalt in seinem Heimatland zeigt aber dennoch, dass er sich von diesem noch nicht völlig entfremdet hat und dorthin - wenn auch lose - Bindungen aufrechterhält. Auch wenn seine anfänglich vorhandenen Sprachkenntnisse nur noch rudimentär vorhanden sind und er - wie er selbst vorträgt - Verständigungsprobleme hat, ist es dem Kläger zuzumuten, seine Sprachkenntnisse aufzufrischen und sich die Sprache seines Heimatlandes wieder anzueignen. Entgegen seinem Vortrag ist er dabei nicht chancenlos, sondern kann die sprachlichen und ggf. vorhandenen kulturellen Hürden mit einiger - zumutbarer - Anstrengung überwinden und sich in sein Heimatland integrieren. Denn er ist gesund, jung und ausweislich seiner deutschen Zeugnisse äußerst engagiert und lernfähig. Daher wird sich der Kläger in seinem Heimatland auch ohne Kontaktpersonen in seiner Verwandtschaft oder Bekanntschaft zurechtfinden und sich dort eine neue Existenz aufbauen können.

(3) Weiter ist vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK und des Art. 6 GG zu berücksichtigen, dass die Mutter des Klägers in Deutschland lebt und er guten Kontakt zu ihr und ihrem Lebensgefährten pflegt. Auch in der Haft besucht ihn seine Mutter ausweislich der Besuchsliste vom ... April 2016 regelmäßig. Laut Führungsbericht der JVA ... vom ... April 2016 haben sich die sozialen Kontakte zu seiner Mutter bisher als stabil erwiesen. Er könnte laut eigenem Vortrag nach seiner Haftentlassung bei ihr unterkommen und würde von ihr unterstützt. Allerdings ist der Kläger volljährig und daher nicht mehr auf den Beistand seiner Mutter angewiesen. Bei der Haftentlassung zum regulären Zeitpunkt wird er 24 Jahre alt sein. Damit steht die vorhandene Bindung zu seiner Mutter der Ausweisung des Klägers nicht entgegen. Weitere schützenswerte Bindungen i. S. d. Art. 8 EMRK und des Art. 6 GG zum Bundesgebiet sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2016 angegeben, keine Freundin mehr zu haben.

(4) Vor diesem Hintergrund, unter Berücksichtigung der Schwere der vom Kläger begangenen Taten, der immensen von ihm ausgehenden Wiederholungsgefahr und im Hinblick darauf, dass er kein (besonders) schwerwiegendes Bleibeinteresse i. S. d. § 54 AufenthG und auch sonst nur wenige schützenswerte Bindungen an die BRD vorweisen kann, fällt die nach § 53 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG zu treffende Gesamtabwägung zulasten des Klägers aus. Das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse überwiegt die Interessen des Klägers am Verbleib in der BRD. Die Ausweisung steht auch mit Art. 8 EMRK im Einklang, da sie gesetzlich vorgesehen ist (§ 53 Abs. 1 AufenthG) und einen in dieser Bestimmung aufgeführten legitimen Zweck, nämlich die Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und die Verhinderung von Straftaten, verfolgt. Die Ausweisung ist die geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahme, um den beabsichtigten Zweck durchzusetzen. Durch ein anderes, milderes Mittel kann der mit ihr verfolgte Zweck vorliegend nicht erreicht werden. Im Ergebnis ist die Ausweisung des Klägers daher verhältnismäßig und rechtmäßig.

II.

Nr. 2 des angegriffenen Bescheids ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Denn er erfüllt aufgrund des vorhandenen Ausweisungsinteresses (s.o.) den allgemeinen Versagungsgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, der unabhängig von den besonderen Voraussetzungen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegensteht. Darüber hinaus steht § 11 Abs. 1 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen.

III.

Die Befristung der Wirkungen der Ausweisung in Nr. 3 des angegriffenen Bescheids auf sechs Jahre bei nachgewiesener Straffreiheit und bei Nichterfüllung dieser Bedingung auf acht Jahre weist keine Rechtsfehler auf.

1. Die Ausweisung des Klägers hat gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ein Wiedereinreise- und Aufenthaltsverbot zur Folge. Dieses ist von Amts wegen zu befristen, § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Diese unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Befristung kann gemäß § 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt die längere Befristung, § 11 Abs. 2 Satz 6 AufenthG.

Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden. Sie darf gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht.

Da es sich um eine behördliche Ermessensentscheidung handelt, kann gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO nur überprüft werden, ob überhaupt Ermessen ausgeübt wurde, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Gemessen an diesem Maßstab hat die Beklagte ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

2. Die Beklagte berücksichtigte bei der Bestimmung der Länge der Frist das Gewicht des Ausweisungsgrundes und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck. Im Rahmen einer prognostischen Einschätzung des Einzelfalls und unter Berücksichtigung höherrangigen Rechts, also verfassungsrechtlicher Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK kam sie in nicht zu beanstandender Weise zu der mit dem angegriffenen Bescheid verfügten Fristsetzung.

Die Beklagte durfte nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eine Frist von über fünf Jahren festsetzen, da der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist und von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Die Beklagte berücksichtigte im Einzelnen, dass der Kläger wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt worden ist und von ihm eine massive Gefahr für Kinder ausgeht. Die Beklagte stellte zutreffend auf die gefährdeten Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der sexuellen Selbstbestimmung sowie auf die hohe Wiederholungsgefahr einerseits und auf die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers - vor allem zu seiner Mutter - andererseits ab. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens bei nachgewiesener Straffreiheit einen Zeitraum von sechs Jahren für erforderlich hielt, um dem hohen Gefahrenpotential des Klägers Rechnung tragen zu können. Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens bei Nichterfüllung der Bedingung i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 5 AufenthG eine Sperrfrist von acht Jahren ab Ausreise festsetzte.

Diese Fristen sind auch gemessen an den verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben des Art. 8 EMRK nicht zu beanstanden. Gegebenenfalls bestehende besondere Härten, können durch die Ausnahmegenehmigung nach § 11 Abs. 8 AufenthG gemildert werden.

IV.

Die Abschiebung unmittelbar aus der Haft heraus ergibt sich aus § 58 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 AufenthG. In diesem Fall bedarf es keiner Fristsetzung nach § 59 Abs. 1 AufenthG. Die Abschiebungsandrohung und die dem Kläger zur freiwilligen Ausreise gesetzte Frist für den Fall, dass er vor Durchführung der Abschiebung aus der Haft entlassen wird, ergeben sich aus §§ 58 Abs. 1 und 59 Abs. 1 AufenthG und sind ebenfalls nicht zu beanstanden.

V.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter, mit der er die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 16. April 2013 begehrt. Darin wird feststellt, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe. Weiter wird ihm die Wiedereinreise und der Aufenthalt für die Dauer von fünf Jahren untersagt und die Abschiebung nach Polen androht.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung.

Der nach der Antragsbegründung allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Bestimmung bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, die Voraussetzungen für die angefochtene Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU lägen beim Kläger zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts vor. Der Kläger habe die bisherigen Aufenthalte im Bundesgebiet in erster Linie dazu genutzt, um hier Straftaten zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zu begehen. Das Amtsgericht München habe dem Kläger im Strafurteil vom 10. Dezember 2012 (Verurteilung wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten) eine hohe Rückfallgeschwindigkeit bei der Begehung von Straftaten attestiert und darauf verwiesen, dass auch die vorhergehende Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe durch das Amtsgericht Meppen (wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten) sowie die bereits verbüßte Untersuchungshaft den Kläger nicht hätten davon abhalten können, weitere Straftaten zu begehen. Auch das Strafgericht habe beim Kläger aufgrund seiner bisher nicht therapierten Alkoholerkrankung keine günstige Legal- und Sozialprognose angestellt. Daher schätze das Gericht die Gefahr, dass der Kläger auch zukünftig im Bundesgebiet Straftaten begehen werde, um sich dadurch eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, als hoch ein. Der Kläger habe auch in der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck vermittelt, dass er im Hinblick auf seine Vorverurteilungen und seine kriminelle Vergangenheit in seiner Heimat nunmehr einsichtig sei. Es bestehe daher ein Grundinteresse der Gesellschaft, dieser tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die angefochtene Maßnahme entgegenzuwirken. Die Ermessensausübung der Beklagten sei rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese habe die nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU zu berücksichtigenden Belange berücksichtigt und fehlerfrei abgewogen. Das private Interesse des Klägers, sich weiterhin im Bundesgebiet aufzuhalten oder ins Bundesgebiet einreisen zu dürfen, habe infolge seines nur kurzen Aufenthalts geringes Gewicht. Eine eigene Kernfamilie oder schützenswerte wirtschaftliche und kulturelle Bindungen bestünden nicht. Der Kläger sei weder beruflich noch sozial im Bundesgebiet integriert. Eine Rückkehr in seine Heimat Polen sei ihm tatsächlich möglich und zumutbar.

Dagegen macht der Kläger mit dem Zulassungsantrag im Wesentlichen geltend, die von ihm begangenen Straftaten seien nicht so gravierend, dass die Annahme einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren würde, gerechtfertigt wäre. Das Strafurteil des Amtsgerichts Meppen sei ebenso wie die Verlustfeststellung der Beklagten und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblich durch die Vorverurteilungen des Klägers in Polen beeinflusst, obwohl nicht geklärt worden sei, ob diese Verurteilungen nach deutschem Recht rechtmäßig gewesen seien und ob er zum Zeitpunkt dieser Straftaten bereits strafmündig gewesen sei. Eine Beiziehung dieser Strafakten sei zwingend erforderlich. Der Kläger habe im Übrigen von der Illegalität der von ihm als Kraftfahrer transportierten Pflanzen nichts gewusst, sondern nur einen Transport im Rahmen seiner normalen Tätigkeit als Berufskraftfahrer durchgeführt. Zudem habe das Amtsgericht Meppen die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aufgrund einer günstigen Prognose zur Bewährung ausgesetzt. Auch habe das Verwaltungsgericht die soziale Bindung des Klägers zu seiner Verlobten nicht ausreichend gewürdigt. Diese habe sich aufgrund einer schweren Depression inzwischen das Leben genommen. Ihre Eltern hätten jedoch beschlossen, den Kläger zu adoptieren und auf diese Weise zum Familienmitglied zu machen. Dem Kläger sei von der Firma S. eine Stelle als Bauhelfer zugesagt.

Damit wird aber die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass die streitbefangene Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 1 bis 3 FreizügG/EU rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass strafrechtliche Verurteilungen nur dann zur Begründung einer Verlustfeststellung herangezogen werden dürfen, wenn die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Zudem muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 FreizügG/EU; vgl. auch BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 4). Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zu Recht angenommen, dass das den Verurteilungen des Klägers durch das Amtsgericht Meppen vom 20. Juli 2012 und das Amtsgericht München vom 10. Dezember 2012 zugrunde liegende Verhalten des Klägers und die von ihm begangenen Straftaten - insbesondere die Betäubungsmittelstraftat sowie der Diebstahl - diese Voraussetzungen erfüllen. Gefahren, die vom illegalen Handeln mit Betäubungsmittel ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft (BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 4). Das Amtsgericht Meppen hat auch entgegen dem nunmehrigen Zulassungsvorbringen „aufgrund des glaubhaften Geständnisses“ des Klägers festgestellt, dieser habe gegen Entgelt für einen unbekannten Auftraggeber Drogen durch die Bundesrepublik Deutschland nach Dänemark transportiert; ihm sei auch von Anfang an bewusst gewesen, dass es sich um eine erhebliche Menge an Betäubungsmitteln gehandelt habe und dass die Drogen zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch seinen Auftraggeber bestimmt gewesen seien. Auch bei dem vom Amtsgericht München abgeurteilten Diebstahl einer Tasche mit einem Notebook, einem iPad sowie zwei Spielekonsolen im Gesamtwert von ca. 2200 Euro handelt es sich nicht etwa um eine kleinere Straftat oder gar ein Bagatelldelikt, das nicht geeignet wäre, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft zu begründen.

Das Verwaltungsgericht ist ebenso zutreffend davon ausgegangen, dass beim Kläger die Gefahr der Wiederholung solcher Straftaten bestehe. Die vom Erstgericht beim Kläger angestellte Gefahrenprognose wird nicht zuletzt durch die weitere rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 21. August 2013 wegen zweier Diebstähle in Tatmehrheit mit einem Hausfriedensbruch und die gegen den Kläger anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Tatzeitpunkt: 6.3.2015) sowie Beleidigung (Strafanzeige vom 24. März 2015) weiter gestützt und bestätigt. Die beim Kläger bestehende (offensichtlich massive) Alkoholerkrankung ist nach wie vor nicht therapiert. Zutreffend sind auch die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Rückfallgeschwindigkeit (erneute Straftat innerhalb der noch offenen Bewährungszeit) und Uneinsichtigkeit des Klägers. Demgegenüber greift der Einwand des Klägers, das Amtsgericht Meppen habe die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe aufgrund der (zum damaligen Zeitpunkt) günstigen Prognose (§ 56 Abs. 1 StGB) zur Bewährung ausgesetzt, nicht durch. Denn diese Prognose hat sich später eindeutig als falsch erwiesen. Auf die zahlreichen Vorverurteilungen des Klägers in Polen und deren vom Kläger bezweifelte Rechtmäßigkeit kommt es nach alledem ohnehin nicht entscheidungserheblich an.

Im Hinblick auf die durch die Beklagte und das Verwaltungsgericht zutreffend vorgenommene Abwägung der öffentlichen und privaten Belange bzw. Interessen (s. § 6 Abs. 3 FreizügG/EU) unbehelflich ist schließlich der Hinweis des Klägers auf die angeblich nicht ausreichend gewürdigte Beziehung zu seiner inzwischen verstorbenen Verlobten und seine nunmehr beabsichtigte Adoption durch deren Eltern. Insbesondere ergibt sich daraus auch mit Blick auf Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK kein entscheidendes, besonders schutzwürdiges Interesse am weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Entscheidung über die Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens bedarf es nicht, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden und eine Kostenerstattung nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO ausgeschlossen ist.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG. Eine Streitwertfestsetzung für das Prozesskostenhilfeverfahren ist entbehrlich, weil Gerichtskosten insoweit nicht erhoben werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.