Verwaltungsgericht München Urteil, 12. Mai 2016 - M 10 K 13.2233

bei uns veröffentlicht am12.05.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu Herstellungsbeiträgen für die Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten.

Die Klägerin ist bzw. war Eigentümerin der Grundstücke am ...-ring mit den ursprünglichen Fl. Nrn. ..., jeweils Gemarkung ... Diese liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes Nr. ... (1. Änderung von Bebauungsplan ...) „Gewerbegebiet an der ... Straße“ im Stadtgebiet der Beklagten.

Die Beklagte betreibt eine öffentliche Wasserversorgungsanlage aufgrund ihrer Wasserabgabesatzung vom 5. August 2014 (- WAS-). Beiträge für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung erhebt sie zuletzt aufgrund ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom 5. August 2014. Diese ersetzt die zuvor geltende Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung vom 20. Juli 2006 in der Fassung der Änderungssatzung vom 14./15. Februar 2009, welche wiederum die Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung vom 14. April 1988 in der Fassung der Änderungssatzungen vom 18. November 1994 und vom 22. Oktober 1998 ersetzte.

Die Beklagte hatte zuletzt mit Beschluss des Werksausschusses des Stadtrates vom 28. September 1994 die Erhöhung der Herstellungsbeiträge zur Wasserversorgungseinrichtung zum 1. Januar 1995 beschlossen. Bis zum Erlass der BGS/WAS 2014 blieb die Höhe der Beiträge unverändert.

Mit Bescheiden (Nrn. ... bis ...) vom 17. Dezember 2012 setzte die Beklagte

̶für die Grundstücke Fl. Nrn. ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... und ... Herstellungsbeiträge für die Wasserversorgungsanlage in Höhe von 22.685,55 € (Bescheid Nr. ...),

̶für das Grundstück Fl. Nr. ... einen Wasserherstellungsbeitrag in Höhe von 37.452,40 € (Bescheid Nr. ...),

̶für das Grundstück Fl. Nr. ... einen Wasserherstellungsbeitrag in Höhe von 6.012,42 € (Bescheid Nr. ...),

̶für das Grundstück Fl. Nr. ... einen Wasserherstellungsbeitrag in Höhe von 2.182,56 € (Bescheid Nr. ...),

̶für das Grundstück Fl. Nr. ... einen Wasserherstellungsbeitrag in Höhe von 30.162,22 € (Bescheid Nr. ...),

̶für das Grundstück Fl. Nr. ... einen Wasserherstellungsbeitrag in Höhe von 4.050,87 € (Bescheid Nr. ...) und

̶für das Grundstück Fl. Nr. ... einen Wasserherstellungsbeitrag in Höhe von 2.251,63 € (Bescheid Nr. ...) fest.

Die Bescheide enthalten jeweils eine gesonderte Aufstellung der einzelnen Flurnummern zur Ermittlung der Grundstücks- und Geschossfläche für die Berechnung der Herstellungsbeiträge.

Die streitgegenständlichen Grundstücke Fl. Nrn. ..., ... und ... waren zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide mit einem ...-Modemarkt und das Grundstück Fl. Nr. ... mit einem ...-Lebensmittelmarkt bebaut. Die anderen Grundstücke waren zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide noch unbebaut.

Gegen die Herstellungsbeitragsbescheide legten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 jeweils Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2013 haben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben und beantragen zuletzt,

die Herstellungsbeitragsbescheide zur Wasserversorgungseinrichtung gemäß Bescheiden Nrn. ... bis ... vom 17. Dezember 2012 der Beklagten sowie die Widerspruchsbescheide des Landratsamtes ... vom 17. Juli 2013 - soweit mit diesen die Widersprüche zurückgewiesen wurden -aufzuheben.

Zur Begründung wurde zunächst auf das Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug genommen. Dort wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die Erhebung eines Herstellungsbeitrages zur Wasserversorgungseinrichtung der Beklagten voraussetze, dass ihr eine wirksame Rechtsgrundlage zugrunde liege, was vorliegend nicht der Fall sei. Die BGS/WAS 2006 sei nichtig, da die in § 6 BGS/WAS normierten Beitragssätze je m² Grundstücksfläche und je m² Geschossfläche sogenannte gegriffene Beitragssätze seien, deren Richtigkeit von der Beklagten nicht durch eine Nachkalkulation zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BGS/WAS verifiziert worden sei. Hier gelte dasselbe, was das Bayerische Verwaltungsgericht München in seinem Urteil vom 13. Dezember 2012 im Verfahren M 10 K 12.3003 festgestellt habe.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trug zunächst mit Schreiben vom 29. Mai 2013 vor, dass eine Globalkalkulation zur aktuellen BGS/WAS nicht vorgelegt werden könne. Bezüglich einer Nachkalkulation zum 20. Juli 2006 sei die Sachlage genau wie bei der BGS/EWS, dazu werde auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München M 10 K 12.3003 und das Urteil vom 13. Dezember 2012 hingewiesen.

Mit Widerspruchsbescheiden vom jeweils 17. Juli 2013 wies das Landratsamt ... als Widerspruchsbehörde die Widersprüche gegen die Bescheide Nr. ... bis ... mit der Begründung zurück, dass die Erschließung der Grundstücke im Sinne des § 30 BauGB solange nicht gesichert gewesen sei, als die vorgesehene Ringstraße sowie die darin liegenden Versorgungsleitungen nicht errichtet gewesen seien. Mit Fertigstellung der Ringstraße „...-ring“ im Jahre 2008 sei die Erschließung der östlich und westlich an diesem Straßenabschnitt direkt angelagerten streitgegenständlichen Grundstücke Fl. Nrn. ..., ... sowie ... und ... sowie südlich die Fl. Nrn. ... und ... erstmals gesichert gewesen. Die vierjährige Festsetzungsverjährung habe am 31. Dezember 2012 geendet. Die Bescheide seien daher noch innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.

Insoweit als Beiträge für die Fl. Nrn. ... und ... festgesetzt worden sind, hob die Widerspruchsbehörde den Bescheid Nr. ... jedoch insoweit mit der Begründung auf, dass die vierjährige Festsetzungsverjährung mit Ablauf des Jahres 2010 eingetreten sei. Der Tatbestand der Beitragspflicht sei frühestens im Oktober 2005, spätestens aber mit Inkrafttreten der neuen Satzung von 2006 eingetreten, wonach die Frist zur Festsetzung der Beiträge auf jeden Fall mit Beginn des Jahres 2007 zu laufen begonnen habe. Der Abschluss der Erschließungsmaßnahmen im Rahmen des Bauabschnitts II am ...-ring im Oktober 2005 habe nämlich zur Folge gehabt, dass die direkt angrenzenden Grundstücksbereiche der jeweilig betroffenen Flurnummern von diesem Zeitpunkt an als erschlossen und bebaubar angesehen werden müssten. Im Übrigen wurde auch der Widerspruch gegen den Bescheid Nr. ... zurückgewiesen.

Am 21. August 2014 legte die Beklagte die neu erlassene Wasserabgabesatzung vom 5. August 2014 sowie die neu erlassene Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung ebenfalls vom 5. August 2014 vor.

Unter dem 15. Oktober 2014 bat das Gericht die Klagepartei, mitzuteilen, ob angesichts der neu erlassenen Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. August 2014 die Klage aufrecht erhalten werde.

Daraufhin trug die Klägerin ergänzend zu ihrer Klage mit Schreiben vom 3. November 2014 vor, dass entgegen der Ansicht der Beklagten für sämtliche veranlagte Grundstücke Herstellungsbeiträge wegen Ablaufs der Festsetzungsverjährungsfrist nicht mehr erhoben werden könnten. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes sei bei Fehlen der Erschließungsanlagen die Erschließung gesichert, wenn erwartet werden könne, dass zum Zeitpunkt der Benutzbarkeit der baulichen Anlagen die planungsrechtlich gebotene Erschließung tatsächlich vorhanden und benutzbar sein werde. Die Beitragspflicht sei damit für sämtliche Grundstücke mit Ausnahme der Fl. Nrn. ... sowie ... vorliegend im Oktober 2005 bzw. mit Inkrafttreten der BGS/WAS 2006 entstanden und damit spätestens mit Ablauf des Jahres 2010 verjährt. Dies wird weiter vertieft.

Mit Ergänzungsbescheid vom 4. Februar 2015 teilte die Beklagte den im Bescheid Nr. ... vom 17. Dezember 2012 erhobenen Herstellungsbeitrag für die Fl. Nrn. ... und ... in Höhe von 22.685,55 € wie folgt auf:

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 1.742,00 m² 3.553,68 € für die Grundstücksfläche und 2.068,63 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 524,00 m² 1.068,96 € für die Grundstücksfläche und 622,25 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 625,00 m² 1.275,00 € für die Grundstücksfläche und 742,19 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 58,00 m² 118,32 € für die Grundstücksfläche und 68,88 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 68,00 m² 138,72 € für die Grundstücksfläche und 80,75 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 1.567,00 m² 3.196,68 € für die Grundstücksfläche und 1.860,81 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 130,00 m² 265,20 € für die Grundstücksfläche und 154,38 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 15,00 m² 30,60 € für die Grundstücksfläche und 17,81 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 4.244,00 m² 8.657,76 € für die Grundstücksfläche und 5.039,75 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 3.731,00 m² 7.611,24 € für die Grundstücksfläche und 4.430,56 € für die Geschossfläche,

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 2.129,00 m² 4.343,16 € für die Grundstücksfläche und 2.528,19 € für die Geschossfläche und

- auf die Fl. Nr. ... mit einer Fläche von 177,00 m² 361,08 € für die Grundstücksfläche und 210,19 € für die Geschossfläche.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Beklagte gehe davon aus, dass die Veranlagung im Beitragsbescheid Nr. ... ohne Konkretisierung der auf die einzelnen Flurstücknummern entfallenden Beitragsanteile erfolgen habe können, da die Flurstücknummern unter einer laufenden Nummer im Grundbuch aufgeführt seien und es sich mithin rechtlich um ein Grundstück im Sinne des Grundbuchrechts handle. Nur vorsorglich werde durch diesen Bescheid der Beitrag auf die einzelnen Flurstücke aufgeteilt. Mit diesem Ergänzungsbescheid würden keine Herstellungsbeiträge erneut erhoben, somit seien auch keine Zahlungen zu leisten.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2015 führte die Beklagte zur Erwiderung der Klage aus, dass zwischenzeitlich eine Globalkalkulation für eine ordnungsgemäße Gebührenberechnung erstellt worden sei. Die in den angefochtenen Beitragsbescheiden vom 17. Dezember 2012 festgesetzten Herstellungsbeiträge seien nicht infolge des Eintritts der Festsetzungsverjährungsfrist erloschen. Zu den weiteren Ausführungen wird auf den Schriftsatz verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2015 wurde der Beklagtenpartei durch Beschluss aufgegeben, aufzuklären, wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BGS/WAS vom 5. August 2014 Eigentümer der Grundstücke mit den in den angefochtenen Bescheiden sämtlich genannten Flurnummern war und wie groß die beitragspflichtige Geschoss- und Grundstücksfläche zu diesem Zeitpunkt waren. Ausgehend von diesen Werten wurde der Beklagten weiter aufgegeben, eine Beitragsberechnung für die festgestellten Grundstücke bis zum 1. April 2015 vorzulegen.

Die angeforderten Unterlagen wurden von der Beklagten mit Schreiben vom 26. März 2015 übersandt. Aus diesen ergibt sich, dass die Klägerin zum Zeitpunkt 5. August 2014 nicht mehr Eigentümerin der Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... gewesen ist. Die Fl. Nrn. und Flächen der Grundstücke haben sich teilweise geändert.

Zu den vorgelegten Unterlagen führte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 18. Mai 2015 aus, dass im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht am 5. August 2014 die mit Bescheiden vom 17. Dezember 2012 herangezogenen Grundstücke teilweise bereits nicht mehr im Eigentum der Klägerin gestanden hätten und teilweise schon in geänderter Aufteilung und Grundstücksfläche vorhanden gewesen seien, so dass einheitliche Bescheide nicht hätten ergehen dürfen. Weiterhin bilde das Grundstück Fl. Nr. ... mit dem angrenzenden Grundstück Fl. Nr. ... (Anmerkung: gemeint ist aber wohl die Fl. Nr. ...) eine wirtschaftliche Einheit, so dass diese nur zusammen hätten veranlagt werden können. Dies gelte ebenfalls für die Grundstücke mit den Fl. Nrn. ... und ...

Mit Ergänzungsbescheiden vom 20. Juli 2015 zu den Bescheiden Nr. ... bis 240120 vom 17. Dezember 2012 teilte die Beklagte die jeweils festgesetzten Herstellungsbeiträge in geänderter Form auf die jeweiligen Flurstücke auf bzw. berechnete den Beitrag neu und zwar wie folgt:

- Der für die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... in Höhe von 22.685,55 € erhobene Herstellungsbeitrag wurde auf die Fl. Nrn. ... aufgeteilt und neu berechnet, indem die aktuelle Grundstücksfläche von 6.509,00 m² zugrunde gelegt wurde (Bescheid Nr. ...).

- Der für das Grundstück Fl. Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 37.452,40 € wurde auf die Fl. Nrn. ... und ... aufgeteilt (Bescheid Nr. ...).

- Der für das Grundstück Fl. Nr. ... erhobenen Herstellungsbeitrag in Höhe von 6.012,42 € wurde neu berechnet, indem die aktuelle Grundstücksfläche von 1.759,00 m² zugrunde gelegt wurde (Bescheid Nr. ...).

- Der Herstellungsbeitrag für die Fl. Nr. ... wurde neu berechnet, indem die aktuelle Grundstücksfläche von 645,00 m² zugrunde gelegt wurde (Bescheid Nr. ...).

- Der für das Grundstück Fl. Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 30.162,22 € wurde auf die Fl. Nrn. ... und ... aufgeteilt und neu berechnet, indem die aktuelle Grundstücksfläche von 5.548,00 m² zugrunde gelegt wurde (Bescheid Nr. ...).

- Der für das Grundstück Fl. Nr. ... erhobenen Herstellungsbeitrag in Höhe von 4.050,87 € wurde auf die Fl. Nrn. ... und ... aufgeteilt und neu berechnet, indem die aktuelle Grundstücksfläche von 1.270,00 m² zugrunde gelegt wurde (Bescheid Nr. ...).

- Der Herstellungsbeitrag für die Fl. Nr. ... wurde neu berechnet, indem die aktuelle Grundstücksfläche von 777,00 m² zugrunde gelegt wurde (Bescheid Nr. ...).

Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, dass sich im anhängigen Verwaltungsstreitverfahren herausgestellt habe, dass für die rechtliche Beurteilung der Herstellungsbeiträge auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der BGS/WAS vom 5. August 2014 zum 16. August 2014 abgestellt werden müsse. Am 16. August 2014 hätten im Vergleich zum Zeitpunkt des Erlasses der Ausgangsbescheide vom 17. Dezember 2012 für die jeweiligen Flurstücke geänderte Grundstücksgrößen und zum Teil auch geänderte Flurnummern vorgelegen. Dies erfordere eine erneute Aufteilung der in den Ausgangsbescheiden jeweils festgesetzten Beiträge auf die einzelnen Flurstücke. Eine Prüfung habe ergeben, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch als Eigentümerin der vorbezeichneten Grundstücke im Grundbuch eingetragen gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei bereits darauf hinzuweisen, dass die neue BGS/WAS 2014 höhere Beitragssätze enthalte. Die hierdurch veranlasste Beitragsnacherhebung bzw. -erstattung erfolge in jeweils gesonderten Bescheiden.

Die Klägerin hat die Ergänzungsbescheide mit Schreiben vom 20. August 2015 in ihre Klage miteinbezogen.

Der Beklagtenvertreter erwiderte mit Schreiben vom 27. August 2015 zum Schriftsatz der Klägerin vom 18. Mai 2015, dass entgegen dem dortigen Vorbringen die Klägerin zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht am 16. August 2014 noch Eigentümerin der Grundstücke mit den Fl. Nrn. ... und ... gewesen sei, da die Grundbuchumschreibung erst am 18. November 2014 erfolgt sei. Ein entsprechender Grundbuchauszug wurde beigefügt.

Mit Schreiben vom 9. September 2015 führte der Klägerbevollmächtigte aus, dass die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... zum Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses am 17. Dezember 2012 nicht existiert hätten und die Fl. Nrn. ... und ... im Zeitpunkt des Inkrafttretens der BGS/WAS 2014 andere Grundstücksgrößen gehabt hätten.

Mit Nacherhebungsbescheiden vom 26. Oktober 2015 zu den Bescheiden vom 17. Dezember 2012 wurden schließlich jeweils die Herstellungsbeiträge nach den aktuellen Beitragssätzen der BGS/WAS 2014 berechnet und die sich jeweils durch die Ergänzungsbescheide vom 20. Juli 2014 ergebende Änderung der Flurnummern bzw. Grundstücksflächen ergebenden Beträge ausgeglichen:

- Der mit Bescheid Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 22.685,55 € wurde um 3.153,23 € auf 25.838,78 € erhöht.

- Der mit Bescheid Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 37.452,40 € wurde um 6.011,85 € auf 43.464,25 € erhöht.

- Der mit Bescheid Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 6.012,42 € wurde um 970,30 € auf 6.982,72 € erhöht.

- Der mit Bescheid Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 2.182,56 € wurde um 377,89 € auf 2.560,45 € erhöht.

- Der mit Bescheid Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 30.162,22 € wurde um 8.138,32 € auf 22.023,90 € herabgesetzt.

- Der mit Bescheid Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 4.050,87 € wurde um 950,95 € auf 5.001,82 € erhöht.

- Der mit Bescheid Nr. ... erhobene Herstellungsbeitrag in Höhe von 2.251,63 € wurde um 832,82 € auf 3.084,45 € erhöht.

Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, dass sich im anhängigen Verwaltungsstreitverfahren herausgestellt habe, dass für die rechtliche Beurteilung der Herstellungsbeiträge auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der BGS/WAS vom 5. August 2014 zum 16. August 2014 abgestellt werden müsse. Am 16. August 2014 habe im Vergleich zum Zeitpunkt des Erlasses der Ausgangsbescheide vom 17. Dezember 2012 für die jeweiligen Flurstücke eine geänderte Grundstücksgröße wegen Zerlegung bzw. Verschmelzung vorgelegen. Daher seien mit Ergänzungsbescheiden vom 20. Juli 2015 die Entwicklung der jeweiligen alten Flurstücke dargestellt und der Beitrag für die einzelnen streitgegenständlichen Flurstücke zum Vergleich neu berechnet, aber nicht festgesetzt worden. Die BGS/WAS 2014 enthalte höhere Beitragssätze. Für die Berechnung der Grundstücksflächen ergebe sich ein um 0,33 € höherer Beitragssatz, für die Berechnung der Geschossfläche ein um 0,61 € höherer Beitragssatz. Dadurch erhöhe bzw. erniedrige sich der Beitragssatz jeweils insgesamt.

Die Bescheide enthalten jeweils eine Berechnung der neuen Herstellungsbeiträge und einen Grundstücksplan, in dem die jeweilig betroffenen Grundstücke farblich gekennzeichnet sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte mit Einverständnis der Parteien ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Beitragsbescheide Nr. ... bis ... vom 17. Dezember 2012 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 17. Juli 2013, des Ergänzungsbescheides vom 4. Februar 2015, der Ergänzungsbescheide vom 20. Juli 2015 und der „Nacherhebungsbescheide“ vom 26. Oktober 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die von der Beklagten als „Nacherhebungsbescheide“ bezeichneten Bescheide vom 26. Oktober 2015 sind keine eigenständigen und selbstständig angreifbaren Beitragsbescheide zur Nacherhebung von Beiträgen im Sinne von § 5 Abs. 5 BGS/WAS 2014, da sie nicht aufgrund einer Veränderung der beitragsrelevanten Umstände ergehen. Vielmehr werden die ursprünglichen Beitragsforderungen infolge der Erhöhung der Beitragssätze im anhängigen Beitragsstreit angepasst, so dass rechtlich ebenfalls nur Änderungen der ursprünglichen streitbefangenen Forderungen vorliegen, die vom Gericht auch ohne ausdrückliche Einbeziehung durch die Klägerin zu berücksichtigen sind.

Das Entstehen der Beitragsschuld setzt eine wirksame Abgabesatzung gemäß Art. 2 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) (1.) und gemäß Art. 5 KAG ein bebaubares oder bebautes Grundstück sowie die Erschließung des Grundstücks durch die öffentliche Einrichtung voraus (2.). Die Beiträge sind in der richtigen Höhe ermittelt (3.). Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten (4.).

1. Die Beitragsbescheide der Beklagten vom 17. Dezember 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. Februar 2015, 20. Juli 2015 und 26. Oktober 2015 finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 5 Abs. 1 KAG und der BGS/WAS 2014.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Hierzu zählen auch öffentlich betriebene Wasserversorgungsanlagen.

Von dieser Ermächtigung hat die Beklagte zuletzt durch den Erlass ihrer Beitrags- und Gebührensatzung vom 5. August 2014 (BGS/WAS 2014) Gebrauch gemacht. Eine Beitragspflicht für die Herstellung der Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten konnte auch erstmals mit Inkrafttreten der BGS/WAS 2014 am 16. August 2014 entstehen.

Denn die dieser Beitrags- und Gebührensatzung vorangegangenen Beitrags- und Gebührensatzungen seit dem Jahr 1989 waren allesamt jeweils im Beitragsteil nichtig:

a. Die BGS/WAS vom 14. April 1989 enthielt in § 5 Abs. 2 Satz 4 eine unzulässige Regelung deshalb, weil Gebäude und selbstständige Gebäudeteile nur hinsichtlich der Geschosse herangezogen werden sollten, die tatsächlich eine Schmutzwasserableitung haben (sog. Nebengebäuderegelung). Diese Beschränkung auf einzelne Geschosse beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs einen Verstoß gegen das Prinzip des adäquaten Vorteilsausgleichs und den Gleichheitssatz, weil der durch den Anschluss erlangte Vorteil das gesamte Gebäude bzw. dessen gesamten selbstständigen Gebäudeteil erfasst Diese Fehlerhaftigkeit im Beitragsmaßstab betrifft einen zentralen Bestandteil der Verteilungsregelung in der Abgabesatzung und führt zur Ungültigkeit des gesamten Beitragsteils (vgl. BayVGH, U. v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2010 - juris Rn. 52 m. w. N.; U. v. 27.2.2003 - 23 B 02.1032 - juris Rn. 28).

b. Die BGS/WAS vom 20. Juli 2006 enthielt zwar nicht mehr die frühere Nebengebäude-Geschossflächenregelung. Sie stellt jedoch ebenfalls keine tragfähige Rechtsgrundlage für die angefochtenen Beitragsbescheide dar.

Die BGS/WAS vom 20. Juli 2006 ist nichtig, da die in § 6 BGS/WAS normierten Beitragssätze sogenannte gegriffene Beitragssätze sind und deren Richtigkeit von der Beklagten nicht durch eine Nachkalkulation zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BGS/WAS verifiziert wurde. Damit ist nicht erkennbar, dass die in § 6 BGS/EWS vom 20. Juli 2006 festgelegten Beitragssätze den in diesem Zeitraum getätigten Investitionsaufwand nicht übersteigen und ohne Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 GG) sachgerecht verteilt wurden.

Hierzu wird auf das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 13. Dezember 2012 verwiesen (Az.: M 10 K 12.3003), in dem die BGS/EWS vom 20. Juli 2006 bei gleichgelagertem Sachverhalt aus denselben Gründen für nichtig gehalten wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind Herstellungsbeiträge für leitungsgebundene Einrichtungen grundsätzlich mit Hilfe einer sogenannten Globalkalkulation (Globalberechnung) zu ermitteln. Das Wesen einer Globalberechnung besteht darin, alle beitragsfähigen Aufwendungen für die Errichtung aller (Teil-) Anlagen, einschließlich der nach bestehenden Planungsabsichten in absehbarer Zeit für die Erschließung weiterer Gebiete voraussichtlich zu erwartenden Kosten, unterschiedslos auf alle Beitragsgrößen, hier die Grundstücksflächen und Geschossflächen, im gesamten Gemeindegebiet umzulegen, soweit diese Grundstücke bereits angeschlossen oder zumindest beitragspflichtig sind oder für sie nach den Planungen in absehbarer Zeit voraussichtlich eine Beitragspflicht entstehen kann (vgl. BayVGH, U. v. 27.1.2000 - 23 N 99.1741 - juris Rn. 28).

Die in der BGS/WAS vom 20. Juli 2006 festgelegten Beitragssätze beruhen nicht auf einer derartigen Globalkalkulation in Form einer Vorauskalkulation. Eine Globalberechnung der Beiträge in Form der Vorauskalkulation zum Zeitpunkt des Satzungserlasses der BGS/WAS vom 20. Juli 2006 ist nicht vorhanden. Die Beiträge sind vielmehr seit einer Erhöhung zum 1. Januar 1995 unverändert geblieben.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, U. v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2024 - juris Rn. 56) kommt es nicht darauf an, ob der Einrichtungsträger bereits zur Zeit des Satzungserlasses eine Globalberechnung oder überhaupt eine Berechnung angestellt und eine solche dem Entscheidungsgremium bei der Beschlussfassung über die Abgabesatzung vorgelegt hat. Es genügt vielmehr, dass eine solche, gleich ob vorher oder nachher durchgeführt oder ergänzt, die tatsächlich gefundenen oder auch nur gegriffenen Beitragssätze rechtfertigt. Maßgebend ist allein, dass die Abgabesätze objektiv richtig, d. h. nicht zu hoch sind und zu keiner unzulässigen Aufwandsüberdeckung führen.

Wird in einem Rechtsstreit vom Beitragsschuldner bei gegriffenen Beitragssätzen deren Rechtmäßigkeit in Frage gestellt, so ist es Sache des Einrichtungsträgers, diese gegriffenen Beitragssätze mit einer Kalkulation (Nachkalkulation) zu belegen. Denn es ist nicht Aufgabe des Beitragspflichtigen, auf der Grundlage des ihm zustehenden Akteneinsichtsrechts eine fehlende Kalkulation vorzunehmen. Wenn schon keine Kalkulation vorhanden ist, können Fehler auch nicht substantiiert gerügt werden. Ein Einrichtungsträger kann sich daher durch eine nicht vorhandene Kalkulation einer Überprüfung der in der Satzung festgelegten Beitragssätze nicht entziehen (vgl. VG München, U. v. 13.12.2012 - M 10 K 12.3003 - juris Rn. 22 ff.).

Daraus ergibt sich die Nichtigkeit der BGS/WAS 2006.

c. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten haben jedoch in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG i. V. m. BGS/WAS 2014 eine tragfähige Rechtsgrundlage gefunden.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die BGS/WAS 2014 gemäß § 18 eine Woche nach ihrer Bekanntmachung am 16. August 2014 in Kraft getreten ist, die angefochtenen Bescheide und die Widerspruchsbescheide aber vorher, nämlich unter dem 17. Dezember 2012 bzw. dem 17. Juli 2013 erlassen wurden. Denn ein nicht bestandskräftiger Bescheid, der aufgrund einer nichtigen Satzung zunächst rechtswidrig ist, kann durch eine wirksame neue Satzung, auch wenn dieser keine Rückwirkung zukommt, rechtmäßig werden (st. Rspr. des BayVGH; zuletzt grundsätzlich U. v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2010 - juris Rn. 46; U. v. 1.3.2007 - 23 B 06.1668 - juris Rn. 37 jeweils m. w. N.). Damit ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt, wonach durch eine solche Rechtsänderung während des gerichtlichen Verfahrens ein zunächst vorhandener Aufhebungsanspruch entfällt (BVerwG, U. v. 25.11.1981 - 8 C 14/81 - BVerwGE 64, 218/223). Diese Rechtsprechung ist zum Beitrag für die Erschließung nach dem (früheren) Bundesbaugesetz ergangen, für die hier in Mitten stehende Abgabe kann aber nichts anderes gelten. Somit war die Beklagte berechtigt, durch den Erlass der neuen BGS/WAS 2014, auch wenn ihr keine Rückwirkung beigemessen wurde, den angegriffenen Bescheiden eine gültige Rechtsgrundlage zu verleihen. Ein Vertrauen darauf, dass eine ungültige Abgabesatzung nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt wird, ist nicht schützenswert. Die Berücksichtigung einer Heilungsmöglichkeit mit ex nunc Wirkung begegnet auch im Hinblick auf die Rechtsposition des Beitragspflichtigen keinen durchgreifenden Bedenken, weil ihm rechtliches Gehör gewährt werden muss und er in Folge dessen Gelegenheit erhält, zur Änderung der Rechtslage Stellung zu nehmen und die Kosten des Verfahrens gegebenenfalls durch eine Erledigterklärung abzuwenden (vgl. BayVGH, U. v. 24.7.2014 - 20 BV 14.293 - juris Rn. 16).

Die Regelungen im Beitragsteil der BGS/WAS 2014 sind nicht zu beanstanden. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sowie gegen die materiell-rechtliche Wirksamkeit der entscheidungserheblichen Satzungsregelungen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat Klägerin auch keine Rügen gegen die neu ermittelten Beitragssätze erhoben.

2. Die Beitragsschuld ist dann erstmals mit Inkrafttreten dieser Abgabensatzung eine Woche nach ihrer Bekanntmachung am 16. August 2014 entstanden. Denn bei leitungsgebundenen Einrichtungen setzt die erstmalige Entstehung einer Beitragspflicht neben dem Erschlossensein des Grundstücks durch eine insgesamt betriebsfertige Einrichtung zwingend das Vorliegen einer gültigen Abgabesatzung voraus (st. Rspr., vgl. BayVGH, U. v. 20.4.2010 - 20 BV 09.2010 - juris Rn. 73; U. v.10.3.2008 - 20 CS 08.383 - juris Rn. 15; U. v. 8.5.2006 - 23 B 06.294 - juris Rn. 30 jeweils m. w. N.).

Nach § 2 BGS/WAS 2014 wird der Beitrag für bebaute, bebaubare oder gewerblich genutzte oder gewerblich nutzbare Grundtücke u. a. erhoben, wenn für sie nach § 4 WAS 2014 ein Recht zum Anschluss an die Wasserversorgungseinrichtung besteht oder sie an die Wasserversorgungseinrichtung tatsächlich angeschlossen sind. Der Beitrag entsteht nach § 3 Abs. 1 BGS/WAS 2014 mit der Verwirklichung des Beitragstatbestandes nach § 2 BGS/WAS 2014, also sobald das Grundstück an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen werden kann, oder wie hier mit dem Inkrafttreten der erstmals wirksamen Satzung, § 3 Abs. 2 BGS/WAS 2014. Weiter ist Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstücks oder Erbbauberechtigter ist, § 4 Abs. 1 BGS/WAS 2014.

Danach ist im vorliegenden Fall die Klägerin Beitragsschuldnerin für die Beiträge, die für die nunmehr noch streitgegenständlichen Grundstücke, auf die die Herstellungsbeiträge in den Ergänzungsbescheiden vom 20. Juli 2015 aufgeteilt wurden, entstanden sind, da sie zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld mit Inkrafttreten der BGS/WAS 2014 am 16. August 2014 deren Eigentümerin war und die Grundstücke an die Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen werden konnten.

Erschlossen ist ein Grundstück durch eine Wasserversorgungseinrichtung in der Regel dann, wenn die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung gegeben ist. Das ist anzunehmen, wenn die zur öffentlichen Einrichtung gehörende Wasserleitung in einer angrenzenden Verkehrsfläche verlegt ist oder eine solche Versorgungsleitung unmittelbar an die Grundstücksgrenze herangeführt ist (vgl. in st. Rspr. BayVGH, U. v. 29.4.2010 - 20 BV 09.2010 - juris Rn. 80; B. v. 6.2.2008 - 20 ZB 07.3082 - juris Rn. 6 m. w. N.). Auf die Frage, ob die streitgegenständlichen Grundstücke bereits in früheren Jahren oder erst im Jahr 2013 erschlossen waren, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.

Die Grundstücke liegen allesamt am ...-ring an. In dieser Straße verläuft eine öffentliche Versorgungsleitung. Somit sind sie erschlossen und es besteht ein Recht zum Anschluss nach § 4 Abs. 2 WAS 2014.

Die Erschließung erstreckt sich auch auf die Fl. Nrn. ... und ... Denn diese sind zusammen mit den Fl. Nrn. … und ... unter einer laufenden Nummer (...) im Grundbuch eingetragen und bilden daher ein Buchgrundstück im bürgerlich-rechtlichen bzw. grundbuchrechtlichen Sinne und daher auch im beitragsrechtlichen Sinne. Dieses Grundstück im Sinne des § 2 BGS/WAS 2014 besteht dann ausnahmsweise aus mehreren Flurstücken (vgl. BayVGH, B. v. 15.4.1998 - 23 ZB 98.910 - juris Rn. 3). Dasselbe gilt auch für die Fl. Nr. ... (laufende Nummer ... im Grundbuch).

Zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld lagen die Grundstücke auch weiterhin im Geltungsbereich des rechtsverbindlichen Bebauungsplans Nr. ... und waren damit auch bebaubar.

3. Auch die Höhe der festgesetzten Herstellungsbeiträge ist nicht zu beanstanden. Mit den Ergänzungsbescheiden vom 20. Juli 2015 hat die Beklagte die abgerechneten Grundstücksflächen neu auf die Grundstücke aufgeteilt, für die die Herstellungsbeiträge jeweils entstanden sind. Gemäß § 5 Abs. 4 BGS/WAS 2014 wurde als Geschossfläche jeweils ein Viertel der unbebauten Grundstücksfläche in Ansatz gebracht, da die Grundstücke, zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld im August 2014 noch unbebaut, aber bebaubar waren. Mit den „Nacherhebungsbescheiden“ vom 26. Oktober 2015 wurde die Beitragshöhe für diese Grundstücke mit den Beitragssätzen der BGS/WAS 2014 neu berechnet. Gegen die rechnerische Richtigkeit der Beiträge hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben, solchen sind auch dem Gericht nicht ersichtlich.

4. Die Beitragsforderung ist nicht festsetzungsverjährt und damit erloschen, §§ 169 ff., § 47 AO i. V. m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG. Die vierjährige Festsetzungsfrist beginnt nach § 170 AO Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem die Steuer entstanden ist, hier also mit Ablauf des Jahres 2014. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 17. Dezember 2012 in Gestalt der Änderungsbescheide der Beklagten vom 20. Juli 2015 und vom 26. Oktober 2015 wahren die Festsetzungsfrist.

Ebenso liegt nicht der Fall vor, dass die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig ist, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb KAG (zu dessen Verfassungsmäßigkeit BayVGH, U. v. 12.03.2015 - 20 B 14.1441 - juris). Die Vorteilslage bei der Klägerin ist entstanden, als die streitgegenständlichen Grundstücke erschlossen wurden, also frühestens 2005 bzw. 2008, und liegt damit nicht mehr als 20 Jahre zurück.

Die Klage ist daher insgesamt als unbegründet abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708, 711 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf Euro 104.797,65 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 24. Juli 2014 - 20 BV 14.293

bei uns veröffentlicht am 24.07.2014

Tenor I. Unter Änderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Dezember 2013 wird die Klage abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Insoweit ist das

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I.

Unter Änderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Dezember 2013 wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines Beitragsbescheides des Beklagten, mit dem dieser einen Beitrag zur Herstellung der Entwässerungsanlage in Höhe von 324.545,23 Euro nachforderte.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. .../...straße ..., Gemarkung N. Dieses befindet sich im Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 91 „Gewerbepark ...“ der Gemeinde ..., der im Jahre 2007 in Kraft getreten ist. Als Maß der baulichen Nutzung setzt der Bebauungsplan eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,8 und eine maximal zulässige Wandhöhe von 16,00 m fest.

Mit Bescheid vom 21. Januar 2010, geändert durch Bescheid vom 17. März 2010, setzte der Beklagte für die Herstellung der Entwässerungsanlage für das klägerische Grundstück einen Beitrag in Höhe von 177.127,83 Euro fest. Als Beitragsmaßstab wurde dabei gemäß § 5 Abs. 4 Buchst. a der Beitrags-, Gebühren- und Kostensatzung zur Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbandes ... vom 30. Juni 2008 (BGS 2008) die für vergleichbare Baugebiete in der jeweiligen Verbandsgemeinde festgesetzte Nutzungsziffer zugrunde gelegt, weil der Beklagte zunächst der Auffassung war, aus den Festsetzungen des Bebauungsplans, der als Maß der Bebauung eine Grundflächenzahl und eine Wandhöhe festlegt, keine zulässige Geschossfläche ermitteln zu können. Dem Bescheid lag bei einer Nutzungsziffer von 0,55 eine zulässige Geschossfläche von 12.835,35 m² zugrunde.

Nach einem Hinweis des Kommunalen Prüfungsverbandes setzte der Beklagte mit Bescheid vom 20. Dezember 2011 im Wege der Nachforderung den hier streitigen weiteren Beitrag in Höhe von 324.545,23 Euro für eine bisher nicht veranlagte zulässige Geschossfläche in Höhe von 23.517,77 m² fest. § 5 Abs. 4 BGS 2008 sei nicht einschlägig, weil in dem Bebauungsplan das zulässige Maß der Nutzung festgesetzt sei. Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 BGS 2008, der die Geschossfläche nach der Baumassenzahl bestimme, könne in entsprechender Anwendung und in Verbindung mit § 21 BauNVO auf die angesetzte Geschossfläche geschlossen werden.

Den gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruch wies das Landratsamt F. mit Bescheid vom 11. September 2012 als unbegründet zurück.

Der dagegen erhobenen Klage gab das Verwaltungsgericht statt, weil die BGS 2008 des Beklagten im Beitragsteil nichtig sei. Die Verteilungsregelung erfasse nämlich nicht diejenigen Fälle, für die im Bebauungsplan, wie im vorliegenden Fall, eine Grundflächenzahl und eine Wandhöhe festgesetzt seien. § 5 Abs. 4 Buchst. a der BGS 2008 könne diese Lücke nicht schließen. Er sei nur einschlägig in Fällen, in denen in einem aufgestellten Bebauungsplan das zulässige Maß der Nutzung nicht festgesetzt sei. Dieses sei aber hier durch die Grundflächenzahl und Wandhöhe festgeschrieben. Eine Differenzierung zwischen einer Festsetzung im baurechtlichen und im beitragsrechtlichen Sinne sei nicht möglich. Die Regelungslücke könne auch nicht geschlossen werden. Die BGS 2008 regele daher nicht alle Fälle, die im Entsorgungsgebiet des Beklagten vorkämen und sei somit im Beitragsteil nichtig. Das Verwaltungsgericht ließ die Berufung wegen der rechtlichen Schwierigkeit des Falles und wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er verweist dazu auf die Beitrags-, Gebühren- und Kostensatzung zur Entwässerungssatzung des Abwasserzweckverbandes ... vom 5. Mai 2014 (BGS 2014), die in § 5 Abs. 2 Satz 4 einen Berechnungsschlüssel für den Fall, dass im Bebauungsplan eine Grundflächenzahl und eine Wandhöhe festgesetzt seien, enthalte. Bei derartigen Festsetzungen ergebe sich die Geschossfläche aus der Vervielfachung der jeweiligen Grundstücksfläche mit der Grundflächenzahl multipliziert mit der Wandhöhe, geteilt durch 8,0. Unter Ansatz dieser Satzungsregelung errechne sich für das klägerische Grundstück eine Geschossfläche von 37.339,20 m², so dass sich ein Herstellungsbeitrag von insgesamt 515.280,96 Euro ergebe.

Die Klägerin tritt der Berufung entgegen. Alleinige Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 20. Dezember 2011 sei die vollumfänglich rechtswirksame BGS 2008. Diese Satzung weise keine Regelungslücke auf und sei daher rechtlich nicht zu beanstanden. Auf die beitragsrechtlichen Regelungen der BGS 2014 komme es daher nicht an. Eine Beitragsschuld, die aufgrund einer gültigen Satzung einmal in einer bestimmten Höhe entstanden sei, könne durch eine spätere Satzung nicht mehr geändert werden. Außerdem sei die nunmehr erlassene BGS 2014 erst am 30. Mai 2014 und damit nach Erlass des Änderungsbescheids vom 17. März 2010 und nach Erlass des Nachforderungsbescheids vom 20. Dezember 2011 in Kraft getreten. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides komme es daher auf die BGS 2014 nicht an. Darüber hinaus sei die neue Satzung im gesamten Beitragsteil nichtig, weil sie dem aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 BV folgenden Grundsatz des sachgerechten Vorteilsausgleich, dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche. Denn es handle sich um eine ausschließliche Schmutzwasserkanalisation, für die nur ein reiner Geschossflächenmaßstab ohne Grundstücksflächenkomponente sachgerecht sei. Der Maßstabsfaktor Grundflächenzahl sei auch mit Blick auf die örtlichen Verhältnisse im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 91 beitragsrechtlich ungeeignet und offensichtlich nicht vorteilsgerecht, weil es sich um ein Gewerbegebiet handele, in dem sich in erster Linie Speditions- und Logistikbetriebe angesiedelt hätten. Derartige Gebiete zeichneten sich durch umfangreiche Stellplatz- und Bewegungsflächen sowie Be- und Entladungszonen für Lastkraftwagen aus. So weise das auf dem streitgegenständlichen Beitragsbescheid veranlagte Grundstück der Klägerin zwar eine Grundflächenzahl von 0,79 auf, die Hälfte der versiegelten Flächen entfalle allerdings auf befestigte Flächen, auf denen sich keine Gebäude mit Vollgeschossen befänden. Betrachte man allein die Flächenversiegelung durch Gebäude, ergäbe sich eine Grundflächenzahl von 0,39. Ein erheblicher Teil der überbauten Grundstücksfläche werde daher nicht als Geschossfläche, sondern lediglich als befestigte Grundstücksfläche genutzt. Unerfindlich bleibe auch, auf welcher Grundlage in der neuen Satzung die Teilungsziffer 8,0 ermittelt worden sei. Diese Zahl sei offensichtlich völlig willkürlich gegriffen, weil eine Geschosshöhe von 8 m im Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 91 höchst ungewöhnlich sein dürfte. Zudem bleibe bei Anwendung eines Maßstabs, der die Gebäudekubatur allein mit der Wandhöhe definieren wolle, unberücksichtigt, dass auch ein Dachgeschoss als Vollgeschoss ausgeführt werden könne. Werde im Bebauungsplan nur die Wandhöhe festgesetzt, bliebe damit ein Dachgeschoss als Vollgeschoss beitragsrechtlich unberücksichtigt. Dieser Maßstab könne damit keine Beitragsgerechtigkeit gewährleisten und sei daher rechtswidrig. Es bleibe auch unerfindlich, wie aus der Grundflächenzahl kombiniert mit der Wandhöhe eine Baumasse ermittelt werden könne. Die Heranziehung der zulässigen Grundfläche führe dazu, dass auch Flächen für Stellplätze und deren Zufahrten beitragspflichtig würden. Diese müssten bei der Beitragsberechnung allerdings unberücksichtigt bleiben, da der Kanalisation lediglich Schmutzwasser zugeführt werde.

In der mündlichen Verhandlung beantragte der Beklagte,

unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 12. Dezember 2013 die Klage abzuweisen.

Die Klägerseite beantragte,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die gefertigte Sitzungsniederschrift sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die vom Verwaltungsgericht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene - der ebenfalls angezogene Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten steht dem Verwaltungsgericht nicht zu Gebote (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) - und auch ansonsten gemäß § 124a Abs. 2, Abs. 3 Sätze 1, 2 und 4 VwGO zulässige Berufung ist begründet.

Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2012 hat in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG i. V. m. § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGS 2014 eine tragfähige Rechtsgrundlage.

Dem steht nicht entgegen, dass die BGS 2014 gemäß § 20 am 30. Mai 2014 in Kraft getreten ist, der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid aber vorher, nämlich unter dem 20. Dezember 2011 bzw. dem 11. September 2012 erlassen wurden. Denn ein nicht bestandskräftiger Bescheid, der aufgrund einer nichtigen Satzung zunächst rechtswidrig ist, kann durch eine wirksame neue Satzung, auch wenn dieser keine Rückwirkung zukommt, rechtmäßig werden. Das hat der Senat in ständiger Rechtsprechung erkannt (zuletzt grundsätzlich U.v. 29.4.2010 BayVBl 2008, 240; B.v. 6.4.2010 NVwZ 2001, 706 = BayVBl 2000, 472; U.v. 1.3.2007 - 23 B 06.1668). Damit ist der Senat einer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gefolgt, wonach durch eine solche Rechtsänderung während des gerichtlichen Verfahrens ein zunächst vorhandener Aufhebungsanspruch entfällt (BVerwG, U.v. 25.11.1981, BVerwGE 64, 218/223). Diese Rechtsprechung ist zum Beitrag für die Erschließung nach dem (früheren) Bundesbaugesetz ergangen, für die hier in Mitten stehende Abgabe kann aber nichts anderes gelten. Somit war der Beklagte berechtigt, durch den Erlass der neuen BGS 2014, auch wenn ihr keine Rückwirkung beigemessen wurde, dem angegriffenen Bescheid eine gültige Rechtsgrundlage zu verleihen. Ein Vertrauen darauf, dass eine ungültige Abgabesatzung nicht nachträglich durch eine gültige ersetzt wird, ist nicht schützenswert. Die Berücksichtigung einer Heilungsmöglichkeit mit ex nunc Wirkung begegnet auch im Hinblick auf die Rechtsposition des Beitragspflichtigen keinen durchgreifenden Bedenken, weil ihm rechtliches Gehör gewährt werden muss und er in Folge dessen Gelegenheit erhält, zur Änderung der Rechtslage Stellung zu nehmen und die Kosten des Verfahrens gegebenenfalls durch eine Erledigterklärung abzuwenden (BVerwG, U.v. 27.4.1990 BayVBl 1990, 666/667; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand März 2014, Rn. 174 zu § 8).

Der Beitragsmaßstab in § 5 BGS 2014, insbesondere der hier gegenständliche Maßstab der zulässigen Geschossfläche (§ 5 Abs. 1 BGS 2014), der sich vorliegend aus der Grundflächenzahl multipliziert mit der Grundstücksfläche multipliziert mit der Wandhöhe geteilt durch 8,0 ergibt (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 4 BGS 2014), begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Soweit die Klägerseite Verstöße gegen den Gleichheitssatz, den gerechten Vorteilsausgleich und das Äquivalenzprinzip rügt, erweist sich das nicht als tragfähig. Die von ihr vorgenommene Gegenüberstellung des sich nunmehr aufgrund des § 5 Abs. 2 Satz 4 BGS 2014 ergebenden Beitrags von 515.280,96 Euro mit der Berechnung nach dem Beitragsmaßstab gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 BGS 2014 ist bereits im Ansatz verfehlt. Denn hierbei hat die Klägerin eine Baumasse von 131.961,84 m³ zugrunde gelegt, die dem Bescheid vom 20. Dezember 2011 entnommen ist und die auf einer Berechnung beruht, die lediglich die tatsächlich verwirklichte Bebauung berücksichtigt, was im Widerspruch zum Grundsatz des § 1 Abs. 1 BGS 2014 steht. Eine Berechnung nach der tatsächlich vorhandenen Bebauung war übrigens (auch) der Grund dafür, dass das Verwaltungsgericht die BGS 2008, der der Beklagte eine nach der tatsächlichen Bebauung ausgerichtete Berechnung entnahm, im Beitragsteil für nichtig erklärte. Der von der Klägerin im Verfahren nachhaltig vertretene und auch in der mündlichen Verhandlung nochmals vertiefte Standpunkt, dass die Ausschöpfung der zulässigen Geschossfläche in einem Speditions- und Logistikgebiet, in dem das betroffene Grundstück liegt, in der Praxis nicht getätigt werde und gänzlich weltfremd sei, ist bei dem Maßstab der zulässigen Geschossfläche unbeachtlich, weil der den Beitrag rechtfertigende Vorteil in der Möglichkeit der Inanspruchnahme und nicht in der tatsächlichen Ausnutzung liegt. Es spielt daher auch bei der reinen Schmutzwasserentsorgung keine Rolle, dass das Grundstück der Klägerin zahlreiche befestigte Flächen ohne Schmutzwasserableitung hat. Aus diesem Grund weist auch die von der Klägerin vorgelegte „Zusammenstellung der Flächen“ eines Architekturbüros vom 22. Februar 2010, nach der die tatsächliche Bruttogeschossfläche 4.023 m² beträgt, keinen Bezug zu dem hier einschlägigen Beitragsmaßstab auf. Lediglich zur Verdeutlichung sei darauf hingewiesen, dass sich im vorliegenden Fall auch keine andere Beitragspflicht für die Klägerin ergäbe, wenn sie das Grundstück baulich und gewerblich gänzlich ungenutzt ließe.

Die Berechnung der Geschossfläche auf der Basis der Grundflächenzahl verstößt auch mit dem Blick auf mögliche Stellplätze und Zufahrten nicht gegen beitragsrechtliche Grundsätze. Der Umstand, dass nach § 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauNVO bei der Ermittlung der Grundfläche die Grundflächen etwaiger Stellplätze und Zufahrten mitzurechnen sind, ist beitragsrechtlich ohne Bedeutung, weil der Beitrag nach der höchstmöglichen zulässigen Geschossfläche berechnet wird. Ob ein Grundstückseigentümer entsprechende Nebenanlagen oder aber Gewerbebauten errichtet, liegt allein in seiner Entscheidung. Nichts anderes gilt für einen Dachgeschossausbau. Im Rahmen der planungsrechtlichen Vorgaben oder Einzelgenehmigungen mögen Gebäude im fraglichen Gebiet auch (ausgebaute) Dachgeschosse aufweisen. Halten sich diese innerhalb der planungsrechtlich vorgegebenen Wandhöhe, hat ihr Vorhandensein auf den nach der zulässigen (aus Grundstücksfläche, Grundflächenzahl, Wandhöhe und Divisor ermittelten) Geschossfläche zu erhebenden Beitrag keinen Einfluss. Übersteigt ein Dachgeschoss die zulässige Wandhöhe von 16 m, wird nach der tatsächlichen Geschossfläche eine Zusatzberechnung nach § 5 Abs. 2 Satz 6 BGS 2014 oder im Falle einer nachträglichen Änderung eine Nachberechnung nach § 5 Abs. 10 BGS 2014 durchgeführt.

Schließlich handelt es sich bei dem Beitragsmaßstab in § 5 BGS 2014 um einen reinen Geschossflächenmaßstab, wie er für die Abrechnung von Anlagen ausschließlich der Schmutzwasserentsorgung geeignet ist. Maßgebend ist bei allen aufgeführten Varianten des § 5 BGS 2014 ausschließlich das Maß der baulichen Nutzung gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KAG, zu dessen Bestimmung die überplante Grundstücksfläche regelmäßig heranzuziehen ist (vgl. §§ 19, 20 BauNVO). Dadurch, dass bei der Berechnung der Geschossfläche auch die Frage der Grundstücksgröße eine Rolle spielt, wird nicht die Grundstücksfläche als solche zum bei der reinen Schmutzwasserentsorgung ungeeigneten Beitragsmaßstab. Sie dient lediglich notwendigerweise zur Ermittlung der heranzuziehenden Geschossfläche, deren Berechnung bei den entsprechenden bauplanungsrechtlichen Vorgaben nicht auf andere Weise möglich ist.

Verfehlt ist die Rüge der Klägerin bezüglich des Divisors 8,0 in § 5 Abs. 2 Sätze 3, 4 (hier einschlägig) und 5 BGS 2014. Sinnvoller Weise verringert sich die heranzuziehende Geschossfläche mit der Vergrößerung des Divisors. Es ist nicht entfernt ersichtlich, inwiefern diese Festsetzung der BGS 2014 rechtlichen Bedenken begegnen sollte.

Schließlich vermag die Klägerin auch nicht mit ihrem Hinweis auf den Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung durchzudringen, deren Möglichkeit mit dem Bescheid vom 17. März 2010, der eine Beitragsforderung von 177.127,83 Euro festsetzte, ausgeschöpft wäre. Das hätte zur Voraussetzung, dass eine solche Forderung entstanden und rechtmäßig erhoben worden wäre, was zunächst schon die Tragfähigkeit der BGS 2008 voraussetzte. Diese war im Beitragsteil aber nichtig, wie das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil zutreffend erkannt hat. Der Senat verweist insoweit auf die Darlegungen des Urteils (Seiten 11 bis 14). Aber selbst dann, wenn die BGS 2008 im Beitragsteil rechtswirksam gewesen wäre, könnte sich der Kläger nicht auf die Beitragsfestsetzung vom 17. März 2010 als abschließende Regelung berufen. Denn damit war die BGS 2008 - ihre Wirksamkeit immer unterstellt - auch fehlerhaft angewandt. Denn der hier angezogene § 5 Abs. 4 Buchst. a BGS 2008 ist offenkundig nicht einschlägig. Er betrifft nach seinem eindeutigen Wortlaut Gebiete, für die ein Bebauungsplan besteht, indem das zulässige Maß der (baulichen) Nutzung nicht festgesetzt ist. Mit der Grundflächenzahl und der zulässigen Wandhöhe weist der Bebauungsplan Nr. 91 „Gewerbegebiet Römerweg“ der Gemeinde N. b. F. das Maß der baulichen Nutzung aus. Denkbar wäre es allenfalls, wollte man unter Hintanstellung aller Bedenken den Beitragsteil der BGS 2008 nicht mit dem Verdikt der Nichtigkeit verwerfen, entsprechend Anmerkung 2 zu § 5 Abs. 2 des Musters einer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung nach der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 20. Mai 2008 (MBl 2008, 350, 356) die Geschossfläche aus der maximal zulässigen, mit Hilfe der Wandhöhe zu ermittelnden Baumasse zu errechnen, was, worauf das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, zu einer weit höheren Geschossfläche als zu der im angefochtenen Bescheid vom 20. Dezember 2011 zugrunde gelegten geführt hätte. Nur mit einer solchen Berechnungsweise wäre im Vergleich zu Grundstücken, deren beitragspflichtige Geschossfläche mit Hilfe der Baumassenzahl errechnet wurde (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 3 BGS 2008) eine gerechte Handhabung der Beitragserhebung aufgrund der BGS 2008 möglich gewesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen insbesondere durch Zahlung (§§ 224, 224a, 225), Aufrechnung (§ 226), Erlass (§§ 163, 227), Verjährung (§§ 169 bis 171, §§ 228 bis 232), ferner durch Eintritt der Bedingung bei auflösend bedingten Ansprüchen.

(1) Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer entstanden ist oder eine bedingt entstandene Steuer unbedingt geworden ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 beginnt die Festsetzungsfrist, wenn

1.
eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, es sei denn, dass die Festsetzungsfrist nach Absatz 1 später beginnt,
2.
eine Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu zahlen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem für den Steuerfall Steuerzeichen oder Steuerstempler verwendet worden sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuerzeichen oder Steuerstempler hätten verwendet werden müssen.
Dies gilt nicht für Verbrauchsteuern, ausgenommen die Energiesteuer auf Erdgas und die Stromsteuer.

(3) Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.

(4) Wird durch Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 auf die Vermögensteuer oder die Grundsteuer der Beginn der Festsetzungsfrist hinausgeschoben, so wird der Beginn der Festsetzungsfrist für die folgenden Kalenderjahre des Hauptveranlagungszeitraums jeweils um die gleiche Zeit hinausgeschoben.

(5) Für die Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) beginnt die Festsetzungsfrist nach den Absätzen 1 oder 2

1.
bei einem Erwerb von Todes wegen nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerb erlangt hat,
2.
bei einer Schenkung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Schenker gestorben ist oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat,
3.
bei einer Zweckzuwendung unter Lebenden nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Verpflichtung erfüllt worden ist.

(6) Für die Steuer, die auf Kapitalerträge entfällt, die

1.
aus Staaten oder Territorien stammen, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, und
2.
nicht nach Verträgen im Sinne des § 2 Absatz 1 oder hierauf beruhenden Vereinbarungen automatisch mitgeteilt werden,
beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Kapitalerträge der Finanzbehörde durch Erklärung des Steuerpflichtigen oder in sonstiger Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(7) Für Steuern auf Einkünfte oder Erträge, die in Zusammenhang stehen mit Beziehungen zu einer Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die der Steuerpflichtige allein oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, beginnt die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem diese Beziehungen durch Mitteilung des Steuerpflichtigen oder auf andere Weise bekannt geworden sind, spätestens jedoch zehn Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.