Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Februar 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Nach eigenen Angaben ist der Kläger malischer Staatsangehöriger. Er reiste vermeintlich am ... August 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am ... August 2013 Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Auf Befragen gab der Kläger an, dass ihm in I. Fingerabdrücke abgenommen worden seien; einen Asylantrag habe er jedoch dort nicht gestellt. Eine EURODAC-Abfrage bestätigte die Abnahme der Fingerabdrücke in I. (EURODAC-Treffer der Kategorie 1, vgl. Bl. ... f. der Behördenakte). Am ... Dezember 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-Verordnung) an I.. Die zuständigen italienischen Behörden antworteten auf das Übernahmeersuchen bisher nicht.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014, dem Kläger zugestellt am ... März 2014, stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach I. an (Nr. 2).

Am ... März 2014 erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,

den Bescheid des Bundesamts vom ... Februar 2014 aufzuheben.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, eine Abschiebung nach I. sei rechtswidrig. Er sei von M. nach Libyen geflüchtet und dort inhaftiert und gefoltert worden. Mit einem Boot sei er zur italienischen Insel L. gelangt. Ein Camp dieser Insel habe er nach einem Monat verlassen, dann habe er auf Bahnhöfen und in Moscheen gelebt. Einen Asylantrag habe er in I. nicht gestellt. Soweit Angaben von ihm dahingehend interpretiert worden seien, sei dies ohne Dolmetscher und ohne sein Wissen und Wollen geschehen. Es sei für eine Rückschiebung nicht ausreichend, dass Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates festgestellt worden seien. Elementare Rechte des Klägers könnten dort nicht mehr verwirklicht werden. Es gebe in I. faktisch keine ausreichenden Aufnahmemöglichkeiten mehr. Es drohe Obdachlosigkeit und eine Leben ohne gesicherten Zugang zu Nahrung, Wasser und Elektrizität. Soziale Rechte seien dem Kläger in I. nicht eröffnet. Der Kläger legte ein Foto vor zum Beweis, dass er durch Würgen gefoltert worden sei.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom ... März 2014 die Asylakten vor. Mit Beschluss vom ... April 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Am ... Dezember 2014 verzichtete der Kläger, der sich noch immer im Bundesgebiet aufhält, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Beklagte erklärte dies am ... Dezember 2014 ebenso.

Mit Beschluss vom ... April 2014, dem Bevollmächtigten des Klägers zugegangen am 2. Mai 2014, lehnte das Gericht dessen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage ab.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Die Entscheidung kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne von § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrags führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheids bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen (§§ 31, 24 AsylVfG). Das Bundesamt hat sich wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 27a AsylVfG bisher lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheids wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.

Die Klage auf isolierte Aufhebung des Bescheids ist auch von einem Rechtsschutzbedürfnis getragen. Selbst wenn das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als Zweitantrag behandeln wollte, hätte er jedenfalls Anspruch auf sachliche Prüfung, ob Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diesem Anspruch müsste durch Einstieg in ein Zweitverfahren Genüge getan werden.

2. Die Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Überstellungsfrist bereits abgelaufen Der Bescheid ist mit dem Ablauf der Überstellungsfrist rechtswidrig geworden. Da der Beschluss des Gerichts vom ... April 2014, in dem der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde, dem Bevollmächtigten des Klägers am 2. Mai 2014 bekannt gegeben wurde, endete die Überstellungsfrist von sechs Monaten am 2. November 2014. Nach Ablauf der Frist geht die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylbegehrens auf den ersuchenden Mitgliedstaat, also die Beklagte, über (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-Verordnung). Der Asylantrag ist damit nicht mehr nach § 27a AsylVfG unzulässig. Eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG kommt nicht mehr in Betracht. Dass I. nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme des Klägers bereit wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

Der Bescheid kann auch nicht durch Umdeutung nach § 47 VwVfG als Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten werden, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (ebenso VG Augsburg, U. v. 12.11.1014 - Au 7 K 14.50047 - juris Rn. 35 ff.; VG Regensburg, U. v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.30180 - juris Rn. 22 ff.; U. v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 22 ff.; VG Ansbach, U. v. 8.10.2014 - AN 10 K 14.30043 - juris Rn. 20; VG Düsseldorf, U. v. 23.9.2014 - 8 K 4481/14.A - juris Rn. 38). Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Diese Vorschrift gilt nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG allerdings dann nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.

Ein Bescheid gemäß § 71a AsylVfG hätte nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen. Das nach § 71a Abs. 1 AsylVfG zuständige Bundesamt hat den Kläger nicht zu den im Rahmen des § 71a Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) angehört. Gelegenheit zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand nie. Damit ist offensichtlich ausgeschlossen, dass sich die Beklagte auf Basis der Aktenlage mit der Frage hätte auseinandersetzen können, ob ein Fall des § 71a Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht. Von der Anhörung konnte auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da bei dieser Sachlage insbesondere mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine sichere Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nicht möglich ist.

Außerdem obliegt der Beklagten gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegt. Dieser Gesichtspunkt mag zwar mit Blick auf die Dublin-Regularien und die nach §§ 27a, 34a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebung ursprünglich keine Rolle gespielt haben. Allerdings käme dem im Rahmen eines Zweitantrags Bedeutung zu, zumal hierbei nicht die Umstände in I., sondern im Herkunftsstaat zugrunde zu legen sind.

Nr. 1 des Bescheids kann auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden, weil die Rechtsfolgen ungünstiger wären. Rechtsfolge des Bescheids gemäß § 27a AsylVfG ist nach § 34a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den Staat der Asylantragstellung. Asylantragstellern verbleibt die Möglichkeit, auch nach einer Abschiebung aus Deutschland nach Maßgabe der nationalen Regelungen um Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat nachzusuchen, etwa durch das Stellen eines Folgeantrags. Dagegen geht mit dem Erlass eines ablehnenden Bescheids gemäß § 71a AsylVfG in aller Regel eine den Herkunftsstaat als Zielstaat benennende Androhung der Abschiebung einher (vgl. § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34 AsylVfG, § 59 AufenthG).

Außerdem scheidet eine Umdeutung der Anordnung der Abschiebung nach I. in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids in eine Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland aus, da diese nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre.

Der Kläger ist auch in seinen Rechten verletzt. Zwar begründen die Bestimmungen der Dublin II-Verordnung grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden. Sie dienen alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wenn allerdings die Überstellungsfrist abgelaufen und der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Übernahme bereit ist, besteht allein die Zuständigkeit der Beklagten. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens kann dann als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem dann zuständigen Staat geltend gemacht werden (vgl. VG Augsburg, U. v. 12.11.2014 a. a. O. Rn. 45).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. März 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am ... 1976 geborene Kläger stellte am 10. Juni 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.

Ein Abgleich der Fingerabdrücke durch das Bundesamt ergab einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 für U. (...).

Am 7. November 2013 hat das Bundesamt an U. ein Wiederaufnahmegesuch gerichtet. Mit Schreiben vom 14. November 2013, eingegangen beim Bundesamt am 18. November 2013, haben die ungarischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) der Dublin II-Verordnung erklärt. Der Kläger habe am 6. Mai 2013 in U. einen Asylantrag gestellt. Sein Verschwinden sei am 24. Juni 2013 gemeldet worden. Während seiner Abwesenheit, aber basierend auf seinen Einlassungen, sei sein Asylgesuch am 30. September 2013 zurückgewiesen worden.

Am 25. Februar 2014 wurde mit dem Kläger beim Bundesamt ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens geführt. Dabei gab der Kläger zu seinem Reiseweg an, er sei im August 2010 vom S. in die T. geflogen. Nach drei Monaten sei er nach Griechenland gereist, wo er sich zwei Jahre und acht Monate aufgehalten habe. Über M. sei er nach U. gekommen. Im Mai 2013 seien ihm dort die Fingerabdrücke abgenommen worden.

Mit Bescheid vom 26. März 2014 wurde durch das Bundesamt festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (Ziffer 1); die Abschiebung nach U. wurde angeordnet (Ziffer 2).

Dieser Bescheid wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 28. März 2014 zugestellt.

Am 1. April 2014 erhob der Kläger zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage und beantragte,

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge wird aufgehoben.

II.

Die Bundesrepublik Deutschland wird verpflichtet, dem Asylantrag vom 10. Juni 2013 stattzugeben.

Den gleichzeitig gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 11. April 2014 (Az.: Au 7 S 14.50048) ab. Dieser Beschluss wurde dem Kläger am 16. April 2014 und dem Bundesamt am 22. April 2014 zugestellt.

Mit Beschluss vom 15. Oktober 2014 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Die Parteien wurden mit gerichtlichem Schreiben vom 16. Oktober 2014 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Die Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 21. Oktober 2014 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Überstellungsfrist am 22. Oktober 2014 abgelaufen sei. Die Zuständigkeit im Rahmen des Dublin - Verfahrens sei durch Fristablauf auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Da der Kläger bereits in U. ein Asylverfahren betrieben habe, stelle sich sein hiesiger Asylantrag als Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG dar.

Ein im sog. Dublin-Verfahren erlassener Bescheid, mit dem der Asylantrag im Sinne des § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt werde, könne nur dann aufgehoben werden, wenn nach § 71a AsylVfG die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorlägen. Die Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheids könne dagegen nicht verlangt werden, wenn Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen. Eine Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheids brächte dem Kläger gegenüber der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens keinen rechtlichen Vorteil, so dass ihm insofern das Rechtsschutzbedürfnis an der beantragten Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids fehle. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine entsprechende Umdeutung des Bescheids vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können. Bei beiden Tenorierungen sei das Ziel des Bescheids, die Ablehnung einer materiellen Prüfung des Asylantrags. Unzulässig sei auch die Durchführung paralleler Prüfungsverfahren in verschiedenen Mitgliedstaaten.

Mit Schreiben vom 3. November 2014 zeigte die Bevollmächtigte des Klägers dessen Vertretung an. Sie teilte mit Schreiben vom 10. November 2014 mit, dass sie mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden sei. Der angefochtene Bescheid sei wegen Ablaufs der Überstellungsfrist aufzuheben. Soweit das Bundesamt im Schriftsatz vom 21. Oktober 2014 vorbringe, dass die Voraussetzungen des 3 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen, stelle sich die Frage, wie das Bundesamt zu dieser Behauptung komme, da es den Kläger bisher nicht zu seinen Asylgründen befragt habe.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die am 9. April 2014 übermittelte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Entscheidung konnte im vorliegenden Fall durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Parteien wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu dieser Form der Entscheidung angehört. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das Klagebegehren ist gemäß § 88 VwGO vorliegend dahingehend auszulegen, dass mit der Klage ausschließlich die Aufhebung des Bescheids vom26. März 2014 begehrt wird. Denn dies hat zur Folge, dass die Beklagte in einem neuen Verfahren über das Asylbegehren des Klägers zu entscheiden hat.

1. Die in diesem Sinne ausgelegte Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 7. Februar 2014 ist zulässig.

Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich § 27a AsylVfG, wobei eine mit diesem Ausspruch verbundene Abschiebungsanordnung regelmäßig ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG findet. Nach § 27a AsylVfG ist ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungsbegehren statthaft. Die Entscheidungen nach §§ 27a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte i. S. des § 42 Abs. 1 VwGO dar, deren isolierte Aufhebung - anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens - ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Antrags führt (vgl. VG Trier, U. v. 18.5.2011 - 5 K 198/11.TR - juris Rn. 16 m. w. N.; VG Freiburg, B. v. 2.2.2012 - 4 K 2203/11 - juris Rn. 2).

2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

a) Der Bescheid ist insgesamt rechtswidrig und daher aufzuheben, weil inzwischen nicht mehr U., sondern die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags des Klägers, der bislang nicht nach U. abgeschoben worden ist, zuständig ist (nachfolgend aa)). Auch lässt sich der Bescheid nicht auf einer anderen Rechtsgrundlage aufrechterhalten bzw. scheidet eine Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids aus (nachfolgend bb)).

aa) Die Bestimmung, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über den Asylantrag zuständig ist, richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (nachfolgend: Dublin II-VO).

Gemäß Art. 49 UAbs. 2 Satz 1 Dublin III-VO, die zum 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist und die Dublin II-VO durch Art. 48 UAbs. 1 Dublin III-VO aufgehoben hat, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für solche Anträge auf internationalen Schutz, die vor dem 1. Januar 2014 - wie vorliegend gegeben - eingereicht wurden, weiterhin nach den Kriterien der außer Kraft getretenen Dublin II-VO.

Nach Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde (hier: Deutschland), wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Der Fristbeginn wird näher in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d) Satz 2 Dublin II-VO geregelt. Danach erfolgt die Überstellung eines Asylbewerbers gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat.

Im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung ist es unstreitig, dass die 6-Monats-Frist für die Überstellung abgelaufen ist.

Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Verlängerung der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die nicht innerhalb der 6-Monats-Frist erfolge Überstellung hat gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO zur Folge, dass die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat übergeht, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Damit ist der Ausspruch in Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheids rechtswidrig geworden.

bb) Die im Schreiben vom 21. Oktober 2014 dargelegte Rechtsauffassung der Beklagten, der angefochtene Bescheid stehe - wenn auch aus anderen Gründen - mit dem objektiven Recht in Einklang, so dass die verfahrensgegenständliche Klage abzuweisen sei, wird vom erkennenden Gericht nicht geteilt (vgl. auch VG Regensburg, U. v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.30180 - juris; U. v. 21.10.2014 - RN 9 K 14.30217 - juris; VG Ansbach, U. v. 8.10.2014 - AN 10 K 14. 30043 - juris).

Zwar hat ein Gericht unabhängig von der behördlichen Begründung nach § 113 Abs. 1 VwGO von sich aus zu prüfen, ob der angefochtene Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid genannter Normen und Tatsachen ist dem Gericht nur dann verwehrt, wenn dies zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheids führen würde oder der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung unzumutbar beeinträchtigt würde. Schließlich ist auch die Möglichkeit einer Umdeutung des streitigen Bescheids vom Gericht in Betracht zu ziehen (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 29.87 - BVerwGE 80, 96).

Die Voraussetzungen für eine Umdeutung des Bescheids oder ein Auswechseln der Rechtsgrundlage liegen hier nicht vor.

Dem Kläger wurde in U. weder die Flüchtlingseigenschaft (i. S. d. § 3 AsylVfG) zuerkannt noch subsidiärer Schutz (i. S. d. § 4 AsylVfG) gewährt. Die ungarischen Behörden haben vielmehr in ihrem Antwortschreiben vom 14. November 2013 zum Wiederaufnahmegesuch der Beklagten mitgeteilt, dass der Asylantrag des Klägers am 30. September 2013 von den ungarischen Behörden abgelehnt worden sei. Ein nach § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG inhaltlich nicht zu prüfender, „unzulässiger“ Asylantrag liegt damit nicht vor, so dass ein entsprechendes Auswechseln der Rechtsgrundlage beim streitgegenständlichen Bescheid oder eine Umdeutung nach § 47 VwVfG ausscheiden. Damit besteht im Falle des Klägers auch nicht die Gefahr paralleler Asylverfahren in verschiedenen Mitgliedsstaaten.

Eine Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheids in eine (ablehnende) Entscheidung i. S. d. § 71a AsylVfG (Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens) kommt ebenfalls nicht in Betracht.

Gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

Ein Bescheid, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, hätte nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen. Das zuständige Bundesamt (§ 71a Abs. 1 AsylVfG) hat den Kläger nicht zu den im Rahmen des § 71a Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Tatsachen (materielle Fluchtgründe) und Umständen (Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) angehört. Aus der Akte des Bundesamtes ergibt sich, dass am 25. Februar 2014 lediglich „ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ stattgefunden hat. Diese Befragung (Bl. 52 bis 55 der Bundesamtsakte) endete mit dem Hinweis, dass das Bundesamt aufgrund der Angaben des Klägers nunmehr zunächst die Durchführung eines Dublin-Verfahrens prüfen werde. Gelegenheit zum Vortrag der Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand nie. Entsprechend der Aktenlage hat sich die Beklagte damit offensichtlich nie mit der Frage auseinandersetzt, ob ein Fall des § 71a Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegt oder nicht. Bei dieser Sachlage ist es daher auch nicht zulässig, von der Anhörung des Klägers abzusehen (§ 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG), da insbesondere mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine sichere Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nicht möglich ist.

Außerdem hat die Beklagte gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch zu prüfen, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt. Dieser Gesichtspunkt hat im hier durchgeführten sog. Dublin-Verfahren keine Rolle gespielt, da bei einem nach § 27a AsylVfG unzulässigen Asylantrag die Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat anzuordnen ist (s. § 34a AsylVfG). Dagegen sind im Rahmen eines Zweitantrages nach § 71a AsylVfG die Umstände im Herkunftsstaat des Klägers (hier: S.) zugrunde zu legen und nicht die Umstände im zuständigen Mitgliedstaat (hier: U.).

Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides kann auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden, weil die Rechtsfolgen ungünstiger wären. Rechtsfolge des Bescheides gemäß § 27a AsylVfG ist nach § 34a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den zuständigen Mitgliedstaat. Asylantragstellern verbleibt damit die Möglichkeit, auch nach einer Abschiebung aus Deutschland nach Maßgabe der nationalen Regelungen des zuständigen Mitgliedstaates um Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat nachzusuchen, etwa durch das Stellen eines Folgeantrages. Dagegen geht mit dem Erlass eines ablehnenden Bescheides gemäß § 71a AsylVfG in aller Regel eine den Herkunftsstaat als Zielstaat benennende Androhung der Abschiebung einher (vgl. § 71a Abs. 4 i. V. m. § 34 AsylVfG, § 59 AufenthG).

Die Anordnung der Abschiebung nach U. in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides kann auch deswegen nicht in eine Androhung der Abschiebung in das Herkunftsland umgedeutet werden, da diese nicht mehr im Sinne von § 47 Abs. 1 VwVfG auf das gleiche Ziel gerichtet wäre.

Da das Asylbegehren in der Sache - in dem durch § 71a AsylVfG gezogenen Rahmen - noch nicht geprüft wurde, würde dem Kläger bei einem „Spruchreifmachen“ eine Tatsacheninstanz verloren gehen, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt etwa für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG zur Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Erhebung der erforderlichen Beweise gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2 AsylVfG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO vorgesehen ist.

Ferner würde ein „Durchentscheiden“ des Gerichts im Ergebnis dazu führen, dass es nicht eine Entscheidung der Beklagten kontrollieren, sondern sich erstmals mit dem Antrag sachlich auseinandersetzen und entscheiden würde. Dies wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) und den Wortlaut des Gesetzes in § 71a Abs. 1 AsylVfG bedenklich, da der Gesetzgeber die Prüfung dem Bundesamt zugewiesen hat.

b) Der rechtswidrige Bescheid vom 26. März 2014 verletzt den Kläger auch in seinen Rechten. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Dublin II- VO dem Asylbewerber kein subjektives Recht darauf einräumt, dass sein Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedstaat geprüft wird. Ist jedoch dieser vom Asylbewerber „bevorzugte“ Mitgliedstaat in Folge Ablaufs der Überstellungsfrist gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO zuständig geworden, so soll die Regelung in dieser Norm auch dem schutzwürdigen Interesse des Asylbewerbers dienen, dass sein Schutzgesuch - nach Ablauf eines gewissen Zeitraums, welcher der Klärung von Zuständigkeitsfragen vorbehalten ist - in angemessener Zeit in der Sache geprüft wird. Es muss sichergestellt sein, dass das Ziel der Gewährleistung eines umfassenden Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) nicht reduziert wird. Insoweit steht ihm ein Anspruch auf sachliche Prüfung seines Asylantrags zu mit der Folge, dass ihn eine Maßnahme nach § 27a AsylVfG i. V. m. § 34a AsylVfG, die nach Fristablauf und damit einhergehendem Zuständigkeitsübergangs rechtswidrig geworden ist, in seinen subjektiv öffentlichen Rechten verletzt (VGH Baden-Württemberg, B. v. 06.08.2013 - 12 S 675/13 -, juris, Rn. 13 m. w. N.; VG Magdeburg, U. v. 28.2.2014 - 1 A 413/13 - juris).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83 b AsylVfG.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Juli 2014 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.


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(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.