Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Nov. 2014 - M 4 S7 14.31020

bei uns veröffentlicht am27.11.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. In Abänderung von Nr. 1 des Beschlusses vom 12. Februar 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Januar 2014 angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Abänderungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller, nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 8. Oktober 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18. Oktober 2013 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Antragsteller bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat. Am 25. November 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge -Bundesamt- ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2013 -Dublin II-VO- an Ungarn. Die zuständige ungarische Behörde erklärte mit Schreiben vom 28. November 2013 ihre Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) Dublin II-VO.

Mit Bescheid vom 21. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn an (Ziff. 2).

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 6. Februar 2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Januar 2014 aufzuheben (M 4 K 14.30225); gleichzeitig beantragte er die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Mit Beschluss vom 12. Februar 2014 lehnte das Gericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab (M 4 S 14.30226). Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten 18. September 2014 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers (sinngemäß),

den Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Februar 2014 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 6. Februar 2014 anzuordnen.

Zur Begründung führte der Bevollmächtigte aus, dass die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Ungarn nunmehr abgelaufen sei und damit die Zuständigkeit für die Durchführung eines Asylverfahrens auf Deutschland übergegangen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist zulässig und begründet.

Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache jederzeit, d.h. ohne Bindung an Fristen, von Amts wegen oder - wie hier - auf Antrag eines Beteiligten, einen Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ändern oder aufheben. Die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO kann ein Beteiligter nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO).

Das Abänderungsverfahren darf jedoch nicht als Rechtsmittelverfahren zu einer vorhergehenden Entscheidung verstanden werden. Es dient allein der Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25. 8. 2008 - 2 VR 1/08 -, juris; VGH BW, B.v. 16. 12. 2001 - 13 S 1824/01 -, juris; OVG NRW, B.v. 7. 2. 2012 - 18 B 14/12 -, juris).

Es liegen hier veränderte Umstände i.S.d. § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vor, die zu einer anderen Entscheidung hinsichtlich der Anordnung der aufschiebenden Wirkung führen, da zwischenzeitlich die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Ungarn unstrittig abgelaufen ist, vgl. Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO (zur unterschiedlichen Berechnung der Überstellungsfrist vgl. VG Augsburg U.v. 5.9.2014 – Au 7 K 14.30094 – juris Rn. 23 m.w.N.). Ein Tatbestand, der nach Art. 19 Abs. 4 Satz 2 bzw. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO ausnahmsweise zu einer Verlängerung der Überstellungsfrist führt, wurde weder von der Antragsgegnerin vorgetragen, noch ist ein solcher ersichtlich.

Die ursprüngliche Zuständigkeit Ungarns für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers ist damit nach Art. 19 Abs. 3 bzw. 20 Abs. 2 Satz 2 Dublin II-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Demnach ist jedenfalls die Abschiebungsandrohung nach Ungarn (Ziffer 2 des Bescheides) rechtswidrig geworden.

Auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin kann sich der Antragsteller auch berufen. Hierfür wird auf die Rechtsprechung der Kammer (vgl. U.v. 24.11.2014 – M 4 K 14.30145 und M 4 K 14.30265) sowie auf die ausführliche Begründung des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2014 (RO 9 K 14.30217 – juris) Bezug genommen (vgl. auch VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627; VG Göttingen B.v. 30.6.2014 – 2 B 86/14 – juris; a.A.: VG Würzburg B.v. 11.6.2014 – W 6 S 14.50065 – juris).

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es im vorliegenden Eilverfahren nicht unmittelbar um die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig geht (Ziff. 1 des Bescheides), sondern primär um die Abschiebungsandrohung (Ziff. 2). Jedenfalls die Aufrechterhaltung der rechtswidrig gewordenen Abschiebungsandrohung nach Ungarn stellt eine subjektive Rechtsverletzung dar, auf die sich der Antragsteller berufen kann (vgl. hierzu ausführlich VG Göttingen B.v. 30.6.2014 – 2 B 86/14 – juris Rn. 23).

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kann der Bescheid – und insbesondere die Abschiebungsandrohung nach Ungarn – nicht im Wege der Umdeutung in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG aufrecht erhalten werden, da die Voraussetzungen nach § 47 VwVfG nicht vorliegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht auch hier auf seine Rechtsprechung (U.v. 24.11.2014 – M 4 K 14.30145 und M 4 K 14.30265 – m.w.N.).

Eine Abänderung der Kostenentscheidung in Nr. II des Beschlusses vom 12. Februar 2014 ist nicht geboten, da die Anordnung der aufschiebenden Wirkung aufgrund veränderter Umstände mit Wirkung „ex nunc“ erfolgt.

Die Kosten des Abänderungsverfahrens hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Antragsgegnerin zu tragen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Nov. 2014 - M 4 S7 14.31020

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Nov. 2014 - M 4 S7 14.31020

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Nov. 2014 - M 4 S7 14.31020 zitiert 3 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 47 Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes


(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können un

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Nov. 2014 - M 4 S7 14.31020 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Nov. 2014 - M 4 S7 14.31020 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Jan. 2015 - M 4 K 14.30225

bei uns veröffentlicht am 13.01.2015

Tenor I. Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand

Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Nov. 2014 - M 4 K 14.30265

bei uns veröffentlicht am 24.11.2014

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. III. Die Kostenentscheidung ist vorläuf

Verwaltungsgericht München Urteil, 24. Nov. 2014 - M 4 K 14.30145

bei uns veröffentlicht am 24.11.2014

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. III. Die Kostenentscheidung ist vorläuf

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 07. Dez. 2015 - 2 B 86/14

bei uns veröffentlicht am 07.12.2015

Gründe 1 Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

Referenzen

Tenor

I.

Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 8. Oktober 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18. Oktober 2013 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Eine EURODAC-Abfrage (Abgleich der Fingerabdrücke) ergab, dass der Kläger bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat. Am 25. November 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge -Bundesamt- ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2013 -Dublin II-VO- an Ungarn. Die zuständige ungarische Behörde erklärte mit Schreiben vom 28. November 2013 ihre Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) Dublin II-VO.

Mit Bescheid vom ... Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an (Ziff. 2).

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 6. Februar 2014 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid und beantragte,

den Bescheid vom ... Januar 2014 aufzuheben.

Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde mit Beschluss vom 12. Februar 2014 abgelehnt (M 4 S 14.30226).

Eine Überstellung des Klägers nach Ungarn erfolgte bislang nicht.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 beantragte das Bundesamt für die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Trotz Ablauf der Überstellungsfrist werde der Bescheid nicht aufgehoben, da die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Zweitantrag) nicht vorlägen. Das Bundesamt sei für den Zweitantrag nicht zuständig und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien nicht erfüllt. Allein der Ablauf der Überstellungsfrist rechtfertige nicht die Aufhebung des Bescheides. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine Umdeutung vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können.

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 sowie vom 31. Oktober 2014 verzichteten die Beteiligen auf mündliche Verhandlung. Mit Beschluss vom 6. November 2014 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

Der klägerische Antrag auf Abänderung des Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO war erfolgreich (vgl. B.v. 27.11.2014 - M 4 S7 14.31020).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig und begründet, denn der streitgegenständliche Bescheid ist im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er kann auch nicht im Wege der Umdeutung als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten bleiben.

Vorliegend ist die Dublin II-VO anzuwenden, da sowohl der Asylantrag als auch das Übernahmeersuchen vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, vgl. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 -Dublin III-VO-.

1. Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO ist unstreitig abgelaufen, ohne dass der Kläger nach Ungarn abgeschoben wurde. Damit ist nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Der Asylantrag des Klägers ist daher nicht mehr nach § 27a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig und eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG ist nicht mehr möglich (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 19; VG München U.v. 4.11.2014 - M 10 K 13.30627; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 - Au 7 K 14.50016- juris Rn. 31). Dass der Mitgliedstaat ausnahmsweise nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme bereit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der streitgegenständliche Bescheid ist damit im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht objektiv rechtswidrig.

Der Kläger ist durch den streitgegenständlichen Bescheid auch in seinen Rechten verletzt. Zwar handelt es sich bei den Regelungen der Dublin II-VO um objektive Zuständigkeitsvorschriften, die den Asylbewerbern grundsätzlich keine subjektiven Rechte verleihen (vgl. Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 30). Wenn allerdings die Überstellungsfrist in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat abgelaufen ist und alleine die Zuständigkeit der Beklagten bleibt, kann der Asylbewerber dies als Ausfluss des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem nunmehr zuständig gewordenen Staat geltend machen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 20; VG Regensburg U.v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.30180 - juris; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 - Au 7 K 14.50016 - juris Rn. 32; VG München U.v. 4.11.2014 - M 10 K 13.30627; VG Göttingen B.v. 30.6.2014 - 2 B 86/14 - juris; VG Magdeburg U.v. 28.2.2014 - 1 A 313/13 - juris; Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 39; a.A.: VG Düsseldorf B.v. 18.9.2014 - 13 L 1785/14.A - juris; einschränkend: VG Würzburg B.v. 30.10.2014 - W 3 E 14.50144 - juris Rn.14: subjektives Recht nur, wenn sich der andere Mitgliedstaat auf den Ablauf der Überstellungsfrist beruft).

2. Eine Umdeutung des streitgegenständlichen „Dublin-Bescheids“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 VwVfG nicht vorliegen.

Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburgs vom 21. Oktober 2014 (RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 22ff.).

Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

a) Vorliegend hätte ein Bescheid nach § 71a AsylVfG jedoch schon nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen, da das Bundesamt den Kläger nicht zu den für § 71a AsylVfG maßgeblichen Tatsachen und Umstände angehört hat, vgl. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 25 AsylVfG. Nach Aktenlage fand lediglich eine „Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gem. § 25 AsylVfG“ statt; diese endete mit dem Hinweis, dass das Bundesamt aufgrund der gemachten Angaben nunmehr zunächst prüfe, ob Deutschland für die inhaltliche Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Im Folgenden hat das Bundesamt dann den streitgegenständliche Dublin-Bescheid erlassen. Somit hatte der Kläger keine Gelegenheit, seine Fluchtgründe i. S. v. § 25 AsylVfG vorzutragen bzw. sich zu den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu äußern. Von der Anhörung konnte vorliegend auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nach der Aktenlage nicht ohne weiteres möglich war (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris; VG München U.v. 4.11.2014 - M 10 K 13.30627).

b) Zudem muss nach § 71a Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG im Zweitantragsverfahren stets geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaats der Abschiebungsandrohung vorliegen. Im Falle eines Zweitantrages hätte die Abschiebung aber nicht in den Mitgliedstaat, sondern in den Herkunftsstaat (hier: Afghanistan) zu erfolgen. Damit muss das Bundesamt dann aber - im Gegensatz zur ursprünglichen Abschiebungsandrohung nach Ungarn - umfassend prüfen, ob im Falle des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 25). Dies ist nach Aktenlage nicht geschehen, da das Bundesamt lediglich formelhaft ausführt, dass eine Entscheidung im nationalen Verfahren zu keiner anderen Entscheidung in der Sache führen würde.

c) Eine Umdeutung der Abschiebungsanordnung in den Mitgliedstaat (Ziffer 2 des Bescheides) in eine Abschiebungsanordnung in das Herkunftsland kommt nicht in Betracht, da diese nicht mehr wie im Bescheid auf § 34a AsylVfG gestützt werden kann (vgl. VG München U.v. 4.11.2014 - M 10 K 13.30627). Afghanistan ist weder ein sicherer Drittstaat i. S.v. § 26a AsylVfG, noch ein für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Staat nach § 27a AsylVfG. Eine derart umgedeutete Abschiebungsandrohung wäre nicht mehr auf das gleiche Ziel gerichtet, vgl. § 47 Abs. 1 VwVfG.

d) Der streitgegenständliche Bescheides kann auch deshalb nicht in eine Bescheid nach § 71a AsylVfG umdeutet werden, weil seine Rechtsfolgen ungünstiger wären, als die eines „Dublin-Bescheides“, vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG.

Bei einer Entscheidung nach § 27a AsylVfG wird der Asylbewerber „nur“ in einen anderen Mitgliedstaat überstellt. Dort hat dieser nach Maßgabe der entsprechenden nationalen Regelungen weiterhin die Möglichkeit um Schutz vor einer Abschiebung in das Herkunftsland zu ersuchen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 28). Lehnt das Bundesamt hingegen einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG ab, so erfolgt die Abschiebung in der Regel unmittelbar in den Herkunftsstaat.

e) Das Gericht hat die Voraussetzungen für die Umdeutung auch nicht im gerichtlichen Verfahren herbeizuführen.

Zwar hat das Gericht grundsätzlich bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die Sache spruchreif zu machen und darf sich nicht darauf beschränken, den Bescheid aufzuheben, weil dies im Ergebnis eine Zurückverweisung an die Behörde darstellen würde (vgl. BVerwG U.v. 7.3.1995 - 9 C 264/94 - juris). Dieser Grundsatz findet vorliegend aber keine Anwendung, da das Asylbegehren - wie oben ausgeführt - in der Sache noch gar nicht geprüft worden ist. Würde das Gericht die Sache nun spruchreif machen und „durchentscheiden“, so ginge der Klagepartei eine materielle Entscheidung über den Asylantrag auf Behördenebene verloren. Zumal das Gericht dann auch keine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Exekutive erstmalig selbst über den Antrag in der Sache entscheiden würde (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 - RO 9 K 14.30217 - juris Rn. 29; VG Ansbach U.v. 9.7.2014 - AN 4 K 14.50010 - juris Rn. 11). Dies widerspricht sowohl dem Grundsatz der Gewalteinteilung als auch dem eindeutigen Wortlaut des § 71a Abs. 1 a.E. AsylVfG („die Prüfung obliegt dem Bundesamt“).

3. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten besteht vorliegend auch nicht die Gefahr, dass das Asylverfahren des Klägers parallel in verschiedenen Mitgliedstaaten durchgeführt wird. Ungarn hat seine Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II-VO erklärt (vgl. Schreiben der ungarischen Behörde vom 7. Januar 2014) und mitgeteilt, dass das Verfahren in Ungarn derzeit abgeschlossen ist („his asylum procedure was terminated“). Damit kann hier die Gefahr der Durchführung paralleler Asylverfahren ausgeschlossen werden.

4. Damit war der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben. Die Beklagte wird dazu angehalten, ein ordnungsgemäßes Verfahren nach § 71a AsylVfG durchzuführen und mit gesondertem rechtsmittelfähigem Bescheid abzuschließen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 28. Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 10. Juli 2013 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Kläger bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hat. Am 23. Dezember 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge -Bundesamt- ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 20013 -Dublin II-VO- an die ungarischen Behörden. Diese erklärten mit Schreiben vom 7. Januar 2014 ihre Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) Dublin II-VO.

Mit Bescheid vom 22. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an (Ziff. 2).

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. Januar 2014 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid und beantragte,

1. Der Bescheid des Bundesamtes vom 22. Januar 2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Vor-aussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen.

3. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 5 und Abs. 7 AufenthG bezüglich des Klägers vorliegen.

Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO blieb ohne Erfolg (vgl. B.v. 5.2.2014 – M 4 S 14. 30146).

Eine Überstellung des Klägers nach Ungarn erfolgte bislang nicht.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Nach Aufforderung des Gerichts, auf die mittlerweile abgelaufene Überstellungsfrist zu reagieren, teilte das Bundesamt lediglich mit, dass nunmehr geprüft werde, ob die Abschiebung in den Mitgliedstaat auf einer anderen Rechtsgrundlage erfolgen könne oder eine Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat ergehen müsse.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2014 sowie vom 3. November 2014 verzichteten die Beteiligten auf mündliche Verhandlung. Mit Beschluss vom 6. November 2014 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat teilweise Erfolg.

I. Soweit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise subsidiärer Schutz bzw. die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote beantragt sind, ist die Klage unzulässig, denn im hier vorliegenden „Dublin-Verfahren“ ist eine derartige Verpflichtungsklage nicht statthaft. Im streitgegenständliche Bescheid wurde lediglich die Unzulässigkeit des Asylantrags festgestellt und die Abschiebung des Klägers nach Ungarn angeordnet; in der Sache wurde das Asylbegehren nicht geprüft. Eine Entscheidung des Gerichts zu den Fragen der Flüchtlings-eigenschaft, des subsidiären Schutzes und/oder nationaler Abschiebungsverbote würde dazu führen, dass nicht die Entscheidung der Beklagten kontrolliert würde und dem Asylbewerber faktisch die Tatsachenentscheidung auf Behördenebene verloren ginge (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.50097 – juris Rn. 16ff; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 21).

Zudem fehlt auch das Rechtschutzbedürfnis, denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides ist das Asylverfahren in dem Stadium weiterzuführen, in dem es beendet worden ist. Damit folgt aus dem Erfolg des Antrages nach Ziffer 1 automatisch, dass das Bundesamt nach Aufhebung des Bescheides auch die materielle Prüfung des Asylantrages durchzuführen hat (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 18).

II. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet, denn der Bescheid ist im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid kann auch nicht im Wege der Umdeutung als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten bleiben.

Vorliegend ist die Dublin II-VO anzuwenden, da sowohl der Asylantrag als auch das Übernahmeersuchen vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 -Dublin III-VO).

1. Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO ist unstreitig abgelaufen, ohne dass der Kläger nach Ungarn abgeschoben wurde. Damit ist nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Der Asylantrag des Klägers ist daher nicht mehr nach § 27a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig und eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG ist nicht mehr möglich (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 19; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 31). Dass der Mitgliedstaat ausnahmsweise nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme bereit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der streitgegenständliche Bescheid ist damit im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht objektiv rechtswidrig.

Der Kläger ist durch den streitgegenständlichen Bescheid auch in seinen Rechten verletzt. Zwar handelt es sich bei den Regelungen der Dublin II-VO um objektive Zuständigkeitsvorschriften, die den Asylbewerbern grundsätzlich keine subjektiven Rechte verleihen (vgl. Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 30). Wenn allerdings die Überstellungsfrist in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat abgelaufen ist und alleine die Zuständigkeit der Beklagten bleibt, kann der Asylbewerber dies als Ausfluss des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem nunmehr zuständig gewordenen Staat geltend machen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 20; VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 32; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Göttingen B.v. 30.6.2014 – 2 B 86/14 – juris; VG Magdeburg U.v. 28.2.2014 – 1 A 313/13 – juris; Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 39; a.A.: VG Düsseldorf B.v. 18.9.2014 – 13 L 1785/14.A – juris; einschränkend: VG Würzburg B.v. 30.10.2014 – W 3 E 14.50144 – juris Rn.14: subjektives Recht nur, wenn sich der andere Mitgliedstaat auf den Ablauf der Überstellungsfrist beruft).

2. Eine Umdeutung des streitgegenständlichen „Dublin-Bescheids“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt entgegen der dem Gericht aus vergleichbaren Fällen bekannten Auffassung der Beklagten nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 VwVfG nicht vorliegen.

Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburgs vom 21. Oktober 2014 (RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 22ff.).

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

a) Zwar wurde der Kläger hier vor Erlass des streitgegenständlichen „Dublin-Bescheides“ nach § 25 AsylVfG auch zu seinen Fluchtgründen angehört, sodass möglicherweise nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG von einer weiteren Anhörung abgesehen werden kann. Nach Aktenlage hat das Bundesamt aber keine materielle Prüfung des Asyl(zweit)antrages vorgenommen.

Nach § 71a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG muss im Zweitantragsverfahren zudem stets geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaates der Abschiebungsandrohung vorliegen. Im Falle eines Zweitantrages hätte die Abschiebung aber nicht in den Mitgliedstaat, sondern in den Herkunftsstaat (hier: Afghanistan) zu erfolgen. Damit muss das Bundesamt dann aber – im Gegensatz zur ursprünglichen Abschiebungsandrohung nach Ungarn – umfassend prüfen, ob im Falle des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegt (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 25). Dies ist nach Aktenlage (noch) nicht geschehen, da das Bundesamt lediglich gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde formelhaft ausführt, dass die Überstellungsfrist abgelaufen sei und nun überprüft werde, ob eine Abschiebung in den Mitgliedstaat auf einer anderen Rechtsgrundlage ergehen könne oder ob eine Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat ergehen müsse.

b) Eine Umdeutung der Abschiebungsanordnung in den Mitgliedstaat (Zif-fer 2 des Bescheides) in eine Abschiebungsanordnung in das Herkunftsland kommt nicht in Betracht, da diese nicht mehr wie im Bescheid auf § 34a AsylVfG gestützt werden kann (vgl. VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –). Afghanistan ist weder ein sicherer Drittstaat i.S. von § 26a AsylVfG, noch ein für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Staat nach § 27a AsylVfG. Eine derart umgedeutete Abschiebungsandrohung wäre nicht mehr auf das gleiche Ziel gerichtet, vgl. § 47 Abs. 1 VwVfG.

c) Der streitgegenständliche Bescheid kann auch deshalb nicht in einen Bescheid nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden, weil seine Rechtsfolgen ungünstiger wären, als die eines „Dublin-Bescheides“, vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG.

Bei einer Entscheidung nach § 27a AsylVfG wird der Asylbewerber „nur“ in einen anderen Mitgliedstaat überstellt. Dort hat dieser nach Maßgabe der entsprechenden nationalen Regelungen weiterhin die Möglichkeit, um Schutz vor einer Abschiebung in das Herkunftsland zu ersuchen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 28). Lehnt das Bundesamt hingegen einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG ab, so erfolgt die Abschiebung in der Regel unmittelbar in den Herkunftsstaat.

d) Das Gericht hat die Voraussetzungen für die Umdeutung auch nicht im gerichtlichen Verfahren herbeizuführen.

Zwar hat das Gericht grundsätzlich bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die Sache spruchreif zu machen und darf sich nicht darauf beschränken, den Bescheid aufzuheben, weil dies im Ergebnis eine Zurückverweisung an die Behörde darstellen würde (vgl. BVerwG U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris). Dieser Grundsatz findet vorliegend aber keine Anwendung, da das Asylbegehren – wie oben ausgeführt – in der Sache noch gar nicht geprüft worden ist. Würde das Gericht die Sache nun spruchreif machen und „durchentscheiden“, so ginge der Klagepartei eine materielle Prüfung des Asylantrages auf Behördenebene verloren. Zumal das Gericht dann auch keine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Exekutive erstmalig selbst über den Antrag in der Sache entscheiden würde (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 29; VG Ansbach U.v. 9.7.2014 – AN 4 K 14.50010 – juris Rn. 11). Dies widerspricht sowohl dem Grundsatz der Gewaltenteilung als auch dem eindeutigen Wortlaut des § 71a Abs. 1 a.E. AsylVfG („die Prüfung obliegt dem Bundesamt“).

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht vorliegend auch nicht die Gefahr, dass das Asylverfahren des Klägers parallel in verschiedenen Mitgliedstaaten durchgeführt wird, denn Ungarn hat seine Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 lit e) Dublin II-VO erklärt (vgl. Schreiben der ungarischen Behörde vom 6.1.2014). Daraus folgt, dass der Asylantrag des Klägers in Ungarn abgelehnt wurde und dieses Asylverfahren somit abgeschlossen ist (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 21; VG Düsseldorf U.v. 23.9.2014 – 8 K 4481/14.A – juris Rn. 41).

4. Damit war der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben. Die Beklagte wird dazu angehalten, ein ordnungsgemäßes Verfahren nach § 71a AsylVfG durchzuführen und mit gesondertem rechtsmittelfähigem Bescheid abzuschließen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Rahmen der Kostenentscheidung gewichtete das Gericht das Interesse an der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids und damit die Durchführung eines nationalen Verfahrens einerseits und das weiter geltend gemachte materielle Schutzbegehren andererseits gleich.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben ein irakischer Staatsangehöriger arabischer Volks- und mandäischer Religionszugehörigkeit aus Bagdad. Er reiste am 4. Dezember 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17. Dezember 2012 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Eine EURODAC-Abfrage ergab in Übereinstimmung mit den Angaben des Klägers, dass dieser bereits am 11. März 2011 einen Asylantrag in Schweden gestellt hat. Am 19. November 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge -Bundes-amt- ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 20013 -Dublin II-VO- an die schwedischen Behörden. Diese erklärten mit Schreiben vom 26. November 2013 ihre Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) Dublin II-VO.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Schweden an (Ziff. 2).

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. Dezember 2013 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid und beantragte,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Februar 2014 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

Höchsthilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO blieb ohne Erfolg (vgl. B. v. 17.2.2014 – M 4 S 14.30266).

Eine Überstellung des Klägers nach Schweden erfolgte bislang nicht.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 beantragte das Bundesamt für die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Trotz Ablauf der Überstellungsfrist werde der Bescheid nicht aufgehoben, da die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Zweitantrag) nicht vorlägen. Das Bundesamt sei für den Zweitantrag nicht zuständig und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien nicht erfüllt. Allein der Ablauf der Überstellungsfrist rechtfertige nicht die Aufhebung des Bescheides. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine Umdeutung vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 sowie vom 3. November 2014 verzichteten die Beteiligen auf mündliche Verhandlung. Mit Beschluss vom 6. November 2014 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat teilweise Erfolg.

I. Soweit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise subsidiärer Schutz bzw. die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote beantragt sind, ist die Klage unzulässig, denn im hier vorliegenden „Dublin-Verfahren“ ist eine derartige Verpflichtungsklage nicht statthaft. Im streitgegenständliche Bescheid wurde lediglich die Unzulässigkeit des Asylantrags festgestellt und die Abschiebung des Klägers nach Schweden angeordnet; in der Sache wurde das Asylbegehren nicht geprüft. Eine Entscheidung des Gerichts zu den Fragen der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzes und/oder nationaler Abschiebungsverbote würde dazu führen, dass nicht die Entscheidung der Beklagten kontrolliert würde und dem Asylbewerber faktisch die Tatsachenentscheidung auf Behördenebene verloren ginge (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.50097 – juris Rn. 16ff; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 21).

Zudem fehlt auch das Rechtschutzbedürfnis, denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides ist das Asylverfahren in dem Stadium weiterzuführen, in dem es beendet worden ist. Damit folgt aus dem Erfolg des Antrages auf Aufhebung des Bescheides automatisch, dass das Bundesamt nach Aufhebung des Bescheides auch die materielle Prüfung des Asylantrages durchzuführen hat (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 18).

II. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet, denn der Bescheid ist im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid kann auch nicht im Wege der Umdeutung als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten bleiben.

Vorliegend ist die Dublin II-VO anzuwenden, da sowohl der Asylantrag als auch das Übernahmeersuchen vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom26. Juni 2013 -Dublin III-VO).

1. Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO ist unstreitig abgelaufen, ohne dass der Kläger nach Schweden abgeschoben wurde. Damit ist nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Der Asylantrag des Klägers ist daher nicht mehr nach § 27a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig und eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG ist nicht mehr möglich (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 19; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 31). Dass der Mitgliedstaat ausnahmsweise nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme bereit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der streitgegenständliche Bescheid ist damit im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht objektiv rechtswidrig.

Der Kläger ist durch den streitgegenständlichen Bescheid auch in seinen Rechten verletzt. Zwar handelt es sich bei den Regelungen der Dublin II-VO um objektive Zuständigkeitsvorschriften, die den Asylbewerbern grundsätzlich keine subjektiven Rechte verleihen (vgl. Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 30). Wenn allerdings die Überstellungsfrist in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat abgelaufen ist und alleine die Zuständigkeit der Beklagten bleibt, kann der Asylbewerber dies als Ausfluss des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem nunmehr zuständig gewordenen Staat geltend machen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 20; VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 32; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Göttingen B.v. 30.6.2014 – 2 B 86/14 – juris; VG Magdeburg U.v. 28.2.2014 – 1 A 313/13 – juris; Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 39; a.A.: VG Düsseldorf B.v. 18.9.2014 – 13 L 1785/14.A – juris; einschränkend: VG Würzburg B.v. 30.10.2014 – W 3 E 14.50144 – juris Rn.14: subjektives Recht nur, wenn sich der andere Mitgliedstaat auf den Ablauf der Überstellungsfrist beruft).

2. Eine Umdeutung des streitgegenständlichen „Dublin-Bescheids“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 VwVfG nicht vorliegen.

Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburgs vom 21. Oktober 2014 (RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 22ff.).

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

a) Vorliegend hätte ein Bescheid nach § 71a AsylVfG jedoch schon nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen, da das Bundesamt den Kläger nicht zu den für § 71a AsylVfG maßgeblichen Tatsachen und Umstände angehört hat, vgl. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 25 AsylVfG. Nach Aktenlage fand lediglich eine „Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gem. § 25 AsylVfG“ statt; diese endete mit dem Hinweis, dass das Bundesamt aufgrund der gemachten Angaben nunmehr zunächst prüfe, ob Deutschland für die inhaltliche Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Im Folgenden hat das Bundesamt dann den streitgegenständliche Dublin-Beschluss erlassen. Somit hatte der Kläger keine Gelegenheit, seine Fluchtgründe i.S.v. § 25 AsylVfG vorzutragen bzw. sich zu den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu äußern. Von der Anhörung konnte vorliegend auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nach der Aktenlage nicht ohne weiteres möglich war (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627).

b) Zudem muss nach § 71a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG im Zweitantragsverfahren stets geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaats der Abschiebungsandrohung vorliegen. Im Falle eines Zweitantrages hätte die Abschiebung aber nicht in den Mitgliedstaat, sondern in den Herkunftsstaat (hier: Irak) zu erfolgen. Damit muss das Bundesamt dann aber - im Gegensatz zur ursprünglichen Abschiebungsandrohung nach Schweden - umfassend prüfen, ob im Falle des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegt (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 25). Dies ist nach Aktenlage nicht geschehen, da das Bundesamt lediglich formelhaft ausführt, dass eine Entscheidung im nationalen Verfahren zu keiner anderen Entscheidung in der Sache führen würde.

c) Eine Umdeutung der Abschiebungsanordnung in den Mitgliedstaat (Ziffer 2 des Bescheides) in eine Abschiebungsanordnung in das Herkunftsland kommt nicht in Betracht, da diese nicht mehr wie im Bescheid auf § 34a AsylVfG gestützt werden kann (vgl. VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627). Der Irak ist weder ein sicherer Drittstaat i.S.v. § 26a AsylVfG, noch ein für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Staat nach § 27a AsylVfG. Eine derart umgedeutete Abschiebungsandrohung wäre nicht mehr auf das gleiche Ziel gerichtet, vgl. § 47 Abs. 1 VwVfG.

d) Der streitgegenständliche Bescheides kann auch deshalb nicht in eine Bescheid nach § 71a AsylVfG umdeutet werden, weil seine Rechtsfolgen ungünstiger wären, als die eines „Dublin-Bescheides“, vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG.

Bei einer Entscheidung nach § 27a AsylVfG wird der Asylbewerber „nur“ in einen anderen Mitgliedstaat überstellt. Dort hat dieser nach Maßgabe der entsprechenden nationalen Regelungen weiterhin die Möglichkeit um Schutz vor einer Abschiebung in das Herkunftsland zu ersuchen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 28). Lehnt das Bundesamt hingegen einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG ab, so erfolgt die Abschiebung in der Regel unmittelbar in den Herkunftsstaat.

e) Das Gericht hat die Voraussetzungen für die Umdeutung auch nicht im gerichtlichen Verfahren herbeizuführen.

Zwar hat das Gericht grundsätzlich bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die Sache spruchreif zu machen und darf sich nicht darauf beschränken, den Bescheid aufzuheben, weil dies im Ergebnis eine Zurückverweisung an die Behörde darstellen würde (vgl. BVerwG U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris). Dieser Grundsatz findet vorliegend aber keine Anwendung, da das Asylbegehren - wie oben ausgeführt - in der Sache noch gar nicht geprüft worden ist. Würde das Gericht die Sache nun spruchreif machen und „durchentscheiden“, so ginge der Klagepartei eine materielle Entscheidung über den Asylantrag auf Behördenebene verloren. Zumal das Gericht dann auch keine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Exekutive erstmalig selbst über den Antrag in der Sache entscheiden würde (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 29; VG Ansbach U.v. 9.7.2014 – AN 4 K 14.50010 – juris Rn. 11). Dies widerspricht sowohl dem Grundsatz der Gewalteinteilung als auch dem eindeutigen Wortlaut des § 71a Abs. 1 a.E. AsylVfG („die Prüfung obliegt dem Bundesamt“).

3. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten besteht vorliegend auch nicht die Gefahr, dass das Asylverfahren des Klägers parallel in verschiedenen Mitgliedstaaten durchgeführt wird, denn Schweden hat seine Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 lit e) Dublin II-VO erklärt (vgl. Schreiben der schwedischen Behörde vom 26. November 2013). Daraus folgt, dass der Asylantrag des Klägers in Schweden abgelehnt wurde und dieses Asylverfahren somit abgeschlossen ist (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 21; VG Düsseldorf U.v. 23.9.2014 – 8 K 4481/14.A – juris Rn. 41).

4. Damit war der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben. Die Beklagte wird dazu angehalten, ein ordnungsgemäßes Verfahren nach § 71a AsylVfG durchzuführen und mit gesondertem rechtsmittelfähigem Bescheid abzuschließen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Rahmen der Kostenentscheidung gewichtete das Gericht das Interesse an der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids und damit die Durchführung eines nationalen Verfahrens einerseits und das weiter geltend gemachte materielle Schutzbegehren andererseits gleich.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2

1. Die 1951 geborene Klägerin stand als Lehrerin im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Mit Bescheid vom 1. Februar 2012, zugestellt im Februar 2012, wurde sie wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass der Ruhestand gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 Landesbeamtengesetz Schleswig-Holstein vom 26. März 2009 (LBG - GVOBl. 2009, 93) mit dem Ende des Monats beginne, in dem der Bescheid zugestellt werde. Mit Bescheid vom 28. Februar 2012 setzte der Beklagte den Ruhegehaltssatz der Klägerin auf 71,75 vom Hundert und den Versorgungsabschlag auf 8,1 vom Hundert des Ruhegehaltes fest. Dabei ging der Beklagte vom Berechnungszeitraum 1. März 2012 bis 31. Mai 2014 (zwei Jahre, 92 Tage) aus. In dem hiergegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass bei der Berechnung des Versorgungsabschlages lediglich der Zeitraum vom 1. März 2012 bis zum 30. April 2014 zugrunde gelegt werden dürfe. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. November 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Beamtenversorgungsgesetz Schleswig-Holstein vom 26. Januar 2012 (SHBeamtVG -, GVOBl. 2012, 153, 219) bei einer Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. April 2012 zwei Jahre und drei Monate zur Berechnung des Versorgungsabschlags zugrunde zu legen seien und nur bei einer Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. März 2012 zwei Jahre und zwei Monate. Klage und Berufung hiergegen sind ohne Erfolg geblieben.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

4

Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SHBeamtVG vermindere sich das Ruhegehalt um 3,6 % für jedes Jahr, um das die Beamtin oder der Beamte vor Ablauf des Monats, in dem sie oder er das 65. Lebensjahr vollendet, wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt wird. Gemäß § 88 Abs. 2 Nr. 2 SHBeamtVG sei für Beamtinnen und Beamte, die nach dem 31. März 2009 wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruhe, in den Ruhestand versetzt würden, § 16 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Vollendung des 65. Lebensjahres u. a. bei einem Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. März 2012 das Lebensalter 63 Jahre und zwei Monate und bei einer Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. April 2012 das Lebensalter 63 Jahre und drei Monate trete. Danach habe der Beklagte zutreffend zwei Jahre und drei Monate bei der Berechnung des Versorgungsabschlages der Klägerin zugrunde gelegt, weil sie "vor dem 1. April 2012" in den Ruhestand versetzt worden sei. Ihr Versorgungsfall sei nicht bereits "vor dem 1. März 2012" eingetreten.

5

Die Begriffe "Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand", "Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls" und "Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand" bezeichneten denselben Zeitpunkt. Nach der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 88 Abs. 2 Nr. 2 SHBeamtVG diene diese der Berechnung des jeweiligen Versorgungsabschlags in den Versorgungsfällen, die in dem Zeitraum "nach dem 31. Dezember 2011 und vor dem 1. Januar 2024" eingetreten seien. Hieraus ergebe sich, dass das maßgebliche "Lebensalter" für die Fälle des Eintritts des Versorgungsfalles am 1. Dezember 2011 mit 63 Jahren, des Eintritts des Versorgungsfalles am 1. Januar 2012 mit 63 Jahren und einem Monat usw. anzusetzen seien.

6

2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

7

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

8

Der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage,

ob der Versorgungsfall von Beamten im Sinne versorgungsrechtlicher Vorschriften mit dem Datum eintritt, mit dem die Versetzung in den Ruhestand erfolgt,

kommt eine solche grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Sie lässt sich mithilfe der allgemeinen Auslegungsregeln sowie unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Berufungsurteils beantworten, ohne dass es hierzu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung bedarf.

9

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats beginnt der Ruhestand an dem Tag, der auf das Datum folgt, mit welchem der Beamte in den Ruhestand versetzt worden ist. Erfolgt die Versetzung in den Ruhestand mit dem Ende des Monats oder mit Ablauf des Monatsletzten - so gebräuchliche Formulierungen -, so beginnt der Ruhestand am ersten Tag des folgenden Monats (BVerwG, Urteile vom 25. Juni 2009 - 2 C 47.07 - Buchholz 239.1 § 66 BeamtVG Nr. 2 Rn. 12 und vom 12. November 2009 - 2 C 29.08 - Buchholz 239.1 § 14a BeamtVG Nr. 5 Rn. 9; Beschluss vom 19. August 2010 - 2 C 34.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 116 Rn. 17; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 2012 - 2 BvL 5/10 - BVerfGE 131, 20 <36>).

10

Auch nach Auffassung der Klägerin tritt der Versorgungsfall zeitgleich mit dem Beginn des Ruhestands ein. Das folgt schon aus dem Begriff des Versorgungsfalls sowie aus dem systematischen Zusammenhang der maßgeblichen versorgungsrechtlichen Vorschriften. Ein Versorgungsfall kann erst dann eintreten, wenn dem Beamten Versorgungsbezüge zu gewähren sind. Vor dem Entstehen des Anspruchs auf Versorgungsbezüge kann noch kein Versorgungsfall eingetreten sein. Zu den Versorgungsbezügen gehört gemäß § 2 Nr. 1 BeamtVG (entspricht § 2 Nr. 1 SHBeamtVG) unter anderem das Ruhegehalt. Der Anspruch auf das Ruhegehalt entsteht gemäß § 4 Abs. 2 BeamtVG (entspricht § 4 Abs. 2 SHBeamtVG) aber regelmäßig erst mit dem Beginn des Ruhestands.

11

In einer älteren Entscheidung, welche zu dem Inkrafttreten des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. Januar 1937 (- DBG - RGBl. I S. 39) am 1. Juli 1937 und dem Tatbestandsmerkmal des Eintritts in den Ruhestand "mit Ende des Monats Juni 1937" im Sinne von § 21 Abs. 2 des Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Juni 1954 (- LBesG NW - GVBl. S. 162) ergangen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung vertreten, der Versorgungsfall trete regelmäßig mit dem Ende des Monats und vor dem Ersten des folgenden Monats ein (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1961 - 2 C 142. 59 - BVerwGE 12, 46 <49>). Dieser Entscheidung, auf die sich auch die Klägerin beruft, ist mit der jüngeren, oben zitierten Rechtsprechung des Senats die Grundlage entzogen. In dieser Entscheidung (a.a.O. S. 47 f.) wird dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht die ihm gebührende Bedeutung beigemessen. Der in ihr vertretene Ansatz ist auch deswegen nicht tragfähig, weil er eine logische Sekunde zwischen den Monaten fingiert; das Ereignis des Eintritts des Versorgungsfalls ist gleichwohl einem bestimmten Tag, dem Monatsletzten oder dem Monatsersten zuzuordnen. Diese Zuordnung kann aus den geschilderten Gründen nur zum Monatsersten erfolgen.

12

3. Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz liegt ebenfalls nicht vor.

13

Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die Divergenzrevision dient dem Anliegen, die Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsprechung in der Auslegung einer bestimmten Gesetzesvorschrift zu sichern und damit Rechtssicherheit auch im Einzelfall zu gewährleisten. Bezugspunkt ist daher nicht allein der Wortlaut einer Bestimmung. "Abweichungen" beziehen sich vielmehr nur auf die Rechtsprechung zu demselben Gesetz (BVerwG, Beschluss vom 22. März 2012 - 2 B 148.11 - juris Rn. 4).

14

Eine Divergenz zu der von der Klägerin angeführten Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 1961 - 2 C 142. 59 - BVerwGE 12, 46 <49>) liegt schon deswegen nicht vor, weil diese eine andere Norm betraf. Jene Entscheidung erging zu den Vorschriften des § 21 Abs. 2 LBesG NW sowie § 184 DBG. Das Beschwerdeverfahren betrifft hingegen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes Schleswig-Holstein.

15

Eine Divergenz ist auch deswegen ausgeschlossen, weil eine Abweichung von einer Rechtsprechung, an der das Bundesverwaltungsgericht in späteren Entscheidungen selbst nicht mehr festhält, nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO rechtfertigt (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Februar 1994 - 1 B 208. 93 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 1 S. 1 und vom 6. Mai 2014 - 2 B 90.13 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 22 Rn. 15). Wie bereits oben (2.) aufgezeigt, hält das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung nicht mehr an der im Urteil vom 9. Februar 1961 vertretenen Auffassung fest.

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben ein irakischer Staatsangehöriger arabischer Volks- und mandäischer Religionszugehörigkeit aus Bagdad. Er reiste am 4. Dezember 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17. Dezember 2012 einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Eine EURODAC-Abfrage ergab in Übereinstimmung mit den Angaben des Klägers, dass dieser bereits am 11. März 2011 einen Asylantrag in Schweden gestellt hat. Am 19. November 2013 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge -Bundes-amt- ein Übernahmeersuchen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 20013 -Dublin II-VO- an die schwedischen Behörden. Diese erklärten mit Schreiben vom 26. November 2013 ihre Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. e) Dublin II-VO.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziff. 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Schweden an (Ziff. 2).

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10. Dezember 2013 erhob der Kläger Klage gegen diesen Bescheid und beantragte,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Februar 2014 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

Höchsthilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

Ein gleichzeitig gestellter Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO blieb ohne Erfolg (vgl. B. v. 17.2.2014 – M 4 S 14.30266).

Eine Überstellung des Klägers nach Schweden erfolgte bislang nicht.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 beantragte das Bundesamt für die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Trotz Ablauf der Überstellungsfrist werde der Bescheid nicht aufgehoben, da die Voraussetzungen des § 71a AsylVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Zweitantrag) nicht vorlägen. Das Bundesamt sei für den Zweitantrag nicht zuständig und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien nicht erfüllt. Allein der Ablauf der Überstellungsfrist rechtfertige nicht die Aufhebung des Bescheides. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine Umdeutung vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt in gleicher Form hätte erlassen können.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 sowie vom 3. November 2014 verzichteten die Beteiligen auf mündliche Verhandlung. Mit Beschluss vom 6. November 2014 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat teilweise Erfolg.

I. Soweit die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise subsidiärer Schutz bzw. die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote beantragt sind, ist die Klage unzulässig, denn im hier vorliegenden „Dublin-Verfahren“ ist eine derartige Verpflichtungsklage nicht statthaft. Im streitgegenständliche Bescheid wurde lediglich die Unzulässigkeit des Asylantrags festgestellt und die Abschiebung des Klägers nach Schweden angeordnet; in der Sache wurde das Asylbegehren nicht geprüft. Eine Entscheidung des Gerichts zu den Fragen der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzes und/oder nationaler Abschiebungsverbote würde dazu führen, dass nicht die Entscheidung der Beklagten kontrolliert würde und dem Asylbewerber faktisch die Tatsachenentscheidung auf Behördenebene verloren ginge (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.50097 – juris Rn. 16ff; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 21).

Zudem fehlt auch das Rechtschutzbedürfnis, denn mit der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides ist das Asylverfahren in dem Stadium weiterzuführen, in dem es beendet worden ist. Damit folgt aus dem Erfolg des Antrages auf Aufhebung des Bescheides automatisch, dass das Bundesamt nach Aufhebung des Bescheides auch die materielle Prüfung des Asylantrages durchzuführen hat (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 18).

II. Im Übrigen ist die Klage zulässig und begründet, denn der Bescheid ist im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 HS 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid kann auch nicht im Wege der Umdeutung als Sachentscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG aufrechterhalten bleiben.

Vorliegend ist die Dublin II-VO anzuwenden, da sowohl der Asylantrag als auch das Übernahmeersuchen vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom26. Juni 2013 -Dublin III-VO).

1. Die sechsmonatige Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) Dublin II-VO ist unstreitig abgelaufen, ohne dass der Kläger nach Schweden abgeschoben wurde. Damit ist nach Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO bzw. Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Der Asylantrag des Klägers ist daher nicht mehr nach § 27a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig und eine Anordnung der Abschiebung in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG ist nicht mehr möglich (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 19; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 31). Dass der Mitgliedstaat ausnahmsweise nach Fristablauf weiterhin zur Übernahme bereit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der streitgegenständliche Bescheid ist damit im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht objektiv rechtswidrig.

Der Kläger ist durch den streitgegenständlichen Bescheid auch in seinen Rechten verletzt. Zwar handelt es sich bei den Regelungen der Dublin II-VO um objektive Zuständigkeitsvorschriften, die den Asylbewerbern grundsätzlich keine subjektiven Rechte verleihen (vgl. Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 30). Wenn allerdings die Überstellungsfrist in den ursprünglich zuständigen Mitgliedstaat abgelaufen ist und alleine die Zuständigkeit der Beklagten bleibt, kann der Asylbewerber dies als Ausfluss des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem nunmehr zuständig gewordenen Staat geltend machen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 20; VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris; VG Augsburg U.v. 11.9.2014 – Au 7 K 14.50016 – juris Rn. 32; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627 –; VG Göttingen B.v. 30.6.2014 – 2 B 86/14 – juris; VG Magdeburg U.v. 28.2.2014 – 1 A 313/13 – juris; Beck’scher OK AuslR/Günther, Stand 1.9.2014, § 27a Rn. 39; a.A.: VG Düsseldorf B.v. 18.9.2014 – 13 L 1785/14.A – juris; einschränkend: VG Würzburg B.v. 30.10.2014 – W 3 E 14.50144 – juris Rn.14: subjektives Recht nur, wenn sich der andere Mitgliedstaat auf den Ablauf der Überstellungsfrist beruft).

2. Eine Umdeutung des streitgegenständlichen „Dublin-Bescheids“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt entgegen den Ausführungen der Beklagten nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 VwVfG nicht vorliegen.

Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburgs vom 21. Oktober 2014 (RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 22ff.).

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

a) Vorliegend hätte ein Bescheid nach § 71a AsylVfG jedoch schon nicht in der geschehenen Verfahrensweise erlassen werden dürfen, da das Bundesamt den Kläger nicht zu den für § 71a AsylVfG maßgeblichen Tatsachen und Umstände angehört hat, vgl. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 25 AsylVfG. Nach Aktenlage fand lediglich eine „Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gem. § 25 AsylVfG“ statt; diese endete mit dem Hinweis, dass das Bundesamt aufgrund der gemachten Angaben nunmehr zunächst prüfe, ob Deutschland für die inhaltliche Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Im Folgenden hat das Bundesamt dann den streitgegenständliche Dublin-Beschluss erlassen. Somit hatte der Kläger keine Gelegenheit, seine Fluchtgründe i.S.v. § 25 AsylVfG vorzutragen bzw. sich zu den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu äußern. Von der Anhörung konnte vorliegend auch nicht nach § 71a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG abgesehen werden, da die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, nach der Aktenlage nicht ohne weiteres möglich war (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris; VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627).

b) Zudem muss nach § 71a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG im Zweitantragsverfahren stets geprüft werden, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Zielstaats der Abschiebungsandrohung vorliegen. Im Falle eines Zweitantrages hätte die Abschiebung aber nicht in den Mitgliedstaat, sondern in den Herkunftsstaat (hier: Irak) zu erfolgen. Damit muss das Bundesamt dann aber - im Gegensatz zur ursprünglichen Abschiebungsandrohung nach Schweden - umfassend prüfen, ob im Falle des Klägers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich des Irak vorliegt (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 25). Dies ist nach Aktenlage nicht geschehen, da das Bundesamt lediglich formelhaft ausführt, dass eine Entscheidung im nationalen Verfahren zu keiner anderen Entscheidung in der Sache führen würde.

c) Eine Umdeutung der Abschiebungsanordnung in den Mitgliedstaat (Ziffer 2 des Bescheides) in eine Abschiebungsanordnung in das Herkunftsland kommt nicht in Betracht, da diese nicht mehr wie im Bescheid auf § 34a AsylVfG gestützt werden kann (vgl. VG München U.v. 4.11.2014 – M 10 K 13.30627). Der Irak ist weder ein sicherer Drittstaat i.S.v. § 26a AsylVfG, noch ein für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Staat nach § 27a AsylVfG. Eine derart umgedeutete Abschiebungsandrohung wäre nicht mehr auf das gleiche Ziel gerichtet, vgl. § 47 Abs. 1 VwVfG.

d) Der streitgegenständliche Bescheides kann auch deshalb nicht in eine Bescheid nach § 71a AsylVfG umdeutet werden, weil seine Rechtsfolgen ungünstiger wären, als die eines „Dublin-Bescheides“, vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG.

Bei einer Entscheidung nach § 27a AsylVfG wird der Asylbewerber „nur“ in einen anderen Mitgliedstaat überstellt. Dort hat dieser nach Maßgabe der entsprechenden nationalen Regelungen weiterhin die Möglichkeit um Schutz vor einer Abschiebung in das Herkunftsland zu ersuchen (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 28). Lehnt das Bundesamt hingegen einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG ab, so erfolgt die Abschiebung in der Regel unmittelbar in den Herkunftsstaat.

e) Das Gericht hat die Voraussetzungen für die Umdeutung auch nicht im gerichtlichen Verfahren herbeizuführen.

Zwar hat das Gericht grundsätzlich bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die Sache spruchreif zu machen und darf sich nicht darauf beschränken, den Bescheid aufzuheben, weil dies im Ergebnis eine Zurückverweisung an die Behörde darstellen würde (vgl. BVerwG U.v. 7.3.1995 – 9 C 264/94 – juris). Dieser Grundsatz findet vorliegend aber keine Anwendung, da das Asylbegehren - wie oben ausgeführt - in der Sache noch gar nicht geprüft worden ist. Würde das Gericht die Sache nun spruchreif machen und „durchentscheiden“, so ginge der Klagepartei eine materielle Entscheidung über den Asylantrag auf Behördenebene verloren. Zumal das Gericht dann auch keine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Exekutive erstmalig selbst über den Antrag in der Sache entscheiden würde (vgl. VG Regensburg U.v. 21.10.2014 – RO 9 K 14.30217 – juris Rn. 29; VG Ansbach U.v. 9.7.2014 – AN 4 K 14.50010 – juris Rn. 11). Dies widerspricht sowohl dem Grundsatz der Gewalteinteilung als auch dem eindeutigen Wortlaut des § 71a Abs. 1 a.E. AsylVfG („die Prüfung obliegt dem Bundesamt“).

3. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten besteht vorliegend auch nicht die Gefahr, dass das Asylverfahren des Klägers parallel in verschiedenen Mitgliedstaaten durchgeführt wird, denn Schweden hat seine Zuständigkeit nach Art. 16 Abs. 1 lit e) Dublin II-VO erklärt (vgl. Schreiben der schwedischen Behörde vom 26. November 2013). Daraus folgt, dass der Asylantrag des Klägers in Schweden abgelehnt wurde und dieses Asylverfahren somit abgeschlossen ist (vgl. VG Regensburg U.v. 23.10.2014 – RN 3 K 14.30180 – juris Rn. 21; VG Düsseldorf U.v. 23.9.2014 – 8 K 4481/14.A – juris Rn. 41).

4. Damit war der streitgegenständliche Bescheid aufzuheben. Die Beklagte wird dazu angehalten, ein ordnungsgemäßes Verfahren nach § 71a AsylVfG durchzuführen und mit gesondertem rechtsmittelfähigem Bescheid abzuschließen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Rahmen der Kostenentscheidung gewichtete das Gericht das Interesse an der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids und damit die Durchführung eines nationalen Verfahrens einerseits und das weiter geltend gemachte materielle Schutzbegehren andererseits gleich.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.