Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Apr. 2016 - M 3 S 16.50245
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist eigener Angabe zufolge am ... geboren, nigerianischer Staatsangehöriger. Am
Bei der Eurodac-Recherche des Bundesamts ergab sich bezüglich des Antragstellers ein Treffer für Italien. Es wurde festgestellt, dass der Antragsteller am
Bei seiner Zweitbefragung durch das Bundesamt am
Aufgrund des Eurodac-Treffers stellte das Bundesamt am
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei am
Asylbewerber hätten in Italien während des Asylverfahrens Anspruch auf Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung. Die Unterbringung von Flüchtlingen werde durch den Nationalen Verband italienischer Gemeinden koordiniert, dieser beziehe hierfür notwendige Mittel aus einem nationalen Fonds des Innenministeriums.
Auch wenn es regionale Unterschiede gebe, könne im Ergebnis davon ausgegangen werden, dass für die Flüchtlinge in Italien landesweit ausreichende staatliche bzw. öffentliche karitative Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Während des Asylverfahrens hätten die Asylbewerber auch Anspruch auf Verpflegung; Kleidung, Wäsche und Hygieneartikel würden gestellt. Der Erhalt der Leistungen werde an den Aufenthalt in einem Zentrum geknüpft. Eine kostenfreie medizinische Versorgung stehe auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht seien, die Notambulanz sei für alle Personen in Italien kostenfrei.
Zu diesen Feststellungen wurde auf Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und Auskünfte des Auswärtigen Amtes, des UNHCR, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und anderer Institutionen verwiesen.
Daher würde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft; Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Italien als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchens durch Italien oder der endgültigen negativen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung habe, durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG.
Am ... April 2016 erhob der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts vom 28. Januar 2016 aufzuheben. Er beantragte außerdem am selben Tag,
hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, eine Rückkehr nach Italien sei nicht zumutbar, weil das dortige Asylsystem mangelhaft und überfordert sei. Asylbewerber erhielten in Italien keine Hilfe und seien weitestgehend auf sich allein gestellt. Er hätte dort kein Unterkunft und keine Arbeit und wäre gezwungen, seinen Lebensunterhalt mit Betteln zu bestreiten. Hier in Deutschland habe er Aussicht, in Kürze Arbeit zu finden und seinen Lebensunterhalt selbst finanzieren zu können.
Mit weiterem Schreiben vom ... April 2016 machte der Antragsteller systemische Mängel im italienischen Asylverfahren, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GRCH und Art. 3 EMRK mit sich brächten, geltend. Die jüngste Entwicklung habe gezeigt, dass bezüglich Italien nicht mehr von der Vermutung, dass die jeweiligen Mitgliedstaaten die in den genannten Regelwerken festgelegten Rechte der Asylantragsteller wahrten, ausgegangen werden könne. Es handle sich um eine flächendeckende Gefährdung eines humanen Verfahrens. Es obliege den nationalen Gerichten, in solchen Fällen von einer Überstellung abzusehen. Schwachstelle im italienischen System sei die Unterbringungssituation. Für Dublin-Rückkehrer und anerkannt Schutzberechtigte stünden nur die Unterkünfte aus dem Zweitaufnahmesystem zur Verfügung, hier würden sich die Kapazitäten nach Angaben des italienischen Innenministeriums auf 19.000 Plätze belaufen; hierzu wurde auf das Urteil des OVG NRW
Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 15. April 2016 die Akte vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bleibt ohne Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es eine Abwägung trifft zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des ablehnenden Bescheids, wie es der Regelung des § 75 Abs. 1 AsylG zugrunde liegt, und dem Interesse des jeweiligen Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, hat das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurückzutreten. Erweist sich der Bescheid bei dieser Prüfung dagegen als rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung, bei der jedoch die gesetzgeberische Entscheidung, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, zu berücksichtigen ist.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die Interessenabwägung hier im Ergebnis zulasten des Antragstellers aus. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage sind die Erfolgsaussichten seiner Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 28. Januar 2016 als gering anzusehen.
Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist; gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Solche Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft im Sinne von § 27a AsylG finden sich aktuell in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III-Verordnung, gemäß ihres Art. 49 Abs. 1 in Kraft getreten am 30. Juni 2013).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass Italien für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig ist. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO prüft der Mitgliedstaat den Asylantrag, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO). Dies ist aufgrund der vorliegenden Beweise und Indizien (Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO), hier der Daten aus der Eurodac-Datei (vgl. Art. 8 Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates über die Errichtung von „Eurodac“, ABl. L 316) und des eigenen Vortrags des Antragstellers im Rahmen der Befragung vor dem Bundesamt Italien.
Die Frist nach Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO ist gewährt.
Gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO kann davon ausgegangen werden, dass Italien dem Aufnahmegesuch vom 16. Oktober 2015 stattgeben wird, da hierauf keine fristgemäße Reaktion erfolgte.
Gründe, von einer Überstellung nach Italien gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Diese Vorschrift setzt voraus, dass es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta - EU-GR-Charta - mit sich bringen. In diesem Fall setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der Zuständigkeitskriterien nach Kapitel III der Dublin III-VO fort, um ggf. die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festzustellen. Kann keine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festgestellt werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
Es sind keine Gründe erkennbar, weshalb die Antragsgegnerin gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO im Wege der Ermessensreduzierung auf Null das ihr eingeräumte Selbsteintrittsrecht zugunsten des Antragstellers ausüben müsste, den Asylantrag also in eigener Zuständigkeit sachlich prüfen müsste. Systemische Mängel, die eine solche Zuständigkeit begründen könnten, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen weder bei der Durchführung von Asylverfahren, noch hinsichtlich des Aufnahmesystems in Italien festzustellen.
Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - finden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10
Daraus hat der EuGH die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 80). Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der EU-Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 104).
Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Auf-nahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86 und 94). Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der (damals maßgeblichen) Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 106 und LS 2; ebenso U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11
Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U. v. 27.4. 2010 -10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird, wobei derartige Defizite deshalb vorhersehbar sein müssen, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Dann treffen die Mängel den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern waren von deutschen Behörden und Gerichten verlässlich vorhersehbar. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin II-VO bzw. Dublin III-VO zuständigen Mitgliedstaat aus (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - juris Rn. 9).
Das Gericht konnte sich in diesem Sinne nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Antragsteller in Italien grundsätzlich wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen mit beachtlicher, also überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt würde. Es folgt damit der ganz überwiegenden Meinung in der aktuellen Rechtsprechung, wonach in Italien Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung systemische Mängel im dargestellten Sinne nicht bestehen (vgl. z. B. VG München, B. v. 1.3.2016 - M 1 S 16.50017; VG München, B. v. 12.1.2016 - M 25 S 15.50996; VG München, B. v. 8.1.2016 - M 3 S 15.50927; VG Augsburg, U. v. 19.10.2015 - Au 5 K 15.50416 < juris > m. w. N.; VG München, B. v. 14.10.2015 - M 12 S 15.50779 < juris >; VG Gelsenkirchen, B. v. 9.10.2015 - 9a L 2021/15 A < juris >; VG München, B. v. 10.4.2015 - M 16 S 15.50307; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 < juris >).
Auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR (GK), U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz Nr. 29217/12
Auch in der Person des Antragstellers liegen keine individuellen beachtlichen Gründe für die Annahme vor, dass die Voraussetzungen des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO vorlägen bzw. eine Ermessensreduzierung zu seinen Gunsten geboten wäre. Der Antragsteller ist ein junger, allein stehender Mann, er hat in seiner Anhörung vor dem Bundesamt auf Frage nach bestehenden Gebrechen und Erkrankungen nur gelegentliche Schmerzen in seinem Bein angegeben, weshalb er zu einem Arzt gehen wolle.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Apr. 2016 - M 3 S 16.50245
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(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Gründe
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I.
- 1
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Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
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1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
- 4
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Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
- 5
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Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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-
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
Gründe
-
I.
- 1
-
Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
-
II.
- 2
-
Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
- 3
-
1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
-
"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
- 4
-
Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
- 5
-
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
- 6
-
Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
Gründe
Aktenzeichen: M 1 S 16.50017
Gericht: VG München
Beschluss
1. Kammer
Sachgebiets-Nr. 830
Hauptpunkte: Dublin III-VO; Abschiebung nach Italien; Systemische Mängel des Asylsystems (verneint)
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
..., geb. ...
- Antragsteller -
gegen
...
- Antragsgegnerin -
bevollmächtigt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle M.,B-Str. ..., M.
beteiligt: Regierung von ..., Vertreter des öffentlichen Interesses, B1-str. ..., M.
wegen Vollzugs des Asylgesetzes (AsylG)
hier: Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 1. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... ... als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am 1. März 2016 folgenden
Beschluss:
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der 1995 geborene Antragsteller ist nach seinen eigenen Angaben Angehöriger der Republik Senegal und reiste ebenfalls nach seinen eigenen Angaben am
Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am
Mit Bescheid vom
Am .... Januar 2016 erhob der Antragsteller Klage mit dem Antrag auf Bescheidsaufhebung (M 1 K 15.50016). Außerdem beantragt er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trägt er vor, das Asylsystem in Italien sei überfordert. Dort sei die Behandlung von Asylbewerbern inhuman und menschenunwürdig. Er habe in Italien weder Hilfe erfahren noch Unterkunft bekommen. Auch habe er mit seinen Beinen gesundheitliche Probleme, die einer ärztlichen Behandlung bedürften. Nach seinen Erfahrungen in Italien sei eine solche Behandlung dort nicht gewährleistet. Eine Ladung zu einem Anhörungstermin habe er verspätet erhalten und aufgrund eines Termins nicht wahrnehmen können. Einen Ersatztermin habe er trotz Nachfrage nicht erhalten. Später legte der Antragsteller eine ärztliche Bescheinigung vom 24. Januar 2016 vor, wonach er beim Arzt über seit 2 Jahren auftretenden Schmerzen in Rücken und Beinen berichtet habe. Dort sei er seit dem 15. Januar 2016 in Behandlung. Es liege im rechten Bein eine Fibromyalgie und im linken Bein ein L5- und S1-Wurzelreizsyndrom vor. Der Antragsteller werde einmal pro Woche behandelt, die Behandlung werde noch 2 bis 3 Monate andauern. Am 1. März 2016 legte er eine Bestätigung einer Integrationsschule vor, wonach er diese seit dem 24. Februar 2016 mit Erfolg besuche.
Das Bundesamt legte die Behördenakte vor, stellt aber keinen Antrag.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
An der Rechtmäßigkeit der auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (vgl. § 27a AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien einen Asylantrag gestellt hat und dieser Mitgliedstaat damit gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig ist. Auch ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO von der Stattgabe Italiens hinsichtlich des Wiederaufnahmegesuchs auszugehen, da hierauf innerhalb der maßgeblichen Zweiwochenfrist keine Reaktion erfolgte.
Gründe, gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO von einer Überstellung nach Italien abzusehen, sind nicht ersichtlich.
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris m. w. N.). Dabei begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris). Der abweichenden Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte folgt das entscheidende Gericht nicht (ebenso VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316; VG Gelsenkirchen, B.v. 16.11.2015 - 7a L 2055/15.A; VG München, U. v. 3.11.2015 - M 12 K 15.50799).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verfahren Tarakhel ./. Schweiz, in dem am 4. November 2014 ein Urteil des EGMR ergangen ist (Az. 29217/12
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts notwendig machen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Auch der Vortrag eines derzeit erfolgreichen Besuchs einer Integrationsschule führt nicht zu dieser Notwendigkeit.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller, der sich nicht ausweisen kann und auch sonst keinerlei Papiere vorlegt, gibt an, am ... 1987 geboren und senegalesischer Staatsangehöriger aus der Stadt ... zu sein. Er beantragte am 21. Juli 2015 in der Bundesrepublik Asyl und gab bei seiner Erstbefragung an, in Deutschland keine Familienangehörigen zu haben. Am 1. März 2013 habe er Senegal erstmalig verlassen und sei über Mali, Burkina Faso, Niger, Libyen, Italien über Österreich nach Deutschland gereist. Die Reise habe zwei Jahre gedauert, in Deutschland sei er am 8. April 2015 eingereist. Italien habe er am 30. April 2013 erreicht und sich unter unbekannter Adresse in ... aufgehalten. In Italien habe er keinen internationalen Schutz beantragt, es seien ihm auch nicht die Fingerabdrücke genommen worden. Als Beruf gibt er Maler an. Den Akten ist zu entnehmen, dass sich der Antragsteller bereits am 13. Mai 2015 als Asylsuchender gemeldet hat. In seiner Zweitbefragung am 24. August 2015 gab er noch an, er sei wegen einer Bluterkrankung in ärztlicher Behandlung. Ärztliche Atteste lägen ihm nicht vor. Nach Italien wolle er nicht zurück, da er von Anfang an nach Deutschland einreisen wollte. In Italien sei er gezwungen worden, die Fingerabdrücke abzugeben. Er sei nicht gut untergebracht worden, das Essen sei nicht gut gewesen, es habe kein Geld, sondern nur einen Kredit gegeben. So wie er dort gelebt habe, sei das nicht akzeptabel gewesen.
Am
Mit Bescheid vom ... Dezember 2015, am 12. Dezember 2015 zugestellt, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylG unzulässig, da Italien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags und der stillschweigenden Zustimmung gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ausüben, seien nicht ersichtlich.
Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2015, am selben Tag beim Verwaltungsgericht München eingegangen, ließ der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom ... Dezember 2015 erheben und gleichzeitig beantragen,
die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller eingelegten Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom ... Dezember 2015 anzuordnen.
Zu Begründung führte der Bevollmächtigte aus, in Italien erfolge keine sachgerechte Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller unter einer asymptotischen chronischen Hepatitis B leidet. Er müsse laufend regelmäßig überwacht und behandelt werden. In Italien sei mit einer angemessenen medizinischen Versorgung nicht zu rechnen. Auf einem beigefügten internistischen Attest vom ... Dezember 2015 wurde das Bestehen einer asymptotischen chronischen Hepatitis B nachgewiesen, der Befund sei durch ein Labor erhoben worden. Die Leberleitenzyme seien zu diesem Zeitpunkt bis auf eine marginale GOT-Erhöhung normal. Einem Entlassbrief des ... Krankenhauses ... vom 2. November 2015 zufolge musste sich der Antragsteller am selben Tag nach dem Abendessen angeblich erbrechen. Aufgrund der Sprachbarriere und nicht sichergestellter häuslicher Überwachung sei die stationäre Aufnahme erfolgt. Während des stationären Aufenthalts sei der Antragsteller beschwerdefrei und kreislaufstabil gewesen. Laborchemisch sei der Hb-Wert stets stabil gewesen, so dass auf eine weiterführende Diagnostik verzichtet worden sei, zumal der Patient auf eine Entlassung gedrängt habe. Nebenbefundlich sei laborchemisch ein Eisenmangel aufgefallen. Der Antragsteller sei in gutem Allgemeinzustand entlassen worden.
Mit Schriftsatz vom
Am 8. Januar 2016 legte das Bundesamt dem Verwaltungsgericht München die vollständigen Behördenakten vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Die danach vorzunehmende Abwägung des sich aus § 75 Abs. 1 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt.
Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Für die Prüfung des am
Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet trotz der Zuständigkeit Italiens den Asylantrag des Antragstellers selbst inhaltlich zu prüfen.
Von Verfassungswegen kommt eine Prüfungspflicht der Antragsgegnerin nur in Betracht, soweit ein von vornherein außerhalb der Reichweite des Konzepts der normativen Vergewisserung liegender Sachverhalt gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93) ist dies - bezogen auf die Verhältnisse im Abschiebezielstaat - etwa dann der Fall, wenn sich die, für die Qualifizierung des Drittstaates als sicher, maßgeblichen Verhältnisse schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung darauf noch aussteht oder wenn der Aufnahmestaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung zu greifen droht und dadurch zum Verfolgerstaat wird. An die Darlegung eines solchen Sonderfalles sind allerdings hohe Anforderungen zu stellen.
Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 21. Dezember 2011 C-411/10 und C-493/10
In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (OVG NRW, U. v. 24.04.2015 - 14 A 2356/12A; VGH BW, U. v. 16.04.2014 - A 11 S 1721/13; OVG Münster, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A; OVG Koblenz, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13; OVG Lüneburg, B. v. 18.3.2014 - 13 LA 75/13; BayVGH U. v. 28.2.2014 - 13 a B 13.30295; OVG Magdeburg, B. v. 14.11.2013 - 4 L 44/13; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13) geht das Gericht zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht davon aus, dass ein außerhalb des Konzepts normativer Vergewisserung liegender Ausnahmefall vorliegt, noch dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber i. S. v. Art. 4 Grundrechtscharta implizieren.
Dublin-Rückkehrer erhalten in der Regel einen ungehinderten Zugang zum Asylverfahren und in der ersten Zeit nach der Überstellung ein geordnetes Aufnahmeverfahren mit den zugehörigen Leistungen zur Sicherung der Grundbedürfnisse.
Sie werden im Allgemeinen in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt (vgl. BayVGH a. a. O.).
Diese Einschätzung wird auch durch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 939/14) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR v. 4.11.2014 - 2921/12 - Tarakhel gegen Schweiz) bestätigt. Der volljährige, alleinstehende Antragsteller gehört nicht zu den in diesen Entscheidungen angeführten besonders schützenswerten Personen.
Die Aufnahmebedingungen in Italien begründen für den alleinstehenden jungen Mann grundsätzlich keine Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK (EGMR, U. v. 13.01.2015 - 51428/10 - A.M.E. gegen Niederlande).
Einer Prüfung des Asylverfahrens in Italien steht auch nicht die Erkrankung des Klägers an einer asymptotischen Hepatitis B entgegen. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, dass der Kläger, der jahrelang durch Afrika und halb Europa gereist ist und offensichtlich schon in seinem Heimatland als Maler gearbeitet hat, in seiner Lebensführung durch die Krankheit eingeschränkt wäre. Auch bislang musste er offenbar nicht überwacht werden. Wie sich aus der Krankheitsbezeichnung bereits ergibt, leidet der Kläger an keinen Symptomen. Er befindet sich vielmehr in einem guten Allgemeinzustand. Hinsichtlich der Verhältnisse in Italien in Bezug auf die Gesundheitsversorgung nimmt das Verwaltungsgericht ergänzend Bezug auf eine jüngere Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach (Urteil vom 11.12.15, Az. AN 14 K15.50316, juris.), in der ausführlich auf die derzeitige Situation in Italien eingegangen wird. Das Gericht schließt sich dieser Einschätzung an und nimmt im Übrigen Bezug auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids, § 77 Abs. 2 AsylG.
Der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B. v. 2.4.2013 Mohamad Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
...
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht München
Aktenzeichen: M 3 S 15.50927
Beschluss
vom
3. Kammer
Sachgebiets-Nr. 830
Hauptpunkte:
Dublin-III-Verfahren (Italien);
Keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien;
Keine besondere Schutzbedürftigkeit des Antragstellers
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
... geb. ...
- Antragsteller -
bevollmächtigt: Rechtsanwältin ...
gegen
Bundesrepublik Deutschland vertreten durch: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Außenstelle München Boschetsrieder Str. 41, 81379 München
- Antragsgegnerin -
beteiligt: Regierung von Oberbayern Vertreter des öffentlichen Interesses Bayerstr. 30, 80335 München
wegen Vollzugs des Asylgesetzes (AsylG)
hier: Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 3. Kammer,
durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung am
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist nach seinen Angaben am ... in ... geboren worden und Staatsangehöriger von Nigeria. Er stellte am
Bei seiner ersten Befragung durch das Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am
Die eingeleitete Eurodac-Recherche des Bundesamts ergab am
Aufgrund des Eurodac-Treffers der Kategorie II richtete das Bundesamt am
Mit Bescheid vom ... November 2015 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Asylantrag gemäß § 27a AsylG unzulässig sei, da Italien aufgrund des dort gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. In Italien lägen keine systemischen Mängel vor. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Italien als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb der festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG.
Mit Schriftsatz vom ... November 2015, bei Gericht eingegangen am 26.11.2015, erhob der Antragsteller Klage (M 3 K 15.50926) zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamts vom ... November 2015 aufzuheben. Weiterhin beantragte er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien an systemischen Mängeln litten.
Mit Schriftsatz vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Verfahren M 3 K 15.50926 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO statthafte Antrag ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingereicht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG). Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
Entfaltet ein Rechtsbehelf, wie hier, von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren nur erforderliche und gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheides besteht. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar und damit offen, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegt bei der Interessenabwägung das Interesse der Antragsgegnerin am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheides das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, da nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung die Erfolgsaussichten der Klage zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) gering erscheinen und auch keine sonstigen Umstände ersichtlich sind, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen.
Nach § 27 a AsylG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Solche Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft im Sinne von § 27a AsylG finden sich aktuell in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin-III-VO, ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31).
Vorliegend ist davon auszugehen, dass Italien für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig ist.
Gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO prüft der Mitgliedstaat den Asylantrag, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO). Dies ist aufgrund der vorliegenden Beweise und Indizien (Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO i. V. m. Anhang II Verzeichnis A I Nr. 7, B I Nr. 7 der Durchführungsordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, ABl. L 39 vom 8.2.2014, S. 1) hier der Daten aus der Eurodac-Datei (vgl. Art. 8 Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11.12.2000 über die Errichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1, i. V. m. Art. 2 Abs. 3 Satz 5 Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28.2.2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Errichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens, ABl. L 62 vom 5.3.2002, S. 1) und des eigenen Vortrags des Antragstellers im Rahmen der Befragung vor dem Bundesamt Italien. Die Zuständigkeit Italiens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet, da nach dem festgestellten Eurodac-Treffer der Kategorie II der Antragsteller dort einen Asylantrag gestellt hat (vgl. Art. 22 Abs. 3 Dublin-III-VO i. V. m. Anhang II Verzeichnis A II Nr. 2 der Durchführungsordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014). Die Frist nach Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO ist gewährt. Auch ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO von der Stattgabe Italiens hinsichtlich des Aufnahmegesuchs vom 13. April 2015 auszugehen, da hierauf keine fristgemäße Reaktion erfolgte.
Gründe, von einer Überstellung nach Italien gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO abzusehen, sind nicht ersichtlich. Diese Vorschrift setzt voraus, dass es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. In diesem Fall setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der Zuständigkeitskriterien nach Kapitel III der Dublin-III-VO fort, um ggf. die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festzustellen. Kann keine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates festgestellt werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
Dieser Regelung liegt das Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass ein außerhalb des Konzepts normativer Vergewisserung liegender Ausnahmefall vorliegt, oder dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295; OVG NRW, U.v. 24.4.2015 - 14 A 2356/12A; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13; OVG Koblenz, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - jeweils juris). Dublin-Rückkehrer erhalten in der Regel einen ungehinderten Zugang zum Asylverfahren und in der ersten Zeit nach der Überstellung ein geordnetes Aufnahmeverfahren mit den zugehörigen Leistungen zur Sicherung der Grundbedürfnisse. Sie werden im Allgemeinen in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt (BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 42). Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und dort im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches - in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges - Leistungsniveau besteht (BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 44; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 56).
Auch neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Januar 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 51 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben; die Zahl von Unterbringungsplätzen war unzureichend. Bei Dublin-Rückkehrern wie dem Antragsteller kann es längere Zeit dauern, bis sie einer Aufnahmeeinrichtung zugewiesen werden. Zum einen jedoch werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge (vgl. dort S. 53 f.) seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann deshalb gerade auch für die Personengruppe, welcher der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.
Auch in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR (GK), U.v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12
Auch nach Auffassung des EGMR (vgl. Entscheidung v. 13.1.2015 - 51428/10 - A.M.E. gegen Niederlande, http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-152295) begründen die Aufnahmebedingungen in Italien für einen alleinstehenden jungen Mann grundsätzlich keine Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet allein keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 - 27725/10 - Mohammed Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien - http://hudoc.echr.coe.int/fre?i=001-141437).
Es ist damit mittlerweile gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung, dass in Italien keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen, aufgrund derer einem im Dublin-Verfahren rücküberstellten Asylbewerber die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung droht. Aktuell haben dies das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen und das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestätigt (OVG NRW, U.v. 24.04.2015 - 14 A 2356/12.A - juris 20 ff. m. w. N.; OVG Lüneburg, U.v. 25.06.2015 - 11 LB 248/14 - juris Rn. 47 ff. m. w. N.). Insbesondere stelle die gegenwärtig besonders hohe Zahl von Einwanderern nach Italien keinen Umstand dar, die eine veränderte Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Davon könne nicht ausgegangen werden. Ein alleinstehender junger Mann gehöre grundsätzlich nicht zu den besonders schutzbedürftigen Personen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, deren Rücküberstellung eine individuelle Garantieerklärung der italienischen Behörden hinsichtlich der Unterbringung erfordere (vgl. OVG NRW, U.v. 24.04.2015, a. a. O., Rn. 41; OVG Lüneburg, U.v. 25.06.2015, a. a. O., Rn. 51, 56). Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Gericht an. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in seinem Urteil vom 25. Juni 2015 für die Dublin-Rückkehrer festgestellt, dass diesen an den italienischen Hauptflughäfen Nichtregierungsorganisationen zur Seite stehen, die sie bei Bedarf betreuen und sich um eine Unterkunft bemühen. Außerdem seien im Bereich der Flughäfen Einrichtungen ausschließlich für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden, die vom Europäischen Flüchtlingsfonds finanziert würden und in denen von den Flughafen-Nichtregierungsorganisationen vermittelte Dublin-Rückkehrer untergebracht werden könnten (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 25.06.2015, a. a. O., Rn. 52; vgl. auch Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 23.04.2015 S. 3, aida report Januar 2015 S. 31, 59). Diesen Feststellungen schließt sich das Gericht an.
Weitere individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen könnten, sind nicht glaubhaft gemacht worden und sind auch sonst nicht ersichtlich.
Das Bundesamt hat im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. BVerfG, B.v. 17.09.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 11 mit Verweis auf die auch hier gefestigte und einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung). Derartige Abschiebungshindernisse sind aber im Fall des Antragstellers nicht hinreichend dargetan und auch sonst nicht ersichtlich.
An diesem Ergebnis kann auch das Vorbringen der Bevollmächtigten des Antragstellers nichts ändern, der Antragsteller sei „der englischen Sprache nahezu nicht mächtig“ und spreche „deutsch fast besser“, zumal der Antragsteller bei seiner Befragung am 23. Juli 2015 ausdrücklich angegeben hatte, er könne sich „mit dem Sprachmittler verständigen“ und laut dem vom Antragsteller selbst, vom Dolmetscher und vom Mitarbeiter des Bundesamts unterschriebenen Protokoll im Befragungstermin keine Verständigungsschwierigkeiten aufgetreten sind.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
III.
Aus diesen oben unter II. ausgeführten Gründen war auch der mit Schreiben vom ... Dezember 2015 gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Antrags abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
...
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Gründe
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Tenor
I.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Italien im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.
Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste am
Es ergab sich für den Antragsteller ein EURODAC-Treffer für Italien (IT2...; Bl. 58 der Behördenakte).
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom
Am .... Juni 2015 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers den Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland (Bl. 59 der Behördenakte). Sie übersandte ärztliche Atteste für den Antragsteller.
Mit Bescheid vom
Zur Begründung führte es aus, Italien sei für die Bearbeitung des Antrags zuständig, Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO. Vom Selbsteintrittsrecht werde nicht Gebrauch gemacht.
Am .... September 2015 erhob der Antragsteller durch seine Prozessbevollmächtigte beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den obengenannten Bescheid Klage (M 12 K 15.50778) und stellte gleichzeitig
Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Die Klage und der Eilantrag wurden im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beklagte hätte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen. Der Kläger sei krank. Auf die vorgelegten Arztbriefe werde verwiesen. Bei Rückkehr nach Italien würde für den Antragsteller Gesundheitsgefahr drohen. Ein weiterer Arztbrief vom Internisten ... vom 24. Juli 2015 wurde vorgelegt.
Die Antragsgegnerin stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, ist zwar zulässig (§ 34a Abs. 2 AsylVfG), jedoch nicht begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B.v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B.v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, denn der streitgegenständliche Bescheid begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Gem. Art. 26 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO setzt der ersuchende Mitgliedsstaat die betreffende Person von der Entscheidung in Kenntnis, sie in den zuständigen Mitgliedsstaat zu überstellen, wenn der ersuchte Mitgliedsstaat der Aufnahme oder Wiederaufnahme des Antragstellers zustimmt.
Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III VO Italien zuständig. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben im Januar 2015 nach Italien eingereist und hat in Mazeratta gelebt (Bl. 25 der Behördenakte). Ausweislich des EURODAC-Treffers der Kategorie 2 (Bl. 58 der Behördenakte) hat er sich in Italien illegal aufgehalten.
Das Übernahmeersuchen an die italienischen Behörden wurde am
Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Italiens in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.
Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaatgemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v.
Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10
Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21. Februar 2014 - 10 A 10656 - juris).
Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR - Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007
Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10
Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach der Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und juris; OVG Lüneburg, U.v. 25.6.2015 -11 LB 248/14 - juris; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris).
Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 16. April 2014, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014, a. a. O., OVG Sachsen-Anhalt, B. v.
Der Mitgliedsstaat, der die Überstellung des Asylsuchenden vornehmen muss, ist im Fall der Widerlegung der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GFK und der EMRK steht, verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.
Nach den insoweit im Kern übereinstimmenden Erkenntnismitteln des Auswärtigen Amtes (AA an das OVG NRW
Nach den Erkenntnismitteln werden Dublin-Rückkehrer in der Regel auf dem Luftweg nach Italien überstellt. Sie werden von der italienischen Grenz- bzw. Luftpolizei nach der Landung zu den regionalen Polizeidirektionen (Questura) am Flughafen begleitet bzw. erhalten dort ein Zugticket, um zu einer weiter entfernten Questura zu fahren. Die dort vorzunehmende Formalisierung des Asylantrags - sog. Verbalizzatione - kann einige Tage, Wochen oder sogar Monate dauern (SFH, Oktober 2013; UNHCR, Bericht v. Juli 2013; AA an OVG NRW
Hinzuweisen ist auf die Schwierigkeiten, zuverlässige Belegungszahlen zu ermitteln, da diese nicht nur von den bereits vorhandenen Unterkunftsplätzen abhängen, sondern von häufig irrationalen nicht vorhersehbaren Verhaltensweisen der Asylbewerber und kurzfristig auftretenden Flüchtlingsströmen in der EU beeinflusst werden. Der italienische Staat ist erfolgversprechend bemüht, die Unterbringungskapazitäten der jeweiligen Belastungssituation anzupassen. Nach dem zwischenzeitlichen Höchststand der Zahl der nach Italien geflüchteten Personen im Jahr 2011 und einem Rückgang im Jahr 2012 ist die Zahl im Jahr 2013 wieder angestiegen (SFH, Oktober 2013, S. 7). Auf den Anstieg der Zahlen im Jahr 2011 haben die italienischen Behörden mit zusätzlichen - im Jahr 2012 wieder reduzierten - Unterbringungsmöglichkeiten reagiert. Auch für 2013 war eine Erhöhung der Platzzahl vorgesehen (vgl. hierzu im Einzelnen: Aida-Report, November 2013; AA v. 24. Mai 2013 an das VG Minden und OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR v. Juli 2013; SFH, Oktober 2013). Wie sich aus dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015 ergibt, standen am 29. Dezember 2014 in den CPSA/CAD/CARA 9.592 Plätze und in den SPRAR 19.900 Plätze zur Verfügung. Damit sind die staatlichen Unterkunftsplätze bereits erheblich aufgestockt worden (im Vergleich dazu 2012: insg. 8000 Plätze in den CARA und SPRAR, siehe UNHCR, Auskunft vom 24. 4. 2012 an VG Braunschweig). Nach dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015 sind die verfügbaren Plätze zur Unterbringung noch immer nicht ausreichend, um alle Migranten und Asylbewerber aufzunehmen, so dass die CARA und die Erstaufnahmezentren -CPSA - oft überfüllt sind (S. 59). Den italienischen Stellen ist aber das Schicksal der Flüchtlinge nicht gleichgültig und sie bemühen sich nach Kräften, unter Ausschöpfung aller Unterbringungsreserven, Flüchtlingen ein Obdach zu geben. Weiter ergibt sich aus dem AIDA-Länderbericht vom Januar 2015, dass Italien die Unterbringungssituation nicht tatenlos hinnimmt, sondern in den letzten Monaten weitere Unterbringungsformen eingerichtet hat, um auf die hohe Zahl an Bootsflüchtlingen zu reagieren. So sind in verschiedenen Regionen Italiens zusätzliche Aufnahmezentren (CAS - Temporary or emergency accomodation system) geschaffen worden, auf die die Flüchtlinge nach einem bestimmten Schlüssel verteilt werden und in denen Ende des letzten Jahres 34.991 Flüchtlinge untergebracht waren (S.12, 61). Dies zeigt, dass Italien in ganz erheblichem Umfang kurzfristig zusätzliche Unterkunftsplätze einrichten und zur Verfügung stellen will und kann, wenn der Zustrom der Flüchtlinge dies erfordert. Hinzu kommt ein Netzwerk an privaten Unterbringungsmöglichkeiten, welches nicht Teil des staatlichen Aufnahmesystems ist und über das keine Zahlen vorliegen (AIDA-Länderbericht vom Januar 2015, S.62). Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass trotz der nach wie vor bestehenden Kapazitätsengpässe zwischen den vorhandenen und den erforderlichen Plätzen kein so großes Missverhältnis besteht, dass eine Unterbringung von Dublin-Rückkehrern typischerweise nicht möglich wäre. Vielmehr droht auch Dublin-Rückkehrern in Italien grundsätzlich nicht die Gefahr monatelanger Obdachlosigkeit oder fehlender Versorgung, so dass systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems nicht vorliegen (OVG Lüneburg, U.v. 25. 6. 2015, a. a. O.).
Die Asylsuchenden haben während der Dauer des Asylverfahrens im Regelfall neben dem Anspruch auf Unterbringung Anspruch auf materielle Leistungen wie Verpflegung und Hygieneartikel (vgl. AA an OVG Sachsen-Anhalt
Auch im Hinblick auf die materiellen Leistungen und die medizinische Versorgung ist aber nur im Regelfall von einem hinreichenden Schutz auszugehen. Sowohl in diesem Bereich wie auch besonders im Bereich der Unterbringung werden in den angeführten Erkenntnismitteln auf Mängel hingewiesen. Gleichwohl hat der UNHCR eine generelle Empfehlung, Asylbewerber und Ausländer, ein bereits einen Schutzstatus in Italien haben, nicht nach Italien zu überstellen, nicht ausgesprochen. Auch wenn daraus nicht geschlossen werden soll, wie der UNHCR in seiner Stellungnahme vom 7. März 2014 an das OVG NRW betont, dass keine einer Überstellung entgegenstehende Zustände vorlägen, ist die Nichtempfehlung als Indiz für das Fehlen systemischer Mängel zu werten, da die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente bei der Auslegung der unionsrechtlichen Asylvorschriften besonders relevant sind (vgl. EuGH, U. v. 30. Mai 2013 - C - 528/11, Rn.44, NVwZ 2013, 660 ff. und juris).
Auch unabhängig von dieser Indizwirkung liegen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme systemischer Mängel nicht vor. Entsprechend den genannten Anforderungen an für die Annahme systemischer Mängel maßgeblichen Prognosemaßstab kann nicht allein auf einzelne Mängel des Systems verwiesen werden. Die beachtliche Wahrscheinlichkeit muss sich auf die Würdigung aller Umstände gründen, zu denen das jeweilige Rechtssystem des Mitgliedsstaates wie auch die Verwaltungspraxis gehört. Dieser hat sich auf den vorhersehbaren Verlauf der Dinge auszurichten. Bemühungen des betroffenen Staates, sich den Mängeln zu stellen und auf seine Entwicklungen etwa des enormen Anstiegs einer Flüchtlingszahl zu reagieren, sind zu berücksichtigen. Kommt es gleichwohl zu Mängeln bei der Unterbringung von Asylsuchenden bis zur Aufnahme ihres Asylantrags, liegen keine systemischen Mängel vor, wenn der betreffende Mitgliedsstaat erfolgversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Solche Bemühungen des italienischen Staates liegen vor (siehe obige Ausführungen). Beim Anstieg der Zahl der Asylsuchenden im Jahre 2011 ist - wie ausgeführt - ein besonderes Programm zur Unterbringung der Asylsuchenden aufgestellt und durchgeführt worden. Nach dem erneuten Anstieg der Zahl der Asylsuchenden im Jahr 2013 sind die italienischen Behörden vom italienischen Innenministerium angewiesen worden, dass die Verbalizzazione zeitlich mit der Asylgesuchsstellung zusammenfallen und zur Verkürzung der Wartezeiten ein neues Informationssystem (Vestanet) eingeführt werden soll, das inzwischen besteht (OVG NRW, U. v. 7. März 2014, a. a. O.). Von einem Inkaufnehmen der Mängel der Unterkunftsgewährung kann somit nicht ausgegangen werden. Von einer allgemeinen dramatischen Wohnungs- und Unterbringungsnot der Dublin-Rückkehrer wird nicht berichtet.
Das Gericht schließt sich deshalb der Beurteilung des EGMR an, der infolge der umfassenden Auswertung der vorliegenden auch aktuellen Erkenntnismittel zu dem Ergebnis gekommen ist, dass zwar in einigen Bereichen, an einigen Orten, insbesondere infolge des Eintreffens von Flüchtlingswellen immer wieder Mängel insbesondere bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu verzeichnen sind, diese jedoch nicht den Grad bzw. Umfang von systemischen Mängeln aufweisen. Der EGMR hat in seinem Beschluss vom 2. April 2013 (a. a. O.) ausgeführt:
„Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und Organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zweckes eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, einige Mängel aufweisen mag, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen, wie es im Fall M.S.S. gegen Belgien und Griechenland der Fall war. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars weisen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigen übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten sind. (....) Vor diesem Hintergrund kommt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt hat, dass ihr im Fall einer Rückkehr nach Italien aus wirtschaftlicher, gesundheitlicher und psychologischer Sicht ein tatsächliches und dringliches Härtefallrisiko droht, das schwer genug wiegen würde, um von Art. 3 EMRK erfasst zu werden.“
Der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U. v. 4. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08; BVerwGE 128, S.326 und juris) hat seine Rechtsauffassung über die Einschätzung der Situation der Asylsuchenden in Italien durch die Entscheidungen vom 18. 6. 2013 (53852/11), 10. 9. 2013
Dieser Einschätzung schließt sich das Gericht mit einer Vielzahl weiterer Gerichte an: u. a. VGH Baden-Württemberg, a. a. O., OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O., OVG Rheinland-Pfalz, a. a. O., OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 24. 6. 2013 - OVG 7 S 58/13, VG Stuttgart, U. v. 28. 2. 2014 - A 12 K 383/14; VG München, B. v. 24. 2. 2014 - M 11 S 14.30179; VG Düsseldorf, B. v. 7. 5. 2015 - 13 L 640/15.A; VG Gelsenkirchen, B. v. 6. 5. 2015 - 7a L 855/15.A; VG Minden, B. v. 4. 5. 2015 -1 L 305/15.A; VG Münster, B. v. 29. 4. 2015 - 1 L 417/15.A; OVG Lüneburg, U.v. 25. 6. 2015 - 11 LB 248/14; OVG NW, U.v. 24. 4. 2015 - 14 A 2356/12.A; VG Augsburg, B.v. 17. 7. 2015 - Au 7 S 15.50330 VG München, B.v. 20. 7. 2015 - M 25 S 15.50657; VG Augsburg, U.v. 20. 7. 2015 - Au 5 K 15.50310; VG Hannover, B.v. 29. 9. 2015 -13 B 4725/15; VG Düsseldorf, U.v.3. 7. 2015 -13 K 6850/14.A; VG Hannover, B.v. 29. 9. 2015 - 13 B 4725/15; alle juris).
Die Entscheidungen der Obergerichte beleuchten dabei insbesondere detailliert die Zugangsmöglichkeiten zum Asylverfahren sowie dessen Dauer und Qualität, die Aufnahme- und Unterbringungsmöglichkeiten und Unterbringungskapazitäten, die Sicherung der Grundbedürfnisse (u. a. Schutz vor Gewalt; hygienische Verhältnisse) und den Zugang zu medizinischer Versorgung. Sie weisen für die Zukunft darauf hin, dass der italienische Staat bemüht ist, Kapazitäten für den Zeitraum 2014 bis 2016 zu schaffen.
Die Rechtsprechung der Gerichte, die eine Überstellung nach Italien für unzulässig halten, überzeugt das Gericht nicht. Gegenüber der obengenannten Rechtsprechung, die aufgrund einer umfassenden Abwägung zu einer Einschätzung der Lage in Italien kommt, beleuchten die Entscheidungen nur Teilaspekte (z. B. VG Köln, U. v. 20. Februar 2014 - 20 K 2681/13.A; VG Gießen
Der UNHCR verweist in seinen Hinweisen von Juni/Juli 2014 darauf hin, dass im Jahr 2014 die Anzahl der Asylbewerber in Italien wieder gestiegen sei. Es wird darauf hingewiesen, dass die italienischen Behörden Flüchtlinge in Parkhäusern außerhalb von Rom und Mailand, teilweise ohne Nahrungsmittel, unterbringen würden. Der UNHCR bitte die EU, Italien bei der Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge zu helfen. Systemische Mängel des Asylverfahrens lassen sich aus diesen Hinweisen aber nicht ableiten. Der EGMR hält in seiner Entscheidung vom 4. November 2014 (Nr. 292317/12, HUDOC) Art. 3 EMRK im Falle der Überstellung von Personen mit besonderen Bedürfnissen - einer Familie mit sechs zum Teil kleinen Kindern - angesichts der Berichte in verschiedenen Erkenntnismitteln über immer wieder auftretende Aufnahmeengpässe in Italien für verletzt, wenn nicht zuvor Unterbringung und für die Bedürfnisse der Personen ausreichende Lebensbedingungen sichergestellt sind. Eine solche Sicherstellung fordert für den Fall der Überstellung von Familien mit neugeborenen oder Kleinstkindern nach Italien auch das Bundesverfassungsgericht (B. v. 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14). Zu einer besonders gefährdeten Personengruppe gehört der Antragsteller als im Jahr 1995 geborener, erwachsener und alleinstehender Mann nicht. Der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v. 2. 4. 2013, Mohammmad Hussein u. a. gegen Niederlande und Italien).
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht von ihrem Selbsteintrittsrecht gem. Art. 17 Dublin III VO Gebrauch gemacht hat.
Die Pflicht zum Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich nicht aus den Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 und 2 Dublin III VO.
Danach kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin III VO beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz selbst zu prüfen, auch wenn er nicht für die Prüfung zuständig ist (§ 17 Abs. 1 Dublin III VO). Damit wird der Mitgliedsstaat zum zuständigen Mitgliedsstaat, Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Dublin III VO. Ob der Mitgliedsstaat von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten europäischen Asylsystems ist (vgl. EuGH, U.v. 21. 12. 2011 - C-411/10; C-493/10
Gemessen an diesen Vorgaben hat die Antragsgegnerin ihr Selbsteintrittsrecht nicht ausgeübt. Sie hat an keiner Stelle des Verwaltungsverfahrens zweifelsfrei erkennen lassen, dass sie das Verfahren in eigener Zuständigkeit durchführen will; im Gegenteil hat das Bundesamt von Anfang an das Dublin-Verfahren eröffnet und durchgeführt und im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochen, von ihrem Selbsteintrittsrecht keinen Gebrauch zu machen. Im Übrigen begründet die Selbsteintrittskompetenz des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO kein subjektives Recht des Asylbewerbers. Die Vorschrift dient - wie die übrigen Vorschriften der Dublin-Verordnungen in der Regel auch - der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedsstaaten (vgl. VG Berlin
Das Selbsteintrittsrecht des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO hat sich auch nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet.
Die Voraussetzungen für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts sind in der Dublin III VO nicht geregelt und bleiben daher dem innerstaatlichen Recht überlassen. Art. 17 Dublin III VO wird als eine Generalklausel für die Zuständigkeitsübernahme angesehen in den Fällen, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern (vgl. Art. 17 Abs. 2 Dublin III VO; vgl. VG Bremen, B.v. 4. 9. 2013 - 4 V 1037/13.A - juris zu Dublin II VO).
Außergewöhnliche humanitäre (familiäre oder krankheitsbedingte) Gründe, die nach der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt fordern und ausnahmsweise eine Ermessensreduktion auf Null zugunsten eines Selbsteintritts erzeugen könnten, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen. Die vom Antragsteller vorgetragenen Erkrankungen stellen keine solchen außergewöhnlichen Gründe dar, schon weil sie auch in Italien behandelt werden können. Dass eine medizinische Behandlung nur im Bundesgebiet stattfinden könnte, wurde weder vorgetragen noch ergibt sich dies aus den Akten.
Die Abschiebung kann trotz der vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Atteste und dargelegten Befunde durchgeführt werden. Die Antragsgegnerin hat zwar bei der hier erfolgten Abschiebungsanordnung sowohl inlandsbezogene als auch auslandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, etwa die fehlende Reisefähigkeit (BayVGH, B.v. 12. 3. 2014 - 10 CE 14.427 - juris). Solche Gründe sind indes nach Überzeugung des Gerichts auch bei Berücksichtigung der vorgelegten Arztbriefe, Atteste und Befunde nicht gegeben.
Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Danach ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG steht einer Abschiebung entgegen, wenn der Gesundheitszustand des Ausländers so kritisch ist, dass eine konkrete Leibes- oder Lebensgefahr durch den Abschiebungsvorgang selbst zu befürchten ist. Eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn schon keine Transportfähigkeit gegeben ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinne) oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Abschiebung erheblich verschlechtern wird (Reisefähigkeit im weiteren Sinne). Weder für das Eine noch für das Andere bestehen hinreichende Anhaltspunkte.
Beim Antragsteller wurde der Verdacht auf Tuberkulose der Lunge festgestellt (Arztbericht der ... Fachklinik ...
Die Lungentuberkulose hindert den Antragsteller nicht an der Reise nach Italien, er ist transportfähig. Die festgestellte Lungentuberkulose des Antragstellers ist auch in Italien behandelbar. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Bürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind für Asylbewerber kostenfrei (VG Düsseldorf, B.v. 13. 7. 2015 -13 K 6850/14.A - juris).
Für die Registrierung und den Erhalt des Gesundheitsausweises benötigen die Asylbewerber eine Aufenthaltserlaubnis (die sie in einer Aufnahmeeinrichtung erhalten), eine Steuernummer (die sie bei der Einreiseagentur erhalten) sowie eine feste Adresse. Da nach den vorstehenden Ausführungen Dublin-Rückkehrer gute Chancen auf Zuweisung einer Unterkunft haben, ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller keine Wohnsitznahme wird vorweisen können. Ungeachtet dessen kann er sich selbst bei fehlendem Wohnsitz um eine Sammeladresse bemühen. Die Caritas bietet solche Adressen auch für Personen an, die keinen festen Wohnsitz haben, diesen jedoch u. a. für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Im Übrigen steht nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 6.1.2014 an das VG Düsseldorf eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten. Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei. Der Antragsteller hat damit Zugang zur angemessenen medizinischen Versorgung (VG München, B.v. 5. 11. 2014 - M 18 S 14.50356 - juris)
Darüber hinaus ist die Antragsgegnerin verpflichtet, effektive Schutzmaßnahmen zugunsten des Antragstellers zu ergreifen. Die mit dem Vollzug der Abschiebung betraute Behörde muss von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung tatsächliche Vollstreckungshindernisse beachten und gegebenenfalls durch ein vorübergehendes Absehen von der Abschiebung oder durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung abwehren (BVerfG, B. v. 26. 2. 1998 - 2 BvR 185/98). Das Gericht geht davon aus, dass dies von der Behörde beachtet wird.
Gem. Art 21 RL 2013/33/EU berücksichtigen die Mitgliedsstaaten in dem einzelstaatlichen Recht zur Umsetzung der Richtlinie die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie z. B. Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen. Art. 31 und 32 der VO (EG) Nr. 604/2013 sehen vor, dass der überstellende Mitgliedstaat dem zuständigen Mitgliedstaat die personenbezogenen Daten und die Gesundheitsdaten übermittelt, um es den zuständigen Behörden im zuständigen Mitgliedsstaat gemäß dem innerstaatlichen Recht zu ermöglichen, diese Person in geeigneter Weise zu unterstützen - unter anderem die zum Schutz ihrer lebenswichtigen Interessen unmittelbar notwendige medizinische Versorgung zu leisten - und um die Kontinuität des Schutzes und der Rechte sicherzustellen, die die Verordnung und andere einschlägige Bestimmungen des Asylrechts bieten. Dem Zielstaat wird daher im Vorfeld der Rückführung bei Vereinbarung eines Überstellungstermins mitgeteilt, wenn eine Person unmittelbar nach der Ankunft in ärztliche Hände übergeben werden soll. So wird es auch im Fall des Antragstellers erfolgen.
Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylVfG nicht erhoben.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Gründe
I.
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) und Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) nicht vorliegen. Der Senat weist darauf hin, dass der vorliegende Fall der Klägerin, einer äthiopischen Staatsangehörigen mit einem noch nicht ein Jahr alten Kleinstkind, im Hinblick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR (GK), U. v. 4.11.2014 - Tarakhel/Schweiz, Nr. 29217/12
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Gerichtskosten fallen nicht an (§ 83 b AsylVfG).
III.
Der Gegenstandswert bemisst sich nach § 30 RVG.
IV.
Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.