Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Feb. 2017 - M 2 K 15.962

published on 07/02/2017 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Feb. 2017 - M 2 K 15.962
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Gericht

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Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf EUR 84.427,- festgesetzt.

Gründe

Die Klagepartei hat am … Januar 2017 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Gegenpartei hat bereits vorab am 05. Dezember 2016 der Erledigung zugestimmt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da er den streitgegenständlichen Enteignungsbeschluss zurückgenommen und das Enteignungsverfahren eingestellt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Der Ansatz von 50% der im Enteignungsbeschluss vom 10. Februar 2015 festgelegten Geldentschädigung begründet sich wie folgt:

„In der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 30.1.2012 - 22 C 11.2830 - juris, B.v. 28.7.2003 - 8 C 03.689 - juris) wird in Fallgestaltungen wie der Vorliegenden, in denen sich ein Enteignungsbetroffener sowohl (vor den Verwaltungsgerichten) gegen die Enteignung an sich als auch (im ordentlichen Rechtsweg) gegen eine seiner Auffassung nach zu gering bemessene Geldentschädigung wendet, regelmäßig der halbe amtlich ermittelte Verkehrswert des Grundstücks als Streitwert zu Grunde gelegt.“

Dem Klägerbevollmächtigten ist zuzugeben, dass die hierfür in den vorgenannten Beschlüssen hauptsächlich gegebene Begründung fraglich erscheint, wenn davon ausgegangen wird, ein Kläger müsse anderenfalls damit rechnen, dass sowohl im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als auch im parallelen Zivilprozess jeweils der volle Wert des Grundstücks für den Streitwert in Ansatz gebracht werde. Zutreffend legt der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom … Januar 2017 dar, dass sich der Streitwert im Zivilprozess lediglich nach der über die bereits festgesetzte Entschädigung hinaus zusätzlich begehrten Entschädigung bemessen dürfte, die regelmäßig - und auch im vorliegenden Fall - nicht die Hälfte des amtlich ermittelten Verkehrswert erreichen dürfte.

Festzuhalten ist auch, dass von der vorgenannte Rechtsprechung zum Ansatz des halben amtlich ermittelten Verkehrswerts teilweise abgewichen wurde, möglicherweise im Hinblick auf einen in diesen Verfahren nicht oder nicht erkennbar betriebenen oder auch bereits abgeschlossenen Zivilprozess um die Entschädigungshöhe (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2016 - 8 ZB 15.951 - juris; U.v. 27.3.2012 - 8 B 12.112 - juris).

Jedenfalls im Ergebnis folgt der Berichterstatter dennoch der eingangs dargestellten Auffassung, jedoch aus den nachfolgenden Gründen, die in einer älteren Entscheidung (BayVGH, B.v. 8.5.1984 - 9 C 81 A.959 - BayVBl 1984, 507) überzeugend gegeben wurde: Danach würde bei einem Rechtsstreit mit dem Ziel, jede Änderung der bestehenden Eigentumsverhältnisse zu verhindern, der Ansatz des vollen Verkehrswerts als Streitwert dem Umstand nicht gerecht, dass dem Enteignungsbetroffenen ein Anspruch auf angemessene Entschädigung nach Art. 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 GG zusteht. Es erscheint nicht angebracht, diesen Vermögensausgleich bei der Bewertung der Interessen des Klägers nicht zu berücksichtigen, und dadurch auch sein Kostenrisiko bei der Rechtsverteidigung gegen einen Eingriff in sein Eigentum zu erhöhen. Andererseits fällt es schwer, bei derartiger Fallgestaltung objektive Anhaltspunkte für die Bedeutung des Rechtsstreits für den Kläger zu finden. Unter diesen Umständen hält es der Senat aus Gründen der Praktikabilität für ermessensgerecht, grundsätzlich den halben Verkehrswert der enteignungsbetroffenen Sache als Streitwert anzusetzen.

Diese Begründung wird sowohl der Argumentation der Klägerseite als auch der Tatsache gerecht, dass der Kläger im Vollzug des Enteignungsbeschlusses wirtschaftlich betrachtet nicht den vollen Wert seines Grundstücks verlieren würde, sondern nur den - finanziell nicht exakt messbaren - Nachteil erleiden würde, statt seines schwierig oder auch gar nicht gleichwertig zu ersetzenden Grundvermögens nunmehr nur noch über Geldvermögen in Höhe der zugesprochenen Entschädigung zu verfügen.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd
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published on 05/01/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert
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Annotations

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.