Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Mai 2014 - 24 S 14.1085

bei uns veröffentlicht am27.05.2014

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf EUR 2.500,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist ausweislich seines aktenkundigen - bis zum 18. Januar 2013 gültigen - Reisepasses (Bl. 14 des Teilvorgangs [TVg.] 1 der aus zwölf Teilvorgängen bestehenden Verwaltungsakte) ein am ... 1982 geborener türkischer Staatsangehöriger. Er heiratete am ... November 2009 eine deutsche Staatsangehörige; es ist nicht ersichtlich, dass aus der Ehe Kinder hervorgegangen wären.

Der Antragsteller reiste am 3. April 2012 mit einem nationalen Visum zum Familiennachzug in das Bundesgebiet ein (TVg. 1, Bl. 16).

Aufgrund eines Antrags vom 30. April 2012 (TVg. 1, Bl. 8) wurde dem Antragsteller am 2. Juli 2012 eine bis zum 18. Januar 2013 befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt (TVg. 1, Bl. 29).

Der Antragsteller war vom 7. Mai 2012 bis zum 6. November 2012 als Monteur (TVg. 11, Bl. 40) und vom 26. November 2012 bis zum 7. Januar 2013 bei einem anderen Arbeitgeber als gewerblicher Helfer beschäftigt (TVg. 11, Bl. 64 - 68).

Am ... September 2012 beauftragte die Ausländerbehörde die städtische Bezirksinspektion mit einer Wohnsitzprüfung des Antragstellers und seiner Ehefrau (TVg. 8, Bl. 8). Nachdem sich die Bezirksinspektion mit Vermerk vom ... Oktober 2012 (TVg. 8, Bl. 10) geäußert hatte, erfolgte am ... Oktober 2012 ein weiterer Auftrag für die Wohnsitzprüfung gegenüber einer Polizeiinspektion (TVg. 8, Bl. 11).

Am ... November 2012 sprachen die Eheleute bei der Ausländerbehörde wegen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers vor (TVg. 8, Bl. 13). Dabei wurde unter anderem angegeben, der Antragsteller sei die letzten 6 Monate auf Montage in der Pfalz gewesen; die Ehegatten hätten sich jedes zweite bis dritte Wochenende gesehen - der Job sei befristet gewesen.

Mit Schreiben vom ... November 2012 (TVg. 8, Bl. 14) beantwortete die beauftragte Polizeiinspektion die Wohnsitzprüfanfrage der Ausländerbehörde und teilte mit, laut einer langjährigen Hausbewohnerin seien die Eheleute im genannten Anwesen wohnhaft.

Am 10. Januar 2013 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (TVg. 9, Bl. 8), wobei eine Ehebestandserklärung abgegeben wurde (TVg. 9, Bl. 18). Am gleichen Tag erhielt er eine Fiktionsbescheinigung, die im Gefolge verlängert wurde (TVg. 10, Bl. 8 ff.).

Seit dem 5. Februar 2013 ist der Antragsteller bei einem dritten Arbeitgeber als gewerblicher Helfer beschäftigt (TVg. 11, Bl. 49 und Bl. 87 ff.).

Mit Schreiben vom ... März 2013 teilte die Ehefrau des Antragstellers der Ausländerbehörde mit, dass die Ehe gescheitert sei (TVg. 9, Bl. 20).

Mit Schreiben vom ... März 2013 (TVg. 11, Bl. 8) teilte die Ausländerbehörde dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag abzulehnen. Auch die Ehefrau des Antragstellers wurde hierzu angehört.

Am ... April 2013 erklärten der Antragsteller und seine Ehefrau vor der Ausländerbehörde, wieder in ehelicher Lebensgemeinschaft zu wohnen - es wurde eine Ehebestandserklärung abgegeben (TVg. 9, Bl. 25). Hierzu hatte es auch Erklärungen der Ehefrau (TVg. 9, Bl. 24) und der Bevollmächtigten des Antragstellers gegeben (TVg. 11, Bl. 14).

Am ... Mai 2013 teilte die Ehefrau des Antragstellers der Ausländerbehörde per E-Mail mit, doch wieder vom Antragsteller getrennt zu leben und die Scheidung einreichen zu wollen (TVg. 9, Bl. 38).

Am ... Mai 2013 erklärte die Ehefrau des Antragstellers bei einer neuerlichen Vorsprache zur Niederschrift der Ausländerbehörde, vom Antragsteller innerhalb der Wohnung getrennt zu leben (TVg. 11, Bl. 26).

Am ... Juli 2013 sprach der Antragsteller in Begleitung unter anderem seines Bevollmächtigten bei der Ausländerbehörde vor (TVg. 11, Bl. 59).

Am ... Juli 2013 teilte der Antragsteller der Ausländerbehörde mit, weiterhin in der ehelichen Wohnung zu wohnen, während seine Ehefrau bei Freunden wohnen würde; er (der Antragsteller) würde an der Ehe weiter festhalten (TVg. 11, Bl. 75).

Mit E-Mail vom ... September 2013 (TVg. 11, Bl. 77) teilte die Ehefrau des Antragstellers mit, der Antragsteller wohne seit 11. August 2013 nicht mehr in der ehelichen Wohnung; sie selbst wohne seit dem 31. August 2013 nicht mehr dort.

Seit dem ... September 2013 ist der Antragsteller in einem Männerwohnheim im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gemeldet (TVg. 11, Bl. 95).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom ... Februar 2014 entschied die Ausländerbehörde wie folgt:

1. Ihr Antrag vom 10.01.2013 auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wird abgelehnt.

2. Sie sind verpflichtet, das Bundesgebiet bis spätestens zum 14.03.2014 zu verlassen.

3. Sollten Sie nicht fristgerecht ausreisen, werden Sie in die Türkei abgeschoben. Die Abschiebung kann auch in einen anderen Staat erfolgen, in den Sie einreisen dürfen oder der zu Ihrer Rückübernahme verpflichtet ist.

4. Für diesen Bescheid werden keine Gebühren erhoben. Die Kosten einer Abschiebung hätten Sie zu tragen.

In der Begründung des Bescheides (dort S. 4 ff.) werden Ansprüche nach §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG sowie nach § 31 AufenthG verneint. Die eheliche Lebensgemeinschaft habe vom ... April 2012 bis zum ... August 2013, also nur etwa 16 Monate gedauert. Eine besondere Härte i. S. v. § 31 Abs. 2 AufenthG läge nicht vor. Die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 6 oder 7 des Assoziationsratsbeschlusses ARB 1/80 EWG/Türkei lägen nicht vor. Der Antragsteller sei zwar seit dem 5. Februar 2013 in einem Beschäftigungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber. Da der Aufenthalt des Antragstellers aber nur vorläufig als erlaubt gelte (§ 81 Abs. 4 AufenthG), würden die in diesem Zeitraum zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht als „ordnungsgemäße Beschäftigung“ im Sinne des ARB 1/80 zählen. Zwei vorangegangene Arbeitsverhältnisse hätten sechs bzw. drei Monate gedauert. Sachverhalte, die ein gesetzliches Verbot der Abschiebung zur Folge hätten (§ 60 AufenthG) seien nicht vorgetragen und auch sonst nicht bekannt. Duldungsgründe nach § 60a Abs. 2 AufenthG lägen nicht vor, da die Abschiebung des Antragstellers weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich sei.

Mit Klageschrift vom 12. März 2014, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, auf den Antrag des Klägers vom 10.01.2013 hin seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern.

II.

Der Bescheid vom ...02.2014 wird im Hinblick auf die Ziffer 2 und 3 aufgehoben.

III.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Mit gesonderter Antragsschrift vom 12. März 2014, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 12.03.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom ...02.2014, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und ihm zugleich die Abschiebung angedroht worden ist, anzuordnen.

Zur Begründung des Antrags wurde unter anderem vorgetragen, der Anspruch ergebe sich aus Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses ARB 1/80 EWG/Türkei. Die Antragsgegnerin habe durch ihre Verwaltungspraxis den gesicherten Aufenthaltsstatus des Antragstellers und damit eine ordnungsgemäße Beschäftigung bei dem derzeitigen Arbeitgeber verhindert. Der Antragsteller habe bereits am 10. Januar 2013 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beantragt. Obwohl zumindest bis März 2013 die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis völlig unstrittig gewesen seien und auf der Hand gelegen hätten, habe die Antragsgegnerin nicht über den gestellten Antrag entschieden. Die Antragsgegnerin habe offensichtlich bewusst das Verfahren in die Länge gezogen, um weitere Ereignisse abzuwarten und dem Antragsteller keinen gesicherten Aufenthaltsstatus zuzusprechen. Hätte die Antragsgegnerin zeitnah die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bewilligt, so hätte der Antragsteller seine Tätigkeit in einem gesicherten Aufenthaltsstatus antreten können, da bereits am 10. Januar 2013 sämtliche Voraussetzungen für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vorgelegen hätten. Es wurde eine nicht datierte, aber am 7. März 2014 als Telefax versendete Arbeitgeberbescheinigung vorgelegt, wonach der Antragsteller seit dem 5. Februar 2013 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt sei. Weiter wurde in der Antragsbegründung vorgetragen, derzeit sei das Scheidungsverfahren beim Familiengericht anhängig; die Ehescheidung sei bei einem Verhandlungstermin am ... Januar 2014 nicht ausgesprochen worden, weil das Trennungsjahr noch nicht abgelaufen gewesen sei. Es würde für den Antragsteller eine unzumutbare Härte darstellen, wenn er aufgrund seiner Ausreise dem Verfahren nicht beiwohnen könnte, so dass er zumindest zu dulden sei - der nächste Verhandlungstermin sei für voraussichtlich Juli 2014 angekündigt. Schließlich wurde zur Antragsbegründung vorgetragen, der Antragsteller leide aufgrund seiner persönlichen Situation unter einer Anpassungsstörung mit depressiv-suizidalen Syndromen. Weil eine amtsärztliche Beurteilung der Reisefähigkeit des Antragstellers erforderlich sei, werde angeregt, dessen Aufenthalt bis zur Entscheidung über die Hauptsache weiterhin zu dulden. Es wurde eine „Fachärztliche Stellungnahme“ eines Facharztes für Nervenheilkunde vom ... Februar 2014 vorgelegt, der für eine zum Sozialreferat der Antragsgegnerin gehörende psychiatrische Praxis für wohnungslose Patienten tätig ist. Aus der Stellungnahme geht unter anderem hervor, dass sich der Antragsteller seit dem ... Februar 2014 in der Behandlung des Facharztes befindet. Es handele sich um ein depressiv-suizidales Syndrom im Rahmen einer Anpassungsstörung. Eine Behandlung sei begonnen worden. Inwieweit eine Besserung erreicht werden könne, bliebe abzuwarten. Eine amtsärztliche Beurteilung der Reisefähigkeit sei erforderlich. Auf der Stellungnahme findet sich ein auf den ... März 2014 datierter handschriftlicher Zusatz über einen erneuten Vorstellungstermin in der Praxis mit den Worten: „Zustand weiter sehr besorgniserregend“.

Mit Schreiben vom 10. April 2014 beantragte die Antragsgegnerin, die Klage abzuweisen und

den Antrag abzulehnen.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2014 führte die Antragsgegnerin ergänzend aus, der Antragsteller erfülle eindeutig nicht die Voraussetzungen irgendwelcher assoziationsrechtlicher Bestimmungen. Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 sei im Fall des Antragstellers nicht erfüllt, weil der Antragsteller kein Jahr durchgehend bei dem gleichen Arbeitgeber ordnungsgemäß beschäftigt gewesen sei. Die ordnungsgemäße Beschäftigung setze bekanntlich voraus, dass der türkische Arbeitnehmer in diesem Zeitraum im Besitz einer erforderlichen Aufenthaltserlaubnis sein müsse. Zeiten, in denen lediglich ein Besitz einer sogenannten Fiktionsbescheinigung vorliege, zählten nicht zum ordnungsgemäßen Aufenthalt. Zum Zeitpunkt des Ablaufs der bisherigen Aufenthaltserlaubnis und Beantragung der Verlängerung habe es bereits hinreichend Anhaltspunkte für die Annahme gegeben, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestand. Die Durchführung des Scheidungsverfahrens könne der Antragsteller auch vom Ausland aus abwarten; zum einen sei er anwaltlich vertreten, zum anderen stehe einer Wiedereinreise zur Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung nichts im Weg. Das vorgelegte Attest genüge nicht den Anforderungen zur Anerkennung einer Reiseunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die parallelen Gerichtsakten M 24 K 14.1083, M 24 S 14.1085 sowie auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Ausländerakte des Antragstellers Bezug genommen.

II.

Der nur teilweise zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall eines gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG B.v. 25.3.1993 - 1 ER 301/92 - NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für diese eigene gerichtliche Entscheidung ist dabei vorliegend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, weil es auch in der Hauptsache im Hinblick auf die begehrte Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt. Denn bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, und zwar sowohl hinsichtlich der Frage, ob schon aus Rechtsgründen eine Erlaubnis erteilt oder versagt werden muss (vgl. BVerwG U.v. 1.12.2009 - 1 C 32/08 - juris Rn. 12), als auch hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung des Ermessens (BVerwG U.v. 1.12.2009 - 1 C 32/08 - juris Rn. 23). Gründe, im vorliegenden Fall ausnahmsweise einen anderen maßgeblichen Zeitpunkt zugrunde zu legen (vgl. hierzu etwa BVerwG U.v. 1.12.2009 - 1 C 32/08 - juris Rn. 12), sind vorliegend nicht ersichtlich.

Auch für die gerichtliche Beurteilung einer Abschiebungsandrohung ist jedenfalls dann, wenn der Ausländer aufgrund der Androhung noch nicht abgeschoben wurde oder noch nicht freiwillig ausgereist ist, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich (BVerwG U.v. 22.3.2012 - 1 C 3/11 - juris Rn. 13; BayVGH U.v. 27.9.2012 - 10 B 10.1084 - juris Rn. 34).

2. Vor diesem Hintergrund überwiegt vorliegend das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Suspensivinteresse des Antragstellers. Denn bei summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung wird die in der Hauptsache erhobene Klage nach derzeitiger Aktenlage voraussichtlich keinen Erfolg haben.

3. Hinsichtlich der in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltenen Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wurde in der Hauptsache nicht die Aufhebung beantragt (vgl. Nr. II der Klageschrift), so dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO insoweit bereits unzulässig ist. Zwar wurde beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis zu verlängern (vgl. Nr. I der Klageschrift); hierauf konnte der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO aber nicht zulässiger Weise bezogen werden, weil in der Hauptsache insoweit allein eine Verpflichtungsklage erhoben worden ist (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 i. V. m. § 123 Abs. 5 VwGO). Dabei ist zu sehen, dass sich der Regelungsgehalt der Ablehnung eines Aufenthaltstitels nicht in der Versagung einer Vergünstigung erschöpft, sondern in den Fällen des § 59 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG - wie hier - auch die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht mit sich bringt und deshalb (auch) ein belastender Verwaltungsakt ist.

4. Aber selbst wenn - abweichend hiervon - der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO hinsichtlich der in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltenen Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zulässig sein sollte, wäre der Antrag insoweit jedenfalls unbegründet.

4.1. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), weil die eheliche Lebensgemeinschaft (vgl. § 27 Abs. 1 AufenthG) spätestens seit dem... September 2013 nicht mehr besteht.

4.2. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 Abs. 1 AufenthG, weil die eheliche Lebensgemeinschaft frühestens am... April 2012 begann und spätestens am ... September 2013 endete, so dass die von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorgesehene Mindestdauer der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht erfüllt ist.

Vom Erfordernis des dreijährigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft kann nicht gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG abgesehen werden. Das Vorliegen einer „besonderen Härte“ im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Sätzen 2 und 3 AufenthG ist im Fall des Antragstellers nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich eine besondere Härte nicht schon aus der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens. Wie die Antragsgegnerin zu Recht vorträgt, ist dem anwaltlich vertretenen Antragsteller zumutbar, den Verlauf des Scheidungsverfahrens vom Ausland aus zu verfolgen und gegebenenfalls anlassbezogen gerichtliche Termine im Bundesgebiet wahrzunehmen.

4.3. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß Art. 6 ARB 1/80 i. V. m. § 4 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Die beiden ersten Arbeitnehmertätigkeiten des Antragstellers (vom 7.5. bis 6.11.2012 und vom 26.11.2012 bis 7.1.2013) erfüllen schon nicht das in Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 vorgesehene Erfordernis einer 1-jährigen Beschäftigung bei dem gleichen Arbeitgeber.

Zwar begann die (zwischenzeitlich unbefristete) Beschäftigung beim nunmehrigen Arbeitgeber bereits am 5. Februar 2013 und wird zwischenzeitlich seit mehr als 1 Jahr ausgeübt. Allerdings hatte der Antragsteller ab dem 18. Januar 2013 bis zur Ablehnungsentscheidung des streitgegenständlichen Bescheides vom ... Februar 2014 nur noch eine Fiktionsbescheinigung inne. Ein derart vorläufiges Aufenthaltsrecht reicht aber nicht hin, um im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 von einer „ordnungsgemäßen“ Beschäftigung ausgehen zu können, solange nicht endgültig feststeht, dass dem Betroffenen während des fraglichen Zeitraums das Aufenthaltsrecht von Rechts wegen zugestanden hat (EuGH U.v. 16.12.1992 - C-237/91 - Rn. 15 und Rn. 16, NVwZ 1993, 258); andernfalls würde nämlich einer Gerichtsentscheidung, durch die ihm dieses Recht endgültig verweigert wird, jede Bedeutung genommen (EuGH a. a. O. Rn. 16). Auch wenn der Antragsteller zwischenzeitlich länger als 1 Jahr beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt ist, erfüllt dies somit nicht die kumulative Voraussetzung einer „ordnungsgemäßen“ Beschäftigung während des Mindestzeitraums.

Hieran ändert - entgegen der Argumentation der Antragspartei - auch der Umstand nichts, dass der Antragsteller bereits am 10. Januar 2013 die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragt hatte. Es kann dabei dahinstehen, ob und inwieweit eine frühere Entscheidung der Ausländerbehörde möglich oder angezeigt gewesen wäre, nachdem die beiden Wohnsitzprüfungsaufträge der Ausländerbehörde vom ... September 2012 und vom ... November 2012 nicht zu konkreten Anhaltspunkten für eine Scheinehe geführt hatten und noch am ... Januar 2013 eine Ehebestandserklärung abgegeben worden war. Denn für die Anwendung des Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 ist eine objektive Prüfung vorzunehmen - es kommt nicht darauf an, ob und ab welchem Zeitpunkt die Ausländerbehörde - mit aus ihrer eigenen Sicht hinreichender Sicherheit - davon ausging, ob dem türkischen Arbeitnehmer ein Aufenthaltstitel zu erteilen oder zu versagen war, sondern darauf, ab welchem Zeitpunkt und wie lange dem türkischen Arbeitnehmer dieser Aufenthaltstitel „von Rechts wegen“ - objektiv - zustand (vgl. EuGH U.v. 5.6.1997 - C-285/95 - Rn. 27 und 25 f. NVwZ 1998, 50; EuGH U.v. 26.11.1998 - C-1/97 - Rn. 59 NVwZ 1999, 627). Wird ein solches Recht später endgültig anerkannt, ist der türkische Arbeitnehmer rückwirkend so zu behandeln, als habe er während des fraglichen Zeitraums ein nicht nur vorläufiges Aufenthaltsrecht und daher eine gesicherte Stellung auf dem Arbeitsmarkt besessen (EuGH U.v. 16.12.1992 - C-237/91 - Rn. 17, a. a. O.); umgekehrt kommen selbst in Fällen, in denen historisch eine Aufenthaltserlaubnis bestand, diese Zeiträume dem türkischen Arbeitnehmer nicht zugute, wenn ihm diese Aufenthaltserlaubnis nicht von Rechts wegen zugestanden hat (EuGH U.v. 5.6.1997 - C-285/95 - Rn. 25 ff. a. a. O.).

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass selbst dann, wenn die Ausländerbehörde zunächst eine Aufenthaltserlaubnis noch im Januar 2013 erteilt hätte, dem Antragsteller eine solche Aufenthaltserlaubnis ab dem - spätestens seit dem ... September 2013 eingetretenen - Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr „von Rechts wegen“ (objektiv) zugestanden hätte. Selbst bei Zugrundelegung der für den Antragsteller günstigsten (hypothetischen) Betrachtungsweise, ist deshalb kein hinreichend langer Zeitraum einer „ordnungsgemäßen“ Beschäftigung beim gleichen Arbeitgeber im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Spiegelstrich 1 ARB 1/80 gegeben.

5. Hinsichtlich der in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltenen Ausreisefristsetzung und der in Nr. 3 enthaltenen Abschiebungsandrohung ist zwar eine zulässige Anfechtungsklage erhoben worden und ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. Art. 21a Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) zulässig. Der Antrag bleibt aber auch insoweit im Ergebnis erfolglos, weil die insoweit zulässig erhobene Anfechtungsklage unbegründet ist.

5.1. Dabei hat die Anfechtungsklage gegen Nr. 2 und Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides nicht schon deshalb Aussicht auf Erfolg, weil von einem Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 i. V. m. § 59 Abs. 1 Satz 5 AufenthG auszugehen wäre. Das im Bundesgebiet anhängige Scheidungsverfahren kann der anwaltlich vertretene Antragsteller zumutbarer Weise auch vom Ausland aus betreiben und bei Verhandlungsterminen anlassbezogen in das Bundesgebiet einreisen.

5.2. Auch aus gesundheitlichen Gründen des Antragstellers ist nicht von einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen Nr. 2 und Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides auszugehen. Die von der Antragspartei vorgelegten medizinischen Schreiben sind nicht bestimmt genug, um eine Reiseunfähigkeit des Antragstellers aus gesundheitlichen Gründen annehmen zu können, die gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine Abschiebung des Antragstellers aus tatsächlichen Gründen unmöglich machen würde. Weder die ärztliche Aussage vom ... Februar 2014 noch der handschriftliche Zusatz vom ... März 2014 halten ausdrücklich fest, dass beim Antragsteller eine Reiseunfähigkeit bestünde. Die Aussage vom ... März 2014, der Zustand sei „sehr besorgniserregend“, ist nicht genau genug, um daraus auf eine Reiseunfähigkeit schließen zu können.

5.3. Es ist im Fall des Antragstellers nicht ersichtlich, dass rechtliche Gründe, insbesondere im Hinblick auf den Schutz des Privatlebens (Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK) sowie auf den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Grundgesetz - GG) einer Abschiebung entgegenstehen würden. Die eheliche Lebensgemeinschaft des Antragstellers besteht nicht mehr fort (s.o.). Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im Bundesgebiet Kinder hätte. Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller, der erst als Erwachsener in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, die türkische Sprache spricht und die längste Zeit in der Türkei gelebt hat, derart in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt aus der Türkei entwurzelt wäre, dass eine Abschiebung für ihn unzumutbar erschiene.

6. Der Antrag war vor diesem Hintergrund mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO vollumfänglich abzulehnen.

7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (dort Nr. 8.1 und Nr. 1.5).

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zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.