Verwaltungsgericht Minden Beschluss, 11. Juni 2014 - 1 L 401/14


Gericht
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 1294/14 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Mai 2014 wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.750 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 1 K 1294/14 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Mai 2014 anzuordnen,
4ist zulässig und begründet.
5Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 112 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) entfällt die aufschiebende Wirkung bei Rechtsbehelfen, die sich - wie hier - gegen Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung richten. In einem solchen Fall kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
6Die danach gebotene Interessenabwägung zwischen dem Vollzugsinteresse der Behörde und dem Aufschubinteresse des jeweiligen Antragstellers fällt vorliegend zu Gunsten der Antragstellerin aus. Denn nach summarischer Prüfung spricht Überwiegendes dafür, dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage der §§ 55 Abs. 1, 57 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und 3, 60, 63, 64 Satz 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW) nicht (mehr) berechtigt war, gegen die Antragstellerin ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 7.500 € festzusetzen und für den Fall einer erneuten Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld von 8.000 € anzudrohen. Die hiergegen gerichtete Klage der Antragstellerin 1 K 1294/14 wird sich voraussichtlich nicht nur als zulässig, sondern auch als begründet erweisen.
71. Die Festsetzung eines zuvor angedrohten Zwangsgeldes setzt voraus, dass der zwangsweise durchzusetzende Verwaltungsakt unanfechtbar ist oder dass ein dagegen gerichtetes Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat (§ 55 Abs. 1 VwVG NRW), und dass die Verpflichtung aus dieser Grundverfügung innerhalb der Frist, die dafür in der Androhung bestimmt worden ist, nicht erfüllt worden ist (§ 64 S. 1 VwVG NRW).
8Diese Voraussetzungen sind nur teilweise erfüllt.
9Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 21. Juni 2013, die Gegenstand des Klageverfahrens 1 K 2442/13 ist, wurde der Antragstellerin unter Ziff. 1 aufgegeben, die Nutzung des auf dem Grundstück I. , G.------weg 25 (Gemarkung I. , Flur 8, Flurstück 329) befindlichen Wohngebäudes als Unterkunft für ausländische Arbeitnehmer einzustellen und ruhen zu lassen. Weiterhin heißt es, dieses Gebot schließe die Überlassung des Wohngebäudes an Dritte zur Nutzung als Unterkunft für ausländische Arbeitnehmer mit ein. Dabei geht die Kammer nach Auslegung dieses Bescheides angesichts der Begründung davon aus, dass die verfügte Nutzungsuntersagung - anders, als es der Wortlaut der Regelung zu 1. nahelegt - nicht an den Status der Bewohner als Ausländer und/oder Arbeitnehmer anknüpft, sondern an eine Überbelegung des Gebäudes durch damals 17 Personen, die nach Auffassung der Antragsgegnerin ungeachtet der Frage, ob das Gebäude mit Bauschein vom 19. November 1968 als Ein- oder Zweifamilienhaus genehmigt worden sei, jedenfalls von der genehmigten Nutzungsart als „Wohnhaus“ nicht mehr gedeckt sei.
10Nach Auffassung der Kammer fehlt es an einer Zuwiderhandlung der Antragstellerin gegen diese ihr auferlegte Unterlassungspflicht innerhalb der mit Bescheid vom 31. März 2014, mit dem das Zwangsgeld in Höhe von 7.500 € angedroht wurde und gegen den ebenfalls Klage erhoben wurde (1 K 867/14), gesetzten Frist von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides. Es wird mangels anderweitiger Erkenntnisse unverändert davon ausgegangen, dass sich seit der Neuvermietung der beiden Wohnungen etwa Mitte August 2013 außer den in den Mietverträgen aufgeführten Eheleuten H. und W. nur noch 7 weitere Erwachsene und das am 20. Juli 2005 geborene Kind B. -D. T. in dem Wohnhaus aufhalten. Diese Annahme deckt sich auch mit dem angegriffenen Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Mai 2014, wonach deren Feststellungen vom selben Tag zufolge in dem Gebäude 12 Personen ausländischer Herkunft gemeldet gewesen seien, die keinen einheitlichen Familienverband bildeten. Unabhängig von der nachwievor bestehenden Sachverhaltsunsicherheit, wer die übrigen Bewohner im Einzelnen sind und inwieweit familiäre Beziehungen bestehen bzw. fehlen, dürfte nach Ansicht der Kammer jedenfalls bei der derzeitigen vertragsgemäßen Belegung der Erd- und Obergeschosswohnung mit jeweils 6 oder mit 7 und 5 Personen - darunter jeweils eine Familie - auch im Hinblick auf die Raumanzahl und den Zuschnitt der Wohnungen nunmehr eine baugenehmigungskonforme Nutzung zu bejahen sein. Ferner ist kein Verstoß gegen die Vorgaben des 30. April 2014 in Kraft getretenen Wohnungsaufsichtsgesetzes (WAG NRW) vom 10. April 2014 (GV. NRW. 2014, 269) ersichtlich. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen verweist die Kammer auf ihren Beschluss vom 26. Mai 2014 - 1 L 279/14.A -, zumal die Antragsgegnerin auch in diesem Verfahren weder eine Antragserwiderung noch aktualisierte Verwaltungsvorgänge vorgelegt hat.
112. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die gleichzeitig mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Mai 2014 ausgesprochene Androhung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 8.000 Euro für den Fall der erneuten Nichtbefolgung der mit der Grundverfügung vom 21. Juni 2013 auferlegten Unterlassungspflicht voraussichtlich ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken, sodass auch insoweit das Aufschubinteresse der Antragstellerin überwiegt.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Dabei ist vom vollen Wert des festgesetzten Zwangsgeldes zuzüglich des halben Wertes des angedrohten Zwangsgeldes auszugehen. Der sich ergebende Betrag von 11.500 Euro ist wegen des nur vorläufigen Charakters der begehrten Entscheidung zu halbieren (vgl. den Streitwertkatalog der Bausenate des OVG NRW, BauR 2003, 1883).

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.