Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 15. Mai 2013 - 6 L 116/13.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2013:0515.6L116.13.MZ.0A
bei uns veröffentlicht am15.05.2013

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 3.750,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig in die Jahrgangsstufe 5 der Integrierten Gesamtschule N.-O. aufzunehmen, ist zulässig, führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.

2

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Da der Antrag der Antragstellerin auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinausläuft, kann die begehrte einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und zudem der Antragstellerin das Abwarten des Hauptsacheverfahrens nicht zumutbar ist. Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

3

Vorliegend fehlt es an einer Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Nach der im vorliegenden Verfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Antragstellerin durch den Bescheid vom 5. Februar 2013 nicht in ihrem Recht auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung verletzt.

4

Das Aufnahmeverfahren für Integrierte Gesamtschulen ist in § 13 der Schulordnung für die öffentlichen Realschulen plus, Integrierten Gesamtschulen, Gymnasien, Kollegs und Abendgymnasien (Übergreifende Schulordnung – ÜSchulO –) vom 12. Juni 2009 (GVBl. S. 224) geregelt. Übersteigt danach – wie hier – in der Eingangsklasse die Zahl der Anmeldungen die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze, entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter aufgrund eines als Losverfahren durchgeführten Auswahlverfahrens im Benehmen mit einem an der Schule gebildeten Aufnahmeausschuss über die Aufnahme (§ 13 Abs. 3 Satz 1 ÜSchulO). Des Weiteren bestimmt § 13 Abs. 5 ÜSchulO, dass zur Erreichung angemessener Anteile leistungsstärkerer und leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler bei der Aufnahme nach Leistungsgruppen, die das Leistungsspektrum aller angemeldeten Schülerinnen und Schüler umfassen, zu differenzieren ist. Bei der Auswahl in der jeweiligen Leistungsgruppe sollen zudem vorrangig die Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden, die ihren Wohnsitz im Gebiet des Schulträgers haben (§ 13 Abs. 6 ÜSchulO). Schülerinnen und Schüler mit nicht deutscher Mutter- oder Herkunftssprache sollen bei der Aufnahme angemessen berücksichtigt werden (§ 13 Abs. 7 ÜSchulO). Nach § 13 Abs. 8 ÜSchulO kann der Aufnahmeausschuss im Benehmen mit dem Schulelternbeirat für das Auswahlverfahren weitere sachliche Aufnahmekriterien festlegen.

5

Nach den der Kammer vorliegenden Erkenntnissen, insbesondere den vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen, verstößt die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners vom 5. Februar 2013 nicht gegen diese Vorschriften.

6

Zunächst hat der Antragsgegner die vorhandene Kapazität zutreffend ermittelt. Die IGS N.-O. ist vierzügig, so dass bei einer ab dem Schuljahr 2013/2014 zu berücksichtigenden Klassenmessstärke von 28 Schülerinnen und Schülern pro Klasse (vgl. Ziffer 2.1.1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur „Unterrichtsorganisation an Gymnasien (Sekundarstufe I), Integrierten Gesamtschulen (Sekundarstufe I) und Aufbaugymnasien vom 19. Januar 2010 i.V.m. dem Rundschreiben des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur vom 25. Januar 2013 „Klassenmesszahl in der Orientierungsstufe an Gymnasien) die zur Verfügung stehende Kapazität in der Jahrgangsstufe 5 bei 112 Plätzen liegt. Diese Kapazität hat die Schule dem Auswahlverfahren zugrunde gelegt.

7

Ausweislich der Niederschrift über das am 4. Februar 2013 durchgeführte Auswahlverfahren überstieg die Zahl der Anmeldungen (146) die Zahl der verfügbaren Plätze (112). Da 9 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgrund Zuweisung der Schulbehörde gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 ÜSchulO vorab aufzunehmen waren, verblieben 103 „freie“ Plätze. Über deren Vergabe war nach § 13 Abs. 3 Satz 1 ÜSchulO aufgrund eines als Losverfahren ausgestalteten Auswahlverfahrens im Benehmen mit einem an der Schule gebildeten Aufnahmeausschuss zu entscheiden. Entsprechend § 13 Abs. 5 ÜSchulO wurde zur Erreichung angemessener Anteile leistungsstärkerer und leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler nach Leistungsgruppen differenziert. Hierbei orientierte sich die Zuordnung an der Summe der Noten in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht im Halbjahreszeugnis der 4. Klasse. Der oberen Leistungsgruppe (Gruppe 1) wurden Kinder mit der Notensumme 3 bis 7, der mittleren Leistungsgruppe (Gruppe 2) Kinder mit der Notensumme 8 und 9 und der unteren Leistungsgruppe (Gruppe 3) Kinder mit der Notensumme 10 oder größer zugewiesen. Im Rahmen des Losverfahrens wurden in der Gruppe 1 (bei 55 Anmeldungen) 52 Plätze, in der Gruppe 2 (bei 51 Anmeldungen) 26 Plätze und in der Gruppe 3 (bei 30 Anmeldungen) 25 Plätze vergeben. Diese Verfahrensweise genügt der Vorgabe des § 13 Abs. 5 ÜSchulO, wonach bei der Aufnahme nach Leistungsgruppen zu differenzieren ist, die das Leistungsspektrum aller angemeldeten Schülerinnen und Schüler umfassen. Weitere Auswahlkriterien waren bei der Auswahlentscheidung nicht zu berücksichtigen, da der Aufnahmeausschuss von seiner in § 13 Abs. 8 ÜSchulO normierten Befugnis, im Benehmen mit dem Schulelternbeirat für das Auswahlverfahren weitere sachliche Auswahlkriterien festzulegen, keinen Gebrauch gemacht hat.

8

Nicht zu beanstanden ist, dass der Antragsgegner in die Gruppe 1, in der sich auch die Antragstellerin befunden hat, einen Schüler mit einbezogen hat, der im Zeitpunkt der Anmeldung und dem des Auswahlverfahrens seinen Wohnsitz in M. hatte. Zwar bestimmt § 13 Abs. 6 ÜSchulO, dass bei der Auswahl in der jeweiligen Leistungsgruppe vorrangig die Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden sollen, die ihren Wohnsitz im Gebiet des Schulträgers – dies ist vorliegend nach § 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SchulG der Landkreis M.-B. – haben. Dies schließt jedoch nicht aus, dass im Einzelfall auch Schüler mit Wohnsitz außerhalb des Schulträgers mit einbezogen werden dürfen. § 13 Abs. 6 ÜSchulO ist als „Soll-Vorschrift ausgestaltet. Derartige Normen sind im Regelfall für die mit ihrer Durchführung betraute Behörde rechtlich zwingend und verpflichten sie, grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Im Regelfall bedeutet das „Soll“ ein „Muss“. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf die Behörde anders verfahren als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 – 5 C 39/90 –, BVerwGE 90, 275 = juris Rn. 15 [st. Rspr.]). So liegt es hier. Der Antragsgegner hat die Einbeziehung des betreffenden Schülers unwidersprochen damit begründet, dass dieser unmittelbar vor einem Umzug von M. nach M…heim steht, so dass er zu Beginn des Schuljahres 2013/2014 seinen Wohnsitz im Gebiet des Schulträgers haben wird. Dieser Umstand hat die IGS N.-O. veranlasst, den Schüler wie einen Bewerber zu behandeln, der bereits bei der Antragstellung bzw. der Auswahlentscheidung seinen Wohnsitz im Gebiet des Schulträgers gehabt hat. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Geht man nämlich davon aus, dass § 13 Abs. 6 ÜSchulO bezweckt, vorrangig Schülern mit Wohnsitz im Gebiet des Schulträgers die Beschulung an den von ihm mitzufinanzierenden (vgl. § 74 Abs. 3 Satz 1 SchulG) Integrierten Gesamtschulen zu ermöglichen, so widerspricht es diesem Ziel nicht, wenn ein Schüler, der (erst) zum Zeitpunkt des Schulbeginns seinen Wohnsitz im Geltungsbereich des Schulträgers haben wird, in die Auswahlentscheidung gleichermaßen wie diejenigen Schülerinnen und Schüler einbezogen wird, die das Wohnsitzerfordernis bereits bei der Anmeldung bzw. der Auswahlentscheidung erfüllen. In einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, abweichend von der Regel des § 13 Abs. 6 ÜSchulO ein Kind in das Auswahlverfahren mit einzubeziehen, welches im danach maßgeblichen Zeitpunkt seinen Wohnsitz (noch) nicht im Gebiet des Schulträgers hatte (vgl. auch VG Hannover, Beschluss vom 15. August 2006 – 6 B 4352/06 –, juris Rn. 26).

9

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin leidet das Auswahlverfahren nicht deshalb an einem Fehler, weil kein vorheriges informelles Auswahlverfahren stattgefunden hat bzw. es keine eigene Entscheidung des Schulleiters über die vorrangige Berücksichtigung von Härtefällen gegeben hat. Derartiges sieht § 13 ÜSchulO nicht vor. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 11 Abs. 2 ÜSchulO, denn diese Vorschrift trifft – dies ergibt sich bereits aus ihrer Überschrift – lediglich allgemeine Regelungen über die Aufnahme an eine Schule; sie tritt hingegen zurück, wenn es speziellere Regelung über die Aufnahme, etwa an Schulen einer bestimmten Schulart gibt. Dies ist mit § 13 ÜSchulO der Fall, der im Einzelnen das Aufnahmeverfahren an einer Integrierten Gesamtschule in den Fällen einer Kapazitätsüberschreitung regelt. Den in § 13 ÜSchulO genannten Anforderungen genügt indes die getroffene Auswahlentscheidung. Soweit die Antragstellerin bemängelt, die Schule habe bei der Auswahlentscheidung nicht berücksichtigt, dass in ihrer Person ein Härtefall vorliegt, so kann zunächst offenbleiben, ob im Hinblick auf den Wegfall der früheren Härtefallregelung in § 7 Abs. 6 IGSVO in der bis zum 9. März 2004 geltenden Fassung eine bevorzugte Behandlung von Härtefällen überhaupt noch zulässig ist (ebenso VG Koblenz, Beschluss vom 25. Juni 2009 – 7 L 561/09.KO –, juris Rn. 17; verneinend bei Losverfahren etwa VG Oldenburg, Beschluss vom 1. Juli 2010 – 5 B 1499/10 –, juris Rn. 12; VG Hannover, a.a.O. juris Rn. 27). Denn selbst wenn man mit der Antragstellerin die Auffassung vertreten würde, dass eng umgrenzte Härtefälle nach ihrer Art und ihrem Gewicht die vorrangige Berücksichtigung von Schülern rechtfertigen können, setzt dies aus Gründen der Bestimmtheit voraus, dass die Kriterien dafür, wann von einem Härtefall auszugehen ist, von der zuständigen Stelle – dies ist nach § 13 Abs. 8 ÜSchulO der Aufnahmeausschuss im Benehmen mit dem Schulelternbeirat – vorab festgelegt wurden (vgl. VG Koblenz, a.a.O. Rn. 17 m.w.N.; Grumbach/Bickenbach/Seckelmann/Thews, Schulgesetz Rheinland-Pfalz, Stand: Januar 2013, § 56 Anm. 5.1). Eine derartige Festlegung etwaiger Härtegesichtspunkte hat jedoch nicht stattgefunden. Soweit die Antragstellerin aus einer Äußerung des Schulleiters im Zusammenhang mit der Zulassung eines Kindes, dessen Vater im Sterben liegt, den Schluss zieht, es müsse gleichwohl eine gesonderte Zulassung und damit ein gleichheitswidriges Vorgehen gegeben haben, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Der Antragsgegner hat nämlich klargestellt, dass dieses Kind im Rahmen des Losverfahrens aufgenommen wurde und es keine gesonderte Aufnahmeentscheidung gegeben hat. Dem ist die Antragstellerin nicht entgegen getreten.

10

Schließlich leidet das Auswahlverfahren entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht deshalb an einem Fehler, weil der Auswahlausschuss entgegen der Möglichkeit in § 13 Abs. 8 ÜSchulO ermessensfehlerhaft keine weiteren sachlichen Aufnahmekriterien festgelegt hat. Insoweit übersieht sie, dass § 13 Abs. 8 ÜSchulO entgegen seiner Formulierung keine Ermessensvorschrift im eigentlichen Sinne ist. Die Vorschrift gibt dem Aufnahmeausschuss die Befugnis, im Benehmen mit dem Schulelternbeirat weitere sachliche Aufnahmekriterien festzulegen. Ob er von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht hingegen in seinem gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsermessen. Insbesondere hat der Einzelne keinen Anspruch darauf, dass über die Auswahl im Losverfahren hinaus weitere Auswahlkriterien für die Aufnahme au einer Integrierten Gesamtschule festgelegt werden.

11

Erweist sich demnach die zu Lasten der Antragstellerin getroffene Auswahlentscheidung als rechtmäßig, kann sie nicht beanspruchen, außerhalb der Kapazität der Schule zur Jahrgangsstufe 5 der IGS N.-O. zugelassen zu werden. Insbesondere ist es dann auch nicht zu beanstanden, wenn der Schulleiter eine Zulassung der Antragstellerin ablehnt, um – wie die Antragstellerin selbst einräumt – Präzedenzfälle zu vermeiden.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

13

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Ziffern. 1.5 und 38.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.). Da das Begehren der Antragstellerin wegen der nur schwer möglichen Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen im Falle eines Obsiegens auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist, erscheint es angemessen, den Gegenstandswert mit drei Vierteln des Streitwertes in der Hauptsache anzusetzen (vgl. VG Neustadt/Wstr., Beschluss vom 1. September 2011 – 2 L 730/11.NW –).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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Verwaltungsgericht Koblenz Beschluss, 25. Juni 2009 - 7 L 561/09.KO

bei uns veröffentlicht am 25.06.2009

Tenor Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller vorläufig in die Integrierte Gesamtschule N. aufzunehmen; die vorläufige Aufnahme endet bei Wiederholung des Auswahlverfahrens für diese Schule oder mit rechtskräftiger Entscheidung

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tenor

Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller vorläufig in die Integrierte Gesamtschule N. aufzunehmen; die vorläufige Aufnahme endet bei Wiederholung des Auswahlverfahrens für diese Schule oder mit rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Eilverfahren seine vorläufige und im Klageverfahren die uneingeschränkte Aufnahme in die Integrierte Gesamtschule (IGS) – in Gründung – N.

2

Die IGS N. soll vierzügig, also mit vier Klassen á 30 Schülern je Jahrgangsstufe, errichtet werden. Für sie hatten sich 172 Schüler beworben. Vorab wurden zwei Schüler als Härtefälle aufgenommen. Die verbleibenden Schulplätze wurden in einem Losverfahren vergeben. Dabei wurden zunächst entsprechend der Summe der Noten der Schüler in den Fächern Deutsch, Mathematik und Sachunterricht 10 Gruppen gebildet und die Bewerbungsakten entsprechend gestapelt. Den Gruppen wurden jeweils 12 Plätze zugeordnet; aus den Stapeln wurde verdeckt diese Anzahl von Akten gezogen. Für die Notensummen 3 (drei Mal sehr gut = 1) und 4 wurden gleichfalls Gruppen gebildet, obschon diese Notensumme von keinem Bewerber erreicht wurde. Von Gruppen, in denen die Anzahl der Plätze die der Bewerber überstieg, wurden die nicht vergebenen Plätze an die nächste Gruppe weitergegeben. In den Gruppen, denen die Härtefälle nach ihrer Notensumme zuzuordnen gewesen wären (8 und 12), wurden die Anzahl der Plätze um einen reduziert.

3

Alle erfolglosen Bewerber erhielten Ablehnungsbescheide. Diesen widersprachen insgesamt 19 Schüler. Vieren wurden im Widerspruchsverfahren Schulplätze zugewiesen. Die übrigen Widersprüche hatten keinen Erfolg.

4

Der Antragsteller bringt gegen das Auswahlverfahren vor allem Folgendes vor:

5

Die Anzahl der Bewerber hätte ausgereicht, die IGS N. sechs- statt vierzügig zu errichten. Es sei ermessensfehlerhaft, nur deshalb 120 Schulplätze vorzusehen, um den Bestand umliegender Schulen zu sichern. Das Auswahlverfahren dürfe nicht vom angestrebten Anteil der fürs Gymnasium empfohlenen Schüler abhängig gemacht werden. Das Losverfahren hätte gar nicht erst angewandt werden dürfen, da genug Kapazitäten für alle Bewerber vorhanden seien. Im Auswahlausschuss habe eine Elternvertretung gefehlt. Die Stapelbildung und die Weitergabe nicht vergebener Plätze seien fehlerhaft.

6

Der Antragsgegner ist sämtlichen Einwänden entgegengetreten.

II.

7

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat nach Maßgabe des Tenors Erfolg.

8

Nach der einschlägigen Rechtsgrundlage des § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gerechtfertigt ist die der Hauptsache vorgreifende Regelungsanordnung jedoch nur, wenn der geltend gemachte Anspruch bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und dem Betroffenen bis zum Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache schlechthin unzumutbare Nachteile drohen (Anordnungsgrund). Beide Aspekte sind zudem glaubhaft zu machen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Dem Antragsziel, der vorläufige Zuweisung zur IGS N., liegt ein hinreichender Anordnungsanspruch zu Grunde (1.); ein Anordnungsgrund ist ebenfalls gegeben (2.).

9

1. Dem Antragsteller steht ein die einstweilige Anordnung rechtfertigender Hauptsacheanspruch zur Seite. Allerdings beschränkt sich dieser auf einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung (a)), damit letztlich auf eine Wiederholung des Auswahlverfahrens. Die Verletzung dieses Anspruchs (b)) rechtfertigt gleichwohl die vorläufige Zuweisung des Antragstellers zur IGS N. (c)). Der Antragsteller hat hingegen keinen uneingeschränkten Anspruch auf Zugang zu dieser Schule (d)).

10

a) Der Antragsteller hat bezüglich seines Wunsches, eine bestimmte Schule zu besuchen, nur Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung.

11

Denn das auf Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 31 der Verfassung für Rheinland-Pfalz fußende Recht auf Bildung begründet zunächst nur einen (abstrakten) Anspruch auf Teilhabe an den tatsächlich vorhandenen Bildungseinrichtungen; hinzu kommt ein Anspruch auf Zulassung zu der Schulform, die der Begabung am besten entspricht (vgl. Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1 Schulrecht, 4. Aufl. 2006, Rdnr. 172). Auch aus der allgemeinen Pflicht zum Besuch einer Schule (s. § 56 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes (SchulG)) resultiert – umgekehrt – nur der Anspruch auf Ermöglichung des vorgeschriebenen Schulbesuchs (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26. Juni 2008 – 2 B 10613/08.OVG –). Dem spezielleren Wunsch auf Besuch einer bestimmten Schule steht hingegen der auf Art. 7 Abs. 1 GG beruhende Gestaltungsspielraum des Staates entgegen. Daraus folgt das Organisationsermessen, Ort und Größe der jeweiligen Schule festzulegen. Folglich kann dem Wunsch, eine bestimmte Schule zu besuchen, schon wegen der beschränkten Aufnahmekapazität der einzelnen Schulen nicht in jedem Fall Rechnung getragen werden. Somit wandelt sich das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen in einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung um (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. Dezember 2007 – 2 ME 601/07 –, nach juris; Niehues/Rux, a.a.O., Rdnr. 167, 607).

12

b) Der Anspruch des Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung wurde vorliegend verletzt. Der Ermessensfehler beruht jedoch entgegen der Auffassung der Antragstellerseite nicht auf dem Verfahren als solchem (aa)), sondern auf dessen Anwendung im konkreten Fall (bb)).

13

aa) So ist zunächst die Wahl eines Losverfahrens für die Vergabe der Schulstellen an der IGS N. nicht zu beanstanden. Dieses Verfahren ist in § 7 Abs. 7 Satz 1 der Landesverordnung über die Integrierten Gesamtschulen (IGSVO) in den Fällen vorgesehen, in denen die Zahl der Anmeldung die der vorhandenen Schulplätze übersteigt. Das Losverfahren ist auch ansonsten, etwa verfassungsrechtlich, nicht zu beanstanden. Es ist vielmehr ein probates Mittel, um eine dem in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz gerecht werdende Verteilung – nach dem Zufallsprinzip – zu gewährleisten (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 8. Dezember 2008 – 2 B 316/08 –, nach juris).

14

Ebenso ist die Bildung von Leistungsgruppen an sich nicht zu beanstanden. Sie ist ebenfalls in der einschlägigen Verordnung (§ 7 Abs. 7 Satz 2 IGSVO) vorgesehen und trägt ferner dem in § 1 Abs. 1 SchulG verankerten schulischen Auftrag zur Förderung der individuellen Anlagen und Fähigkeiten Rechnung. Diesem Auftrag und dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) widerspräche es vielmehr, (Leistungs-)Ungleiche immer gleich zu behandeln.

15

Die sonstigen in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einwände des Antragstellerbevollmächtigten greifen ebenfalls nicht durch. Das gilt insbesondere für die aus seiner Sicht fehlende Elternbeteiligung. Diese ist nach § 7 Abs. 5 Nr. 3 IGSVO für die Aufnahme von Schülern in bestehende IGS vorgesehen und setzt den Antrag des Schulelternbeirats der betroffenen IGS voraus. Diese Norm ist hier nicht einschlägig. Denn die IGS N. besteht noch nicht. Zudem gibt es dort noch keinen Schulelternbeirat. Der Einwand, es hätten sonstige Elternvertretungen (etwa Regionalelternbeirat) beteiligt werden können, überzeugt nicht. Er übersieht, dass die Mitgestaltung der Angelegenheiten an der jeweiligen Schule zuvörderst den Elternbeiräten vor Ort obliegen (s. § 40 Abs. 1 SchulG).

16

bb) Ein Ermessensfehler in Form der Ermessensüberschreitung, nämlich der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, ist jedoch bei der Anwendung der vorgenannten Verfahren im konkreten Fall festzustellen. Denn die Art der Vergabe von zwei Schulplätzen an Härtefälle und die Bildung zweier Leistungsgruppen für nicht existierende Schüler führt zu Ungleichbehandlungen im Bewerberfeld.

17

Hinsichtlich der bevorzugten Behandlung der beiden Härtefälle beim vorliegenden Auswahlverfahren braucht nicht erörtert zu werden, ob sie nach Wegfall der früheren Härtefallregel in § 7 Abs. 6 IGSVO a.F. (s. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. April 2000 – 2 B 10555/00.OVG –, nach juris) überhaupt zulässig ist. Die Kammer tendiert allerdings dazu, dass eng umgrenzte Härtefälle nach ihrer Art und ihrem Gewicht die vorrangige Berücksichtigung von Schülern rechtfertigen können (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 8. Dezember 2008, a.a.O.), sofern die Kriterien dafür, wann von einem Härtefall auszugehen ist, von der zuständigen Stelle vorab festgelegt wurden (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. Dezember 2007, a.a.O.).

18

Eine Verletzung des Gleichheitssatzes stellt es aber jedenfalls dar, die Härtefälle nur zwei Leistungsgruppen statt der Gesamtheit der Bewerber „anzulasten“. Damit werden die Chancen der Mitglieder dieser Gruppen gegenüber den sonstigen Bewerbern reduziert, ohne dass es dafür einen erkennbaren Grund gäbe. Hätte man die Anzahl der zu vergebenden Plätze um die beiden Härtefälle vorab von 120 auf 118 reduziert, so hätte sich die damit einhergehende Minderung der Chancen im Losverfahren gleichmäßig auf die verbleibenden 170 Bewerber verteilt. Durch das vom Auswahlausschuss gewählte Prozedere hingegen reduzierten sich ausschließlich die Chancen der Bewerber in den Stapeln 8 und 12. Zugleich wirkt sich die Chancenminderung um 2 Vergabeplätze auf die dortigen 52 Schüler mathematisch stärker aus als auf die Gesamtheit der Bewerber. Für diese selektive Chancenminderung gibt es keinen Grund. So hätte zunächst das verwendete Kriterium „schlechte Deutschkenntnisse“ nicht im Losverfahren Platz finden dürfen. Es korrespondiert mit der Regelung in § 7 Abs. 6 IGSVO, wonach Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache angemessen berücksichtigt werden sollen. Schon aus der Stellung dieser Regelung vor derjenigen über das Losverfahren ergibt sich, dass die bevorzugte Behandlung von Kindern mit defizitären Deutschkenntnissen vor dem Losverfahren anzusiedeln ist. Im Ergebnis gilt dies für die weiteren hier zur Anwendung gekommenen Härtekriterien (Alleinerziehung, ADHS) ebenso. Sie stellen keine Leistungskriterien dar. Folglich durften sie nicht im Zuge der leistungsabhängigen Gruppenbildung Berücksichtigung finden.

19

Nicht gerechtfertigt ist es sodann, dass für die Notensummen 3 und 4 Gruppen gebildet und je 12 Plätze vorgehalten wurden, obschon es keine Bewerber aus diesen Gruppen gab. § 7 Abs. 7 Satz 2 IGSVO lässt zwar eine Differenzierung nach Leistungsgruppen zu. Diese hat sich aber an den realen Schülern und nicht an einem fiktiven Bewerberfeld zu orientieren. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Auswahlausschuss die Möglichkeit haben muss, seine Auswahlkriterien auch mit Blick auf das Ziel zu wählen, an einer IGS Schüler mit der Eignung zur Qualifikation der Berufsreife, zum Sekundarabschluss I und zur Hochschulreife möglichst in einem ausgewogenen Verhältnis vertreten zu sehen. Allerdings muss er diese Kriterien vorab, nachvollziehbar und transparent festlegen. Er kann nicht – wie hier – ein nach dem Zufallsprinzip funktionierendes Losverfahren deformieren, um dem Leistungsprinzip Rechnung zu tragen. Die Bildung von zwei fiktiven Gruppen führt in Verbindung mit der kaskadenartigen Weitergabe der nicht genutzten Plätze zu einer dem Zufallsprinzip fremden und übermäßigen Chancenverbesserung der unmittelbar folgenden Gruppen. Hingegen profitieren die „hinteren“ Leistungsgruppen von diesem Prozedere nicht. Eine solche prozedurale Ungleichbehandlung erfordert es, wenn sie zulässig sein soll, dass vorab bekannt ist, welchem Ziel sie dienen soll und wer von ihr betroffen ist. Nur so ist es den Betroffenen möglich, ihre Chancen abzuwägen. Mit anderen Worten kann der Auswahlausschuss es nicht dem Zufall überlassen, wie weit die von ihm durch die Bildung fiktiver Gruppen initiierte Förderung der Leistungsstarken geht. Er hätte zuvor festlegen müssen, welche Gruppen ihm förderungswürdig erscheinen.

20

c) Der Anspruch des Antragstellers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Aufnahme in die IGS N. führt im Eilverfahren dazu, dass er vorläufig zu dieser Schule zuzulassen ist.

21

Verstößt nämlich eine Schule gegen die Zugangsregeln und verkürzt sie dadurch den Zugangsanspruch eines Bewerbers, so muss sie – zumindest vorläufig – diesen zusätzlich aufnehmen, bis ihre Kapazitätsgrenzen (so OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. Dezember 2007, a.a.O.) bzw. die äußerste Grenze ihrer Funktionsfähigkeit (so OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. April 2000, a.a.O.; OVG Bremen, Beschluss vom 4. Oktober 2001 – 1 B 362/01 –, nach juris; OVG Sachsen, Beschluss vom 8. Dezember 2008, a.a.O.) erreicht ist. Hier wurden durch die Berücksichtigung der beiden Härtefälle im Losverfahren und die Bildung zweier fiktiver Gruppen die Zugangsregeln verletzt und damit zugleich die Chancen des Antragstellers auf den gewünschten Schulplatz geschmälert. Denn zumindest die zweite Verletzung wirkt sich auf den der Notengruppe 9 zugeordneten Antragsteller aus.

22

Es ist zudem nicht erkennbar, dass die Grenzen der Kapazität der IGS N. erreicht wären. Dagegen spricht bereits die Verwaltungsvorschrift über die Klassenbildung für die Klassenstufen 5 bis 10 der Hauptschulen, Regionalen Schulen, Realschulen, Gymnasien, Integrierten Gesamtschulen und Kooperativen Gesamtschulen (GAmtsbl. 2003, S. 489; Amtsbl. 2007, S. 45). Dort wird zwar unter Nummer 1 die Klassenmesszahl auf 30 Schüler festgelegt. Zugleich wird aber nach Satz 1 der folgenden Nummer 2 eine Abweichung nach oben und unten aus pädagogischen oder organisatorischen Gründen erlaubt. Unter Beachtung der sechs parallelen Eilverfahren und der vier im Widerspruchsverfahren aufgenommenen Schüler hätte die IGS N. insgesamt 11 weitere Schüler aufzunehmen. Dies würde zu einer Überschreitung der Klassenmesszahl um etwa 10 % führen. Es ist nicht erkennbar, dass diese Erhöhung zu einer Überlastung der personellen und sächlichen Kapazitäten führt, zumal weitere Räume in Aussicht gestellt wurden und die Zuweisung in den hiesigen Eilverfahren nur vorläufig erfolgt.

23

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass kein valider Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Funktionsfähigkeit der IGS N. nachhaltig gefährdet wäre. Eine Diskussion zu der Frage, welche Grenze (Funktionsfähigkeit oder Kapazität) einzuhalten ist, erübrigt sich mithin.

24

d) Allerdings kann der Antragsteller im Eilverfahren keinen uneingeschränkten Anspruch auf Zuweisung zur IGS N. erstreiten. Ein solcher folgt nicht aus den Argumenten seines Bevollmächtigten.

25

So führt zunächst die Überlegung, es hätten theoretisch 6 Klassen eingerichtet werden können, nicht dazu, sämtlichen Bewerbern einen direkten Anspruch auf einen Platz an der IGS N. einzuräumen. Denn Schüler und Eltern haben keinen Anspruch auf die Errichtung von Schulen oder Klassen. Diese Entscheidung steht im Ermessen des Staates. Vorliegend ist kein Ermessensfehler hinsichtlich der Beschränkung auf vier Klassen ersichtlich. Insbesondere ist es nicht fehlerhaft, die Belange anderer Schulen zu berücksichtigen. Dazu ist die oberste Schulbehörde nach § 92 Abs. 6 Satz 1 SchulG verpflichtet. Überdies entspricht die Vierzügigkeit dem einschlägigen Schulentwicklungsprogramm, das nach § 91 Abs. 3 Satz 1 SchulG zu berücksichtigen ist.

26

Sodann kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, es seien bereits vier weitere Schüler aufgenommen worden. Denn diese Schüler hatten dem Grunde nach ebenfalls nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung.

27

Schließlich ergibt sich aus den vom Antragsteller vorgebrachten Individualgründen kein Anspruch auf unbeschränkten Zugang zur IGS N. Dabei kann dahinstehen, ob es sich dabei überhaupt um Härtefallkriterien handelt. Die gebotene enge Umgrenzung der Anwendung von Härtefallausnahmen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. April 2000, a.a.O.; OVG Sachsen, Beschluss vom 8. Dezember 2008, a.a.O.) spricht aber eher dagegen, dass die Berufstätigkeit beider Eltern, der Wunsch nach Gesamtschulbetreuung, der gemeinsame Schulbesuch von Geschwistern und Betreuungsschwierigkeiten zu einer Sonderbehandlung führen sollten. Denn die beiden ersten Umstände dürften bei einer Vielzahl von Eltern auftreten. Die übrigen sind üblicherweise mit einem Schulwechsel verbunden. Jedenfalls aber sind die vom Antragsteller vorgetragenen individuellen Gründe vom Auswahlausschuss nicht vorab als Härtekriterien anerkannt worden, ohne dass insoweit Ermessensfehler zu erkennen wären. Mit anderen Worten kann ein Auswahlausschuss etwa die familiäre Situation berücksichtigen, sofern er dies vorab und verbindlich festlegt. Er kann davon jedoch auch je nach Situation der Bewerber absehen, etwa, wenn sich unter den Bewerbern eine Vielzahl von sonstigen Härtefällen befindet.

28

2. Es besteht schließlich ein Anordnungsgrund. Dies gilt auch in Ansehung des eingeschränkten Hauptsacheanspruchs.

29

Einerseits muss Schulerziehung altersgemäß gewährt und kann nicht gleichwertig nachgeholt werden. Deshalb würde der Antragsteller irreparable Nachteile erleiden, wenn er den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abwarten müsste (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 4. Oktober 2001, a.a.O.). Als solche Nachteile seien exemplarisch die Eingewöhnungsschwierigkeiten nach einem erneuten Schulwechsel und dadurch entstehende Lernnachteile genannt. Diese Schwierigkeiten rechtfertigen die vorläufige Zuweisung ebenso wie die Gefahr, dass der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Auswahl ohne die vorliegende Entscheidung faktisch leerlaufen würde. Denn für den Fall, dass das Hauptsacheverfahren nicht vor Schulbeginn abgeschlossen wird, erscheint es durchaus möglich, dass der Antragsteller sein Hauptsachebegehren nicht mehr weiterverfolgt, falls er sich an einer anderen Schule gut eingewöhnt.

III.

30

Die vorläufige Zuweisung des Antragstellers zur IGS N. war wie im Tenor geschehen entsprechend des Prüf- und Entscheidungsumfangs im vorliegenden Eilverfahren zu beschränken. Der Antragsteller kann per einstweiliger Anordnung lediglich seine vorläufige Aufnahme erstreiten. Als zeitliche Begrenzung kommen eine Wiederholung des Auswahlverfahrens und der Abschluss des Hauptsacheverfahrens gleichermaßen in Betracht. Dies liegt daran, dass es Aufgabe des Antragsgegners ist zu entscheiden, ob er das Auswahlverfahren für die IGS N. wiederholt oder – auch mit Blick auf den Vertrauensschutz der bereits angenommenen Schüler – die vorläufige Zuweisung des Antragstellers in eine endgültige überführt. Diese Entscheidung ist nicht Gegenstand des gerichtlichen Prüfprogramms im Eilverfahren.

IV.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

32

Die Festsetzung des Gegenstandswertes orientiert sich an den Ziffern II.1.5 und II.38.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Der danach anzusetzende Regelstreitwert (5.000,-- €) war entsprechend dem vorläufigen Charakter des Eilverfahrens um die Hälfte zu reduzieren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.